Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 24: Here comes the rain again ------------------------------------- Wie viele Stunden lief sie schon durch den Regen? Viel mehr als sonst, aber wie viele genau, das wusste sie nicht. Es war ihr egal. Wie in Trance schritt Zira langsam ins Geweihte Land. Der Regen ergoss sich auf ihrem Fell, doch sie rannte nicht. Sie ließ das Wasser einfach auf ihr Fell prasseln, obwohl sie es eigentlich hasste, dieses Gefühl von nassem Fell, welches auf ihrer Haut klebte. Langsam sog ihr Pelz sich voll und lag schwer auf ihren Schultern. Doch Zira merkte es gar nicht. Sie hatte den König getötet. Was hatte sie da geritten? Wie war das überhaupt möglich? Sie war doch nur eine Junglöwin! Er hatte sie gnadenlos unterschätzt. Zira war zwar dünn, aber dennoch war sie zäh und stark. Er hätte nie von ihr gedacht, zu was sie fähig wäre. Er hatte sie, bis kurz vor seinem Tod, für eine respektlose Schlampe gehalten. Doch mit der Attacke auf Jerk hatte er in Zira unglaubliche Wut entfesselt. Und blanke Wut, Hass, waren eine starke Waffe. Sie ließen Zira Dinge tun, von denen sie nie gedacht hätte, dass sie dazu fähig wäre. Sie entfesselten eine unglaubliche Energie in ihr und unter dem Einfluss von Adrenalin erkannte man sich manchmal kaum wieder. Man wurde unberechenbar – Und Ahadi hatte genau diese Unberechenbarkeit nicht bemerkt – Oder zumindest zu spät bemerkt. Der Regen in ihrem Fell spülte langsam das Blut weg und wusch die Wunden aus. Mit starrem, trübem Blick setzte Zira sich an das Wasserloch, auf das der Regen niederprasselte. Eine Schirmakazie diente als natürlicher Regenschirm und hielt den meisten Regen von Zira fern. Und wie sie da so saß und langsam aus ihren Trancezustand erwachte, so spürte sie endlich die Schmerzen wieder, die Ahadi ihr zugefügt hatte. Sie hatte das Gefühl, als würde alles in ihr pochen, sogar ihre Schwanzspitze. Doch am schlimmsten tat ihr das Ohr weh. Ahadi hatte ein kleines Stück davon weggerissen, doch es wollte nicht aufhören zu bluten, er musste eine Ader getroffen haben. Und die Schmerzen waren unerträglich! Die Schmerzen nahmen ihr die Sicht für alles andere. Sie sah nicht das Wasserloch vor sich, oder schwarzen Himmel, sie sah nur eine einzige, dunkle Fläche vor sich. Es gab gerade keinen Unterschied zwischen Himmel und Erde für sie, alles war eins. Alles sah gleich aus. Sie sah in dieser Masse keine einzelnen Tiere oder Pflanzen, sogar die Regentropfen ergaben für sie ein gleichmäßiges Netz. Zira spürte nur diese unerträglichen Schmerzen, die sie nicht losließen. Mit zusammengebissenen Zähnen presste sie eine Pfote gegen das Ohr und spürte die Tränen aufsteigen – Sie weinte. Das ist alles deine Schuld, hallte Chicas Stimme in Ziras Kopf. Stimmte das denn wirklich? Warum war denn immer Zira an allem schuld? Oh Gott, wie Zira ihr Leben gerade hasste. Sie hasste sich wirklich. Sie wäre am liebsten jemand Anders. Wie sie jetzt wohl aussah? Das Ohr ersetzte ihr niemand mehr. Sie müsste doch abstoßen aussehen. Zira seufzte, dann spürte sie einige stille Tränen über ihr kaltes Fell fließen. Obwohl sie es nicht wollte, warf sie einen Blick in ihr Spiegelbild im Wasserloch. Angewidert sah Zira sich an: Ihr Fell verklebt und nass, das Ohr blutig und nicht mehr ganz vorhanden und sie war dreckig… Auch wenn der Regen den meisten Matsch raus gewaschen hatte. „Ich bin potthässlich…“, flüsterte Zira sich selbst zu „Ich bin absolut hässlich“ Jetzt schrie sie und schlug, mit ausgefahrenen Krallen, wütend in ihr Spiegelbild „Was hab ich denn nur so Schlimmes getan?“, zischte sie und ließ sich ans Ufer fallen. Sie legte wimmernd die Pfoten über die Ohren und wollte nur noch weg. Warum lebte sie überhaupt? Warum musste auch Ahadi aufkreuzen? Was hatte dieser Bastard nur für Probleme? Warum hatte er Jerk getötet? Der konnte doch am wenigstens was dafür. Ja für was eigentlich? Für Ziras Existenz? Warum hatte Ahadi sie nur so gehasst? Sie wollte doch nie was Böses von ihm. Sie hätte sterben sollen, nicht Jerk. Sterben… Hach, das klang so wunderbar einfach, so simpel. Vielleicht war die Welt ja besser ohne sie dran. Warum denn nicht? Sie hatte ihren besten Freund verloren, sie hatte seinen Tod WIEDER nicht verhindern können, wie bei Atu auch und Chica hasste sie… Und sie würde nie Scar abbekommen – VERDAMMT! SCHON WIEDER! WARUM hatte sie schon wieder an ihn denken müssen? Warum verschwand er nicht endlich aus ihren Gedanken?! Geh weg Scar, verschwinde! Ach Scar… wegen ihr hatte er diese Narbe… Scar… Zira musste es sich eingestehen – Sie liebte ihn. Sie liebte ihn wirklich. Immer wenn er sie berührte oder sie aus seinen stechend grünen Augen ansah, hatte sie das Gefühl auf Wolke sieben zu schweben. Immer wenn er ihr zu nahe kam klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Und er? Er bemerkte es gar nicht. Er würde es doch nie bemerken! „Ich bin so hässlich… Oh Gott, ich hasse mich einfach nur…“, knurrte Zira sich selbst zu, als sie sich wieder im Wasserloch sah. Doch plötzlich hörte sie ein Rascheln im Gebüsch hinter sich. Sie stellte die Ohren zwar auf, doch rührte sich nicht. Wenn sie jetzt sterben würde war es ihr auch völlig egal! „Hey, du bist doch nicht hässlich…“, sagte plötzlich Jemand hinter Zira. Sie zuckte erschrocken zusammen – Das war Scars Stimme! „Nein, Scar, nicht jetzt! Bitte… Ich sehe schrecklich aus. Geh weg.“ Zira versuchte normal zu klingen, stark zu sein, aber ihre Stimme klang zitterig. Sie durfte nur nicht losweinen! Nicht heulen! „Hey… Was ist denn los?“ Scar ging gar nicht auf Ziras Bitte ein und setzte sich einfach neben sie. Demonstrativ wand Zira den Kopf weg. Sie wollte unter keinen Umständen, dass Scar sie so sah. „Zira… Was ist denn so schreckliches passiert? Lass dich doch anschauen, so schlimm kann es nicht sein.“ Scar machte den Hals lang und versuchte ihr ins Gesicht zu blicken. Er beugte sich über sie, doch Zira wich seinen Blicken aus. „Bitte nicht jetzt.“, flehte sie. Ihre Stimme war zitterig, als würde sie gleich anfangen zu weinen, doch nicht mal jetzt hörte Scar auf Zira, sondern stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie. Zira fiel überrascht zu Boden und bevor sie sich wieder aufrichten konnte, hatte Scar die Vorderbeine auf ihren Brustkorb gestemmt. Jetzt konnte sie ihm nicht mehr ausweichen, egal was kommen würde! Erschrocken sah Zira in sein Gesicht und versuchte vor Scham das Ohr zu überdecken, doch Scar hatte schon alles gesehen – Eigentlich mehr als genug. „Oh mein Gott! Was ist passiert?“, fragte er und schnappte erschrocken nach Luft. Er ließ von ihr ab und setzte sich wieder auf, doch Zira machte sich nicht mal mehr die Mühe aufzustehen. Sie legte sich nur auf den Bauch und kämpfte gegen die Tränen an. „Ich…“ Doch sie schaffte es nicht mal weiterzureden, weil sie plötzlich aufschluchzte und Tränen über ihr Gesicht rollten. Alles brach aus ihr heraus. Tja, das passierte nun mal, wenn man seine Tränen zu lange zurückhielt. Scar sah verunsichert zu ihr. Was sollte er jetzt tun? Löwinnen waren unberechenbar. Manchmal, da wollten sie getröstet werden, waren aber irgendwie zu blöd um das direkt zu sagen und manchmal schlugen sie dich, wenn man das tat. „Zira…“, fragte Scar vorsichtig nach. Aber Zira schluchzte nur wieder auf und vergrub ihr Gesicht unter ihren Pfoten. Es war ihr so peinlich sich vor Scar wie ein Junges auszuweinen. Was sollte er denn von ihr denken? Warum konnte er nicht endlich mal gehen, verdammt?! Sie wollte ihn nicht bei sich haben, war das so schwer zu verstehen?! Doch plötzlich spürte sie, wie Scar näherkam und sich dicht neben sie legte. Seine Wärme durchdrang ein bisschen ihr kaltes, durchnässtes Fell und wärmte sie auf. „Zira… ganz ruhig… So schlimm kann es doch gar nicht sein…“, versuchte er sie erfolglos aufzumuntern, worin er nicht gerade der allerbeste war. Du hast keine Ahnung. Er legte vorsichtig und fürsorglich seine Pfote unter ihr Kinn und zog ihren Kopf sanft zu sich, so dass er ihr in die Augen sehen konnte. Das hatte er noch nie getan und umso mehr verunsicherte es sie. Zira hätte sich wehren können, aber um ehrlich zu sein – Sie wollte gar nicht. Sie wollte gar nichts mehr. „So… jetzt beruhig dich erst mal. Was ist denn mit dir passiert?“, fragte er. In seiner Stimme lag plötzlich eine ungewohnte Sanftheit, von der Zira bisher nie viel mitbekommen hatte. Sue schluchzte jedoch auf und schüttelte schwach den Kopf. Sie konnte nicht darüber reden, noch nicht – Falls sie denn je darüber reden könnte. „Ich… ich… ich… Vergiss es! Das interessiert dich doch sowieso nicht.“, wimmerte sie. „Doch, das tut es.“, entgegnete Scar ernst, doch noch immer ganz ruhig und gesammelt. Langsam färbte auch etwas von seiner Ruhe auf sie ab und tatsächlich fühlte Zira, wie ihr Atem sich beruhigte – Klasse, sie konnte wieder atmen! „Scar, ich… es… es geht nicht. Ich kann das nicht.“, meinte Zira schließlich angestrengt und atmete ein paar Mal tief durch. Sie wurde ja tatsächlich ruhiger! Doch plötzlich setzte Scar sich auf. Zira glaubte schon er wollte sie allein lassen, doch stattdessen begann er damit ihr zerfetztes, blutendes Ohr abzulecken. Einen Moment war sie wie erstarrt, doch als sie spürte, wie er damit begann auch noch ihre Stirn sauber zu lecken, realisierte sie langsam wie nah sie ihm war – Und sie würde jede seiner Berührungen genießen. Und wenn sie ehrlich sein sollte, so gefiel es ihr – Sehr sogar. Scars Blick heftete sich voll und ganz an Zira und er begann ganz langsam ihren Hals und ihre Schultern sauber zu machen, er konzentrierte sich regelrecht auf seine Arbeit – Und das kam wirklich selten vor. Zira entspannte sich immer mehr, konnte aber immer noch nichts sagen. Sobald sie irgendwas sagen würde, würde sie entweder wieder anfangen zu weinen oder nur dummes Zeug rausreden. So lag sie einfach schweigend da, lauschte dem Regen und Scars Atemzügen. Es war so leise, dass sie sogar das hörte. Irgendwann hörte Zira Scar aufatmen, als er so gut wie fertig war. „Zira… tut‘s noch sehr weh?“, fragte er vorsichtig, jedoch wohl eher um die Stille zwischen ihnen zu brechen. Natürlich hatte er noch all die anderen Wunden entdeckt, die Zira sich bei dem Kampf geholt hatte. Sie wollte im ersten Moment lügen, aber dann lies sie es doch. „Ja.“, meinte sie tonlos. Scar nahm seine Pfote und zog ihren Kopf vorsichtig in seine Richtung, so dass er sich wieder um ihr Ohr kümmern konnte, obwohl dieses inzwischen mehr als nur sauber war und das wusste Zira auch. Warum also wollte er ihr so nah sein, wenn es doch gar keinen Grund gab? War er etwa… Ihr Herz begann plötzlich schneller zu schlagen und sie sah verlegen zu Boden. Verdammt! Sie wurde tatsächlich verrückt! Interpretierte sie vielleicht einfach nur zu viel in sein Verhalten hinein? „Scar…“, flüsterte sie mit brüchiger Stimme. „Ja?“ „Warum bist du bei diesem Wetter eigentlich noch draußen?“, fragte sie um irgendwas gesagt zu haben. „Meine Mutter hat mich und Mufasa rausgeschickt um nach meinem Vater zu suchen. Er ist schon den ganzen Tag weg.“ Zira begann plötzlich zu zittern und ihr stellte sich das Fell auf. Oh Gott! Sie werden Ahadi finden! Das würde Uru das Herz brechen… Uru hatte das einfach nicht verdient… „He, du zitterst ja! Du… du solltest besser zum Königsfelsen gehen… Sonst wirst du noch krank, äh, weißt du?“, meinte Scar fürsorglich – Vielleicht etwas zu fürsorglich. Doch Zira ignorierte seine Anweisung. „Aber warum suchst du dann nicht nach Ahadi, sondern kümmerst dich hier um mich?“ Scar rollte verachtend mit den Augen und verzog das Gesicht. „Weil ich ihn hasse“, meinte er kühl „Zum Teufel mit ihm. Vielleicht wurde er auch nur vernünftig und hat sich von irgendwas fressen lassen.“, spaßte Scar. In Ziras Hals bildete sich plötzlich wieder ein riesiger Kloß. So einer, von dem sie dachte, dass er sich vorhin aufgelöst hätte. „Na ja, aber ich denke du hast recht. Komm, geh du jetzt wieder zum Königsfelsen und ich tu meiner Mutter den Gefallen und such nach meinem missratenen Vater.“, meinte Scar lustlos. „Scar, bleib bitte hier! Ich will nicht zu den Anderen.“, rief Zira plötzlich aus und legte ihren Kopf in seine kurze Mähne, um ihn am Aufstehen zu hindern. Überrascht sah er zu ihr uns spielte mit den Ohren herum, ein Zeichen dafür, dass er verwirrt oder nervös war. „Ähm… Ist ja okay. Ich bleib hier… Versprochen.“, sagte er besänftigend und strich Zira liebevoll über den Rücken. Sein Verhalten war momentan ziemlich untypisch für ihn. Immerhin war er Scar und um ehrlich zu sein wunderte er sich gerade selber über sein von ihm so verpöntes, übersentimentales Auftreten, immerhin waren Einfühlungsvermögen und Sensibilität selten für ihn. Aber wenn es um Zira ging, so machte er sogar das mit – Verrückte Liebe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)