Eine zweite Chance von Yuugii (Valon/Mai) ================================================================================ Kapitel 10: More trouble ahead! ------------------------------- Ich hatte verzweifelt versucht nicht an die Vergangenheit zu denken, an all den Schmerz, den sie mit sich brachte und die Angst, die sich tief in meinem Herzen verkrochen hatte, in der Hoffnung, niemals entdeckt zu werden. Orichalcos. Die stechenden Augen von Dartz ließen mich erzittern. Damals erschienen sie mir so warm und einladend, es war das erste Mal seit Langem, dass ich mich verstanden und geborgen fühlte. Doch dieses Gefühl war nicht echt. Eine schmerzhafte Illusion. Hervorgerufen durch diesen grünen, magischen Stein, welchen auch ich benutzt hatte, um Jounouchi und dessen Freunde zu verletzen. Wie konnte er mir mein unsagbar idiotisches Verhalten nur verzeihen? Es war Jahre her und dennoch verband ich allein mit diesem Namen eine gewisse Furcht. Im Juwelierladen schüttelte es mich, wenn ich eine Kette mit grünem Smaragd sah. „Dartz hat den Stein hauptsächlich dazu benutzt, um Seelen zu fangen und diese Leviathan zu opfern, doch er kann auch anders genutzt werden.“ „Anders?“, musternd betrachtete ich Valon, verstand seine Worte, aber nicht den Inhalt. „Es ist kompliziert. Man kann ihn auch als Gefäß oder Katalysator benutzen. Magische Gegenstände haben das Potential Seelen zu beherbergen. Ähnlich wie mit den Millenniumsgegenständen, von denen Yuugi gesprochen hat. Niemand weiß, woher Orichalcos kommt, es ist ein sagenhaftes Erz, das in vielen Legenden beschrieben wird.“ „Mensch, ich schnall' kein Wort!“, machte Jounouchi seinem Unmut laut Ausdruck, richtete sich auf, nur um im selben Moment wieder ins Bett zu fallen. „Überanstrenge dich nicht!“, ermahnte ihn Yuugi, wirkte trotz verweisendem Ton fürsorglich. Valon fuhr mit seiner Erklärung fort. „Rafael hat mir einmal davon erzählt. In besonderen Fällen erkennt der Stein auch die Gefühle der Verstorbenen. Die Seele eines verstorbenen Menschen ist an die Erde gebunden, von solchen Fällen hört man immer wieder. Gerade ihr als Japaner solltet von gebundenen Geistern Ahnung haben“, meinte er dann und zwinkerte Jounouchi zu, welcher erschrocken zusammenfuhr. „Ist ein Orichalcosstein in der Nähe, kann er sich mit dieser verlorenen Seele verbinden, gibt ihr einen Körper und lässt sie im Glauben zu leben. Aber“, er stockte, richtete seinen Blick zu Boden, fürchtete weiter zu sprechen. Es wurde unangenehm ruhig. „Sie bleibt tot. Nichts kann das ändern. Der Stein ist... wie ein Parasit, der ihn für seine Zwecke missbraucht. Orichalcos verzehrt sich nach Seelen.“ „Das ist schrecklich. Heißt das, dass Akito...?!“ Yuugis Stimme war fest, doch dann brach er ab, als er erkannte, was er da sagte. „Möglich wäre es. Vielleicht ist er schon... tot. Das würde die unheimliche Aura erklären, die wir alle gespürt haben.“ „Aber das erklärt nicht, warum es Jounouchi so schlecht geht!“ Aufgebracht stand ich auf, musste aber einsehen, dass Valon genauso ahnungslos war wie ich. Keiner von uns wusste die genaue Antwort und diese Unwissenheit ließ mich sogar noch schutzloser fühlen, als ich es ohnehin schon war. Valon stapfte aus dem Zimmer, ließ die Tür unsanft zufallen. Fragend sahen wir ihm hinterher. In diesem Moment war ich mir sehr sicher, dass er mehr wusste, als er zugab. Es gab keine andere Option, als ihn auszuquetschen und ihn dazu zu bringen, zu sagen, was er verschwieg. Vollkommen egal ob ich ihn mit Vernunft oder Gewalt überzeugte, für mich stand fest, dass ich ihn zum Reden bringen würde. Also folgte ich ihm. „Valon, bleib stehen!“, rief ich ihm hinterher, doch er beachtete mich nicht und beschleunigte seinen Schritt. Grimmig tat ich es ihm gleich, griff nach seiner Schulter, forderte ihn mit sanfter Gewalt dazu auf, stehen zu bleiben. In diesem Flur war niemand außer uns. Natürlich nicht. Es handelte sich hier immerhin um einen Kaiba Park, warum sollten sich die Leute auch in diesem Gebäude aufhalten? Das Gebäude war der Verwaltungssitz und die Gästezimmer waren sicher für sonst anreisende Geschäftspartner gedacht. Aber dieser Umstand war von Vorteil für mich. Niemand würde unseren Weg kreuzen, somit war ich in der Lage in Ruhe mit ihm zu sprechen. Als ich in seine Augen sah, konnte ich erkennen, dass sie leicht glasig waren und einen Teil ihres Glanzes und der Anmut, die sie sonst immer ausstrahlten, verloren hatten. „Was verschweigst du uns?“, wollte ich von ihm wissen, ließ seine Schulter nun los und verschränkte die Arme. „Warum sollte ich dir etwas verschweigen?“ „Und warum bist du einfach raus gelaufen? Das ist doch sonst nicht deine Art!“ „Warum wohl?!“, sagte er aufgebracht, hielt sich dann die Hand vor dem Mund und entschuldigte sich. Er hatte sich vor seinem eigenen Verhalten erschrocken. „Sag mir, was dich bedrückt. Los, spucke es schon aus!“, forderte ich ihn auf und tippte mit meinem Zeigefinger gegen seine harte Brust. „Es ist nicht so wichtig!“ Unerlaubt griff er nach meiner Hand, drückte sie sanft und küsste sie, ehe er sie wieder losließ. Aufgebracht und etwas durcheinander zog ich meine Hand zurück und errötete. Noch immer spürte ich seine warmen Lippen auf meiner Haut, dieses unbekannte aber wohltuende Kribbeln, entfachte einen Tornado in meinem Inneren. Nichts konnte dieses aufkommende Gefühl verhindern, also versuchte ich es erneut, um mich selbst von der Situation abzulenken. „Es ist nicht wichtig? Du bist ein schlechter Lügner.“ Er drehte den Kopf zur Seite, kratzte sich am Hinterkopf. „Du willst es wirklich wissen?“ „Ja, sag es mir einfach, ansonsten verpasse ich dir noch eine.“ Das war natürlich ein Scherz. Da er lachte, fühlte ich mich erleichtert. „Du und Jounouchi... mir gefällt es nicht, dass ihr euch so gut versteht. Ich bin eifersüchtig“, gestand er, drehte sich von mir weg, um seine Unsicherheit zu verbergen. „Ach, jetzt weiß ich wo der Hase langläuft.“ Grinsend kam ich ihm näher, beugte mich zu ihm und versuchte ihm ins Gesicht zu sehen, doch er flüchtete immer wieder. „Jetzt weißt du es!“, rechtfertigte er sich wie ein kleines Kind, blies seine Wangen leicht auf und formte mit seinen Lippen einen Schmollmund. Dieser Anblick entlockte mir ein Kichern und ich erwischte mich selbst dabei, ihn gedanklich als süß zu bezeichnen, wobei er sich gerade verhielt wie ein kleines Kind. Aber gerade diese Art war es, die ich an ihm wertschätzte. Obgleich er sich stets sehr reif verhielt, gab er sich ab und zu sehr kindisch, was ihn umso sympathischer machte. Ein Lächeln seinerseits. Einige Sekunden vergingen, ehe ich dieses erwiderte. „Genug herumgealbert... es gibt da noch etwas, das ich dir sagen muss.“ „Warum auf einmal so ernst?“ Ich neigte meinen Kopf leicht zur Seite, musterte er ihn und wartete ab. „Orichalcos ist mächtig und ich habe das Gefühl, dass es immer noch Fragmente dieses Gesteins gibt. Das bedeutet nichts Gutes.“ „Ich dachte, dass alles zerstört wurde? Wie kann das sein?“ „Rafael und auch Amelda haben mir gesagt, dass Dartz nicht alle Steine in seinem Besitz hatte.“ Niemand wusste, wo Orichalcos herkam. Man vermutete, dass es als Meteorit auf die Erde stürzte und dass das Erz nicht bekannt war. Zumindest erklärte dies, warum die Bestandteile des Steins nicht von der Erde zu stammen schienen. Eine Macht, die nicht von dieser Welt war, passte also ganz gut. Außerdem hatte ich schon lange aufgegeben, Magie und ähnlichen Hokuspokus zu hinterfragen, somit viel es mir leichter, diese übersinnlichen Dinge zu akzeptieren. „Demnach sind sie noch immer verstreut und richten Schaden an“, schlussfolgerte ich, knetete nachdenklich meine Hände. „Das sollten wir auch Yuugi und Jounouchi sagen!“ Als ich dies sagte, wanderten seine Mundwinkel buchstäblich in den Keller und er schüttelte hastig seinen Kopf. „Yuugi hat gleich ein Duell vor sich! Es wäre besser, wenn wir ihn nicht noch weiter belasten“, sagte er und verdeutlichte damit seinen Standpunkt. „Ich... verstehe. Trotzdem müssen wir etwas gegen Akito tun, oder? Gibt es überhaupt etwas, das wir tun können?“ Unsicherheit überkam mich. Wenn dieser Junge nur ein Geist war, der durch den Stein an diese Erde gebunden war, stellte sich mir die Frage, ob es überhaupt in Ordnung war, ihn zu erlösen. Vielleicht war es sein inniger Wunsch am Leben zu bleiben? Aber andererseits war es gemein gegenüber denen, die ihr Leben verloren hatten und keine zweite Chance bekamen. Daher musste ich mir einfach eingestehen, dass Tote nicht auf dieser Erde wandeln sollten. Sie mussten dahin, wo sie hingehörten. Sicher stimmten mir auch die anderen zu. Aber nicht nur das. So langsam ergab alles Sinn, zumindest redete ich mir selbst ein, zu verstehen, was es mit dem plötzlichen Verschwinden der anderen Duellanten und Jounouchis Schwäche auf sich hatte. Für einen Moment überkam mich ein nostalgisches Gefühl, das in mir ein Beben auslöste, schnell schloss ich die Augen und zwang mich dazu, die aufkommenden Erinnerungen zu verdrängen. Ich kannte den Wahnsinn, den dieser Stein in den Herzen der Menschen auslöste. Ich wusste es. Ich hatte am eigenen Leib erlebt, wie er die Lebensenergie in sich aufnahm und einem im Gegenzug eine andere Realität vortäuschte, negative Gefühle endlos verstärkte und einen dazu brachte, Dinge zu tun, die man im Nachhinein bitter bereute. Doch er erschuf keine neuen Erinnerungen, sondern ließ einen Erlösung in der Form von Hass erfahren. Valon und ich, wir waren beide Opfer dieses außerirdischen Steins. Gemeinsam begaben wir uns zu Jounouchis und Yuugis Zimmer. Vorsichtig öffnete der Brünette die Tür, doch der kleinere Duellant war bereits nicht mehr hier. Missmutig sahen wir einander an. Hoffentlich hatten sie ihr Duell noch nicht angefangen! Es musste einen Weg geben, Akito freizusetzen und diesem barbarischen Stein Einhalt zu gebieten. Niemand sollte durch Orichalcos weiterhin leiden. In der Vergangenheit hatte es genügend Opfer gegeben und sowohl Valon als auch ich hatten uns dazu entschlossen, dass dies alles endlich ein richtiges Ende finden musste! Wir nickten einander zu. Es brauchte keine Worte, um zu verstehen. Zusammen verließen wir das Gebäude und liefen zu der Arena, wo weder Yuugi noch Akito sich eingefunden hatten. Etwas stimmte nicht. Sogar die Kaibabrüder wirkten unruhig. Als nach einigen Minuten keiner der beiden Kontrahenten aufkreuzte, setzten wir uns in Bewegung und sprachen die Brüder an. Kaiba zeigte keinerlei Regung. Er machte sich keine Sorgen um Yuugi – wenn doch, dann zeigte er diese Sorge nicht – sondern schien viel mehr erbost zu sein, dass ein ehrenhafter und grandioser Duellant zu spät zu einem Duell kam. Kaiba war Perfektionist. Dass Yuugi bereits im letzten Duell zu spät kam, hatte ihn bereits verärgert. Kaiba respektierte Yuugi als Rivalen und als Duellanten und er erwartete eine professionelle Haltung von diesem. Zumindest der jüngere Bruder zeigte sich besorgt und fragte nach, wo Yuugi denn steckte. Wir konnten ihm keine Antwort geben. Dass auch Akito nicht erschien, ließ uns Böses erahnen. Kaibas Verhalten machte mich rasend, immerhin war er der Veranstalter dieses Turniers und es war seine Pflicht sich darum zu bemühen, dass die Regeln eingehalten wurden. Doch er wirkte keinen Deut interessiert, ließ sich auf keine Diskussion ein. Insbesondere als Valon unseren Verdacht wegen des Orichalcossteins erwähnte, blockte er noch mehr ab. Wie konnte er nur so hartnäckig sein? Jounouchi war ernsthaft zu Schaden gekommen. Es verärgerte mich, dass er diesen Umstand einfach ignorierte, wobei er die Kraft von Orichalcos bereits am eigenen Leib erfahren hatte. Oder wollte er mir allen Ernstes sagen, dass er alles vergessen hatte? Grummelnd kam ich ihm näher, erhob vor Aufregung meine Stimme, was ihn durchaus endlich auf den Boden der Tatsachen zurückholte und ihn dazu brachte endlich unserem Flehen Beachtung zu schenken. „Ich glaube an diesen Hokuspokus nicht! Also verschont mich mit euren Leuchtsteinchen!“ „Wie kannst du das sagen? Du hast doch selbst miterlebt, was geschehen ist!“, keifte ich, wurde von Valon zurückgehalten. „Und wenn schon! Dieses Turnier findet wie geplant statt. Wir warten. Mehr habe ich nicht zu sagen.“ Obschon er es nicht offen zeigte, wie sehr ihn das alles mitgenommen hatte, wusste ich, dass sein dummes Betragen für ihn nur eine Art Schutz war. Für ihn war Orichalcos ein abgeschlossenes Kapitel in seiner Lebensgeschichte. Nicht einmal wichtig genug, um überhaupt in seiner Biographie erwähnt zu werden. Für einen Moment haderte ich mit mir selbst. Vielleicht waren Kaiba und ich uns gar nicht so unähnlich, denn auch ich war jahrelang vor meiner Vergangenheit davongelaufen und versuchte sie zu verleugnen. Aber mir war mittlerweile klar geworden, dass man Vergangenes akzeptieren musste, auch wenn die Erinnerung einen plagte. Wir konnten nicht ändern, was geschehen war und gerade weil wir wussten, was geschehen konnte, war es unsere Pflicht etwas gegen diesen Stein zu unternehmen. „Mehr hast du nicht zu sagen? Denk mal darüber nach, was damals passiert ist!“, mischte sich nun Valon ein, ein Teil von mir war froh, dass er das aussprach, was mir auf der Zunge lag, aber einfach nicht den Weg nach draußen fand. Er verstand mich einfach, wir tickten ähnlich. Wieso war mir das nicht schon vorher aufgefallen? „Ich denke, dass ihr beiden das alles hier überdramatisiert. Yuugi wird schon noch kommen.“ Für ihn war das Gespräch nun endgültig beendet. Bestimmend stapfte er weg, ließ uns zurück. Nur Mokuba blieb, wollte etwas sagen, schien aber nicht die richtigen Worte zu finden. Das Publikum hatte sich bereits erheblich verkleinert. Anscheinend hatte keiner Lust weiter zu warten, weshalb immer mehr Menschen gingen und die Zeit mit den vielen anderen Attraktionen des Parks totschlugen. „Glaubt ihr wirklich, dass es sich bei dieser Brosche um einen Orichalcosstein handeln könnte?“, wollte Mokuba wissen. In seinen Augen war seine Sorge abzulesen. Er war anders als sein Bruder. „Wir wissen es nicht mit Sicherheit, aber die Möglichkeit besteht durchaus“, antwortete ich, wurde dann von Valon ergänzt. „Akito ist unberechenbar. Jounouchi geht es seit seinem Duell gegen ihn schlecht. Irgendetwas stimmt hier nicht und wir sind uns sicher, dass dieser Bengel etwas damit zu tun hat! Yuugi ist noch nie zu einem Duell zu spät gekommen und er würde sich niemals vor einer Herausforderung drücken. Kommt dir das Ganze hier nicht komisch vor?“ Er appellierte an Mokubas Vernunft, die Kaiba vermutlich schon längst verloren hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)