Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 50: Von Vitani und Nala ------------------------------- „Und wann kommt es?“ fragte Nuka zum gefühlten hundertsten mal innerhalb einiger Tage und presste sein Ohr nochmals gegen den Bauch seiner Mutter. Sie waren allein zusammen in ihrem teil der Höhle, Scar war bei den Hyänen und die Löwinnen jagen. „Nuka, so genau weiß ich das nicht, das kommt… Bald. In ein paar Wochen, es dauert nicht mehr lang, versprochen.“ „Aber warum sagt’s dir das nicht?“ „Wie denn, es kann doch nicht reden.“ „Aber es brabbelt doch bestimmt schon und das verstehst du doch.“, erklärte Nuka ihr. „Wie denn? Es ist in meinem Bauch, ich höre das doch nicht.“ „Oh…“ Enttäuscht ließ Nuka die Ohren sinken „Ich dachte das geht.“ „Das glaube ich eher weniger“, meinte Zira und sah auf ihren Bauch „Und wie meinst du geht es ihm?“ Nuka horchte auf. „‚Ihm‘? Heißt das es wird ein Männchen, ich bekomme einen Bruder?“, rief er enthusiastisch aus. „Nein, Nuka, ich kann so was nicht wissen, das sagte ich doch schon mal.“, antwortete Zira schnell. „Oh, ich dachte nur…“ Doch Nuka zuckte plötzlich merklich zusammen, was Sorge in Zira hervorrief. „Was war? Vor was hast du dich erschrocken?“, wollte sie wissen. „Ich glaub es hat sich bewegt!“, meinte er ganz aufgeregt und legte nochmal die Pfoten auf den Bauch seiner Mutter. Er wollte das nochmal spüren, denn vielleicht konnte er dann sogar sagen was es war. Der Tritt war recht schwächlich gewesen, aber vielleicht bestand ja doch noch eine Möglichkeit dass es ein Bruder wurde. „Wirklich?“ Zira lächelte, als sie Nukas Strahlen bemerkte, wie er aus dem Grinsen gar nicht mehr raus kam. „Ja, vielleicht wird es das, wir schauen mal, hm“, schlug sie vor und breitete die Pfoten aus „Aber jetzt komm mal her, du bist schmutzig und ich will nicht dass du so ins Bett gehst.“ „Muss das sein? Ich werde morgen doch sowieso wieder dreckig.“, versuchte Nuka sich rauszureden, doch Zira kannte kein Erbarmen. Nuka würde sauber werden und wenn’s das letzte war was sie tat. Doch einige Wochen später war es schließlich soweit und soeben hatte tatsächlich ein neues Leben die Welt erblickt. Ein einzelnes Junge, größer und kräftiger als Nuka bei seiner Geburt, lag in Ziras Pfoten. Sie wollte sich freuen, wirklich. Das tat sie auch, sie war glücklich, sie liebte dieses Junge jetzt schon, doch was ihr Sorgen machte, war das es eben ein Weibchen war. Scar sprach immer zu davon einen zukünftigen KÖNIG großzuziehen, nie hatte er was über eine KÖNIGIN gesagt. Noch immer schwer atmend begann Zira erschöpft die kleine Löwin sauber und trocken zu lecken, doch sie hatte kaum die Energie sich selbst wach zu halten. Doch als sie es schließlich genauer betrachtete, traute sie ihren Augen kaum. Die kleine Löwin, die sie da in ihren Pfoten hielt war so etwas wie eine kleine Samangi in beige. Es passte einfach alles. Die hatte diesen kleinen Fellbüschel auf dem Kopf, den sie von Uru geerbt haben musste. Und sie hatte Urus Augen. Diese wunderschönen, tiefblauen Augen. Nur das Fell war anders. Das Junge hier, in ihren Pfoten, war beige, fast schon cremefarben. Und sie hatte keinen Aalstrich, wie Samangi ihn gehabt hatte, dafür jedoch die Augenzeichnung Scars. Genau wie Samangi. Bitte nicht. Das konnte man ihr doch nicht antun. Wieso bekam sie solche Kopien ihrer ersten Jungen? Warum konnte sie nicht irgendwas ganz neues bekommen, ein Junges was nicht aussah wie eine Variation ihrer ersten? Warum sahen die einander nur so verdammt… Ähnlich? Einige Zeit später lief Zira mit dem Jungen im Maul zurück zum Königsfelsen. Sie hatte versucht zu schlafen, doch sie war einfach zu nervös gewesen. Und jetzt war sie also hier, irgendwo auf halben Weg zum Königsfelsen, völlig kaputt, todmüde und einem Unterleib der pochte, als hätte man ihr in den Bauch gestochen. Und nun kam ihr auch noch ein leicht überdrehter Nuka entgegen und sprang ihr neugierig um die Beine. Zu sagen dass er neugierig war, war stark untertrieben, er platze fast. „Mutter“, quiekte er und strich ihr energisch um die Beine „Ist es das? Was ist es? Los, zeig schon, bitte, bitte, bitte, bitte!“, flehte Nuka und sah flehend zu seiner Mutter auf. „Ganz ruhig“, versuchte sie ihn zu beruhigen „Aber ja Nuka, du hast jetzt eine kleine Schwester.“, erklärte Zira und senkte den Kopf so, das Nuka mit dem Jungen auf Augenhöhe war. Und er war einfach nur überglücklich, man konnte es nicht in Worte fassen, er freute sich einfach nur. Zum Einen weil er jetzt einen Spielkameraden hatte, nämlich einen, der schwächer war als er und zum Anderen weil er genau wusste, dass sein Vater einen männlichen Thronfolger wollte. Nuka hatte soeben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er hatte ein Geschwisterchen und trotzdem keinerlei Konkurrenz, was seinen Posten als zukünftiger König anging. Mit einem triumphalen, fast schon fiesen, Grinsen im Gesicht lief er voran, um seinem Vater die Neuigkeit mit seiner Schwester so schnell wie möglich zu sagen. Doch Scar kam ihnen schon entgegen gelaufen. Bei Ziras Anblick musste er jedoch schlucken, denn sie sah völlig fertig aus. Er hatte sie noch nie so gesehen. Selbst nach Nukas Geburt sah sie besser aus, aus dem einfachen Grund dass zwischen der Geburt und ihrem Zusammentreffen damals mehr Zeit gelegen hatte. Und nun? Sie sah furchtbar aus. Scar hatte langsam Verständnis dafür dass sie es hasste wenn bei Geburten das halbe Rudel um einen herum stand und um ganz ehrlich war er froh darüber. Irgendwem bei gebären zuzusehen war das letzte was er wollte. Vor allem als er nun sah wie fertig Zira danach aussah. Dennoch, nun wollte er erst mal das Junge beäugen. „Es ist ein Weibchen.“, stellte er schließlich sichtlich enttäuscht fest. „Ja Scar“ Zira legte das Junge vorsichtig auf den Boden und nahm einen gefährlich giftigen Ton an „DAMIT hat die Natur uns gesegnet“, knurrte sie „Warum freust du dich nicht einfach?“ Scar antwortete nicht. Na toll… Erst hatte er einen derart schwachen Sohn, dass er ihn unter keinen Umständen zu seinem Nachfolger gemacht hätte und jetzt hatte er eine Tochter. Eine Tochter! Weibchen waren in seinen Augen das schwächere Geschlecht. Und dann musste die Kleine ihn auch noch ausgerechnet an seine Mutter und Samangi erinnern. Zwei Tote auf einmal. Zira war von seiner Reaktion jedoch so verletzt, dass sie es schwer hatte die Tränen zurück zu halten. Warum tat er ihr das an? Sie konnte doch nichts dafür dass es kein Sohn geworden war, aber warum klang er dann so vorwurfsvoll? Sie senkte den Blick jedoch, schließlich sollte Nuka das nicht sehen. Doch plötzlich, da tat das Junge etwas, was Scar wirklich stutzig machte und zumindest für den Moment, seine Meinung gewaltig änderte. Nuka war so aufgeregt wegen seiner Schwester, dass er ständig mit dem Schwanz wedelte. Eigentlich nichts ungewöhnliches für ihn, doch die kleine Löwin begann plötzlich sich auf Nukas Schwanz zu stürzen, ihre winzigen Krallen in ihn zu schlagen und wie wild mit ihrem zahnlosen Gebiss darauf herum zu beißen. Zira und Scar sahen einander für einen Moment geschockt an, doch schließlich war Scar der erste, der wieder etwas sagte. „Wow! Seh dir das an Nuka“, begann er „Deine Schwester hat kaum ihren ersten Atemzug genommen und schon zeigt sie Killerinstinkt!“, rief Scar begeistert aus. Ja, er war wirklich begeistert. Noch nie hatte er so was gesehen, selbst nicht bei Mufasas Balg, Simba. „Toll…“, grummelte Nuka, zog seinen Schwanz zu sich und sah sichtlich enttäuscht drein. Da war es schon eine Löwin, aber NEIN, sie musste ja gleich Killerinstinkt zeigen! „Hast du aber schön gepunktet…“, zischte Nuka ihr zu. Die Kleine kicherte nur, als sie das eingeschnappte Gesicht ihres Bruders sah und begann an Nukas Schnurrhaaren zu ziehen. „AU! Lass das!“, rief Nuka und rieb sich die Schnauze. Er hatte eigentlich erwartet dass seine Eltern ihr jetzt eine Bestrafung aufbrummen würden, doch nichts geschah. „Und wie sollen wir sie nennen?“, fragte Zira stattdessen. „Hm… Ich dachte an irgendwas Kämpferisches, wie Krieg.“ „‚Vita‘“ Zira zog eine Augenbraue hoch „Das klingt doch blöd… Aber es könnte in die Richtung gehen.“ „Hm…“ Scar runzelte die Stirn „Vita... Der Krieg ist… Vita ni, Vitani. Ja, was hältst du von ‚Vitani‘?“, schlug Scar nach kurzem hin und her vor. „Ja… Vitani… Das gefällt mir.“, meinte Zira. Prinzessin Vitani… Ja, das gefiel ihr wirklich! „Komm mal her Kleines…“, meinte Scar nun und schob Vitani vorsichtig zwischen seine Pfoten „Oh, meine kleine Prinzessin, magst du das?“, schnurrte er und wog sie von einer Pfote auf die andere, was Vitani sichtlich zu gefallen schien. Nuka hingegen saß nur da und schmollte in sich rein. TOLL! Hätte er kurz nach seiner Geburt den Schwanz seiner Mutter zerfetzt, dann fände das also auch jeder ganz toll, oder was? Mann, Babys ätzen. Nuka konnte nur hoffen, dass Vitani bald wachsen würde, dann hätte wenigstens er jemanden zum Spielen. Denn momentan war die völlig unbrauchbar. In den darauffolgenden Tagen hatte man das Gefühl, dass Vitani mit jedem Tag ein bisschen wilder und bissiger wurde. Sie spielte schon ungewöhnlich viel und lang mit Nuka, was diesem natürlich gefiel, schließlich gewann er wenigstens mal in einem Spiel. Und dennoch bekam sie immer die volle Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Okay, man konnte das nicht vergleichen. Selbstverständlich bekam Nuka genauso viel Aufmerksamkeit, als er ein paar Tage alt gewesen war, aber er konnte sich daran natürlich nicht erinnern. Scar hatte in diesen wenigen Tagen das Gefühl, eine kleine Killer-Löwin bei sich zu haben. Vitani war unglaublich, sie war für ihr zartes Alter unglaublich wild und feurig, das musste man ihr lassen und wenn das so weiter gehen würde, dann würde sie als Junglöwin die wahrscheinlich begabteste Jägerin des Rudels sein. Dennoch war sie ein Weibchen und… nun ja, das würde sich auch nicht ändern. Aber er brauchte einen Erben, Nuka war ungeeignet und es würde sich auch nicht ändern. Scar hasste es zu warten. Er wollte endlich seinen Thronfolger, er wollte ihn bald haben, aber wusste genau dass es wieder Wochen dauern würde, bis Zira ihn wieder ran lassen würde. Sie schämte sich für ihr momentanes Aussehen, ein Grund warum sie immer lag. Sie sagte dann sähe man das nicht so. Warum klappte es denn nie? Erst Nuka, jetzt ein Weibchen… Was sollte das denn? Warum hatte es bei ihrem ersten Wurf dann so gut funktioniert? Das waren immerhin drei Jungtiere gewesen, von denen einer ein wirklich vielversprechendes Männchen gewesen war. Doch, wirklich… Kwanza war damals schon vielversprechend gewesen, er wäre perfekt gewesen, da war er sich sicher. Doch er war ungeduldig. So sehr Vitani auch, völlig unbewusst, das verkörperte was er wollte, ein starkes, aufgewecktes Junge, so sehr wünschte er sich, sie wäre ein Männchen geworden. Warum war Zira nur nicht fähig ein Männchen zu gebären? Er liebte sie, keine Frage. Er hatte ihr nie die Schuld an irgendwas gegeben, sie war die wichtigste Löwin in seinem Leben und irgendwie wusste er auch dass sie nichts für das Geschlecht ihres Jungen konnte, aber momentan ging ihm so viel durch den Kopf und sein Wunsch nach einem gesunden, männlichen Erben war größer als je zuvor. Nala trank hastig aus dem trüben Wasserloch, oder dem was davon übrig war. Seit dem letzten, kurzen Regenschauer vor knapp vier Monaten war kein Tropfen Wasser mehr gefolgt. Nala war inzwischen eine junge, erwachsene Löwin geworden. Es war als wäre es gestern gewesen dass sie noch ein Junges gewesen war. Auch wenn es nicht viel zu fressen gab, so war sie dennoch in eine wirklich wunderschöne Löwin herangewachsen. Sie hatte cremefarbenes Fell, einen weißen Bauch und kristallblaue Augen. Sie nicht als attraktiv zu bezeichnen wäre zudem gelogen, denn wenn sie eines war, dann verdammt schön. Und natürlich hatte auch Scar ihre Wandlung beobachtet. Als Nala ihre letzte Schlucke Wasser zu sich nahm und mit dem trinken fertig war, drehte sie sich um, doch schnappte erschrocken nach Luft, als sie Scar dort stehen sah. Sie hätte nicht mal im Ansatz damit gerechnet ihn hier zu treffen, zumindest nicht allein, denn wenn er nicht gerade mit den Hyänen sprach, dann heftete sich meist Zira an seine Fersen. „Oh, ach, guten Abend euer Majestä.t“, sie deutete eine Verbeugung an. „Guten Abend Nala. Bitte entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“, entschuldigte er sich. „Ach, nicht so schlimm, ist schon in Ordnung.“, gab sie schnell zurück und wollte ohne ein weiteres Wort weitergehen, denn die gesamte Atmosphäre war ihr zutiefst unangenehm, doch Scar stellte sich ihr in den Weg. „Also eigentlich wollte ich nur zurück zur Höhle.“, meinte Nala etwas ungeduldig und schlug unruhig mit dem Schwanz umher. „Warum so eilig? Ach Nala, du bist wirklich zu einer wahren Schönheit herangewachsen…“, meinte er kokett ohne weiter auf ihre Worte einzugehen. „Äh… Danke.“, meinte Nala und schluckte. Sie fühlte sich sichtlich unwohl, so ganz allein mit Scar. Also NOCH unwohler als ohnehin schon. „Ich kenn dich schon seit du ein Junges warst… Ich für meinen Teil hätte nie gedacht, dass aus dir mal so eine unglaubliche Löwin wird, weißt du das?“ Nala begann sich noch unwohler zu fühlen. Sie wusste nicht mal dass es ein solches Stadium des Unwohlfühlens gab. Sie schwieg und versuchte Scar nicht in die Augen zu sehen. Sie wollte keinen Blickkontakt zu diesem Löwen aufbauen, sie wollte hier einfach nur weg. „Ich muss jetzt wirklich zu meiner Mutter, sie wartet schon auf mich.“, meinte sie nochmals und versuchte wieder an Scar vorbei zu kommen, jedoch war er wieder schneller und stellte sich ihr in den Weg. „Ach Nala, warum so eilig? Ich bin mir sicher deine Mutter macht sich keine Sorgen wenn du ein wenig länger weg bist“, versicherte Scar ihr und schaffte es Nala zum Hinsetzten zu drängen „Immerhin bist du eine so hübsche, starke junge Löwin, man muss sich wohl keine Sorgen machen dass du dir etwas tust… Und ganz nebenbei“ Scar kam näher „Ich bin mir sicher aus dir könnte eine ganz wunderbare zweite Königin werden…“ Nala glaubte ihr würde sich gleich der Magen umdrehen. Oh nein, sie würde ihm sofort sagen wie es war! „Nein, das glaube ich nicht!“, fuhr sie ihn etwas zu giftig an. „Aha, und…“ Scar schien nicht allzu beeindruckt zu sein „…warum nicht?“ „Weil ich nicht die geringste Lust darauf habe.“, fauchte Nala und hatte langsam Probleme mit ihrer Beherrschung. „Sei so freundlich und erklär mir das ein bisschen besser.“, verlangte Scar gespielt unwissend. Verdammt, was sollte Nala bitte Antworten? Dass er sie anwiderte? Nein, da konnte sie sich gleich selbst verbannen. Scar hingegen nahm ihr Schweigen als die sich ihm bietende Möglichkeit auf und begann völlig unvermittelt an Nalas Hals entlangzufahren. „Bleib mir vom Leib!“, schrie sie ihn ohne Vorwarnung an und schlug ihm die Pranke ins Gesicht. Sie könnte jetzt behaupten dass es reflexartig war, aber das wäre gelogen. Sie hatte gerade einfach nur der Hass auf diesen Löwen gepackt, der blanke Hass auf Scar und alles was er tat. Einen Moment blieb Scar wie erstarrt stehen. Er schien darüber nachzudenken wie er diese Abfuhr jetzt wegstecken sollte. „Oh Nala, du weißt doch wie sehr ich Gewalt verabscheue.“ „Mach noch einmal so was und…“ „Und WAS?“, unterbracht Scar sie kühl. „… Und ich erzähl es Zira! Was glaubst du soll Zira da bitte denken? Sie wird dich umbringen, sie würde dir den Kopf abreißen und mich in Tausend Einzelteile zerlegen!“, drohte Nala. Oh bitte, dieser Einwand, nein, diese Drohung, musste doch klappen, er konnte das doch nicht ernst meinen! „Zira? Oh bitte! Sie frisst mir aus der Pfote“, rühmte Scar und schien sich mit einem Mal wieder unglaublich überlegen zu fühlen „Sie akzeptiert so gut wie alles was ich verlange… Ja, sie liebt mich SO sehr, dass sie es zulassen würde.“ „Und du willst diese Löwin wirklich lieben?“, keifte Nala und spürte wie sich ihr Nackenfell aufstellte. „Natürlich tu ich das, aber was soll mich das von dir abhalten? Weißt du Nalalein… Liebe macht leider blind.“ „Es reicht, weißt du was?! Ich kann es ihr ja jetzt sagen, dann sehen wir ja wie sie reagieren wird!“, drohte Nala weiter und machte kehrt. Sie wollte hier endlich weg, sie wollte weg von diesem Löwen, er widerte sie an. Doch sie kam nicht weit, da sie plötzlich eine Reihe Zähne im Nacken spürte und Scar sie mit seinem gesamten Gewicht herunter drückte. „Ihr kleinen Schlampen seid doch alle gleich, aber ich warne dich im Guten, Nala, du wirst niemandem hiervon erzählen, bis ich es erlaube!“, fauchte er sie an und biss ihr, diesmal merklich fester, in den Nacken. Tja. Es gab genau zwei Schwachstellen in Scars Masterplan: Erstens war Nala keine Schlampe und Zweitens war genau das der Moment, in dem einem stillen, vor dem Platzen stehenden Zuhörer der Kragen platzte. Genau deswegen war dieser Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Tja. „IHR SCHLAMPEN?! Gehör ich auch dazu?! Seh ich wirklich so blöd aus?!“ Oh verdammt. Verdammte Scheiße. Augenblicklich ließ Scar von Nala ab, denn dieses Brüllen gehörte jemandem, der eigentlich gar nicht hiervon wissen sollte. Tja, es gab eben manchmal im Leben solche blöden Zufälle, wenn derjenige, der von etwas nichts wissen sollte, einfach mal so, zufällig am Ort des Geschehens vorbei läuft und zufällig ein bisschen was mithört… etwa fünf Minuten lang. Und innehrlab dieser fünf Minuten sammelt sich ein gewisser Hass in dieser Person. Ach was, das war untertrieben! Zira sah aus wie ein tollwütiger Fuchs, als sie aus dem Gebüsch gestolpert kam und sich dabei Dornengesträuch, und das nicht zu wenig, an ihren Beinen verfing und ihre Pfoten zum Bluten brachte. Nala war die unendliche Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Sie hätte nie gedacht das mal zu sagen, aber Zira war ihre Rettung! Und Scar… Nun ja, sagen wir mal dass Verlegenheit nicht ganz das richtige war. Wenn Nala es nicht besser gewusst hätte, hätte sie fast schon gesagt dass er Angst vor Zira hatte, denn wenn diese Löwin auf Hundertachtzig war, gab es kein Halten mehr für sie, auch nicht vor Scar. Sie hatte die Nackenhaare so sehr gesträubt, Nala wusste gar nicht dass die Löwin am Nacken so langes Fell hatte. Die Zähne waren gefletscht, jeder Muskel angespannt und wenn Blicke töten könnten… Alles Leben im Umkreis von hundert Kilometern wäre einfach dem Erdboden gleichgemacht worden. Ja, Zira war wütend. Hasserfüllt. Stinksauer. Man konnte es nennen wie man wollte, aber sich mit ihr jetzt anzulegen wäre der größte, nur mögliche Fehler überhaupt gewesen. „Wie KANNST du es wagen?! Wie kannst du so etwas sagen, wie kannst du so etwas tun, nach all dem was ich getan habe! Wie undankbar bist du eigentlich“, brüllte sie in seine Richtung, wand sich jedoch kurz an Nala „Und du geh! Geh endlich, los!“ Das ließ Nala sich bestimmt nicht zweimal sagen. Innerhalb eines Augenblicks war sie weg. Nun waren nur noch Zira und Scar übrig und die Stimmung sank mit einem Mal noch tiefer, was eigentlich unmöglich seien sollte, da sie bereits in den Minusbereich gefallen war. „Also, wie war das“, brüllte sie und stampfte so plötzlich auf ihn zu, dass er sicherheitshalber einige Schritte rückwärts machte „ICH bin also nicht mehr gut genug um einmal durchgenommen zu werden oder was? Was wolltest du von Nala und lüg mich nicht an, ich hab alles mitgehört und glaub mir, es hat mich so verdammt viel Beherrschung gekostet dich nicht umzubringen!“ Scar wagte es nicht jetzt etwas zu sagen. Er hatte einen Pelz den er sehr gerne am Körper behalten würde. Zira ließ ihm sowieso keine Zeit zum Reden. „Wie kannst du mir so etwas antun?! KANN ich etwa was dafür dass hier nicht die Junge raus kommen, die DU willst?! Meinst du es gefällt mir deine Enttäuschung zu sehen, genau zu wissen dass sie dir nicht gefallen, dass du etwas anderes erwartest? Meinst du ich bin SO DUMM?!“, brüllte sie ihn weiterhin an und drängte ihn nochmal ein paar Schritte nach hinten. Scar durfte sich jetzt nichts anmerken lassen, sonst machte er es nur noch schlimmer. „Und meinst du eigentlich ich die Beine für dich aus purer Langeweile breit, glaubst du etwa es ist TOLL schwanger zu sein, meinst du ich MAG das?! Ich habe meine Pflicht erfüllt und gerade DU, ganz genau DU solltest wissen wie es ist IMMER nur die zweite Wahl zu sein, genau DU wolltest wissen wie es ist seinem Vater am Arsch vorbei zu gehen! Und trotzdem behandelst du Nuka GENAU so wie DEIN Vater DICH behandelt hat! Er ist dir scheißegal, wenn ich nicht wäre würde er doch, wenn’s nach dir ginge, verrecken!“ Zira konnte sich nicht mehr weiter beherrschen, sie musste jetzt einfach heulen. Sie spürte wie die Tränen ihr das Gesicht runterliefen und ihr war klar dass sie jetzt scheiße aussah, aber es ging ihr sonst wo vorbei. Sie musste einfach all diesen Druck, diese unendliche Wut, diese endlose Enttäuschung raus lassen. Doch Scar machte es nur noch schlimmer, denn er sagte einfach gar nichts. Nicht mal jetzt. Er stand nur da und konnte sein verdammtes Maul nicht aufreißen. „Und soll ich dir mal was sagen“, schluchzte sie unbeholfen vor sich her „Willst du eigentlich dass sich das alles wiederholt? Willst du dass Nuka irgendwann alle seine Geschwister abmurkst, nur damit er König wird? DU hast es ja hinbekommen, warum soll er nicht auch das Poten-“ „Genug jetzt!“, brüllte Scar sie plötzlich an und sie erstarrte. Er schien mit einem mal wie ausgewechselt. „Willst du dass das gesamte Geweihte Land davon erfährt?“, fuhr er sie an und fletschte drohend die Zähne. Doch Zira kannte ihn. Das war nichts als eine leere Drohung, sie jedenfalls ließ sich davon nicht verunsichern. „Sollen sie doch“, keifte sie giftig „Ach ja, wie war das mit dem ‚Sie frisst mir aus der Pfote‘? Wohl eher andersherum, denn du weißt doch wahrscheinlich noch nicht mal mehr wie man überhaupt jagt! Ohne mich wärst du doch gar nicht hier! Ohne mich hätte dieser Wasserbüffel dir damals das Genick gebrochen!“ Oh Gott! Wie sie Scar hasste! Das tat sie wirklich! Von einer Sekunde auf die andere hasste sie ihn einfach nur! Und dieser verdammte Bastard sagte einfach GAR nichts! Nichts! Warum konnte er seine große Klappe nicht dieses eine Mal aufreißen und irgendwas zu diesem ‚Gespräch‘ beitragen? „Nichts? Gut! Weißt du was“ Sie wischte sich wütend über das Gesicht „Du hättest damals sterben sollen, ich hätte mich diesem beschissenen Büffel nie in den Weg stellen dürfen, ich wünschte er HÄTTE dich getötet!“ Sie wollte auf Scar losgehen, aber sie konnte nicht… Sie konnte es einfach nicht! Ein Schluchzen entfuhr ihr, schon wieder. Sie hatte nicht mehr den Nerv diesem Bastard gegenüber zu stehen, sie konnte das nicht mehr ertragen. Sie musste hier weg. Und sie rannte. Sie achtete nicht mal darauf dass sich die Dornen immer noch in ihren Pfoten befanden, sie rannte einfach weiter, egal wie weh es tat. Sie wollte einfach nur weg von ihm, sie ertrug seine Nähe nicht. Noch nie, noch NIE hatte sie sich so verletzt gefühlt! Wie konnte er ihr das antun? Fassungslos starrte Scar Zira hinterher und einen ganz kurzen Moment wollte er ihr hinterher, sie beruhigen, doch dann fiel ihm wieder ein dass ausgerechnet er der Grund für das alles hier war. Er würde es nur noch schlimmer machen. Aber das war es grade gar nicht. Er spürte etwas, was er bisher noch nie gefühlt hatte. Nämlich das sichere Wissen jemandem das Herz gebrochen zu haben. Zira hatte nie etwas von ihm erwartet, sie hatte immer nur gegeben, sie hatte alles was er tat entweder unterstützt oder wortlos hingenommen, aber nie hatte sie ihm das Gefühl gegeben von ihm enttäuscht worden zu sein. Nie. Nie hatte sie ihn, egal wie die Situation aussah, für irgendwas verantwortlich gemacht, sie hatte ihn immer irgendwie zum Lächeln gebracht. Und er liebte sie. Das tat er, wirklich. Er liebte sie, egal was kam, aber er war sich nicht sicher ob sie es noch tat. Er hatte sie noch nie so außer sich gesehen, aber er hätte doch nicht erahnen können dass sie das so sehr aufwühlen würde. Scar wusste nicht warum, aber seine Augen brannten und ihm war schlecht. Ihm war wirklich schlecht. Und nein, er heulte nicht, aber er war nah dran. Er blinzelte eilig die aufsteigenden Tränen weg und versuchte diesen Druck in seinem Kopf einfach herunterzuschlucken, doch ihm war immer noch schlecht. Was hatte er sich da vorhin mit Nala überhaupt gedacht? Doch das was ihm am meisten verletzt hatte, waren Ziras Worte gewesen. Er hätte sterben sollen. Bei jeder anderen Löwin auf der Welt wäre es ihm egal gewesen das zu hören. Nicht bei ihr. Sie hatte ihm das Leben gerettet und sich sogar noch, wegen ihm, Vorwürfe gemacht, dass sie den gesamten Angriff nicht hatte verhindern können, sie hatte ihm Junge geboren, sie war immer irgendwie da gewesen, sie hatte ihm immer das Gefühl gegeben geliebt zu werden und jetzt? Jetzt hatte er all das in den Müll geworfen, wegen seinem viel zu großen Ego. Nur leider gestand Scar sich so was nicht gerne ein. Er verdrängte lieber. So wie jetzt. Sie würde schon zurückkommen. Das taten sie doch alle. „Nala… Wir müssen mit dir reden!“, meinte Sarafina noch am selben Abend. Neben ihr waren Zazu und Sarabi. „Was denn?“, fragte Nala verwundert. Sie hatte ihrer Mutter nicht von dieser Sache mit Scar erzählt, Sarafina hätte sonst wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen. „Hör zu…“, begann Zazu „Nala, es ist sehr dringend! Es… es geht um das Geweihte Land. Bitte… Hol Hilfe. Seit Scar mich wie einen gefangenen behandelt habe ich nicht mehr die Möglichkeiten dazu und Nachts kann ich nicht fliegen.“ Er sagte das einfach so, ohne irgendwelche Umwege – Das hatte was zu bedeuten! „Ja Nala, Zazu hat Recht. Bitte, geh los und hol Hilfe! Du bist jung und stark, du kannst das!“, flehte Sarabi. „Ich?! Aber… wie und vor allem wo?“, fragte die junge Löwin überrumpelt. „Nala, es gibt eine Stelle an der Nordgrenze, an der nicht patrouilliert wird. Bitte Nala, du musst Hilfe holen!“, flehte nun auch Sarafina ihre Tochter an. Und so verrückt es klang: Nala war augenblicklich einverstanden. Sie hatte die Schnauze von Scar, den Hyänen, all dem hier voll, schon lange. Und auch hatte sie schon lange den Wunsch zu gehen und jetzt, wo ihre Mutter und vor allem Sarabi, sie dazu ermutigten, würde sie das machen! „Meint ihr das wirklich ernst? Es gibt einen Weg zu entkommen?“ Hoffnung. Das war es was in Nalas Augen aufblitzte. „Ja…“ Sarafina seufzte gequält „Ich weiß, wir erwarten so verdammt viel, aber-“ „Ich werde es tun.“, Unterbrach Nala ihre Mutter schnell. Sie wollte nicht dass sie weinte. „Oh, meine mutige, kleine Löwin!“, schluchzte Sarafina auf und umarmte ihre Tochter überglücklich. Sie wusste schon immer dass ihre Tochter eine mutige, junge Löwin war, aber das hier war doch mehr als man ihr zutrauen konnte. Und dennoch tat sie es. „Pass auf dich auf, mein Schatz. Zazu begleitet dich. Ich würde mitkommen, aber es wäre zu auffällig.“ Tränen liefen über Sarafinas Gesicht. Sie heulte wie ein Wasserfall. Verständlich, schließlich war sie drauf und dran auch noch ihr zweites Junges zu verlieren. „Keine Sorge, ich pass schon auf, schließlich hatte ich die besten Lehrerinnen“ Sie sah zwischen Sarabi und ihrer Mutter umher „Ich verspreche es, euch allen, ich komme zurück, mit oder ohne Hilfe, aber ich lasse euch hier nicht allein.“, versicherte Nala ihnen und spürte die Tränen aufsteigen. „Das hoffe ich doch… Wir sind immer mit dir.“, brachte Sarabi hervor und sah, gegen die Tränen ankämpfend, dabei zu wie Sarafina sich nach einer langen Umarmung schließlich doch von ihrer Tochter löste. Es tat so verdammt weh sie so kurzfristig gehen zu lassen, doch als Sarabi und Zazu ihr von diesem Plan erzählt hatten, wusste auch Sarafina dass es ihre einzige Überlebenschance war. „Aber nun, schnell“, riss Zazu sie aus ihren Gedanken „Wir haben nicht viel Zeit!“, drängte er und flog voran. Auch er hatte gegen die Tränen zu kämpfen gehabt. Es tat so verdammt weh. Das alles hier. Hosted by Animexx e.V. 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