Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 58: Goodbye my lover... ------------------------------- Als die Löwinnen Stunden später, inzwischen war es bereits dunkel, im Geweihten Land ankamen, waren sie völlig erschöpft vom langen Marsch und dem ziehen ihrer Beute. Sie freuten sich einfach überhaupt mal wieder was zu haben, was sie fressen konnten und ziemlich sicher galt das auch für die anderen Löwinnen. Irgendwie war da auch dieses Überlegenheitsgefühl in Zira. SIE, ihre Gruppe, war zäh und ausdauernd genug gewesen um so lange nach Beute gesucht zu haben, bis sie welche fanden. Gar keine Frage, Zira war verdammt stolz auf sich und ihre Löwinnen. „Legen wir das Futter hier ab… Ich hol dann mal die anderen, fangt ihr schon mal an.“, meinte Zira. Sie sah mit einem hochzufriedenen Lächeln in den Himmel, wo die Wolken sich bedrohlich zusammenbrauten. Es würde regnen, oh ja. Und dann? Ja, dann würde alles wieder blühen. Hach, das Schicksal meinte es doch gut mit ihnen. Dachte sie. „Na Zuzu… Sagte ich nicht, ich würde Hilfe holen?“, fragte Rafiki Zuzu und setzte seinen allwissenden Blick auf. Der alte Toko lächelte glücklich. „Danke Rafiki, du hast dein Versprechen gehalten. Danke“ Sie wischte sich eine Träne aus den Augen, dann seufzte sie auf „Ich kann es nicht glauben, Simba lebt! Ich wünschte nur Mufasa könnte das alles noch miterleben.“ „Das tut er doch…“, grinste Rafiki und zeigte in den schwarzen Himmel. „Jaja, das tut er… Wer weiß, wenn das alles vorbei ist… Vielleicht kann ich mich sogar wieder raustrauen.“, meinte Zuzu spaßend, auch wenn man in ihrer Stimme deutlich heraushören konnte, dass dem auch ein Funken ernst beiwohnte. Rafiki lachte auf, dann stupst er sie grinsend an. „Hey, du redest schon wie ein Affe, der du bist… und ich nicht!“ Zuzu verdrehte die Augen, dann zwickte sie Rafiki mit ihrem Schnabel in die Seite. „Klar du Affe“, lachte sie „Aber wohin gehst du jetzt?“ Rafiki sah sich um, als er seinen Baum runterhangelte. „Ach, nur einem alten Freund helfen!“ „Viel Glück Rafiki!“, verabschiedete Zuzu sich und sah voller Erwarten, Vorfreude, voller Hoffnung zum Horizont, dort wo der Königsfelsen in den Himmel ragte. Dort wo sich vielleicht endlich was ändern würde. Denn wenn sich heute nichts ändern würde, dann würde nie was passieren. Als Rafiki bereits aus ihrer Sicht verschwunden war, drehte sie sich nochmals den Wolken zu und wisperte ein leises „Danke.“ Währenddessen lief Zira eilig zum Königsfelsen, während das vertrocknete Gras sie unangenehm in die Ballen stach. Blitze zucken vom Himmel und die Schwüle der Luft erdrückte sie fast. Das Atmen fiel ihr richtig schwer. Doch es regnete einfach nicht und die Blitze waren verdammt gefährlich. Nicht etwa weil sie sich davor fürchtete von Einem erschlagen zu werden, sondern viel mehr deshalb, weil die Erde trocken war und sich leicht was entzünden konnte. Doch je näher Zira dem Königsfelsen kam, desto heißer wurde es. Zuerst dachte sie, sie würde sich das nur einbilden, doch allmählich beschlich sie eine ungute Vermutung. Und aus dieser Vermutung wurde innerhalb eines Atemstoßes die bittere Realität. Feuer. Überall züngelten die Flammen auf und breiteten sich gefährlich schnell, unter anderem in Richtung des Königsfelsens, aus. So sehr Zira auch versuchte sich zu beherrschen, ruhig zu bleiben und klar zu denken, so verfiel sie in eine blinde Panik, als sie die riesigen Feuerwände sah. Und nur noch eine Sache ging ihr durch den Kopf: Wo waren Vitani und Kovu? Zira war nicht das, was man selbstlos nennen würde, doch auch sie war eine Mutter. Und wenn es eins gab, was sie über alles liebte, dann waren es ihre Jungen. In Panik verfallen rannte sie völlig kopflos von einem Brandherd zum Anderen. Es fiel ihr nicht leicht einen Weg zum Königsfelsen zu finden, der ihr nicht die Pfoten verbrannte, doch als sie zwischen all den hochschellenden Flammen endlich mehr erkennen konnte, fiel ihr Augenmerk für ein paar Momente auf etwas ganz anderes. Nämlich auf einen Löwen. Eigentlich sah er äußerlich nicht besonders aus, aber eine Sache an ihm ließ Zira das Blut in den Adern gefrieren: Sein Gesicht. All seine Gesichtszüge, die Mähne, seine Farbe, einfach alles an ihm erschreckte sie. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie gesagt, dass da Mufasa am Königsfelsen stand. Doch sie wusste genau dass das nicht der Fall war, er war tot. Doch sie kannte dieses Gesicht, sie hatte keine Ahnung woher, aber sie kannte ihn. Die Augen vor allem kamen ihr so bekannt vor. Zira wusste, dass sie gerade wertvolle Zeit vergeudete, die sie mit diesem Nichtstun, diesem Starren, dem nachdenken verbrachte, aber sie bekam diese Frage nicht mehr aus ihrem Kopf. Also, der Löwe war goldbraun, kräftig, hatte eine satte, rote Mähne. Und plötzlich dämmerte es Zira. Das war Simba! Ja, ganz sicher, sie war sich absolut sicher, dass er es war, es konnte niemand anderes sein, niemand sonst kam infrage, bei niemandem sonst konnte sie sich eine solche Ähnlichkeit zu Mufasa vorstellen. Simba lebte… Er lebte? Er lebte?! Sie versuchet nochmal einen Blick zu erhaschen, doch die Sicht wurde ihr jäh genommen, da die hohen Flammenwände Zira ständig der Sicht beraubten. Sie verstand die Welt nicht mehr. Simba sollte eigentlich tot sein, das war er doch, oder? Wer also war dieser Löwe, spielte ihr ihr Verstand jetzt schon Streiche, hatte sie zu viel Rauch eingeatmet? Es war doch gar nicht möglich, dass Simba leibhaftig... Nein. Nein, nein, nein! Was zur Hölle tat sie hier eigentlich noch?! Sie musste jetzt zu Vitani und Kovu, sofort! Sie brauchten sie, was erlaubte sie sich nur ihre Zeit mit Denken zu verschwenden? Zira lief panisch an einer Flammenwand entlang. Was ihr wie Stunden vorkamen waren jedoch nur wenige Sekunden gewesen. Sie versuchte so sehr einen Weg zu der Höhle, auf den Königsfelsen zu finden, doch das Feuer versperrte ihr jegliche Chancen auf ein Vorankommen. Und da kam die Panik eines eingeengten Tieres wieder in ihr hoch. So hoch und intelligent Löwen sich auch vorkommen mochten, so waren sie letztendlich doch auch nur Tiere, die genauso leicht zu verängstigen waren, wie jedes andere Wesen auch. Doch eine Sache riss ihre Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes, auf etwas, was ihr fast genauso wichtig war wie ihre Jungen. Scars Stimme. Und ein Funken verzweifelte Hoffnung wurde in ihr wach. Ein verzweifelter Funken, dass er die Jungen möglicherweise bereits in Sicherheit gebracht hatte. Sie klammerte sich so sehr an diesen Glauben, dass sie ihren eigentlichen Impuls völlig beiseite warf. Wenn Scar die Jungen nicht hatte, könnte sie immer noch einen Weg in die Höhle suchen, vielleicht gab es ja hinter dem Königsfelsen, von dort kam ja auch Scars Stimme, einen Weg nach oben. Doch als Zira die Kurve hinter sich gelassen hatte, wäre sie um ein Haar wieder in meterhohe Flammen gelaufen. Dass ihre Pfoten sowieso schon von der ganzen Asche, in die sie getreten war, völlig wund waren, musste sie wohl nicht weiter erwähnen. Sie stellte sich auf die Hinterbeine, während sie sich auf einem Felsen abstützte, um was zu sehen. Tatsächlich erkannte sie Scar durch das Feuer, wie er am Boden lag, doch von Vitani und Kovu war keine Spur zu sehen. Doch die beiden waren sowieso von einer Sekunde auf die andere aus ihrem Kopf verschwunden. Um wen sie sich plötzlich viel mehr Sorgen machte, was sie mit einem Mal so viel mehr beängstigte, war die Situation die sich direkt vor ihren Augen abspielte. Es war nicht einfach die Tatsache, dass Scar so verletzlich am Boden lag, es war viel mehr das, dass um ihn herum die Hyänen standen. Nicht nur ein paar, sie sprach hier von dem ganzen Clan. Und wenn Zira sich nicht irrte, dann hatte sie die ganze Horde noch nie als so… beängstigend empfunden. Zira sich nicht irrte, dann hatte sie die ganze Horde noch nie als so… beängstigend empfunden. „Sag mal… Sagtest du grade eben „FREUNDE“?! Also wenn ich das richtig verstanden habe, waren wir doch eben noch die FEINDE!“ Das war Shenzis Stimme, ganz sicher. Zira erkannte sie bestens, auch wenn das Lodern des Feuers in ihren Ohren rauschte wie das Toben eines Sturms. „Ja, so hab ich das auch verstanden…“, bestätigte eine weitere Stimme. Banzai. „Ed?“, fragten die beiden nun gleichzeitig. Obwohl Zira Ed von ihrer Position aus nur von hinten sehen konnte, erschauderte sie bei dem sadistischen Lachen, was er hervorbrachte. Ihr stellten sich die Haare auf. Noch nie hatte sie sich vor Eds Gelächter irgendwie gegruselt, sie war ja kein Angsthase, aber diesmal machte es ihr zum ersten Mal angst. Berechtigter weise. Zira sah wie die Hyänen immer näher kamen und Scar wie, wie… ja, wie Beute umzingelten. BEUTE. Ihre Panik, von der sie dachte sie halbwegs unter Kontrolle zu haben, brach wieder in ihr aus. Ihre Panik machte sie zu dem was sie nicht seien wollte, sie machte sie zu einem kopflosen, instinktgesteuerten Biest, Panik nahm ihr die Fähigkeit zu denken, sie nahm ihr jegliche Kontrolle über den Körper, sie zwang sie dazu wegzurennen, sie nahm ihr sogar die simple Fähigkeit Dinge in ihrer Umwelt zu hören. Und genau das wollte sie doch eben nicht. Doch sie schaffte es nicht völlig durchzugehen und hörte stattdessen, durch das Knistern der Flammen, Scars Stimme. Und was er sagte gefiel ihr gar nicht. „Nein, nein, es war nicht meine Absicht, nein, nein, nein!“ Panik. Da war sie wieder, auch in Scars Stimme war sie zu hören. Obwohl, war das reine Panik? Nein. Da war auch Angst. Er war ängstlich. Seine Angst war ja so viel größer als seine Schmerzen, die er von dem Sturz erlitten hatte. Der Blick aus seinen grünen Augen konnte nicht aufhören zu zittern, zu flackern wie der eines kleinen Jungens, welches soeben in große Schwierigkeiten gerutscht war, aus welchen es allein nicht mehr raus kam. Er hatte ein Bündnis aus...Verrätern. Obwohl, war es nicht Scar gewesen, der die Hyänen verraten hatte? Oh, welch Ironie. Von ihm, wo er doch selbst wusste wie unberechenbar sie waren. „NEIN!“ Sein Betteln brachte überhaupt nichts, im Gegenteil, es heizte sie wahrscheinlich nur noch mehr auf. Es war die Bestätigung dafür, dass sie die Art wie sie ihn zur Strecke bringen wollten genau richtig machten. Es stachelte sie regelrecht dazu an jetzt endlich all ihre angestaute Wut herauszulassen, ihn noch mehr leiden zu sehen. Zira konnte durch die Flammen und deren Rauschen nur sehr schlecht etwas hören oder sehen, aber es war immer noch genug. Mehr als sie jetzt gerade eigentlich ertragen konnte. Zu sagen, dass sie ihn vorhatten zu verletzen, war untertrieben. Sie wollten ihm nicht wehtun, sie hatten eine ganz klare Tötungsabsicht. Sie stürzten sich auf ihn, griffen ihn rücksichtslos an, beißten, kratzten ihn und all das kombiniert mit ihrem kranken Lachen, war… Das war keine Art wie man sterben wollte. Das alles machte es zehnmal schwerer als es ohnehin schon für Scar war, das alles war als ob sie ihn für jedes einzelne Leiden, welches ihnen jemals widerfahren war büßen lassen wollten. Sie sahen die Angst in seinen Augen aufsteigen und es war eine solche Befriedigung für sie, eine solche Genugtun von der sie nie genug bekommen würden. Und sie hatten einen solchen Spaß daran, zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatten die Hyänen an irgendwas, was im Geweihten Land passierte Freude. Ja, sie hatten ein solches Vergnügen an seinem Leiden. Es war nicht allein das umbringen was ihnen im Sinn lag. Sie wollten einfach, dass er WUSSTE, dass er sterben würde, dass er die ganze Zeit mit dieser scheußlichen, endgültigen Angst leben musste. Doch sein Weg bis dahin würde verdammt lange dauern. Ja, die Hyänen würden versuchen das so lange wie möglich heraus zu zögern. Hyänen waren schließlich Spezialisten in so was, wer kannte nicht die Geschichten von einer Gruppe Hyänen, die ihre Beute lebendig in Stücke riss? Ob er Schmerzen hatte? Selbstverständlich, war diese Frage nicht völlig überflüssig? Doch er hatte mindestens doppelt so viel Angst. Zira war wie in einer Starre gefangen. Die Feuerwand hatte sich wie ein Vorhang vor ihre Augen gelegt und ließen die Brutalität, die sich dahinter abspielte viel weicher, fast schon harmloser aussehen. Die flimmernde Luft, das intensive Rot der Flammen ließ es auf einmal so verzerrt aussehen, die Unmengen an Blut die strömten registrierte Zira irgendwie gar nicht mehr. Einzig und allein zu sehen was die Hyänen da machten, gleich hinter dieser unüberwindbaren Feuerwand, reichte ihr um ihr Herz scheinbar zum Stillstand zu bringen. Der Schock saß ihr so tief in den Knochen und was für sie wie Minuten wirkten, in denen sie nicht gehandelt hatte und nur nutzlos dagestanden war, waren in Wirklichkeit nur ein paar Sekunden gewesen. Es waren nur ein paar Sekunden gewesen, die reichten um Scar an einen unumkehrbaren Punkt zu bringen, in dem er dem Tod näher war als dem Leben. Zira hatte nicht mal das Brüllen aus der Ferne bemerkt oder dass es plötzlich wie aus Kübeln zu regnen begonnen hatte. Erst als die Flammen innerhalb von Sekunden erstickt wurden und ihr den Weg zu Scar freimachten, bekam sie wieder die Kontrolle über sich. „Tja Scar, es war uns eine Ehre mit dir zusammenzuarbeiten!“, lachte Shenzi gehässig und leckte sich das Maul vom Blut sauber. Sie würden Scar unter keinen Umständen vollständig töten, das überließen sie der Zeit! Den finalen Gnadenstoß wollten sie ihm nicht gönnen, sie wollten nicht, dass er es so leicht haben würde. Er sollte einfach qualvoll verbluten, er sollte leiden! Er sollte in seinen letzten Minuten nur noch Leid und Schmerzen erfahren, nicht den geringsten Funken Gnade hatte dieser vermaledeite Verräter sich verdient! Und verbluten… Ja! DAS war ein langer, schmerzvoller Tod. Er sollte auf eine so erbärmliche Art und Weise sterben, dass sogar Ahadi jetzt Mitleid mit ihm hätte, er sollte es selbst in deinen letzten Atemzügen zu spüren bekommen, wie minderwertig er doch war, was es bedeutete sie, die Hyänen, zu hintergehen! Er würde einfach ganz langsam und schmerzhaft sterben, seine Überlebenschancen waren, bei dem Ausmaß, welches die Metzeleien der Hyänen angenommen hatte, sozusagen Null. Zira war innerhalb von ein paar Augenblicken, die der Regen nun schon auf sie und die Flammen niederprasselte, klatschnass geworden. Doch irgendwie merkte sie das gar nicht und rannte augenblicklich, sobald der Regen einen einen Weg durch die Flammen eröffnet hatte, los, stürmte zu Scar. Sie realisierte die Hyänen im ersten Augenblick um ehrlich zu sein gar nicht, ihre Aufmerksamkeit galt nämlich nur dem blutendem Löwen, der sterbend am Boden lag. Scar. Sterben. Was für ein grausames Wort das war, wenn man es mit jemandem verband, den man so unfassbar liebte. Doch natürlich sah Zira auch Shenzi. Und Shenzi sie. Und als Shenzi Zira erblickte, wie sie dastand, so gebrochen, so verschwand das triumphale Grinsen kurz aus ihrem Gesicht. Nicht wegen Reue, viel mehr wegen einem Funken Mitleid, den sie für Zira empfand. Sie wusste, dass Zira so viel besser war als Scar, sie hatte schließlich nie derartigen Mist fabriziert wie er. Sie war einfach immer nur neben ihm gesessen, war das geworden, was jede Königin doch war: Das stille Anhängsel. Das, was Shenzi immer gehofft hatte, was Zira nie werden würde, das was sie selbst nie sein wollte. Luft. Ein unwichtiges Schmuckstück, welches einfach da war um nett auszusehen und männliche Erben in die Welt zu setzen. Vielleicht war das auch der Grund, warum sie Ziras Art früher so gemocht hatte. Doch das war schon lange vorbei. „Warum?“, war alles was Zira rausbrachte. Wenn sie mehr gesagt hätte, wäre sie wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen oder auf Shenzi losgegangen. Oder beides. Und eigentlich war Shenzi noch nicht mal so richtig hieran Schuld. Zira kannte sie, den ganzen Clan, sie waren alle so unberechenbar. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen bis das hier passiert wäre, oder? Zira wollte ihnen irgendwie gar nicht die Schuld geben, sie konnte sie sogar irgendwie verstehen, sie wäre doch auch rebelliert wenn man mit ihr so umgegangen wäre wie Scar es getan hatte, aber vielleicht wollte sie ihren Hass auch nur für später aufheben, vielleicht wollte sie ihn jemand ganz anderem widmen und wusste es nur noch nicht mal. Vielleicht mochte sie die Hyänen im Unterbewusstsein noch immer viel zu sehr, um sie zu hassen. „Zira, es tut uns Leid um dich, DU hast das alles hier nicht verdient, aber ER schon.“, sprach plötzlich Shenzi leise. Grade laut genug um ihre Stimme nicht im prasselnden Regen untergehen zu lassen. Zira sah auf. Und plötzlich erinnerte sie sich an die ‚guten, alten Zeiten‘, damals, als sie alle noch so jung, so dumm waren, als das Leben noch so viel bunter, so viel vielversprechender war. Sie waren sogar zusammen jagen gegangen, sie hatten so viel Spaß gehabt zu viert, sie und die Hyänen. Warum musste es so enden? Warum hatten sie ihr das hier nicht ersparen können, wenn ihnen doch was an ihr lag. Warum taten sie ausgerechnet ihr das an? Jeden Löwen hätten sie töten können, von Sarabi bis zu einer der anderen Löwinnen, aber warum musste es ausgerechnet den Löwen treffen, der ihr am meisten bedeutete? Ziras Gehirn schaltete sich langsam wieder ein, jetzt wo das Feuer erlöscht war und die Panik sich legte. Und das hieß Lebensgefahr für die Hyänen, denn Zira konnte wieder denken. Sie konnte wieder Gefühle zulassen. Sie konnte Hass zulassen. „Shenzi, verschwindet… Verschwindet… Ich will euch nie wieder sehen. Ich warne euch, tut euch selbst einen Gefallen und geht an einen Ort, an dem ich euch nie finden werde. Sucht euch was Besseres als den Elefantenfriedhof. Ich frag mich sowieso, warum ihr das nie getan habt.“, brachte Zira schwach hervor, wobei sie ihre Krallen jedoch bereits ausfuhr. Shenzi starrte einige Sekunden in Ziras Richtung, auch wenn es ihr nur recht war gehen zu können. Sie wollte nicht mehr kämpfen, zumindest nicht mit Zira. Sie hatten alle schon viel zu viel gekämpft, heute Nacht. Dann spürte sie ein Stupsen an ihrer Schulter. Ed. Er sah ungewohnt ernst aus. Ein ernst aussehender Ed, wann hatte sie das schon mal gesehen? „Shenz‘, sie hat recht. Komm, lass uns bitte einfach gehen. Irgendwo hin, ist mir egal wo, aber lass uns jetzt einfach von hier gehen.“, meinte Banzai flehend an sie gewandt. Er hatte Recht, das wusste jeder. Sie konnten es sich nicht erlauben länger als nötig auch nur im näheren Umfeld des Geweihten Landes zu bleiben, zu gefährlich war es für sie geworden. Natürlich, sie hatten Scar umgebracht, aber das würde nie als Rechtfertigung reichen hier zu bleiben. Shenzi nickte kaum merklich und wand sich ab. Sie würden ja sehen wo das Schicksal sie hinführen würde, jetzt würden sie einfach nur gehen. Sie würden all das hier hinter sich lassen müssen, ein für alle Male. Sie waren immer im Elefantenfriedhof gewesen, weil das Geweihte Land so nah war, wo man doch super wildern konnte. Aber jetzt, nein, jetzt konnten sie sich das nicht mehr leisten, sie konnten sich überhaupt nichts mehr erlauben. Ein Fehltritt, ein Moment zu lang im Geweihten Land und Simba würde das Rudel dazu bringen auch noch den jämmerlichen Rest des Clans auszulöschen. Den jämmerlichen Rest, der übrig geblieben war. Dieser jämmerliche Rest, der zum einen Scars Regime und zum anderen diesen Brand und diese gnadenlose Metzelei der Löwen überlebt hatte. Und ebendieser Rest, zu dem glücklicherweise Shenzi, Banzai und Ed sich zählen durften, war ein Bruchteil von dem, was der Clan mal gewesen war. Wortlos stimmte Shenzi Banzais Bitte zu und machte allen umstehenden Hyänen klar ihr zu folgen. Und wie sie doch lachen mussten über das, was eben geschehen war. Außer Shenzi. Nicht dass sie bereute was sie getan hatte, aber so erfreut wie die anderen war sie plötzlich einfach nicht mehr. Shenzi sah sich, als sie kurz anhielten, nach den überlebenden Hyänen um, insbesondere nach ihren Geschwistern, von denen sie wirklich hoffte, dass sie noch alle da waren. „Shen- Shenzi…“ Saja, ihre kleine Schwester stand plötzlich tränenüberströmt neben ihr und sah sie hilfesuchend an „Komm schnell!“, brachte sie unter größten Anstrengungen, um nicht jeden Moment in Tränen auszubrechen, hervor. „Was ist? Wir haben keine Zeit um umzudrehen, was ist so wichtig, dass-“ Doch Shenzi kam nicht dazu auszusprechen. „Bitte komm doch einfach!“, flehte Saja und lief in eine Richtung vor. Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend folgte Shenzi ihrer Schwester, gab Banzai und Ed davor jedoch mit einer Geste zu verstehen, dass sie ihr nicht folgen sollten und lieber schon mal mit dem Clan ein Stück vom Königsfelsen weglaufen sollten. Saja stockte nördlich des Königsfelsens, in einigem Abstand und gab den Blick auf etwas frei, was Shenzi sich gerne erspart hätte. Shenzi war beim Besten Willen niemand, der sentimental war oder bei jedem Scheiß zu weinen anfing, so wie es ja manche dieser dummen Löwinnen waren und auch war sie kein übersensibles Naivchen, aber das was sie da blutüberströmt, vom Regen und Dreck verunreinigt, liegen sah, brachte sie dazu etwas zu tun was sie seit Ewigkeiten nicht mehr getan hatte. Sie weinte. Völlig unverhofft, spürte Shenzi wie die Tränen aus ihr herausbrachen. Ein sehr ungewohntes, ihr fremd gewordenes Gefühl. In einem Augenblick hatte sie noch gedacht der Druck, der von einem Moment auf den anderen auf ihrer Brust ruhte würde sie ersticken und jetzt brach es einfach aus ihr raus. Asake lag da. Sie lag einfach nur da, mit einer aufgerissenen Kehle und einem angsteinflößenden, starren, stur gerade aus gerichteten Blick. Ihr Blick generell machte Shenzi Angst, ob es nun daran lag, dass den Augen ihrer Mutter jegliches Leben fehlte oder einfach an dem ganzen Blut, welches ihren Anblick so unertragbar machte. Shenzi wusste es nicht. „Nein…“ Shenzi war einen Moment erschrocken über die unglaubliche Brüchigkeit ihrer eigenen Stimme, schubste Saja dann jedoch zur Seite und lief auf ihre Mutter zu. Ihre Geschwister, die sich um Asake getummelt hatten, machten sofort platz. Sie hatten alle größten Respekt vor ihrer älteren Schwester und Shenzi wollte man sich nicht in den Weg stellen, wenn sie wütend oder traurig war. Oder beides. Und auch wenn Shenzi nicht das beste Verhältnis zu ihnen hatte, sie liebten sich doch irgendwie alle. „Wa… Warum habt ihr mich nicht früher gerufen?“, heulte Shenzi sah hilflos zu ihrer Mutter herab, ehe sie die Schnauze winselnd gegen ihren Kopf drückte. „Wir… wir waren zu sehr mit ihr beschäftigt, wir hatten keine Ahnung wo du warst!“, stotterte ihr großer Bruder Jami, während er weitere Tränen unterdrückte. Doch Shenzi konnte es einfach nicht glauben. Sie hatte ihre Zeit damit vergeudet Scar den Nacken aufzureißen, und jetzt DAS?! Das war also Asakes Ende, nicht Krebs? Kein langsamer, dich von innen zerstörender Tod, der dich Stück für Stück aus der Welt riss, der Shenzi die Zeit gegeben hätte sie gehen zu lassen? Dabei hatte sie doch so sehr geglaubt, sie würde Zeit haben sich auf den Tod ihrer Mutter vorzubereiten, sie würde Zeit haben um ihr zu sagen wie viel sie ihr immer bedeutet hatte, egal wie ungeliebt sie sich manchmal doch gefühlt hatte. Und obwohl sie weinte, obwohl sie zum ersten Mal nach Ewigkeiten so viel weinte und mit den Nerven völlig blank lag, dazu noch inmitten ihrer Geschwister stand, so empfand sie keinen Hass, Neid oder derartiges für sie oder ihre Mutter. Im Gegenteil: Sie fühlte sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten geborgen in ihrer Familie. Und plötzlich fiel ihr Blick, auch wenn ihr Sichtfeld nur sehr verschwommen wahrnehmbar war, auf Asakes zerfetztes Ohr. Sie hatte ihr Ohr damals, vor Jahren verloren, als sie Shenzi vor einem angreifenden Löwen beschützen wollte, damals als sie so dumm und klein gewesen war und sich zu weit ins Geweihte Land getraut hatte. Asake hatte es damals auch tatsächlich geschafft ihre Tochter zu retten, aber sie verlor eben ihr Ohr. Nein, Asake hatte Shenzi wirklich nicht gehasst. Und Shenzi hatte ihre Mutter ebenso wenig gehasst. Sie war sich manchmal einfach nur nicht wichtig genug vorgekommen. Was konnte Asake eigentlich dafür, dass sie eben acht Mäuler zu stopfen hatte? Shenzis Geschwistern erging es doch auch nicht anders. Und die? Hatten die je einen Hass gegen ihre Mutter gehegt? Nein. Egal was Shenzi je gesagt hatte, sie hatte ihre Mutter doch geliebt, immer schon. Mehr als alles andere, auch wenn es nicht danach aussah. Und es tat ihr so leid, dass sie das nie gesagt hatte. Es tat ihr so unglaublich weh, dass sie sterben musste, ohne jemals so was wie ein simples ‚Ich hab dich lieb‘ oder ähnliches von ihrer Tochter zu hören. Es tat Shenzi leid, sie bereute es so sehr das nie gesagt zu haben, sie hasste sich regelrecht dafür! Wieso hatte sie nie gemerkt wie wichtig ihre Mutter ihr war, warum hatte sie sie immer als so selbstverständlich angesehen, warum konnte sie ihr nie sagen wie viel sie ihr doch bedeutete? Und warum platzte ihr Kopf grade vor Fragen? Wimmernd ließ Shenzi von Asake ab und schluckte ein paar trockene Schluchzer herunter. Dann war es für einige Sekunden still. Nichts zerriss diese verdammte Stille. Diese unangenehme Stille die Shenzi gerade nicht ertragen konnte. Bis sie plötzlich wieder aufschluchzte. Und so saßen sie da, acht Hyänen tummelten sich um eine Tote, nur um zu trauern, nur um ein letztes Mal ‚auf wiedersehen‘ zu sagen, nur um sich ein letztes Mal all ihre Gesichtszüge, jeden einzelnen Fleck auf ihrem Rücken einzuprägen. Nur um sie nie mehr zu vergessen. Denn das war eines der Dinge, die sie alle am meisten fürchteten: Das Vergessen. Sind wir doch ehrlich, niemand will vergessen und niemand will vergessen werden. Doch wie viel Zeit blieb ihnen schon? Sie mussten weiter und das wussten sie doch ganz genau. So ziemlich zeitgleich durchlebte jemand Anders einen weitaus grausameren und schmerzvolleren Todeskampf. Scar. Ach, er sah so erbärmlich aus. Mit gebrochenen Knochen und einem Rinnsal von Blut auf den Lippen, lag er da, im Schlamm. Nicht grade der sauberste Ort wo man sich niederlassen sollte, wenn einem teilweise die Haut fehlte und man Fleischwunden hatte, so groß wie Büffelhufe. Die Hyänen hatten wirklich alles gegeben um ihn möglichst viel zu verstümmeln. Die Haut hatten sie ihm einfach abgerissen, die Fetzten hingen entweder noch an ihm oder wurden ganz abgezogen. Selbst seinem Schwanz fehlte an einer Stelle so viel Haut, das man den Knochen sah. An einer anderen Stelle am Schwanz hatten sie ihm die Knochen sogar dermaßen zertrümmert, dass im Grunde sein Schwanz nur noch von einem einzigen Hautfetzen zusammengehalten wurde. Und überall hatte er diese unglaublich tiefen Fleischwunden, die bei jedem Atemzug wie Feuer brannten. Selbst seine Pfoten waren, als er versucht hatte sich gegen die Übermacht an Hyänen zu wehren, in starke Mitleidenschaft gerissen wurden. Er wusste nicht wie, aber sie hatten es sogar geschafft seine Pfoten zu brechen. Von seinem zertrümmerten Vorderbei fing er gar nicht erst an. Sie hatten sich zu dritt an seinem Bein festgebissen und er konnte auch ohne darauf zu schauen sagen, dass man durch die Wunde auf seinen zersplitterten Knochen sehen konnte. Und überall, in jeder einzelnen Wunde, wusch der Regen das Blut aus. Für jede normale Jagdverletzung wäre das von großer Hilfe gewesen, aber bei ihm hatte es nur den Effekt dass umso mehr Blut nachlief. Der Regen tat ihm nur den Gefallen, schneller zu verbluten. Sonst nichts. Sogar der Regen schien ihn so schnell wie möglich tot sehen zu wollen. Doch es konnte ihm nur recht sein, es konnte ihm gar nicht schnell genug gehen. Er konnte einfach nicht mehr. Man konnte diesen unerträglichen Schmerz, der jede Faser seines Körpers durchfuhr, nicht beschreiben, es war zu qualvoll. Sowohl es zu erleiden als auch darüber zu sprechen. Beim besten Willen, Scar hatte sich schon ein paar Mal in seinem Leben in irgendeiner Form weh getan, aber das was er gerade durchlitt war auf so vielen Ebenen das schlimmste was er je verspürt hatte. Zira, die bisher nur unter der gewaltigen last, die sich über ihr aufbaute, geschwiegen hatte, glaubte beinahe an dem unterdrückten Schluchzen zu ersticken, welches so dringend herausbrechen wollte. Doch sie durfte das jetzt einfach nicht zulassen, also schluckte sie kräftig, versteifte sie ihre Gesichtszüge und machte einen zögerlichen, finalen Schritt auf Scar zu. Sie konnte nicht direkt sagen warum sie sich nicht getraut hatte sich direkt zu ihm zu setzten, sondern stattdessen einen kleinen Abstand zu ihm gehalten hatte. Vielleicht lag es an all dem Blut, welches von dem Regen in solchen Mengen weggespült wurde, was Zira so verängstigte. Sie konnte es einfach nicht wirklich sagen. Scar hatte die Augen halb geschlossen, den Blick ins Nichts gerichtet. Entweder hatte er nicht bemerkt, dass sie die ganze Zeit da war, oder er wollte sie ganz bewusst nicht ansehen. Da Zira schwieg, konnte sie ganz genau jeden seiner schwerfälligen Atemzüge hören, konnte regelrecht sehen wie das Blut ihm aus dem Maul und der Nase floss, bei jedem Atemstoß ein bisschen mehr. Er sah so erschöpft aus. Noch nie hatte Zira geglaubt, gehofft, ihn jemals in einer solch erbärmlichen Verfassung sehen zu müssen. Wie falsch sie doch gelegen war. Vorsichtig ließ sie sich langsam zu ihm herab und spürte eine Art Würgreiz in sich hochkommen, als sie all das Blut, vermischt mit dem Regen, der auf sie prasselte, an ihrer Haut, ihrem gesamten Bauch, den Beinen, kleben spürte. Sie saß sozusagen direkt in seiner Blutlache, etwas, was ihr nicht mal in ihren schlimmsten Albträumen je in den Sinn gekommen war. Sie schluckte mehrmals, musste kurz wegsehen, durchatmen, bevor sie vorsichtig ihre warme Pfote auf Scars erschreckend kalte legte. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass Scar sehr viel wärmer gewesen war als sie selbst. Jedes Mal wenn sie sich an ihn geschmiegt hatte, ihm irgendeine Art von körperlicher Zuwendung gegeben hatte, wenn sie nur für sich waren und all die Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten, die sie in der Öffentlichkeit nie zeigen wollten, da war es Zira immer so vorgekommen, dass Scar wärmer war als sie. Das war eine solch schlichte Erinnerung, die da in ihr hochkam, doch im Augenblick erschien sie Zira plötzlich ganz und gar nicht mehr so simpel wie sie gedacht hatte. Im Gegenteil, mit einem Mal nahm sie für sie eine ganz neue Wichtigkeit ein, plötzlich erschien sie ihr so wertvoll. „Scar… Sie… sie sind weg. Du kannst wieder aufstehen.“, flüsterte Zira liebevoll in sein zerbissenes Ohr und versuchte so stark wie möglich zu klingen. Sie wollte etwas gesagt haben, denn sie saß nun schon seit einigen Minuten schweigend neben ihm und wartete nur darauf, dass er jeden Moment aufstehen würde. Doch wenn sie ehrlich war, so erwartete sie nicht wirklich eine Reaktion von ihm. Wenn ihm bereits das Atmen so schwer fiel, wie sollte er dann irgendwas zu ihr sagen? Es zerstörte Zira mit jeder Sekunde die verstrich, Scar so sehen zu müssen. Nach all den Jahren, die sie ihn schon kannte, nach all den Dingen, durch die das Schicksal die beiden geprügelt hatte, nach allem was sie für ihn getan hatte, nach all dem machte all das hier Zira mit jedem Atemzug kaputter. Sie hatte Scar immer als einen sehr starken Löwen, zumindest was seine Emotionen und seine Intelligenz anging, gesehen. Sie lächelte unweigerlich, als sie daran dachte, wie viel Spaß sie doch in so manchen lauen Nächten gehabt hatten, wenn die Welt einfach mal ruhig war, niemand etwas von ihnen wollte, wenn Scar einfach mal seine Ruhe hatte und er nur für sie da sein konnte. Doch dieses kurze Lächeln war augenblicklich wieder verschwunden, als sie von der Kälte seiner Pfote wachgerüttelt wurde. „Scar… Komm, steh auf.“, flehte Zira nochmals. Doch Scar rührte sich nicht und sah stattdessen aus seinen grünen Augen, in denen sich all sein Schmerz widerspiegelte, zu ihr. Wie ein kleines Junges, welches zum ersten Mal von seiner Mutter länger allein gelassen wurde. Nichts an ihm, weder seine zerrissenen Ohren, noch sein Schwanz zeigten irgendeine Art von Emotion. Er lag einfach nur wie ein nasser Sack Kartoffeln da. „Nein Zira“, brachte er schließlich mit großer Anstrengung hervor „Ich wurde ein für alle Mal geschlagen.“ „Nein“, kam ein verzweifelter Versuch des Widerspruchs von ihr „Hör auf sowas zu sagen! Du brauchst nur Futter, ich hab da was für dich gejagt, nur für dich! Steh auf, steh einfach auf, dann zeig ich es dir!“, fiel Zira ihm ins Wort und kämpfte immer stärker gegen die Tränen an. Aber sie blieb, da er nicht reagierte, wo sie war, nämlich in seinem Blut liegen und sah ihm tapfer in die Augen. Er würde schon nicht sterben. Doch er reagierte nicht mal auf ihren Blick. Er brach den Blickkontakt immer wieder ab, er sah immer irgendwo hin, aber nie konnte er den Mut aufbringen ihr in die Augen zu sehen. Er konnte es einfach nicht ertragen, er fürchtete sich vor dem was er in ihrem Blick sehen würde. Doch sie gab nicht so schnell auf, sie bleib bei ihrer Überzeugung, dass er jeden Augenblick aufstehen würde, es zumindest versuchen würde. „Scar, was soll das?“, wimmerte sie, als er nach einigen Minuten, die wieder von dieser Stille gefüllt waren, immer noch nicht aufstand. Ihr kam es wie Stunden vor, die er nun schon am Boden lag. Ihr kam es auch so vor, als ob das Prasseln des Regens ihr das Trommelfell zerreißen würde. „Zira… ich werde sterben.“, keuchte Scar. Und plötzlich sah Zira etwas in seinen Augen, was sie noch nie wirklich an ihm, an ihrem großen, mutigen Scar gesehen hatte, nämlich Angst. Unendliche Angst. Zira wollte immer schon einen Weg finden ihm in allen Einzelheiten klar zu machen, was und vor allem wie viel sie für ihn empfand, doch sie hatte es nie geschafft die Worte zu finden, die alles ausdrücken konnten, was sie sagen wollte. ‚Danke, für alles was du mir gegeben hast, ich liebe dich… so viel mehr als du denkst.‘ Und nun sollte sie Tschüss sagen? Jetzt sollte sie sich für immer von dem Einzigen verabschieden, der ihr je im Leben das Gefühl von Zuneigung, von wirklicher Liebe geben konnte? JETZT sollte sie- das war so absurd. „Nimm das nicht so schwer. Du kommst drüber hinweg.“, erreichte Scars sehr leise und keuchende Stimme Ziras Ohren. Sie konnte sogar so was wie die Andeutung eines gequälten Lächelns auf seinem Gesicht sehen. Es war so schmerzhaft offensichtlich, dass er litt und trotzdem versuchte er zumindest ein Lächeln aufzusetzen. Es war nicht das breite, durchtriebene Lächeln, welches Zira so gerne gesehen hätte, aber es war besser als nichts. Scar drehte die Pfote, auf der Zira ihre hatte ruhen lassen und drückte sie sanft. Schwach. Ja, das traf es besser. „Du kannst d- … D-du…“ Ziras verzweifelter Versuch irgendwas zu sagen, in der Hoffnung ihn dann nicht zu verlieren, ging in ihrem Kampf gegen die Tränen unter. Sie wollte einfach nur seine Anwesenheit genießen, sie wollte sich nicht eingestehen, dass das hier das letzte Mal sein sollte, zu dem sie die Gelegenheit dazu haben sollte. Inzwischen konnte Zira die Tränen kaum noch zurückhalten. Doch sie schaffte es doch irgendwie, nicht loszuheulen. Sie sah hilflos zu ihm und sagte einfach nichts mehr. Jetzt war Zira diejenige, die seinem Blick nicht standhalten konnte. Jetzt war sie die, die das nicht mehr ertragen konnte. Jetzt war sie die, die nicht reden konnte. Scar seufzte bei ihrem Anblick. Zira hasste es, wie resigniert und geschlagen es klang. Sein Seufzen, sie interpretierte… Ach, was war nur los mit ihr? Was sollte Scar denn dagegen tun? „Ich kann das nicht.“, brachte er zittrig hervor. Zira presste ihre Lippen mit aller Kraft zusammen, drückte ihre Zunge gegen den Gaumen und wünschte sie könnte Scar einfach sagen, dass er es schaffen würde, dass er bald wieder auf den Beinen sein würde und die paar Narben die übrig bleiben würden nichts an ihrer Liebe zu ihm ändern würden. Doch dafür müsste sie es doch erst mal selbst glauben. Sie war schrecklich darin Scar anzulügen. Bei jedem anderen Löwen war es kein Problem, aber bei Scar war es unmöglich. Und so lag sie in Stille neben ihm, ohne eine Ahnung was sie hätte tun oder sagen können, um diese schreckliche Situation irgendwie ein bisschen anzuheben. Einzig und allein der Regen war zu hören. Sie hatte keine Ahnung. Aber sie wusste dass sie diese wertvollen Augenblicke, die ihr jetzt noch blieben ausnutzen musste. Sie wollte irgendwas tun, irgendwas was ihm die Schmerzen nahm, aber was war das? Was konnte ihm das Leiden nehmen? Sollte sie ihn etwa umbringen? Nein, das würde sie nicht tun. Das Schweigen hielt an und sie drehte den Kopf wieder. Ihr Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt, was ihr erster Gedanke war, war wohl nicht schwer zu erraten. Vorsichtig leckte sie ihm über die Lippen, um etwas Blut wegzuwischen. Immer wieder. Unaufhörlich, es kam ihr fast schon wie ein Zwang vor. Vielleicht weil sie so das Gefühl hatte etwas Gutes für ihn zu tun, ihm zu helfen. Doch was brachten ihre kleinen Anstrengungen schon? Glaubte sie wirklich ihn so zu retten? Sie platzierte ihre zweite Pfote, welche nicht unter Scars‘ lag, vorsichtig auf seinem Rücken. Sie fuhr damit fort ihm über das Maul zu lecken, auch wenn das ganze Blut welches sie schmeckte, allein schon aufgrund der Menge, in ihr den Drang auslöste sich zu übergeben. Sie hatte natürlich schon mal Scars Blut geschmeckt, wann auch immer er sich mal an einem scharfkantigen Felsen oder ähnlichem wehgetan hatte, hatte sie ihm natürlich auch mal die Wunde geleckt, aber das hier war doch etwas ganz anderes. Hier konnte sie sein Blut, bei den Mengen wie es aus ihm floss, ja fast schon trinken. Doch sie stockte, als er sich plötzlich unter ihr bewegte und den Kopf anhob. „Du bist die Einzige, von der ich das akzeptiere…“, kam es schwerfällig von ihm „Aber du kennst mich, ich bin zu stolz. Ich hab sogar meinen Bruder getötet und doch…“ Er drehte ihr den Kopf zu und ließ den Blick einige Sekunden auf ihr ruhen „…hast dich aber nie darum geschert. Ich habe so ein Glück mit dir, weißt du das?“ Er zog ihre Pfote noch ein Stück näher an sich und legte seinen Kopf auf sie. Es hatte etwas unglaublich angenehmes ihre warme Pfote auf seiner Wange zu spüren. Sie war sowieso schon immer wärmer gewesen als er selbst. Zira schwieg und blinzelte sich verzweifelt Tränen aus den Augen. „Ich hätte nie gedacht, dass mich mal jemand bedingungslos lieben würde. Weißt du wie viel mir das bedeutet?“ Noch mehr Tränen stiegen auf, die Zira eilig weggeblinzelte. „Du bist die einzige, die… der ich je all meine Pläne anvertrauen konnte. Und egal wie verwerflich es war, dir war es egal“ Schweigen „Danke, dass du noch für mich da bist.“ Zira hätte in diesem Moment wirklich losheulen können. WARUM tat er ihr das an? Warum ließ er sie durch diese Hölle gehen, warum sagte er ihr all diese Dinge, warum ausgerechnet JETZT? Jetzt, wo sie stärker als je sein musste, jetzt wo sie sich ein einziges Mal zusammenreißen musste, jetzt wo sie nicht schwach sein wollte? Sah er denn nicht wie schwer er es ihr machte? Natürlich wusste er das. Sie war noch immer voll und ganz damit beschäftigt zum einen die Kälte in Scars Wange zu ignorieren und zum anderen ihre Tränen weiterhin wegzublinzeln, wobei Scar sie jedoch genau beobachtete. Er sah jede einzelne Träne die sie erfolgreich wegblinzelte, er sah jeden Schimmer in ihren Augen, er sah jede einzelne nasse Wimper. Und er war sich ganz sicher, dass sie nicht nur vom Regen nass waren. Ach, sie und ihre wunderschönen Augen. Sie hatte wirklich schöne Augen, schöner als die der meisten anderen Löwinnen. „Zira, ich hab dir-“ Er zog scharf Luft ein und stockte, da er den Schmerz seines zerschmetterten Kiefers ertragen musste „… ich hab dir… Wichtiges zu sagen.“ Der Griff um Ziras Pfote wurde mit einem Mal enger, jedoch auch zittriger und er drückte den Kopf stärker dagegen. Zira ließ ihre andere Pfote währenddessen auf seinem Rücken liegen, auch wenn sie nicht wirklich sagen konnte, ob er ihre Berührung überhaupt als angenehm empfand, immerhin war es eine unvermeidbare Sache, dass sie zwangsweise direkt in seine Wunden fassen musste. „Ruhig… Du kannst nicht reden…“, mahnte Zira ihn und presste sanft die Nase auf Scars Maul. „Nein“, wand er sofort ein und zog seinen Kopf weg „Ich muss…“ Für diese paar Worte hatte sie so viel Selbstbeherrschung aufbringen müssen wie nur möglich, während ihr Blick auf Scars müde Augen traf. Hatte sie jemals das Gefühl gehabt, dass ihr das Herz wortwörtlich gebrochen wurde? Dass, wenn man in ihre Brust gesehen hätte, man tatsächlich ein auseinandergerissenes Herz vorgefunden hätte? So in etwa fühlte sie sich, als sie die Resignation in seinen grünen Augen sah. Er wusste, dass seine Zeit um war, dass es keinen Ausweg mehr gab, dass es vorbei war. Und das allerschlimmste daran war nicht, dass er das wusste. Er hatte es schon geahnt als die Hyänen ihn umzingelt hatten, da war Zira sich sicher. Das allerschlimmste war, dass sie es nun endlich auch langsam einsah. Sie hatte der hässlichen Wahrheit endlich entgegengesehen. Also ließ Zira ihn doch reden. Sie hatte doch gar keine andere Wahl, als ihn reden zu lassen. Er schenkte ihr ein kurzes, angedeutetes Lächeln und stieß einen langen, schmerzhaften, rasselnden Seufzer aus. „Ich weiß, dass ich nicht überleben kann. Ich möchte dass...“ Er stockte und versuchte seinen Atem wiederzufinden „...mach dir keine Sorgen, ich werde schon wieder, hörst du? Lass es doch einfach passieren.“ „Ich weiß nicht, ob ich kann.“, war ihre leise Antwort. Schweigen. ,,Wir sind nicht sehr…“ Er ließ den Blick an ihr herunterwandern „… emotional, was manche Themen angeht.“ Zira zuckte zusammen, als Scar einen ruckartigen Atemzug ausstieß und drückte sich instinktiver näher an ihn. „Aber, ohne dass das jetzt irgendwie seltsam klingt...“ Er ließ den Blick wieder kurz auf ihr ruhen „…ich hab dich immer auf allen Ebenen als durchweg reizvoll empfunden. Als du noch eine Junglöwin warst, mit deiner unreifen Art und deinem kindlichen, unüberlegten Verhalten und mir jemand gesagt hätte, dass du und ich mal…“ Er schmunzelte „…ich hätte denjenigen gefragt wie alt zur Hölle das Fleisch war, das er gefressen hatte. Und als du dann älter wurdest… Ich sag mal, dass so ziemlich alles an dir mehr als begehrenswert war.“, gab Scar zu. Zira spürte zum einen wie ihr das Blut in den Kopf schoss, da sie sich, so schrecklich diese Situation auch war, durchaus geschmeichelt fühlte und zum anderen musste sie sofort wieder schlucken, um diese Kloß in ihrem Hals los zu werden. „Du… Hm. Du warst echt manchmal dämlich zu Anfang, wenn ich dich mit Sarafina und Sarabi zusammen sah. Doch auf einmal verging ein Jahr und du warst so völlig anders. Einfach so. Und mir hat gefallen was rausgekommen ist. Mir hat alles an dir gefallen, dein Gesicht, dein Fell, deine gelegentlich so grantige, reizbare Art… Sogar das Stück von deinem Ohr, welches fehlt. Und deine Augen… Hab ich schon mal gesagt wie sehr ich die mag?“ Sie schüttelte den Kopf und musste kurz nach Luft schnappen um nicht doch in Tränen auszubrechen. Sie wollte es nicht mehr hören, sie wusste nicht wie sie mit all diesen süßen Worten, die er von sich gab umgehen sollte. Sie hatten doch sonst auch nie solche Gespräche geführt… Zumindest nicht in dem Ausmaß. Zira machte einen schwachen Versuch ein kurzes Lächeln hinzubekommen, wobei sie doch nur wieder gegen die Tränen anzukämpfen versuchte. Sie blinzelte schon wieder wie wild und legte den Kopf zurück. „Scar, bitte…“ Zira spürte wie er seinen Griff versteifte, was wohl die leichteste Möglichkeit war, sie zum Schweigen zu bringen. „Du hast schöne Augen. Die schönsten die ich kenn, jetzt weißt du’s.“ Schweigen. „Du wurdest wichtig für mein Leben“, fuhr er fort „Ich wusste nicht wie lange diese ganze Sache mit uns halten würde, aber als du zum ersten Mal Junge erwartest hast, da war das einzige woran ich denken konnte, wenn du jagen warst, ob es dir gut ging. Und ich war ziemlich erleichtert wenn das der Fall war“ Er schmiegte die Wange enger an ihre Pfote „Und immer wenn du auch nur mal von einem Felsen abgerutscht bist oder dir die Pfote verstaucht hast, habe ich mir immer schon das schlimmste ausgemalt. Ich weiß gar nicht ob du weißt wie oft du mich schon wahnsinnig wegen solchen Kleinigkeiten gemacht hast.“ Zira zwang sich zu einem Lächeln, welches irgendwie komisch ausgesehen haben musste, da es mehr eine Mischung aus ehrlichem gerührt sein und einer inneren Zerreisprobe gegen die Tränen war. Sie ließ ihre Stirn gegen seine ruhen und versuchte sich jedes Detail seines Gesichtes merken zu können, von den hohen Wangenknochen bis hin zu dem helleren Fell um sein Maul. Sie nahm jedes Wort welches er sagte auf, in der Hoffnung sie nie mehr zu vergessen, dass ihr Gedächtnis sie für immer behalten würde, obwohl sie nur zu gerne aufgesprungen wäre und ihm ins Gesicht geschrien hätte, dass er endlich ruhig sein sollte, dass sie es nicht mehr ertrug, dass sie nur noch heulen wollte und zwar sofort! Doch natürlich bemerkte Scar ihre Anspannung, natürlich bemerkte er das Zittern ihrer Augenbrauen, als sie ihre Stirn gegen seine drückte und er spürte auch das beben ihrer Lippen, als sie sie mit aller Macht aufeinanderdrückte. Er überlegte was er ihr sagen sollte. „Zira… Du weißt, dass ich nicht auf ewig hier bleiben kann“ Sie drückte den Kopf noch stärker an ihn „Aber lern damit zu leben. Versprich es mir... Dann verspreche ich dir auch was.“ Zira konnte nur stumm nicken. Was sollte sie auch sonst tun? „Egal wo du bist, ich werde immer bei dir sein, ja? Denk immer an die besseren Momente, die wir zusammen hatten. Und denk an deine Sternengeschichte, die du jedem erzählt hast. Nicht dass ich je an irgendwelche von den Geschichte geglaubt habe, aber deine… deine Geschichte war so viel aufbauender als das, was man sonst hört. Bei denen klingt es so als ob man vergessen wird, wenn man nicht grade als König geboren wird. Aber bei deiner Gesichte-“ Und da passierte es zum ersten Mal, dass er einer schmerzhaften Hustenattacke verfiel und dem Tod plötzlich noch ein paar Schritte näher war, als er daraufhin begann Blut zu spucken und nicht daran zu ersticken versuchte. Diesmal war sie es, die den Griff um seine Pfote verstärkte. Zira erschrak so sehr, sie wäre fast aufgesprungen. „Scar, bitte, tu mir das nicht an“, flehte sie mit brüchiger Stimme „…nicht sterben… Ich will nicht dass-“ Sie musste stocken um nicht wegzubrechen „Nicht jetzt! Ni-“ Es war schwer für sie, sich auszudrücken, da die Tränen ihr ständig die Worte abschnitten. Doch sie musste stark sein und hörte einfach auf zu reden,was ihr grade nach der besten Lösung schien. „Ich hab das Gefühl, dass ich dich grade für immer verliere… und…“ Sie schwieg. Okay,kein Reden mehr, verdammt, sie würde das sonst nicht mehr aushalten. Der Regen hatte inzwischen aufgehört. Wortlos begann sie ihm das Maul vom Blut zu säubern, während sie versuchte die aufsteigende Panik in sich abzuschütteln. Sie musste JETZT sagen was sie sagen wollte, denn soeben war ihr bewusst geworden, dass Scar schneller starb als ihr recht war. Sie sah auf, erhob den Kopf in einem armseligen Versuch sich zu sammeln und ihm endlich zu sagen, was ihr grade in den Sinn kam, doch sobald sie das Maul aufriss war es vorbei mit diesem letzten Tropfen Selbstbeherrschung, die sie gehabt hatte. Es war als ob ihr Kopf und all ihre Emotionen, die dabei waren zu platzen, müde davon waren ein Kämpfer zu sein. Es war als ob jemand diese Wand gegen die Tränen, die sie in sich nur mit größtem Druck aufgebaut hatte, ein für alle Mal eingetreten hatte. Es war endgültig zu viel für sie. Sie war stark, keine Frage, aber das was sie gerade durchmachte konnte man in keine Relation setzen. Sie konnte nicht mehr! So viel Schmerz zu spüren, fühlte sich als würde ihr jemand einen Dolch mitten durch das Herz rammen. Sie ertrug das alles nicht mehr, sie konnte dem Druck in ihrem Kopf nicht mehr standhalten, sie brauchte endlich Luft zum Atmen. Sie konnte nicht immer nur stoßweise atmen, nur um ihre Barrikade aufrecht zu erhalten, sie musste es einfach rauslassen. Und als es nun endlich soweit war, war sie so erleichtert, dass die Tränen endlich diesen Kampf gewonnen hatten und ihr Gesicht hinabströmten. „Scar, ich… i-“ Sie wimmerte und biss die Zähne zusammen, als Schluchzer ihren Körper zu durchschütteln begannen. Augenblicklich vergrub sie ihren Kopf, wenn auch nur sehr vorsichtig, in Scars blutverklebter, durchnässter Mähne. Erst überraschte es sie, dass sie, obwohl sie doch gerade all ihrer Trauer Platz gemacht hatte, gar keine Laute von sich gab, doch aufgrund der Tatsache, dass sie erst mal sekundenlang nach Luft schnappen musste, erklang ihr Schluchzen umso keuchender und unregelmäßiger. Zira war fertig mit der Welt. Sie wollte am liebsten nie mehr aufsehen. Sie wollte nur noch bei ihm liegen und diesen Moment einfangen, ihn nie gehen lassen. Sie sog seinen Geruch ein, etwas was sie noch ein letztes Mal tun wollte, jetzt wo sie noch die Chance dazu hatte, jetzt wo sein Geruch noch vorhanden war und sich nicht in Luft auflösen würde. Normalerweise roch Scar so ein bisschen nach Moschus, doch momentan roch Zira nur Angst und Blut. So unglaublich viel von seinem Blut. Panisch umklammerte sie seine Pfote, fester als sie eigentlich sollte und Scar konnte ihre Verzweiflung regelrecht spüren. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, es war ihr egal wie sehr er litt, er sollte bei ihr bleiben! Diese Verzweiflung war egoistisch und gierig, das war es doch, oder? Aber wer denkt denn nicht so, wenn er jemand Geliebtes verliert? ‚Geh nicht, egal wie sehr du leidest, bleib bloß bei mir‘ – Egoismus pur. „Ich… Scar, ich…“, schluchzte Zira und der Schmerz in ihrem Herzen, der gerade Überhand gewann, zog sie mit sich in einen fast schon verstandraubenden Zustand. Und da tauchte er vor ihrem geistigen Auge auf, der Scar wie sie ihn lieber gesehen hätte. Gesund, immer ein bisschen faul, mit dem ständig-gleichen zynischen Ausdruck auf dem Gesicht. Sie wollte einfach wieder den Scar, den sie seit den letzten fünf Jahren gekannt hatte. „Bitte geh nicht…“ Sie wollte die Augen nicht aufmachen. Sie wollte nicht das genaue Gegenteil von all dem sehen, was sie so sehr liebte. Aber die harte, schreckliche Wahrheit ließ sich nicht einfach verleugnen. Denn die Realität ist das, was bleibt, wenn man aufhört daran zu glauben. Und Zira wollte WIRKLICH nicht an das glauben, was da zu ihren Pfoten lag. Zira musste husten, da ihre Tränen und ihr Schluchzen sie fast erstickten. Sie konnte sich nicht daran erinnern jemals so schwer geweint zu haben als genau jetzt, wo sie mit all diesem Schmerz und Trauer erfüllt war. Sie war dabei Scar zu verlieren. Scar, ihren Scar, den Löwen für den sie mehr opfern würde als für sich selbst, den Löwen den sie mit ihrem Leben beschützen würde… Wenn sie es doch nur gekonnt hätte. Sie wollte nicht mal aufhören zu weinen, sie wollte nicht mal sprechen. Sie wollte einfach das tröstende Gefühl seines warmen Fells spüren, wollte ihre Pfote zwischen seiner eigenen und seiner Wange spüren, wollte seine Atmung, egal wie ruckartig sie war, für immer unter sich spüren. Denn es war nun mal die letzte Möglichkeit dazu. Für immer. Für alles. Sie war sich langsam sicher, dass sie hyperventilieren würde. Das ruckartige steigen und fallen ihrer eigenen Brust, als ihr schmerzerfüllte Atemzüge schneller entwichen, als sie Luft einatmen konnte, gab ihr ein Gefühl des Erstickens. „Zira... Mir tut das alles so Leid…“, seufzte er, bereute es jedoch im nächsten Moment. Also das Seufzen. Das tat nämlich weh. Fast so sehr wie atmen. Er hob den Kopf an und sah zu ihr. „Dich so zu sehen...“ Ohne ihr irgendwas zu sagen, fuhr er ihr mit der Zunge über die Schnauze und wischte ihr mit der Nase einige Tränen weg, was jedoch nicht viel brachte. „Hey... Es wird mir gut gehen…“ Ein verzweifeltes Nicken von Ziras Seite. „Ich weiß dass du mir nicht helfen kannst aber… Bitte… Es tut weh dich so zu sehen…“ „Scar...“ „Ich liebe dich, weißt du das eigentlich? Vergiss das nicht. Ich hab es dir viel zu selten gesagt.“, flüsterte Scar und leckte ihr schwächlich über die Pfote, ehe seine Augenlider zu schwer wurden und er sie schließen musste. Zira sah auf, doch eigentlich machte es das nur noch schlimmer. Diese Worte brannten wie Feuer, einfach weil sie wusste, dass es genau damit bald vorbei sein würde. Sie fuhr ihm liebevoll über die Stirn, putze etwas Blut von seinem Pelz, um Beschäftigung zu haben. Und doch war sie völlig hilflos. Sie war nicht mehr die starke, große Löwin. Momentan fühlte sie sich wie ein kleines, hilfloses, schwaches Junges. Sie fühlte sich wie damals, als ihre Mutter starb. Ja. Genau SO. Eigentlich konnte Zira sich glücklich schätzen, das ihre Brüder und ihre Mutter damals einem solch schnellen Tod zum Opfer fielen. Wer weiß, sonst hätte sie wohl eine Schädigung fürs Leben bekommen. Zira schluckte und riss kurz die Augen auf, nur um sie einen Moment später wieder zu schließen und die Stirn gegen Scars zu drücken. Das Zittern, welches ihr durchs Rückgrat schoss, war nicht zu vergleichen mit irgendeiner Art von physischem Schmerz, den sie in ihrem Leben bereist durchgemacht hatte. Lass es doch einfach alles einen Albtraum sein. Warum konnte sie nicht einfach in ihrer Höhle aufwachen und alles war so wie immer? Lass es doch nichts als ein Albtraum sein. Zerstöre diese Realität und mach etwas aus ihr, was ihr nicht so das Herz brechen würde, etwas was nicht so wehtat. Warum konnte sie nicht einfach das erleichternde Wissen haben, dass das ein Albtraum war, dass sie Scar nicht verlor und sie jeden Augenblick aufwachen würde? Warum konnte man ihr nicht einfach einen Teil ihres Lebens zurückgeben?! Warum nahm man ihr den Löwen, der ihr so unfassbar viel bedeutete, der ihr alles bedeutete! Nichts hiervon war fair! Sie würde tausende Meilen zurücklegen, wenn es sein musste und sie würde jeden Elefanten Afrikas persönlich umbringen, wenn es nötig wäre um Scar hier zu behalten! HIER, bei ihr, bei seinen Jungen, Hier her, wo er hingehörte! Das hier alles war doch viel zu früh für ihn, er war doch noch gar nicht so weit. Doch sie konnte die Augen nicht länger schließen, die Wahrheit war nun mal, dass Scars Herz das hier nicht mehr lange mitmachen würde. Diese spitzen, grünen Augen würden irgendwann leer und trüb und sein Körper würde irgendwann schlaff und kraftlos werden. Er würde sie ganz allein lassen, nur sie und ihre Erinnerungen. Er ließ sie allein. Normalerweise würde sie ihn dafür hassen, würde ihm die Augen auskratzen, wenn er das wagen würde, das hatte sie sich mal geschworen, aber wie es eben doch so oft war… war es eben nur dummes Gerede. Akzeptanz war möglicherweise die Schwerste Sache in Scars langsamen Tod. Zira wusste nicht wie lange es dauern würde bis sie es völlig glauben würde, aber wahrscheinlich würde sie es nicht mal merken wenn er tot war. Ziras Verstand war so stur wie ihr Herz es grade war, er hielt an dem fest was er glauben wollte und zwar so lange, bis das unumkehrbare, definitive Gegenteil einbrach. Und noch lebte er ja noch. Wir haben doch alle mal dumme, kindische Meinungen, es liegt in der Natur. Und Zira konnte den dringenden Drang nach Kontrolle eben nicht bekämpfen, sie wollte einfach dass… Ja, dass Scar auf magische Art und Weise irgendwie geheilt wird! Das war erbärmlich, war es das nicht? Vor allem jetzt, wo sich sein Griff merklich lockerte. Ein weiterer Schwall Tränen brach aus ihr heraus und sickerte direkt auf Scars Nasenrücken, und mit einem Mal schien ihr alles zu Laut um sie herum! Ihre eigene Atmung, das kaum merkliche Wehen des Windes, Scars leises Röcheln, einfach alles war viel zu laut geworden! „Du warst das Beste was mir je hätte passieren können. Du warst vielleicht nicht der Erstgeborene oder weiß die Hölle was, aber du bist absolut perfekt für mich. Und mir war diese ganze Königsein-Sache eigentlich nie wirklich wichtig.“, wisperte Zira und biss verhasst die Zähne zusammen, als sie schon wieder glaubte, dass ihr Schluchzen sie wieder niederzuringen versuchte. Sie sank neben ihm völlig zu Boden, die Stirn unter seinen Kopf drückend. Scar öffnete für einen kurzen Moment die Augen, ehe sie wieder zufielen und gab kurz ein fast schon amüsiertes, jedoch kaum hörbares Lachen von sich. Zira konnte regelrecht das Leben aus ihm weichen sehen. Sie konnte regelrecht hören, jetzt wo sie den Kopf an seine Brust gedrückt hatte, wie seine Herzschläge und Atemzüge immer weniger wurden. Es war so als ob alles an ihm einfach wegzuschmelzen begann, als ob sein Körper nur noch ein immer leerer werdendes Gefäß war. Zira hatte schon Angst gar keine Reaktion mehr von ihm zu sehen, da hob er plötzlich den Kopf, jedoch nur um ihn genau da, wo er bereits war, wieder abzusetzen. Sie wollte das nicht mehr wahr haben, sie wollte endlich dass er wieder ins Leben fand, sie wollte nicht allein gelassen werden. Sie hatte doch niemanden sonst. Und wie Zira Scar da so liegen sah, dem Tod so unglaublich nahe, da geschah etwas sehr gefährliches. Aus ihrer Trauer wurde plötzlich Hass. Hass auf denjenigen, der für das hier verantwortlich war, Hass auf den, der Scar erst von dort oben runter geworfen hatte. Hass auf Simba! ER war es doch der Scar in den sicheren Tod geschmissen hatte, alles war Simbas Schuld! Und Zira war nicht dumm, wenn sie einen Hass auf etwas hatte oder sich wirklich eine Lösung zu etwas überlegen musste, dann war sie da durchaus verbissen. Manchmal kamen Einfälle auch einfach so. Und momentan hatte sie einen solchen Einfall. Aber nicht einen dieser guten Einfälle, nicht einer von denen, die sich leicht durchführen ließen und die effektiv waren, es war einer von denen, auf die man nur kam wenn man sich in einer Situation befand, in der einem etwas sehr wichtiges genommen wurde und man die Entsprechende Wut verspürte. „Scar, hör mir zu, bitte hör mir zu“, begann sie unter Tränen, auch wenn sie nicht wusste ob es sich bei um Tränen der Trauer oder Wut handelte „Scar, ich verspreche dir, Ich werde dich rächen! Ich werde es Simba zurückgeben, alles, ich würde alles tun, alles! Ich-“ Sie brach ab und musste sich einen Augenblick zu sammeln, um den Druck, den diese Situation auf sie ausübte, auszuhalten „Ich werde Kovu zum Mörder trainieren, wirklich…“ Sie stockte wieder um unter dieser Situation nicht wegzubrechen „Ja, das würde ich tun!“Das klang vielleicht unmoralisch, aber sie würde es tun. Sie würde doch alles für Scar tun, war das etwa was Neues? Ob Scar das wollte? Man weiß es nicht. Er war geistig schon so weit bei den großen Königen, dass die Geräusche um ihn herum jegliche Bedeutung verloren und er auch nicht sagen konnte was Zira denn eigentlich gesagt hatte. Er hörte noch ihre zittrige Stimme, er spürte noch, ganz lau, ihre tröstende Wärme und spürte natürlich dieses Leid durch das sie sich zwang, doch er hatte absolut keine Ahnung was sie sagte. Er hörte plötzlich Worte, denen er keine Bedeutung zuordnen konnte und sah Dinge verschwinden, die eigentlich noch da sein sollten. Das Blut in dem Zira saß zum Beispiel. Es verschwand einfach. Genau wie sie selbst. Ach bitte nicht. Er wollte zwar dass sie ihn gehen ließ, aber plötzlich wollte er von ihr nicht mehr ablassen. Plötzlich war er es, der sich nach ihr sehnte. Dabei war er doch auch der, der ging. Er schaffte es irgendwie die Nase soweit gegen ihr Bein zu drücken, dass er noch ein letztes Mal ihren vertrauten Geruch einsog, dass er diesen noch ein letztes Mal auf sich wirken lassen konnte, ehe auch dieses Sinnesorgan von ihm ging. „Ich… ich liebe dich, hörst du?“, wisperte Zira plötzlich in sein Ohr. Keine Reaktion. „Scar?“ Sie bewegte kurz ihre Pfote und als sie spürte wie schlaff seine geworden war, wie locker sein Griff sich anfühlte, da brach ihre Welt endgültig für sie zusammen. Nein. Es herrschte Stille als Zira das Ohr gegen Scars Brustkorb presste und kurzzeitig hatte Zira die Kraft sich derartig gewalttätig in Scars Pfote zu krallen, dass sie sich sicher war, dass er, wenn er denn bitte noch lebte, wieder zu Bewusstsein kommen musste durch den Schmerz. Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen. „Nein, bitte nein…“, brach es aus ihr raus und wenn sie es nicht besser wüsste, so war sie sich ganz sicher, brach ihr das Herz grade ein zweites Mal in dieser Nacht. Der Schmerz schellte augenblicklich mit einer solchen Heftigkeit durch ihre Seele und ihre Augen versanken in den Tränen, die ihr wieder die Sicht nahmen. Seltsamerweise konnte sie ihre Stimme nicht finden, egal wie gerne sie denn geschrien hätte. Und das war alles was sie tun wollte. Sie wollte schreien. Nicht einfach weinen, sie wollte sich die Seele aus dem Leib schreien. Doch alles was sie zustande bekam war ein zittern. Alles was sie konnte war, die Zähne zusammenbeißen und ihren Tränen wieder freien Lauf lassen, während sie den Kopf irgendwo in Scars dunkler Mähne vergrub und nichts anderes hörte, außer ihr eigenes Keuchen. Er war tatsächlich tot, er, er… er hatte es sich erlaubt sie einfach allein zu lassen. So viele Emotionen schwammen Zira durch den Kopf, so viele verschiedene Gefühle, Angst, Hass, Trauer, Wut, Verzweiflung, Panik, wollten gleichzeitig herausplatzen, woraufhin Zira sich in einer Art Starre wiederfand. NICHTS konnte grade durch, sie hielt den Atem an und nichts schaffte es aus ihr heraus zu kommen. Es war als ob es sie gleich zerreißen würde. „Mutter? Vater?! Wo seid ihr?!“, schrie plötzlich eine Stimme, die es wagte sie aus ihrer Starre zu reißen. Nuka! Er hatte wohl das Feuer gesehen und war in seiner Angst zum Königsfelsen gerannt. Wahrscheinlich waren die anderen Löwinnen auch mitgekommen,jedoch erst mal zu Sarabi gegangen, um sich das alles erklären zu lassen. Egal was war, ihrem Nuka ging es gut! Sie hatte ihn fast schon vergess- „Nuka! Wo sind Vitani und Kovu?!“, rief sie aus und konnte nun die erste Emotion rauslassen: Panik. „I-ich hab sie in eine kleine Höhle unter dem Königsfelsen gebracht, der neue Löwe hat mir Angst gemacht.“,antwortete ihr Sohn ängstlich. „D-du hast… Gut gemacht Nuka, gut gemacht, komm her.“ Zira sprang augenblicklich auf und lief eilig auf Nuka zu. Sie wollte nicht dass er seinen Vater sehen musste und wenn sie ganz ehrlich war, so konnte sie es gerade auch nicht länger ertragen. „Nuka, komm, wir zwei gehen jetzt in die Höhle zu deinen Geschwistern, das hast du so gut gemacht ich…“ Sie schwieg nun, packte Nuka am Kragen, auch wenn sie noch immer am ganzen Körper zitterte und lief mit ihm so schnell es ihre Beine zuließen in die kleine Höhle. Diese dumme, kleine Höhle, in der sie und Scar früher immer so oft ihre Zeit verbracht hatten. Zira setzte Nuka am Boden ab und legte sich zu Kovu und Vitani, welche beide ruhig schliefen. Ihnen war zumindest nichts passiert. „Mutter…“, meldete sich Nukas piepsige Stimme plötzlich kleinlaut und er setzte sich vor sie, auch wenn er irgendwie Angst hatte sie zu fragen was los war. Sie hatte geweint, das ließ sich gar nicht bestreiten und Nuka wusste nicht wie er darüber denken sollte. Seine Mutter hatte noch nie geweint. „J-ja?“, gab Zira zittrig von sich und spürte plötzlich wieder alles in sich hochkommen. Nuka war vorhin eine hilfreiche, aber nur kurzweilige Ablenkung gewesen, aber die angestauten Gefühle waren noch immer alle da. „Wo ist denn…“ Nuka hatte noch nicht mal zu Ende gesprochen, da platzten einfach alle anderen Emotionen aus Zira raus. Ohne jegliche Vorwarnung drückte Zira ihren Sohn gegen sich und brach ihm dabei aber wahrscheinlich fast das Genick. Nuka war völlig überrumpelt von der plötzlichen Zuneigung die ihm zuteil wurde und wenn die gesamte Situation ihm nicht so viel Angst gemacht hätte, wenn seine Mutter nicht so schrecklich viel geweint hätte. Vielleicht hätte er diesen Moment dann sogar genießen können, vielleicht hätte er sich über die Zuwendung freuen können. Doch momentan hatte er ganz einfach Angst. Seine Mutter weinte und das hatte er noch nie gesehen. Und mal ehrlich, Nuka war einfach nur ein kleines Junge, ein kleines Junge was in seiner Mutter immer die stärkste Löwin auf Erden gesehen hatte. Wen also verwunderte es, dass ihre plötzliche Schwäche ihn beängstigte? Zira jedoch war es absolut egal. Sie brauchte einfach jemanden der bleiben würde. Sie brauchte genau jetzt jemanden der einfach nur für sie da war. Nuka musste nicht mal was sagen, sie wollte einfach nur, dass er blieb wo er war, wie er war, dass er am besten nie groß werden würde. Sie brauchte einfach jemanden um sich herum, der die sichere Bestätigung war, dass es weitergehen musste und dass man sie brauchte. Sie hatte Nuka unglaublich lieb, das wusste er, aber in grade eben war Zira bewusst geworden WIE wichtig er ihr eigentlich war. Sie durfte weder ihn noch Vitani jemals verlieren, das war ihr grade auch wieder klar geworden. Sie wusste, dass sie sie liebte, aber jetzt wurde sie schmerzhaft daran erinnert wie sehr eigentlich. Sollte sie auch nur einen der beiden jemals verlieren, würde sie sich das nie verzeihen. Einige Stunden später sah Zira mit glasigem Blick und einem verräterischen Glitzern in den Augen in den endlosen Sternenhimmel, der sich am Höhleneingang aufmachte. Die Wolken hatten sich inzwischen völlig verzogen, es regnete gar nicht mehr. Sie bemerkte dabei nicht, wie Nuka und Vitani sich im Schlaf an Zira klammerten und sie bemerkte auch nicht den hellen, einsamen Stern am Nachthimmel, Zira hatte einzig und allein einen Gedanken im Kopf herumschwirren: Scar rächen. Sie sah zwischen ihre Pfoten und leckte dem schlafenden Nuka vorsichtig über die Wange. Seit Nuka vor ein paar Stunden eingeschlafen war, nachdem sie sich endlich wieder gefasst hatte, schwirrte ihr nur noch ein Gedanke durch den Kopf. Sie hatte noch immer Kopfweh und sie zitterte leicht, doch sie hatte nicht mehr die Kraft auch nur noch eine einzige Träne zu weinen. Es war als ob all ihre Tränen aufgebraucht wären. Und sie würde ihr Versprechen halten. Kovu würde Simba töten, früher oder später. Dafür würde sie höchstpersönlich sorgen. Es gab nur eine Sache die sie besser machen musste: Sie müsste kälter werden. Sie wusste dass sich diese bestialische Gefühllosigkeit bei der Jagd auf Beutetiere voll und ganz bezahlt machte, warum sollte es nicht auch helfen Simba zu töten. Kovu würde sie es schon beibringen, schließlich hatte sie selbst das Zeug dazu! Und zumindest sie würde KEINE Schwächen mehr zeigen, nie mehr! Heute Abend war das letzte Mal, dass sie geweint hatte. Danach war es vorbei mit Angst, mit Trauer, mit… Liebe. Sie würde es sich für eine gewisse Zeit nicht mehr leisten können. Es gab nur einen den Zira liebte und der war weg. Der war einfach gegangen. Aber gut. Simba wollte Gerechtigkeit? Die konnte er haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)