Eine zweite Chance von Yuugii (Valon/Mai) ================================================================================ Kapitel 12: The Path of Illusion -------------------------------- Dichter Nebel kam uns entgegen, als wir durch das Tor eintraten und uns, wenn auch widerwillig, auf dieses Spiel einließen. Wir waren zu Dritt und unsere Schritte warfen ein Echo, so dass wir uns nicht darum sorgen mussten, dass einer von uns verloren ging. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, was uns erwartete, dann wäre ich keinen Schritt weitergegangen, doch wir waren voller Tatendrang und naiv, glaubten wir doch tatsächlich, dass wir eine Chance gegen Orichalcos oder besser gesagt seinem Wirt hatten. Wir blieben dicht beieinander, achteten darauf, dieselben Wege nicht mehrmals zu gehen und schritten voran. Ich hob den Blick, doch es war mir unmöglich über die Wände zu blicken, die aus dem Boden ragten und unsere Ehrerbietung verlangten. Wir folgten den Pfaden, versuchten so etwas wie ein Muster herauszufinden, bald schon wurde uns klar, dass Akito dieses Labyrinth steuerte. Um hier weiterzukommen, mussten wir ihn durchschauen, nicht sein Gefängnis. Die verworrenen Wege führten zu einem weiteren kleinem Tor, auf dessen Pforten sich Rosen und mir unbekannte Zeichen, vermutlich Schriftzeichen, befanden. Meinen Kopf leicht zur Seite neigend, studierte ich das Bild, das sich vor meinen Augen befand, dachte angestrengt darüber nach, ob das Muster eine uns verborgene Bedeutung hatte. Erneut kam Valon dem Tor näher, doch ehe er wieder gegen das eiserne Hindernis treten konnte, zerrten Mokuba und ich ihn zurück. Grummelnd lehnte er sich gegen das Gemäuer. Bizarre Geräusche ertönten, so dass wir zusammen fuhren und uns umsahen. Es schien, als sprach Akito selbst mit uns, mir einer verzerrten gar düsteren Stimme, die uns Angst einjagen sollte. »Das ist der falsche Weg. Falsch, falsch, falsch! So wirst du es nie zu etwas bringen!« Noch immer hallte das Echo seiner Stimme nach, keiner von uns rührte sich. Abwartend starrten wir auf das Tor, wissend, dass es sich trotz dieser Durchsage nicht öffnen würde. Akitos Stimme verstummte. Mein Herz schlug rasend gegen meinen Brustkorb, mein ganzer Körper stand unter Strom und mich überkam ein Schütteln, welches ich aber mit meiner Willensstärke unterbrach. Keine Zeit für Schwäche. Die Lage war ernst, wir mussten weiterkommen und aus diesem Horror fliehen. Besonders Mokuba machte mir Sorgen, der mit seinen großen unschuldigen Augen durch die Gegend blickte und selbst nach einem anderen Weg zu suchen schien. Zu gern hätte ich ihm dies hier erspart. Die nackte Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch der junge Mann versuchte weiterhin mutig auszusehen, grinste sogar wieder lässig, als wollte er damit signalisieren, dass wir keine Zeit zum Trödeln hatten. Er spielte den mutigen Helden, tief in seinem Inneren jedoch fürchtete er sich. Diese Reaktion war durchaus angebracht, immerhin kannten wir alle den Schrecken des Orichalcos. „Der falsche Weg, hm?“, wiederholte Valon nachdenklich, dann stieß er sich von der Wand ab und kam uns näher. „Ist nur so ein Gedanke, aber könnte es nicht sein, dass er uns auf eine falsche Fährte führen will?“, erklärte er dann und schenkte uns beiden einen ernsten Blick. „Das ist eine Möglichkeit. Wir wissen ohnehin nicht, wo wir hin müssen, aber auf Akitos Worte zu hören, bringt sicher nichts Gutes“, sagte Mokuba, kam wieder dem Tor näher und legte seine Hand auf diese. „Sollen wir versuchen, durch das Tor zu schreiten?“, wollte ich wissen und die beiden nickten mir zustimmend zu. Gemeinsam lehnten wir uns gegen das schwere Metall, drückten uns mit aller Macht dagegen, wollten den Weg gewaltsam öffnen und, zu unser aller Verwunderung, bewegten sich die Pforten langsam. Wie am Anfang zuvor, erfasste uns ein eisig peitschender Wind, der mir durch Mark und Bein ging. Ich bekam eine Gänsehaut, nicht nur wegen der urplötzlichen Kälte, sondern vor Aufregung und der Ungewissheit, was uns als nächstes erwartete. Hart schluckend betraten wir den Raum, viel eher erschien das hier wie eine dunkle Kammer und ich kam nicht drumherum, mich zu fragen, ob Akito selbst sich dazu entschlossen hatte, die Umgebung abzuändern, um uns noch mehr zu verwirren und unsere Hoffnungslosigkeit zu schüren. Ich war eine gute Duel Monsters Spielerin, aber auch die schwersten Duelle, die ich in meinem ganzen Leben gespielt hatte, waren nichts im Vergleich zu dem, was uns nun erwartete. Der verweste Gestank von Leichen kroch mir in die Nase, sofort schnellte meine Hand zu meinem Gesicht und ich versuchte den abscheulichen Geruch abzuschirmen. Es gab keinen schlimmeren Gestank und meine feine Nase, die an wundervolle verzückende Aromen gewöhnt war, nahm diesen Gestank nur allzu deutlich wahr. Angewidert trat ich einen Schritt zurück, Übelkeit kam in mir hoch und ich glaubte, mich jeden Moment übergeben zu müssen. Auch meine Gefährten schienen den Geruch nicht ignorieren zu können, sie waren genauso angewidert wie ich, nicht fähig etwas zu sagen. Zunächst mussten wir uns an diese Situation gewöhnen, sofern das überhaupt möglich war. Wir befanden uns in einem Kellergewölbe, kleine Fackeln an den Wänden erleuchteten uns spärlich den Weg. Langsam erkannte ich die Umgebung, wollte aber nicht wahrhaben, was sich vor meinen Augen erstreckte. „Ein unterirdisches Gefängnis?“, fragte Mokuba, in seiner Stimme war ein deutliches Zittern zu hören. Um uns herum befanden sich Zellen, wie man sie aus den mittelalterlichen Filmen kannte. Erst jetzt bemerkte ich, dass der Boden an einigen Stellen blutrot verfärbt war und dass meine schönen Stiefel schrecklich an diesen beinahe eingetrockneten Flüssigkeiten klebten. Die verrosteten Gitterstäbe waren dicht an dicht aneinander gedrängt, mit bloßen Händen allein konnte sich niemand aus diesem Gefängnis befreien. Ich versuchte einen weiteren Blick zu erhaschen, doch ehe ich meinen Blick auf den Inhalt der Zelle direkt vor uns werfen konnte, packte mich Valon und presste mich an seine Brust, wollte mich vor schrecklichen Unheil bewahren. „Seht nicht hin. Schaut bloß weg, das ist das Beste“, erklärte er und warf einen mahnenden Blick auf unseren jüngsten Begleiter, der nun sichtbar mit der Neugierde kämpfte, aber dann krampfhaft die Augen schloss und auf Valons gutgemeinten Ratschlag hörte. Das Surren von Fliegen und das Quieken von Ratten, die sich gierig auf ihre Beute stürzten, war nicht zu ignorieren und ich wusste, woher der schreckliche Gestank kam und warum Valon nicht wollte, dass ich meinen Blick in diese Zellen warf. Wieder hatte er mich beschützt und ich fühlte tiefe Dankbarkeit ihm gegenüber, die ich doch nicht aussprach und in meinem Herzen bewahrte. Es war zu früh für solche Worte. Obwohl ich mit der Verzweiflung kämpfte, existierte tief in mir ein Hoffnungsschimmer, der aufleuchtete und mir sagte, dass ich noch nicht aufgeben durfte. Noch immer drückte mich Valon an sich und ich konnte seinen wilden pulsierenden Herzschlag hören, der mir nur allzu deutlich ins Gedächtnis rief, dass er nicht frei von Ängsten war und genauso mit diesem nervenaufreibenden Horror, anders konnte man es gar nicht mehr bezeichnen, zu kämpfen hatte. Mit äußerster Vorsicht setzten wir einen Fuß vor den nächsten, vorbei an den stinkenden Zellen und wir erreichten eine metallene Tür, an der ebenfalls Blut klebte und die sogar mit Kratzern überseht war. Tiefe Einkerbungen, die meine Aufmerksamkeit erhaschten, die von den Kämpfen hinter diesen Türen zeugten und mir den Angstschweiß ins Gesicht trieben. Allein der Gedanke, wie sich die Häftlinge sich an dieser Tür festgekrallt hatten, um nicht weiter gequält zu werden, ließ in mir bloße Panik aufblühen. War das hier real? So sehr ich es mir auch wünschte, ich konnte mir einfach nicht einreden, dass das alles nur ein Traum war. Es fühlte sich so unglaublich echt an, jede Faser meines Körpers weigerte sich weiter zu gehen und schrie „Geh nicht weiter!“, wobei ich ganz genau wusste, dass wir nichts weiter als Schachfiguren auf diesem blutverschmierten Schachbrett waren und keinerlei Kontrolle über die Züge unseres Spielers hatten. Instinktiv legte ich meine Hand auf Valons Oberarm, krallte mich an ihm fest und senkte meinen Blick. Er sagte nichts, nahm meine Furcht einfach so hin und gab keinen frechen Kommentar ab, wofür ich ihm unsagbar dankbar war. Mokuba drängte sich ebenfalls dicht an Valon. Mittlerweile war Valon zu unserem Anführer geworden. Es tat mir schrecklich leid, dass Mokuba ebenfalls in diesem Grauen gefangen war und all diese Abartigkeiten erleben musste. Unsere Fähigkeiten als Duellanten brachten uns hier nicht weiter, das hatten wir schon lange erkannt. Es war nur eine Annahme, aber etwas sagte mir, dass wir Teile von Akitos Erinnerungen gerade selbst erlebten und tief in sein Seelenleben vorstießen. Seit dem letzten Tor hatte er nichts mehr gesagt. Lag es daran, dass er in der realen Welt mit Yuugi beschäftigt war? Wie lange waren wir hier drin gefangen? So viele Fragen, auf die ich einfach keine Antwort fand. Wir zögerten. Sollten wir die Tür wirklich öffnen? Orichalcos war nicht berechenbar. Ein Stein, der nicht von dieser Welt war. Auch wenn ich mir nicht sicher sein konnte, so glaubte ich, dass all dies, was wir hier erlebten, mit diesem Stein in Verbindung stand. Valon hatte erwähnt, dass der Stein nach Seelen suchte und in mir schlich sich der Gedanke ein, dass auch Geister der Vergangenheit, die seit Jahrhunderten im Diesseits gefangen waren, sich magisch von diesem Stein angezogen fühlten. Konnte es sein, dass Akito ein ehemaliger Gefangener dieses Gefängnisses war? Wenn wir die Tür öffnen, finden wir mehr heraus. Vielleicht sind meine Vermutungen richtig. Vielleicht ist Akito ja schon längst..., grübelte ich gedanklich, biss mir auf die Unterlippe. Es war zu früh für Schlussfolgerungen. „Na, dann mal los...“, sprach Valon, doch ich hörte in seiner Stimme den Klang von Angst. Als wir die Tür öffneten, wurden wir von einem gleißenden Licht geblendet, unfähig etwas zu sehen, kniff ich die Augen zu und wartete, dass diese enorme Helligkeit endlich verschwand. Dann wieder Finsternis. Das Gefühl der Unklarheit machte sich in mir breit. Dieser kleine Dämon mit den goldenen Augen spielte nur mit uns! Es machte ihm sichtbar Freude uns zu quälen. Endlich ließ ich Valon wieder los, trat kühn weiter in diesen neuen Raum ein. Noch ehe ich mich weiter umsehen konnte, wurde es auf einmal hell, ruckartig drehte ich mich um, dann wandte ich meinen Blick gen Decke, wo ein wunderschöner Kronleuchter erschien, der mit Kristallsteinen verziert war und von höchstem Reichtum zeugte. Ein edler Raum, die Wände waren in einem leidenschaftlichen Rot gestrichen und in der Mitte des Raumes lag ein Himmelbett, in Samt bezogen und mit Kissen, die mit goldenen Mustern verziert worden waren. „Komm endlich raus, Akito! Hörst du mich nicht? Komm raus!“, schrie ich mit allen Kräften, die ich aufbringen konnte. Wütend zog ich meine Augenbrauen runter, warf einen suchenden Blick auf das Bett, welchem ich mich nun näherte und packte eines der edlen Kopfkissen, sofort fühlte ich den samtig weichen Stoff an meinen Fingern, doch es zügelte meinen Zorn nicht, so dass ich dieses vornehme Stück mit voller Wucht gegen die Wand pfefferte. Um noch weitere der teuren Stücke zu ergreifen, fasste ich den Vorhang und schob ihn rabiat zur Seite. Abrupt stoppte ich mein Tun und betrachtete eine weiße leuchtende Kugel, die hier scheinbar fehl am Platze war. Misstrauisch betrachtete ich diese, meine beiden Gefährten kamen mir indes näher und warfen ebenfalls einen musternden Blick auf dieses edle Ding, bis ich dann meine Hand danach ausstreckte. Vorsichtig, als könnte sie zerbrechen, legte ich meine Hand auf diese und es begann erneut zu leuchten. War es dasselbe Licht, das wir sahen, als wir diesen Raum betreten hatten? Umgehend schlossen wir die Augen und ich spürte, dass fremdartige Bilder in mich hinein drangen, verstörende Szenen, die Mitgefühl und Ekel zugleich auslösten und ein Gefühl der Verzweiflung überkam mich. Zitternd nahm ich meine Hand zurück, mit großen Augen starrte ich dieses Ding an, fühlte noch immer die Emotionen, die bis eben durch mich geflossen waren. In meinen Augen spiegelte sich blankes Entsetzen. Ich musste gar nicht aufsehen, um zu wissen, dass Mokuba und Valon dasselbe gesehen hatten. Mein Körper bebte, obwohl ich etwas sagen wollte, fand ich nicht die richtigen Worte. »Und? Macht es Spaß? Bereitet es euch Freude meine Erinnerungen zu betrachten?« Angsterfüllt drehte ich mich um, Valon und Mokuba taten es mir gleich. Unsere Umgebung begann zu verschwimmen und vor uns befand sich die Tür zum Dach des Gebäudes. Hatten wir das Rätsel gelöst oder hatte Akito selbst entschieden, diese Illusion abzubrechen, um sich selbst zu schützen und uns daran zu hindern, weiter in die dunkelsten Tiefen und Abgründe seiner Seele zu blicken? Was auch immer es war, wir mussten weiter voranschreiten und die hoffentlich letzte Tür öffnen. Das beklemmende Gefühl hatte sich von mir gelöst und ich wusste, dass die Einblicke, die wir bis eben erhalten hatten, nur eine Illusion waren. Endlich waren wir zurück und erneut flackerte das Licht der Hoffnung in mir auf. Wir öffneten die Tür vor uns. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)