Soul Magic von abgemeldet (Und auch, wenn es schmerzt...) ================================================================================ Kapitel 7: Golems und ein Beschützer ------------------------------------ Der Raum stellte sich als regelrecht winzig heraus, aber etwas ganz anderes zog Rui’s und Gray’s Aufmerksamkeit sofort auf sich; eine Wendeltreppe, die weit nach oben führte. Die Leuchtpunkte setzten sich auf den Stufen fort und schienen den Weg zu weisen. Entschlossen schritten die beiden Magier nach oben und fanden sich schließlich in einem dunklen Korridor wieder, der wenige Meter weiter an einer Art Balkon endete. Als sie den Balkon betraten, flammten an den Wänden plötzlich Fackeln auf, und alles war taghell. Rui lehnte sich ein Stück über das Geländer des Balkons und blickte in den Raum darunter. Er war ungefähr so groß wie der Raum, in dem sie wenige Minuten früher die Schwertfalle gefunden hatten. „Magie“, stellte Gray fest, und auch Rui spürte, was er meinte. Dieser Raum war voll mit magischer Kraft, die die Luft fast zum Prickeln brachte. Das Mädchen nickte, sah sich auf dem Balkon um und entdeckte eine weitere Treppe, die in den Raum unter ihnen führte. Ohne ein Wort zu sagen ging sie hinunter und ließ Gray, der in Gedanken versunken war, zurück. Als er wieder in der Realität zurück war erschrak er zuerst, bis er sah, dass Rui vorsichtig den Raum erkundete. „Oi, Tama!“, sagte er mit einem Anflug von Ärger in der Stimme und eilte zu der Seelenmagierin, „was machst du denn? Du kannst doch nicht einfach verschwinden…“ „Wieso? Hast du Angst, dass mir etwas passiert?“, erwiderte Rui und lächelte süffisant. Gray sah für einen Moment so aus, als hätte sie recht, bevor er die Hände in die Hosentaschen steckte und sagte: „Mein Versprechen. Du erinnerst dich?“ „Ich verstehe immer noch nicht, wieso du es ihm gegeben hast“, murmelte Rui beiläufig und ging auf Zehenspitzen auf die Mitte des Raumes zu, sich bei jedem Schritt sorgsam umsehend, um auch keine weitere Falle auszulösen. Wenn Gray ehrlich sein sollte, hatte er selbst keine Ahnung. Er mochte es nicht, Leute so deprimiert und ängstlich zu sehen, und Ryou war definitiv beides gewesen. „War ein Impuls“, antwortete der Eismagier knapp und beobachtete Rui misstrauisch. Wider Erwarten entgegnete sie nichts. Es kam ihm fast so vor, als hätte sie eine Art gespaltene Persönlichkeit. Zuerst war sie abweisend gewesen, fast schon ein wenig feindselig, aber jetzt hatte sich ihr Ton, wenn sie sprach, komplett geändert. Sie schien sanfter, entspannter…wenn man davon absah, dass sie ihn, seit sie zusammen auf dieser Mission waren, zwischendrin ziemlich angezickt hatte. Eine plötzliche Erschütterung ließ beide hochschrecken. AM Ende des Raumes hatte sich ein Stück der Wand auf einmal gedreht und ragte nun quer in den Raum hinein. Ein kalter Luftzug ließ Rui frieren, als sie sah, dass diese Wand zu einer Art Eingang in eine kleine Nische geworden war. Ohne weiter nachzudenken näherte sie sich der Nische und wollte gerade nachsehen, was sich in ihr befand, als sie ein surrendes Geräusch hörte. Alarmiert sprang sie zur Seite, und wie sich herausstellte genau im richtigen Moment. Eine Art Guillotine war von der Decke gefallen und hinterließ nun tiefe Spuren im Fußboden. Gray stemmte die Hände in die Hüften und kam mit verurteilendem Gesichtsausdruck zu ihr. „Ich habe langsam das Gefühl, dass du sterben willst“, sagte er trocken und bekam von Rui prompt einen Schlag in die Magengrube verpasst. Sie sah ihn eisig an, während er versuchte, den Schmerz auszublenden. „Wenn du nur dumme Kommentare von dir geben kannst, solltest du dir vielleicht überlegen, zu verschwinden“, gab sie knapp zurück und widmete sich wieder der Nische. „Oh, das würde ich sehr gerne! Nur bist du leider schuld daran, dass der Ausgang verschlossen ist.“ Rui ignoriert Gray’s Seitenhieb, während sie sich hinter die heruntergefallene Guillotine quetschte. In der Nische befand sich eine Art Podest, das auf den ersten Blick leer war. Als Rui jedoch genauer hinsah, bemerkte sie, dass etwas auf dem Podest lag; eine schwarze Platte, die an einer Stelle ein wenig hochgebogen war. Die Unterseite dieser Platte glänzte silbern, und Rui war so, als würde sie darunter etwas Leuchtendes sehen…vorsichtig schob sie ihren Zeigefinger unter die hochgebogene Stelle und begann, die Platte ganz langsam anzuheben. Ein grelles Licht blendete sie für einen Moment, während sie die Platte in den Händen hielt. Das Licht kam aus dem Podest, ein weißer Strahl, der bis zur Decke reichte. Rui’s Blick fiel auf die Wand gegenüber, direkt unter dem Balkon, und entdeckte eine Art Auge darauf. Es war offen und hatte eine leere Pupille, deren Aussparung sie stark an den Schlüssel erinnerte, der die Eingangstür des Tempels geöffnet hatte. Nun sah sie sich die Unterseite der Platte genauer an, und erkannte, dass sie eine Art Spiegel war. „Was machst du denn da?“, nörgelte Gray nach einer Weile. Langsam war ihm diese Mission zu blöd; nicht nur, dass er sich tatsächlich darauf eingelassen hatte, ihr zu helfen, nein, sie mussten zu allem Überfluss auch noch in diesem Tempel eingeschlossen sein! Er sah weit und breit keine weiteren Räume, und auf versteckte Türen oder Ähnliches konnte er sich sicher nicht verlassen. Wahrscheinlich würden sie Magie brauchen, um den Eingang gewaltsam zu öffnen…aber Rui war zu schwach, und er selbst würde eine ganze Menge magische Energie benötigen und dann wahrscheinlich selbst nutzlos sein. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte zu der Seelenmagierin hinüber, die mit gerunzelter Stirn dastand und etwas Glänzendes in den Händen hin- und her drehte. Plötzlich erhellte sich ihr Blick. „Es ist ein Rätsel!“, sagte sie mit ungewohnt euphorischer Stimme. Sie kramte in ihrer Gürteltasche herum und warf Gray wenige Momente später den Schlüssel zum Tempel in die Hände. Dann zeigte sie auf die Wand hinter ihm. „Siehst du die Einbuchtung? Füg den Schlüssel ein!“ Gray hob eine Augenbraue. „Was?“ „Tu’s einfach“, kam es von dem Mädchen knapp zurück, und Gray blieb wohl nichts anderes übrig, als ihrer Anweisung zu folgen. Auch, wenn er das überhaupt nicht guthieß. Dieser Befehlston gefiel ihm gar nicht…Fast wie Erza, dachte er und seufzte, während er den Schlüssel in die Einbuchtung drückte. Er passte perfekt. „Was jetzt?“, fragte er und wartete gespannt auf das, was Rui als Nächstes vorhatte. Sie hob die Platte mit der glänzenden Unterseite nach oben, kippte sie ein paar Mal nach vorn und wieder zurück, bis sie schließlich zufrieden zu sein schien. Sie hielt die Platte über den Lichtstrahl, so, dass er von ihr reflektiert wurde und genau auf den Schlüssel traf. Dieser wiederum reflektierte den Strahl ein einem steilen Winkel nach oben, und Gray sah nun, worauf er dort traf: eine Art Auge, dessen Iris ein funkelnder Edelstein war. Auch er warf den Lichtstrahl zurück, breit gefächert, direkt in den Korridor, durch den sie in diesen Raum gekommen waren. Plötzlich hörten sie ein weit entferntes und doch lautes Klicken, gefolgt von einem Geräusch, als würde etwas aus dem Boden wachsen. Gray staunte nicht schlecht. Irgendetwas hatte das Licht ausgelöst, auch, wenn er nicht wusste, ob es etwas Gutes oder schlechtes war. Er sah zu Rui hinüber, die ihn triumphierend angrinste. „Freu dich nicht zu früh, Tama“ warf der Eismagier ein, während Rui die Platte wieder auf die Säule legte und sich aus der Nische zwängte. Dabei streifte sie versehentlich die Klinge der herabgefallenen Guillotine mit der Hand, und sofort spürte sie, wie Blut an ihren Fingern hinab rann. „Ugh“, machte sie und seufzte. Irgendwie war sie in den letzten Tagen völlig durch den Wind. Sie wusste selber, dass sie sich merkwürdig benahm, seit sie in Magnolia war. All diese fremden Leute machten ihr zu schaffen. Immer noch sozial völlig unbeholfen, dachte sie und musste fast über sich selbst lachen. Plötzlich spürte sie Kälte an ihrer Hand, und bemerkte, dass Gray neben ihr stand und die Wunde einfror. So wie bei dem Kampf gegen Hunfring, obwohl diese Schnittwunde nun wirklich nicht dazu führen würde, dass sie verblutete. Sie hob skeptisch eine Augenbraue. „Was machst du?“ „Das siehst du doch, oder?“, gab Gray schnippisch zurück, „sei gefälligst vorsichtiger.“ Sie wollte ihm danken, bekam aber kein Wort heraus. Sein Gesichtsausdruck war plötzlich wieder so ernst, als er sie erneut ansprach. „Was meinst du, sollen wir nachsehen, was dein kleines Rätsel verursacht hat?“ Rui nickte und grinste schief. „Vielleicht bekommen wir endlich das, wofür wir hier sind.“ „Lucy, Lucy…ich muss sagen, du hast meine Anforderungen sogar noch übertroffen“, sagte Ryou begeistert, der mit der blonden Stellarmagierin in einem kleinen Haus nahe des Flusses in Magnolia stand. Es war geräumig, besaß zwei Schlafzimmer und Badezimmer, verteilt auf zwei Etagen, und…die Miete betrug 125.000 Juwelen monatlich. Ryou seufzte. „Sie wird mich umbringen, wenn ich ja sage.“ Lucy legte eine Hand an ihr Kinn. „Aber ihr seid zu zweit. Und wenn ich es schaffe, meine Miete zu bezahlen, solltet ihr das auch können“, sagte sie und lächelte sanft. Plötzlich sah Ryou zu Boden und sein Gesicht wurde fast schon melancholisch. „Ich…werde keine Missionen annehmen können“, sagte er leise und ballte eine Hand zur Faust. „Wieso nicht?“ „Ich bezweifle, dass es so viele rentable Aufträge gibt, die nicht beinhalten, dass man kämpfen muss.“ Die Stellarmagierin wusste nicht so recht, was sie antworten sollte. Ryou schien sich wirklich für völlig wertlos zu halten, und dabei war das völliger Unsinn. Aber scheinbar hatte er immer noch nicht ganz verstanden, was sie und Erza ihm im Wald hatten sagen wollen. Sie beobachtete ihn, wie er sich weiter im Haus umsah und dabei jeden Zentimeter genau zu studieren schien. Nach einer ganzen Weile kam er wieder zu ihr, den Blick auf den Boden gerichtet. „Es wäre perfekt“, murmelte er und zwang sich zu einem Lächeln. Lucy zwickte ihm plötzlich in die Seite. „Jetzt hör endlich auf, so deprimiert zu sein! Ich bin sicher, dass du genug Aufträge finden kannst, und Rui übernimmt den Rest! Sie wird wahrscheinlich sowieso nicht still sitzen können, so wie ich sie einschätze.“ Ryou’s Gesicht erhellte sich plötzlich. „Ja, das stimmt. Sie langweilt sich viel zu schnell…“ „Siehst du?“, führte die Blonde euphorisch fort, „und wenn es wirklich knapp wird, können ein paar aus der Gilde sicher aushelfen. Ich meine, dazu sind Familien doch da, oder?“ Der Seelenmagier schaute Lucy verdutzt an. „Familie…ja.“ Er sah sich noch einmal um, dann lächelte er. „Ja, du hast Recht. Ich schließe mich so schnell wie möglich mit dem Vermieter kurz, um-“ Lucy unterbrach ihn, indem sie ihm einen Bogen Papier vor die Nase hielt. „Alles schon erledigt. Du musst nur unterschreiben.“ „Du wusstest also von Anfang an, dass ich ja sage, was?“ „Ich bin nun einmal gut im Überzeugen, was soll ich sagen“, erwiderte Lucy und sah zum ersten Mal, seit sie sich getroffen hatten, ein wirklich glückliches Lachen in Ryou’s Gesicht. Er nahm die Papiere entgegen und sein Lachen veränderte sich plötzlich in ein charmantes Grinsen. „Ich würde mich gerne bei dir für deine Mühen revanchieren, Lucy“, sagte er mit butterweicher Stimme und überraschte Lucy ziemlich damit. Er hatte sich auf einmal drastisch verändert und sie erkannte ihn kaum wieder; ihre Wangen nahmen eine leichte, rosa Färbung an, als sie stotternd antwortete: „D-das musst du nicht! Ich meine, wir sind doch…“ Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er ihr näher gekommen war und nun sogar ihre Hand ergriffen hatte. „Ich bestehe darauf.“ Lucy’s Herz begann plötzlich, wild zu schlagen, und sie fühlte sich, als hätte sie Fieber, als Ryou seinen Kopf senkte und ihre Nasenspitzen sich fast berührten. Sein nächster Satz war fast ein Flüstern, und sein warmer Atem strich über ihr Gesicht. „Ich könnte dich zum Essen einladen. Und ich akzeptiere kein Nein.“ Lucy zögerte. Was war nur los mit ihm? War das etwa sein wahres Ich? Er benahm sich fast so schlimm wie Loki…und trotzdem gefiel es ihr, auf irgendeine Art und Weise. Sie schluckte, und ohne weiter nachzudenken, willigte sie ein. Rui und Gray brauchten nicht lange, um herauszufinden, was die Lösung des Rätsels ausgelöst hatte; sie waren in den Raum mit den großen Statuen zurückgegangen, aber seine Mitte war nun nicht mehr leer. Das Mosaik war quadratisch zurückgeklappt und hatte eine Bodennische freigelegt, aus der ein kleines Steinpodest ragte, fast so wie das, auf dem die Spiegelplatte gelegen hatte. Über dem Podest schwebte etwas Kleines, Kantiges in weißem Licht, das bunt schillerte. „Ich glaube, dass ist der Regenbogenquarz“, sagte Gray leise und sah dem bunten Stein zu, wie er auf und ab schwebte. Rui nickte. „Aber…“ „Was ist?“ Das Mädchen sah sich nach allen Seiten um, doch sie konnte nichts entdecken. „Es ist zu einfach.“ Gray legte den Kopf schief. „Zu einfach? Vielleicht hat derjenige, der sich das alles ausgedacht hat, sich dazu entschlossen, mit den Fallen aufzuhören, wenn man den Quarz freigelegt hat.“ Rui lachte kurz auf. „Glaubst du das wirklich?“ „Ein Teil von mir möchte es gerne glauben“, gab Gray zurück, der inzwischen entschieden hatte, dass alle Spekulationen nichts bringen würden. Ohne weiter zu zögern näherte er sich dem Podest vorsichtig. Nichts geschah, sodass Rui zu ihm aufschloss und die Hand langsam nach dem Regenbogenquarz ausstreckte. Als sie ihre Finger darum schloss, hatte sie eigentlich erwartet, irgendetwas zu spüren. Magische Energie, vielleicht Wärme, aber der Stein war nur glatt und kalt. Nur das Licht sonderte Wärme ab, doch als sie den Stein vom Podest nahm, verschwand es. Rui sah sich den Quarz ganz genau an, und trotz fehlender Reaktion war sie beeindruckt, wie schön er war. Das Licht, dass die leuchtenden Punkte an den Wänden spendeten, brach sich in allen Farben in seinen Vertiefungen und Wölbungen, und sie konnte sogar einen leichten Schimmer erkennen. Ein leises Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einmal auf Gray, der wie angewurzelt dastand und einer der Statuen anstarrte. „Wir haben ein Problem“, sagte er und drehte ganz langsam den Kopf zu Rui, während er mit zitterndem Finger auf die Statue zeigte. Jetzt sah Rui, was er meinte; etwas Helles floss den Stein hinauf, wie Wasser, und suchte sich den Weg in die dunklen Augen der Statue. Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass das Gleiche mit den übrigen Dreien geschah. Ihre Augen leuchteten auf, und simultan bewegten sich plötzlich ihre Arme, die Waffen in ihren Händen vor sich streckend. Rui stolperte ein Stück nach hinten. „Oh verdammt…“ Gray wollte gerade in die Richtung rennen, aus der sie am Anfang gekommen waren, aber Rui hielt ihn plötzlich an seinem Hemd fest. „Der Schlüssel!“, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. „WAS?“ „Vielleicht haben wir etwas am Eingang übersehen…wir sollten den Schlüssel zurückholen!“ Gray traute seinen Ohren kaum. „Bist du wahnsinnig?! Wir“ Ein lautes Zischen unterbrach ihn, und er konnte sich gerade noch so vor der Waffe einer Statue ducken, mit der sie ausgeholt hatte. Rui rannte bereits wieder die Treppen hinauf, und Gray blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Zumindest konnten die Statuen ihnen nicht folgen, aber sie würden auch nicht einfach wieder erstarren oder verschwinden, so viel stand fest. Die Seelenmagierin schien ernste Probleme damit zu haben, den Schlüssel aus seiner Vertiefung zu befreien. Sie war nicht nur aus magischer Hinsicht geschwächt, sondern auch körperlich, und das machte sich immer mehr bemerkbar. Die Wand vor ihr verschwamm… Sie spürte, wie Gray ihre Hand zur Seite schob und den Schlüssel scheinbar ohne großen Kraftaufwand entfernte. Seine Stimme klang irgendwie weiter weg, als er sprach, und Rui blinzelte heftig. „Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte der Eismagier gereizt, nicht zuletzt, weil sich plötzlich ein großer Riss in der Wand vor ihnen gebildet hatte. Er ahnte Schreckliches. Und was tat Rui? Sie stand nur da, sah ihn nicht einmal an, und er sah sich gezwungen, sie mit Gewalt von der Stelle zu bewegen. Er wollte sie gerade an einem Arm von der Wand wegziehen, als diese in tausend kleine Teile zerbarst und die beiden Magier von den vier lebendig gewordenen Statuen begrüßt wurden. Genau in diesem Moment schaffte Rui es, sich wieder zusammen zu reißen. Sie schmeckte Blut, aber sie wusste, dass jetzt keine Zeit für eine Pause war. „Ice Make: Shield“, hörte sie Gray sagen, der mit seinem Eisschild einen Angriff abblockte. Auf einmal hatte Rui einen Plan. „Lock sie weiter in den Raum hinein! Sie sind langsam, und wenn wir uns beeilen, sind wir schneller beim Ausgang als die Statuen wieder in ihrem Raum!“ Gray musste ihr recht geben, und tat diesmal, ohne mürrische Gedanken zu hegen, genau das, was sie sagte. Als die Statuen angriffsbereit vor der herabgefallenen Guillotine standen, sprang Gray zur Seite und raste mit Rui die Treppen auf den Balkon hinauf. Doch ihr Plan schien nicht ganz aufzugehen; die Augen einer Statue leuchteten plötzlich hell auf, und ihre Geschwindigkeit erhöhte sich um ein vielfaches. In Sekundenbruchteilen zerschlug sie das Geländer des Balkons und griff nach Rui’s Bein. „Tama!“ Gray schaffte es gerade rechtzeitig, ihre Arme zu ergreifen, sodass sie nicht in die Tiefe gezogen wurde. Das Mädchen fühlte sich fast, als würde man es in der Mitter zerreißen, und sie war sich fast sicher, dass die Statue es definitiv früher oder später schaffen würde. Sie musste etwas tun, irgendwie freikommen… „Lass meinen rechten Arm los!“, wies sie Gray an, der sie völlig entgeistert anstarrte. „Hast du den Verstand verloren?“ Rui spürte den steinernen Griff um ihr Bein, der unerträgliche Schmerzen verursachte. „Verdammt, Gray, tu’s einfach!“ Widerwillig ließ er ihren Arm los, und bereute es sofort, als er den violetten magischen Zirkel in ihrer anderen Hand sah, die sie auf das Bein gelegt hatte, welches die Statue umklammerte. „Soul Magic: Impact!“, flüsterte Rui, und ein widerliches Knacken hallte durch den Raum. Die Hand der Statue zerbröckelte, ihr Körper wurde ein Stück zurückgeschoben, und Gray konnte das Mädchen ohne Probleme zu sich ziehen, aber seine Augen weiteten sich, als er ihr schmerzverzerrtes Gesicht sah und sein Blick schließlich auf ihr Bein fiel. Überall war Blut, und es roch nach verbranntem Fleisch, und der Winkel, in dem ihr Bein dalag, war alles andere als gesund. „Du hast sie doch nicht mehr alle!“, stammelte Gray und wollte die Wunde sofort kühlen, aber Rui hielt ihn davon ab. „Kümmer dich später darum, wir müssen hier weg!“, keuchte sie, und er konnte sehen, dass ein dünner Rinnsal Blut aus ihrem Mundwinkel floss. Sie versuchte, aufzustehen, aber wie Gray schon vermutet hatte, konnte sie nicht laufen; ihr Bein war gebrochen. Der Eismagier fluchte derbe, sah zu den Statuen, die sich langsam wieder näherten, und riss sich das Hemd vom Leib. „Meinst du nicht, dass es jetzt ein wenig unangebracht ist, zu strippen?!“, fragte Rui entgeistert, als das Hemd auf ihr landete. Gray’s Gesicht war plötzlich ungewohnt ernst. „Still damit die Blutung.“ Plötzlich fühlte sie, wie er einen Arm unter ihre Beine legte und den anderen um ihren Rücken, um sie hochzuheben und zu tragen. Er begann, zu rennen, während Rui sein Hemd um ihr Bein band. Hinter sich hörten sie die Statuen, die ihnen schwerfällig folgten, aber Rui hatte recht gehabt; sie waren wirklich zu langsam. Warum eine von ihnen jedoch plötzlich schneller geworden war, blieb ihnen ein Rätsel, aber der Effekt schien vergangen und tauchte auch kein zweites Mal auf. Schließlich standen sie vor dem Eingang des Tempels, und Gray setzte Rui behutsam auf den Boden. Beide sahen sich sorgfältig um, aber weit und breit war kein Platz für den Schlüssel zu sehen. Gray drehte sich noch einmal um, um sicherzugehen, dass die Statuen ihnen nicht schon im Nacken saßen, dann sagte er: „Dann bleibt mir nichts anderes übrig.“ Er legte die Hände übereinander, atmete tief ein und sagte dann: „Ice Make: Bazooka!“ Rui hatte nicht damit gerechnet, dass er eine so kraftvolle Attacke beherrschte…eine seltsame Wärme breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie Gray zusah. Der Stein bröckelte, aber nicht nur an der Stelle, an der sich der Eingang befand; die Erschütterung von Gray’s Angriff schien den alten Tempel komplett zum Einstürzen zu bringen! So schnell wie möglich nahm er das Mädchen wieder auf die Arme, und gerade, als sie weit genug vom Tempel entfernt waren, hörten sie, wie die Räume in sich zusammenbrachen. „Das war knapp“, keuchte Gray und bemerkte plötzlich, dass Rui bereits nicht mehr ansprechbar war. Sie schien das Bewusstsein verloren zu haben, und wieder sah der Eismagier das Blut aus ihren Mundwinkeln sickern. Ich werde mich beeilen müssen, dachte er angespannt und machte sich auf den Weg zurück in die Gilde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)