Alles, was du willst. Nichts, was dir gehört von Rix (Arthur x Antonio/Antonio x Arthur) ================================================================================ Kapitel 1: Spaziergang am Rande des Wahnsinns --------------------------------------------- Stillstand. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Sonnenstrahlen, die im Wasser brachen. Überreste eines Hengstes der Meere, der einst mit wehender Mähne über die Wellen geritten war. All diese Eindrücke nahm Antonio Carriedo Fernandez in sich auf, während er langsam vom weiten Ozean verschlungen wurde. Hypnotisiert, gelähmt, betäubt, ließ der Spanier sich fallen. Für einen Augenblick war er bereit, sich komplett aufzugeben. Ein Ruck. Kostbare Luft entfloh der Kehle, stieg als Blasen gen Himmel. Es genügte um Antonio aufzuwecken. Nicht hier, nicht so. Die falsche Zeit zum jetzt schon Sterben. Seine Kraft sammelnd, setzte er seine Gliedmaßen in Bewegung. Mit zwei letzten, kräftigen Stößen durchbrach er die Wasseroberfläche. Sofort rang Antonio nach Luft. Seine grünen Augen suchten verzweifelt nach Halt, seine ruhelosen Arme fanden ihn. Erleichtert klammerte der Spanier sich an ein Stück Holz, was zu seiner eigenen Verbitterung, einmal eine seiner Karavellen gewesen war. Einige Minuten starrte er seinen „Retter“ finster an, dann warf sich ein langer Schatten über ihn. Ein Schatten, der ihn auch in seinen Alpträumen verfolgte. Erschöpft blickte er auf, erfasste das riesige Schiff, sah die englische Flagge, sah ihn. Arthur Kirkland schaute auf ihn herab. Herab mit diesem ekligen, gehässigen, hochmütigen Grinsen. Mit der Kälte eines Mörders in den Augen. Mit der Haltung eines Herrschers. Es war falsch. Antonio sollte dort stehen und der Engländer an seiner Stelle. Seine spanische Armada war mächtiger, größer, gewaltiger – und sank auf die Tiefen des Ozeans, unwiderruflich verloren. Der Engländer vollführte eine Bewegung und im nächsten Moment landete vor Antonio ein Seil im Wasser. Zuerst überlegte der Spanier, ob er einfach loslassen und ebenfalls sich der Macht des Meeres überlassen sollte. So würde es ein wahrer Pirat machen. Jedoch hielt ihn der Funken des Selbsterhaltungstriebes zurück. Nationen starben nicht einfach so. Konnten nicht einfach so sterben. Würde er jetzt loslassen, würde es nur Qual bedeuten. Für ihn, für sein Land. Die Hilfe des Engländers jetzt anzunehmen, würde ihn auch Schmerzen bereiten. Würde seinen Stolz noch mehr verletzten, als er es schon war. Doch Leben zählt mehr als eine Niederlage. Über eine Niederlage würde man irgendwann hinwegkommen. Über ein verlorenes Leben kamen nur die Feinde hinweg. Antonio griff nach dem Seil. Wasser tropfte in einem regelmäßigen Rhythmus auf kühles Gestein, welches vom schwachen Sonnenlicht erhellt wurde. Staub kräuselte sich in der Luft, schwebte schwerfällig in dem stickigen, viel zu engen Raum. Stroh raschelte in einer Ecke. Leichtfüßig sprang eine wohlgenährte Ratte über die Steine, hielt kurz inne. Schnuppernd stellte sie sich auf ihre Hinterbeine. Sie spürte, dass sie beobachtet wurde. Sie wusste nur nicht, ob es etwas Schlechtes oder Gutes für ihr Leben bedeuten würde. Ihre inneren Instinkte warnten sie, forderten sie zur Flucht auf. Doch ihr Kopf stellte sich dagegen. Hier unten konnte keine Gefahr bestehen. Dennoch entschloss sie sich auf ihre Instinkte zu hören. Rasch eilte sie weiter und verschwand in einer der Nische. Wehmütig sah der gefangene Spanier ihr hinter her. Wünschte sich, er könne auch einfach so in einer Nische verschwinden. Dort, wo er sicher vor all den Schikanen und Folterungen des Engländers war. Seufzend wandte Antonio den Kopf ab, blickte müde zur grauen Decke. Seine Augen wanderten ziellos über Risse im Gestein und über Schimmel, der sich an den besonders feuchtesten Stellen gebildet hatte. Sein Körper fühlte sich schwer wie Blei an. Die Ketten um seine Handgelenke und um seinen Hals spürte er schon nicht mehr. Auch fühlte er nicht mehr die wunden Stellen, die überall sein Körper bedeckten. Ebenso war die Kälte ein ständiger Begleiter geworden. Manchmal wusste der Braunhaarige schon gar nicht mehr, wie sich Sonnenstrahlen auf der Haut anfühlten. Ob es so etwas überhaupt gab oder ob alles nur einen seiner vielen Träumen von einer schönen Welt mit langen Feldern, riesigen Tomatengärten, blauen Himmel und ewiger Sonnen entsprungen war. Jetzt starrten die leblosen Smaragde auf die dreckigen, knochigen Füßen. Angestrengt schaffte er es seine Zehen zu bewegen. Diese schürften über den harten Boden. Wie fühlte sich Gras noch einmal an? Weich? Kalt? Warm? An regnerischen Tagen auf jedenfall nass. Tage. Antonio konnte nicht sagen welcher Tag war. Wie lange war er schon hier? Monate? Sicher. Leise fragte er sich, wie es wohl Francis und Gilbert erging. Dachten sie an ihn? Und Lovino? Ob es diesem gut ging? Ob der junge Italiener noch lebte? Lebte er überhaupt selbst noch? Der Spanier war sich in nichts mehr sicher. Seine Gedanken waren ein ewiger Kreislauf von Bruchstücken, die kamen und gingen, nur um ihn wach zu halten bis er in einen komatösen Schlaf fiel, aus dem er manchmal stundenlang nicht erwachte. Gerade als er erschöpft seine Augen schloss, vernahm er gedämpfte Schritte. Wie die Ratte wusste er instinktiv, dass dieses Geräusch Unheil bedeutete. Er brauchte nicht raten, wer ihm da die Ehre erwies. Unter immensem Kraftaufwand richtete der Spanier sich so gut wie es eben ging in eine Sitzposition auf. Kaum war er in einer nicht all zu jämmerlichen Haltung, zumindest soweit wie es möglich war mit kaum mehr als einen dreckigen und zerissenen Lumpensack bekleidet, öffnete sich die schwere Kerkertür mit lautem Poltern. Wortlos stand Arthur an der obersten Stufe. Antonio musste einige Male blinzeln aufgrund des plötzlichen Lichteinfalls, der zu viel für seine an die Dunkelheit gewöhnten Augen war. Dann fiel die Tür laut polternd hinter dem Engländer ins Schloss. Für ihn klang es immer wie der letzte Glockenschlag vor einer Hinrichtung. Nur ohne Publikum. Nur ohne Erlösung. Langsam setzte der Anderen einen Schritt vor den Nächsten, genoss es ihn dadurch wahnsinnig zu machen. Doch irgendwas war anders als sonst. Das spürte Antonio und sobald der blonde Mann vor ihm stand, konnte er es auf dessen Gesicht ablesen. Schweigend starrte Arthur ihn an. Ohne wegzuschauen erwiderte Antonio den Blickkontakt. Die unzähligen Male, seitdem sie solche Duelle ausgefochten hatten, waren schon fast zu einem Ritual geworden. Dennoch schien der Engländer dieses Mal nicht auf einen Kampf aus zu sein. Es erschien ihm fast so, als rang er mit einer Entscheidung, die ihm mehr als missfiel. „Du bist frei.“ Zuerst meinte Antonio sich verhört zu haben. „Was?“, krächzte er mit brüchiger Stimme. Arthur zog wütend seine Augenbraue zusammen. Er kochte vor Wut. Fast schon spürte Antonio die Faust in seinem Bauch. Stattdessen wiederholte sein Peiniger seine Worte. „Du bist frei. Du kannst gehen.“ Ungläubig starrte er den Engländer mit geöffneten Mund an. „Frei?“ Plötzlich packte ihn Arthur an seiner Halsfessel, zog ihn dicht an sich heran, so dass er dessen warmen Atem, der immer nach Tee und Gebäck roch, auf seinem kalten Gesicht fühlen konnte. „Denk ja nicht, dass du mir so einfach davon kommst“, zischte er. Antonio lächelte darauf nur gequält. „Möglich. Zumindest was das Meer angeht.“ Er spürte, wie der Blonde scharf den Atmen einsog, hörte dessen Zähne knirschen, so heftig presste er sie zusammen. Ein Herzschlag verging. Der Griff löste sich ein wenig. Ein weiterer Herzschlag. Antonio glaubte nicht mehr daran, heil aus diesem Kerker zu entkommen. Noch ein Herzschlag. Da drückte sich ein Paar Lippen auf seine. Geschockt weiteten sich seine Augen. Sein schwacher Körper wurde gegen die feuchte Wand gepresst, spürte den warmen Körper Arthurs auf seinem. „Du magst mir vielleicht entkommen, aber ich werde dafür sorgen, dass du mich nie wieder vergisst.“ Ein Schauer lief Antonio den Rücken hinab. Unfähig sich zu wehren, wurde er erneut von dem Engländer überrannt und sowohl körperlich, als auch geistig vernichtet. Arthur löste in ihm einen Krieg aus, der über Jahrzehnte in ihm toben sollte. ~ Die Ladenglocke des kleinen Cafès schrillte laut und riss Antonio aus seinen Erinnerungen. Automatisch wanderten seine Augen zu der kleinen Treppe, seine Hände umfassten seine Tasse mit dem lauwarmen Kaffee. Kaum ein Herzschlag später, hörte er Holz unter schweren Schritten knarren und dann erblickte er Arthur. Dessen Haare glitzerten nass von dem fallenden Schnee und sein Gesicht war leicht gerötet. Der Engländer hielt kurz inne als er den Spanier erblickte, dann setzte er sich in Bewegung. Ohne es zu wollen wurde Antonio nervös. Sein Inneres wurde zerbombt, sein Kopf leergefegt. Pure Panik machte sich in ihm breit, wenn er an das dachte, weshalb er dieses Treffen verlangt hatte. Arthur zog seinen Mantel aus, faltete seinen Schal ordentlich zusammen, legte ihn neben sich auf den Tisch und griff im Anschluss nach der Karte, um sich ebenfalls ein Getränk zu bestellen. Schweigend beobachtete Antonio ihn dabei. Sie redeten nie viel. Sie tauschten auch keine Höflichkeit aus. So liefen die Dinge bei ihnen ab. Antonio wusste, dass Arthur ihn verabscheute und er war sich dessen vollkommen bewusst. Ein Teil von ihm hasste den Engländer auch. Doch Hass war ebenso vergänglich wie Macht. Man besaß ihn, man kostete ihn in all seinen Zügen aus, bis er nach und nach schwand bis nur ein Schatten seiner Selbst übrig blieb und schließlich Platz für etwas Neues schaffte. Und diese Vergänglichkeit brachte Antonio dorthin, wo er nun stand. Im Krieg mit sich selbst. Sein Herz lief Amok, zerstörte alles was sich ihm in den Weg stellte. „Du siehst krank aus“, sagte der Engländer mit einem Mal. Der Braunhaarige schaute auf, direkt in die dunklen Smaragde des Anderen, die ihn immer wieder aufs Neue in ihren Bann zogen. Manchmal meinte der Spanier in ihnen etwas Unnatürliches, etwas Magisches zu sehen. Doch er sah sowieso viel zu viel in seinem Gegenüber. Mehr als gut für seine geschundene Seele war. „Das Wetter“, war seine knappe Antwort. Arthur schnaubte nur darauf. Mehr sagte er nicht. Manchmal fragte sich Antonio, warum ihm der Blonde überhaupt Fragen stellte, wenn er generell an keiner großartigen Konversation interessiert war. Die Bedienung brachte in diesem Augenblick den Tee für Arthur. Antonio merkte jetzt erst, dass der Andere schon bestellt hatte. Überrascht schaute er die dampfende Tasse in den Hände des Engländers an. Dieser starrte mit gerunzelter Stirn zurück. „Es ist nur Tee, kein heiliges Wasser.“ Der zynische Ton Arthurs ließ ihn zusammenzucken und beschämt wegschauen. „Das weiß ich selbst, Augenbraue“, nuschelte er. „Anscheinend nicht, Spatzenhirn.“ Antonio verbiss sich eine weitere Erwiderung. Genervt stieß er einen langen Seufzer aus. Er war nicht hierher gekommen, um eine der endlosen Streitereien anzuzetteln, die über die Jahre schon fast eine Tradition zwischen ihnen geworden waren. Nein, er hatte Arthur eingeladen, damit er diesen endlosen Krieg beenden konnte. Es gibt Dinge, die wir nicht sagen sollten. Dennoch tun wir es. Vielleicht lag es daran, dass unsere Schaltkreise im Kopf, nicht so schnell handelten wie unser loses Mundwerk. Auch Antonio konnte seines nicht mehr zurück halten. Nicht mehr nach all den Jahren, seitdem sie dieses Katz und Maus Spiel spielten. „Ich beende das zwischen uns.“ Arthur hielt im Trinken seines Tees inne. Seine Augen verengten sich, dann wanderten sie an eine Stelle hinter Antonios Kopf. Der Engländer sagte nichts, doch der Spanier wusste, dass es in dem Anderen brodelte. Arthur war eine Bombe, Antonio der Zünder. ~ Meetings mit dem Rest der Welt waren immer anstrengend. Erschöpft fuhr Antonio sich durch sein Haar und schleppte sich den Hotelflur entlang. Sein sonniges Gemüt half ihm meistens das Schlimmste solcher Besprechungen zu überleben. Manchmal jedoch war die einzige Erlösung ein Kopfschuss. Ein Seufzer entfuhr seiner Kehle. An diesem negativen Denken war nur wieder eine ganz bestimmte Person Schuld... Der Spanier wollte nur noch in seinen Raum und sich eine Mütze voll Schlaf zugute führen. Allerdings wurde sein Vorhaben an der nächsten Ecke gestoppt. Gerade noch so, sah er wie Alfred F. Jones mit einer Brünette kichernd und flirtend in eins der Hotelzimmer verschwand. Ein Lächeln huschte über Antonios Gesicht. Leidenschaft und Jugend waren wirklich was Erfrischendes. Noch einmal so wie Alfred zu sein, muss schön sein. Eigentlich wollte er schon seinen Weg fortsetzen, als sein Aufmerksamkeit auf eine weitere Gestalt gelenkt wurde. Angelehnt an die Wand, den zitternden Beinen wohl nicht vertrauend, stand dort Arthur. Sein Blick auf die nun geschlossene Zimmertür Alfreds gerichtet. Antonio zögerte. Er sollte weitergehen und dem Engländer sich selbst überlassen. Immerhin verband sie nichts außer Hass miteinander. Es sollte ihn nicht kümmern, was mit dem Anderen los war. Trotzdem entfloh ihm ein Laut. Arthur zuckte heftig zusammen und drehte sich zu ihm um. Stumme Tränen flossen sein Gesicht hinab. Noch nie hatte der Spanier den Anderen so gebrochen gesehen. Sofort schossen zig Gedanken durch Antonios Kopf. Einer bösartiger als der Andere. Alles in ihm schrie nach Rache, nach Genugtuung für all die Jahrzehnte unter denen ihn der Engländer gefoltert und geplagt hatte. Keinen dieser Gedanken verwirklichte Antonio. Stattdessen schritt er direkt auf Arthur zu, packte sein Gesicht, drückte ihn heftig an die Wand und küsste ihn gierig. Der Kleinere wehrte sich nicht, krallte sich an das rettende Seil, welches Antonio ihm zuwarf, um ihn aus dem Meer zu ziehen. Eine Weile verharrten sie so, dann ließ Antonio außer Atem los, starrte Arthur an, der den Blick nur völlig desorientiert erwiderte. Schließlich packte ihn der Spanier am Handgelenk und zog ihn mit sich. Abermals unternahm der Engländer nichts, ließ sich einfach gefangen nehmen. In Antonios Zimmer angekommen, schmiss er den Blonden grob auf sein Bett, beugte sich mit einer eleganten Bewegung über ihn. Kurz zögerte der Spanier, dann küsste er den Engländer auf den Mund, auf die Nase, auf die Stirn. Strich mit seiner Nasenspitze den Hals entlang, verharrte in der Bewegung. „Lass dich einfach fallen“, hauchte er Arthur ins Ohr. Spürte den Kleineren unter sich erbeben. Schließlich küsste er ihn gierig den Kiefer entlang bis zum Mund. Arthur ergab sich ihm völlig. Sie führten einen Krieg – und Antonio war gewillt zu gewinnen, egal ob er die Schwäche des Anderen dabei ausnutzte. Braune Haut strich über weiße Haut. Ein amüsiertes Kichern. Ein genervtes Knurren. „Was?“ „Du bist die Sahne für mein Schokoeis!“ „Wa-?!“ Ein Schlag, ein erneutes Lachen. „Idiot!“ „Ist so. Schau doch!“ „Shut up, fool!“ Ein weißer Rücken an den sich ein brauner Oberkörper schmiegte. Schlanke Finger, die durch blondes Haar strichen. „Ich mag Schokoeis mit Sahne...“ „Ungesundes Zeug.“ Eine genervte Stimme, zu einem ersten, ehrlichen Lächeln. Krieg war geil, wenn man ihn gewann. Der Preis war Liebe. ~ Man kann lieben, ohne glücklich zu sein, und man kann glücklich sein, ohne zu lieben. Aber lieben und dabei glücklich sein, das wäre ein Wunder, sagte einst Honoré de Balzac und hatte damit absolut Recht. Wunder geschahen nicht. Nicht in dieser Welt und erst recht nicht in ihrer. Antonio liebte Arthur. Arthur liebte Alfred und irgendwann - da war er sich sicher - würde Alfred auch Arthur lieben. Das war der Grund, warum Antonio ihre Affäre, ihr Zusammenkommen oder was auch immer es war, ein für alle Mal beendete. Bevor das Unausweichliche passierte und ihn der Engländer einfach wie Abfall wegschmiss. Arthur hatte ihm seine Macht, seinen Stolz und seinen Verstand zerstört. Doch niemals würde er es ihm erlauben sein geraubtes Herz mit seinen Händen zu zertrümmern. Nicht solange der Spanier noch in der Lage war es vor dem Schlimmsten zu retten. Er war sich selbst nicht sicher, warum er sich überhaupt auf diese Art von Beziehung eingelassen hatte. Warum sie überhaupt angefangen hatten miteinander zu schlafen. Niemals hatte er jenen Tag in den Kerkern vergessen, wo Arthur ihn zum ersten Mal berührt hatte. Diesen Vorfall hatte er es so gut es ging verdrängt. Doch das Gefühl, das Toben und Tosen in seinem Inneren war nie verschwunden. Das war der Grund gewesen warum er damals, Jahrzehnte später, Arthur mit sich in sein Zimmer gezogen hatte. Danach hatte ihre Affäre angefangen. Sie trafen sich und schliefen miteinander. Manchmal lagen sie einen ganzen Tag nur im Bett, kuschelten, neckten sich und kraulten dem Anderen über den Kopf. Hin und wieder küssten sie sich, mal lang, mal kurz, mal gierig, mal nach Nähe suchend. Sie kamen und gingen beim Anderen ein und aus. Die Haustür stand immer offen. Doch niemals verloren sie ein Wort darüber. Antonio konnte einfach nicht mehr. Arthur vergiftete ihn seit dem Tag an dem er seine spanische Armada geschlagen hatte. Erst körperlich, nun seelisch. Dieses Spiel zwischen ihnen war zu einer brutalen Realität geworden, die ihn in Stücke riss. „Warum?“ Die Frage durchbrach die Stille wie ein Kanonenschuss. Verwirrt schaute Antonio seinen Gegenüber an. Dieser starrte finster seinen Kaffee an. „Bitte?“ „Warum du aufhören möchtest?“ Wiederholte Arthur zähneknirschend. Der Spanier hätte mit allen möglichen Antworten auf seine Offenbarung gerechnet und dabei war ihn niemals in den Sinn gekommen, dass Arthur nach den Grund fragen könnte. „Es ist...kompliziert“, weichte Antonio aus. „Warum?“ „Weil es...mit mir zu tun hat.“ „Warum?“ „Nun...“ Mit einem kräftigen Schlag landete Arthurs Hand auf den Tisch. Einige der Gäste des Cafés wandten sich ihnen neugierig zu, doch es schien den Engländer nicht zu kümmern. „Warum, Antonio?!“ Geschockt rührte der Spanier sich nicht. Noch nie hatte Arthur seinen Namen ausgesprochen. Jetzt völlig von Zorn überrannt, packte Arthur ihm an Kragen, zog ihn halb über den Tisch bis ihre Nasenspitzen sich berührten. „Warum?“, wiederholte der Blonde seine Frage. Antonio senkte den Kopf. Fasste nach Arthurs Hand, die ihn so brutal festhielt. Der nächste Satz, der Antonio über die Lippen ging, war nur aus einem Grund möglich: Nachdem er alles verloren hatte an Arthur, war er frei alles zu tun. So auch sein eigenes Verderben herbeizuführen. „Weil ich dich liebe.“ Zuerst passierte nichts. Dann ließ Arthur ihn los. Hörte wie er nach seinem Mantel griff. Nach und nach verklang das Echo von den Schritten des Engländers. Seine Augen fanden den vergessenen Schal. Packte ihn, umschloss ihn. Drückte ihn in sein Gesicht, um seine Tränen vor der Welt zu verstecken. Der Krieg war vorbei. Die Bombe explodiert. Die Welt lag in Trümmern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)