Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 40: Why do all good things come to an end? -------------------------------------------------- „Und DAS hast du zugelassen?!“, brüllte Zira Scar an. Sie hatte die Jungen in die Höhle geschickt und zog es nun vor Scar hinter dem Königsfelsen zur Schnecke zu machen. „Nun beruhige dich doch endlich! Es ist doch alles gut ausgegangen, als hättest du nie Mist gebaut als du so alt warst!“, verteidigte Scar sich. „Nein, ganz ehrlich, nein! Ich hab nie derartige Scheiße gebaut und bin in Krokodilverseuchte Seen gesprungen, weil meine Mutter auf mich aufgepasst hat!“ „Ja, und was hat ihr das gebracht?! Sie ist tot!“, fauchte Scar. „Oh, DAS weiß ich auch, DANKE dass du mich da dran erinnerst! Danke Scar! Nur könnte ich dir ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein zutrauen, oder? Ich finde es nämlich relativ bescheuert dass, wann auch immer ich die Jungen in deiner Obhut lasse, irgendwas passiert!“ „Nun mal halblang“, zischte Scar „Das war das erste Mal!“ „Lügner! Meinst du echt ich weiß nichts von der Sache mit dem Elefantenfriedhof?“ Scar verstummte. Oh verdammt… Wie… Woher wusste sie das? „Ja! Du musst gar nicht so schockiert dreinblicken, Samangi hat mir alles erzählt, ich hab nur nichts gesagt weil ‚ja nochmal alles gut gegangen ist‘!“ Scar schwieg noch immer. „Aber diesmal lass ich dich nicht kommentarlos davonkommen“ Oh nein, das schrie nach Ärger „DU schläfst heute Nacht draußen! Schwer dich zu den Hyänen oder sonst wo hin!“ Doch nun schien Scar auch seine Stimme wiederzufinden. „Bitte, was? Das ist MEINE Höhle und DU willst mich da rausschmeißen? Zira, du solltest echt wieder täglich jagen gehen, du scheinst mir auf ziemlich dumme Gedanken zu kommen!“ Der drohende Unterton in seiner Stimme war unüberhörbar und irgendwie ließ es Zira das Nackenfell abstehen. „Gut… Wenn du das SO siehst, bitte! Ich nehm die Jungen und wir machen es uns bei deinem lieben gemütlich, die anderen werden sich freuen mich mal wieder bei sich zu sehen.“ Mit diesen Worten wollte Zira sich schon abwenden, doch Scar stellte sich ihr in den Weg. „Na gut“, rief er etwas zu laut „Okay… Wenn du darauf bestehst, bitte, ich schlafe draußen.“ „Gut…“ Das war alles was sie sagte. Und ohne ein weiteres Wort wand sie sich ab und verschwand in der Höhle. Seiner Höhle. Er hätte nie geglaubt dass er das wirklich sagen würde, aber er wünschte Zira in diesem Moment den Tod an den Hals. Pf, er und verantwortungslos… Er war nur noch nicht geübt auf drei wuselige Löwenjunge aufzupassen, hatte sie ein Problem damit? „Wo ist Daddy?“ Zira seufzte. Warum hatte sie nur geglaubt dass genau diese Frage kommen würde? „Er hat zu tun“, gab sie knapp zur Antwort und legte sich zu ihnen „Kwanza, geht’s dir wieder gut Liebling?“ „Jaja, alles gut.“, antwortete er leichthin. „Das mit deinem Vater tut mir so leid. Ich glaub ich hätte euch nie mit ihm allein lassen sollen, wann auch immer er mit euch allein ist passiert irgendwas schlimmes.“ „Nein Mama, das stimmt nicht!“, verteidigte Samangi ihn. „Genau, ich bin selber daran schuld.“, bestärkte Kwanza seine Schwester. Er gab seinem Vater eigentlich überhaupt nicht die Schuld daran, was konnte er auch dafür? „Hört mal, ich weiß dass ihr euren Vater beschützen wollt und alles, aber er hat die Verantwortung für euch, er muss auf euch aufpassen und ganz ehrlich… Er war nicht unbedingt erfolgreich darin. Das hat vielleicht noch geklappt als ihr noch ganz klein wart und fast nur geschlafen habt, aber jetzt? Die Sache mit dem Elefantenfriedhof war ja schon unter aller Güte, aber das heute ging gar nicht.“, erklärte Zira ihnen ernst. „Aber…“ „Schlaft jetzt!“, befahl Zira herrisch. Sie wollte keine Wiederrede mehr, morgen war ein neuer Tag. Seit dem Vorfall am Wasserloch waren inzwischen ein paar Tage vergangen. Zira hatte Scar mehr oder weniger verziehen, aber sie sprach trotzdem nicht mehr als nötig mit ihm. Er sollte ruhig sehen wie wütend sie auf ihn war. Jedenfalls wollte sie heute den Tag nutzen und den Jungen wieder eine kleine Jagdstunde geben. Das Wetter war wie dafür geschaffen, denn am Horizont türmten sich riesige Gewitterwolken zusammen. Bestes Jagdwetter! Zira hatte beschlossen den Jungen diesmal alles nur aus der Ferne zu zeigen, damit sie ein Gespür für die plötzlichen Bewegungen der Beutetiere bekamen und sahen wie Beute zu flüchten versuchte. Das war nämlich bei jedem Tier anders. Kleinere Gazellen versuchten durch riesige, hohe Sprünge zu entkommen, während größere Beute, wie Gnus und Zebras, es bevorzugten einfach der Masse hinterher zu hetzten und im schlimmsten Fall dir die Bauchdecke mit einem Tritt aufzureißen. „Hört mal zu“, begann Zira und blickte zu ihren Jungen hinab „Ihr werdet euch jetzt hinter diesen Büschen verstecken und mit genau zusehen, klar?“, fragte Zira. Doch es war eher eine Anweisung. „Okay Mama.“, sagte Kwanza. „Gut. Ich will wirklich dass ihr mir ganz genau zuseht. Ihr müsst wirklich auf jede noch so unbedeutend erscheinende Bewegung achten, habt ihr das verstanden? Sonst werdet ihr es nie lernen“, ermahnte Zira „Oh, und bevor ich es vergesse, das ist wirklich am allerwichtigsten KEINEN MUCKS! Absolute Ruhe! Egal was auch passiert: Seid leise! Ich kann mich nicht auf eure Sicherheit und gelichzeitig auf das Zebra konzentrieren. Aber ihr müsst einfach mucksmäuschenstill sein, das kann euch den Hals retten.“ „Okay.“ „Samangi, wirklich, das meine ich ernst. Egal was auch ist, ihr dürft keinen Laut machen, habt ihr das verstanden? Das ist mir sehr wichtig!“ Zira wusste dass um diese Tageszeit eigentlich keine Hyäne so blöd wäre und würde tatsächlich einen Fuß ins Geweihte Land setzten. Aber es gab andere Bedrohungen. Wildhunde hatte Zira noch nie hier gesehen, aber sie hatte Spuren von ihnen gesehen, also mussten sie da sein. Und Geparden und Leoparden waren auch ein Problem. Natürlich würden die sich nie auch nur im Traum mit einem ausgewachsenen Löwen anlegen, aber es wäre nicht das erste Mal dass ein Löwenjunges ihnen zum Opfer fallen würde. Zira sah sich nochmals um und schlich sich schließlich mit einer gewissen Anspannung an die Zebraherde an. Sie wusste dass, wenn sie allein jagte, weniger Chancen auf Beute hatte, aber sie wollte es dennoch schaffen, da sie nicht unbedingt vor ihren eigenen Jungen versagen wollte. Und anfangs sahen die Chancen für Zira sogar ziemlich gut: Der Wind war günstig, die Zebras schienen ruhig und hatten sie allen Anschein nach auch nicht bemerkt. „Was macht sie jetzt“, fragte Samangi irgendwann, er hielt aber nur ein ‚psssst‘ von ihren Geschwistern „Ich mein nur… Warum dauert das so lange?“ „Samangi“, zischte Kwanza genervt „Hör auf Mama und sei still, sonst bekommen wir bestimmt großen Ärger!“ „Aber…“ „PSSSST!“, fauchten Tofauti und Kwanza gleichzeitig. „Meinetwegen…“, knurrte Samangi und überschlug trotzig die Pfoten. Doch an dem was nun geschah waren sie wahrscheinlich alle ein wenig schuld. Jedenfalls würde es ihr Leben gewaltig… ändern. „Ach seh an, mein Mittagessen.“ Ein Schauer fuhr den Jungen über den Rücken und die Nackenhaare stellten sich ihnen auf als sie diese höhnische, tiefe Stimme hinter sich hörten. Sie kannten sie nicht und eine Fremde Stimme die sie als ihr Mittagessen bezeichnete war wohl nie eine positive Sache, nicht? Doch nun, wo der erste Schreck überwunden war rissen sie die Köpfe um und was sie da sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Ein Leopard, groß, kräftig, stämmig, stand da und sah mit einem fiesen Grinsen auf die Jungen herab. Nicht mal etwas zu sagen trauten sie sich, es war als hätte es ihnen die Sprache verschlagen. Und dieser Leopard stand einfach nur da, leckte sich hungrig die Lippen und starrte auf sie herab wie auf potenzielle Beute, die sie ja auch waren. Und dann schnappte er plötzlich, völlig unverfroren, Tofauti am Genick. Sie wollte schreien, sie wollte es wirklich, aber kein Ton entrann ihrer Kehle, nicht mal ein Mauzen. Es war als wäre sie in eine Starre gefangen und sie konnte sich einfach nicht daraus lösen. Ihre Geschwister sahen nur geschockt zu, obwohl der Leopard sich nun auch noch kommentarlos Kwanza schnappte. Samangi war die einzige die die Situation noch hätte retten können, doch nicht mal sie schien verschont zu werden, denn plötzlich befanden sie sich zu dritt in dem, und das mussten sie leider zugeben, erschreckend großen Maul des Leopardens. Er schien sich dieser Sache so sicher und bewusst zu sein dass er sich nicht mal groß beeilte, sondern in aller Ruhe davonlief. Leoparden hatten die Angewohnheit ihre Beute auf Bäume zu schleppen und sie dort zu fressen damit andere Tiere sie ihnen nicht abnahm. Doch Kwanza schien sich endlich aus seiner Starre zu lösen und tat das einzige was er in diesem Moment noch tun konnte… „MAMA!“, kreischte Kwanza aus Leibeskräften und begann wie wild herumzuzappeln. Er konnte wirklich nur hoffen dass das den Leoparden überraschen und er sie fallen lassen würde. In dem Moment riss Zira den Kopf umher und stellte unsicher die Ohren auf. Hatte sie da eben Kwanza gehört? Sie sah sicherheitshalber zu dem Busch an dem sie die Jungen abgesetzt hatte, doch plötzlich hatte sie das Gefühl ihr Herz würde aussetzten. Nein… nein, nein, nein! Um Himmels Willen, bitte nicht! Der Leopard, der Leopard der grade vom Busch wegging, hatte was im Maul… Und es bewegte sich! Und zwischen der lähmenden Angst und Panik die gerade in ihr aufstieg, verspürte sie plötzlich den Drang diesem Vieh die Krallen in den Hal zu schlagen. Scheiß auf diese Zebras „Stehen bleiben! BLEIB STEHEN!“, brüllte sie und rannte als ginge es um ihr Leben hinter der gefleckten Raubkatze hinterher. Der würde ihre Jungen loslassen und wenn es das letzte war was sie tun würde! Aber sie waren sehr nah an der Schlucht und wenn Zira ihn hier in die Enge treiben würde, würde er sie von allein loslassen. „MAMA!“, kreischte Samangi angsterfüllt und versuchte mit aller Kraft mit den Krallen nach der Schnauze des Leopardens zu schlagen, doch viel brachte das auch nicht. Und das schlimmste war, dass dieser Leopard nicht mal dumm war. Im Gegenteil, er wusste ganz genau wie er seine Gegner abschüttelte, denn obwohl Zira immer näher kam, kletterte er mit einer solchen Ruhe eine Akazie die direkt am Rande der Schlucht wuchs hinauf, dass man hätte denken können dass er Zira mit dieser Gelassenheit eins reinwürgen wollte. Zira war noch nicht mal richtig zum Verschnaufen gekommen, doch ihr erster Impuls war es diesen Baum hochzuklettern, obwohl sie genau wusste dass sie das nie und nimmer mit der selben Schnelligkeit und Anmut eines Leopardens schaffen würde. „Lass sie los, lass sie sofort in Ruhe!“, brüllte sie mordlustig und spürte aus irgendeinem Grund Tränen aufsteigen. Diese ganze Atmosphäre war so dermaßen angespannt und alles was dieses verdammte Mistvieh da oben tat war gleichgültig zu ihr hinunter schauen. Diese verdammte Gleichgültigkeit mit der er sie verspottete machte Zira einfach nur fertig. Und sie war so vollkommen… hilflos! Bis sie den Baum hochgeklettert war, waren die Kleinen tot, sie musste sich etwas anderes ausdenken und zwar schnell. Hilfe holen? Nein, das würde auch nichts bringen, gar nichts, das wäre Zeitverschwendung. „Mama, bitte, der frisst uns gleich.“, heulte Tofauti. Ihre Worte brannten in Zira wie Feuer und so entscheid sie sich das zu tun, was als einziges machbar zu seien schien. „Hör jetzt mal gut zu, entweder du lässt sie los oder ich schwöre es dir, ich BRING DICH UM!“, drohte Zira blutdurstig und rammte im nächsten Moment die Krallen in die Rinde des Baumes. Sie konnte nicht warten, es wäre zu spät! Mit aller Kraft kämpfte Zira sich den Stamm hoch, bis sie endlich die Äste erreichte und sah mordlustig zu dem Leoparden, der die Jungen noch immer im Maul hielt. Der starrte sie einfach nur an, so als ob er über allem stehen würde, als könne er es sich erlauben Zira derart zu verspotten. „Ich sag es zum letzten mal, lass sie LOS!“, brüllte sie und kletterte schnaufend durch das spitze Geäst. Unzählige kleine Holzsplitter hatten sich in ihre Pfoten gebohrt und das Laufen fiel ihr immer schwerer. Aber sie war dem Leoparden nun schon so nah, sie würde nicht aufgeben, nicht jetzt! Und tatsächlich war dieser so überrascht über Ziras schnelles Vorankommen, dass er vor entsetzten das Maul öffnete, also das tat was Zira die ganze Zeit verlangt hatte. Tja und dann… Man konnte sich denken was geschah. Keiner Mutter wünschte man das was Zira soeben durchmachen musste. Denn keine Mutter wollte ihr eigenes Kind überleben, gar keine. Und das erschreckende war dass es so schnell gegangen war, Zira konnte gar nicht reagieren. Und alles was sie noch tun konnte war zuzusehen wie ihre Jungen, ihre kleinen Babys durch das Geäst bretterten und in die Schlucht fielen. Es war alles so furchtbar schnell gegangen. Und den Schmerz den Zira gerade durchmachte konnte man nicht in Worte fassen, beschreiben, so etwas musste man erleben. Sagen wir es mal mit den Worten ‚unbeschreibliche Qualen‘. Was hatte man ihr da angetan? Was war da grade passiert? Sie waren tot, natürlich waren sie tot. Den Sturz überlebte niemand. Nur... Warum? Warum so? Welcher Trottel ließ auch einen Baum an einer Schlucht wachsen? Natürlich hatte Zira sich nach dem Leoparden umgesehen, doch der war schon über alle Berge, denn er wusste genau dass Zira sein Todesurteil gewesen wäre. Und dann war sie einfach nur zitternd vom Baum gesprungen und weggelaufen. Und jetzt saß sie zusammengekauert irgendwo im Gras, neben einem Felsen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Was war das grade eben, wie war das möglich? Das durfte doch nicht wahr sein, sie konnten doch nicht wirklich tot sein! Bitte, das durfte doch alles nicht passiert sein. Und dann spürte sie plötzlich eine hochexplosive Mischung aus Trauer, Wut und Hass in sich aufsteigen. Warum? WARUM!? Das durfte nicht wahr sein! Sie durften nicht tot sein! Warum so plötzlich? Warum tat man ihr das an? Warum hatte sie nicht besser aufgepasst? Zira schlug die Pfoten über den Augen zusammen und weinte als ginge es um ihr Leben. Noch nie wurde sie von solchen Weinkrämpfen geschüttelt wie jetzt, noch nie. Wann hatte sie überhaupt das letzte Mal dermaßen geweint? Sie wusste es schon gar nicht mehr. Und mit der Zeit verlor sie sämtliches Zeitgefühl. Erst als eine Stimme ihre Ohren erreichte bemerkte sie wie dunkel es eigentlich schon war. Die Nacht würde bald einbrechen… und sie würden nicht mehr da sein. „Zira? Was ist passiert, man hört dein Gewimmer durch die halbe Gegend…“ Scar. Oh nein… Nein, nein, nein, bitte nicht er, bitte nicht jetzt! „Zira?“ Keine Reaktion. „Zira, was ist passiert?“ Nun klang er ernster, fast schon besorgt. Gerne hätte sie ihm geantwortet, irgendwas gesagt, aber sie kam aus dem Schluchzen kaum mehr raus und wagte es nicht Scar überhaupt noch in die Augen zu sehen. „Zira, was ist denn?“ Ohne weitere Worte legte er sich besorgt zu ihr und versuchte ihr in die Augen zu sehen, doch wann immer er das auch versuchte, sah sie weg. Und sie schien sich einfach nicht beruhigen zu können, egal wie fest er sie zwischen die Pfoten nahm, egal wie oft er ihr nun schon die Tränen aus dem Gesicht geleckt hatte und gesagt hatte dass alles in Ordnung sei, nur sehr schwer und langsam schien sie sich zu beruhigen. „Zira, es ist doch alles in Ordnung, was hast du?“, fragte er sorgenvoll und rieb beruhigend den Hals an ihrem. „Die… die Jungen, der Leopard, er, er…“ Sie schluchzte auf und schaffte es nicht zu Ende zu reden. Zum einen weil die Tränen ihr die Worte abschnitten, zum anderen aus Angst. Er würde sie hassen, es war ihre Schuld! Scar würde sie hassen, er würde sie für den Tod der Jungen, seiner Jungen, verantwortlich machen! JEDER würde das! Jeder… „Zira? Was ist passiert“, fragte Scar noch mal, wobei er versuchte ruhig zu bleiben, obwohl sich gerade in ihm eine schreckliche Vermutung breit machte „Zira?“ Er wollte sie zu nichts drängen und er wollte auch nicht taktlos wirken, aber er brauchte Gewissheit. „Tot. Alle drei.“, kam es ihr dann schließlich doch über die Lippen und sank augenblicklich noch weiter zusammen als sie es sowieso schon war. Es war als wollte sie sich so klein machen dass niemand auf der ganzen Welt sie je finden würde. Sie hatte sich auf einen Schlag bereit gemacht, irgendeine Reaktion Scars, doch nichts kam, gar nichts. Kein Wort, keine Bewegung, nichts. Er lag einfach nur bei ihr und machte nichts. Und je länger er genau das tat, umso mehr Angst bekam Zira. Das konnte nur die Ruhe vor dem Sturm sein, anders konnte sie es sich nicht erklären. Und da herrschte so lange diese Stille zwischen ihnen, viel zu lang. „Was?“, kam es nur von ihm. Er klang so kalt und neutral wie immer. Und auch wenn er verstanden hatte, so konnte er es nicht fassen. Seine Jungen waren tot? Scar wollte weinen, wirklich, doch er konnte nicht. Gefühle die Schwäche zeigten? Nein. Er hatte es sich schon vor langer Zeit abgewöhnt solche Gefühle zu zeigen und auch wenn er noch so sehr gewollt hätte, so schaffte er es nicht auch nur eine Träne zu vergießen. Es war schwer zu erklären und ja, es klang grausam und herzlos, aber das hieß nicht dass er nicht auch Trauer empfand. Und Zira weinte wagte es einfach nicht aufzusehen. Sie hatte verdammt nochmal eine solche Angst und das Schuldgefühl schien sie zu erdrücken, sie hatte einfach nicht den Mut Scar in die Augen zu sehen. Doch als plötzlich etwas über ihre Schulter fuhr zuckte sie merklich zusammen. Scars Pfote. Eigentlich hätte sie geglaubt dass er ihr jeden Moment mit ausgefahrenen Krallen über den Rücken fahren würde, was sie im Übrigen verstanden hätte, aber stattdessen zog er sie nur noch näher an sich. „Pssst, ruhig, ganz ruhig…“, flüsterte er beruhigend und rieb sein Kinn an ihrem Kopf „Ruhig Zira…“ Zira entfuhr ein weiteres Schluchzen, ehe sie ihr Gesicht gegen Scars Mähne presste. „Aber warum sie“, winselte sie und vergrub ihren Kopf immer tiefer in seiner Mähne, wodurch ihre Stimme gedämpft wurde und nicht mehr ganz so erbärmlich und verzweifelt erschien „Warum sie, Scar? Und warum alle?“ Vor lauter aufkommendem Selbsthass rammte sie sich die Krallen so stark in die Ballen, dass das Blut nur so heraustropfte. „Ich weiß es nicht Zira.“ Das war alles was ihm dazu einfiel. Er fragte sich doch das gleiche. Was sollte das alles? Warum jetzt? Ziras von Weinkrämpfen zitternder Körper riss ihn jedoch wieder aus seinen Gedanken. Er drückte sie näher an sich heran und in diesem Moment durchfuhr sie wieder ein so heftiges Schluchzen, das sie für ein paar Sekunden keine Luft mehr bekam. Scar streichelte ihr fast schon wie in Trace immer wieder an dem Aalstrich entlang der von Kopf bis zu den Schulterblättern verlief und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu wirken. Er war ein Meister darin seine wahren Gefühle zu verbergen und momentan war das auch besser so. Zira brauchte jetzt etwas was sie wieder aufbaute und niemanden der noch schlechter drauf war als sie selbst. Währenddessen, zur selben Zeit, lief ein weiblicher Schabrackenschakal ihren einsamen Weg durch die Schlucht. Sie kam aus dem Nordwesten, einer recht kargen, trostlosen Gegend und hatte gehört dass es im Süden, also noch weiter im Süden, jenseits des Geweihten Lands, ein großes Stück Feuchtsavanne gab, in dem es anscheinend schon seit Jahren zu keiner Dürre gekommen war. Genau dort wollte sie hin. Sie hatte keine Freunde oder Familie und das nur weil sie ein bisschen anders war. Sie war ziemlich groß, was nicht grade zum Schönheitsideal eines Schabrackenschakals gehörte und mögliche Partner abschreckte. Zudem fehlte ihr beinahe ihr ganzes rechtes Ohr, was auf einen Kampf mit einem Leoparden zurückzuführen war, eine Dummheit aus ihrer Jugend. Aber ansonsten war sie eigentlich ziemlich nett… und dennoch hatte sie niemanden. Ihre Familie starb vor langer Zeit und Freunde hatte sie keine. Also sorgte sie für sich selbst. Und es klappte ganz gut… Seit fast einer Woche streifte sie nun schon allein durch die Savanne und sie hatte es doch bestens geschafft für sich zu sorgen. Sie hatte sich einige Male verlaufen und musste einen neuen Weg einschlagen um an ihr Ziel zu kommen, aber diesmal war sie sich sicher dass sie auf dem richtigen Weg war! Ihr Name war im übrigen Tumaini. Es hieß Hoffnung. Ironisch, nicht? Sie selbst hatte sämtliche Hoffnungen auf ein eigenes, kleines Rudel längst aufgegeben. Junge würde sie wohl auch nie bekommen, schließlich schrecke sie mit ihrer Größe und ihrem trampeligen Auftreten jeden sofort ab. Ein Schakal musste geschmeidig, klein und mehr oder weniger graziös sein und all das war sie eben nicht. Tumaini sah zum Himmel. Langsam wurde es dunkel und nicht nur durch die Tageszeit. Das Gewitter kam näher. Sie entschloss ihre Reise für heute zu unterbrechen und die Zeit die ihr bis zu dem großen Regenfall bleiben würde damit zu verbringen nach einem trockenen Unterschlupf suchen. Diese Schlucht hatte gewaltige Felswände, da musste doch irgendwo eine kleine Höhle, oder zumindest einen regengeschützten Fleck für sie zum Übernachten geben. Doch plötzlich stockte sie. In einiger Entfernung sah sie irgendwas am Boden liegen… und es roch nach Blut. Futter? Hm, dagegen hätte Tumaini nichts einzuwenden. Doch als sie neugierig näher kam bemerkte sie dass ‚es‘ noch lebte, das war unüberriechbar. „Hey, du, geht’s?“, fragte sie und stupste ‚es‘ mit der Schnauze an. Und ehe sie sich versah, sahen sie plötzlich drei verheulte Augenpaare an. „Nanu… Hallo ihr Süßen… Wo ist denn eure Mama?“, begrüßte Tumaini die drei Löwenjunge. Vor allem der Albino sah interessant aus. Sie hatte noch nie zuvor so was gesehen. „Bring uns zu ihr…“, flehte die Kleine und auch ihre Geschwister nickten schwach. Sie waren völlig fertig. „Tut mir Leid… Ich bin nur auf der Durchreise… Von wo seit ihr?“ Um ehrlich zu sein wussten sie es nicht. Sie wusste nicht wie sie hier runter gekommen waren, sie wussten nicht von wo sie gefallen waren… sie wussten nur, das sie zurück zu Zira wollten. „Du weißt nicht wo das Geweihte Land ist?“, fragte Samangi nun verzweifelt und wischte sich schnell über das Gesicht. „Äh… Nein, tut mir Leid… Aber was seid ihr eigentlich?“, fragte Tumaini sorgenvoll. Es klang peinlich, aber sie hatte in ihrem gesamten Leben noch keine Löwenjunge gesehen. Nur erwachsene Löwen und das auch nur mit reichlich abstand. „Löwen“, gab Tofauti zur Antwort „Und du?“ „Oh… Nanu, wie klein ihr noch seid. Also ich bin ein Schakal, ihr Süßen. Aber was ist denn nun mit eurer Mama?“, fragte Tumaini vorsichtig. Die Kleinen sahen so schrecklich verstört und mitgenommen aus. „K-kennst du Zira? Oder Scar oder Mufasa oder Sarabi? Irgendwen von denen?“, fragte Kwanza weinerlich und verdrückte sich mit aller Kraft ein paar Tränen. Ihm machte dieser Schakal keine Angst… Aber Leoparden, die machten ihm jetzt Angst. „Nein, ich bin nicht von hier…“, erklärte Tumaini und versuchte nicht so niedergeschlagen zu klingen. Sie konnte sich denken wie enttäuscht die Kleinen seien mussten. „Aber… aber… Ich will zu Mama!“ Und plötzlich brachen die drei einfach in Tränen aus. „Oh nein, nein, pssst, nicht weinen“, versuchte Tumaini sie sofort zu beruhigen und tätschelte ihnen unbeholfen am Kopf „Eure Mama ist bestimmt gleich da, nicht weinen!“ Ganz im Ernst, sollte jetzt tatsächlich die Mutter der Kleinen auftauchen und diese weinend bei ihr entdecken würde die Löwin ihr den Kopf abreißen. Tumaini tat wirklich ihr bestes um die Jungen zu beruhigen, doch die hörten gar nicht auf zu weinen und jammerten über Schmerzen, dass sie Angst hatten, dass sie zurück zu Zira wollten und Tumaini tat es im Herzen weh dabei nur zusehen zu können. Ihr taten diese armen, kleinen Dinger einfach Leid. „Hey, nicht weinen“, versuchte sie nochmals „Kommt, ich kümmere mich erst mal um eure Pfötchen, die sind ja ganz aufgekratzt, lasst mich das mal anschauen.“ Sorgenvoll blickte sie zu ihnen und begann etwas zögerlich jedem der Jungen die Pfoten und den Pelz zu säubern. „Aber wenn wir nicht zu Mama können, wohin dann?“, wimmerte Samangi nach einiger Zeit. „Hey, ganz ruhig, eure Mami wird bestimmt bald da sein, die muss sich doch fragen wo ihr seid, die sucht bestimmt schon nach euch.“, beruhigte Tumaini die dreien. Und das schien tatsächlich zu funktionieren, denn sie beruhigten sich langsam und Tofauti lächelte sogar kurz. „W-wirklich? Glaubst du dass sie schon auf dem Weg ist?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Bestimmt“ Tumaini sah zum Himmel „Aber wie wäre es wenn wir uns jetzt erst mal einen Unterschlupf suchen, es wird bestimmt bald regnen und ihr wollt doch nicht nass werden, oder?“ „Okay, aber nur solange bis Mama uns abholt, ja?“, mahnte Samangi und zog die Nase hoch. „Heeey, Kleine, nicht weinen… Aber kommt, ich glaub ich hab da hinten eine kleine Höhle gesehen, da warten wir dann, ich wollte sowieso hier übernachten. Hm, wie heißt ihr eigentlich? Ich bin Tumaini.“ „Das ist ein hübscher Name“, meinte Samangi lächelnd „Ich bin Samangi.“ „Oh, danke, deiner ist aber auch sehr schön, der klingt süß.“, meinte Tumaini schmunzelnd und suchte die Felswand nach einer Höhle ab die groß genug für sie und die Jungtiere war. „Also ich bin Kwanza.“, stellte dieser sich vor. „Und ich Tofauti.“ „Ah, okay… Und wie steht ihr zueinander?“, fragte Tumaini und seufzte erleichtert auf als sie endlich eine Höhle fand. „Hä? Was meinst du?“, wollte Kwanza wissen. „Ob ihr verwandt seid, meinte ich.“ „Ja, wir sind Geschwister, ich bin der älteste.“ „Deswegen ‚Kwanza‘? Weil du der erstgeborene bist?“ „Ich vermute schon“, antwortete er „Samangi ist die zweitälteste und Tofauti die jüngste. Und du, hast du Geschwister?“ Tumaini schluckte bei der Frage. Sie und Geschwister… Schön wär’s. „Nein… Hey, schaut mal, wollen wir vielleicht in die Höhle da? Die sieht gut aus.“ „Okay… Aber nur bis Mama da ist, ja?“, ermahnte Samangi sie. „Natürlich, ich will euch ihr ja auch nicht wegnehmen“, versicherte Tumaini ihnen und betrat als erste die kleine Höhle in der Felswand „Na kommt, es wird jeden Moment regnen, ihr sollt nicht nass werden.“ Etwas zögerlich folgten die drei dem Schakal und setzten sich zu ihr. Sie war fremd und Fremden vertraut man nicht. Aber sie war der einzige Trost hier. Und innerhalb von ein paar Minuten ergoss sich der Himmel über ihnen. Tumaini genoss den Regen. Wenn es hier schon so heftig war, wie wäre es dann erst weiter südlich? Sie liebte den Regen, doch die kleinen Löwen schienen anders zu denken. Sie waren so schrecklich verkrampft und angespannt. „Gefällt euch der Regen nicht?“, fragte Tumaini schließlich nach einiger Zeit aus ihrer Ecke. Sie hatte es sich weiter hinten gemütlich gemacht. „Sie kommt nicht…“, begann Samangi mit zittriger Stimme. „Hey, passt mal auf, ich hab eine Idee: Ich werde die ganze Nach hier verbringen und da wird sie bestimmt kommen… Irgendwann.“, versicherte Tumaini ihnen. „U-und wenn nicht?“, fragte Tofauti den Tränen nahe. „N-na dann…“ Tumaini stockte e Moment und dachte nochmals über ihre Worte nach „Dann… nehm ich euch mit. Ihr könnt bei mir bleiben, ja?“ „Wirklich?“, fragte Kwanza unsicher. „Natürlich, es muss sich doch jemand um euch kümmern, oder etwa nicht“ Keine Reaktion von niemandem „Hey ihr Süßen, kommt mal her, ihr seid ja nervlich völlig am Ende, kommt mal her.“ Sie zögerten. „Nun kommt, ich tu euch nichts, versprochen.“ Kwanza schluckte einen Moment. Aber dennoch nahm er all seinen Mut zusammen und machte den ersten Schritt. Vielleicht würden seine Schwestern sich auch trauen wenn er es zuerst tat. „Na komm schon her, ich fresse keine kleinen Kinder.“, versicherte Tumaini ihnen nochmals schmunzelnd. Etwas zögerlich schmiegte Kwanza sich an den warmen Körper Tumainis und als er so dicht an sie gekuschelt war und ihre Wärme und Geborgenheit spürte, musste er zugeben dass es sich fast so anfühlte wie bei seiner Mutter. Er sah sich nach seinen Schwestern um, die noch immer misstrauisch zu der Schakalin blickten, doch nachdem diese sie so freundlich empfangen hatte, sie geputzt und verarztet hatte, warum sollte man ihr nicht trauen? Sie war nett. Und eines stand jetzt schon fest: Die drei Jungen würden ihr noch viel zu verdanken haben. Nur zögerlich folgten die beiden ihrem Bruder und drückten sich an den Bauch Tumainis, aber ihre Wärme und regelmäßige Atmung hatte etwas beruhigendes. „Na also, seht ihr? Ich tu euch doch nichts.“ Tumaini lächelte und legte müde den Kopf auf die Pfoten. Doch sie würde nicht schlafen, dafür war sie noch viel zu unsicher. Sie wagte es nur dann zu schlafen wenn sie in völliger Sicherheit war. „Und du kennst unsere Mama wirklich nicht?“, fragte Samangi etwas später, als Kwanza und Tofauti von der Aufregung des Tages schon fast am Einschlafen waren. „Nein, wirklich. Ich würde euch wirklich gerne zurückbringen, aber weder ich noch ihr wisst wo es langgeht, oder?“ Sie schwiegen. Tumaini hatte ja Recht. Aber sie durften auf keinen Fall einschlafen wenn ihre Mutter kam… Sie mussten wach bleiben, sie mussten… Sie waren eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)