Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 41: Quälende Erinnerungen --------------------------------- Als das Gewitter aufzog und es zu regnen begann hatte, blieb auch Scar und Zira nichts anderes übrig als sich ins Trockene zu flüchten. „Lass mich! Ich will nicht!“, schluchzte Zira als Scar versuchte sie zum Aufstehen zu drängen. „Zira, du holst dir so noch den Tod. Steh auf, du musst ins Trockene. Und hör endlich auf dir deine Pfoten aufzukratzen, das macht es nicht besser und du holst dir eine Blutvergiftung.“ „Und“, brachte sie zittrig hervor „Ist mir doch egal!“ „Aber mir nicht.“ Scars Stimme klang überraschend fest für das was gerade eben passiert war, fast schon eindringlich. Jedenfalls reichte es um Zira dazu zu bringen sich auf die Beine zu stellen. „Hör zu, du legst dich in die Höhle und versuchst einfach nur zu schlafen.“ Sie nickte wortlos und machte einige wackelige Schritte, weshalb Scar sie auf dem Weg zum Königsfelsen hin und wieder abstützen und sie regelrecht führen musste, denn Zira sah schon lange nicht mehr wo sie überhaupt lang lief. Zira bekam das nicht mal wirklich mit, doch irgendwann lag sie zusammengerollt dann in der hintersten Ecke von Scars Höhle. Inzwischen hatte sie von all dem weinen Kopfschmerzen bekommen, es tat richtig weh, so weh dass ihr davon schlecht wurde. Aber nicht nur in ihrem Kopf dröhnte es, scheinbar pochte ihr gesamter Körper, vor allem ihre aufgerissenen Pfoten, woran zum einen die unzähligen Holzsplitter und zum anderen sie selbst schuld war. Scar saß neben ihr und wollte etwas sagen, doch letzten Endes traute er sich dann doch nicht. Was hätte er denn auch sagen sollen? Egal was es gewesen wäre, es hätte auch nichts mehr gebracht. Scar konnte nichts tun, denn egal wie sehr er es auch versuchte, es minderte Ziras Schmerz kein bisschen. Und auch wenn er ruhig wirkte, zerriss es ihn innerlich. Er hatte seine Jungen doch auch geliebt, auch Tofauti. Er sagte das nicht, aber Zira kannte ihn, er war nun mal niemand der so was immerzu sagte. So war er nun mal, er stellte seine Zuneigung jemandem gegenüber nicht gerne öffentlich zur Schau oder sprach viel darüber. Aber das hieß doch nicht dass er sie nicht liebte, das heiß nur dass es ihm nicht leicht fiel das zu zeigen. Und Zira? Es brach ihm das Herz sie so zu sehen. Er hatte sie schon ein paar Mal weinen sehen, aber das hier übertraf alles. „Zira, beruhig dich...“, bat Scar flehend und legte vorsichtig seine Pfote unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sie ihn anschauen musste, ob sie nun wollte oder nicht. Wortlos wischte er ihr ein paar Tränen vom Fell und sah sie mit diesem eindringlichen, stechenden Blick an, der jeden sofort zum Schweigen brachte. Ein Schluchzen entfuhr Zira und sie nickte zaghaft, ehe sie kurz aufatmete und auf diese krampfhafte Art versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen. Ob es klappte konnte man nicht sagen, aber sie war endlich eingeschlafen. Scar wollte nun mit Mufasa reden, denn es war ihm lieber wenn er es von ihm erfuhr als dass das Rudel Zira darauf ansprechen würde. „Mufasa“ Scar schüttelte sich den Regen aus dem Fell als er im Höhleneingang zu der großen Haupthöhe stand „Ich müsste mal kurz mit dir reden.“ Die Löwinnen drehten verwundert den Kopf zu ihm. Scar suchte freiwillig den Kontakt zu seinem großen Bruder? Seltsam, seltsam. „Oh, äh, sicherlich, was gibt es Scar?“, fragte Mufasa merklich irritiert. „Ich will das draußen besprechen. Es ist wichtig.“, antwortete Scar ernst. Noch immer verwirrt folgte Mufasa Scar nach Draußen, nicht ohne höchstirritierte Blicke der Löwinnen im Nacken. „Was gibt es denn so wichtiges, dass du mich um die Uhrzeit in den Regen zerren musst?“ Mufasa versuchte wohl aufheiternd zu klingen, denn der ernste Blick mit dem Scar ihn ansah musste nichts zu bedeuten haben, immerhin schaute Scar immer so. „Mufasa, ich sag dir das nur damit du es den Löwinnen erklärst und die mich und Zira einfach nur in Ruhe lassen, hast du das verstanden?“, bläute Scar ihm scharf ein und irgendwo in Mufasa meldete sich gerade ein ganz mieses Gefühl. „Was ist denn passiert?“, wollte er wissen. Scar seufzte und überlegte einen Moment wie er das sagen konnte ohne dabei wie jemand zu klingen der nervlich kurz davor war zu platzen. „Zira und die Jungen hatten vorhin einen Unfall. Zira wollte ihnen jagen beibringen und als sie unaufmerksam war kam, wenn ich das richtig verstanden habe, ein Leopard und… denk dir den Rest.“ Das Entsetzen war Mufasa anzusehen und keinesfalls zu verleugnen. Und was ihn noch viel mehr schockierte war diese gleichgültige Kälte mit der Scar es sagte. Das waren seine Jungen um die es sich da handelte, wie konnte ihm das scheinbar so egal sein? „Du meinst sie sind-“ „Ja.“, antwortete Scar schnell. „Aber doch nicht alle drei?!“ „Doch Mufasa, alle drei.“ Und noch immer klang er so verdammt gleichgültig. So dermaßen kalt dass Mufasa ihm zu gerne auf die Schnauze gehauen hätte. „Scar, wie kannst du nur so herzlos dabei klingen?! Es war eine Sache dass dich so verhalten hast als Vater starb, aber jetzt reden wir von deinen Jungen, dein eigen Fleisch und Blut! Wie kann es dir so egal sein?! Das ist vollkommen schrecklich, du kannst doch nicht-“ „Hör mir jetzt mal gut zu, euer Majestät“, zischte Scar bedrohlich „Du sagst es deinen kleinen Löwinnen bevor sie es von allein herausfinden, denn wenn irgendeine von denen Zira auch nur auf dieses Thema ansatzweise ansprechen sollte, dann will ich für nichts mehr garantieren, denn auch du kennst Zira gut genug um zu wissen dass bei ihr sehr schnell Blut fließen kann.“ Mufasa schwieg. „Scar ich-“ „Hast du eigentlich eine Ahnung wie sie sich grade fühlt?“ Schweigen. „Es tut mir leid.“, meinte er schließlich bedrückt. „Ich brauch dein Mitleid nicht. Reden wir darüber wenn du weißt von was ich rede.“, zischte Scar und wand sich ohne weitere Worte um und ging im strömenden Regen davon. Ach, Mufasa würde dieses alles vernichtende Gefühl schon noch kennenlernen, früher als er glaubte. Ja, Mufasa hatte es dem Rudel gesagt, denn schon in den Morgenstunden des nächsten Tages lag ein erlegtes Zebra im Eingang zu Scars Höhle. Zebra… Welch Ironie. Und sie spürte all diese verdammt mitleidigen Blicke im Nacken, doch meistens sah sie nicht hin. Schlafen wurde in den nächsten Tagen zu einer scheinbaren Unmöglichkeit denn wenn Zira es dann schaffte einzuschlafen riss der nächste Albtraum sie wieder in die Realität. Es war als ob all die Gedanken und Schuldgefühle, die sie immer zu verdrängen versuchte wenn sie wach war, sie nachts in den grausamsten Träumen quälen wollten. Am schlimmsten war es immer dann wenn man in diesen Albräumen gefangen war und wusste dass man doch bald aufwachen musste, doch einfach nichts geschah, so sehr man es auch versuchte. Und wenn sie dann wimmernd aufschreckte, mit bebendem Herzen, glaubte sie für einen ganz kurzen Moment, dass ALLES nur ein böser Traum war und dass die Jungen wahrscheinlich neben ihr lagen. Und wenn sie den Blick dann mit klopfendem Herzen neben sich wand war die Enttäuschung umso größer. Was hieß hier Enttäuschung? Trauer passte mehr. Zira musste der Realität ins Auge sehen… Sie waren weg. Sie hatte sie verloren und das war kein Traum. Und auch mit Scar sprach sie kaum mehr. Auf seine Fragen gab sie einsilbige Antworten und sie selbst begann kein Gespräch. Er versuchte ihr Abends immer ein Trost zu sein, er war zärtlicher als sonst, immerhin war sie im Normalfall die, die ihn putzte und nicht andersherum, aber das war ihr nur ein schwacher Trost. Sie konnte einfach nicht verstehen wie er so ruhig bleiben konnte. Sie hatte ja kapiert dass er Trauer nie gezeigt hätte, aber sogar jetzt? Und dann gab es noch diesen winzigen, klitzekleinen Teil in ihr der die plötzliche Fürsorge genoss… Und genau diesen Teil hätte Zira am liebsten umgebracht. Ihr Blick war leer und glasig, wie er es immer war wenn sie ihn irgendwo in der Ferne verlor und sich an irgendwas feststarrte, als sie allein durch die Savanne lief. Es war kurz vor Sonnenaufgang. Scar hatte sich schon zu den Hyänen aufgemacht, er wollte sich ablenken. Das hatte er so nicht gesagt, aber er meinte es so und es konnte Zira nur recht sein. Ihre Kleinen waren tot und wen interessierte es schon, wenn dann noch Mufasa und Simba draufgingen? Ihr würde es sonst wo vorbei gehen. Jedenfalls fand Zira sich am Rand der Schlucht wieder. Ob sie das nur im Unterbewusstsein gemacht hatte oder ganz bewusst, wusste sie selber nicht. Und dann starrte sie einfach nur den Abgrund hinunter, Minutenlang, ohne ein Wort zu sagen. Es war tief, steinig, hart und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann war wohl klar dass nichts und niemand das überlebte. Ziras Blick schweifte weiter in die Ferne. Sie hätte schwören könnte sogar noch den Geruch der dreien zu riechen. Aber sie bildete sich das alles doch nur ein… Alles was sie da roch war doch nur nasse Erde mit Gras. Dann schweifte Ziras Blick über das Gras zu einer kleinen Zebragruppe. Ein Fohlen trank gerade bei seiner Mutter. Es war in dieser Welt irgendwie alles so widersprüchlich: Wenn die Löwinnen ein Jungtier rissen, dann war das okay weil sie Hunger hatten, aber dachte je jemand an die Mutter des Kleinen? Wie sie sich fühlen musste? Zira wusste es jetzt. Aber WEHE jemand tötete den jungen Prinzen! Dann gab es natürlich großes Geheule, dieser eine Fellknäul war ja auch Weltbedeutend. Zira konnte diese Beutetiere eigentlich ein bisschen für ihre psychische Stärke bewundern. Jeden Tag mussten sie derartige Verluste aushalten und auch um ihr eigenes Leben bangen und trotzdem lachten sie und waren immer noch fröhlich, trotz allem konnten sie ihr Leben genießen. Zira saß eine ganze Zeit nur da, die Pfoten über den Abgrund baumelnd, die Ohren angelegt und starrte Löcher in die Luft. Eine ganze Weile lag sie noch da, wie festgefroren, doch als die Sonnenstrahlen schließlich überhand gewannen und das restliche Dunkel der Nacht vertrieben stand sie auf und lief, wenn auch nur wiederwillig, zum Königsfelsen. Wo sollte sie sonst hin gehen? Doch als sie ankam und nur ein paar Schritte auf dem kalten Felsboden gemacht hatte, sah sie einen riesigen Auflauf vor der Höhle. Das gesamte Rudel tummelte sich um irgendetwas, was Zira von hier nicht erkennen konnte. Hm, egal was es war, vielleicht würde es sie ablenken. Obwohl Zira zum Heulen zumute war stellte sie sich dazu, was sich als Fehler erwies, denn sie wäre am liebsten wieder umgekehrt. Der Grund war etwa zwanzig Zentimeter groß, sandbraun, fast schon cremefarben und lag zwischen Sarafinas Pfoten. Ihr zweites Junges musste heute Nacht zur Welt gekommen sein, ein Männchen. „Na, was denkt ihr?“, fragte Sarafina freudestrahlend in die Runde. Alle Löwinnen waren sichtlich begeistert und gaben freudige Kommentare von sich, doch Zira sagte nichts zu dem kleinen Löwen. Sie hatte eher das Gefühl jemand würde ihr gerade das Herz zerquetschen, als sie Sarafina dicht an den Kleinen gekuschelt sah. Doch die Krönung war Nala, als sie sich überglücklich zu ihrer Mutter setzte. Und dann gaben sie alle gaben dieses entzückte ‚Ahhhhw‘ von sich und das war der Punkt an dem sie nur noch weg wollte. Doch Sarafina kam ihr zuvor. „Na, was denkst du über ihn, Zira?“, fragte sie schließlich. Tja und da dachte sie eine Sekunde mal nicht nach, hatte in all ihrer Freude vergessen was eigentlich vor ein paar Tagen passiert war und schon hatte sie etwas schrecklich falsches gesagt. „Ja, süß ist er.“, brachte Zira gezwungen hervor und spürte wie ihre Stimme zittrig wurde, woraufhin sie sich wortlos umdrehte und zu ihrer Höhle ging. „Oh… Ich… Es tut mir leid, Zira!“, rief Sarafina reuevoll und bereute sofort was sie vorhin gesagt hatte. Sie hatte in ihrem Freudenrausch völlig vergessen was gestern passiert war, wie es Zira ergehen musste. Aber niemand konnte sich dieses Gefühl vorstellen solange er es nicht selber miterlebt hatte. Zira hatte sich in der hintersten Ecke von Scars Höhle zusammengerollt und die Schwanzspitze über die Augen gelegt. Tja, das konnten die anderen Löwinnen nicht… Vielleicht hatte die Tatsache dass sie so gefährlich dünn war doch was Gutes. Zira war in einer Situation in der sie nur noch ihre Ruhe wollte und umso mehr störte es sie als plötzlich Sarabi im Eingang stand. „Zira, bitte hör mir zu. Sarafina tut es wirklich sehr leid was sie da gesagt hat, sie war einfach von ihrer eigenen Freude überrumpelt, versteh das doch. Wir… wir wissen dass das hart für dich ist und… unsere Freude hat uns da kurz geblendet… Wir wissen wie schlimm das eben für dich war und es tut uns leid.“ Und mit jedem Wort das Sarabi staute sich eine solche Wut in Zira an dass sie sich irgendwann nicht mehr beherrschen konnte, mit einem einzigen Satz auf sie sprang und mit aller Wucht auf den Boden schmiss. „IHR habt KEINE Ahnung! KEINER von euch! Also hör AUF mir die Ohren mit deinem... scheiß Gerede von irgendwelchen ‚Ach Zira, wir wissen ja wie schwer das für dich ist‘ zu zumüllen! Denn weißt du WAS?! IHR habt ALLE keine Ahnung! Ihr wisst nicht wie das für mich ist! Und euer erzwungenes Mitleid könnt ihr euch sonst wohin stecken! Es steht mir bis hier!“, brüllte Zira und hatte stark mit ihrer Selbstbeherrschung zu kämpfen, denn Sarabi in ihrer unglaublich hilflosen Lage die Krallen in den Kopf zu rammen war unglaublich verführerisch. Und was machte die? Sarabi sah nur völlig erschrocken und entsetzt zu Zira. Sie waren… ja, im Grunde sie waren schon noch Freundinnen… Vielleicht nicht mehr die allerbesten, wie zu Anfang, aber seit der Geburt von Ziras Jungen waren Sarabi, Sarafina und Zira wieder öfter zusammen gewesen als davor. Und umso mehr verletzte diese Reaktion Sarabi. Vielleicht hatte Zira Recht, aber Sarabi konnte sich dieses Gefühl sehr wohl vorstellen. Was wäre wenn ihr Simba tot wäre? Eine Welt würde für sie zusammenbrechen! Sarabi schwieg und einen Moment sah es so aus als ob sie etwas sagen wollte, doch dann stockte sie doch. Vielleicht war es auch Ziras Blick der Sarabi zum Schweigen brachte, denn Zira hatte einen außerordentlich durchdringenden Blick. „Zira, geh SOFORT von ihr runter!“, knurrte plötzlich eine Stimme und Mufasa kam eilig zu ihnen geeilt. Doch selbst dieser einfache Kommentar von ihm schien Zira nur noch wütender zu machen. „Oh Mufasa, galt die Schnauz! Ganz ehrlich: Fresse halten!“, schrie Zira ihn an, wobei sie nicht vergaß ihn im Vorbeilaufen anzupöbeln. Sie hatte die Schnauze gerade so dermaßen voll, sie ertrug das hier einfach nicht, sie musste weg, völlig egal wohin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)