Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 1: Aus vier mach eins ----------------------------- Stille war das schönste was die Löwin mit dem schwarzen Aalstrich unter der Akazie an diesem Nachmittag zu hören bekam. Kisamba hatte von allem anderen nämlich gehörig die Schnauze voll. Es war einer dieser sengend heißen Tage in der afrikanischen Dornsavanne, der die Luft zum Flimmern brachte. Zudem war Trockenzeit und die Tiere hatten mit dem Wassermangel zu kämpfen, der immer schlimmer wurde. Es bereitete Kisamba nicht nur wegen ihres Rudels Sorgen, vor allem bekümmerte es sie wegen ihrer Jungen. Sie waren noch zu klein um sicher sein zu können, dass sie die nächsten Monate überleben würden, aber sie würde alles daran setzen, dass dem so war. Sie hatte den Kopf auf den Pfoten aufgestützt und beobachtete mit ihren roten Augen aufmerksam die Umgebung. Es tat gut auch mal alleine, ohne das Rudel zu sein, nur sie und ihre Jungen. Nicht wirklich die größten oder stärksten Löwenkinder im Rudel, aber sie schlugen sich gut durch. Vielleicht würde ihr Stolz für sie irgendwann doch berechtigt sein, denn momentan waren sie eher… durchschnittlich. Dafür dass es ihr erster Wurf war, war sie doch eine ganz gute Mutter, zumindest war das ihr Empfinden. Und bisher hatten sich ihre Jungen auch noch nicht sonderlich beschwert, außer ihrer gelegentlichen Proteste gegen das geputzt werden. Kisambas Blick schweifte zur Seite ab, wo bis eben einer ihrer Söhne durch das Gras geschlichen war. Er sah seinem Vater manchmal recht ähnlich, wenn er die Ohren so an den Kopf drückte und diesen neckischen Blick aufsetzte. Doch Kisamba wollte daran gar nicht denken, sie wollte sich nicht mal vorstellen, dass ihr süßer, kleiner Sohn auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit mit seinem Vater hatte. Er hatte ihr schließlich deutlich gesagt, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, als er herausgefunden hatte, dass sie trächtig war und im Nachhinein war das das Beste was ihr hätte passieren können. Wenn er kein Interesse mehr an ihr oder gar seinen eigenen Kindern hatte, bitte. Sie jedenfalls bekam von ihren Jungen mehr zurück, als sie ihnen je geben könnte, kein Bisschen wir ihr Vater. „Ich krieg dich, ich krieg dich!“, riss sie plötzlich eine Stimme aus ihren Gedanken. Ein kleines, braungraues Löwenjunges rannte übermütig seinem Bruder hinterher. „Niemals, du dreckiger Schakal!“, rief dieser ihm über die Schulter entgegen. Kisamba lächelte zufrieden. Waren sie nicht liebeswert? „Tamu, sei nett zu Serangi! Schaut euch eure Schwester an, die ist ein liebes Mädchen. Nicht, Kleines?“, fragte Kisamba und sah zu ihrer Tochter, die gerade hinter der Akazie auf sie zukam. Zira war ein Schatz, so viel pflegeleichter als ihre Brüder. Aus ihr würde mal eine äußerst durchsetzungsfähige Löwin werden, da war Kisamba sich sicher. Sie war mehr wie sie selbst, manchmal fast schon ein bisschen zu gehässig für ihr Alter, aber zumindest schien irgendwer von den dreien nach Kisamba zu kommen… und irgendwer musste ja einen Anflug von Reife zeigen. Tamu jedoch lachte spöttisch auf. Er sah seinem Bruder sehr ähnlich, einzig und allein der dunkle Punkt auf seiner Stirn verriet auf den ersten Blick, dass er eben Tamu war. „Ja Mami, du hast recht, ich bin viel braver als die beiden!“, rief die kleine Zira jedoch überheblich aus und schmiegte ihren Kopf an den Pfoten ihrer Mutter. „Jungs, es ist zu heiß um rumzurennen. Wir haben Mittag. Legt euch lieber in den Schatten.“, meinte Kisamba nun ernst und blinzelte, als die Sonne sie einen Moment blendete. Zira folgte ihrer Anweisung sofort, schließlich kamen auch ihre Brüder angerannt. „Ich bin viel schneller als du, Tamu!“, prahlte Serangi und sprang seiner Mutter mit ausgefahrenen Krallen an den Hals. Es tat kurz weh, aber inzwischen war sie es so gewohnt von ihnen taktiert zu werden. Solange es nicht zu heftig war und sie noch so klein waren, war es ja auch in Ordnung. Bis dahin ertrug sie es mit einem gequälten Lächeln. „Gar nicht! Zudem bin ich ein bisschen älter als du!“, rief Tamu aus und sprang seiner Mutter ins Kreutz. „Tamu, das tat weh!“, fauchte Kisamba und schlug vor Schmerz die Krallen in den Boden. Genau das meinte sie mit zu heftig. „Du kennst die doch.“, lachte Zira nur und legte sich ihrer Mutter mit einem unschuldigen Lächeln zwischen die Pfoten und hob das Kinn hoch. „Und jetzt mach mich sauber!“ „Wie war das?“, hakte Kisamba streng nach und zog vielsagend die Augenbrauen hoch. „Mach mich bitte sauber.“, korrigierte Zira sofort und schmiegte beschwichtigend den Kopf an ihre Mutter. Kisambas Mine entspannte sich wieder und sie machte sich kommentarlos daran ihre Tochter zu putzen. Eigentlich war sie nicht allzu dreckig, aber sie genoss es zu sehr um das nicht in Anspruch zu nehmen und wenn Kisamba ehrlich war, dann wollte sie das noch so lange ausnutzen wie nur möglich. Sie merkte mit jedem Tag der verging, wie schnell ihre Jungen groß wurden und es war für ihren Geschmack einfach zu schnell. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem auch Zira nicht mehr geputzt werden wollte. Aber dieser Tag war nicht heute. Es dauerte einige Zeit, bis Kisamba sie vollständig geputzt hatte und als sie schließlich aufhörte, stand Zira fast schon enttäuscht und wesentlich müder als zuvor auf und legte sich an das Hinterbein ihrer Mutter. Sie wollte lieber etwas Abstand zu ihrem Kopf haben, denn sie wusste was jetzt gleich passieren würde. „NEIN! Mutter! Ich will nicht, nein!“, rief Serangi aus und wollte flüchten. Zu spät. Kisamba hatte ihn schon am Kragen gepackt und klemmte ihn fest zwischen die Pfoten. Sie ließ sich doch nicht von einer halben Portion von irgendwas abhalten. „Lass das! Meine Mähne!“, fauchte Serangi erneut und begann hektisch rumzuzappeln. Er mochte ja gut darin sein sich aus Dingen herauszuwinden, aber sie war besser darin ihn festzuhalten. „Welche Mähne?“, fragte sie nur gelichgültig und machte unbeirrt weiter. „Mama! Ich bring dich um wenn auch nur ein Büschel Fell fehlen wird!“, brüllte Serangi so laut er nur konnte. Erneut folgte keine Reaktion von Kisambas Seite. Währenddessen gesellte sich Tamu zu seiner Schwester und alle beide beobachteten das Geschehen amüsiert. Sie lachten hemmungslos während ihre Mutter Serangi fast erdrosselte, um ihn festzuhalten. Irgendwann würde sie ihn entweder mal erwürgen oder er würde an seinem eigenen Dreck ersticken. Beide tippten übrigens auf Zweiteres, denn ihre Mutter würde keinem von ihnen jemals auch nur ein Haar krümmen. „So, fertig!“, rief Kisamba schließlich erschöpft aus und erlöste Serangi von seinen Qualen, ehe sie Tamu zu sich holte. Dieser war wesentlich einfacher zu baden als sein Bruder. Zwar genoss auch er nichts hiervon, aber zumindest ließ er es über sich ergehen. Tamu war auch eindeutig Ziras Lieblingsbruder, er war nicht so nervig und reizbar wie Serangi. Zira war schließlich selber manchmal ein ziemlicher Hitzkopf, weshalb zwischen ihr und Serangi manchmal ziemliche Spannungen herrschten. „Na, hattest du Spaß?“, fragte Zira süß grinsend, wofür sie nur ein genervtes Schnauben von ihm erntete. „Ach, sei bloß still!“ „Ach, sei bloß still!“, äffte Zira in nach und verdrehte die Augen. „Zira!“ „Zira!“ „Hör auf!“ „Hör auf!“ „He, ruhig, alle beide!“, knurrte Kisamba nun mit schlagendem Schwanz und warf den beiden einen warnenden Blick zu. Konnten sie sich nicht streiten, wenn die Mittagsonne sie nicht lebend kochte? Sie schwiegen nun tatsächlich, warfen sich aber dennoch ein paar böse Blicke zu. Als Kisamba schließlich auch Tamu zu Ende geputzt hatte und sich zwischen seine Geschwister legte, kam jedoch sofort sowas wie Ruhe über sie. Es entspannten sich endlich genug um einzudösen, doch Kisamba gelang dies nicht wirklich. Sie gab kaum mehr Milch und obwohl ihre Jungen bereits Fleisch fraßen, wäre es nicht verkehrt gewesen, wenn sie noch länger Milch bekommen hätten. Was wenn es ihnen schadete jetzt schon nur Fleisch zu fressen? Sie jedenfalls war sich sicher, dass sie in dem Alter noch nicht so weit gewesen war. Die anderen Jungen im Rudel bekamen doch auch noch Milch, aber bei ihn kam einfach nichts mehr. Vielleicht machte sie sich aber nur unnötige Gedanken, denn ändern konnte sie sowieso nichts mehr daran. Ihr Blick fiel auf die drei schlafenden Geschwister, die sich inzwischen an sie gedrückt hatten und sie konnte nicht anders als jedem von ihnen erneut über den Pelz zu lecken. Sie liebte sie so viel mehr als sie es ahnten und manchmal machte es sie fast schon wahnsinnig zu sehen wie klein und hilflos sie eigentlich waren und einfach da herumlagen und schliefen. Sie wären so leichte Beute für jeden, aber sie war ja da und solange das der Fall war, waren sie sicher. Kisamba stellte sich oft vor wie es vielleicht mal seien würde, wenn sie mal ihre eigene Beute schlagen könnten, wenn Serangi und Tamu das Rudel verlassen würde oder wenn Zira eines Tages einen eigenen Wurf hatte. Es kam noch so viel auf sie zu und sie fand es fast schon beängstigend nur zu wissen, dass es passieren würde. Ein Windstoß brachte eine kühle Brise an sie heran und für einen Moment genoss Kisamba das in vollen Zügen. Der Augenblick war jedoch so schnell vorbei wie er gekommen war, denn irgendwas roch sie. Dieser Geruch kam ihr nur selten unter die Nase, weshalb sie sich auch nicht sofort sicher war. Es war schwer zu beschreiben, zu selten roch sie das, deswegen war es auch so auffällig. Aber da war was, sie war sich ganz sicher! Sie setzte sich auf und lauschte angestrengt in eine Richtung. Die Anspannung wuchs allmählich und ihr Instinkt meldete ihr Gefahr. Es war ja nicht einfach nur ein Gefühl, sie konnte es regelrecht riechen, doch sie wusste nicht genau was es überhaupt war. Zu eigentümlich war dieser Geruch. Er kam ihr so bekannt vor… nur von wo? Sollte sie es riskieren liegenzublieben? Es machte sie beinahe wahnsinnig keine sichere Antwort auf diese Frage zu wissen! Sie war eine Löwin, aber irgendwas hieran bereitete sogar ihr so viel Unbehagen, dass sie nur noch verschwinden wollte. Und damit war ihr Entschluss gefasst. „Kinder aufstehen!“, rief sie, erhob sich angespannt und sah nervös zu ihnen. „Mama, was denn?“, fragte Tamu verschlafen. Er hatte grade eben so schön geträumt, er wollte nicht aufstehen, das war ungerecht. Die ganze Welt war ungerecht! „Zurück zum Rudel, sofort!“, befahl sie ohne jegliche Erklärung abzugeben. „Was ist?“, fragte Zira und sah im Halbschlaf zu ihr auf. Sonst hatte sie es doch nicht so eilig irgendwo hin zu kommen, das erschien ihr verdächtig. „Keine Zeit! Los Zira, los!“, rief ihre Mutter und lief voraus. Tamu und Serangi hatten schon Probleme mit ihr Schritt zu halten, doch Zira war noch zu müde um überhaupt richtig zu laufen. „Nicht so schnell“, rief sie weinerlich und spürte die ansteckende Unruhe, die Kisamba ausstrahlte. Langsam wurde auch sie nervös und sie wusste nicht mal warum. Irgendwas stimmte nicht, das merkten auch Serangi und Tamu, wagten es jedoch nicht etwas zu sagen. Kisamba sah sich hektisch nach ihrer Tochter um und machte kurz kehrt. Sie würden so nicht schnell genug voran kommen und sie musste eine Entscheidung treffen. „Es tut mir leid Zira, aber du bist zu langsam.“, sprach sie ernst und sah sich um. Das Gras war hoch und da hinten… Oh, das sah vielversprechend aus. „Hör zu, du wartest einfach hier, hinter diesem Gebüsch. Wenn ich deine Brüder zum Rudel gebracht habe, hole ich dich. Und jetzt keinen Mucks, ja?“ „Ja Mami, versprochen! Ich werde kein Wort sagen. Du…“ Sie druckste ein wenig rum, doch Kisamba hatte keine Zeit dafür. Sie hatte eigentlich für gar nichts Zeit. „Ja?“, hakte sie stattdessen nach. „Ich hab dich lieb.“, meinte Zira lächelnd. Sie wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund hatte sie das plötzliche Bedürfnis, ihrer Mutter so was zu sagen, einfach so, ohne jeglichen Anlass. „Ich liebe dich auch Zira.“, erwiderte Kisamba liebevoll, schleckte ihrer Tochter über das Gesicht und schmiegte ein letztes Mal ihren Kopf an Ziras. Sie wussten nicht, dass es das letzte Mal sein würde, dass sie einander sahen. Dann lief Kisamba mit großen Schritten zurück zu Tamu und Serangi, die noch immer unruhig auf dem Trampelpfad warteten. Zira hörte noch das amüsierte Lachen ihrer Brüder, als sie mit ihrer Mutter nach Hause hetzten. Sie hätte gerne gehört worüber sie sich unterhielten, aber wahrscheinlich hätte sie das sowieso vergessen. Denn was nun geschah ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Es knallte. Sie wusste nicht was und sie hatte es auch noch nie so gehört, aber es gab einen lauten Knall und dann wieder Stille, nur ganz kurz. Das war alles was es brauchte um ihr Leben völlig zu zerstören, ohne die geringste Anstrengung. Sie hätte sogar aufgeschrien, doch ihr blieb der Atem regelrecht im Hals stecken. Der Schreck darüber war so groß, dass sie nicht mal merkte, dass sofort noch zwei weitere folgten. Das Geräusch hallte trotzdem noch lange in den Ohren der kleinen Löwin nach, obwohl längst wieder alles ruhig war. Es war so als ob nie etwas gewesen wäre und für einen kurzen Moment kam ihr sogar der Knall so weit weg vor, als ob es nie passiert wäre. Sie wollte glauben, dass dem so war und sie wollte sich an das halten was ihre Mutter gesagt hatte, denn bisher hatte sie immer recht mit dem gehabt, was sie sagte. Ihre Mutter hatte schließlich immer recht, das war bei Müttern so, es musste auch diesmal so sein. Also blieb sie sitzen, so wie befohlen und tat gar nichts. Einzig das Zittern verriet sie, doch sie kämpfte dagegen an. Und gegen die Tränen und die Panik. Ihre Mutter würde kommen, sie kam immer. Zira spürte den Kloß in ihrem Hals immer größer werden, je näher die Sonne dem Horizont kam. Nachts kamen die Schakale und Hyänen aus ihren Verstecken und fraßen kleine Löwen… Das hatten die anderen Löwinnen im Rudel erzählt und ein ersticktes Schluchzen brach aus ihr heraus. Sie hatte noch nie eine Nacht alleine verbracht, was wenn es stimmte und eine Hyäne sie fand? Ihr Blick blieb an der untergehenden Sonne kleben und als die Dämmerung immer dunkler wurde, entschied Zira das schlimmste zu tun, was sie je gemacht hatte: nicht auf ihre Mutter zu hören. Sie wusste nicht mal ob sie sich vor dem Ärger den sie hiervor bekommen würde oder vor den hungrigen Räubern mehr fürchtete, doch sie traute sich geduckt aus dem Gebüsch heraus und hastete so schnell wie möglich in die Richtung, in die ihre Mutter gegangen war. Sie wusste nur circa wo das Rudel war, da der Lagerplatz ständig wechselte. Jedenfalls hatte sie keine Ahnung wohin es ging. „Mama…“, raunte Zira ängstlich. Ihre Stimme versagte jedoch bald. Sie wusste, dass das was sie hier tat verboten war, aber sie hätte sich die Welt auch nicht so groß vorgestellt. Jetzt, wo sie völlig allein war, war die Welt auf einmal so bedrohlich. Sogar das hohe Gras, durch das sie zuvor noch gehüpft war, schien plötzlich die Größe von Bäumen zu haben! Aber eigentlich war das doch viel kleiner wenn ihre Mutter dabei war. Vorsichtig folgte Zira dem schwachen Geruch Kisambas, durch das Gras und fand schließlich wonach sie suchte. Sie wünschte sich zum ersten Mal in ihrem Leben, ihre Mutter nicht entdeckt zu haben. Der Geruch von Verwesung und geronnenem Blut hing plötzlich in der Luft und alles was Zira sah waren das paar matte Augen, das zu ihr herüber starrte. Ihre Mutter lag tot auf dem Boden und dicht neben ihr lagen Serangi und Tamu. Es gab keine Anzeichen auf einen Kampf, kein plattes Gras, keine Fellbüschel, nur eine einzige Wunde in ihrem Kopf, aus der sie stark geblutet hatte. Für einen ganz kurzen Moment konnte sie nicht einordnen was passiert war, doch der Augenblick verflog so schnell wie er gekommen war. Bei ihren Brüdern war es nicht anders, doch Zira rannte ohne sie länger als nötig anzusehen an ihnen vorbei und drückte sich gegen ihre Mutter. Sie schaffte es nicht mehr auch nur ein einziges Wort zu sagen ehe die Tränen völlig unkontrolliert aus ihr herausbrachen und in ihrem Fell versickerten. Sie sagte nichts, denn sie hatte inzwischen oft genug von weitem den Löwinnen beim Jagen zugesehen um zu wissen was los war. Erst jetzt bemerkte sie, was man ihr noch angetan hatte und sofort wand sie den Blick ab, aus Angst sich sonst zu übergeben. Sie konnte es nicht mal mehr ertragen ihrer Mutter noch ins Gesicht zu sehen. Ihr Kiefer war blutig und gebrochen und ihr fehlten Zähne. Und ihre Pranken waren einfach weg. Abgeschnitten und verschwunden. Ganz langsam realisierte Zira, was das hier für sie bedeutete. Ihre Familie war tot und sie hatte niemanden mehr. Sie versuchte irgendeinen klaren Gedanken zu fassen, irgendeine letzte Reaktion ihrer Mutter zu erzwingen, etwas zu sagen, doch die Schluchzer schnitten ihr immer wieder die Worte ab. Sie sah nichts mehr durch ihre tränenverhangenen Augen und sie war froh darüber. Was auch immer das war hatte ihrer Mutter das Gesicht zerrissen und sie musste es sehen. Wie sollte sie das je vergessen, wie konnte sie? Sie versuchte erneut einen Blick auf Kisambas Gesicht zu werfen, doch der verschobene, völlig grotesk anmutende Kiefer ließ sie so falsch aussehen. Alles an ihr fühlte sich falsch an. Sie lag da direkt vor Zira, steif und kalt und alles an ihr sah so matt aus. Es machte Zira Angst, von den Hyänen und Schakalen abgesehen. Die würden Zira gleich noch mittöten, sie wusste es. Ihre eigene Körperwärme schaffte es eine kleine Stelle an Kisambas Bauch warm zu halten und wenn sie die Augen schloss und sich mit aller Macht vorstellte, dass all das nicht passiert war, dann fühlte es sich fast an wie früher. Vor einigen Stunden. Das kam ihr alles so falsch vor. Es war nie so gewesen, es durfte so nicht sein. Ein Geräusch erregte Ziras Aufmerksamkeit, woraufhin sie glaubte, dass ihr gleich das Herz aus der Brust sprang. Das Blut schoss ihr in den Kopf und sie versuchte möglichst leise zu atmen. Sie saß nun schon seit Stunden hier und die Nacht brach allmählich ein, was alles nur noch schlimmer machte. In der Dämmerung entdeckte sie irgendein Tier, was sie noch nie zuvor gesehen hatte. Es erinnerte sie irgendwie an die Paviane, die sie manchmal in den Bäumen gesehen hatte, jedoch viel, viel größer und das Fell war nicht so seltsam. Sie sah dieses Tier zum ersten Mal und sie glaubte nicht daran, dass es sie am Leben lassen würde. „Das darf doch nicht wahr sein! Und die Jungen…“, murmelte das fremdartige Tier und jetzt konnte Zira auch erkennen, dass es ein nacktes Gesicht hatte. Einzig das Fell auf seinem Kopf war länger. Das musste wohl tatsächlich ein Affe sein, Zira konnte kleine Ohren und lange Finger an dem Tier erkennen. Vielleicht hörte es sie ja nicht und würde sie einfach in Ruhe lassen. Es war für einen Moment wieder still. Zira hatte sich zwischen Kisambas Vorderbeine, an ihren Brustkorb gequetscht und versuchte sich regelrecht im matten Fell zu versinken. Jedoch war der Körper steif und unnachgiebig geworden und es ließ Zira erzittern. Sie würde sterben. Sie durchlebte Todesangst und schaffte es nicht mal mehr sich zu bewegen. Es war als ob ihr Kopf leer war. Nichts kam ihr mehr in den Sinn, sie wusste nicht woran sie denken sollte außerdaran, ihre Atmung ruhig zu halten. Doch je länger das hier ging umso schwerer fiel es ihr sich zusammenzureißen. Es war zu viel Druck und die Angst bemerkt zu werden war das schlimmste. Zira hatte sich nie als Beute gefühlt, sondern als Jägerin und die allgegenwärtige Präsenz ihrer Mutter hatte ihr immer das Gefühl von Unantastbarkeit gegeben, so als ob nichts und niemand ihr je Leid zufügen könnte. Nie war ihr in den Sinn gekommen, dass es mal anders sein würde. Das fremde Tier sah sich immer noch Kisamba an, doch schien nicht mal zu versuchen sie zu fressen. Sie sah sie einfach nur an und dann, ganz zufällig entdeckte sie Zira. „Oh… Oh je, na komm her.“, säuselte sie mitleidig und streckte die Hand nach Zira aus. Sie berührte sie schon fast und das war der Moment, in dem es Zira zu viel wurde. Sie vertraute ganz bestimmt keinem Affen und schlug stattdessen fauchend mit ausgefahrenen Krallen nach ihr. Sie würde nicht kampflos aufgeben! Doch die Wirkung war nicht allzu vielversprechend. „Sehr nett, ich bin Linda.“ Sie lachte einfach nur amüsiert und machte ohne Umschweife einen zweiten Versuch das Löwenjunge anzufassen. Diesmal packte Linda sie jedoch wesentlich fester im Nacken und nahm sie mit weit von sich gestreckten Armen mit sich. Zira versuchte noch sich dagegen zu wehren, doch der Griff wurde fester und sie schaffte es kaum mehr sich zu bewegen. Ein letzter tränenverhangener Blick auf das was von ihrer Familie übrig war, war alles was ihr vergönnt blieb. Kapitel 2: Hunde ---------------- Seit drei Tagen saß sie jetzt schon in diesem Käfig und inzwischen hatte sie aufgegeben dagegen zu kämpfen. Es gab kein Entkommen und das obwohl sie schon alles ausprobiert hatte. Sie wollte über den Zaun klettern, sich durchgraben oder ihn einfach durchbeißen, aber nichts hatte Erfolg. Sie war auch zuvor noch nie eine Nacht durchgehend wach geblieben, aber auch das änderte sich. Doch das schlimmste, von der Gefangenschaft mal abgesehen, war das diese Lina, die sie mit sich genommen hatte, sie nicht verstand. Auf kein einziges Wort ging sie ein und immer dieses anfassen… Jeden Tag nahm sie sie auf den Arm, ungeachtet Ziras Bemühungen dies zu verhindern. Sie hatte lediglich herausgefunden, dass Linda ein Mensch war und die Welt in der sie lebte, war Zira völlig fremd. Sie benutzte Werkzeuge und andere Dinge zu ihrem Vorteil, jedoch ganz anders als die Paviane von denen sie es kannte und so gesehen war das noch ein zusätzlicher Faktor, warum sie Zira unheimlich war. Sie hatte unfassbare Angst. Alles sah fremd aus, alles roch fremd, alles war fremd und Zira war ganz allein. Und ihre Mutter war tot. Und ihre Geschwister waren tot. Und ihr Rudel würde sie nie mehr wieder sehen und sie hatte sich noch nie zuvor so verloren, allein und hoffnungslos gefühlt. Das einzig gute war, dass man Ihr Futter gab. Anfangs noch Milch, doch sie rührte es nicht an. Also gab sie sich mit Fleisch zufrieden und auch wenn sie zuerst aus reinem Trotz nicht wollte, so wusste sie auch, dass sie das hier nur überleben würde, wenn sie stark war. Sie musste einfach überleben, denn so zu enden wie ihre Brüder und ihre Mutter war so unfassbar beängstigend, dass es sie bis in ihre Träume verfolgte. Sie konnte nicht schlafen, konnte nicht denken, ohne das Gesicht ihrer Mutter zu sehen, wie sie mit gebrochenem, blutigem Maul dalag und leer in die Luft starrte. Und diesen Geruch würde sie nie mehr aus der Nase bekommen. Sie wollte so einfach nicht enden. Doch die Ungewissheit wie es mit ihr weitergehen würde, schwebte die ganze Zeit über ihr wie ein dunkles Omen, was auf seine Chance zuzuschlagen wartete. Es war nicht einfach mit der allgegenwärtigen Gefahr zu leben, dass etwas, irgendetwas passieren könnte. Andererseits wagte Zira sich auch nicht gegen ihre Kerkermeisterin zu stellen, denn auch wenn sie sie vorerst nicht tötete, wusste sie nicht was sie mit ihr vor hatte und es nagte an ihr. Es kam in ihr inzwischen sogar der Gedanke auf, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn auch sie mit ihrer Familie gestorben wäre. Vielleicht wäre es leichter gewesen. Sie hätten an diesem Tag einfach beim Rudel bleiben sollen, vielleicht… Zira war zu müde um zu denken. „Guten Morgen Kleines, auch schon wach?“, fragte eine fremde Stimme sie plötzlich und riss sie vorerst aus ihren düsteren Gedanken. Misstrauisch sah Zira aus der Richtung aus der sie kam und was da auf sie zutrottete, war ganz sicher kein Mensch… oder sonstiges Tier was sie kannte. Ein Mensch war das nicht, das sah sie sofort. Aber auch kein Löwe… das war… Sie wusste es nicht. Noch nie hatte sie so ein komisches Tier gesehen, es roch auch nach nichts was sie kannte. Es sah ein bisschen aus wie ein Schakal, nur viel dünner, haariger und größer. Und die Ohren hingen. Zira drückte sich verängstigt in eine Ecke ihres Käfigs und sah dem seltsamen Tier misstrauisch in die Augen. „Keine Angst, ich tu dir nichts, wirklich.“, versicherte das Tier ihr beruhigend und warf ihr ein halbherziges Lächeln zu. „Ich bin Chica, du?“, Zira sagte noch immer nichts und wandte stattdessen den Blick ab. Das hier war ihr immer noch nicht geheuer. „Hey, vor mir musst du keine Angst haben. Willst du vielleicht meinen Freund kennenlernen? Er ist auch ein Hund oder ist das zu schlecht für einen Löwen?“ Zira schluckte trocken, während sie versuchte die Tränen wegzublinzeln. War das eine Drohung? Was sollte dieses passiv-aggressive Getue? „Aha… Ich hatte Recht, du bist ein Löwe…“ Die Hündin legte sich vor den Käfig und beäugte Zira einige Sekunden schweigend. Das machte es nicht unbedingt einfacher für die kleine Löwin und sie konnte sich schließlich nicht mehr zurückhalten. „Was wollt ihr denn von mir? Ich will doch nur nach Hause!“ Es tat gut zu wissen, dass es endlich jemanden hier gab, der sich mit ihr unterhielt und sie verstand, es gab ihr zumindest ein bisschen Hoffnung zwischen allem was passiert war. Gequält seufzte Chica und legte den Kopf schief. Sie hätte sich eigentlich denken können, dass so was kommen würde. „Deine Mutter ist tot und ich glaube das weißt du bereits.“, antwortete sie schließlich leise, fügte jedoch schnell hinzu: „Wir kümmern uns jetzt um dich.“ Das war absolut nicht das was sie hören wollte. Sie brauchte niemanden der sich um sie kümmerte, sie wollte einfach nur nach Hause. Ihr Rudel hätte sich doch schon um sie gekümmert, sie war sich ganz sicher. Verzweifelt ließ Zira den Kopf sinken und ließ den zurückgehaltenen Tränen freien Lauf. Es von jemand anderem zu hören tat mehr weh als gedacht und schien nicht wirklich „Ich will hier weg, ich kenne euch doch gar nicht!“, fauchte sie schließlich in Chicas Richtung und drückte sich in eine Ecke des Käfigs. „Psssst! Ruhig Kleines, ganz ruhig.“, versuchte Chica sie zu beruhigen, sah einen Moment später jedoch erschrocken auf. „Chica, weg da! Du darfst hier nicht hin!“, rief eine Stimme, die Zira bereits kannte. Linda lief einige Stufen in den Außenbereich hinunter, in dem Ziras Käfig stand und zeigte mit strenger Miene zu dem Hund. Wie auf Befehl sprang Chica auf und verschwand aus Ziras Sichtfeld. Unfassbar, wie sie vor ihr huschte… Zira würde, sobald sie nur alt genug war, hier abhauen und sich all das nicht länger antun als nötig. „Dieser Hund…“ Linda verdrehte die Augen und schüttelte genervt den Kopf „Ach, du wirst sie schon noch mögen.“ Sie öffnete die Türe zu Ziras Käfig, griff hinein und ehe Zira sich versah, packte sie sie auch schon am Kragen und hob die kleine Löwin vorsichtig heraus. Zira schaffte es schon wieder nicht sich zu wehren, zu groß war die Angst vor dem was dann passieren würde. Sie sagte sich jedes Mal aufs Neue, dass sie sie verletzen würde um ihr klar zu machen, dass sie sich nicht mit ihr anzulegen hatte, aber… Sie traute sich nie. Es war bisher nie etwas passiert und so wirklich traute sie sich nicht irgendwas zu versuchen. Wenn Chica schon bei ein paar Worten Lindas so vor ihr buckelte, wollte Zira nicht wissen, wie es wohl dazu gekommen war. „Na dann wollen wir mal. Ich glaube langsam, du wirst doch nicht sterben, hm?“ Linda kraulte Zira kurz am Kopf und nahm sie mit sich in ihr Haus. Dort setzte sie sie auf einen Tisch, hatte ihren Griff jedoch fest um Ziras Nacken gelegt. Es war jeden Tag das gleiche. Sie wurde gewogen, von oben bis unten angeschaut, ihre Augen, ihre Ohren, alles und Zira gefiel alles davon überhaupt nicht. Sie rutschte dauernd mit den Krallen auf dem Tisch weg, konnte sich nicht verstecken und es gab ihr jeden Tag aufs Neue das Gefühl, man würde sie zum Mästen wiegen. Wann sie genug wog um gefressen zu werden, wann sie wohl das meiste Fleisch auf den Rippen hatte… Sie hasste sich selbst dafür, das Futter hier angenommen zu haben, aber wenn sie gar nichts fraß würde sie sterben, wahrscheinlich eher früher als später. Sie ließ es einfach alles geschehen, denn ihre Mutter sagte ihr mal, dass sie alles tun müsste um ihr Überleben zu sichern. Nie hatte sie diesem Satz Bedeutung zugesprochen, denn sie hatte ihn nie gebraucht, doch inzwischen hatte sich alles geändert. Sie bezweifelte, dass ihr Leben jemals wieder so sein würde wie früher. „Na dir scheint’s doch allmählich gut zu gehen.“, stellte Linda schließlich fest. Sie kraulte Zira am Kopf und nahm sie auf den Arm. „Ein bisschen dünn bist du schon noch… Ach Kleines, was soll ich nur mit dir machen? Verletzungen sind eine Sache, aber dich großzuziehen wird was anderes.“ In Lindas Stimme schwang ein Hauch Verzweiflung mit, doch dann verließen sie den Raum wieder. Sie waren wieder draußen, dort wo der Käfig stand, doch diesmal wurde sie nicht sofort wieder zurückgesetzt. Im Gegenteil, Linda setzte sie einfach wortlos auf dem Boden ab. Der Käfig stand zwar offen, doch sie tat nichts um Zira dort hineinzubefördern. Das verwirrte sie dann doch. Was erwartete man von ihr? Flucht? Sie traute sich nichts davon und im nächsten Moment hörte sie aufgeregtes Hecheln hinter sich. Als sie mit gesträubtem Nackenfell den Kopf drehte sah sie diese hellbraune Hündin von vorhin wieder und legte misstrauisch die Ohren an. Sie war plötzlich viel größer ohne das Gitter zwischen ihnen. „Wer wird denn gleich Angst haben? Ich bin mir sicher du wirst sie mögen.“, versicherte Linda ihr schmunzelnd und machte einen Schritt zurück. Die Sicht zwischen Zira und Chica war nun frei. „Ja, so sieht man sich wieder.“, sagte die Hündin selbstzufrieden und kam einen Schritt auf Zira zu. Doch die kleine Löwin zitterte vor Angst am ganzen Körper und versuchte Chicas Blick auszuweichen. Plötzlich war sie doch bedrohlicher als zuvor und die Tatsache, dass Zira nichts über sie wusste half nicht. Sie war vorhin nett zu ihr gewesen, aber jetzt war das was anderes. Jetzt war Zira verwundbar und schutzlos, nicht so wie… naja, jeder andere der um sie stand. „Hey, Kleines, so schrecklich bin ich gar nicht! Ich fresse keine Babys, zudem habe ich keinen Hunger.“, erklärte Chica mit ruhig und beschnupperte Zira. „Nun wird mal ganz ruhig… Wir wollen dir nichts tun.“ „Wir?“, fragte Zira misstrauisch und krallte sich im Dreck fest. Wie viele von diesen langbeinigen Monstern wollten noch kommen? „Ja und ist auch ein Hund… Aber ich bin natürlich die Hübschere von uns beiden.“ Chica klimperte mit den Wimpern und hob selbstgefällig den Kopf. „Aha.“ „Ich meine das ernst! Aber du solltest ihn kennenlernen, ein weiterer Freund kann dir hier sicher nicht schaden. Er frisst übrigens auch keine Löwenjunge.“ Zira zögerte einen Moment und sah misstrauisch an Chica hoch. Sie wollte schon Luft holen um etwas zu sagen, doch da kam bereits ein zweiter Hund um die Ecke getrottet. Doch er war kleiner als Chica. Sein Fell war sandgelb und es war viel kürzeres als Chicas, zudem hingen ihm die Ohren nicht so lang herunter. „Das ist er.“, stellte Chica den Labrador vor. „Jerk.“ Zira betrachtete die beiden Hunde unsicher und sah dann nochmal zu Linda, doch die hatte Zira als auch die Hunde genauestens im Blick. Sie schien sich jedoch eher Sorgen darum zu machen, dass ihre Hunde unbescholten aus diesem Treffen herauskamen. „Ja, der bin ich…“ Der Rüde kicherte kurz und sah sich Zira für ein paar Momente ganz genau an, versuchte ganz genau zu erschnüffeln, was sie war und wie es um sie stand. „Und du? Was ist dein Name?“ Zira erwiderte nichts und sah stattdessen verunsichert und gewissermaßen auch überfordert zu den Hunden, dann nahm sie jedoch all ihren Mut zusammen und antwortete: „Zira.“ „Na dann, wir sehen uns sicherlich wieder. Jerk, komm.“ Mit diesen Worten drehte Chica ihr den Rücken zu und verschwand mit dem anderen Hund im Haus. Zira war noch verwirrter als zuvor und dieses Zusammentreffen schien jetzt noch weniger Sinn zu machen als zu Anfang. Was sollte das? Doch bevor sie irgendwas tun konnte landete sie schon wieder in dem Käfig. Chica saß gegen Abend auf der Veranda und sah über die Savanne die sich vor ihr ersteckte, während Jerk im Haus sein Abendessen auffraß. Chica hatte keinen wirklichen Appetit und weitaus andere Sorgen. Diese kleine Löwin zum Beispiel. Sie schien so verängstigt und traurig und Chica wollte ihr irgendwie helfen. Sie dachte es wäre vielleicht gut sie zu Anfang einfach in Ruhe zu lassen und Begegnungen mit ihr so kurz wie möglich zu halten. Vielleicht musste sie sich erst an sie gewöhnen, schließlich sah sie doch anders aus als die Geparden oder Wildhunde, die man sonst sah. Zudem wusste Chica, dass Zira dringend jemanden brauchen würde, der ihr half dieses seltsame Leben hier zu verstehen. Sie würde ja auch nicht für immer bleiben, aber sie jetzt momentan einfach zu jung um sich allein durch das Leben zu schlagen. Natürlich hätte Linda sie auch einfach bei dem Kadavern ihrer Familie liegen lassen können, aber das war nicht ihre Art. Linda war ja kein schlechter Mensch, sonst hätte sie Zira ihrem Schicksal überlassen. Sie kümmerte sich doch so gut es ging um die junge Löwin, doch ihre restliche Arbeit, wegen der sie überhaupt hier war, ließ ihr nun mal keine Zeit sich stundenlang mit Zira zu beschäftigen. Sie würde es irgendwann wirklich nötig haben zumindest sie und Jerk zur Gesellschaft zu haben, denn sonst würde es einfach langweilig werden. Doch das ging nicht, solange sie so viel Angst vor ihnen hatte. In diesem Moment kam Jerk zu ihr getrottet und ließ sich neben sie fallen. „Mir tut die Kleine irgendwie Leid, dir nicht?“, fragte er seufzend und legte den Kopf auf die Pfoten. „Ihre Familie ist tot, natürlich tut sie mir leid.“, meinte Chica ernst. „Oh… Naja, das hätten wir uns auch denken können. Normalerweise kommt Linda nicht mit fremden Löwenjungen daher.“ „Da fällt mir ein, wo ist sie jetzt grade?“, hakte Chica nach und eine Idee nahm in ihr Form an. „Sie badet, warum?“ Die Hündin sprang wortlos auf, ging um das Haus herum zu einem Zauntor, stellte sich auf die Hinterbeine und drückte die Klinke runter. Schon oft hatte sie das gemacht, aber niemand wusste davon… Außer Jerk, aber ihm war das nur recht. Dann betrat den hinteren Teil des Grundstücks wo auch Zira nächtigte. Es war schwierig die Silhouette des Löwenjunges im fahlen Licht des Mondes auszumachen, aber sie war klar zu erkennen. „Hallo Zira…“, begrüßte Chica sie so freundlich wie sie nur konnte. Zira, die gerade dabei war ihr Abendessen zu fressen, zuckte kurzzusammen als sie die riesige Hündin auf sich zukommen sah und das Fell stellte sich ihr auf. Das hier war ihr Futter und sie würde es verteidigen! Chica setzte sich einfach neben sie an den Käfig und sah auch zu den Sternen hoch. Sie wusste nicht warum sie das tat, aber vielleicht würde es Zira das Gefühl geben, dass sie beide etwas gemeinsam hätten. „Was siehst du in ihnen?“, fragte Chica schließlich um das Schweigen zu brechen. Zira sah zu Boden und zuckte schweigend mit den Schultern. Als nach einigen Sekunden keine Antwort kam, entschloss Chica einfach zu reden, denn sie musste die Stille einfach irgendwie füllen. „Also Linda sagte mal, dass jeder Stern eine eigene, andere Welt sei, weit, weit weg von uns. Ich glaube nicht daran, aber interessant, nicht?“, meinte sie amüsiert und lachte spöttisch über diese Idee. Unsinn! Zira ignorierte sie und fraß leise brummend an ihrem Futter weiter. „Es ist schrecklich unhöflich andere zu ignorieren, weißt du das?“, fragte Chica schließlich und merkte wie in ihr allmählich Ungeduld aufkam. Nicht gerade hilfreich, aber was sollte sie tun? Doch es half tatsächlich, da Zira inne hielt und nach kurzem Zögern Luft holte um zu sprechen. „Meine Mutter meinte, dass wir Löwen daran glauben, dass unsere Anführer oder Könige oder so in den Sternen sind. Ich weiß es nicht mehr ganz sicher.“ Es tat weh sich einzugestehen, dass sie etwas, was ihre Mutter ihr erzählte vergessen hatte, doch wenn es diesen nervigen Hund zufriedenstellte, bitte. „Das klingt doch gar nicht so abwegig. Vielleicht stimmt es ja, hm? Vielleicht ist deine Mutter auch dort oben?“ „Sie war keine Königin.“ „Sie hat trotzdem ihren Platz da oben." Zira reagierte wieder nicht. „Es tut mir so leid, Zira… Du hast nicht verdient was mit deiner Familie passiert ist.“, sprach Chica plötzlich aus und senkte den Blick auf Zira herab. Irgendwie musste sie ihr doch irgendeine Reaktion entlocken. Und tatsächlich ertönte plötzlich ein Wimmern. Erst kaum hörbar, doch als Zira zu zittern begann, konnte Chica ihr nicht länger schweigend dabei zusehen. Sie streckte eine Pfote durch das Käfiggitter und zu ihrer eigenen Überraschung nahm Zira das Angebot an. Die Aussicht auf Trost in irgendeiner Art und Weise war mehr als sie in den letzte Tagen hier bekommen hatte und sie sehnte sich so sehr nach Geborgenheit, dass sie in ihrer Verzweiflung sogar das hier zuließ. „Ich verstehe einfach nicht wie das passieren konnte. Meine Mutter war doch nie… Sie ist nie schwach gewesen!“ „Manche Dinge passieren einfach ohne, dass man Einfluss darauf hat. Ich weiß wie du dich fühlst.“ „Nein! Tust du nicht!“, unterbrach Zira sie. „Das stimmt. Aber alles geht einmal zu Ende, wenn auch zu früh.“ „Zu früh?!“ Entfuhr es Zira zwischen ihren Schluchzern. „Meine Brüder waren so alt wie ich, unsere Mutter war auch noch jung, das ist so ungerecht!“ „Manchmal ist das Leben nicht gerecht, es kann sogar sehr ungerecht sein. Aber denkst du etwa deine Familie hätte das hier für dich gewollt?“, fragte Chica ernst und steckte nun auch die zweite Pfote durch das Gitter. Zira wehrte sich nicht gegen ihre Berührung und eigentlich war sie froh endlich wieder sowas wie Geborgenheit von irgendwem spüren zu können. „Nein.“, presste sie schließlich zittrig hervor. „Eben. Verspreche mir einfach nur eins…“ Chica drehte Ziras Gesicht so, dass sie sie nun ansehen musste. „Verspreche mir jeden Tag das Futter zu fressen, verspreche mir gesund und groß zu werden und schon bald wird sich dein Leben hier zum Besseren ändern. Wenn du das tust, dann verspreche ich dir Zira, dass du wieder frei sein wirst. Niemand will dich für den Rest deines Lebens in einen Käfig stecken, aber wenn du aufgibst und krank wirst, dann wirst du in diesem Käfig sterben.“ Der letzte Satz machte Zira Angst und für einen kurzen Moment konnte sie kaum gegen dieses Gefühl der Beklemmung, diese Endgültigkeit, ankämpfen. „Ich werde hier weg kommen? Ich muss nie mehr hier her?“, hakte sie nach und wischte sich hastig über das Gesicht. Das klang zu gut um wahr zu sein, denn eigentlich hatte sie nicht damit gerechnet hier überhaupt jemals wieder weg zu kommen. Das erschien ihr bis eben nicht nach einer Möglichkeit, doch wenn dem tatsächlich so war wie Chica sagte, warf das ein ganz neues Licht auf ihre Zukunft. Sie hatte plötzlich wieder eine Zukunft! „Ja, wirst du. Aber nur, wenn du stark wirst. Mehr kann ich nicht für dich tun.“ Zum ersten Mal seit sie hier war konnte Zira sich ein kleines Lächeln einfach nicht mehr verkneifen. Zum ersten Mal hörte sie von einem greifbaren Ausweg aus dieser Misere und sie würde sie definitiv sobald wie möglich ergreifen. „Ja, das werde ich schaffen.“, stimmte sie ohne zu zögern zu und diesmal musste sogar Chica lächeln. Aber nicht dieses verschlagene, hinterlistige Grinsen von vorhin, sondern wirkliche, ehrliche Erleichterung machte sich auf ihrem Gesicht breit. Zira hatte endlich eine Motivation gefunden das hier zu überleben und es konnte jetzt nur Bergauf gehen. Es musste. Sie würde Zira gar keine andere Wahl geben, als zu überleben. Kapitel 3: Ohren ---------------- Am nächsten Morgen war Linda früher als sonst auf den Beinen und legte Ziras das Fleisch vor, welches diese erstaunlich gierig zu sich nahm. In Linda machte sich sogar der Glaube breit, dass Zira vielleicht endlich auf dem Weg der Besserung war. Sie war ihr in den letzten Tagen zu apathisch gewesen, doch das hier bereitete neue Hoffnung. Zu Ziras Überraschung blieb der Käfig heute jedoch offen und von Linda fehlte jede Spur. Ohne lange zu zögern ergriff sie die Chance und verließ ihr Gefängnis. Zum ersten Mal war sie ohne Beobachtung draußen und sie fühlte sich so frei wie lange nicht mehr. Gut, es war gelogen zu sagen, dass sie völlig unbeobachtet war, aber die Hunde erschienen ihr nicht mehr ganz so unheimlich, zumindest Chica. Zira kannte sie nun zumindest ein wenig und hatte nicht mehr so viel Angst vor ihr wie noch gestern und dennoch fühlte sie sich nicht ganz wohl in der Gegenwart der Hunde. In diesem Moment bellte Jerk auf und näherte sich ihr schneller als ihr recht war. Sie war angespannt, als er vor ihr zum Stehen kam, versuchte jedoch ihre Furcht doch falsches Selbstbewusstsein zu überspielen, wovon der Hund sich aber nicht beeindrucken ließ. „Lass die Kleine in Ruhe!“, schnauzte Chica ihn schließlich an und schob ihn von Zira weg. „Beachte ihn nicht, er kann nichts für seine Dummheit.“ „Dafür kann ich wunderbar rumliegen.“, stellte der Labrador mit aus dem Maul hängender Zunge fest, ohne auf Chicas Bemerkung weiter einzugehen. Es war klar wer von den beiden das sagen hatte und sie schienen mit ihren Rollen zufrieden zu sein. „Wo ist eigentlich–“ „Linda kommt gleich nochmal, danach ist sie aber für einige Zeit weg. Freu dich, du kannst dann allein hier rumlaufen. Und unter uns…“ Chica senkte die Stimme und sah sich geheimniskrämerisch um. „Wir zwei werden da mal ein bisschen jagen, ja?“ Nun, das klang schon eher nach etwas, was Zira tun wollte! Ihre Mutter hatte sie bisher immer nur zusehen lassen, aber selbst an einer Jagd teilzunehmen, das war etwas ganz anderes. Chica meinte das ernst, doch sie hatte auch noch eine Kleinigkeit verschwiegen, die davor passieren würde. Doch es würde Zira nur Sorgen machen. „So, jetzt aber…“ Linda betrat den Garten und fand in der Mittagssonne die beiden Hunde und Zira vor, die im Schatten einer Akazie dösten und sie nicht weiter beachteten. Zwar versuchte Zira sich hinter den Hunden zu verstecken, doch Linda gab nichts darauf. Sie griff das Löwenjunge am Kragen und setzte sie vor sich auf dem Boden ab. Zira rechnete schon damit, dass sie wie jeden Tag bisher untersucht und sonst wie abgetastet wurde, doch diesmal war etwas anders. Linda holte einen Gegenstand hervor und begann Zira unablässig am Kopf zu kraulen, was dieser bald zu dumm wurde. Sie ertrug ja alles was Linda sonst mit ihr machte halbwegs, aber das hier wurde allmählich zu viel des guten. Sie begann zu knurren und fuhr die Krallen aus um sie in Lindas Hand zu schlagen, als sie plötzlich einen dumpfen Schmerz in ihrem rechten Ohr spürte. Das Gefühl war jedoch so schwach und verblasste bereits, als Zira wieder losgelassen wurde und Linda sich ohne weiteres wieder davon machte, zu dem was sie eben sonst so tat. „Was war das?“, murmelte Zira halblaut vor sich her und erst jetzt, als sie sich setzte und misstrauisch an ihr Ohr griff, merkte sie zwei Dinge: zum einen war da irgendwas, was sie nicht identifizieren konnte in ihrem Ohr und zum anderen roch es nach Blut. Sie blickte erschrocken auf ihre Pfote und stellte mit Schrecken fest, dass sie aus der Stelle, in der der Gegenstand steckte blutete. „Was zur…“, murmelte sie und starrte immer noch ihre Pfote an, an der das Blut klebte. Der Schmerz war dumpf, kaum wahrnehmbar, doch je länger Zira nichts tat, umso stärker nahm sie ihn wahr. „Hey, halb so schlimm.“, ertönte Chicas aufheiternde Stimme und sie zog Zira an sich heran. „Na komm, so sehr kann das nicht wehtun.“ Zira jedoch kümmerte es momentan nicht wirklich, denn sie versuchte die Panik, die gerade in ihr Aufstieg zu unterdrücken. Was hatte man ihr da ins Ohr gehängt und warum bekam sie es nicht mehr weg? Warum war das da, warum tat es dort weh? „Hey, nicht wimmern, das wird bald verheilen.“, versuchte nun auch Jerk sie zu beruhigen, während Chica damit kämpfte sie zwischen ihren Pfoten zu behalten. „Was ist das?! Es soll verschwinden, es tut weh!“ „Das ist nur eine kleine Markierung damit Linda dich zwischen anderen Löwen wiedererkennt, nicht schlimmes! Es wird wieder besser werden, wirklich!“, versicherte Chica ihr selbstsicher und begann Zira unablässig das blutende Ohr sauber zu lecken. Vielleicht würde sie sich ja beruhigen, wenn die Blutung erstmal gestoppt war, denn es war zwar nicht viel, aber dennoch genug um Zira Angst zu machen. „Ich will es nicht, kann man es nicht raus nehmen?!“, fragte Zira ungehalten. Sie beruhigte sich allmählich zumindest ein wenig und sammelte sich wieder. Chica gefiel es um ehrlich zu sein, dass sie so viel Widerstreben zeigte. Natürlich half es jetzt nicht weiter, aber es war ihr lieber als Schweigen und geistige Abwesenheit. Sie musste diese Auflehnung zeigen, denn sonst würde sie unglaubliche Probleme damit haben sich später wieder in der Wildnis zurechtzufinden. „Es tut mir leid Zira, aber da kann ich nichts ändern. Aber steh mal auf und komm mit.“ Chica wusste selber, dass es nicht der richtige Augenblick war, aber sie fand einfach, dass Zira ganz schnell Ablenkung brauchte. Und sie hatte ihr vorhin etwas versprochen, von dem her passte das schon. Der Windhund führte Zira zu einem Holzstapel, den sie schon oft gesehen hatte, sich aber sonst nicht dafür interessierte. Bisher. „Was ist hier?“, fragte das Löwenjunge misstrauisch und setzte sich vor den Haufen. „Holz.“ „Das sehe ich selber. Aber was soll ich hier?“ „Du willst doch so schnell wie möglich wieder in die Freiheit, ja? Und ich habe dir versprochen dich jagen zu lassen… Nun…“ Chica war augenblicklich aufgefallen, wie sich Ziras Mine erhellte, was sogar ihr ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. „Hier leben unzählige Ratten und Mäuse zwischen den losen Hölzern. Wenn du genau hinhorchst, kannst du ihnen manchmal dabei zuhören, wie sie die Bretter entlang klettern. Hast du schon die wichtigsten Jagdgrundlagen von deiner Mutter gelernt?“, fragte Chica. Wenn Zira jetzt schon wegen ein paar Mäusen so motiviert war, war das ein sehr gutes Zeichen. „Also ich habe ihr schon oft zugesehen, von weitem.“, antwortete sie mit einem kleinen Grinsen und spürte durchaus sowas wie Stolz darüber dass sie bereits ein paar Dinge gelernt hatte. Je mehr sie konnte umso schneller würde sie hier weg kommen, das hatte Chica ihr versprochen. Sogar das dumpfe Pochen in ihrem Ohr schien plötzlich zweitrangig. „Sehr gut! Dann komm her und drück dich ins höhere Gras.“ Chica deutete mit ihrer langen Schnauze in die Richtung des Holzstapels, der sich in ein paar Metern Entfernung vor ihnen auftürmte. „Warum machst du nicht mit?“, fragte Zira nun irritiert, als der Hund einfach neben ihr sitzen blieb. „Weil ich das nicht so gut kann wie du, ich jage… anders. Und nun los, mach es wie deine Mutter es dir gezeigt hat. Was würde sie jetzt tun?“ Zira stockte kurz und überlegte. Also das offensichtliche zuerst: sie brauchte Beute. Sichtbare Beute. Die Mäuse waren zwar da, aber sie waren in ihrem Versteck und das war etwas was Zira ändern musste. Sie konnte es natürlich nicht selber ändern, aber sie konnte zumindest warten, das hatte ihre Mutter auch immer getan. Oh, sie hatte seeeehr lange gewartet. So lange, dass Zira und ihre Brüder manchmal dachten, dass ihre Mutter und die restlichen Löwinnen eingeschlafen waren. „Ich muss warten und mich ins Gras drücken.“, erklärte Zira und sah kurz zu Chica, die nun doch aufgestanden war und sich ein Stück zurückzog. „Genau. Und wenn eine Maus da ist?“ „Anschleichen, drauf stürzen und töten.“ „Na also, geht doch! Du kannst zumindest schon mal theoretisch. Jetzt zeig mir mal wie gut du es schon alleine kannst.“ Chica setzte sich einige Meter hinter Zira zu Jerk und warf einen prüfenden Blick zu dem Löwenjungen. Allmählich begann Zira tatsächlich sowas wie Sympathie für den Windhund zu entwickeln. Sie hatte eine gewisse Strenge an sich und forderte plötzlich Dinge von ihr und das war etwas, was sie mit Kisamba durchaus gemeinsam hatte. Ziras Mutter war nicht grausam gewesen, aber stets bestimmt und unnachgiebig wenn es darum ging Beute zu machen. Es war das einzige gewesen, mit dem sie nie Spaß verstanden hatte und worüber sie auch nie zu Scherzen aufgelegt war. Zira und ihre Brüder hatten das schon früh verstanden und die unzähligen Stunden, in denen sie den Löwinnen beim Jagen zugesehen hatten sehr ernst genommen. Sie hatten zwar noch nie selber Beute geschlagen, außer Grashüpfern, aber bis vor kurzem war Zira auch davon ausgegangen, dass sie das bald tun würden. Sie hatte sich oft vorgestellt irgendwann ihrer Mutter ihre erste richtige Beute zu präsentieren, doch dieser Traum blieb wohl ein Traum. Aber Beute konnte sie trotzdem noch schlagen. „Was macht sie da?“, wisperte Jerk Chica zu und setzte einen fragenden Blick auf. „Sie jagt.“ „So bringst du ihr das bei?“ „Nein. Ich fördere nur was sie schon kann.“, meinte Chica mit einem Schulterzucken. Sie wusste, dass sie selbst… anders jagte als Löwen und dass ihre Art es Zira nur schwerer machen würde zu überleben. Sie würde sich in nichts einmischen, von dem sie keine Ahnung hatte und wenn Zira bereits die Grundlagen konnte, würde sie lediglich überwachen, dass sie darin besser wurde. Zumindest gut genug um sich über Wasser zu halten. Chica war guter Dinge, dass Zira sich schon bald nachdem sie wieder frei war einem Rudel anschließen würde. Soweit sie wusste hatten Löwinnen es da leichter als ihre männlichen Artgenossen und warum sollte man Zira auch nicht bei sich haben wollen? Sie war ein wenig misstrauisch und konnte auch mal frech werden, aber wer war das nicht? Meistens war sie ganz bezaubernd, zumindest wenn man sie ein wenig kannte. Ach, es würde schon werden, da war sie sich ganz sicher. Zira selbst wusste nicht wie viel Zeit bereits vergangen war, seit sie sich ins Gras geduckt hatte, aber sie hörte die Mäuse inzwischen viel deutlicher als davor. Sie konnte hören wie ihre kleinen Krallen über das Holz kratzen und sie roch ihre Hinterlassenschaften. Ja, dort musste durchaus eine kleine Kolonie leben und Zira war noch immer fest entschlossen Beute zu machen. Sie erinnerte sich gut daran, wie lange die Löwinnen immer warteten bis sie endlich zuschlagen konnten und die Beute nah genug an ihnen war, also musste Zira sich das zum Vorbild nehmen. Sie wusste zudem, dass sie geduldiger war als ihre Brüder, das hatte ihre Mutter ihr mal selbst gesagt und das war doch auch etwas Positives! Sie musste einfach nur warten bis das Futter zu ihr kam und dann würde sie zuschlagen. Sie hatte es doch schon so oft beobachtet, inzwischen musste sie doch zumindest erahnen wie es ging! Ihr Blick war immer noch stur auf den Holzhaufen gerichtet und dann war es endlich so weit und ihre Chance auf Beute kam stillschweigend aus einer Ritze getippelt. Eine kleine, graue Maus mit riesigen Ohren wuselte mit großen Augen ins Licht des Tages, heraus aus seinem Versteck und genau in ihre Richtung. Perfekt, da war sie! Zira würde keine Zeit mehr verschwenden und spannte augenblicklich die Hinterbeine zum Sprung an. Ihre Krallen fuhren aus, ihr Blick war auf ihre Beute fokussiert und– „Bleib unten.“, zischte plötzlich Chicas Stimme hinter ihr. Zira drehte die Ohren zu ihr und warf ihr einen verärgerten Blick über die Schulter entgegen. Der Windhund saß noch immer unter der Akazie im Schatten und blickte Zira mit hochgezogenen Augenbrauen an. Wenn sie das hier wagen würde, wäre es vorbei. Die Maus war noch viel zu weit weg, sie war kaum aus ihrem Versteck gekommen und da wollte Zira schon versuchen… Was? Einen Meter vor ihr zu landen und ihr so genug Spielraum und Zeit zu geben, zurück in ihr Versteck zu flüchten? Doch Zira wusste was sie tat! Ohne weiter auf den Hund zu hören setzet sie ihren ursprünglichen Plan fort und sprang mit ausgefahrenen Krallen und gefletschten Zähnen auf die Maus zu. Doch zu ihrer eigenen Überraschung hatte diese sie bereits entdeckt, bevor sie überhaupt auf dem Boden aufkam und war geflüchtet. Das Gefühl von Scham überkam Zira und sie musste schlucken. Chica hatte recht und sie hätte auf sie hören sollen. Sie hasste es falsch zu liegen, vor allem wegen einer so bedeutenden Sache wie dem hier, aber jetzt ließ sich nichts mehr ändern, jetzt – „Was hab ich dir gesagt?!“, kläffte Chica Zira von hinten an und legte missmutig die Ohren an. Zwar war Zira die gewesen, die nicht auf sie gehorcht hatte, aber trotzdem war es Chicas Aufgabe gewesen sie hierbei zu unterstützen. Und nun war Zira gescheitert und es fühlte sich zumindest so an, als ob es auch ihre Schuld war. „Es tut mir leid, es tut mir leid!“, entschuldigte Zira sich sofort ängstlich und sah hilflos zwischen Chica und dem Holzhaufen umher. Natürlich bekam sie Ärger, was auch sonst? „Das wird dir später mal nichts bringen, wenn du nicht deine eigene Beute schlagen kannst. Los, mach es von vorne. Diesmal hörst du auf mich! Und benutze gefälligst mehr deine Ohren.“, befahl Chica in einem Ton der keinen Widerspruch zuließ. Zira nickte eilig und legte sich wieder vor dem Holzhaufen auf die Lauer. Ja, Chica konnte wirklich wie ihre Mutter sein. Vielleicht würde Zira sie ja doch noch richtig gern haben. Das war nun schon der dritte Tag hintereinander, dass Ziras Jagdversuche erfolglos blieben. Wenn es so weiter ging, würde sie wahrscheinlich nie frei kommen. Entmutigt lehnte sie sich gegen die Gitterstäbe ihres Käfigs und sah hinaus in die Dunkelheit. Sie hörte irgendwo draußen in der Savanne zwei Löffelhunde im Boden nach Insekten graben, beachtete sie jedoch nicht weiter. Die konnten ihr auch nicht helfen. Sie dachte lieber darüber nach wie lange sie wohl noch hier drin sein würde und wann sie wegkam. Und wohin dann? Das Rudel ihrer Mutter war mit Sicherheit schon weg, sie blieben immerhin nie lange an einem Ort. Und sonst hatte man Zira immer gesagt, sie solle von fremden Löwen immer Abstand halten und ihnen nicht in die Quere kommen, aber wenn sie wieder frei war, würde es bitternötig sein. Der Gedanke an sich war aber so unglaublich beängstigend und Zira wusste nicht, ob sie, wenn sie mal älter war, das nötige Selbstbewusstsein hatte um sich Fremden zu nähern. Sie konnte manchmal ja ziemlich herrisch und zickig sein, aber sobald ihr jemand entsprechend Defensive biet, gab sie schnell nach. Ob sie es mit diesen Charakterzügen leicht haben würde, zweifelte sie dennoch an. „Und dann hab ich dieser Hyäne gesagt, er soll doch zurück zu dem tollen Königreich wenn es ihm hier nicht gefällt.“ Einer der Löffelhunde riss sie aus ihren Gedanken, als er über irgendwas zu brabbelte begann. „Und was hat er gesagt?“, fragte der Andere. „Er sagte so viel wie: `Ich bin doch nicht bekloppt, da regieren Löwen, ich will leben!` Sehr pathetisch wenn du mich fragst, ich für meinen Teil wäre ja einfach schlauer und würde mich nicht erwischen lassen.“ Die beiden Löffelhunde lachten und wollten gerade ihre Suche nach Termiten fortsetzen, als Zira all ihren Mut zusammennahm und auf sich aufmerksam machte. „Hey! Hey, ihr da!“ Die beiden sahen sich kurz nach ihr um, entdeckten sie aber schließlich hinter dem Zaun. „Was ist das denn? Hey, sieh dir das an, ein Löwe hinter Gittern… Das hab ich ja noch nie gesehen.“ Zira setzte einen genervten Blick auf und schnaubte missmutig, versuchte jedoch den verletzenden Kommentar zu ignorieren. „Ich habe eine Frage…“, begann sie stattdessen. „Ihr habt von einem Königreich geredet, das von Löwen regiert wird? Stimmt das?“ „Ja, das Geweihten Land. Schon mal davon gehört?“, fragte der zweite Löffelhund, der sich nun allmählich hinter seinem Freund hervortraute. „Nein, ist das weit weg?“, fragte Zira und augenblicklich spürte sie eine unstillbare Neugierde und Motivation in sich aufflammen. Selbst der Gedanke an ihre Mutter hätte sie in diesem Moment nicht herunterziehen können. Ein ganzes Königreich, geführt von Löwen… Dort würde man sicherlich einen Platz für sie haben, es gab ein festes Jagdgebiet, ein gesichertes Überleben… Das klang perfekt. „Ein bisschen, ein paar Tagesmärsche stur nach Südosten musst man da schon einplanen, aber warum? Willst du da etwa hin?“, fragte der Löffelhund spöttisch und musterte die kleine Löwin ganz genau von oben bis unten. „Warum nicht?“, keifte Zira zurück und warf den beiden einen vernichtenden Blick zu. „Tja... Das liegt in erster Linie daran, dass du in einem Käfig sitzt…“, gab der zweite Löffelhund unschuldig zur Antwort und begann wieder zu lachen. „Na komm, wir gehen. Und dir, oh große Jägerin, wünsche ich ganz viel Erfolg bei… Was auch immer.“ Mit diesen Worten machten sich die Beiden hämisch kichernd aus dem Staub und setzten ihre Suche nach Futter woanders fort. In Zira jedoch wuchs zum ersten Mal der Plan, sich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in dieses Geweihte Land zu verdrücken. Es war momentan der beste und auch einzige Plan, den sie für die Zukunft hatte. Und sie würde es sicherlich schaffen, sie müsste sich nur gut verstecken, niemandem in den Weg kommen, der sie töten könnte und jagen… Oh, sie musste unbedingt lernen zu jagen, andernfalls war’s das mit ihr. Aber es war Hoffnung. Eine kleine Hoffnung und ein Plan für die Zukunft und das hatte Zira wirklich bitter nötig. Es gab ihr zumindest den Willen das hier zu schaffen, denn wenn sie ihrer Mutter irgendeinen letzten Wunsch erfüllen konnte, dann war es momentan nur ihr eigenes, blankes Überleben. Kapitel 4: Ein Ausflug mit Folgen --------------------------------- Zwei Wochen. Seit zwei Wochen saß Zira jeden Tag vor diesem Holzscheit und versuchte auch nur eine einzige Maus zu fassen zu bekommen. Sie hatte es vor ein paar Tagen fast geschafft, doch war zu spät abgesprungen und ihre Chance, mal wieder, vergehen lassen. Aber sie war sich ganz sicher, dass es heute funktionieren musste. Es musste einfach! Chica und Jerk saßen wie immer hinter ihr unter der Akazie und Linda war, wie immer, mit allem möglichen beschäftigt. Zira lauerte nur wieder im Gras, den Bauch dicht an den Boden gedrückt und die Ohren stur auf den Holzstapel gerichtet. Sie hörte winzige Krallen, die über Holz tippelten und plötzlich änderte sich der Klang. Eine Maus musste den Erdboden berührt haben, was wieder eine mögliche Chance auf Beute für Zira bedeutete. Sie versuchte genau herauszuhorchen aus welchem Loch sie gekrochen kommen würde, doch für ein paar Sekunden hörte sie wieder nichts. Und dann ganz plötzlich ertönten wieder winzige Schritte auf Erde. Ihr Blick schoss in die jeweilige Richtung und in der abendlichen Dämmerung konnte sie tatsächlich den Kopf einer Ratte aus seinem Versteck lugen sehen. Sie ging nach draußen, blieb jedoch in sicherer Nähe zu ihrem Versteck stehen, ehe sie begann sich auf die Hinterbeine zu stellen und die Umgebung zu prüfen. Der Wind stand günstig, darauf hatte Zira heute extra geachtet. „Warte noch.“, sprach Chicas Stimme ihr ruhig zu. Ja, diesmal würde sie mit Sicherheit auf sie hören, gar keine Frage. Die Ratte machte ein paar Schritte in Richtung des höheren Grases in dem sich auch Zira versteckt hielt. Zwar kam sie nicht direkt in ihre Richtung, aber doch näher. Und dann stockte der kleine Nager wieder, stellte sich erneut auf die Hinterbeine und schnupperte hastig in der Luft umher. Zira hielt den Atem an. Sie musste sich angewöhnen ruhiger und langsamer Luft zu holen wenn Beute nah war, Chica meinte dass manche Tiere sogar solche Dinge wie Atemzüge hören konnten. Lange hielt Zira mit angehaltenem Atem jedoch nicht mehr aus und versuchte so leise wie nur möglich auszuatmen, ohne dabei fast zu ersticken. Die Ratte schein für einen Moment die Gefahr zu erkennen, die ihr da im Nacken saß, doch wand sich dann, sehr zu Ziras Erleichterung, wieder der Futtersuche zu. Die Nase des kleinen Tiers bewegte sich unablässig und sie kam ihr wieder ein Stück näher. Ziras Pfoten kribbelten vor Anspannung und ihr nervöser Blick konzentrierte sich wieder auf die Ratte. Der Abstand war noch ein wenig zu groß, aber vielleicht, wenn sie sich besonders anstrengte… „Warte noch.“ Erneut kamen Chicas Worte an ihr Ohr und sie musste sich merklich zusammenreißen, um jetzt nicht ihre Fassung zu verlieren. Die Anspannung machte sie verrückt, aber sie würde, müsste es wohl aushalten. Sie wollte unbedingt endlich Beute machen, es war schon regelrecht beschämend jeden Tag mit demselben Gefühl des Versagens zu Bett zu gehen. Aber gut, sie würde warten. Sie musste warten. Doch plötzlich blieb Zira beinahe das Herz stehen, als die Ratte schlagartig die Richtung änderte. Für einen Moment wollte sie ihr einfach hinterher und darauf pfeifen, ob das nun schlau war oder nicht. Der Frust der sich in ihr aufbaute vernebelte ihren Verstand und Wut kochte auf. Diese dämlichen Mistviecher, warum konnte nichts davon so funktionieren, wie sie es wollte? Warum– „Konzentration. Unten bleiben.“, tadelte Chica sie wieder von ihrem Beobachtungsposten aus. Zira konnte den strengen Blick der Hündin regelrecht im Rücken spüren und duckte sich erneut tiefer ins Gras. Gut, es war noch nicht zu spät, vielleicht würde die Ratte in einem Anfall von Dummheit ja nochmal in Ziras Richtung kommen. Einige Minuten verstrichen wieder, ohne dass etwas passierte. Die Ratte saß einfach da und bewegte sich wenn dann nur Zentimeterweise von ihrem momentanen Platz weg. Doch dann, als Zira fast schon nicht mehr damit gerechnet hatte und ihr Rücken zudem anfing steif zu werden, da machte sie plötzlich tatsächlich ein paar schnelle Schritte in ihre Richtung zu. Sie dachte nur einen Sekundenbruchteil nach, ob das hier jetzt schlau war, aber sie entschied, dass es das Risiko wert war. Sie müsste den Sprung schaffen und ihre Krallen waren ausgefahren. Sie peilte die Ratte an, ihre Hinterbeine setzten zum Sprung an und mit einem einzigen Satz schoss sie aus dem hohen Gras, direkt auf die überraschte Ratte zu. Ihre Krallen bohrten sich in den Rücken des Nagers, der nun zum ersten Mal ein grelles Quieken von sich gab und sich zwischen Ziras Pfoten zu winden begann. Doch nur einen Moment später biss die junge Löwin ihr in den Kopf und der Nager verstummte endgültig. Das Töten ging schneller vorbei, als Zira es erwartet hatte, aber umso zufriedener war sie mit dem Ergebnis. Sie hatte ihre Beute schnell getötet, das war es doch, was sie mal können sollte, nicht? Mit einem selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht und hoch erhobenen Kopfes stolzierte Zira mit ihrer Beute im Maul zurück zu den Hunden, die sie prüfend ansahen. „Sehr gut! Ich hab dir doch gesagt, dass du es mit genug Geduld schaffen würdest.“, gratulierte Chica ihr und auch sie konnte ein zufriedenes Grinsen nicht gänzlich verbergen. Aber Zira hatte sich das Lob redlich verdient, immerhin hing sie jetzt wie lange hieran? Sie war einfach glücklich, dass das Löwenjunge es endlich geschafft hatte endlich ein lebendes Tier zu erbeuten und diese hässliche, fette Ratte war ein würdiger Anfang. „Wir sind stolz auf dich, Kleines!“, bestärkte Jerk mit wedelndem Schwanz und streckte den Hals ein wenig in Ziras Richtung. „Zeig mal her, die sieht ja riesig aus…“ Zira legte die Ratte vor den beiden ab und sah erwartungsvoll mit blutverschmiertem Maul zwischen ihnen umher. „Was sagt ihr? Sie ist groß, nicht?“ „Oh ja… Aber friss sie lieber bevor die Fliegen kommen.“, schlug Chica vor und schob ihr die Ratte wieder entgegen. „Jerk, hey, Jerk!“ Zira rannte auf den schlafenden Rüden zu und kam erst zum Stehen, als sie in ihn hineinkrachte. Er schreckte aus dem Schlaf hoch und wollte schon instinktiv nach Zira schnappen, hielt jedoch inne, als er erkannte, dass es nur sie war. „Ach, Kleines, was ist los?“, fragte er und kratzte sich ohne sie weiter zu beachten hinter dem Ohr. „Wo ist Chica?“ „Im Haus? Keine Ahnung. Warum, was ist?“ Ziras schelmisches Grinsen wurde augenblicklich größer und sie rieb den Kopf an Jerks Hals. Inzwischen hatte sie genug an Gewicht und Größe zugenommen, um ihn, wenn er lag, bereits über den Kopf sehen zu können. „Ich wollte sie fragen, wann wir endlich jagen gehen.“, antwortete Zira und tippelte nervös von einer Stelle zur anderen. „Die Ratten sind dort drüben.“ Er zeigte auf den Holzhaufen. „Nein… Ich meine was richtiges jagen. Antilopen, Zebras, sowas.“, entgegnete Zira ungeduldig. Sie sah es nicht mehr ein zu warten, sie hatte schon genug Mäuse und Ratten getötet um sich allmählich an größere Tiere zu wagen. Das Wetter heute war zudem sehr angenehm, nicht mehr ganz so unerträglich sengend heiß wie noch vor ein paar Wochen. „Das entscheiden wir nicht.“, antwortete Jerk nur schulterzuckend. „Linda wird das entscheiden, wenn du soweit bist. „Aber ich bin soweit… Zudem langweilt mich alles hier.“ Sie ließ sich laut seufzend neben Jerk fallen und schmiegte den Kopf an seiner Schulter. Meistens ließ er sich so gut einlullen, jedoch wusste Zira nicht, ob ihr Niedlichkeitsfaktor noch lange halten würde. Spätestens wenn sie größer war als er, würde es damit wohl vorbei sein. „Aha und was willst du nun tun?“ „Lass uns endlich raus gehen! Ich will wieder raus, richtig raus!“, antwortete sie bestimmt und stampfte mit einer Vorderpfote auf. Jerk kannte diese Geschichte inzwischen in- und auswendig. Er verstand ja warum Zira das wollte, aber den Ärger dafür wollte er gleichzeitig auch nicht einheimsen. Andererseits hatte Zira diesen Wunsch nun schon so oft geäußert und kein einziges Mal war darauf auch nur eingegangen worden. Sie alle wussten sehr gut, dass sowohl er als auch Chica das Tor öffnen konnten, wenn sie sich nur genug anstrengten und Zira wusste genau, dass sie es nur aus Angst vor Linda nicht offensichtlich taten. Zudem hatte Jerk noch zusätzlich Angst vor Chica. Wenn Zira was passieren würde, würde sie ihn persönlich umbringen. Sie hatte das Löwenjunge leib gewonnen, das bestritt sie schon gar nicht. „Bitte Jerk, nur einmal! Ich will nur einmal ein bisschen draußen rumlaufen!“, bettelte Zira und drückte sich noch enger an ihn. „Ich…“ Er sah unsicher zur Terrassentür. Chica war bisher auch noch nicht aufgetaucht, vielleicht hielt sie ja auch gerade Mittagsschlaf. Zudem hatte Zira ja recht, er verstand sie doch… „Bitte, wir sagen auch niemandem was.“, versprach die Löwin und setzte den gequältesten Blick auf, den sie auf Lager hatte. „Also gut!“ Er gab sich seufzend geschlagen und verfluchte sich jetzt schon dafür. Das würde bestimmt wieder damit enden, dass er von irgendwem, vornehmlich Chica, zur Schnecke gemacht wurde, ganz sicher. Ach, er und sein schwacher Wille. Es hatte schon Sinn gemacht Chica die meiste Verantwortung für Zira zu übertragen, sie war viel härter als er. „Ja! Du bist wunderbar, weißt du das schon?“, rief Zira überglücklich aus. Sie konnte für einen Moment selber nicht glauben, dass es so einfach war ihn zu überzeugen, aber sie hatte doch richtig gehandelt, abzuwarten dass Chica nicht dabei war. „Oh, glaub mir, ich hör das ständig!“, meinte er großspurig, konnte das schlechte Gefühl in seiner Magengegend jedoch nicht ganz ignorieren. Egal! Sie würden nur ein bisschen durch die Gegend streifen, was sollte schon passieren? Der Hund huschte mit Zira im Anhang eilig durch das hohe Gras und ließ seinen Blick über die Savanne schweifen. Es war Nachmittag, was bedeutete dass die meisten, wirklich gefährlichen Tiere jetzt dösten und sie wohl hoffentlich in Frieden lassen würden. „Jerk, du bist viel witziger als Chica, weißt du das?“, meinte Zira und trabte breit grinsend an ihm vorbei. Wunderbar, jetzt wollte sie auch noch die Führung übernehmen? „Toll, das werde ich sicher gut zu meiner Verteidigung aufbringen können…“, seufzte er und hechelte weiter, während Zira mit gespitzten Ohren einige Nashornvögel ausmachte, die am Boden nach Samen pickten. Ohne groß zu überlegen nahm sie Anlauf und rannte auf den Schwarm zu, der sich augenblicklich in alle Himmelsrichtungen davon machte. „Haha, diese dummen Vögel!“ Ziras Aufmerksamkeit war jedoch schon bald wieder woanders. All die fremden Gerüche waren so aufregend. Ihr kam es so vor als sei sie seit Ewigkeiten nicht mehr richtig draußen gewesen. Natürlich kamen ihr andauernd die spannendsten Dinge in die Nase geweht, aber sie konnte ihnen nie folgen. „Hey, wohin gehst du? Nicht so schnell!“, hechelte Jerk außer Atem und hatte Probleme mit ihr Schritt zu halten. Es war einfach zu heiß um zu rennen… oder zu gehen… oder zu atmen. „Was ist das?! Sind das etwa Vögel?“ Fasziniert von ihrer neuen Entdeckung wandte Zira sich wieder an den Hund und deutete aufgeregt in die Richtung, in der die seltsamen Tiere standen. Als Jerk sie schließlich eingeholt hatte erkannte er sofort, was sie meinte. In einiger Entfernung, hinter einigen Büschen unter einer Akazie, drängten sich ein paar Strauße im Schatten. „Ja, das sind Vogelstrauße… Komm, ich erzähle dir jetzt mal was über sie.“, meinte Jerk plötzlich und deutete zu ihnen. „Äh… Was? Warum tust du mir was über diese Vögel erzählen?“, hakte Zira nach. „Weil sie böse sind! Glaub mir, sie mögen wunderschöne Augen haben, aber sie sind böse!“, meinte Jerk ernst. „Aber es sind doch nur Vögel.“ „Und Nashörner sind nur sehr hässliche Gnus?“, erwiderte Jerk und schüttelte entschlossen den Kopf. „Nein Zira, Strauße sind das schlimmste was hier draußen lebt. Sie mögen dich vielleicht nicht fressen, doch sie töten aus reinem Spaß!“ Vielleicht kam es Zira in dem Moment nur so vor, aber irgendwie schien er ihr etwas… paranoid. Oder vielleicht hatte er auch nur schon schlechte Erfahrungen gemacht, so genau ließ sich das nicht sagen. Jedenfalls wurde sein Gerede immer mehr und immer wirrer. Zira hörte nach kurzer Zeit schon gar nicht mehr hin und allen Anschein nach beachtete Jerk sie auch nicht weiter. Er war viel zu gefesselt von seiner eigenen Erzählung und konnte den Blick nicht von den Laufvögeln nehmen. Und während er da so redete, tat Zira das, was sie schon die ganze Zeit tun wollte: sie setzte sich auf und ging einfach ihres Weges. Der unwiderstehliche Geruch von frischem Blut kam ihr Schwach aus einer Richtung entgegen und was auch immer da gestorben war, sie wollte es sehen. Jerk würde sie gleich danach wieder aufsuchen, er würde gar nicht merken, dass sie weg war. Zira eilte schnellen Schrittes durch das Gras und allmählich wurde der Geruch stärker. Ein großer, knorriger Baum schien der Ursprung zu sein und als sie näher an die Akazie herantrat, sah sie tatsächlich in einem der höher liegenden Äste eine tote Antilope. Oder zumindest das was von ihr übrig war. Sekunde, was war das, was ihre Mutter ihr mal eingebläut hatte? Sie hatte sich fernzuhalten von tiefen Gewässern wegen den Krokodilen, von Büffelkälbern wegen ihrer Mütter und von… Aas in Bäumen. Aber wegen was? Sie erinnerte sich nicht mehr daran, aber allein dass sie es wusste war Grund genug sich Sorgen zu machen. Wo war eigentlich… „Jerk? Hallo…“, rief Zira und drehte sich nach allen Seiten um. „Jerk!“, rief sie ein weiteres Mal, doch als wieder keine Reaktion von irgendwoher kam, zuckte sie nur die Schultern und gerade als sie einen Schritt zurück machen wollte um sich auf den Rückweg zu machen, bewegte sich einer der Äste des Akazie. „Ich fass es nicht, wer traut sich da an meine Beute?“, fauchte eine tiefe Stimme zu ihr herunter und zwei gelbe Augen funkelten sie in den Schatten an. Leoparden. Stimmt, ihre Mutter hatte sie stets vor Leoparden auf Bäumen gewarnt. Währenddessen durchlebte Jerk wohl die Hölle auf Erden. Als er nach ellenlangem Gerede endlich bemerkte das Zira über alle Berge war, war erst mal panisch und planlos durch die Gegend gelaufen, bis er schließlich einsehen musste, das er Zira allein nicht finden konnte. Er hatte den schweren Entschluss gefasst zurück nach Hause zu gehen und Chica die Geschichte zu erzählen. Und jetzt bekam er Buße… „Du hast WAS getan?! Wie konntest du sie nur verlieren?! Wie konntest du nur so blöd sein und die Kleine aus den Augen lassen? Einfach mit ihr da raus gehen! Wahrscheinlich wird sie schon von irgendwelchen Raubtieren belauert! Oder sie ist schon tot! Oder verletzt! Was hast du dir dabei gedacht? Ich könnte dich…“ Chica brachte den Satz nicht zu Ende und knurrte nur noch lauter. „Das wollte ich doch gar nicht… Ich dachte nur…“ „Du wagst es zu DENKEN?!“, knurrte Chica energisch und schlug ihre Pfote gegen den Boden. „Ich glaub’s einfach nicht! Ich wage es einmal Zeit für mich zu nehmen und dich und Zira unbeaufsichtigt zu lassen und einfach nichts zu tun und dann kommst du daher und erzählst mir diesen Mist!“ Sie schnaubte wütend, dann öffnete sie das Gartentor mit den Pfoten. „Hör zu: Wenn Linda kommt, dann halte sie auf! Was weiß ich, versuch sie übermäßig zu begrüßen, sie vom Garten wegzudrängen, nimm‘ ihr ihre Autoschlüssel weg, verwüste das Haus, was weiß ich! Sorg einfach dafür, dass sie nicht bemerkt dass Zira und ich weg sind! Ich geh jetzt auf die Suche nach der Kleinen, ich bin sowieso schneller als du. Mal wieder.“, zischte Chica und rannte schließlich so schnell ihre Beine sie tragen konnten davon, immer mit der Hoffnung eine Fährte zu bekommen. Sie musste sie einfach finden, denn sonst… sie wollte nicht daran denken was sonst war oder was sie sonst vielleicht finden würde… oder eben nicht mehr finden würde. Sie begann zu hecheln und schmeckte den Staub den sie aufwirbelte auf ihrer Zunge. Die Stelle an der Jerk Zira zuletzt gesehen hatte musste ganz in der Nähe sein und sie hoffte nun endlich eine Fährte zu wittern. Sie musste. „I-ich wollte nicht–“ Zira kam gar nicht dazu zu Ende zu reden, da der Leopard nun in einem eleganten Satz von dem Ast sprang, auf dem er bis eben noch gesessen hatte und nur wenige Meter von Zira entfernt auf dem trockenen Boden aufkam. „Du wolltest nicht meine Beute klauen? Natürlich nicht, auf den Baum würdest du wohl kaum hoch kommen.“, zischte der Leopard und begann Zira mit etwas Abstand zu umkreisen. „Nein, ich wollte nichts klauen, ich bin nur zufällig vorbei gekommen und wollte gerade gehen.“ Zira verhaspelte sich beinahe vor Aufregung und die Angst die in ihr wuchs machte ihr das Denken schwer. Sie machte einen Schritt zurück, wurde jedoch von dem Leoparden augenblicklich wieder zurückgedrängt. „Was denkst du was du da tust?!“ „Ich will nur geh–“ „Wo ist überhaupt dein Rudel? Was machst du hier alleine?!“ Für einen Moment schien der Leopard unkonzentriert und die Angst, dass jeden Moment ein ganzes Löwenrudel erscheinen würde um ihr in Not geratenes Mitglied zu retten, schien sich bei ihm melden. Zira wollte gerade zum Rückzug ansetzen und ihre Chance ergreifen, doch ehe sie sich versah packte plötzlich etwas ihr Hinterbein und zog sie höchst unsanft zurück. Das würde mit Sicherheit eine Beule geben. „Ich sagte bleib hier!“, brüllte der Leopard sie an und nun konnte sie die Tränen endgültig nicht mehr zurückhalten. „W-was willst du denn von mir? Ich geh doch schon!“, presste sie zwischen ein paar Schluchzern hervor und sah mit Entsetzen dabei zu, wie sich ein fast schon sadistisches Grinsen auf das Gesicht des Leoparden schlich. „Weißt du was ich mit dir machen werde?“ Er deutete hinter sich, auf die tote Gazelle auf dem Baum und sämtliches Blut wich ihr aus dem Kopf. Ihre Krallen bohrten sich in den Dreck unter ihr und die Tränen verschwammen ihre Sicht. Sie hätte nie von Jerk weggehen soll. „Ich werde dich da oben aufhängen, als Warnung an dein ganzes verdammtes Rudel, verstanden? Also mach das nicht schwerer als–“ Diesmal war es der Leopard der höchst unfreundlich unterbrochen wurde. „Hey! Was ist hier los?!“ Chica stand hechelnd und mit aufgestelltem Nackenfell und Schaum vorm Maul im Gras und sah in einigen Metern Entfernung zu den beiden Raubkatzen. Perfekt, natürlich musste das schlimmste nur mögliche Szenario passiert sein, warum auch nicht? Warum auch nicht ausgerechnet sie?! Sie hatte ja sonst nichts zu tun, ach war die Welt gut zu ihr! „Was zur…“ Der Leopard schien einen Moment ernsthaft verwirrt zu sein. Er hatte noch nie zuvor einen so hässlichen… was auch immer das war gesehen. Zira schien die Erleichterung über Chicas Ankunft ins Gesicht geschrieben zu sein, einzig und allein der Hund selbst war nicht glücklich über diese Gesellschaft. Warum auch? Sie kam sich nämlich plötzlich sehr, sehr, sehr klein vor. So klein, dass sie am liebsten umgekehrt und weggelaufen wäre. „Na los, los!“, bellte sie schließlich und warf Zira einen vielsagenden Blick zu, ehe sie einige Meter in die entgegengesetzte Richtung rannte. Der Leopard schien jedoch nicht wirklich zu wissen, wie er darauf reagieren sollte und blieb wie angewurzelt stehen. Noch immer zu nah um Zira fliehen zu lassen, doch Chica hatte einen Plan. Er erforderte all ihren Mut, aber wann benutzte sie den auch schon? „Hey, Mistvieh, komm doch!“, keifte sie mit gefletschten Zähnen und schnappte nach dem Schwanz der gefleckten Raubkatze. Und das schien tatsächlich Wirkung zu zeigen. Zumindest wand er sich jetzt von Zira ab und schlug erbost brüllend nach dem Windhund aus. Zira hatte sich indes hastig die Tränen aus den Augen gewischt, ergriff die Gelegenheit und hetzte sofort in die entgegengesetzte Richtung, was auch Chica sofort bemerkte und die junge Löwin in Windeseile einholte, den Leoparden noch immer dicht an den Fersen. Es ging nun um Sekundenbruchteile, wenn sie keine Zeit verschwenden wollte. Chica packte Zira im Rennen am Kragen und hoch das Löwenjunge unter größten Anstrengungen hoch. Sie wusste dass sie sie verlangsamen würde, aber vielleicht würde der Leopard seine Jagd ja beenden, denn immerhin war Chica immer noch schneller als er… und wesentlich ausdauernder als er es je sein könnte. Sie spürte die Erschütterung seiner Sprünge noch immer hinter sich im Boden, wagte es jedoch kaum nach hinten zu sehen. Im Augenwinkel sah sie gelegentlich eine ausgefahrene Kralle nach ihr greifen, doch jedes Mal verfehlte er sie. Noch. Sie musste es schaffen, sonst gab es kein Morgen mehr und Chica mochte ihr Leben ausgesprochen sehr. Doch Rettung nahte, denn inzwischen sah sie zumindest in der Ferne das Haus sich aus dem Gras erheben. Wenn sie die Geschwindigkeit beibehielt würde, nein, musste sie es schaffen! Der Wind rauschte ihr um die Ohren, gemischt mit den Geräuschen ihrer eigenen Sprünge und das Fauchen des Leoparden. Und dann, ganz plötzlich wurden die Schritte ihres Verfolgers dumpfer und leiser und als sie genauer hinhorchte und den Blick ein klein wenig wand, da sah sie wie die Entfernung immer größer wurde. Endlich! Sie wusste ja schon selber, dass sie verdammt gut war, in dem was sie eben konnte, aber es tatsächlich mal für etwas gebrauchen zu können… Nun, sie hoffte einfach, dass sie das nie wieder tun musste. Chicas Herz pumpte noch immer pures Adrenalin durch ihre Adern, als sie endlich völlig erschöpft zu Hause ankamen. Sie hatte den ganzen Weg nicht angehalten, sich kaum getraut nach hinten zu sehen, wäre ein paar Mal um ein Haar gestolpert, doch… sie lebte! Sie hatten es geschafft, sie waren sicher und das war zumindest mehr als die Antilope über sich sagen konnte. Ihre Beine zitterten, sie konnte kaum noch laufen. Wortlos schlüpfte sie in den Garten und lies Zira höchst unsanft auf den Boden fallen. Schuldbewusst sah die kleine Löwin zu Chica auf, doch in deren Blick war nichts als Wut. Kein Funken Verständnis oder Mitleid kam zu Tage und irgendwie hatte Zira das Gefühl, dass sie das auch nicht verdient hatte. Sie wollte ja schließlich nicht auf Chica hören und das schlimmste war, dass sie mit ihren Befürchtungen anscheinend auch noch recht gehabt hatte. „Tut mir L…“ Weiter kam Zira nicht, denn Chica fiel ihr sofort ins Wort. „Bist du wahnsinnig!? Wir hätten alle beide sterben können! Was fällt dir ein? Warum bist du abgehauen!?“, bellte die Hündin wutentbrannt und trat im Vorbeigehen nach Jerk, der sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte. „Hören wir besser auf sie… Komm, ich denke wir sollten sie in Ruhe lassen.“, versuchte Jerk die Situation zu entschärfen, bekam jedoch nur wieder ein weiteres gereiztes Knurren zu hören. „Ist sie sehr wütend?“, fragte Zira zittrig und folgte Jerk hinter den Akazienbaum. „Ja.“, antwortete er trocken, ehe er Zira zwischen seine Pfoten zog und seinen Kopf auf ihr abstütze. „Aber sie kommt darüber hinweg, das tut sie immer.“ Ja, wahrscheinlich stimmte das sogar. Kapitel 5: Erwachsensein ------------------------ Seit dem Vorfall mit dem Leoparden war inzwischen eine gefühlte Ewigkeit vergangen… oder zumindest einige Wochen. Zira wuchs jedoch allmählich und Ratten waren längst nicht mehr die größte Beute die sie erlegen konnte. Im Gegenteil, sie langweilten sie. Gut, sie hatte mal fast diesen Geier erwischt, aber da fehlten auch ein paar Zentimeter. Doch seit dem Zusammentreffen mit dem Leoparden ließ Chica nicht mehr zu, dass sie große Ausflüge unternahm und erst recht nicht allein. Zira war erst Jerk und inzwischen auch ihr fast schon über den Kopf gewachsen und ein zweites Mal konnte der Windhund sie mit diesem Gewicht nicht packen und mitnehmen. Alles hieran nervte Zira, um es mal milde auszudrücken, aber gleichzeitig wagte sie es noch nicht wirklich sich gegen irgendwen aufzulehnen. Sie vertraute Chica zu sehr um sich zu widersetzen und wagte es gleichzeitig auch nicht ihre Chancen auf Freiheit zu verspielen. Ihr war absolut klar, dass sie noch nicht gut genug jagen konnte um allein zu überleben und auch wusste sie, dass sie sich zu benehmen hatte um frei zu kommen. Selbst wenn sie über alle Berge wäre, woher wollte sie wissen, ob und wer ein halbwüchsiges Löwenjunge aufnehmen wollte? Linda gab ihr ja Futter und das war komfortabel, aber es konnte und durfte so nicht für immer weiter gehen. Doch heute lag etwas in der Luft, Zira spürte es schon beim Aufstehen. Es gab kein Futter und Linda ließ sich bereits vor Sonnenaufgang blicken. Sie verfrachtete Zira unter angestrengtem Stöhnen in den Kofferraum ihres Autos, nahm die Hunde hinzu und dann fuhren sie ein ganzes Stück durch die nächtliche Savanne. Ziras Erinnerung an ihre erste Fahrt war verschwommen und von der Trauer über den Verlust ihrer Familie überdeckt, aber auf jeden Fall wurde ihr schlecht davon. Erst als das Gefährt zum Stehen kam und die Tür geöffnet wurde, kam ihnen mit der kühlen Morgenluft auch der unverwechselbare Geruch von Gazellen entgegen. „So Chica…“ Linda ließ die Hunde zuerst heraus und öffnete dann auch Zira die Tür. „Zeig uns mal allen was du kannst.“ Tz, nicht als ob die sie verstehen würden… Zira sah misstrauisch zu ihnen. Chica konnte nicht jagen… zumindest hatte sie das noch nie gesehen. Aber gut, sie wollte ja nicht voreingenommen sein. Vielleicht würde das hier ja noch ganz spannend werden. Auf Lindas Befehl hin lief Chica etwas geduckter durch das hohe Savannengras und kam der dösenden Herde immer näher. Es wäre gelogen zu sagen, dass sie sich anschlich, aber der Wind stand günstig und das Gras reichte ihr fast bis über den Kopf. Die Morgendämmerung hob die Gazellen ein wenig gegen die aufgehende Sonne ab und Chica konnte nun zumindest ein wenig erkennen, wo welches Tier stand. Sie brauchte nur kurz um sich für ein Opfer zu entscheiden und wusste, dass das hier nicht allzu lange dauern würde. Es war ein altes, gebrechlich wirkendes Tier, das am Rand der Herde stand und einige Grashalme fraß. Chica schoss aus dem Stand aus dem hohen Gras heraus und hatte innerhalb weniger Sekunden auf eine Geschwindigkeit beschleunigt, mit der sie mit den Gazellen mit Leichtigkeit mithalten konnte. Die Herde brach sofort in Panik zu allen Seiten aus und flüchtete sich ins höhere Gras. Sogar die alte Gazelle war noch überraschend schnell und Zira war ernsthaft erstaunt darüber. Doch das schwächelnde Tier wurde von Chica langsam aber sicher ins Abseits gedrängt, trotz einiger Versuche wieder an Abstand zu dem Windhund zu gewinnen. Diese hetzte sie unerbittlich weiter und schnappte ein paar Mal nach den Beinen der Gazelle je näher sie ihr kam. Und dann wurde sie plötzlich langsamer. Chica preschte noch einige Zentimeter vor und schließlich bohrten sich ihre Zähne tief in den Oberschenkel der Gazelle. Sie gab keinen Schmerzenslaut von sich als sie von Chicas Körpergewicht zu Boden gerissen wurde und außer dem Geräusch von aufgewühltem Boden hörte man nichts. Zira stellte neugierig die Ohren auf und versuchte irgendwas zwischen dem hohen Gras zu erkennen, doch außer den ausschlagenden Beinen der Gazelle konnte sie für einen Moment nichts erkennen. Doch als der Staub sich lichtete und das Gras zur Seite gedrückt wurde, erkannte sie Chica, die der Gazelle mit aller Kraft in die Kehle biss. Diese riss zwar das Maul auf, doch kein Laut entkam ihr. Blut floss und spritzte auf die Erde, während Chica die Gazelle mit aller Kraft auf den Boden drückte. Der schwere Geruch von Blut, Schweiß und aufgewühlter Erde mischte sich in den Morgennebel. Zira fand diese Mischung unglaublich aufregend, sie versprühte Anspannung, Erregung und den unaufhörlich wachsenden Wunsch es Chica augenblicklich gleichzutun und ebenfalls der Beute hinterherzujagen. Es brauchte noch ein paar tiefe Bisse Chicas und dauerte seine Zeit, aber nach und nach hörte die Gazelle auf zu zappeln. Die Stimmung schlug in dem Augenblick um, in dem Chica von dem Kadaver abließ und mit blutverschmiertem Maul und stark hechelnd zu Linda sah, die bereits auf sie zukam. Plötzlich legte sich alle Anspannung und die gewohnte Gleichgültigkeit legte sich wieder über Chica. Die Überlegenheit auf ihrem Gesicht konnte sie aber, mal wieder, nicht gänzlich verstecken. Lindas Lob und Zuneigung waren genug um sie ihre ach so stolze Fassade kurz vergessen zu lassen. Zira kam nur zögerlich näher und schielte aus dem Augenwinkeln auf die tote Gazelle. Die Blutlache um sie herum wurde immer größer und der Ausdruck des Schrecks war ihr noch immer ins Gesicht geschrieben. Sie wusste zwar, dass das eben nötig war, aber bei Ratten war es immer was anderes gewesen. Da ging das Töten schneller, aber hier… Sie wusste auch nicht, irgendwie tat ihr die Gazelle fast schon leid. Andererseits war sie ernsthaft beeindruckt von dem Windhund, dass sie dazu fähig war. Zira hätte es ihr nie wirklich zugetraut und sie so dabei zu sehen war… außergewöhnlich. Sie hatte plötzlich sogar Zweifel daran, ob sie je in der Lage sein würde selbst solche Beute zu schlagen. Die Gazellen waren vergleichsweise klein, aber sie zu töten würde trotzdem schwieriger werden, als alles woran sie sich bisher getraut hatte. „Na los Kleines, du bist dran.“, meinte Linda und stopfte den Kadaver währenddessen in einer Tasche in ihr Auto. Zira näherte inzwischen sich mit aufgestellten Ohren und geduckt den übrigen Gazellen, die sich in einiger Entfernung allmählich wieder sammelten und wohl hofften für heute Nacht von weiteren Angriffen verschont zu bleiben. „Denk daran, wenn du sie tötest musst du ihnen entweder die Luft abwürgen oder die Kehle durchbeißen. Oder beides. Konzentriere dich auf jeden Fall auf den Hals. Sobald du erstmal Blut schmeckst ist das alles gar nicht so schwer.“, riet Chica ihr noch, bevor Zira sich endgültig davonschleichen konnte. „Wenn das alles ist…“, murmelte sie und warf einen letzten Blick zu Chica, die ihr bestätigend zunickte. Es wurde Zeit, dass Zira sich an echte Beute wagte und wenn sie alle Abläufe so gut beibehalten hatte wie bei den Ratten, dann würde das schon werden. Sie konnte die Theorie zumindest bei denen gut umsetzen, das war ein Anfang. Zira verschwand schließlich im hohen Gras und prüfte zunächst den Wind. Es gab keinen. Gut, wenn die Luft schon stand, dann würde ihr zumindest auch kein ungünstiger Windhauch die Jagd verderben. Hoffentlich. Zira verlangsamte ihre Schritte, als die Herde in Sichtweite kam. Inzwischen war es hell genug um einen besseren Blick auf alle Gazellen zu haben. Sie waren noch immer aufgewühlt von dem vorangegangenen Angriff, aber sie schienen sich allmählich zu beruhigen. Zira hoffte nur, dass ihr Magen sie nicht verraten wurde. Sie duckte sich etwas tiefer in das Gras, als sie nervöses Schnauben der Gazellen wahrnahm, doch nach einigen sehr langen Sekunden hörte das wieder auf und sie schienen sich, eine nach der anderen, wieder der Futtersuche zuzuwenden. Zira machte vorsichtig zwei Schritte näher an die Herde zu. Ihr Rücken war angespannt und sie hatte damit zu kämpfen nicht sofort die Krallen auszufahren. Eine schlechte Angewohnheit, meinte Chica immer. Bevor sie so weit denken konnte, musste sie sich erstmal eine der Gazellen aussuchen, die am nächsten bei ihr standen. Da gab es ein älteres Tier, eine Mutter mit Jungen… und eine junge Gazelle, die jedoch ein Bein etwas nachzog. Das sah doch gut aus, vielleicht hätte Zira Chancen bei ihr. Vielleicht hätte sie Zira sogar leidgetan, aber ihr Magen war wesentlich lauter als Mitleid für ein potentielles Beutetier. Zudem hatte sie im Laufe ihres bisherigen Lebens nun wirklich schon oft genug mitbekommen, wie überlegen Raubtiere, vor allem Löwen, ihnen waren. Außer Elefanten, aber die… Nein, die waren einfach nur gruselig. Zira hob ein wenig den Kopf um einen besseren Blick auf die alte Gazelle zu bekommen, bereute es einen Moment später jedoch sofort wieder. Sie hatte sich zu schnell bewegt und die Gazelle mit dem Jungen war sofort alarmiert. Sie machte ein paar große Sätze weg von Zira, näher in das Zentrum der Herde und auch die verbliebenen beiden Tiere folgten dem Beispiel ihrer Artgenossen. Zira fluchte still in sich hinein, versuchte jedoch die Ruhe zu bewahren und atmete leise durch. Also, nochmal. Sie setzte vorsichtig eine Pfote vor die andere und versuchte den verlorengegangenen Abstand wieder wett zu machen. Jedoch wurde das Gras immer kürzer je näher sie der Herde kam und schließlich traute sie sich keinen Schritt mehr näher. So tief konnte sie sich gar nicht bücken. Und nun wartete sie. Sie konnte das inzwischen schon wesentlich besser als am Anfang und ganz egal wie lange sie hier verbleiben würde, sie war fest entschlossen eine der Gazellen zu erwischen. Vorzugsweise die Hinkende, an der war auch mehr dran. Aus ihrem Versteck heraus würde ein Sprung sogar bis zu dieser reichen, wenn sie genügend Kraft aufbrachte. Sie könnte entweder aus dem Stand auf sie zuspringen, oder einen kurzen Sprint hinlegen und dann hoffen sie zu erwischen. Sie betrachtete nochmals die Entfernung zwischen ihnen und entschied sich schließlich für Zweiteres. Vor allem lief ihr die Zeit davon, denn ihre Beute wurde wieder nervöser. Außer das verletzte Tier, das graste noch immer in aller Ruhe. Also gut, die Entscheidung war gefallen. Zira drehte sich so leise wie möglich der verletzten Gazelle zu, die Hinterbeine und Schultern angespannt. Sie atmete leise ein, dann sprang sie ab. Mit einem gewaltigen Satz schoss sie aus dem hohen Gras auf der kahlgefressenen Erde. Die verletzte Gazelle vor ihr war nur noch wenige Meter von ihr entfernt und erkannte erst jetzt die Gefahr in der sie erneut schwebte. Erneut brach Panik in der Herde aus, doch Zira hatte nur Augen für das hinkende Tier. Während dieses sich noch in der Luft umdrehte war Zira im schon wieder ein Stück näher gekommen und setzte sofort zur Verfolgung an. Das Bein machte ihm tatsächlich Probleme beim Laufen und zu Ziras großer Zufriedenheit sah sie, dass sie schneller war. Es fehlte nur noch ein kleines Stück, nur eine Kopflänge und– Die Gazelle schlug einen Haken und Zira musste erschrocken feststellen, dass sie für einen Moment in die falsche Richtung rannte. Das hier kostete sie wertvolle Augenblicke und ein frustriertes Knurren entfuhr ihr. Ja, das hier war bei den Ratten einfacher gewesen. Sie war trotzdem noch schneller als die Gazelle. Ziras Atmung wurde schwerer als sie ihr näher kam und sie spürte, dass sie diese kleine Verfolgungsjagd nicht mehr lange aufrechterhalten konnte. Sie musste dem jetzt ein Ende bereiten, sonst würde sie es nie schaffen. Sie setzte zum entscheidenden Sprung an, die Krallen ausgefahren und das Maul weit aufgerissen. Und tatsächlich erwischte sie, wenn auch knapp, die Kruppe der Gazelle und riss sie mit sich zu Boden. Ihre Krallen bohrten sich tiefer in den Schenkel der Gazelle und Zira zog sie näher an sich, bekam jedoch sofort einen Tritt in den Magen verpasst. Aber sie hing ihrer Beute jetzt schon an den Schultern und verbiss sich schließlich in deren Nacken. Das warme Blut schoss ins Maul und plötzlich fühlte sie den unstillbaren Drang es zu beenden in sich aufkommen. Das hier war mehr als eine Ratte, das hier war so viel einnehmender und größer als alles was sie bisher getan hatte! Das hier gab ihr nicht einfach nur einen kurzen Glücksmoment, wenn sie einer Ratte das Genick brach, das hier war mehr. Zira verbiss sich nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen schließlich in der Kehle der kreischenden Gazelle, doch sie verstummte schon bald. Alles was Zira wahrnahm war das warme Blut in ihrem Maul, das Adrenalin was ihr durch die Adern schoss und den unbändigen Willen es zu Ende zu bringen. Jetzt loszulassen, egal wie sehr sich die Gazelle auch wehrte, wäre eine solche Verschwendung. Ihre Krallen zogen lange Kratzer durch die Haut der Beute und als sie ihren Biss noch wenig verfestigte, traf ihr Eckzahn plötzlich auf etwas. Eine Hauptschlagader der Gazelle wurde durchtrennt und mit diesem letzten Akt sank das Tier endgültig in sich zusammen. Zira ließ noch immer nicht locker, selbst als das Blut ihr in die Augen spritzte und sie spürte, dass die Gazelle tot war. Es dauerte seine Zeit biss sie sich wieder soweit gesammelt hatte um von ihr abzulassen. Irgendwo in der Ferne konnte sie Schritte hören, doch niemand, nicht mal die Hunde, würden ihr das hier streitig nehmen. Sie nahm sich jedoch kurz Zeit um sich die Gazelle genauer anzusehen. Sie war kein Zebra, eher klein, aber es war Beute, richtige Beute! Aber der Stolz über das was sie eben getan hatte brach über sie herein. Sie hatte bei ihrem allerersten Versuch ganz allein ein Tier getötet! Na gut, ein krankes Tier, aber immerhin ein Tier... welches größer war als eine Ratte. Ihre Atmung beruhigte sich allmählich und sie nahm einen ersten, großen Bissen aus dem Oberschenkel der Gazelle. Das hier schmeckte anders als da Fleisch was sie sonst vorgesetzt bekam, das hier war frischer, wärmer und es fühlt sich einfach ganz anders an es zu fressen. Zum ersten Mal hatte sie tatsächlich das Gefühl dass es ihr aus gutem Grund gehörte, weil sie tatsächlich etwas dafür getan hatte. Es war immerhin eine echte, richtige Gazelle und sie war einfach nur stolz auf sich, sie allein getötet zu haben, auch wenn sie im Grunde leichte Beute für jeden gewesen wäre. Sie hörte Linda und die Hunde näher kommen, doch sie warteten in einiger Entfernung darauf, dass sie zu Ende fraß. Insbesondere Linda würde sich ganz bestimmt nicht zwischen eine potentiell körperlich überlegene Löwin und ihre Beute stellen. Erst als Zira nach ein paar Minuten von der Gazelle abließ und sich von dieser abwandte kamen die drei zu ihr. „Sehr gut, das wird doch mit dir!“, lobte Linda die Löwin zufrieden und schulterte den halb aufgefressenen Kadaver um ihn in ihr Auto zu bringen. Das war immerhin noch gutes Fleisch. „Na dann… Das Frühstück ist gerettet.“, meinte Jerk und tapste treudoof hinter ihr her, jedoch nicht ohne Zira davor einen anerkennenden Blick zuzuwerfen. Bisher war Chica immer die Einzige gewesen, die Jerk kannte, die Tiere der Größe jagen konnte. Es war einfach mal schön zu sehen, dass sie eben nicht unanfechtbar in ihrem Tun war. „Und wie fandest du das?“, fragte Chica indessen hochzufrieden und sah mit ihrem typischen, arroganten allwissenden Blick zu ihr. Sie liebte es Recht zu haben. „Es war… unglaublich. Ich meine dieses Gefühl war noch intensiver als bei den Ratten, das… Das hat richtig Spaß gemacht!“ „Ja, solange man gewinnt glaub ich dir das. Aber Zira, wag es bloß nicht rein aus Spaß zu jagen, früher oder später wirst du das bereuen.“ „Pf, warum sollte ich? Ich bin gut, das hat sogar Linda gemeint.“ „He, du hattest Glück und Können, aber wenn du mal Pech hast und in einer Gazellenherde keine kranken, alten Tiere dabei sind, dann wirst und nach drei Tagen ohne Futter froh sein nicht mehr jagen zu müssen, solltest du denn endlich irgendwas erwischen. Ich will dir keine Angst machen, aber jagen ist kein Spaß. Jedenfalls wird es das irgendwann nicht mehr sein.“ „Ach was, nun übertreibst du aber.“, schnaubte Zira und schüttelte nur den Kopf. Sie würde mit der Zeit nur noch besser werden, das hier war jedoch schon ein guter Anfang. Als sie wieder auf Lindas Grundstück waren, strotze Zira nur so vor neugewonnenem Selbstbewusstsein. Sie hatte wirklich natürlich Bedenken gehabt, ob sie die Gazelle tatsächlich töten könnte, aber sie hatte sich selbst das Gegenteil bewiesen und das war mehr als sie gedacht hatte. Der Gedanke, dass sie sich auf sich selbst verlassen konnte, dass in ihr mehr schlummerte als ein Rattenvertilger, war aufregend und sie bekam diese Unruhe nicht mehr von sich los, die sie zu mehr drängen wollte. Sie hatte absolut keinen Hunger mehr, aber sie wollte trotzdem mehr töten, sich an mehr Tieren versuchen. An Schakalen, an anderen kleinen Gazellen und jungen Warzenschweinen. Es gab da draußen so viele Möglichkeiten und sobald sie hier raus war, standen sie ihr alle offen. Der Blutrausch war gewaltig gewesen und wenn das ab jetzt jedes Mal so werden würde, gab es für sie, sobald sie erstmal erwachsen war, keine Grenzen mehr. Und schon bald war es soweit. Sie würde sich das Rudel suchen von dem diese Löffelhunde geredet hatten und dann wäre alles wieder… besser. Es ging ihr hier ja gut und sie würde zugegebener Maßen die Hunde doch ein wenig vermissen, aber sie hatte bis jetzt überlebt und sie kam damit klar, dass ihre Familie tot war. Nichts und niemand würde sie kleinhalten können und sie hatte nicht vor wie ihre Brüder und Mutter zu enden. Sie war stärker als sie, sie war die einzige die noch da war und sie würde überleben. Vielleicht sprach nur der neue Stolz aus ihr, aber das war der Plan. Kapitel 6: Neue Freunde ----------------------- Heute war das erste mal, dass Zira Regen sah. Zum allerersten mal seit sie denken konnte sah sie mit eigenen Augen, wovon all die anderen Tiere immer so geschwärmt hatten und all die Gerüche die in der dunstigen Hitze schwer in der Luft lagen waren betörend. Sie glaubte alles zu riechen, selbst das Erdreich tief unter sich. Es war ein unglaubliches Erlebnis und zum ersten mal wurde ihr bewusst, dass die Welt um sie herum nicht nur trocken und heiß sein musste. Es ging auch anders und wenn sie den Erzählungen der anderen Tiere Glauben schenken durfte, dann würden die Pflanzen schon bald völlig anders aussehen. „Woah, pass auf wo du deinen riesigen Hintern hinparkst.“ Jerk sprang erschrocken auf, während Zira es sich neben ihm gemütlich machte und die kleine Erdkuhle, in der er bis eben noch gesessen war, für sich beanspruchte. „Oh, ich werde noch größer, keine Sorge.“, meinte sie nur belustigt. Sie ruckte ein Stück zur Seite und bot ihm den Platz neben sich an, was er jedoch ausschlug. Der Regen sickerte in ihr Fell und obwohl sie es anfangs gar als erfrischend empfunden hatte ging es ihr inzwischen nur noch auf die Nerven. Alles klebte an ihrer Haut fest und war unerträglich schwer geworden. „Schon gut, Kleines. Es gibt sowieso gleich Essen. Zudem, unter uns…“ Jerk sah sich unauffällig nach Chica um und drückte seinen Kopf an Ziras. „Ich glaube ja, dass es bald soweit ist, dass du wieder raus kommst. So richtig diesmal.“ „Wirklich?“ Zira hob neugierig den Kopf. Jerk hatte nicht wirklich oft wirklich wichtige Dinge zu verkünden gehabt, aber das hier… Nun, das hier war das mit Abstand bedeutendste was sie je von ihm gehört hatte. Andererseits kam es von ihm und wenn Chica das Gegenteil behaupten würde, wusste sie schon wer Recht hatte. „Ja! Linda hat es gestern Abend vor sich her gemurmelt.“, versicherte Jerk ihr. „Hat sie auch gesagt warum?“, hakte Zira aufgeregt nach und folgte Jerk zum Tor. „Naja, ich glaube du machst ihr langsam Angst.“ „Ich hab ihr doch nie was getan.“, verteidigte Zira sich entrüstet und schnaubte auf. Sie war nicht angsteinflößend, sie fand sich ziemlich nett! Sie war höchstens Überzeugt von ihren Fähigkeiten, aber das war was ganz anderes. „Das…“ Jerk stockte und sah sie mitleidig an „Das hat damit nichts zu tun. Du bist ein bisschen zu groß geworden um als gänzlich ungefährlich zu gelten. Für sie.“ „Gut… Das ist dann ihr Pech. Und mein Glück.“ Zira konnte das überhebliche Grinsen einfach nicht lassen und Jerk nahm es ihr nicht mal übel. Sie wollte das hier nie, sie wollte von Anfang an lieber draußen in der Wildnis sein, von wo sie kam, auch wenn es sie zu früheren Zeitpunkten umgebracht hätte. Es war also nur verständlich, dass diese Nachricht sie erfreute und auch wenn er sie lieb gewonnen hatte, so wurde allein ihre Größe allmählich… beängstigend. Es war besser so und sie alle wussten es. „He, aufwachen, wir machen einen Ausflug.“ Lindas Stimme durchschnitt die Stille und Zira sah merklich irritiert zu ihr. Es war mitten in der Nacht, stockdunkel und bisher waren sie noch nie so früh jagen gegangen. Heute war etwas anders. Sie spürte es, in der Luft, der Stimmung und letztlich auch an in jeder Bewegung die Linda machte. Eine Vorahnung kam in Zira auf und die Hoffnung würde nicht schwinden, bis ihr das Gegenteil bewiesen wäre. Jerks Halsband klimperte irgendwo in der Dunkelheit und lediglich Chica kam ihr mit wedelndem Schwanz entgegen. „Na… hat dir ein kleines, sabberndes Vögelchen schon erzählt was passieren wird, hm?“ Sie setzte sich erwartungsvoll zu Zira und legte den Kopf schief. Sie beide wussten was passieren würde, da war sie sich sicher. Zira wusste zwar nicht woher sie es wieder einmal wusste, aber Chica war… aufmerksam. Sie bekam alles mit. „Vielleicht?“, entgegnete Zira mit halb angelegten Ohren, was Chica nur ein amüsiertes Schnauben entlockte. Ja, sie wusste es. „Das wird spannend, keine Frage. Reiß dich nur auf der Fahrt zusammen. Keine aufgerissenen Sitze, ja?“ Chica hatte wieder dieses tadelnde, strenge an sich wenn sie ihr sowas erklärte. Als ob Zira es nicht selber wusste… „Ja doch, ich weiß, ich bin kein kleines Junges mehr!“, stöhnte Zira genervt auf und setzte sich vor das Grundstückstor. „Ich weiß… Sei nur nicht zu aufgeregt. Nervosität lockt die Leoparden an.“ Chica sah fast schon traurig aus, doch sie war die letzte die vor Zira rumheulen würde. Doch ihr Gespräch wurde jäh von Linda unterbrochen, die gerade das Tor für sie öffnete. „Na auf, hier her.“ Linda klatschte sich auf die Oberschenkel und hielt die Tür ihres Wagens auf. Zira hatte das jetzt schon oft genug getan um zu wissen, dass es immer damit endete, dass sie irgendwo hinfuhren und sie jagen durfte. Doch heute würde es endgültig werden. Es war besser so. „Au, pass doch–“Jerk kam jedoch nicht dazu seine Beschwerde vollständig auszusprechen. „Schnauze!“, knurrte Chica gereizt und warf ihm einen drohenden Blick zu. Das einzig gute momentan war die kühle Luft von draußen und das war es auch schon. Die Fahrt war holprig und sich zwischen Zira und Jerk zu quetschen war schrecklich. Es mal eine kurze Zeit ertragen war in Ordnung, aber das hier ging jetzt seit Stunden. Zira war die einzige, die das irgendwie zu ertragen schien und gar darüber lachte, wie die Hunde mit dem wenigen Platz neben ihr zu kämpfen hatten. „Ihr könnt euch auch auf mich setzen, bitte reißt euch jetzt nicht in Stücke.“, meinte Zira kichernd. „Kleines, du bist warm. Ich schlage mich lieber mit Jerk um den ach so großzügigen Luftschlitz. Ist dir nicht warm?“, fragte Chica und drückte das Maul zum Fenster raus. „Hm, es geht.“, meinte Zira nonchalant, auch wenn sie es tatsächlich warm fand. Selbst dafür, dass es noch immer Nacht war, aber niemals würde sie das zugeben. Sie nahm jede Chance wahr sich gegenüber den Hunden überlegen zu fühlen und das war nur noch schlimmer geworden, seit sie größer war als sie. „Hey, ruhe da hinten, allesamt.“, befahl Linda und warf ihnen einen strengen Blick über die Schulter zu. Aber sollten sie sich ruhig die Köpfe einschlagen, einen Unterscheid machte das auch nicht mehr. Sie waren nämlich an ihrem Ziel angekommen. „So, raus mit euch.“ Linda hielt an und öffnete ihnen die Tür. Da waren sie also. Zira versuchte in der Dunkelheit irgendwelche ihr bekannten Orte zu erkennen, aber hier war sie ganz sicher noch nie gewesen. Weder die Gerüche noch sonst was kam ihr bekannt vor und sie waren tatsächlich sehr lange gefahren. Am Horizont war sogar das erste Licht der Morgendämmerung zu sehen und auch wenn sie nicht alles erkannte, so roch es gut. Sie roch noch schwach Antilopen und Zebras und das bedeutete zumindest Futter. Im schlimmsten Fall eben Aas. „Na dann, es wird Zeit…“ Linda streichelte Zira ein letztes Mal über den Kopf, ließ jedoch recht schnell von der Löwin ab, als diese ihr ein genervtes Brummen entgegenbrachte. Eigentlich war Zira noch zu klein. Eigentlich. Aber ihr gingen allmählich die Möglichkeiten aus, sich entsprechend um sie zu kümmern und sie wurde immer größer. Irgendwann würden die Hunde sie nicht mehr beschützen können und sie hatte ihr Bestes getan um der Löwin irgendwas beizubringen und zumindest so groß werden zu lassen, dass sie sich wenigstens gegen ein paar Feinde verteidigen konnte. Der Rest lag jetzt nicht mehr in ihren Händen. „Tja, jetzt ist es so weit, hm?“ Jerk sah seufzend zu ihr und setzte sich unentschlossen hin. Irgendwie tat das hier doch etwas mehr weh als er gedacht hätte. Er fragte sich ob Chica es sich anmerken lassen würde. Tat sie nicht. „Wir sind stolz auf dich. Pass auf dich auf und denk an die Leoparden.“ Chica warf ihr ein neckisches Grinsen zu und deutete mit der Schnauze auf die Weite vor sich. „Und die Wildhunde.“ „Immer doch, ich hatte schließlich die schlimmsten Hunde von allen als Gesellschaft.“, antwortete Zira und musste sich bei Chicas Augenrollen ein amüsiertes Kichern verkneifen. Sie liebte es sie zu ärgern und das hier war ihre letzte Chance dazu. „Es ist etwas Neues. Jetzt fängt dein Leben erst richtig an. Und denk immer an das was ich dir über Rangordnung und Unterwürfigkeit erzählt habe. Du bist noch sehr jung. Stolz und Arroganz liegen dicht beieinander.“, meinte Chica mit diesem nervigen, belehrenden Ton in der Stimme. Immer das gleiche bei ihr. „Ich muss es wissen.“ „Oder wie ich sagen würde: Pass auf dich auf solang es kein anderer tut.“, fügte Jerk grinsend hinzu. „Das tu ich doch immer!“, entgegnete Zira. Sie war zu aufgeregt um ernst zu sein und die Neugierde für die Welt vor sich war größer als der Abschiedsschmerz. Selbst die Tatsache, dass sie allein hier draußen war konnte sie nicht ängstigen. Das hier war es, was sie schon so lange wollte und nichts hätte ihre Freude darüber trüben können. „Jerk, Chica, kommt.“ Linda hatte anscheinend nicht vor allzu lange hier zu bleiben und das war es also, der große Abschied. „Wir meinen es ernst. Wir werden uns wahrscheinlich nie wieder sehen.“ Chica seufzte schwermütig und drückte den Kopf ein letztes mal an die Löwin „Pass auf dich auf.“ „Keine Sorge. Das ist es was ich immer wollte und das lass ich mir nicht nehmen.“, versicherte Zira und schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln. Es würde schon gut gehen, sie wusste genug um sich irgendwie durchzuschlagen. „Na dann wird es stimmen. Leb wohl.“ Chica sah noch einmal kurz über ihre Schulter zu Zira, ehe sie sich umdrehte und zurück zu Linda in das Auto sprang. Jerk zögerte. Es gefiel ihm noch immer nicht so wirklich Zira allein zu lassen, einfach weil sie noch so jung war. Andererseits hatte sie ihnen oft genug erzählt was ihre Pläne für die Zukunft waren und so wie er sie kannte würde sie das sogar schaffen. Sie war stur und ein bisschen arrogant und die anderen Löwen würden ihr schon sehr bald klar machen, was geduldet wurde und was nicht. „Hör auf sie. Du weißt wie sie wird, wenn man nicht auf sie hört.“, meinte er schließlich leise. „Mach du dir nicht auch noch Sorgen!“, murrte Zira und rollte genervt die Augen. Wie oft wollten sie ihr das noch sagen? Sie wusste schon was sie tun musste. Ihre Mutter hatte ihr einiges beigebracht, zwar nicht alles, aber es würde schon reichen. Es musste. „Wir alle wissen, dass anderes für dich besser gewesen wäre… Ich hoffe einfach, dass du… Ich wünsche dir einfach alles Gute.“ Er schnaubte amüsiert. Wahrscheinlich würde Zira im Leben keinen Gedanken mehr an sie verschwenden, aber er wollte einfach glauben, dass sie ein gutes Leben führen würde. Jerk war kein so guter Schauspieler wie Chica und konnte bei weitem nicht so gut überspielen, wie traurig ihn dieser Abschied eigentlich machte. Zira jedenfalls hatte fast schon Mitleid mit ihm, einfach weil er es so schwer zu nehmen schien. „Danke für’s Durchfüttern.“, meinte sie und warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu. Das hier war ihr langersehnter Tag, er sollte nicht diesen bitteren Nachgeschmack behalten. Zudem musste sie jetzt wirklich endlich los. Sie wollte noch vor Tagesanbruch herausfinden wo nun dieses Geweihte Land war, von dem die Löffelhunde damals gesprochen hatten und sich so schnell wie möglich dorthin auf den Weg machen. Vielleicht schaffte sie es noch vor der nächsten Nacht dort anzukommen und so der Gefahr von Leoparden zu entgehen. „Danke für’s nicht auffressen.“, entgegnete Jerk und seufzte. Es war Zeit. „Alles Gute.“ Zira drückte ihm im Vorbeigehen die Stirn gegen die Seite und ehe er noch etwas erwidern konnte war sie mit schnellen Schritten im hohen Gras verschwunden. Sie war endlich wieder da wo sie hingehörte. Es war besser so. Es ließ sich nicht mal im Entferntesten der Geruch von Löwen ausmachen, nicht hier und auch nirgends sonst, wo Zira bisher vorbei gelaufen war. Die Morgendämmerung hob sich inzwischen überdeutlich vom Horizont ab und das Gezwitscher der Vögel war unüberhörbar. Soweit Zira das erkennen konnte, so war diese Gegend hier so viel fruchtbarer als sie es gewohnt war. Das Gras und die Büsche vor denen sie stand rochen sogar üppiger und die Erde unter ihren Pfoten war noch immer feucht, obwohl sie keinen Regen mehr in der Luft riechen konnte. Und fruchtbarer Boden bedeutete fettere Beute. Ja, ihr würde es hier gefallen, aber sie musste unbedingt nach diesem Geweihten Land Ausschau halten. Vielleicht wussten irgendwelche Vögel Bescheid. Die kamen weit rum und zudem waren sie keine Gefahr für sie. Es war verrückt, aber obwohl sie sie überall zwitschern hörte, konnte sie keinen einzigen in den dichten Blättern der hiesigen Vegetation erkennen. Sie blieb schließlich unter einem Baum stehen und starrte konzentriert ins Blätterwerk hinauf. Sie könnte es doch einfach mal auf gut Glück mit fragen probieren, nicht? „Hey! Entschuldigung, ihr Vögel, ich habe eine Frage! Hallo?“, rief sie so nett wie möglich den Baum hoch, doch nichts tat sich. Sie hörten sie entweder zwischen ihrem Gezwitscher nicht oder ignorierten sie absichtlich. Gut, dann würde sie es eben woanders versuchen. Zira trabte durch das feuchte Gras zum nächsten Baum und sprang auf einen tiefer hängenden Ast. Diesmal sah sie sogar wie ein paar Vögel in dem Baum erschrocken in die Höhe flogen. Sehr gut, das bedeutete, dass sie sie gesehen hatten und nicht einfach so tun konnten, als wäre sie nicht da. Also auf ein Neues. „He, ihr da, ihr Vögel! Ich habe eine Frage!“ Sie stemmte sich mit den Vorderbeinen am Baumstamm ab und versuchte sich so weit es nur ging auf die Hinterbeine zu stellen. Sie sollten ruhig merken, dass sie mit ihnen sprach. „Könnt Ihr mir helfen? Ich suche das Geweihte Land!“ „Was sollten wir dir helfen? Runter von unserem Baum!“, kreischte plötzlich eine Stimme und bevor Zira reagieren konnte, spürte sie einen kleinen Stein auf ihrem Kopf landen. Es tat nicht weh, aber sie erschrak sich dennoch. Der erstaunlich kleine Vogel mit dem viel zu großen Selbstbewusstsein schien sich jedoch zu freuen. „Hey! Was sollte das, seid ihr bescheuert?!“, fauchte sie empört und rieb sich den Kopf. „Runter!“, krächzte der Vogel weiter und sammelte bereits im Sturzflug den nächsten Kiesel vom Boden auf. „Ich will nur wissen wo das Geweihte Land ist, was ist los mit euch?“, zischte Zia merklich gereizt. Wenn dieses dämliche Vieh es noch einmal wagen würde, sie zu bewerfen würde, würde sie es auffressen! „Immer geradewegs nach Osten, da, der Sonne entgegen! Und jetzt verschwinde!“ Der nächste Kiesel war bereits wurfbereit im Schnabel des Vogels und Zira hatte absolut keine Lust sich noch länger mit diesem dämlichen Ding zu beschäftigen. Gut, nach Osten. „Danke, zu freundlich!“, bedankte sie sich gespielt freundlich und bleckte im Vorbeigehen die Zähne. Hoffentlich musste sie nie wieder mit einem Vogel sprechen. Seit ein paar Stunden tat sie nun das, was der Vogel ihr gesagt hatte. Sie hielt beständig die Richtung nach Osten bei und auch wenn sie es nicht für möglich gehalten hätte, so wurde das Gras hier sogar noch grüner. Sie sah sogar schon richtige kleine Zebraherden, für die sie jedoch noch zu klein war. Sie hatte Hunger und sollte vielleicht demnächst irgendwas erlegen, aber bisher hatte sich noch keine gute Gelegenheit ergeben. Sie sollte einfach dem nächsten Schakal auflauern, aber selbst die gingen ihr aus dem Weg. Aber ihr Hunger war momentan drittrangig. Zunächst einmal brauchte sie einen Ort an dem sie ein paar Stunden über den Mittag ruhen konnte und dann würde sie sich auf den weiteren Weg zum Geweihten Land machen. Sie hatte eine der Akazien im Auge. Solange es dort nämlich keine Spuren von Leoparden gab, sprach nichts dagegen dort ein paar Stunden zu dösen. Zira umrundete die Akazie schließlich prüfend und roch angestrengt daran. Nichts. Weder Löwe noch Leopard noch hing irgendein Kadaver im Baum. Sehr gut. Sie wollte gerade zum Sprung ansetzen und sich auf den niedrigsten Ast hangeln, als ihr Blick doch auf etwas fiel, war ein gutes Stück über ihr in der Baumrinde zu sehen war. Kratzspuren. Lange, tiefe Kratzer. Ihr Herz begann zu pochen. War das hier etwa die Grenze zum Geweihten Land? Waren das Markierungen eines Löwens oder eines Leoparden? Markierten Leoparden überhaupt Bäume? Sie sah sich nochmals ganz genau um und blieb ein paar sehr lange Momente stocksteif im Gras stehen. Sie roch nichts, absolut gar nichts. Lediglich Gras, sehr entfernten Straußenkot und noch immer feuchte Erde. Aber nichts was auf Gefahr hindeutete. Gut, das Risiko war es wert. Lachen. Irgendwer lachte. Zira öffnete verwirrt die Augen und blinzelte in Richtung der Sonne. Sie stand tief, wie lange war sie hier oben rumgelegen? Oh, das war gar nicht gut, sie hatte bestimmt den gesamten Mittag verschlafen. Der Schreck über die verschwendete Zeit ließ sie schneller wach werden als gut für sie war und um ein Haar wäre sie vom Ast gefallen. Das Lachen wurde noch lauter und hysterischer. Zira riss den Kopf zur Seite und suchte hastig den Boden unter sich ab und tatsächlich saß da eine graubraune Gestalt und sah breit grinsend zu ihr hoch. „Äh… hallo?“, begrüßte sie das Tier vorsichtig. Sie musste zweimal hinsehen um zu erkennen, dass es sich dabei um eine Hyäne handelte und zu ihrer Überraschung machte sie keine Anstalten sie vom Baum jagen und fressen zu wollen. Zur Antwort bekam Zira im Übrigen wieder nur ein albernes Lachen. Gut, der Witz war draußen, sie war wach, was gab es da noch zu lachen? Die Hyäne kam sowieso nicht an sie ran. „Sehr lustig. Also… Wer bist du? Wie wäre es sich einmal vorzustellen?“ Zwar ertönte diesmal nur ein unverständlicher Laut, aber Zira konnte die Hyäne nun endlich ein bisschen besser betrachten, da sie ihr endlich ins Gesicht sah. Er musste wohl noch recht jung sein, jedenfalls war er kaum größer als Zira selbst und das erleichterte sie ungemein. Es war schön zu wissen, dass sie zumindest im Ernstfall Chancen hätte. Seine Ohren waren angebissen, seine Zunge hing aus dem Maul und er machte insgesamt einen ungepflegten, fast schon kränklichen Eindruck. Zira jedenfalls wollte so viel Abstand wie möglich halten. „Nun sag schon, wer bist du? Ich bin Zira.“, stellte sie sich vor und wartete ein paar Sekunden, ohne dass eine Antwort kam „Äh… bist du ganz allein hier? Bist du aus dem Geweihten Land?“ Doch die einzige Antwort war wieder dieses bekloppte Lachen. „Wie bitte? Sprich doch mit mir, das wird langsam wirklich langweilig.“, meinte Zira merklich genervt. Sie hatte keine Lust auf diese Zeitverschwendung, für wen hielt er sich? Doch wieder keine wirklich brauchbare Antwort, nur seltsame Laute. Sie würde es noch einmal versuchen, danach würde sie sein dummes Lachen einfach ignorieren. „Stimmt was nicht? Na komm, red mit mir, ich tu dir schon nichts.“, wiederholte Zira gezwungen freundlich und atmete tief durch, als die Hyäne keine Antwort gab. Wenigstens kein Gelächter mehr, nur ein sehr verwirrter, leerer Blick. Aber in dem Fall war Schweigen wenigstens besser als dieses nervtötende Lachen. „Pf, gut, dann eben nicht. Tz, unhöflich.“ Zira würdigte die Hyäne keines Blickes mehr und machte es sich wieder in der Astgabelung gemütlich. Sie würde noch warten bis sie wieder allein war und dann ging es weiter. Vielleicht fand sie auch irgendeinen Kadaver oder gar eine lebende, passende Beute. „ÄH!“ Zira schreckte auf. „Was?“ „Äh!“, wiederholte die Hyäne breit grinsend und sah aufgeregt zu ihr hoch. „Ist das dein Name? Äh? Oder Ed?“, hakte Zira nach und konnte sich ein kleines Grinsen nicht ganz verkneifen, als er nickte und zustimmende Laute von sich gab. Zira hatte mit einer Antwort um ehrlich zu sein gar nicht mehr gerechnet und das hier war doch zumindest ein Anfang. So gefährlich schien Ed nicht zu sein und vielleicht wusste er ob es hier irgendwo Futter gab oder wie weit das Geweihte Land noch entfernt war. Sie wollte es gerade wagen eine Pfote von dem Ast zu setzen, als sie plötzlich ein Rascheln im Gras vernahm. Sie sollte Ed vorwarnen, immerhin könnte das auch für ihn gefährlich sein. Zu dumm nur, dass sie nicht erkennen konnte was genau das war. „Ich glaube wir bekommen Besuch… Vielleicht solltest du–“ Sie kam nicht dazu ihren Satz zu Ende zu sprechen, denn noch bevor Ed den Kopf heben und sich umsehen konnte platze eine weitere graubraune Gestalt aus dem hohen Gras und landete auf Ed, der jaulend und kläffend auf dem Boden landete. „Da bist du ja! Das ist langsam nicht mehr witzig, Ed!“ Eine zweite Hyäne hatte Ed unter sich begraben und bleckte drohend die Zähne. Sie war kaum größer als Ed, sah jedoch wesentlich gesünder aus. Und reden konnte diese hier auch. Zira hörte dem Gejaule schweigend zu und entschied vorerst unentdeckt zu bleiben, zumindest so lange es ging. Es gefiel ihr nicht in der Unterzahl zu sein, denn zwei gegen eine war nun wirklich nicht mehr ganz ungefährlich. „Was tust du hier!? Wir wollten grade Essen!“, keifte die Hyäne weiter, woraufhin Ed nur lachte und hastig auf Zira deutete. Die andere Hyäne erspähte die junge Löwin sofort und machte überrascht einen Satz zurück. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, noch so ein Vieh! „Shenzi! Hey, Shenzi, komm mal her, das musst du dir ansehen!“, rief er aufgeregt und drückte Ed ein Stück von dem Baum weg. „Und du bettelst doch nur so darum zu sterben, ja?“ Ed winselte kleinlaut, woraufhin der andere bereits wieder etwas erwidern wollte, doch augenblicklich verstummte, als eine fremde Stimme hinter ihnen ertönte. „Banzai!“ Getrampel wurde laut und Gras raschelte. Irgendwer kam ihnen sehr schnell sehr nahe. „Hast du Ed jetzt etwa doch gefunden? Was hat er wieder gemacht?“ Das Gras wurde lichter und eine dritte Hyäne bahnte sich ihren Weg zu den beiden anderen. Diese hier sah ganz anders aus. Sie war ein Weibchen und größer, stämmiger und wahrscheinlich auch etwas älter als Ed und das andere Männchen und sie hatte eine längere Mähne die ihr schon ins Gesicht fiel. Ganz zu schwiegen davon, dass sie von allen dreien am wahrscheinlich gesündesten aussah und mit es mit Sicherheit mit Zira allein hätte aufnehmen können. Gut, ja, Zira würde definitiv erstmal nicht von diesem Baum runterkommen, solange die hier war. „Shenzi, schau mal was Ed gefunden hat! Warum läuft eigentlich ausgerechnet uns ständig dieses Ungeziefer vor die Pfoten?“ „Ich kann euch hören, Dankeschön.“, meinte Zira und verschränkte eingeschnappt die Vorderbeine. Wie schön dass man gleich so freundlich zu ihr war. „Jaja, schön für dich. Wer um alles in der Welt bist du?“, fragte die weibliche Hyäne und sah sie verwirrt an. Sie hatten hier draußen noch nie fremde Löwen gesehen und zu Ahadis Rudel gehörte diese hier sicher nicht, das wusste sie. Oh nein, ein zweites Löwenrudel hatte ihnen grad noch gefehlt, noch mehr Probleme… „Ihr seid äußerst unhöflich, hat euch das schon mal jemand gesagt? Von einem bekomm ich nur Gelächter zu hören und der nächste beleidigt mich, also wirklich…“, rügte Zira die Hyänen und sah gespielt gleichgültig in den Himmel. Hier oben konnten die ihr wenigstens nichts anhaben, sie konnte sich also zumindest ein bisschen Dreistigkeit leisten. „Aber natürlich, wo sind nur unsere Manieren? Man stellt sich doch erst vor, wie konnte ich das nur vergessen?!“, begann die große Hyäne theatralisch und verdrehte genervt die Augen. Sogar diese halbe Portion da oben war arrogant, was war nur los mit diesen Löwen? „Aber sie–“ Die andere Hyäne kam nicht dazu zu widersprechen, da ihm sofort das Wort abgeschnitten wurde. „Banzai! Lass mich das regeln! Also, wenn es denn so wichtig ist: ich bin Shenzi, das ist Banzai und das sein Bruder Ed, aber den kennst du ja schon. Und nun zu dir.“ Shenzis Stimme nahm plötzlich wieder diesen keifenden Ton an und ihr Blick verfinsterte sich. „Wer bist du und woher kommst du?“ Zira legte verunsichert die Ohren an. Sie wusste nicht genau was für eine Antwort von ihr erwartet wurde, denn wo wie Shenzi es sagte, würde eine falsche Antwort nicht gut für Zira ausgehen. Doch in diesem Moment kam Ed an den Baumstamm gelaufen, stützte sich daran auf und grinste aufgeregt zu ihr hoch. Shenzi und Banzai warfen sich einen überraschten Blick zu und sahen dann unschlüssig zu Zira auf. Es war eigentlich ein gutes Zeichen wenn Ed jemanden mochte. „Sollten wir sie mitnehmen? Vielleicht weiß Taka was mit ihr anzustellen.“, schlug Banzai an Shenzi gewandt vor. Sie schien unschlüssig. Löwen waren immer schwierig, andererseits war die hier noch jung. Sie würde es wohl kaum wagen sich ganz allein gegen drei Hyänen zu stellen. „Bist du von Ahadis Rudel?“, hakte sie sicherheitshalber nach und musterte die junge Löwin genauestens. Sie war sicher noch kein Jahr alt, doch von einer Mutter oder gar einem Rudel war weit und breit nichts zu sehen, riechen oder hören. „Ahadi? Nein, ich suche das Geweihte Land.“, antwortete Zira. Shenzis Ohren schossen instinktiv in die Höhe. Gut, das hier konnte sie tatsächlich zu ihrem Vorteil nutzen. „Oh, das ist nicht unser Ziel, aber wir können dir erklären wie man dort hinkommt. Bis dahin brauchst du aber einen Schlafplatz.“, meinte Shenzi. „Ähm… Nein, danke, ich bleibe hier oben.“, lehnte Zira misstrauisch ab. Shenzi grinste auf einmal breit und nickte bestätigend. „Natürlich, wie könnte man auch einer Horde Hyänen trauen… Vor allem wo wir doch da diesen einen perfekten Ort für Neulinge wie dich kennen. Du hast deine Ruhe und eine Menge Höhlen zum Verstecken und es gibt fast keine anderen Tiere… Außer einige Hyänen, aber wenn die wissen das du zu uns gehörst, wird dir schon nichts passieren. Aber leider lehnst du ja ab.“ Shenzi seufzte gespielt traurig und sprang auf. „Banzai, Ed, kommt, wir müssen weiter.“ Es dauerte keine zwei Sekunden für Shenzis Plan um aufzugehen. „Wartet! Vielleicht sollte ich das Angebot doch annehmen.“, rief Zira aus und atmete erleichtert auf, als Shenzi sich zufrieden grinsend zu ihr umdrehte. Keine der beiden wusste, auf was sie sich in diesem Moment eingelassen hatten. „Ich heiße übrigens Zira.“ „Also gut Zira, komm mit. Aber die wichtigste Regel sollst du gleich lernen.“ Shenzi sah sie streng an. „Ich rede, ihr seid ruhig. Vor allem du, klar?“ „Ja.“, antwortete Zira gehorsam und folgte den Hyänen mit etwas Abstand. Sie wollte lieber ein wenig Raum haben, sollte einer von ihnen auf die Idee kommen, sie spontan als Mittagessen anzusehen. Shenzi jedoch dachte bis jetzt gar nicht dran. Die Löwin war zwar jünger als sie, aber kaum kleiner und sie hatte bestimmt auch schon genug Kraft um ihr die eine oder andere Narbe zu verpassen. „Gut, aber eine Frage noch: was ist das für ein bescheuertes Ding in deinem Ohr?“, fragte Banzai neugierig und drehte den Kopf in ihre Richtung. „Ach das…“ Zira verdrehte genervt die Augen. Es war ja klar, dass sie irgendwer danach fragen würde. „Ein Unfall… mit Menschen.“ Sie versuchte es möglichst beiläufig klingen zu lassen. Chica hatte ihr oft genug eingebläut, dass Menschen ein Tabuthema waren und nichts in ihrem Leben zu suchen hatten. Sie meinte Tiere mögen keine Menschen, was Zira sogar ganz gut verstehen konnte. Zudem war gerade dabei sich Freunde zu machen und da wollte sie es sich nicht schwerer machen als nötig. „Menschen?“ Banzai sah überrascht zu ihr „Die gibt’s wirklich? Ich dachte das sei ‘ne dumme Erfindung unseres Vaters, stimmt’s Ed? … Ed?“ Ed war einige Meter neben ihnen und spielte mit einem Schmetterling herum, der an ihm vorbei flog. „Oh Ed, lass das! Man entdeckt uns sonst noch! Komm jetzt!“, rief Banzai genervt. „Wer entdeckt uns?“, fragte Zira und sah verwirrt zu Shenzi. Diese schein hier am meisten Ahnung von allem zu haben, also würde Zira sich auch mit allen Fragen an sie werden. „Wir erklären dir das wenn wir zu Hause sind. Ich will keinen Ärger von meiner Mutter…“, lenkte diese nur ab und sah mit einem vielsagenden Grinsen zu ihren Freunden. Taka würde sich sicher über diese zusätzliche Belastung freuen, aber was taten sie nicht alles um ihn zu ärgern? Zudem war ein Löwe mehr, der sie nicht hasste immer eine gute Sache. Kapitel 7: Der Elefantenfriedhof -------------------------------- Je länger Zira den drei Hyänen folgte umso trostloser wurde die Gegend. Es war einfach als wäre der Boden hier unfruchtbar, jedenfalls wuchs trotz der Regenzeit hier gar nichts. Einzig und allein große, dreckige Schlammpfützen und sich zersetzender Morast säumte ihren Weg, aber kein einziger grüner Stängel sprießte hier aus dem Boden. Zira kannte ja die Trockenzeit und totes Gras, aber hier war rein gar nichts. Dafür hing der Geruch von Aas und Schwefel umso deutlicher in der Luft. Shenzi stoppe plötzlich vor einem Abhang und sah diesen prüfend hinab. „Was ist da?“, fragte Zira neugierig und gesellte sich mit etwas Abstand neben sie, um einen besseren Blick auf die Gegend da unten zu haben. Sie musste mit Entsetzen feststellen, dass es da nicht viel besser aussah als hier oben. Felswände durchsäumten die Gegend und warfen lange Schatten. Auf Stein und toter Erde waren die Knochen verschiedener Tiere aufgehäuft und hier und da lagen riesige Elefantenschädel herum. Nein, sowas hatte sie noch nie gesehen. „Und jetzt?“, fragte sie Shenzi. Ganz tief in sich drin hoffte Zira, dass sie nicht wirklich da runter mussten. Wer lebte denn schon an einem solchen Ort? Wie sollte man da überleben? „Jetzt gehen wir da runter.“, antwortete die Hyäne ihr nur lässig und zuckte bei Ziras fragendem Blick nur die Schultern. Löwen waren echt alle ein bisschen dumm. „Da wohnen wir. Was hast du denn erwartet? Wir sind Hyänen, man sieht uns ungern an den Grenzen, geschweige denn dem Geweihten Land selbst.“ „Oh.“ Das war alles was Zira rausbrachte. Sie wusste ja, dass Hyänen und Löwen einander eigentlich nicht mochten, aber dass es so ernst war, war ihr neu. Sie fragte sich ernsthaft ob es so zwischen jedem Löwen und Hyänenrudel ablief. „Also los, erst ich, dann Ed, dann Zira und dann Banzai. Und versucht gar nicht erst euch selbst einen Weg da runter zu bahnen, das geht sonst wieder nach hinten los, so wie das letzte mal.“ „Warum muss ich als Letzter gehen?!“, rief Banzai empört aus. Jetzt sollte er auch noch hinter einem dämlichen Löwen herdackeln, Shenzi nahm sich wirklich verdammt wichtig. „Weil du am leichtesten bist.“, antwortete Shenzi mit einem halbherzigen Grinsen, als sie Banzais beschämten Gesichtsausdruck sah. Sie hätte schwören können, dass ihm das Blut in den Kopf schoss, denn was gab es für ihn schon schlimmeres als sich über seine körperlichen Fähigkeiten lustig zu machen? „Das stimmt nicht! Ich bin nicht klein! Ed wiegt viel weniger als ich!“, widersprach er entschlossen und rümpfte empört die Nase. Warum mussten sie sich eigentlich andauernd streiten, warum verbrachte er eigentlich andauernd Zeit mit ihr? „Banzai, ich will Ed nicht als Schlusslicht haben, weil wir sonst nie unten ankommen, weil wir dauernd nach ihm sehen müssen, also tu einfach was ich sage!“, fuhr Shenzi ihn energisch an und bleckte die Zähne. Sie hatte ihre Gründe, warum konnte er das nicht einfach akzeptieren? Zudem war sie älter als er, es war doch klar, dass sie mehr wusste. Für einen Moment sah es so aus, als würde Banzai etwas erwidern wollen, doch er hielt sich doch lieber zurück und ließ den anderen den Vortritt. Shenzi warf ihm noch ein genervtes Schnauben zu, dann übernahm sie die Führung, Ed dicht hinter ihr. Sie rechnete fast schon damit, dass er keine drei Schritte den Abhang runter stehen bleiben und sich von irgendwas ablenken lassen würde, aber die Löwin im Nacken sitzen zu haben schien Wunder zu bewirken. Der Weg den steilen Abhang hinter war schmal und ein paar mal musste Zira wirklich nachdenken, wo sie ihre Pfote am besten absetzen konnte, doch zu ihrer eigenen Überraschung hielt die trockenen Erde ihnen allen stand. „So, da sind wir!“, rief Shenzi schließlich aus, als sie alle unten angekommen waren. Sie sah Zira an, dass sie nicht begeistert war, aber sie hatten dem kleinen Monster einen sicheren Ort zum Übernachten gegeben. Wenn Zira also nur einen Funken Dankbarkeit kannte, würde sie sicher noch nützlich sein. Und wenn nicht, dann gab es noch Taka. „Ich bin… sprachlos.“ Zira meinte das nicht im positiven und mit Sicherheit wusste Shenzi das auch, aber sie nahm es als Kompliment an. „Danke, wir leben aber auch an einem wirklich traumhaften Ort, nicht? Du musst dir absolut keine Sorgen um Leoparden, fremde Löwen oder sonst was machen, was dich umbringen könnte. Und wegen der Hyänen hast du ja uns.“, versicherte Shenzi ihr. Es hatte diesen einen Vorteil hier zu leben und um den ging es Zira doch, nicht? Nicht gefressen zu werden schien eine ziemlich wichtige Sache zu sein und Shenzi hatte schon oft Geschichten gehört, das Löwen fremde Junge umbrachten. „Hey Ed, lass das!“, rief Banzai hinter ihnen genervt und schlug seinem Bruder einen Antilopenschädel vom Kopf. „Die Dinger sind kein Spielzeug. Wer weiß was da schon alles dran war! Willst du etwa auch noch an irgendwas sterben?“ Zira musste grinsen als sie die beiden beobachtete. Dieses Gezanke erinnerte sie an Tamu und Serangi und sie bekam plötzlich eine unglaubliche Sehnsucht nach ihnen. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit seit sie gestorben waren. „Deine Brüder sind fast so nervig wie meine.“, meinte sie an Shenzi gewandt. Sie wusste nicht warum sie ihr das erzählte, es war wohl einfach der Drang irgendwem von den beiden zu erzählen. Wenn sie über sie sprach erschienen sie ihr weniger vergessen und tot, es ließ in ihr den Glauben aufkommen, als wären sie immer noch in irgendeiner Form wichtig und von Bedeutung. „Meine Brüder?“ Shenzi warf ihr einen amüsierten Blick zu und lachte auf. „Diese zwei Deppen? Zum Glück nicht, ich hab schon genug Geschwister, aber wie kommst du darauf?“ „Ich weiß nicht, es kam irgendwie so rüber… Sie hängen so an dir, wie ihr euch streitet und so.“, erklärte Zira schulterzuckend. „Nein, sie sind ‚nur‘ meine Freunde. Und da bin ich auch nicht traurig drüber.“, wand Shenzi ein und setzte ihren Weg fort. „Aber warum suchst du dir dann grade solche Freunde raus wenn sie doch solche Deppen sind?“, bohrte Zira weiter nach. Shenzi schien zumindest ihr gegenüber ganz in Ordnung zu sein und bisher schienen ihre Fragen sie nicht zu sehr zu stören. „Ach weißt du, eigentlich haben die mich gesucht. Banzai um genau zu sein. Er ist irgendwann mal in mich reingerannt, ich hab ihn irgendwas an den Kopf geworfen, man keift sich an und plötzlich hängt er einem die ganze Zeit an der Backe. So entstehen doch Freundschaften, nicht?“, erzählte Shenzi und konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen. Es war schon recht lustig mit den beiden und sie waren nicht so zickig und aufmüpfig wie die anderen Weibchen. Es war einfach entspannter mit ihnen zu streiten. „Kann sein. Aber was ist mit Ed? Warum redet er nie? Er hat mir vorhin wo wir allein waren auch nicht auf meine Fragen geantwortet.“ „Nehm’s ihm nicht übel, aber seit er von diesem Elefanten fast zertrampelt wurde, kann er nicht mehr wirklich sprechen… oder irgendwas Sinnvolles tun. Er hat ziemlich was abbekommen, aber er versteht immerhin was wir ihm sagen. Mit viel Übung versteht man sogar was er einem sagen will. Und Banzai… Ach, er handelt zwar erst bevor er denkt, aber ist eigentlich ganz süß. Wie so ein kleines, hilfloses Junges.“, erzählte Shenzi und sah sich um. Zira hatte keine Ahnung wonach sie suchte, aber es musste wohl in der Nähe sein. „Mutter, wo bist du? Wir wollen dir jemanden vorstellen!“ Shenzi horchte angestrengt in die Stille, doch außer dem Bröckeln von Steinen und dem Geräusch von Wind, der um die Felsen fegte, war alles still. „Nanu, schon wieder ein Löwe? Shenzi, wie schaffst du das nur?“ Eine ältere Hyäne trat aus einem der Schatten des Friedhofes heraus. Sie war ziemlich groß und kräftig und obwohl ihre Ohren unzählige Einrisse hatten und sie den Narben auf ihrem Rücken zufolge schon einige Kämpfe ausgetragen haben musste, sah sie fast schon hübsch aus, mit ihrer langen, schwarzen Mähne. Fast. Ihre braunen Augen leuchteten beim Anblick Shenzis freudig auf und so wie es aussah war sie wohl nicht wütend auf ihre Tochter oder Zira. Das war gut, denn vor dieser Hyäne hätte weder Shenzi noch sie selbst sich retten können. „Sag mal, Shenzi, wie meint sie das mit ‚schon wieder‘?“, fragte Zira nach. Gab es etwa noch mehr Löwen? Etwas an Shenzis Haltung änderte sich plötzlich und sie runzelte die Stirn, versuchte diese aufkommende Nervosität jedoch zu überspielen. Das war es jedenfalls was ihre Mutter getan hätte und was ihre Mutter tat war immer das richtige. „Pah, schenk dem keine Beachtung. Sie sagt viel wenn der Tag lang ist und sie mich verärgern will.“, murrte sie und versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen. Zira schien ihr das zumindest für den Anfang abzukaufen. „Und du bist?“, fragte Shenzis Mutter auffordernd. Sie klang nicht etwa wütend, sondern eher… amüsiert. Zira schaffte es zwar nicht den Witz in der momentanen Situation zu erkennen, aber gut, eine belustigte Hyäne war besser als eine hungrige. „Zira.“ „Weiter?“ „Wie weiter?“ Shenzis Mutter verdrehte die Augen und schnaubte genervt. „Woher kennst du meine Tochter und wie lange? Sie kommt mir in letzter Zeit viel zu oft mit irgendwelchen Viechern nach Hause, die ich am Ende nicht fressen darf.“ Shenzi musste bei den Worten ihrer Mutter ein erzürntes Knurren unterdrücken. Sie wollte, dass ihre älteste Tochter selbstständig wurde und schlaue Entscheidungen traf? Bitte, genau das tat Shenzi und trotzdem waren es Dinge wie das hier, die Shenzi das Leben nur schwerer machten als nötig. „Sie–“ „Lass sie für sich selbst sprechen, Shenzi. Ich will es unbedingt von ihr erfahren, wie sie hier her gekommen ist. Wir lieben es doch schließlich Löwen bei ihren Ansprachen zuzuhören, nicht?“ Der Sarkasmus in der Stimme der älteren Hyäne war nicht zu überhören und zum ersten mal seit Zira Shenzi getroffen hatte, schien diese tatsächlich sowas wie Zurückhaltung zu zeigen. Nicht mal sie wagte es ihrer Mutter zu widersprechen. „Also los, sprich.“, verlangte sie erneut von der jungen Löwin. „Ich… ich habe die drei vorhin zufällig kennengelernt.“, begann Zira und räusperte sich. „Shenzi hat mir angeboten hier bleiben zu können. Nur bis ich ein Rudel gefunden habe.“ Zira hoffte, dass das reichte um hier zumindest für ein paar Tage Unterschlupf zu bekommen, denn entgegen Shenzis Versprechen schien zumindest ihre Mutter nicht so ganz begeistert hiervon zu sein. „Aha. Ich bin Asake. Meine Tochter kennst du ja schon...“ Asake wand den Blick plötzlich wieder Shenzi zu und funkelte sie drohend an. „Und du machst Versprechungen in meinem Namen?“ „Ich mache meine eigenen Versprechen, was ist dagegen einzuwenden, wenn sie kurz hier bleibt? Du musst sie ja nicht durchfüttern.“, zischte Shenzi als Antwort und setzte eine beleidigte Miene auf. „Wir zwei unterhalten uns noch. Aber was machen wir jetzt mit dir?“ Asake wand sich wieder Zira zu und sah sie sich von allen Seiten an. „Du hast wirklich kein zu Hause, gar nichts? Kein Rudel oder böse, ältere Brüder die uns nachts alle umbringen wollen?“ „Was?! Nein, natürlich nichts!“, antwortete Zira augenblicklich und überlegte fieberhaft wie sie ihr das Gegenteil beweisen konnte. Doch Asake lachte nur über so viel Angst. „Oh Kleines, das war ein Scherz. Schau dich an, viel zu jung um sich in Gegenden wie diesen herumzutreiben… Nein, du hast mit Sicherheit niemanden.“ Zira hätte auf diese Bemerkung liebend gern etwas erwidert, aber Asake hatte ja recht… Leider. „Ich würde mich mit einem windgeschützten Platz zufrieden geben und jagen würde ich für mich selbst, ich würde keinem auf die Nerven gehen.“, versicherte sie der Hyäne hastig und sah hilfesuchend nach Shenzi und Banzai um. Doch der Letztere war grade mit dem Zählen von Eds Tasthaaren beschäftigt. Banzai und Ed bemerkten wahrscheinlich nicht mal, das Zira grade mit Asake verhandelte und Shenzi schien genug Respekt vor ihrer Mutter zu haben um ihr nicht nochmal ins Wort zu fallen. „Hm… Nun jaaa…“ Asake runzelte nachdenklich die Stirn und pustete sich ein paar Haare aus den Augen. Sie hatte selbstverständlich eine Idee. „Würdest du auch etwas für uns jagen? Du musst wissen, nicht alle Löwen sind so friedfertig wie du. Es wäre weniger auffällig wenn du für uns jagen gehen würdest. Vielleicht gleich heute? Für uns eine Kleinigkeit mitnehmen? Bitte, uns ist es verboten in der einzig fruchtbaren Gegend hier zu jagen! Du weißt gar nicht wie schwer wir es haben Es gibt hier nur sehr, sehr wenige Beutetiere und wir haben es wirklich schwer.“, erzählte Asake mitleiderregend und sah Zira mit ihrem kläglichsten Blick an. Sie war jung, die Kleinen waren immer anfällig für Gefühlsduselei. Und ein bisschen Dankbarkeit konnte sie schon zeigen. Für die Jagd auf ein Gnu würde diese halbe Portion vielleicht nicht reichen, aber irgendwas würde sie wohl erlegen. Antilopen, junge Warzenschweine, irgendwas. Zira seufzte. Was sollte sie denn sagen? Ein ‚nein‘ wäre nicht einfach nur unhöflich, sondern auch noch undankbar. Und das konnte sie sich gerade einfach nicht leisten. „Also gut, ich werde schauen was ich erwische… Aber bitte erwartet keine Zebras oder Kaffernbüffel von mir!“, fügte sie hastig hinzu. „Ach, Hauptsache du kommst nicht mit leeren Pfoten hier her zurück.“, versicherte Asake ihr, auch wenn Zira die versteckte Drohung nicht überhört hatte. „Darf ich noch erfahren wo ich schlafen kann?“ „Shenzi hat dir das Versprechen gegeben, dann soll sie sich auch darum kümmern. Frag sie.“ Mit diesen Worten wandte Asake sich schließlich endgültig von Zira und ihrer Tochter ab und verschwand wieder in den Schatten. Shenzi atmete indessen nur erleichtert auf und verdrehte die Augen. Ihre Mutter war so anstrengend, doch sie war einfach froh, dass sie sich endlich nicht mehr einmischte. Shenzi war wirklich alt genug um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Situationen zu ihrem Vorteil zu nutzen. „Du schläfst bei Banzai und Eds Vater. Atu hat eine ganz nette Höhle in der Nähe der Grenze. Da stinkt es auch nicht so stark nach Schwefel, du wirst es lieben… Hey, hat ihr zwei gehört?“, rief sie ihren Freunden zu, die immer noch so unauffällig und still wie möglich hinter ihr standen. Banzai fürchtete sich regelrecht vor Asake und das lag nicht nur daran, dass sie das ranghöchste Weibchen im Clan war und so ziemlich jede, die sie herausgefordert hatte, dem Erdboden gleichgemacht hatte. Es lag zum Teil auch einfach an ihrer Art mit Shenzi umzugehen. Denn Shenzi hatte vor fast gar nichts Angst, aber vor ihrer Mutter buckelte auch sie wie alle anderen. Es tat ihm einfach weh mitanzusehen, wie kleinlaut sie vor ihr war und auch wenn er immer so tat als wünschte er sich, das gleiche auch mal mit Shenzi tun zu können, so tat sie ihm leid. Sie hatte es ja nicht wirklich verdient so kleingehalten zu werden. „Jaja, ach, was er sich doch freuen wird… Komm Zira.“ Banzai verdrehte die Augen und signalisierte Ed und Zira ihm zu folgen. Auf das Gespräch mit seinem Vater freute er sich jetzt schon nicht. Taka war was anderes, der ging wieder, aber einen Löwen, egal wie klein, in der Höhle zu haben, war nichts was Atu sich wünschte. Zira nickte, verabschiedete sich noch von Shenzi, dann folgte sie den Brüdern einen schmalen Pfad an einer Felswand entlang, bis sie schließlich ziemlich weit oben, in eine gut geschützte Höhle kamen. Sie hatte keinerlei Orientierung wo sie waren oder wie sie wieder her weg kam, aber sie musste ihnen einfach vertrauen. „Und hier ist eure Höhle?“, fragte Zira schließlich überrascht, als Banzai und Ed auf diese zugingen. „Ja… stimmt was damit nicht?“, fragte Banzai misstrauisch. „Nein, nein, gar nicht! Aber das hier ist sogar ziemlich aufgeräumt. Keine Knochen liegen rum, es ist einfach nur... sauber. Im Gegensatz zu dem was ich hier sonst gesehen habe.“ „Ach weißt du, sogar WIR wollen nicht ununterbrochen den Geruch von Verwesung und Maden in der Nase haben.“, erwiderte Banzai genervt und sah sich nach etwas um. „Vater? Wir haben Besuch! Eine Löwin… Aber sie ist ungefährlich!“, rief er durch die Höhle und sah sich nach seinem Vater um. Plötzlich bewegte sich etwas in der hinteren Ecke der Höhle und eine ältere Hyäne humpelte auf die drei zu. Sie tat Zira leid. Es sah so als hätte diese Hyäne schon dutzende Unfälle gehabt, nicht zu vergleichen mit der starken, zähen Asake. Doch aus Höflichkeit hielt Zira den Mund. „Also… Ich bin Zira… Ich werde hier schlafen. Das sagte zumindest Asake.“, stotterte Zira und versteckte sich verunsichert hinter Banzai und Ed. Ob Atu merkte dass sie log? Immerhin hatte streng genommen Shenzi das gesagt und sie wusste nicht, ob Shenzis Wort Atu irgendwas bedeutete. „Asake sagte das? Habt ihr zwei und Shenzi die wieder angeschleppt?“ Atu sah streng auf seine Söhne hinab und schüttelte tadelnd den Kopf. „Kinder, irgendwann ergeben diese ganzen Löwen nur Ärger… Aber wenn du schon hier bist, ich bin Atu.“ Das war alles. Ehe Zira auch nur noch ein Wort sagen konnte ging Atu gleich darauf wortlos an den Dreien vorbei nach draußen und machte sich seines Weges. Merklich verwirrt und fast schon mitleidig sah Zira ihm hinterher und zog eine Augenbraue hoch, als er sie nicht mehr sehen konnte. „Ich kapier das nicht…“, meinte Zira verwirrt. „Was?“ „Wenn ich euren Vater und Asake so reden höre, könnte ich fast glauben hier gibt’s noch mehr Löwen.“ Banzai rollte mit den Augen. „Ach was! Du bist die Erste die sich hier runter traut und nicht gefressen wird! Fühl dich gefälligst geehrt.“, meinte Banzai spöttisch und sah dann grinsend zu Zira „Du schläfst dann gleich hier vorne.“ „Was ist mit deinem Vater los?“, fragte Zira während sie sich auf den ihr zugewiesenen Platz setzte. „Was soll mit ihm sein?“, hakte Banzai misstrauisch nach. „Ach, nichts…“, lenkte sie sofort ab. Es war ein dummer Gedanke gewesen und bevor Banzai sich beleidigt fühlen würde, ließ sie es lieber sein. „Nein, sag, was wolltest du wissen?“, bohre er weiter nach und so ganz konnte er den verärgerten Unterton in seiner Stimme nicht verstecken. „Er ist so abweisend, hab ich was falsch gemacht?“ „Ich sagte schon, die meisten Hyänen mögen keine Löwen und da ist unser Vater keine Ausnahme. Ich würde dir empfehlen jetzt zu schlafen, denn heute Nacht bist du besser erfolgreich bei deiner Jagd.“ So ganz Unrecht hatte er da wohl nicht und Zira legte sich auf ihren zugeteilten Platz. Sie konnte die unterschwellige Drohung zwar aus Banzais Stimme heraushören, aber sie hatte genug Vertrauen in ihre Fähigkeiten um sich sicher zu sein, dass sie schon irgendwas fangen würde. Sie wusste genau was sie tat, schließlich war sie doch schlau. Jedenfalls bestimmt schlauer als Hyänen, ganz sicher. Sie machte sich mitten in der Nacht allein auf den Weg zum Geweihten Land. Keine der Hyänen wollte ihr bei der Jagd helfen und sie wagte es auch nicht nachzufragen. Das Geweihte Land summte selbst jetzt nur so vor Leben. Sie hörte Schakale und Nachtvögel in der Ferne und Grillen zirpten im Gras. Von Löwen oder Leoparden konnte Zira jedoch nichts sehen oder riechen. Es dauerte eine ganze Weile bis Zira endlich den Geruch von einigen Gazellen aufnehmen konnte. Das Gras war jedoch so hoch, dass sie sie nicht sehen konnte, doch sie waren da. Sie spürte an ihrem Scharren und Schritten ganz genau wo sie standen. Der Wind stand gut und wenn Zira Glück hatte würden die Gazellen sie erst bemerken, wenn sie einer von ihnen bereits am Rücken hing. Da war sie also. Der Geruch ihrer Beute war so nah, dass sie sie beinahe schmecken konnte und sie wusste, dass das nächste war, was sie ihnen unbemerkt kommen konnte. Sie spannte die Hinterbeine an und gerade als sie zum Sprung ansetzen wollte stockte sie. Da hing was in der Luft, sie roch es im Wind. Fremde Löwen. Sie waren noch weit weg, doch Zira wusste, dass es jetzt um jeden Preis schnell gehen musste. Es gab keine Zeit mehr zu verlieren und sie sprang aus dem hohen Gras auf die Gazelle zu, auf die sie sich bis eben konzentriert hatte. Ein panisches Röhren ging durch die kleine Herde und plötzlich stürmten si ein alle Himmelsrichtungen davon. Zira war das jedoch egal, da sie es erfolgreich geschafft hatte sich auf dem Rücken ihres Opfers festzukrallen und dieses durch die Wucht ihres Sprungs beinahe zu Boden gerissen wurde. Beinahe. Zira musste ein Brüllen unterdrücken, aus Angst die fremden Löwen würden sie sonst hören und verbiss sich stattdessen in der Kehle der Antilope. Ihr Biss verfestigte sich noch mehr und sie schlug die Krallen immer wieder in den Hals ihres Opfers. Es kam Zira vor wie eine Ewigkeit, biss der Bock endlich unter ihr zusammensackte und sein Blut in Strömen aus ihm floss. Sie atmete ein paar mal tief durch, die Ohren stets in Bewegung. Diese fremden Löwen die sie gerochen hatten machten ihr Angst und sie würde nicht warten, bis sie sie fanden. Zira packte die Gazelle also bei der Kehle und schleppte sie so schnell sie nur konnte mit sich in Richtung des Elefantenfriedhofs. Asake erwartete sie bereits und leckte sich gierig das Maul. Selbst Shenzi, die in etwas Entfernung hinter ihr saß konnte sich bei dem Anblick der toten Gazelle nicht gänzlich zusammennehmen und Sabber hing ihr aus dem Mundwinkel. Zira hatte der Gazelle zwar einen Großteil des Gesichts abgefressen, doch sie vergab ihr den kleinen Fehler. Hauptsache es gab endlich wieder Frischfleisch. „Hier… Ich hab was gefangen.“, meinte Zira schwer atmend und schmiss ihre Beute achtlos vor die Hyäne. Ohne weitere Worte stürzte Asake sich auf die Gazelle und verschlag so viel wie ihr nur möglich war. Der Anblick war… interessant. Zira sah einfach nur zu und hoffte leidglich darauf, dass etwas für sie übrig blieb. Tatsächlich ließ Asake irgendwann von ihrer Mahlzeit ab, doch der Rest war keineswegs für die junge Löwin gedacht. „Kinder, kommt her, es gibt essen!“, rief Asake und hinter ihr, aus einer versteckten Erdhöhle, kamen eine kleine Gruppe Hyänenjunge gerannt. Auch Shenzi setzte sich an das was ihre Mutter ihnen übrig gelassen hatte und so vertilgten sie was es noch zu holen gab. Leider waren die meisten Gazellen sehr, sehr klein und eine Horde hungriger Hyänen bekam mehr runter als Zira recht war. Sie wagte es jedoch nicht sich zu beschweren, denn auch wenn der Kopf einer Gazelle nicht wirklich sättigend war, so war es wahrscheinlich mehr als die meisten Hyänen hier am Tag zu fressen bekamen. Zira wusste, dass zu viel Mitleid nichts Erstrebenswertes für eine große Jägerin war, aber sie konnte nichts dagegen tun wie sie fühlte. Zudem hielt dieses Mitleid für die Hyänen sie am Leben, denn es stimmte. Hier war ihr bisher wirklich nichts anderes außer die Hyänen vor die Pfoten gelaufen und sie hatten ihren Teil des Versprechens bisher gehalten. Die Sonne machte sich langsam hinter den Felswänden bemerkbar und warf die ersten langen Schatten über den Elefantenfriedhof. „So, wir sind fertig… Zira, hol Banzai und Ed, der Rest ist für sie.“, entschied Shenzi indessen und riss die Löwin aus ihren Gedanken. „Und ich?“, fragte sie schließlich vorsichtig nach. Sie war größer als Banzai und Ed, sie brauchte es wirklich dringender. „Du hattest den Kopf, also los, tu nicht so als wäre das nichts gewesen.“, meinte Shenzi streng und deutete ihr sich zu beeilen. Also gut, dann eben so. Ihr schlimmster Hunger war gestillt und das hier war ja nicht auf Dauer, nur bis sie ein Rudel gefunden hatte. Kapitel 8: Geheimnisse... ------------------------- Zira schlief lange an diesem Tag. Sie wachte erst gegen die Mittagszeit auf und als sie nach Banzai und Ed sehen wollte, waren diese natürlich auch bereits weg. Ein wenig verunsichert kletterte Zira durch die kalten Felsen, über Knochenberge, Abhänge entlang, bis sie irgendwann das Gefühl hatte im Kreis zu laufen. Hier sah alles so gleich aus… So düster, dreckig, hässlich, deprimierend und unheimlich. Doch plötzlich, als sie zum wahrscheinlich tausendstens Mal an der scheinbar selben Stelle vorbei lief, hörte Zira das wohlbekannte Lachen einer ganz bestimmten Hyäne. Hinter einem Felsen sah sie Ed, der kichernd seinem eigenen Schwanz hinterher jagte. „Hey Ed, wo sind Shenzi und Banzai?“, fragte sie ihn. Doch die folgende Reaktion war absolut verrückt. Ed begann plötzlich wie ein Irrer zu bellen, irgendwelche willkürlichen Laute von sich zu geben, die Zira nicht wirklich einordnen konnte und wie ein tollwütiger Gummiball durch die Gegend zu hüpfen. „Ed, beruhig dich mal! Weißt du was? Ich such sie selber…“ Zira wollte grade weiterlaufen, als ihr plötzlich Banzai, unwillig knurrend vor die Füße fiel. „Äh, Zira, was machst du denn hier? Hast du Hunger? Zum Geweihten Land geht’s Richtung Süden, über den Fluss, schau da!“, stotterte er panisch. Zira verzog misstrauisch eine Augenbraue. „Sag mal, geht’s nur mir so, oder seid ihr heute irgendwie ein bisschen… aufgekratzt und nervös?“, fragte sie. „Aufgekratzt, nervös? Ach was, wer sagt das denn und jetzt… Ähm… Geh doch ins Geweihte Land, vielleicht findest du was Fressbares oder so!“, drängte Banzai angespannt. „Wollt ihr mich loswerden?“, fragte Zira scherzend und wollte schon in die Richtung laufen, aus der auch Banzai gestolpert kam. Sie war einfach neugierig und wollte wissen warum er so außer Puste war. „KEINEN Schritt weiter!“, warnte er und baute sich vor ihr auf. „Banzai, was gibt es denn so schlimmes das ich es nicht sehen darf?“, fragte Zira genervt. Langsam wurde ihr das wirklich zu blöd und sie fing an ungehalten zu werden. Wollte er ihr etwas verheimlichen? „Ich, äh, das geht nicht weil…“ Doch in diesem Moment kam Shenzi um die Ecke und sah mit einem vielsagenden Blick zu Banzai, welcher nun erleichtert aufatmete und sich nun wieder an Zira wand. „Du willst dahin… Geh doch.“, meinte er mit einem verschlagenen Grinsen und machte Zira platzt. Doch mehr als sonst wo auf dem Elefantenfriedhof gab es hier auch nicht zu sehen. Gut, es war etwas versteckter und hier und da war ein kleiner Geysir, doch Zira konnte das nicht mehr schocken! „Das sieht ja aus wie überall“, meinte sie fast schon enttäuscht und seufzte „Na dann… Was machen wir heute?“, fragte sie. „Überleben.“, war Shenzis knappe Antwort, die sofort von Eds Lachen kommentiert wurde. Zira spielte unschlüssig mit ihren Ohren. Bitte was? „Also gehen wir wieder jagen? Aber diesmal helft ihr mit!“, wand sie sofort ein. „Na gut, meinetwegen, aber nur wenn wir den größten Anteil abbekommen“, meinte Shenzi sofort „Immerhin sind wir erstens mehr und zweitens brauchen wir so auch mehr zu fressen als du.“ „Also gut. Und jetzt kommt!“, meinte Zira mürrisch. Sie hatte heute eigentlich schon die Schnauze voll, dabei war sie gerade eben erst aufgewacht, aber wenn es sein musste: Bitte! Als die vier den Abhang hochkletterten, der in das Geweihte Land betraten, sahen sich die Hyänen jedoch immer verstohlen um. Sie wurden fast schon zögerlich, je weiter sie ins Geweihte Land liefen. „Stimmt was nicht? Mann, wie sehr müssen diese Löwen euch eigentlich hassen, dass sie euch armen Hyänen nicht mal hier ein bisschen jagen lassen?“ „Pah, Löwen sind das dreckigste was dir unter die Augen kommen kann!“, knurrte Shenzi wütend. „Ja, und die stinken! Und sind undankbar und verdammt hässlich!“, ergänze Banzai. Ed lachte und schien so wohl sein eigenes Kommentar dazuzugeben. „Gilt das auch für mich?“, fragte Zira grinsend. „Außer dir…“, murmelte Shenzi halblaut. „Und Ta–“ Banzai kam nicht dazu zu Ende zu sprechen, weil Shenzi ihn plötzlich laut anknurrte und ihm mit der Pfote gegen den Hinterkopf schlug. Verwundert sah Zira zu ihnen. Warum musste Shenzi gleich so gewalttätig werden? „Geht’s euch beiden noch gut? Oh Mann, aus euch wird mal ein tolles Pärchen.“, lachte sie und scherte sich nicht weiter um das was Banzai sagen wollte. Doch Shenzi sah noch einmal wütend zu ihm und wenn Blicke töten könnten, dann wäre alles Leben innerhalb von Sekunden aus Banzai gewichen. Shenzi beließ es aber dabei und lief dann wieder zu Zira. „Wo bin ich stehen geblieben? Ach genau, alle dummen Löwen außer dir! Die sind so hochnäsig und herablassend! Halten sich wohl für ganz toll! Wegen ihnen hat meine Mutter kein Ohr mehr! Die haben es ihr einfach abgerissen, weil sie mich beschützt hat!“, murrte Shenzi und ihr stellten sich die Nackenhaare bei dem Gedanken daran aus. Zira horchte auf. Ihre Mutter… Ach ja… Oh Kisamba. „Meine Mutter starb für mich und meine Brüder… Die sind dann aber auch gestorben.“ Ganz ehrlich: Zira hatte keine Ahnung warum sie das gesagt hatte. Es war ihr einfach so rausgerutscht. Sie hatte nur ein paar Mal mit Jerk und vorwiegend Chica, über den Tod ihrer Familie gesprochen. Für eine ganze Zeit ging es Zira dann besser wenn sie an dieses Thema dachte, sie dachte sogar sie wäre darüber hinweg, doch seit dem sie letzte Nacht zwischen all den Knochen und Aas lag, kam alles wieder hoch. Das Blut, die Kälte, die von den Körpern ihrer Mutter und ihrer Brüder ausging, der Gestank nach Verwesung, all das tat noch immer verdammt weh. Und wenn Zira an diesen Tag dachte, daran erinnert wurde, diesen verdammten Tag, der ihre gesamte sorgenfreie Kindheit plötzlich in ein dunkles Doch schmiss, wie sie ihre Familie tot sah… Das machte sie immer noch fertig. Es tat ihr weh, es brennte ihr regelrecht die Seele weg. Wenn Kisamba sie nicht versteckt hätte, vielleicht wäre Zira dann auch gestorben. Inzwischen war es nicht mehr so schrecklich wie einst, aber… Es tat noch immer weh – Sehr weh. „Bitte was?“, fragte Banzai. „Ach… Wenn ihr’s wirklich wissen wollt: Meine Mutter und meine beiden Brüder wurden erschossen als ich noch ein Junges war.“, meinte Zira schnell und versuchte sich dabei möglichst ungerührt zu benehmen. „Aber wie hast du überlebt? Haben dich Freunde deiner Mutter aufgezogen?“, fragte Banzai, während Ed kichernd um ihn sprang. „Ähm… Ja, genau so war’s.“, log sie schnell und lief mit großen Schritten weiter. „Wow, und ich dachte wir haben’s hart! Unsere Mutter ist auch vor einiger Zeit an irgendeiner Krankheit gestorben, stimmt’s Ed?“ Bestätigend nickte Ed. „Ja, und seit dem kümmert sich unser Vater um uns. Aber ganz ehrlich, ich sag das nicht gern vor ihm, weil ich ihm sonst ein schlechtes Gewissen mache, aber: Er kann sich ja kaum selber ernähren. Aber irgendwie schafft er es wirklich uns am Leben zu halten.“, erzählte Banzai weiter. Bei ihm klingt das so leicht… In seiner Stimme ist kein bisschen Traurigkeit, bemerkte Zira und wurde plötzlich von einem anderen Geräusch aus ihren Gedanken gerissen. „Seht mal, das sieht voll lecker aus!“, rief Shenzi aus und sah begierend auf ein Zebra, das etwas abseits seiner Herde graste. „Gemeinsam hätten wir eine Chance“, meinte Zira „Umzingeln wir es und wenn wir nah genug sind stürzen wir uns drauf!“ Obwohl die drei Hyänen vielleicht nicht die aller hellsten waren, so waren sie ausgezeichnete Jäger, vor allem im Team. Ziras Plan ging vollkommen auf. Zusammen rissen sie das Tier zu Boden und beschafften sich so ihr Mittagessen, was durch die Mittagshitze jedoch anstrengender war. „Oh Leute, ich weiß nicht was ihr denkt, aber ich will hier für ewig rum liegen…“, schwärmte Banzai, der wie die anderen auch, ausgestreckt im Schatten einer Schirmakazie lag. „Ohhhh ja…“, murmelte Shenzi und rieb sich den Bauch. „Futter ist doch immer schön… Wenn man’s mal hat.“ Ed lachte nur wieder und gab noch ein jaulendes Geräusch von sich. „Und du Zira?“, fragte Shenzi. Keine Reaktion. „Sag mal, schläft die?“ Banzai, der am nahesten zu Zira lag, schlug müde die Augen auf. „Ey, ich glaub die pennt wirklich!“, lachte er und kuschelte sich dann wieder ins Gras. Shenzi atmete auf. „Gut, dann lasst uns jetzt über Takas Plan reden. Und nur zu deiner Info Banzai: Erwähne NIEMALS in Ziras Gegenwart seinen Namen oder irgendwas, was mit ihm zu tun hat! Du weißt genau dass ich nicht will dass die beiden was voneinander wissen!“, zischte sie. „Aber Shenzi, ich versteh das nicht. Warum sollen die nix voneinander wissen? Wäre doch nützlich für uns, dann könnten die zusammen auf die Jagd gehen und wir müssten gar nichts mehr tun!“, wand Banzai ein. „Ey, sag mal, kannst du Hohlkopf nicht nachdenken?“ Wie aufs Stichwort lachte Ed los und spielte mit seinen Tasthaaren rum. „Ich erklär dir die Sache noch mal…“, meinte Shenzi genervt und fuhr fort: „Wenn Taka von Zira weiß, wird er sie wahrscheinlich mit zum Königsfelsen nehmen! Und dann sind wir sie los! Dann haben wir niemanden mehr der uns was jagt! Taka nimmt uns manchmal was mit, aber Zira macht das jeden Tag! Besser geht’s doch nicht! Die macht das sogar freiwillig, nur damit wir sie in unserem Loch schlafen lassen. Die hat sogar Mitleid mit uns und jagt gerade deswegen für uns. Aber wenn sie voneinander wissen, könnte alles schief gehen! Dann war's das mit Ziras Full-time Jagd! Dann wird sie verstehen dass wir sie nur benutzt haben und nur auf das Futter, welches die uns bringt, aus waren. Na, wie gefällt dir das? Und das könnte erst der Anfang sein: Stell dir vor die beiden freunden sich an! Oder schlimmeres! Dann sind wir beide los und wer beschafft uns dann noch Futter? Das was Scar und anliefert ist doch bei weitem nicht genug. Und ich bin ehrlich Banzai: Unsere Eltern werden es nicht ewig schaffen uns durchzukriegen! Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wenn wir uns um SIE kümmern müssen, weil die es dann nicht mal mehr packen werden, sich selbst über Wasser zu halten. Schaut euch doch euren Vater an… Bei dem ist es doch schon so gut wie so weit. Zira ist, was Futterbeschaffung angeht, wirklich wichtig und wir müssen einfach einen Hass gegen alle anderen Löwen in ihr wecken“, beendete Shenzi schließlich ihre Erklärung. Banzai seufzte. „Du hast ja schon Recht und so, aber glaubst du wirklich du schaffst es in Zira einen Hass gegen ihre eigene Spezies aufzubauen? Sie ist doch kaum jünger als wir. Die ist ein sturer Teenie, genau wie wir! Um sie noch irgendwie ‚umzuerziehen‘ ist es doch schon viel zu spät! Da hätten wir sie im Grunde als Junges aufsammeln müssen und ihr dann immer einreden müssen ‚Alle Löwen sind böse außer du‘.“, meinte Banzai. Ed lachte nur wieder. Shenzi sah mit gerunzelter Stirn zu ihrem Freund und sah nachdenklich drei. „Kann schon sein… Aber denk dir doch was Besseres aus… Ich will doch auch nur überleben. Und solange wir Zira jetzt bei uns haben und sie als sichere Futterquelle auf unserer Seite haben, solange werden wir das auch ausnutzen.“ Nun meldete Ed sich zu Wort und erklärte etwas. „Er hat Recht Shenzi – Eines Tages wird sie doch herausfinden dass wir uns mit Taka treffen. Sein Geruch haftet an uns, vielleicht wird sie auch mal Spuren von ihm auf dem Elefantenfriedhof finden, eine der anderen Hyänen könnte sich verplaudern…“ „Oh komm, als ob die anderen Hyänen auch nur freiwillig ein Wort mit Zira, einer Löwin, wechseln würden! Die halten UNS ja schon für völlige Freaks.“ „Hm… Im Ernst Shenzi, ich wäre mir an deiner Stelle nicht so sicher…“, gab Banzai Wahrheitsgetreu zurück. Kapitel 9: Neue Bekanntschaften ------------------------------- „Ich erhöhe meinen Einsatz um eine Leber!“, meinte Shenzi und riss sich eine solche aus einem frisch erlegten Gnu. „Was? Bist du doof? Das schaffen die nie und nimmer!“, meinte Zira und sah dann zu Banzai. Dieser meinte jedoch nur: „Nein, ich bleib bei meinem Einsatz… Warten wir einfach ab was passiert… Ed?“ Ed gab wieder irgendwelche Laute von sich, die mal wieder nur Banzai verstand. „Er sagt, er erhöht um unser letztes Gnubein. Er sagt dass die Viecher das schaffen.“, erklärte Banzai und wartete bis Ed das Bein auf den Haufen Fleisch in der Mitte schmiss „Na dann…“, seufzte Zira „Schauen wir was passiert.“ Die vier kauerten geduckt im Gras und starrten zu einer Erdmännchenkolonie, die sich vor ihnen erstreckte. „Brüll schon!“, murmelte Shenzi. „Brüll doch selber.“ „Meins klingt aber nich’ so gut wie deins.“ „Also gut, ich mach ja schon…“ Zira gab ein lautes, respekteinflößendes Brüllen von sich und augenblicklich herrschte in der Kolonie reinste Panik! Die kleinen Tiere rannten kopflos und hektisch, ohne wirklichen Plan, in alle Richtungen, quetschten sich in ihre Tunnel, während Shenzi, Banzai und Zira langsam die Sekunden zählten, bis auch das letzte Erdmännchen in seinem Bau verschwunden war. „…acht, neun, zehn…“, beendete Shenzi und seufzte „Ich glaub das nicht!“, rief sie wütend aus „Ich hab gegen einen Idioten wie Ed verloren!“ „Wirklich? Du sagtest doch sie würden es unter fünfzehn Sekunden in ihre Tunnel schaffen.“, wand Zira ein. „Ja, aber Ed meinte, sie schaffen das unter zehn Sekunden… Verdammt!“, knurrte sie und sah traurig zu dem Fleischhaufen, der nun in Eds Schlund verschwand… Nein, falsch… runtergewürgt wurde. „Na dann… Jeder holt sich noch die Reste des Gnus, unsere Eltern brauchen auch noch was…“, meinte Banzai und begann das Gnu hinter sich her zu schleifen. „Ach lass das doch, du bist doch viel zu schwach für so was!“, zog Shenzi ihn kichernd auf. „Bin ich nicht! Nur weil du ein Weibchen bist, hältst du dich wohl für gaaaanz cool, was? Doofe Rangordnung…“, murrte Banzai, sah einen Augenblick später jedoch wieder freundlich drein. „Na dann, während ihr die klägliche Überreste des Gnus nach Hause bringt, nehm ich Ed…“, seufzte Zira, als sie hinter sich sah, und auf einen von Schmerzen geschüttelten Ed zeigte. Er lag jaulend am Boden – Neben ihm… KEIN Fleisch mehr. Er hatte beinahe das halbe Gnu heruntergewürgt. „Tja das kommt vom ganzen Schlingen. Er hat fast ein halbes Gnu in ein paar Sekunden gefressen, das hat er schon immer gemacht! Ich hab ihm immer gesagt er sollte langsamer Essen, aber er hört ja nie auf mich! Aber nehm ihn nicht huckepack! Er soll sehen was er davon hat!“, sagte Shenzi. „Tja, in dem Punkt mit dem gehorchen hast du recht.“, meinte Banzai und grinste „Ed zu erziehen ist hart… Aber wenn er dir erst mal gehorcht ist er wie ein kleiner, treudoofer Hund, der so gut wie alles mit sich machen lässt.“ „Ach Leute…“, seufzte Zira „Habt doch Mitleid mit Ed… Der stirbt gleich neben mir.“ Ed schleppte sich jaulend und wimmernd zum Elefantenfriedhof, doch da Banzai sowieso das Gnu ziehen musste, hing Ed nicht zu sehr hinterher. Doch als sie beinahe an ihrem Ziel ankamen, stutzte Shenzi plötzlich und hielt inne. Da war dieser Geruch, der ihr in die Nase flog und sie musste schlucken. ER war wieder da. Und er war die Person, die Zira nie kennenlernen sollte. „Zira, äh, ähm, hör mal, äh, geh mal mit dem Gnu zu meinen Eltern… und meinen sieben Geschwistern.“, befahl Shenzi ihr in einem militärischen Ton. „Waren’s gestern nicht noch fünf?“, fragte Banzai verwirrt. „Ja, gestern, du Idiot! Das war vor mindestens siebzehn Stunden. Es gab noch mal Zuwachs heut Nacht.“ „Shenzi, Shenzi, wie hältst du das nur mit so vielen Geschwistern aus?“, fragte Banzai ernst „Ich bin schon mit einem am Verzweifeln.“ „Ach, darum hab ich ja euch.“, meinte sie nur und schnüffelte noch mal in der Luft rum. Und da war er wieder! Oh Mann, warum konnte dieser Idiot sich nicht mal einen besseren Zeitpunkt aussuchen? Nur dieses eine Mal! „Zira, jetzt bring endlich meiner Familie ihr Fressen! Und sei dabei bitte leise!“, murrte Shenzi nun fast schon drohend. Zira gehorchte schließlich etwas widerwillig und schleifte das Gnu auf schnellstem Wege in die Höhle von Shenzis Familie. „Asake? Shenzi sagte mir ich soll dir das hier dalassen.“, flüsterte Zira. Shenzi hatte gesagt sie sollte leise sein… Wahrscheinlich wegen den Babys oder so.. „Ach, das ist ja lieb von euch!“, freute Asake sich du schleckte grade wieder einer Horde junger Hyänen über den Rücken. „Ach, sind die alle süß… Ich hatte auch mal zwei Brüder, die sind dann aber gestorben.“, meinte Zira und warf einen Blick auf zwei dunkelbraune Fellbündelchen zwischen Asakes Pfoten. „Pure Gewohnheitssache“, meinte sie eisig „Hier sterben ständig irgendwelche Jungtiere an Krankheit oder weiß die Hölle was. Weißt du, wenn die Kleinen nicht mindestens die ersten Tage überleben, baue ich gar nicht erst eine Beziehung zu ihnen auf. Hat mir viel Trauer erspart.“ Zira stand etwas unschlüssig da. „Hast du… schon… viele Jungen gehabt?“ „Ich hatte sechs Würfe – Beim ersten starb von drei Jungen eins. Beim zweiten überlebte gar keins. Der dritte Wurf war nur Shenzi. Dann, beim vierten zwei Junge, beide überlebten, dann beim nächsten starb eines der Zwillinge und jetzt die beiden.“ Asake klang dabei so kalt und desinteressiert, als würde sie eine Aufzählung über Gegenstände machen. „Oh… Das… tut mir Leid… Na ja… Wenn du glaubst das es so leichter für dich ist… Ich ähm… Ich geh dann wieder zu den anderen… Ed hat Bauchweh, wahrscheinlich müssen wir ihn irgendwie beruhigen.“, lenkte Zira schnell ab und verließ die dunkle Höhle wieder. Sie war eigentlich richtig erleichtert darüber. Asake war schon etwas kratzbürstig. Genau wie Shenzi. Apropos Shenzi… wo waren die eigentlich? „Leute? Leute!“, rief Zira. Keine Reaktion. Seltsam, eigentlich war Ed innerhalb von drei Sekunden immer der erste, der auf sie zu gerannt kam – Vielleicht weil er sie gern hatte, vielleicht auch nur wegen der Hoffnung auf Futter. „Dann halt nicht… Hey Atu! Wenn du die drei siehst, sag ihnen ich bin im Geweihten Land, was trinken.“, rief Zira Atu zu, der grade vorbei humpelte. Zira kletterte den Abhang, der zum Geweihten Land führte, und beschloss zu einem kleinen Teich, der halbwegs trinkbares Wasser hatte, zu gehen. Sie hatte wirklich Durst und wenn sie nicht schnell was zu trinken bekäme, würde sie äußerst ungemütlich werden. Als Zira den Abhang erklommen hatte, schnüffelte etwas rum. Vielleicht war ja irgendwas interessantes zu riechen – Zudem war es immer nett mal was anderes in die Nase zu bekommen. Doch plötzlich stockte Zira – War das nicht… Nein! Oder? DOCH! Doch, sie roch es ganz deutlich. Ein ganz klarer Löwengeruch! Plötzlich wurde Zira unglaublich aufgeregt und eine Unruhe machte sich in ihr breit. Ein anderer Löwe?! Wirklich? Das wäre, wäre… Ja wie wäre das eigentlich? Sie hatte das letzte Mal vor MONATEN einen Löwen gesehen! Hatte sie das überhaupt noch drauf? Sozialverhalten? Ach, selbst wenn… Was würde man eigentlich von ihr denken? Sie hatte eine Ohrmarke im rechten Ohr und war rein äußerlich auch total anders. Sie war schlank und lang, alle anderen Löwen waren stämmig – Zumindest alle anderen ‚normalen‘ Löwen. Chica hatte es ihr mal erklärt, dass ‚normale‘ Löwen eigentlich kräftiger sind, doch Zira aufgrund ihrer Gene wohl nie so wirklich wie die anderen werden konnte. Verdammte Gene…, dachte Zira sich und versuchte nochmals den Geruch aufzunehmen. Vergeblich. Fast schon enttäuscht lief sie auf einen kleinen See zu und trank gierig das Wasser daraus. Doch es roch hier schon wieder so, zumindest glaubte sie das. Nein, sie war sich sogar ganz sicher – DOCH! Hier musste ein Löwe gewesen sein, tausendprozentig! „Ich erzähl besser Shenzi davon… Die wird es gar nicht gern haben, wenn sie weiß dass sich hier in der Nähe andere Löwen herumtreiben, sie meint die sollten von der Grenze ganz weit weg bleiben.“, murmelte Zira und lief eilig zurück zum Elefantenfriedhof. „Shenzi, Shenzi! SHENZI!“, brüllte sie über den gesamten Friedhof. Nichts. Das war seltsam… Das ergab doch ein unglaubliches Echo, normalerweise hörte man es dann in wirklich jedem Winkel. Verwundert sah sie sich um. Doch plötzlich hörte sie die Stimmen der dreien. Sie redeten wie wild auf jemanden ein, sagten so was wie: ‚Unnötig!‘, ‚Nein, da gibt’s nix zu sehen!‘, ‚Keine Gefahr!‘ oder lachten einfach nur, wie Ed. Doch so richtig verstehen konnte Zira es nicht, da sie einfach zu weit weg war. Und plötzlich kam Ed um die Ecke gerannt und spurtete auf Zira zu. Er gab ein seltsames Geräusch von sich und begann Zira sanft am Ohr zu ziehen. Er wollte sie ganz klar wegbringen, dazu brauchte man keine Ed-Sprachkenntnisse. „Ist ja gut ich komm ja schon…“, meinte Zira verwirrt und folgte Ed ins Geweihte Land, ans Wasserloch, wo sie bereits vorhin kurz gewesen war. Ed gab wieder ein Geräusch von sich, was wohl ‚bleib hier‘ bedeutete, denn er zeigte entschlossen an einen Punkt auf dem Boden, dann lief er zum Elefantenfriedhof zurück. „Okay, okay… Ich warte… Schick dann Banzai oder so…“, rief Zira ihm hinterher und sah wie die Sonne langsam unterging. Was war das für eine Aktion vorhin? Was sollte das alles? Wer war das, mit dem sie da sprachen? Um ehrlich zu sein fühlte Zira sich nicht ganz wohl bei dieser Sache. Sie wusste nicht mal warum, aber dieser Ort gefiel ihr nicht – Nicht mal ansatzweise. Und wie Zira so darüber nachdachte, so bemerkte sie gar nicht das leise Rascheln in den Büschen, die hier um das Ufer wuchsen. Als Zira in Gedanken versunken dalag, die Vorderpfoten ein wenig ins Wasser gehalten, bewegte sich plötzlich etwas hinter ihr. Sie bemerkte es jedoch anfangs gar nicht und starrte einfach nur in ihr Spiegelbild im Teich. Umso mehr erschreckte sie sich, als sie plötzlich im Wasser die Spiegelung eines Junglöwen sah. Um ein Haar hätte sie aufgeschrien, doch dann fuhr sie nur völlig geschockt um, die Augen ängstlich geweitet. Vor ihr stand ein männlicher Junglöwe in ihrem Alter, vielleicht auch etwas älter. Sein rotbraunes Fell schimmerte in der Abendsonne und hatte einen leichten Goldenen Glanz. Sein schwarzer Mähnenansatz war schon etwas dichter, man sah aber noch größtenteils ‚kahle‘ Stellen und sein Bauch, die Pfoten und der Bereich um Nase und Maul waren weiß. Doch eine Sache faszinierte Zira für eine Sekunde wirklich an diesem Löwen: Seine Augen. Noch nie hatte sie so unbeschreiblich tolle Augen gesehen! Sie waren giftgrün, stachen aus seiner dunklen Augenzeichnung hervor und hatten etwas Hypnotisches. Etwas, was Zira fesselte, sie wollte gar nicht mehr aufhören ihm in die Augen zu sehen. Die Stille zwischen den beiden Löwen war jedoch kaum erträglich, bis der Fremde schließlich die Stimme erhob und die Stille brach: „Mit wem hab ich die Ehre?“ Zira löste ihre Augen sofort von denen des Löwens und schluckte. Was sollte sie denn sagen?! Würde sie die Wahrheit sagen, wäre sie tot. Also, schnell… Sie brauchte eine gute Lüge. „Dein Name.“, knurrte der Junglöwe ein weiteres Mal und sträubte sein Fell etwas. Ihm schien es keine wirkliche Freunde zu machen mit Zira zu reden, zumindest erschien es ihr so. „Halt mal die Luft an! Zira ist mein Name, okay? Mann, bist du angespannt.“, murrte Zira als Antwort und sah unruhig Richtung Elefantenfriedhof. Wer blöde Fragen stellte, bekam blöde Antworten. Sie versuchte zwar ihr bestes Pokerface aufzusetzen, doch ihr schwenkender Schwanz verriet, wie angespannt und unruhig sie war. „Und was willst du hier? Warum bist du allein? Wo ist deine Familie?“, fragte der Löwe sie eindringlich weiter aus. „Tot.“, meinte Zira kühl. Diesmal war es sogar die Wahrheit. „Red keinen Unsinn! Und jetzt sag mir wer du bist, von wo du kommst und wo deine Familie ist… Du musst wissen, das hier ist nicht dein Land, du kleine Wilderin und Wilderer und Unruhestifter sind hier nicht gern gesehen.“ „Oh, tut mir leid, aber nirgendwo standen Warnschilder, auf denen stand: ‚Jeder der Zira heißt, soll sich verzischen‘. Du musst meine Dummheit entschuldigen, nicht jeder hat das Glück auf eine Trauma-lose Kindheit.“, äffte Zira frech, jedoch jederzeit bereit wegzurennen. Sie wollte nicht das geringste Bisschen Respekt diesem Löwen gegenüber zeigen, bloß nicht! „Wie wagst du es mit mir zu reden? Wenn glaubst du eigentlich vor dir zu haben?“, knurrte der Junglöwe wütend. Seine Augen funkelten gereizt auf. Auf solche frechen Antworten schien er nicht gefasst, oder besser gesagt, gewöhnt zu sein. Zira schluckte. Sie wusste sie spielte ein gefährliches Spielchen… Shenzi, Banzai, Ed! Irgendwer! Kommt schon, wo seid ihr wenn man euch einmal braucht?, dachte sie und als hätte jemand ihre Gedanken gelesen, so sah sie hinter einigen hoch gewachsenen Büschen plötzlich die drei Hyänen hervorkommen. Doch mit einem Mal hielten diese völlig erstarrt inne. Ihre Augen weiteten sich vor… Angst. Ja, sie hatten Angst, sogar die große Shenzi hatte Angst. Das durfte nicht wahr sein! Zira konnte ihretwegen jeden Löwen der Welt treffen, aber nicht ihn! Wenn das so weitergehen würde, würden sie von gleich zwei Löwen heftig Prügel beziehen. Kapitel 10: Taka ---------------- Panisch sah Zira zu den dreien. Los, kommt schon! Zu viert haben wir eine Chance, dachte Zira und ihr wuchs die Angst. Der Junglöwe war nicht sonderlich größer oder älter als sie, aber er konnte einem Angst machen. Sein Auftreten war so selbstsicher, so… respekteinflößend. Der Junglöwe folgte jedoch ihrem Blick und lächelte plötzlich verschlagen. „Oh, wer kommt denn da? Doppeltes Pech für dich würde ich sagen.“, lachte er bösartig. „Nein, ich glaube nicht…“, meinte Zira mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht „Ich glaube DU steckst gleich in großen Schwierigkeiten…“ Der Junglöwe sah herablassen zu ihr. Und plötzlich gingen Shenzi, Banzai und Ed auf sie zu. Sie sahen irgendwie verängstigt aus und hatten die Schwänze eingeklemmt und sahen schuldbewusst zu Zira. Sie verstand anfangs nicht ganz warum, aber als sie sich zu dem Junglöwen, anstatt zu ihr stellten, wurde ihr zumindest das klar. „Äh… Shenzi, wenn das eine neue Angriffstechnik sein soll, muss du sie mir nochmal erklären…“ Ziras Stimme klang verunsichert, fast schon ängstlich. Warum sollten sich die Hyänen plötzlich grundlos gegen sie wenden? Sie kannten diesen Junglöwen doch gar nicht! „Könnt ihr mir das mal bitte erklären?!“, fauchte Zira plötzlich wütend. Der Junglöwe sah völlig verwirrt zu den Hyänen. „Sagt mal, gibt es da etwas was ihr mir sagen wollt?“, fragte er eindringlich und sah mit einem strafenden Blick zu den Hyänen. Zira blickte auch zu ihnen, mit einer Mischung aus Wut, reinster Verwirrung und Angst. „Ähm, wir, ich… Sie… Er….“, stotterte Shenzi und setzte ein falsches Grinsen auf. „Ich glaube ihr solltet mir da was erklären…“, murrte der Junglöwe. „Also… ähm… Na gut! Wir geben‘s zu! Setzt euch.“, stotterte Shenzi geschlagen. Es gab Momente im Leben wo man aufgeben sollte – Und jetzt war so einer. Zira setzte sich angespannt in die Nähe der Hyänen, möglichst weit weg von dem Löwen. „Also… Ich stell euch mal vor: Zira das ist Taka, Taka das ist Zira. Ähm… Ja… Wir haben Zira vor einigen Tagen aufgenommen, sie hatte niemanden.“ „Wieso habt ihr mir davon nichts gesagt?“, zischte Taka verärgert. „Wieso sollten sie“, knurrte Zira plötzlich dazwischen und sah mit einem herablassenden Blick zu Taka „Sie sind nicht deine persönlichen Nachrichtenüberbringer!“ Dieser sah sie jedoch nur aus seinen giftgrünen, geheimnisvollen Augen an. Obwohl Zira versuchte möglichst selbstsicher zu wirken und permanent zurückstarrte, so ließ sie nach einigen Sekunden unangenehmer Stille den Blick von ihm ab und sah wieder zu Shenzi. „Wer ist Taka genau? Von wo kennt ihr ihn?“, fragte sie. „Wir...“ Shenzi sah unsicher, leicht eingeschüchtert zu den beiden Junglöwen. „… denken ihr solltet euch lieber unter euch klären!“, sagte plötzlich Banzai. Shenzi atmete erleichtert auf und sah dankbar zu ihm. „Ganz wie ihr meint…“, murrte Taka und wand sich Zira zu „Also ‚Schätzchen‘: Wie kommt eine Löwin wie du, an drei Hyänen wie diese?“, fragte Taka eindringlich. Zira sah mit erhobenem Haupt zu ihm. „Dasselbe könnte ich dich fragen… Bis auf das Löwin…“ Genervt verdrehte Taka die Augen. Selten war er an jemanden so unhöfliches und freches wie Zira gekommen und irgendwie gefiel ihm das sogar noch. Doch dann sah er Zira wieder fest in ihre rotbraunen Augen. „Also gut, wenn dir so viel daran liegt!“ Zira schnaufte. Sie brauchte jetzt eine gute Ausrede warum sie kein eigenes Rudel hatte. Würde sie die Wahrheit sagen, wäre sie gleich unten durch. Am besten wäre es wenn sie ihm das gleiche sagte wie sie den Hyänen erzählt hatte, immerhin saßen die noch immer neben ihr. „Also… Mein altes Rudel wurde von Menschen angegriffen, da hab ich auch dieses komische Ding in meinem Ohr her. Und dann bin ich nun mal weggerannt, bin auf die Hyänen gestoßen und die haben mich aufgenommen. ENDE! Und jetzt zu dir! Woher kennst DU die denn?“, fragte Zira boshaft. „Tja, ich habe nun mal meine Beziehungen. Mein Vater sagt immer man braucht die richtigen Freunde um weiterzukommen.“ Taka kam einige Schritte auf Zira zu und stand jetzt nur noch wenige Zentimeter vor ihr. Er grinste verschlagen und seine Zähne blitzen in der Abendsonne. Doch Zira machte er keine Angst! Zumindest wollte sie das nicht zeigen… „Wow, faszinierend. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich geh wieder nach Hause.“, sagte sie und wollte von diesem Kerl nur so weit weg wie möglich „Shenzi, kommt ihr?“, fragte sie an die Hyänen gewandt, die nur stillschweigend dem Gespräch der beiden Löwen gelauscht hatten. Shenzi musste zugeben dass sie von Ziras Dreistigkeit gegenüber Taka beeindruckt war… Immerhin war er… Prinz. Aber Zira wusste das bestimmt gar nicht. „Warte mal Zira!“, rief Taka ihr plötzlich hinterher. „Was?“, fragte sie genervt und drehte sich dann aber doch nach ihm um. „Du willst mir also sagen dass du zurück in dieses Rattenloch willst?“ „Was? Falls du es nicht bemerkt hast, wir können dich hören!“, rief Banzai empört aus. „Ja, wie redest du denn über sie?! Vielleicht haben sie’s nicht sonderlich gut, aber die Hyänen sind mir um einiges lieber als du!“, knurrte Zira gereizt und wand sich wütend nach Taka um. „Woher willst du wissen wie ich bin? Kennst du mich denn?“, fragte er. Zira hielt für einen Moment inne. Na gut, er hatte Recht. „Tut mir leid.“, brachte sie über die Lippen und wollte weiterlaufen, doch da sprang Taka ihr plötzlich nochmal in den Weg. „Ich habe keine Antwort gehört.“, sagte er grinsend. Zira rollte mit den Augen. „Ja, ich gehe zurück in den Elefantenfriedhof, und nein, ich weiß nicht im Geringsten wie DU mir helfen willst was Besseres als das zu finden.“ „Genau, sie kommt mit uns mit!“, bestärkte Banzai Zira, spürte im nächsten Moment jedoch Shenzis Faust in seinem Bauch und jaulte auf. Taka grinste nur altklug und deutete mit dem Kopf in eine Richtung. „Dort lebt mein Rudel. Am Königsfelsen. Wenn du willst könntest du Mitglied davon werden. Dort haben wir satt Beute. Na komm, das klingt doch tausend Mal besser als der Elefantenfriedhof.“, meinte Taka schmeichelhaft. „Königsfelsen? Noch nie gehört. Und abgesehen davon…“ Zira zeigte auf die drei Hyänen, die sie erwartungsvoll ansahen „Die brauchen mich dringender. Ich muss für sie jagen, klar? Und jetzt geh mir aus dem Licht.“ Zira versuchte einfach nur weg von diesem Kerl zu kommen, warf Shenzi flehende Blicke zu, doch diesmal war auch sie machtlos. Gegen Taka hatte sie keinerlei Einfluss. „Gar nichts musst du. Würde es dir denn gar nicht gefallen wieder Mitglied eines Löwenrudels zu sein?“, fragte Taka verführerisch. Zira seufzte. Das Überredungsgeschick dieses Löwen war verdammt gut! Zira hatte oft an ihre Zeit mit ihrer Mutter und ihren Brüdern gedacht – Wie es damals war, noch in einem Rudel zu sein. Die Erinnerungen an damals waren blass, aber sehr schön. Und dann erinnerte sie sich an ihre Gespräche mit Chica und Jerk, wenn sie zu dritt im Garten lagen und die beiden Zira Geschichten von Linda erzählten. Meistens handelte es sich dabei um Dinge, die Linda bei ihren Stundenlangen ‚Ausflügen‘ durch die Savanne passiert waren. Wenn sie mit dem Wagen und den Hunden vor einer Horde Elefanten geflüchtet war. Oder wie Chica mal ein Zusammentreffen mit einem Geparden überlebt hatte. Doch noch öfter hatten die Hunde von den Löwen erzählt. Einfach alles was sie darüber wussten. Und wenn Zira so darüber nachdachte, so gefiel ihr der Gedanke Mitglied in einem echten Löwenrudel zu sein, immer mehr. „Schon aber…“, meinte sie zaghaft. „Was aber? Na komm, du kommst einfach mit mir mit. Mein Vater ist König dieses Landes. Wenn du mit mir mitkommst wirst du bestimmt aufgenommen.“ „Taka! Es ist genug, sie kommt mit uns!“, fuhr Shenzi nun doch dazwischen, auch wenn sie sich nicht gerne mit Taka anlegte. Immerhin war er ein… Löwe. „Ähm… Also Shenzi, eigentlich…“ Zira kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum und sah schuldbewusst zu Boden. Sie vermeid es Shenzi in die Augen zu sehen. „Schon kapiert…“, murrte Banzai und wand sich mit einer Mischung aus Enttäuschung und Unzufriedenheit von Zira ab. „Wenn du glaubst dass du es so besser hast…“, meinte Shenzi. Sie klang ein bisschen enttäuscht. „Hey, nicht traurig sein… Ich komm euch besuchen, versprochen… Ich bin‘s euch schuldig.“, fügte Zira schnell hinzu um die Stimmung zumindest ein bisschen zu heben. „Jaja, sicher! Und jetzt geh, die Sonne geht bald unter.“, meinte Banzai und war kurz davor Ed zu schlagen, als dieser wegen einem Schmetterling, der gerade von einem Vogel gefressen wurde, kichern musste. „Danke… Ich… komm‘ euch so bald wie möglich besuchen.“, stotterte Zira, als die drei Hyänen langsam in Richtung des Elefantenfriedhofes verschwanden. „Geht klar Zira…“, murmelte Shenzi nur. Als Zira und Taka Richtung Königsfelsen gingen, sahen sie jedoch nicht mehr die wütenden und teilweise auch enttäuschten Blicke von Shenzi und Banzai. „Er wird sie uns wegnehmen! Ich weiß es!“, knurrte Banzai. „Pah! Sie wird wiederkommen! Sie hat doch gesehen wie wir leben. Sie ist es nicht gewohnt Jemanden so leben zu sehen wie uns. Und jetzt los: Ich seh da schon wieder diesen bekloppten Vogel rumfliegen… König Ahadis Haus und Hoftrottel Zuzu. Komm gehen wir, bevor Zuzu den König holt.“ „Und du bist also ein Prinz?“, fragte Zira beeindruckt, als sie und Taka auf dem Weg zum Königsfelsen waren. „Korrekt.“, antwortete Taka mit einem merklichen Stolz in der Stimme „Sohn von König Ahadi und Königin Uru.“ Zira kicherte. „Wow… Dann wirst du also mal König?“ Taka verdrehte die Augen und schnaubte genervt. „Nein, DAS ist meinem wunderbaren, großen Bruder Mufasa vorbehalten. Ich bin nur der kleine Bruder…“ „Aber das ist doch auch gut! Denk doch nach, allein dadurch dass du von königlichem Blute bist musst du dir nie Sorgen um dein Futter machen. Es wird irgendwo immer Jemanden geben, der sich darum kümmert“, erklärte Zira „Und du wirst von jedem Tier mit Respekt behandelt.“ „Pah… Respekt, klar. Nicht einmal die Hyänen tun das.“ „Hey, die Hyänen sind was für sich, in einer positiven Art und Weise. Und ich mag sie… Du etwa nicht?“ „Wenn ich König wäre, würde ich sie sogar hier leben lassen…“, murrte Taka halblaut. „Wirklich? Dann frag doch mal deinen Vater ob das ginge, ich finde es nämlich einfach nicht fair, dass man die Hyänen auf diesen Elefantenfriedhof verbannt hat, es ist schrecklich dort.“ „Pah! Sag es ihm doch selber, ich hab es ihm schon oft genug versucht zu erklären, aber er hört ja nie.“ „Oh… Das tut mir Leid. Kommst du nicht so gut mit ihm klar?“ Taka zuckte die Schultern, was Zira als Antwort genügte. „Aber Zira, eins noch“, meinte Taka nun „Erwähne niemals in einem Wort dass du oder ich die Hyänen kenne, ja? Wirklich, das gesamte Rudel ist sehr schlecht auf die Hyänen zu sprechen! Und wenn herauskommt dass ich oder du oder irgendwer mit Hyänen zu schaffen hat… Ehrlich Zira, wir sind tot.“ Taka klang so ernst, dass Zira sofort klar war, dass er es wirklich ernst meinte. Diese Löwen schienen tatsächlich alles andere als gut auf die Hyänen zu sprechen sein. „Okay, ich werde nie ein Wort sagen, Prinz Taka–“ Sie stockte und plötzlich da traf es sie. Sie starrte Taka ein paar Sekunden lang paralysiert an, ehe sie sich wieder fing. „Natürlich, ich erinnerte mich! DU bist das, ja, alles passt! Die Namen deiner Eltern und deines Bruders, das Aussehen, alles.“, rief sie aus und hüpfte aufgeregt um ihn herum. „Ich bin was?“, fragte Taka. „Erinnerst du dich nicht mehr an mich? Ich bin‘s, Zira, DIE Zira! Erinnerst du dich noch an ein Löwenjunges, mit dem du mal gespielt hast, als du noch ein Junges warst? Du bist irgendwie von zu Hause weggelaufen und da bist du plötzlich auf mich gestoßen. Weißt du noch? Doch dann kam dein Vater und hat dich nach Hause geschickt!“ Taka hielt für einen Moment inne und sah sich Zira angestrengt an. Er betrachtete sie von oben bis unten, starrte für einige Sekunden nur auf ihr Gesicht, in der Hoffnung so vielleicht eine Erinnerung zu wecken. Doch plötzlich weiteten sich seine Augen vor Überraschung, als er das kleine Metallstück in ihrem Ohr bemerkte, welches er bisher nicht groß beachtet hatte. „DU!?“, rief er überrascht aus „Ach ja, genau, du hast mich dazu gezwungen dich mit ‚Hallo‘ zu begrüßen! Ja, stimmt, ich erinnere mich!“, sagte Taka plötzlich überrascht und grinste kurz. „Wer hätte gedacht dass wir uns jemals wieder sehen“, kicherte Zira „Ich weiß noch als du mich zu Boden geworfen hast und sagtest du seist der Beste.“ „Ja, da sagtest du, du seist DIE Beste!“, meinte Taka schließlich und musste schmunzeln „Ich hab wirklich gedacht mein Vater hätte dich umgebracht. Er hat nie mehr über dich geredet und ich hatte auch nie den Mut nachzufragen. Wir haben beide so getan als hätte es dich nie gegeben.“ „Na ja, ich glaub er hätte mich getötet, wenn ich nicht abgehauen wäre“, log Zira „Aber wir verlieren über all das nie ein Wort, oder?“ „Nein, auf keinen Fall. Ich glaube mein Vater wäre auch nicht sehr erfreut wenn er wüsste wer du bist“ Doch plötzlich stockte Taka „Wir sind da – Der Königsfelsen. Mein Vater wird dich nur unter einer Bedingung aufnehmen: Sei schön brav, höflich und hab einfach ein gutes Auftreten. Am Besten du überlässt mir das reden und stehst einfach nur stumm lächelnd da, ja?“ „Okay…“ Obwohl Zira selbstsicher wirkte, so war sie innerlich unglaublich aufgewühlt. Sie hatte so was noch nie getan und war unglaublich aufgeregt. Was wenn was schief gehen würde? Taka straffte die Schultern und hoffte einfach nur dass er seine Aufgaben gleich gut machen würde. Er musste Zira einen Platz im Rudel sichern, denn… er wusste nicht warum… aber er wollte, dass sie blieb. Er wollte es wirklich… Aber warum? Seit wann scherte er sich um Andere? Vor allem um fremde Löwinnen? Kapitel 11: Willkommen am Königsfelsen -------------------------------------- „Na dann, es wird schon schief gehen!“, redete Zira sich ein und lief erhobenen Hauptes neben Taka her. Sie versuchte denselben Stolz und Anmut zu verstrahlen wie er es tat, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen. Irgendwie schaffte Taka das besser als sie, er hatte irgendwie von sich aus eine unglaubliche Eleganz an sich. Als sie den Königsfelsen, einem Felsgebilde mit mehreren Plattformen, welches sich inmitten der ebenen Savanne in den Himmel erstreckte, näher kamen, sah Zira einige Löwinnen, die friedlich in der Abendsonne lagen und sich den Pelz wärmen ließen. Doch als sie Taka in Begleitung der fremden Junglöwin, blickten sie alle plötzlich auf und hoben die Köpfe, nur um neugierig auf Zira und Taka zu starrten. Es war Zira um ehrlich zu sein sehr unangenehm. Auf diese Art und Weise im Mittelpunkt zu stehen war irgendwie komisch und ungewohnt. Sie spürte wie die Blicke der Löwinnen sie durchlöcherten und es war einfach nur unangenehm, wenn wildfremde Löwen dich ansahen wie einen Alien. „Nanu, Bruderherz, wen hast du denn da angeschleppt?“, fragte plötzlich ein Löwe und erhob sich zwischen einigen Junglöwinnen, bei denen er bisher geruht hatte. Er war deutlich älter als Taka, vielleicht kurz davor erwachsen zu werden. Seine rotbraune Mähne war schon fast ganz gewachsen und sein goldbrauner Pelz schimmerte in der Abendsonne. Er hatte sanfte, braune Augen und seine Stimme klang bereits sehr tief und majestätisch, wenn man bedachte dass er noch gar nicht ausgewachsen war. Zudem war er sehr stämmig und muskulös und würde mit seinem beeindruckenden Aussehen und Körperbau bestimmt nie Probleme haben, eine Freundin zu ergattern. Und dass er zwischen den beiden Junglöwinnen lag ließ bereits erahnen, dass er sich bei denen bereits großer Beliebtheit erfreute. „Weißt du, Mufasa“ Taka sah gehässig zu ihm „Man nennt so was Löwin, falls dir dieses Wort bekannt sein sollte. Ist die weibliche Form von Löwe… Aber wie ich sehe scheinst du dich zwischen denen ja nur zu gern auszuhalten… Und jetzt hol Vater.“, antwortete Taka kühl. Doch Zira musste grinsen. Aha, das war also Takas Bruder, Mufasa. Hm, das beste Verhältnis schienen diese zwei anscheinend nicht zu haben. Eine gewisse Unruhe machte sich zwischen all den Löwinnen breit und Jeder tummelte sich um Zira um die Fremde als Erster zu sehen. Zira sah zwischen ihnen unsicher umher, versuchte ein nettes Lächeln aufzusetzen, doch sie war zu nervös um es glaubhaft erscheinen zu lassen. Etwas nervös wedelte Zira mit ihrem Schwanz umher und sah neugierig auf den Löwen der soeben vom Königsfelsen heruntergelaufen kam. Er hatte eine satte, schwarze Mähne und stechende, grüne Augen, ähnlich wie Takas, doch sein Fell war goldbraun, beinahe schon gelb, wie Mufasas. Auch war er viel stämmiger als Taka und wirkte insgesamt Muskulöser. Man konnte um ehrlich zu sein nur schwer erahnen dass er Takas Vater war und wenn er nicht die schwarze Mähne gehabt hätte, hätte Zira es beinahe nicht geglaubt. Die Löwinnen machten ihrem König Platz, woraufhin dieser sich breitbeinig vor Zira aufstellte und mit einem hoheitlichen Blick zu ihr herab sah. „Guten Tag, ich bin König Ahadi; König des Geweihten Landes. Und dein Name lautet? Was willst du hier?“, fragte der Löwe und lief mit dieser majestätischen Anmut auf Zira zu. „Das ist Zira, sie–“ doch Taka kam nicht dazu weiterzureden. „Halt mal, ich kann auch für mich selber reden, ja?“, unterbrach Zira ihn bestimmt und sah ihn mit einem genervten Blick an. Zwar hatte Taka ihr gesagt dass sie ihm das Sprechen überlassen sollte, doch irgendwie fühlte sie sich nicht ganz wohl dabei. Ahadi erhob jedoch noch einmal die Stimme: „Ich würde euch übrigens alle bitten zu gehen. Lasst mich das regeln.“ Die Löwinnen taten wie ihnen befohlen und zogen sich, wenn auch etwas unwillig, zum Königsfelsen zurück. Also sah sie tapfer zu Ahadi und begann zu sprechen: „I- ich bin Zira. Ähm… Ihr fragt euch sicher warum ich hier bin und was ich überhaupt von euch möchte, aber ich kann euch alles erklären. Mein Rudel wurde von Menschen angegriffen, daher habe ich auch dieses Stück Metall in meinem Ohr. Daraufhin bin ich bin einfach weggerannt und schließlich hier gelandet und dann zufällig auf Ihren Sohn gestoßen. Er erzählte mir von euch und dass das hier alles euer Königreich ist und so wollte ich Sie nur darum bitten, mich bitte in ihrem Rudel aufzunehmen. Ich wäre euch sehr dankbar darüber. Wirklich, ich will euch oder sonst wem, egal ob aus eurem Rudel oder nicht, nichts Böses. Ich bin nur hungrig und brauche nur ein zu Hause.“, beendete Zira ihre Rede. Sie flehte innerlich dass sie höflich genug war um einen guten Eindruck zu hinterlassen und nicht, wie Taka sie gewarnt hatte, irgendwie zu vulgär gewesen war. Zira wollte einfach nur ein Rudel… nicht mehr, nicht weniger. „Hm… Ich weiß nicht Zira. Wenn du wirklich so allein bist, wie hast du es dann geschafft zu jagen?“ „W… was?“, fragte Zira verunsichert. Wie kam Ahadi jetzt da drauf? „Dein Maul. Ich sehe da angetrocknete Blutspritzer. Du hast etwas Frisches erlegt. Und ich hoffe dir ist bewusst dass ich Wilderei hasse.“ Zira schluckte und leckte sich mit der Zunge hektisch über das Maul. Das waren wohl die Reste von ihrem Frühstück. Verdammt, warum hatte sie das nur übersehen? Warum hatte Taka sie auch nicht darauf aufmerksam gemacht? Und wie zur Hölle konnte dieser große König nur auf solche unwichtigen Kleinigkeiten achten? Wer achtete schon auf so was? „Ich…“ Doch plötzlich tauchte eine andere Löwin hinter Ahadi auf und sah ihn strafend an. „Nun sei doch nicht immer so hart. Lass mich doch auch einen Eindruck von ihr bekommen. Ich hab schließlich auch noch etwas mitzureden!“, meinte sie und sah sich Zira von oben bis unten an; Ihren dünnen, aber schönen Körper, die langen Beine, die hübschen, großen, rotbraunen Augen und vor allem das Metallstück in ihrem Ohr. „Ich bin Königin Uru. Also Zira…“ Die Königin sah völlig anders aus, als Zira es sich vorgestellt hatte. Sie hatte dasselbe rotbraune Fell wie Taka, blaue, strahlende Augen und einen kleinen Haarbüschel auf dem Kopf, der ihr etwas in die Augen fiel. Zudem war sie viel dünner und schmaler als die anderen Löwen. Sie hatte einen Körperbau wie Scar ihn hatte, auch seine harten Gesichtszüge gingen wohl auf sie zurück. Aber im Nachhinein hätte Zira sich das eigentlich denken können, immerhin musste Taka seine Gene ja auch irgendwo her haben. „Wie genau ist das passiert?“, fragte Uru ruhig und zeigte auf Ziras Ohr. „Ich… weiß es nicht genau. Wir waren alle viel zu sehr in Panik und Hektik versunken. Ich hab das gar nicht realisiert. Als ich dann weg war und mich in Sicherheit wusste, ist mir irgendwann der Schmerz aufgefallen. Na ja… Und seit dem steckt das da drin.“ Wie gelogen. Zira hatte dieses Ding bewusst ins Ohr bekommen, sie hatte eine weitaus aufregendere Jugend als irgendein anderer Löwe hier. Aber wenn sie das wirklich erzählen würde, wäre sie mit ziemlicher Sicherheit tot – Wer wollte schon mit einem halbzahmen Löwen zu tun haben? „Nun ja… Ich frage mich nur grade was gegen dich spricht. Du scheinst eine nette, höfliche, junge Löwin zu sein. Und beim besten Willen nicht gefährlich. Schau sie dir doch an Ahadi: Sieht das etwa bedrohlich aus?“ Zira setzte in diesem Moment ihr süßestes und unschuldigstes Lächeln auf und klimperte mit den Wimpern. Ahadi seufzte. „Wenn du meinst Uru…“ Er rieb liebevoll den Kopf an seiner Gefährtin „Geben wir dir eine Chance, Zira. Bald werden die Junglöwen des Rudels, also auch du, zum ersten Mal allein jagen gehen. Wir werden ja sehen wie erfolgreich du sein wirst. Aber bis dahin heißt es erst mal ‚Willkommen am Königsfelsen‘, Zira.“ Zira atmete erleichtert auf und sah schließlich zu den anderen Junglöwen des Rudels, die aus einiger Entfernung zu ihr gestarrt hatten. Es gab eigentlich nur sie, Taka, Mufasa und noch zwei weitere Löwinnen, die die ganze Zeit zusammen mit Mufasa auf einem Felsen saßen und Zira misstrauisch ansahen. Sobald Ahadi und Uru weg waren, kam jedoch schon das ganze Rudel auf Zira zu und beäugte sie neugierig. Angespannt sah sie zu ihnen und hoffte nur endlich von den Anderen wegzukommen und sich ihren Weg durch die Löwinnen kämpfen zu können, irgendwo hin wo es etwas ruhiger war, wo sie für sich war. „Kusch, weg, weg ihr Geier!“, murrte Taka plötzlich und scheuchte einige Löwinnen mit der Pfote weg, wie störendes Ungeziefer. Diese sahen ihn nur strafend an, gingen aber wieder zu ihren Sonnenplätzen. „Komm, ich zeig dir ‘nen besseren Ort zum rumliegen.“, meinte er. Zusammen mit Zira lief er einen Pfad an der Felswand entlang, wobei er Zira nicht einen Moment aus den Augen ließ. Es schien fast so, als schein er besorgt um sie, sie könne herunterfallen – Aber er, Taka? Besorgt? Niemals. „Da sind wir, gefällt’s dir?“, fragte Taka. Sie standen auf einem versteckten Vorsprung, an der Nordseite des Königsfelsens. Von hier aus konnte man bis zum Elefantenfriedhof sehen – Und man hatte seine Ruhe. „Wow, es sieht klasse aus.“, meinte Zira beeindruckt. „So, na wie findest du meine Eltern?“, fragte Taka mit einer gewissen Neugierde in der Stimme. „Deine Mutter ist sehr nett, ich mag sie jetzt schon. Aber dein Vater… Na ja, viel zu misstrauisch wenn du mich fragst. Deine Mutter mag ich einfach eher.“ „Das kannst du wohl sagen, eigentlich mag meine Mutter Jeder.“, bestätigte Taka genervt und legte sich auf den Boden. Und plötzlich hatte Zira, einfach so, eine Idee. „Hey, wollen wir spielen?“, fragte sie enthusiastisch und beugte sich über Taka. „SPIELEN?!“, brachte er entsetzt hervor „Mädchen, wie alt bist du?! Ich bin ein Prinz, ich muss gar nichts machen!“, murrte er. „Uhhhh, hältst dich wohl für was Besseres, Prinz Taka.“ Zira klang, völlig ungewollt, in diesem Moment so verführerisch, dass Taka sie einen Moment lang völlig perplex anstarrte. „Äh… Is‘ was mit dir?“, fragte er verwirrt. „Äh… Nö… Was soll denn sein?“, fragte Zira verwundert. Alles war in bester Ordnung, was für eine Frage! „Äh… Gar ni–“ Doch Taka wurde unterbrochen, als eine Stimme an sein Ohr drang. „Hey, hallo Bruderherz, wen hast du uns denn da angeschleppt, deine neue Freundin?“, fragte Mufasa grinsend und die beiden Junglöwinnen, die Zira bereits zuvor gesehen hatte, folgten ihm. „Ach hallo Mufasa…“, knurrte Taka und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren einfach. Es war schon erstaunlich wie Jemand, der vor einer Sekunde noch lächelte, in der nächsten total mies drauf war. „Und tschüss Taka…“, seufzte Mufasa. Zira sah ihr verwirrt hinterher. „Ähm… Taka… Komm doch wieder.“, rief sie ihm noch zaghaft zu, doch eine der Junglöwinnen schüttelte nur den Kopf. „Vergiss es, zu dem kann keiner Vordringen. Er ist einfach nur sehr seltsam... Oh, ich bin übrigens Sarafina.“, stellte sich die Löwin vor. Sie hatte cremefarbenes Fell, wunderschöne, türkisfarbene Augen und war, rein äußerlich, das genaue Gegenteil von Zira – Groß, stark und kräftig. Dasselbe galt für die zweite Junglöwin: Sie hatte Sandfarbenes, leicht gräuliches Fell, gelbe Augen, und war auch viel kräftiger als Zira. Eigentlich waren alle Löwen hier kräftiger als Zira, das konnte man sich also ersparen zu sagen. „Ich bin Sarabi“, stellte die zweite sich nun vor „Aber Sarafina hat schon recht, Taka kann manchmal wirklich seltsam sein, wir können dir das alle bestätigen und… Oh wir haben unseren Mufasa ja ganz vergessen!“ Sarabi und Sarafina kicherten und stupsten Mufasa, der gespielt beleidigt tat, an. „Haha, aber sicher, der vergessene Mufasa!“ Der Löwe sah mit einem freundlichen Lächeln zu Zira „Ich bin Mufasa–“ „PRINZ Mufasa!“, fügte Sarabi hinzu. „Hey, wir wollen ja nicht so krankhaft angeben, klar?“, meinte Mufasa und sah dann zum Himmel. „Es wird bald dunkel… Ich denke es wäre besser wenn wir schlafen gehen. Kommst du Zira? Dann kannst du uns in der großen Höhle ein bisschen was über dich erzählen.“ „Oh…“ Zira errötete etwas „Über mich gibt es nicht viel zu erzählen.“ „Hm… Na dann nicht“, meinte Sarafina gleichgültig „Aber du kommst doch trotzdem mit in die Höhle, dann können wir dir auch gleich alle Löwinnen vorstellen.“ Auch Sarabi und Mufasa schienen von der Idee begeistert zu sein und sahen hoffnungsvoll zu Zira. „Na meinetwegen, aber erwartet nicht zu viel… Mein Leben ist ziemlich langweilig.“, meinte diese und lächelte, ehe sie den anderen in die Höhle folgte. Doch eine Sache hatte sich irgendwie in ihrem Kopf festgebissen: Sarafina sagte, man könne nicht zu Taka vordringen. Stimmte das wirklich, oder tat er nur so cool? Immerhin hatte er heute, fand zumindest Zira, doch ziemlich viel mit ihr geredet, er hatte ihr sogar einen ziemlich großen Gefallen getan… Dafür dass er sie erst seit ein paar Stunden kannte und sie davor ein einziges Mal, vor Monaten, gesehen hatte. Aber wenn Taka anscheinend tatsächlich so ein harter Brocken sein sollte, dann wusste Zira schon was sie in nächster Zeit tun würde… Kapitel 12: Doppelleben ----------------------- Am nächsten Morgen wachte Zira schon vor allen anderen Löwen vor Sonnenaufgang auf. Sie wollte noch etwas jagen gehen und den Hyänen bringen und zwar bevor die Anderen aufwachten. Auf leisen Pfoten schlich sie aus der Höhle, an Ahadi und Uru, Mufasa, Sarabi, Sarafina und Taka vorbei, ehe sie schließlich schneller wurde und in der Morgendämmerung verschwand. Am Horizont hob sich der Himmel bereits in einem sanften orange von dem Gras ab und ein paar Vögel begrüßten den neuen Tag fröhlich zwitschernd. Irgendwo hörte Zira Schakale aufjaulen. Das Geräusch erinnerte sie an Chica und Jerk. Die Beiden fehlten ihr… Sie hatten für Zira einen Geschwisterersatz dargestellt. Hatte sie ihnen nicht versprochen sie besuchen zu kommen? Eigentlich war es für Zira höchste Zeit dieses Versprechen einzulösen. Gut zwei Wochen hatte sie die Beiden nicht mehr gesehen. Doch momentan gab es weitaus wichtigeres um was sie sich kümmern musste. Als Zira schließlich die Fährte eines Zebras witterte spitze sie die Ohren und ihre Augen funkelten aufgeregt in der Dunkelheit auf. Sie musste ihre Chance wahrnehmen und zwar so schnell wie möglich. Jede verschwendete Sekunde war eine zu viel. Auf leisen Tatzen schlich Zira sich näher, getarnt durch die Dunkelheit der Nacht, an, doch als sie ganz nah war und kurz davor war sich auf ihre Beute zu stürzen, konnte sie ein leises, mordlustiges Knurren nicht mehr unterdrücken. Doch ein Anderer war schneller und eine Gestalt stürzte sich vor Ziras Augen einfach auf das Zebra – Ihre Beute wurde ihr wortwörtlich vor der Nase weggeschnappt. Ein lautes Fauchen und Knurren ertönte, gefolgt von einem hysterischen Lachen und nun erkannte Zira die Gestalt – Banzai. Lauf Knurrend und Fauchend biss er dem Zebra scheinbar völlig kopflos in den Nacken und obwohl er mit dem Tier zu kämpfen hatte, entschied Zira erst dann einzugreifen, wenn es wirklich gefährlich werden würde. Immerhin sollte Banzai auch was lernen und sich sein Futter nicht immer von Anderen anschaffen lassen, denn Zira glaubte um ehrlich zu sein nicht dass sie sich ihr ganzes Leben um die Beute der Hyänen kümmern würde. Banzai verbiss sich nun richtig fest im Nacken seiner Beute und drückte seinen kräftigen Kiefer mit aller Kraft in das Fleisch, bis das Zebra schließlich zu Boden sank und von Banzai durch einen gezielten Biss in die Luftröhre getötet werden konnte. Seien Flanke zuckte noch kurz, doch dann wich alles Leben aus dem Körper des Tieres. „Shenzi wird stolz auf mich sein!“, rief Banzai aus und sah voller Stolz auf das tote Zebra. Er, Banzai, dem anscheinend nie was gelingen wollte, hatte es geschafft! Er hatte ein ganzes, erwachsenes Zebra zur Strecke gebracht! Banzais Siegesrufe wurden plötzlich von einem hysterischen Lachen begleitet. Erst jetzt bemerkte Zira Ed, der hinter einem Busch gelauert hatte und auf seinen Bruder zulief. „Jaja, klar! Oh Mann, meinst du Shenzi wird sich sehr freuen?“, fragte Banzai mit einem triumphalen Grinsen auf dem Gesicht. Ha! Er hatte tatsächlich ein ganzes Zebra getötet, er allein! „Bestimmt“, brachte plötzlich Zira hervor und sah hochachtungsvoll zu Banzai „Mann, ich bin stolz auf dich. Dafür das du das ganz allein gemacht hast war das ‘ne super Leistung.“, meinte Zira ehrlich. Banzai sah im ersten Moment erschrocken auf, doch als er erkannte dass es sich bei der Löwin nur um Zira handelte atmete er erleichtert auf. „Hoffentlich.“, antwortete er. In diesem Moment kam Ed auf seine trampelige Art auf Zira zugelaufen und hüpfte begeistert um sie herum. Er sabberte mal wieder stark, was darauf hinwies, dass er Hunger hatte. „Na komm Banzai, gib ihm doch ‘nen Bissen ab.“, meinte Zira kichernd, doch Banzai schüttelte nur entschlossen den Kopf. „Niemals, geht noch?! Das ist nur Shenzi und NICHT für meinen bekloppten, kleinen Bruder! Verstanden? Es ist SHENZIS!“, knurrte er gereizt und begann das Zebra in Richtung des Elefantenfriedhofes zu ziehen. Verdutzt sah Zira ihm hinterher, wie er sich mit seiner Beute abquälte und zog misstrauisch eine Augenbraue hoch. Was für ein Affenaufstand, nur wegen Shenzi… Obwohl… Plötzlich hatte Zira eine gewisse Vermutung – Eine Vermutung die sie einfach nicht aus dem Kopf bekam. Was wäre wenn Banzai sich – NEIN! Shenzi war so was kratzbürstig und überdominant, sie könnte sich glücklich schätzen überhaupt Einen abzubekommen. Kein Männchen aus dem Rudel würde sich freiwillig mit so einer garstigen, herrischen Hyäne wie Shenzi als Partnerin abgeben wollen, immerhin wurden die Männchen sowieso ständig unterdrückt. Eigentlich konnten sie Zira fast schon leidtun, wenn sie nicht ein Weibchen gewesen wäre – Aber nur fast. „Ed, helf‘ mir mal…“, ertönte plötzlich Banzais Stimme. Er versuchte immer noch das Zebra allein zu ziehen, jedoch mit eher dürftigem Erfolg… „Jungs, so kommt ihr nicht weiter…“, meinte Zira seufzend und half den beiden Hyänen beim Ziehen des Kadavers. „Sagt mal, was wollt ihr Beide eigentlich fressen?“, fragte Zira nach einiger Zeit. „Na ja… Ich dachte eigentlich DU jagst uns was…“, gab Banzai kleinlaut zu, jedoch mit einem solch mitleidigen Unterton in der Stimme, dass Zira einfach nicht ausschlagen konnte. „Wollte ich auch… Ach, egal. Ich muss sowieso üben. Wisst ihr, König Ahadi meinte er würde die Junglöwen in ein paar Tagen auf die erste Jagd schicken. Aber dann muss ich ihm beweisen dass ich es kann!“, erklärte Zira und sah schon den Abhang, der zum Elefantenfriedhof führte. „Setzt dich.“, meinte Banzai plötzlich, als sie mit der Beute kurz vor dem Abhang standen. „Äh, was?“, fragte Zira verwundert. „Setzt dich auf das Zebra und Krall dich richtig fest.“, wiederholte Banzai. Verwirrt tat Zira wie ihr befohlen. „Und jetzt?“ Banzai setzte sich neben sie, dann sah er zu seinem Bruder. „Ed, the stage is your’s.“ Ed nahm Anlauf, schubste den Kadaver mitsamt Zira und Banzai den Abhang runter und sprang mit einem schnellen Sprung zwischen die Beiden. Panisch krallte Zira sich im Zebra fest und sah mit entsetzten wie sie mit dem Zebra den Abhang runterrutschten. Ihr stellte sich das Fell auf und jeder Muskel ihres Körpers war angespannt. Das hier war eine Höllenfahrt, warum taten die ihr das an? Konnten die das Zebra nicht einfach runterwerfen und hinterherrennen, wie alle anderen, normalen Tiere es tun würden? Banzai und Ed lachten ausgelassen und steckten die Köpfe in die Höhe – Das schien anscheinend nicht das erste Mal zu sein, dass sie das taten. Als die Drei mit dem Zebra endlich unten zum Halten kamen, was Zira im Übrigen wie eine Ewigkeit vorkam, sprang sie mit zittrigen Knien von dem Kadaver und sah schwer atmend zu den Hyänen. „Juhu! Nochmal, nochmal!“, lachte Banzai und klatschte kichernd in die Pfoten. Ed war mal wieder in einer seiner Lachattacken gefangen und kullerte vom Zebra runter. „Seid ihr noch ganz dich oder wolltest ihr mich umbringen?“, fragte Zira mit zittriger Stimme und noch immer schwer atmend. „Ne, wir brauchen dich doch noch.“, entgegnete plötzlich eine Stimme – Shenzi. „Hey, Shenzi! Schau mal, ich hab dir Frühstück gejagt“, rief Banzai voller Stolz und lief auf Shenzi zu „Na, was sagst du?“ Shenzi sah begeistert zu dem toten Zebra und biss sich gierig, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ein Stück ab. „Danke Banzai, das wäre wirklich nicht nötig gewesen“, schmatzte sie und riss sich gefräßig einige Stücke ab „Du bist der Beste“, meinte sie mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht „Äh… Das hast doch du gejagt, oder?“ Sie sah misstrauisch zu Zira, doch die nickte bestätigend. „Er hat’s wirklich gemacht.“ „Echt? Wow, äh, danke dir Banzai.“ Zira lächelte kaum merklich, als sie Eds flehendes Gesicht sah, welcher wehleidig auf das Zebra starrte, das von Shenzi immer mehr und mehr dezimiert wurde. Auch Shenzi bemerkte es und schmunzelte. „Na kommt ihr drei, ihr bekommt auch noch was. Zira, was ist mit dir?“, fragte Shenzi und sah zu ihr. „Ach nein, ich wollte nur mal vorbei schauen. Ich geh jetzt auch besser zurück, sonst werden die anderen noch misstrauisch, wo ich so früh bin und das gleich am ersten Tag nach meiner Ankunft. Ach und Shenzi, Banzai war bei der Jagd heute Morgen wirklich gut.“, erwähnte Zira noch nebenbei. Sie sah wie Banzai plötzlich etwas verlegen dreiblickte, doch dann den Kopf schnell wieder in der Bauchhöhle des Zebras versteckte. „Also bis später, oder morgen oder so, ich weiß noch nicht!“, verabschiedete Zira sich und kletterte den Abhang wieder hoch, was um einiges schwieriger war als herunter zu klettern. Als sie schließlich in einem Affenzahn, im Schutz der Morgendämmerung, zurück zum Königsfelsen rannte, sah sie bereits die ersten Löwinnen die aufstanden und sich zur Jagd bereit machten. „Guten Morgen Zira. Wo warst du zu so früher Stunde?“, fragte Ahadi sie, als sie in die Höhle geschlichen kam. „Ohm, ich war mir nur ein wenig die Beine vertreten. Das Geweihte Land ist wirklich wunderschön im Schein der Morgensonne.“, log Zira. Doch es klang glaubhaft und so gelogen war das auch wieder nicht. Es war wirklich wunderschön hier, das war eine Tatsache. „Das freut uns doch, wenn es dir gefällt“, meinte plötzlich Uru und schloss sich den anderen Löwinnen an „Ach, und Zira…“, meinte sie etwas leiser, an Zira gewandt „Wenn du dich hier einfügen willst, dann wäre es ratsam wenn du mit den anderen Junglöwen zusammen Ahadis Unterricht besuchen. Dort wird dir die Geschichte unseres Königreichs ein wenig näher gebracht. Du musst das nicht machen, aber Ahadi hält sehr viel davon, wenn jeder Löwe unseres Rudels die Geschichte des Geweihten Landes kennt. Das hier ist immerhin das Land seiner Ahnen und unser Königreich. Taka wird dir Weiteres erklären… Stimmt doch, TAKA!“, rief Uru und riss Taka aus seinem Dämmerschlaf. „Jaja, wird schon passen!“, knurrte er und rollte sich wieder zusammen. Er schien nur herzlich wenig Interesse daran zu haben Zira irgendwas zu erklären – So wie bei eigentlich allem. „Er ist ein wenig Eigen, aber er scheint dich zu mögen.“, kicherte Uru. „Hm… Wenn ihr es sagt, euer Majestät…“ Zira konnte den Worten der Königin nicht wirklich Glauben schenken, doch sie war die Königin – Ihr Wort war Gesetz. Uru lächelte nochmals und verschwand dann mit den Löwinnen in der Dämmerung. Zira sah der Königin grinsend hinterher. Sie mochte diese Löwin… Sie war etwas anders als der Rest der Löwinnen, aber unglaublich nett. Bis jetzt mochte Zira sie am meisten. „Nun Zira, wir werden ja sehen wie du dich bei dem Unterricht machen wirst. Du kannst jederzeit, wann immer du willst, zu uns stoßen, aber du musst nicht. Aber wie Königin Uru bereits sagte – Es wäre besser wenn du es einfach tun würdest, damit würdest du dir selbst einen großen Gefallen tun.“, meinte Ahadi plötzlich und sah Zira wieder so an… So… Herablassend. Es gefiel Zira nicht, nicht im Geringsten! Sie hasste es um ganz ehrlich zu sein. Wie dieser ‚tolle‘ König sie ansah, nur weil sie ein bisschen anders war! Na gut – Sie war vielleicht sehr viel anders… Dünner, zierlicher, sie hatte etwas kratzbürstiges, rebellisches an sich … Aber das hieß nicht, dass sie nicht genau so viel Biss und Zähheit hatte, wie jede andere Löwin hier auch! Sie konnte nun mal nicht so perfekt und so makellos sein, wie seine Uru! Und um ehrlich zu sein war die auch nicht so kräftig wie die anderen Löwinnen… Ganz im Gegenteil. Zira fand sogar die sah ihr recht ähnlich… Mal abgesehen von der Farbe, dem Fellbüschel und anderen, unwichtigen Kleinigkeiten. Zira konnte nichts dafür. Sollte Ahadi doch ihren Genen die Schuld dafür geben, sollte er doch Ziras Mutter die Schuld geben. Kisamba war im Grunde das genaue Abbild Ziras, nur mit einem schwarzen Aalstrich auf der Stirn. Ja, genau, sollte er doch einer Toten die Schuld geben, dann würden sie alle glücklich sein! Das war es doch was wir alle immer suchten wenn wir einen Fehler machten – Einen Schuldigen. Egal was auch sein mochte, Jeder suchte immer Irgendwen dem er die Schuld geben konnte, so war es doch, nicht? „Ist gut.“, meinte Zira jedoch schnell und legte sich wieder auf den Boden. Die anderen Junglöwen durften immerhin auch weiterschlafen und da galten doch für Zira gleiche Rechte, nicht? In ein paar Tagen wäre sie beriet für Ahadis Unterricht, in dem Punkt war fest entschlossen. Sie würde Ahadi zeigen dass sie ein ehrwürdiges Mitglied dieses Rudels werden konnte! Der würde noch sehen. Sie würde es ihnen ALLEN zeigen – So viel war sicher. Kapitel 13: Unterrichtszeit --------------------------- Ein paar Tage später war Zira schließlich soweit um bei Ahadis Unterricht mitzumachen. Als sie es Uru am Vortag erzählt hatte, hatte diese Zira besorgt angesehen und sei gefragt ob es auch wirklich in Ordnung seie, doch Zira hatte ihr versichert dass sie bereit wäre. Uru hatte zwar einverstanden, doch sie hatte Zira nochmals gesagt dass, falls sie sich zwischen den Anderen nicht wohl fühlen würde, sie jederzeit zu ihr gehen könnte. Doch um ehrlich zu sein hatte Zira überhaupt keine Probleme mit den anderen Löwen. Sarabi und Sarafina kamen Zira immer sehr herzlich entgegen und schon mehrmals hatte Zira ein paar kleine Gespräche mit ihnen über alles Mögliche geführt – Über ihr Lieblingsfutter oder einfach nur ihre Lieblingsstelle im Geweihten Land. Doch da Zira noch so gut wie kaum einen Teil des Geweihten Landes kannte, hatten Sarabi und Sarafina ihr über alle möglichen Orte hier erzählt. Es gab hier anscheinend, näher bei den Bergen, sogar einen Wasserfall. Jedenfalls kam Zira mit den Beiden ganz gut klar. Sie würde nicht sagen dass sie schon Freundinnen waren, aber sie mochten einander. Mufasa war ebenfalls sehr nett. Okay, er war ein kleiner Angeber, der sich vor Sarafina und vor allem Sarabi immer sehr gerne ein bisschen aufplusterte, aber er war ein höflicher, charmanter, junger Prinz. Jedoch verhielt er sich Zira gegenüber nicht ganz so… flirtfreudig? Es war schwer zu erklären, aber er war Zira gegenüber einfach ‚nur‘ nett und höflich, er gab bei ihr nicht so charmant wie er es immer bei Sarabi tat. Hm, vielleicht wollte er ja nicht dass Sarabi schlechtes über ihn dachte. Aber selbst wenn, Zira hatte kein Interesse in ihn. Er war wirklich herzensgut und Zira mochte ihn auch, aber er war einfach nicht so ihr Typ. Und dann gab es da noch Taka. Nach ein paar Tagen in seiner Gesellschaft hatte Zira endlich verstanden was Sarafina gemeint hatte, als sie sagte ‚zu ihm sei schwer durchzudringen‘. Taka war kaum anwesend, wenn sein Bruder da war. Eigentlich sah Zira ihn kaum, er sprach auch kaum mit Jemandem. Er holte sich morgens Futter, blieb dann vielleicht eine Weile und verschwand dann bis zum Abend. Manchmal kam er sogar erst nachts zurück. Uru machte sich merklich Sorgen um ihn, doch sie versuchte immer die Ruhe zu bewahren. Die wenigen Male bei denen Zira versucht hatte mit Taka über irgendwas zu reden waren entweder in peinlichem Schweigen geendet oder er hatte, nachdem er seine eintönigen Antworten gegeben hatte, das Gespräch einfach abgebrochen und war wieder irgendwo hin verschwunden – Aber immerhin redete er mit ihr überhaupt was. Zira hatte die Vermutung dass Taka möglicherweise bei den Hyänen war und sich mit ihnen unterhielt, doch sie hatte zu viel Angst in der Anwesenheit der Anderen ihn darauf anzusprechen. Die Hyänen waren keineswegs gern gesehen – Oder gehört. Und Taka sollte keinen Ärger bekommen. Zira sehnte sich um ehrlich zu sein auch öfters nach den Hyänen. Sie konnte jedoch nicht vom Königsfelsen weg, es wäre zu auffällig gewesen und König Ahadi sollte nicht gleich wieder Verdacht schöpfen. Zira schaffte es kaum in dieser Nacht ein Auge zuzudrücken und als sie endlich eingeschlafen war, wurde sie auch schon wieder aus dem Schlaf gerissen. Zwei grüne Augen sahen starr in ihre Richtung und weil sie noch so verschlafen war und es in der Höhle sehr dunkel war, wirkten die Augen auf sie im ersten Moment wie Glühwürmchen – Im Nachhinein konnte Zira über diesen Vergleich nur lachen. Sie zuckte zusammen, doch als sie realisierte dass es nur Taka war, atmete sie erleichtert auf. „Na komm, der Unterricht beginnt“, meinte er und stupste sie mit der Pfote an der Schulter an „Meine Mutter hat mir gesagt ich soll mich ein bisschen um dich kümmern.“ Zira sprang auf und lief ihm gehorsam hinterher. Als sie vor der Höhle ankamen, erwartete Ahadi die Junglöwen bereits und sah sie allesamt mit einem strengen Blick an. „Sehr schön, Zira konnte sich uns nun auch anschließen. Also Zira, ich denke dir wird dieser Unterricht recht hilfreich sein und ich hoffe du wirst Etwas lernen. So, nun, wo wir alle versammelt sind, folgt mir.“ Der Morgennebel, der zu dieser Jahreszeit immer auf dem Geweihten Land lag, hatte sich verzogen, doch es war noch immer sehr dämmerig. „Hab ich eigentlich viel verpasst?“, fragte Zira Taka, als sie Ahadi folgten. „Na ja… Eigentlich nicht. Du wirst dich ziemlich schnell eingliedern können, das kann ich dir versprechen.“, antwortete Taka ihr. „Ah, okay… Weißt du, meine…“ Zira suchte angestrengt nach dem richtigen Wort „… Adoptiv – Äh – Geschwister haben mir immer alles erklärt was man zum Überleben brauchte und ich kann ja auch jagen und so… Ist dieser Unterricht überhaupt sinnvoll? Ich meine… Ich weiß das ich mich von allem was Zähne hat fernhalten sollte, es sei denn es ist ein hilfloses Beutetier und ich hab Hunger, aber was soll es da noch viel zu wissen geben?“ „Erklär das meinem Vater… Wir lernen so ‘n Zeug über… Ach, was weiß ich! Irgendwie, über Alles! Über meine Großeltern, König Mohatu und Königin Asali, oder wie das Geweihte Land zu dem geworden ist was es ist… Oder… Nun ja… Du wirst es sehen. Aber jetzt mal was zu dir…“ Taka sah mit einem frechen Grinsen zu ihr, dann kam er etwas näher „… Warum lässt du dich mit so was selten-dummen wie den Hyänen ein?“ Seine Stimme war gedämpft, er wollte natürlich nicht dass die Anderen etwas hörten. Zira musste grinsen. Wenn Taka es sagte, kam es irgendwie lustig rüber. „Sie waren so hilfsbereit und haben mich aufgenommen. Und sie waren sowieso die Einzigen die mir begegnet sind. Und weißt du… So dumm, wie du sagst, sind sie auch wieder nicht. Ich frag mich wirklich was ihr alle gegen sie habt, schließlich sind sie eigentlich ganz okay… Wenn man sie erst mal kennt. Warum sprichst du eigentlich so schlecht über sie, sie sind doch deine Freunde.“ Taka lachte auf, dann schüttelte er seine kurze Mähne und sah wieder zu Zira. „Freunde? Nein, wirklich… Nein. Sie helfen mir bei Dingen die ich brauche und ich helfe ihnen bei Dingen die sie brauchen – Wir revanchieren uns. Vielleicht denken sie, wir seien Freunde… Hm… Vielleicht waren wir das sogar mal… aber das ist vorbei. Zumindest für mich.“ Zira hörte Taka mit einer gewissen Fassungslosigkeit zu. Zum einen war sie von seiner plötzlichen Boshaftigkeit überrascht, doch noch erschreckender war es, seine Stimme dabei zu hören, wie sie von dieser gewohnten Langeweile immer verachtender, fast schon sadistisch wurde. Zira glaubte sogar, Taka bemerkte selber nicht wie er sich in seine Sätze reinsteigerte. Es fehlte nur noch so ein böses Lachen am Ende…dachte Zira und sah plötzlich auf als sie Mufasa und Sarabi bemerkte, die vor ihnen lachend zu rangeln begannen. „Meinst du zwischen den Beiden läuft was?“ Sarafina war plötzlich neben Zira aufgetaucht und sah sie aus ihren blauen Augen an. „Wäre verwunderlich wenn nicht… Seh sie dir doch nur an: Wie ‘ne Klette auf ‘nem Hundepelz.“, kicherte Zira. „Was sind Hunde?“, fragten plötzlich Sarafina und Taka gleichzeitig. Ziras Ohren stellten sich erschrocken auf. Damit hätte sie nicht gerechnet! Sie dachte dass Jeder wusste was Hunde seien – Anscheinend war dem doch nicht so. „Ahm… das sind so… Tiere halt… Mit Fell… Sie können extrem unterschiedlich aussehen. Manche sind groß, andere kleiner. Und sie können langes und kurzes Fell haben. Manche haben Schlappohre, andere stehende Ohren. Ähm… Sehen so ein bisschen aus wie…“ Zira dachte angestrengt nach „… Wildhunde oder große Schakale. Ein bisschen auch wie Hyänen, aber sie sind um einiges ungefährlicher.“ „Seltsam, ich hab von denen noch nie gehört“, meinte Taka verwundert „Wo gibt’s die?“ „Ach, die kommen auch nicht von hier, sondern leben eher da wo Menschen sind.“, erklärte Zira weiter. Sie durfte nur nicht ins Stottern geraten, dann blieb es glaubwürdig. „Also wie Ratten“, lachte Sarafina auf „Mann, müssen ja hässliche Tiere sein!“ Zira entschloss sich, es dabei zu belassen. Sie wollte sich nicht noch mehr in Ausreden verstricken, an die sie sich später nicht mehr erinnern konnte und die sie doch sowieso vergessen würde… Womit sie sich dann wiederrum in Wiedersprüche verstricken würde. „Wir sind da. Bitte setzt euch.“, erklang plötzlich Ahadis Stimme und noch nie war Zira so überglücklich gewesen dass sie von Jemanden während eines Gesprächs unterbrochen wurde. Die Junglöwen setzten sich brav auf einige kleine Felsbrocken, die einfach auf dem Boden lagen und begannen Ahadi zuzuhören. „Heute will ich euch etwas über die großen Könige der Vergangenheit erzählen…“ „Oh nee, nicht die Nummer schon wieder…“, murrte Taka „Das ist jetzt das gefühlte sechstausendste Mal. Soll ich dir mal was wirklich Interessantes erzählen?“ Taka wand den Kopf zu Zira und grinste verschlagen. „Äh… okay.“, antwortete sie. „Ich erzähl dir mal was über die Idioten, die hier rumgammeln… Also… Ich beginne mal mit Sarabi“ Taka sah herablassend zu der Löwin die vor ihm saß „Seh sie als die Streberin schlechthin an. Bei diesem Perfektionismus wird dir übel, das schwöre ich dir. Ich hab noch nie so was so verdammt ‚perfektes‘ wie diese Löwin gesehen… und Humorlos. Sie meint immer ich sei nur zu sarkastisch und meine Witze seien unter der Gürtellinie, aber die haben doch alle keine Ahnung. Zum Schreien ist das…“ Taka dämpfte seine Stimme augenblicklich wieder, als er bemerkte dass er ein wenig zu laut wurde, dann fuhr er fort „...Einmal, da wollte mein Vater, als so was wie ‘ne ‚Hausaufgabe‘, dass wir bis zum nächsten Mal irgendwas mitnehmen, worüber wir glücklich sein sollten, dass das Geweihte Land es uns gegeben hat. Wir kommen natürlich alle mit einem Stück Fleisch an, aber was hat Sarabi bei sich?“ Zira zuckte die Schulter, bei diesem Punkt hatte Taka recht: DAS war tausendmal lustiger und interessanter als Ahadis Unterricht. „… Einen Büschel Gras – Weil sie meinte, dass alle Beutetiere sich hiervon ernähren und ohne das Gras und die Pflanzen gäbe es keine Pflanzenfresser, die wir fressen könnten. Und mein Vater meinte auch noch: ‚Oh, ja, toll Sarabi, super Sarabi, du bist ja noch viel Besser als ich dachte, das war es, ja! Genau das hätte ich von euch allen erwartet.' Pah… Schleimerin." Zira musste kichern. „Wenn ich also demnächst mit einem Büschel Gras im Maul dahergelaufen komme, dann bin ich die Nummer Eins, oder was?“ Taka nickte und grinste wieder verschlagen. Er rückte noch näher und diesmal berührte seine Schnauze fast Ziras Gesicht – Doch um ehrlich zu sein… so schlecht fand Zira das nicht mal. Eigentlich gefiel ihr seine Nähe sogar ziemlich… Auch wenn sie sich beim besten Willen nicht erklären konnte warum. Und die Tatsache dass Taka mit einem mal so gesprächig war, war Zira auch nur recht! „Aber jetzt zu Sarafina… Ein Wort: Flittchen. Die macht sich an Jeden ran, der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und dabei können Löwen nicht mal so schnell klettern. Äh, egal, zurück zum Thema – Wirklich an jeden herumstreunenden Junglöwen hat sie sich schon rangemacht und bei Einem, da glaube ich wird’s sogar etwas Ernstes. Das heißt, wenn sie davor nicht schon…“ Doch Taka kam nicht dazu zu Ende zu sprechen. „ZIRA! Da du ja so aufmerksam bist und meinem Sohn bei seinem abenteuerlichen Geschichten ja so gerne lauschst, erzähl DU uns doch was du denkst, was mit uns nach unserem Tod passiert.“, sagte Ahadi, jedoch nicht ohne Taka einen strafenden Blick zuzuwerfen. Im ersten Moment war Zira wie erstarrt, im nächsten Moment stieg ihr die Röte ins Gesicht – Oh, wie dankbar sie ihrem Fell doch war dass es da war! „Äh… Wir… werden von den Geiern zerfressen…“, gab sie kleinlaut zur Antwort. „Nicht mit unseren Körpern, mit unserem Geist, unserer Seele.“, gab Ahadi ein wenig genervt entgegen. Zira schluckte trocken und dachte angestrengt nach. Doch plötzlich schoss ihr eine Erinnerung in den Kopf. Eine Erinnerung an ihr erstes Gespräch mit Chica, was sie ihr über die Sterne erzählt hatte. In der einen Nacht, die Zira das erste Mal bei Linda verbracht hatte, nachdem ihre Familie gestorben war und Zira voller Trauer allein am Fenster saß und leer in die Sterne gestarrt hatte. Bis plötzlich Chica kam und ihr diese tröstenden Worte zusprach. Zira erinnerte sich nicht mehr an jedes Detail des Gesprächs, aber eine Stelle war ihr noch ganz genau im Gedächtnis verankert. Zira sah mit festem Blick zu Ahadi auf, dann meinte sie: „Wenn wir sterben kommen unsere Seelen in den Himmel und dort erleuchten wir als Stern. Wir sind natürlich nicht auf alle Ewigkeit Sterne, das ist nur symbolisch, damit die, die uns liebten, uns nicht vergessen und wissen dass wir da sind, auch über den Tod hinaus. Und… wenn jemand Geliebtes stirbt… dann wird er vielleicht unser Schutzengel.“ Und wer weiß… Jetzt hast du vielleicht sogar schon drei Schutzengel. Da kann ja nur noch alles gut gehen… – Genau das waren Chicas Worte gewesen. Ahadi sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu Zira. „Also dieses Denken ist mir… Neu. Wer hat dir das beigebracht?“, fragte er. „Meine… Schwester.“, sagte Zira überzeugt. Na ja, zumindest gab es bei Ahadis blöder Frage kein Richtig oder Falsch. „Sehr interessantes Denken… Es gefällt mir. Deine Schwester scheint schon weitergedacht zu haben als die meisten anderen hier in meinem Unterricht. Ich bin beeindruckt Zira.“ Völlig perplex starrten die fünf Junglöwen zu Ahadi. Hatte er grade eben Zira gelobt? Richtig gelobt, mit Hochachtung sein Lob ausgesprochen?! Doch am meisten verblüfft war Zira. Sie erinnerte sich wie Ahadi sie noch vor Unterrichtsbeginn mit einer solchen Verachtung angesehen hatte… Und jetzt? Bild dir nicht zu viel drauf ein, Zira… Morgen kann die Welt wieder ganz anders aussehen, dachte sie sich und lauschte schließlich wieder dem Unterricht. „Ja, und Mufasa… Er ist zum… Bäh! Er tut immer so perfekt, nur weil er mal König wird und ich nicht. Manchmal, da würde ich meine Krallen so gerne in seine schlagen und…“ Taka schlug seine Krallen in den Boden und trampelte wütend auf, dann schnaufte er und kam wieder auf seine mehr oder weniger erhabene Haltung zurück. Der Unterricht war zu Ende und die Junglöwen waren auf dem Weg zurück zum Königsfelsen. „Ach Taka, du willst deinen Bruder doch nicht ehrlich töten? Ich meine… Klar, er wird vielleicht mal König, aber er ist doch dein Bruder“ Zira grinste süß „Du würdest ihn doch nicht wirklich töten… Das sagt man doch nur so und meint es dann doch nicht so.“ Du hast keine Ahnung, dachte Taka sich, zuckte aber nur mit den Schultern „Aber was ist mit dir? Gibt es denn Niemanden den du richtig hasst?“ Zira dachte nach. Eigentlich nicht… bis auf… „Menschen. Zwei Männer, sie haben meine Mutter erschossen und meine Brüder, einfach alle die ich liebte. Ich schwöre es dir…“ Mit einem Mal klang Ziras raue Stimme unendlich wütend. Mehr als wütend! Hasserfüllt, nahezu mordlustig! „… Ich werde ihnen die Kehlen aufreißen! Ich will sie bluten sehen, ich will das sie Schmerzen haben, Angst! Sie sollen genau so sehr leiden wie ich!“ Taka sah mit einem überraschten Blick zu Zira. Sie hatte sich bis jetzt immer so anständig und harmlos gegeben. „Wow, du kannst ja richtig wild werden! Also ich weiß nicht was du denkst, aber…“ Er drückte sich plötzlich gegen sie und Zira, welche nicht darauf gefasst war, kam aus dem Gleichgewicht und fiel zu Boden „… ich hab jetzt Lust auf Futter!“, beendete er seinen Satz und beugte sich über Zira, wobei er ihr, sogar ziemlich unbewusst, einen ziemlich aufreizenden Blick zuwarf – Jedoch nur für einen ganz kurzen Moment. Es musste wohl einer dieser Augenblicke gewesen sein, in denen Taka ganz kurz, für einen einzigen Moment, vergas Taka zu sein und ihn für ein paar Sekunden der Spieltrieb übermannte, oder das was davon noch geblieben war. Und wer ergriff nicht gerne die Chance sich auf die Löwin mit den wohl schönsten Augen Afrikas zu werfen, um sie dann für ein paar Sekunden völlig verwirrt am Boden liegen zu sehen? Kapitel 14: Mittagssonne ------------------------ Als die Junglöwen am Königsfelsen ankamen, kam ihnen bereits Uru entgegen und erklärte ihnen, dass es das Futter heute weiter draußen gab. Zira beobachtete wie Takas grüne Augen begeistert aufleuchteten. Er wusste dass, wenn die Löwinnen das Futter nicht mal bis zum Königsfelsen bringen konnten, es etwas Großes sein musste! Als die Junglöwen schließlich an einem Büffelkadaver ankamen, stürzten sie sich gierig auf die schmählichen Überreste. Königin Uru und die anderen Löwinnen hatten sich ihren Anteil als erstes geholt und einzig und allein die Reste blieben für die Junglöwen übrig. „Was ist eigentlich mit deinem Vater?“, fragte Zira schmatzend und sah zu Taka, der seinen Kopf grade ganz tief in die Bauchhöhle des Büffels steckte. „Ach, der hatte schon heute Morgen schon Futter.“, meinte Taka desinteressiert und zwängte sich noch tiefer in den Kadaver. Er versuchte krampfhaft an die letzten, wirklich guten Stücke zu kommen und die lagen eben tiefer, irgendwo zwischen all diesen angefressenen Organen. „Hey Zira, willst du mit uns später zum Wasserloch kommen?“, fragte Sarabi plötzlich und wand sich nach der Löwin um. „Klar… Ähm, gibt’s da was Interessantes zu sehen?“, hakte Zira nach. Eigentlich hatte sie nicht wirklich Lust darauf und die Hitze trieb sie eher dazu sich nur noch hinzulegen, doch sie wollte nicht unhöflich sein, immerhin waren Sarabi und Sarafina immer so nett zu ihr gewesen. „Ach, das übliche… Wir liegen da rum, reden ein bisschen und…“ Sarabi kam näher und flüsterte „Reden über solche… Sachen halt… Du weißt schon was ich meine, oder?“ Zira grinste. „Wenn ihr damit Junglöwen meint, dann muss ich euch LEIDER sagen, dass ich dem Gebiet noch sehr ‚unerfahren‘ bin, wenn ihr wisst was ich meine.“, meinte Zira und versuchte Sarabi nachzuahmen. „Ähhh….“ Verunsichert sah sie zu Zira und schluckte – Hatte sie etwas was falsch gemacht? Doch als Zira bemerkte dass weder Sarabi noch Sarafina ihren Scherz verstanden hatte, kicherte sie verlegen. „Sarabi, das war ein Witz… Ich mein das nicht böse oder so.“ „Oh, ach so, ich dachte schon ich hab dich wütend gemacht“ Erleichtert atmete Sarabi auf „Sarkasmus ist nicht so unser Ding.“ „DAS glaub ich dir gerne.“, gab Zira zurück und dachte an das, was Taka ihr heute über Sarabi erzählt hatte. „Also willst du mit uns kommen?“, fragte Sarabi nun nochmals hoffnungsvoll. „Hm, okay, meinetwegen, wenn es euch nichts ausmacht.“, gab Zira zur Antwort. „Klasse! Also heute Nachmittag dann, wenn die Sonne nicht mehr so hoch steht, ja?“ „Okay, ich werde kommen.“ Sarabi machte sich wieder über ihr Futter her, als in diesem Moment Taka regelrecht aus dem Kadaver ‚gekrochen‘ kam. „Bäh… Ich geh nie wieder so tief in die Viecher rein. Wer soll das denn wieder sauber machen?“, jammerte er halblaut und sah auf seinen blutverschmierten Pelz. Zira blickte mit einem kleinen Lächeln zu ihm. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie wollte sie ihm den Gefallen tun – Warum auch immer. Vielleicht war es die Stimme in ihrem Kopf, die ihr sagte sie solle sich dafür revanchieren dass Taka ihr den Platz in dem Rudel gesichert hatte, zumindest redete sie sich das ein – Oder es war einfach dieses unerklärliche ‚Etwas‘ was Taka an sich hatte. „Wenn du willst kann ich das für dich machen“, ertönte plötzlich Ziras Stimme „Ich hab heute Mittag sowieso nichts Besseres vor, warum sollte ich dir da nicht ein bisschen unter die Pfoten greifen?“ Taka sah sie überrascht an, doch im nächsten Moment mischte sich etwas Misstrauisches in seine Miene. „Und was willst du als Gegenleistung?“, wollte er wissen. Verwundert legte Zira den Kopf schief. „Gegenleistung? Warum sollte ich dafür eine Gegenleistung verlangen, ich mach dich doch nur sauber. Das ist doch selbstverständlich.“ „Für dich vielleicht. Die Anderen mögen mich nicht besonders… Aber meintest du das wirklich ernst?“ „Ja, natürlich. Also willst du jetzt oder nicht? Ich kann mein Angebot auch gern wieder zurückziehen.“, meinte Zira nun und klang merklich ungemütlicher. Wenn Zira gewusst hätte wie viel Überwindung Taka das Wort ‚danke‘ soeben gekostet hatte, dann hätte sie sich wirklich geehrt gefühlt! Er kannte Dankbarkeit kaum, bedankte sich nur selten und das Wort ‚Danke‘ fand man kaum in Takas Wortschatz, aber wenn er es tat, wenn er sich tatsächlich bei Jemandem bedankte, dann hatte es etwas zu bedeuten – Nämlich dass dieser Jemand ihm entweder mit roher Gewalt gedroht hatte oder dass er sie sehr mochte. Aber da Zira davon nichts wusste, dachte sie auch keine Sekunde darüber nach, sondern fraß an dem Büffel die letzten Fleischreste herunter. Als die Sonne gegen Mittag erbarmungslos vom Himmel brannte, hatten sich alle Löwen in den Schatten gelegt. Bis auf zwei – Sarabi und Sarafina. Sie hatten eine Wette abgeschlossen: Wer von ihnen die pralle Sonne am längsten aushalten würde, der durfte einen Tag lang die Verliererin als ‚Diener‘ benutzen, zum Beispiel zum Jagen oder um andere, kleine Pflichten zu umgehen. Sie hatten Zira zwar angeboten mitzumachen, doch die hatte mehr oder weniger dankend abgelehnt. Warum zur Hölle sollte sie das tun? Sie hatte weder vor einen Hitzeschlag zu bekomme, noch einen Tag lang Sarafinas Butlerin zu spielen – Denn Sarafina war wild entschlossen zu gewinnen. „Seh dir die Beiden an… Bis einer heult“, meinte Taka und lachte fies „Wissen die je wann genug ist? Ich kann mir schwerlich vorstellen wie aus denen mal große, angesehene Jägerinnen und Löwinnen unseres Rudels werden sollen.“ „Ach Taka, sie sind doch beliebt bei den Anderen und sie sind sehr freundlich… Na ja, nicht zueinander, aber… Sie sind nett zum Rest des Rudels. Und wir sind doch alle noch nicht erwachsen, wir können uns noch alle wandeln.“, meinte Zira, während sie Taka die Mähne putzte. „Mein Bruder hätte so eine Wandlung dringend nötig“, zischte Taka und deutet auf seinen Bruder, der in aller Seelenruhe im Schatten döste „Al König sollte man nicht so von sich selbst eingenommen sein.“ „Hey, er ist ja auch noch nicht ganz erwachsen. Taka, Taka, das wird schon noch.“ „Du klingst wie meine Mutter.“, stellte er gelangweilt fest. „Ach, DAS hört man doch immer gern…“ Zira verdrehte die Augen und schnaubte genervt „Was meinst du wird eigentlich aus diesen beiden Verrückten?“, fragte sie und zeigte auf Sarabi und Sarafina um auf ein anderes Thema zu kommen. „Ach, wenn Eine umkippt wissen wir ja wer Gewinner ist.“, meinte Taka und gähnte. Die Hitze machte das gesamte Rudel zusehends träger. Zira hingegen putzte weiterhin hingebungsvoll Takas Mähne und versuchte keine Stelle zu übersehen. Aber nur um eines klar zu stellen: Das hier war rein freundschaftliches putzen, was einzig und allein den Zweck erfüllen sollte, Takas Mähne sauber zu bekommen. Zira sah jedoch auf als Zuzu zu ihr flog. Der lilafarbene Hornschnabel landete genau vor ihr und begann auf ihre gewohnt hoheitliche Art zu sprechen: „Nun Zira, da du dich ja bereits so gut bei uns, also dem Rudel, eingegliedert hast uns bisher keine Probleme im Zusammenleben mit den Anderen gezeigt hast, wollte ich dich, ich König Ahadis und Königin Urus Namen fragen, ob du…“ „Ähm, Zuzu“, unterbrach Zira sie „Du musst dich vor mir nicht immer so gehoben ausdrücken, ich würde es leichter verstehen wenn du ganz niveaulose, normale Sätze bilden würdest.“ Doch Zuzu ließ sich nicht beirren und sprach weiter: „… ob du Interesse daran hättest, mit Königin Uru einen Spaziergang durch das Geweihte Land zu machen. Sie würde dir alles erklären, so wie sie es bereits mit den anderen Junglöwen tat, nur als du noch nicht anwesend warst.“ „Also… die einfachere Variante wäre, dass Uru mit mir spazieren gehen will und ich eine Runde Erdkunde bekomme?“ Zuzu sah etwas irritiert zu Zira, dann nickte sie. Zira war nicht gerade so zuvorkommend wie die anderen Junglöwen, aber Zuzu durfte trotzdem keine Unterschiede machen, was das anging. „Okay, dann sage Uru folgendes: Heute Abend wäre ich sehr wohl bereit einen Ausflug mit ihr zu machen.“, sagte Zira grinsend und widmete sich wieder Takas Mähne. Netter Vogel, wenn auch irgendwie… seltsam. Aber nett. „Wer putzt dir sonst eigentlich die Mähne?“, fragte Zira plötzlich, um mit ihm wieder ins Gespräch zu kommen. Sie hatte nicht so oft die Chance dazu. „Eigentlich mache ich das selber. Aber es dauert zu lange und ich komme da nur schlecht hin. Meine Mutter hat das natürlich auch gemacht, aber inzwischen komm ich mir zu kindisch vor, wenn ich das meine Mutter machen lasse… Äh, also denk nicht sie hat das noch vor kurzem gemacht oder so, äh, nein, das ist lange vorbei!“ Taka schluckte als ihm klar wurde wie bekloppt er sich anhören musste und als Zira nun auch noch kicherte, konnte er die Verlegenheit nicht mehr unterdrücken. „Und was ist da der Unterschied, wenn ich es nun mache?“ „Du bist eine Gleichaltrige, das macht einen riesigen Unterschied, wenn deine Mutter das macht oder eine Freundin.“ …eine hübsche Freundin, fügte Taka in Gedanken hinzu. Zira war mit Takas Mähne fast fertig, als ihr noch eine verklebte Stelle an seinem Ohr auffiel. Doch sie war so müde und träge von der Hitze, dass sie sich über ihn lehnte. Und wie sie da so lag, den Hals über seinen gestreckt, die Pfoten auf seinem Rücken, so fühlte Zira plötzlich ein seltsames, wohliges Gefühl in ihrem Bauch. Es kribbelte ein bisschen, versprühte eine gewisse Wärme in ihrem Körper, doch es war ganz einfach gesagt toll. Zira musste unweigerlich grinsen. Auch wenn sie nicht wusste woher sie dieses Gefühl hatte oder warum, so ließ sie es auf sich beruhen und putzte nun auch den letzten Spritzer angetrocknetes Blut von Taka herunter. Als sie nun fertig war, legte sie sich mit einigen Zentimetern Abstand zu ihm auf den Boden und gähnte. „Ich bin fertig.“ „Oh, danke. Sag mal… Wie lange glaubst du halten die das noch aus?“, fragte Taka schließlich und deutete auf Sarabi und Sarafina. „Ich hab keine Ahnung… Ein, zwei…“ In diesem Moment sprang Sarabi auf und lief hechelnd in den Schatten zu Mufasa „… Sekunden.“, beendete Zira ihren Satz. „Haha, sagte ich es doch! Siehst du Sarabi, leg dich nie mit mir an!“, lachte Sarafina und kam nun auch in den Schatten gehetzt. Sie ließ sich neben Zira fallen und sah dann rüber zu Mufasa und Sarabi, die sich liebevoll putzten. „Da läuft was! Da könne die mir erzählen was auch immer sie wollen!“, murrte Sarafina und stupste Zira an. „Sarafina, ich hab’s dir schon heute Morgen gesagt: JA, ich glaube an deine Theorie.“, meinte Zira verschlagen grinsend. „He, Taka, was sagst du dazu?“, fragte Sarafina nun den Junglöwen. „Ich sag dazu, dass es mir so was von egal ist, wen mein Bruder sich anlächelt. Mir tut das Balg, was da mal raus kommt, jetzt schon leid.“, antwortete Taka kühl, ohne die Augen überhaupt aufzumachen. „Eiskalt…“, rief Zira aus und sie musste einfach lachen. Sie liebte Takas sarkastische Art einfach, er war auch der Einzige der Ziras Witze wirklich verstand „Taka, Taka, bist du eigentlich immer so drauf?“ Taka gab nur einen murrigen Laut von sich, stattdessen antwortete Sarafina für ihn: „Eigentlich schon immer. Wir kennen ihn nur so. Liegt wahrscheinlich daran dass er nicht Daddys Liebling ist…“ Sarafina machte es merklich Spaß Taka damit aufzuziehen, doch Zira tat er in diesem Moment irgendwie leid. Es war sein Blick. Taka versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, doch Sarafinas Kommentar schien ihn tatsächlich getroffen zu haben. „Das ist fies, lass das doch!“, wand Zira ein. „Verteidige ihn doch nicht, du kennst ihn doch kaum, glaub mir“, meinte Sarafina, wollte jedoch keine schlechte Stimmung verbreiten „Anderes Thema: Was wollt ihr zur Jagd fangen? Die ist ja schon in ein paar Tagen. Ich werd mir ja einfach die nächst beste Antilope angeln.“ „Wenn du darin genauso gut bist wie im Löwen angeln…“, meinte Taka sarkastisch und sah mit einem fiesen Grinsen zu ihr. Er schien es ihr heimzahlen zu wollen. „Na ja, wenigstens werd‘ ich überhaupt noch Einen abbekommen, im Gegensatz zu dir! Wer will dich schon?“, fauchte Sarafina gehässig. Taka knurrte wütend und sah sie mit einem bitterbösen Blick an. „Ach Leute, Friede, ja? Also ich werde mir ja ein Zebra oder einen jungen Strauß schnappen. Ich hab mir schon eine genaue Rute überlegt, hört zu: Wenn ihr am Wasserloch vorbei geht, in Richtung des Elefantenfriedhofes, dann gibt es da eine kleine Straußenhorde, die sich immer an einer Stelle trifft und dort meistens in den Morgenstunden frisst. Es sind nicht sehr viele Vögel, aber genau das ist ja das Gute. Ich hätte Chancen, wenn ich mir einen besonders jungen Strauß herauspicken würde. Oder, wenn der Plan scheitert, hab ich immer noch Plan B: Das Zebra. Das klappt eigentlich immer.“, erklärte Zira enthusiastisch. Sie hatte seit Tagen an diesem Plan herumgetüftelt und er musste einfach funktionieren. Vielleicht könnte sie ihn in den paar Tagen bis zur Jagd noch ein wenig perfektionieren. „Pah, Straußen, Zebras? Das ist doch Kinderkram. Ich werd‘ mir was richtig gefährlich wirkendes schnappen! Etwas mit dem ich meinen Vater wirklich beeindrucken kann!“, prahlte Taka großspurig – Etwas was Zira nicht wirklich von ihm kannte. Sonst war Mufasa der Angeber. „Da wären?“, fragten Sarafina und Zira jedoch gleichzeitig. Zira war jedoch ein wenig beleidigt, dass er ihren genialen Plan als ‚Kinderkram‘ abstempelte. „Ein besonders alter oder junger Wasserbüffel oder vielleicht auch eine junge Giraffe. Aber die Idee mit den Straußen ist auch gut… Schließlich können die Viecher auch gefährlich sein“ Taka seufzte, dann sprach er weiter „Und wenn davon wirklich nichts funktionieren sollte, dann hol ich mir einfach eine Antilope.“ „Bleib bei deinen Antilopen“, meinte Sarafina und sprang dann auf „Das wäre dann ‚Kinderkram‘ auf deinem Niveau.“ „Wohin geht ihr?“, fragte Taka, als er merkte dass nun auch Zira ging. „Wir wollten mit Sarabi zum Wasserloch.“, antwortete Zira. Aber um ehrlich zu sein war ihr auch sämtliche Lust an Takas Gesellschaft vergangen. Der hatte nämlich ihren genial durchdachten Plan schlecht gemacht und jetzt war Zira… sauer. „Löwinnenkram!“, ergänzte Sarafina. Und ehe Taka weiter fragen konnte, waren die Beiden verschwunden. Kapitel 15: Drei Löwinnen am Wasserloch --------------------------------------- „Nun sag schon, seid ihr zusammen oder nicht? Verleugnung bringt nichts!“, meinte Sarafina neugierig. Die drei Junglöwinnen hatten sich in die Nähe des Wasserloches gelegt und es sich unter einem Baum gemütlich gemacht. „Sarafina! Wie oft soll ich das noch sagen?! Wir sind nur Freunde, so wie du und Mufasa Freunde sind! So wie wir Freunde sind! Zira, bitte, du glaubst mir doch, oder?“, flehte Sarabi. Zira legte den Kopf schief und tat so als müsse sie angestrengt nachdenken. „Also… Eigentlich… Wenn ich ehrlich sein soll… Im Grunde…“ „Komm auf den Punkt!“, unterbrach Sarabi sie ungeduldig. „… NEIN. Schaut euch doch an: Ihr seid fast unzertrennlich. Ich bin zwar erst seit ein paar Tagen hier, aber diese übertriebene Zuwendung ist sogar MIR aufgefallen“, meinte Zira „Und wenn sogar ich davon Wind bekomme, ist es wirklich kein großes Geheimnis mehr. Sarabi sah etwas verlegen zu den Beiden, dann seufzte sie. „Vielleicht läuft da ja wirklich so ein klitzekleines bisschen was… Aber selbst wenn… Warum sollte Mufasa sich überhaupt für mich interessieren? Ich bin doch nur… ‚normal‘. Er könnte was Besseres abbekommen“, seufzte Sarabi wehmütig „Wie soll ich ihm überhaupt sagen dass ich ihn mehr als nur ‚mag‘? Und warum sollte er mich dann nehmen? Ich bin doch nichts Besonderes und überleg doch mal was es für unsere Freundschaft bedeuten würde wenn da plötzlich für mich mehr wäre aber in mir immer noch nur die gute Freundin sieht, dann würden wir nie mehr normal miteinander reden können. Vielleicht wäre unsere Freundschaft dann ganz am Ende! Dabei verstehen wir uns doch so gut.“ „Liebes… Sarabi. Komm schon – Der will doch auch was von dir. Er flirtet doch mit dir rum, das sieht doch ein Blinder.“ „Ach, das tut er doch mit mehreren Löwinnen, mit dir doch auch“, gab Sarabi schnell zurück und spürte wie sie errötete „Und selbst wenn, was soll ich denn tun?“ Zira seufzte. Zum Glück hatte sie keine Liebesprobleme. Oder war überhaupt verliebt. Jedenfalls glaubte sie das. „Frag mich nicht! Sarafina ist doch anscheinend so erfolgreich in Sachen Löwen…“, meinte Zira mit einem neckischen Unterton. „Ihr seid doof… Aber Sarabi, das ist eigentlich ganz einfach: Flirte doch auch mal ein bisschen mit ihm rum, zeig auch ruhig mal was du hast. Aber übertreib es nicht! Er soll sich schließlich auch um dich bemühen.“ Sarabi sah seufzend zu Sarafina, dann meinte sie: „Bei dir klingt das so leicht, aber ich bekomm jetzt schon Hemmungen.“ „Pah, das wird schon! Du und Mufasa, ihr seid wie für einander bestimmt!“ Zira gähnte und legte sich auf den Rücken. Plötzlich fiel ihr aber eine Frage ein, die sie sich schon die ganze Zeit gestellt hatte: „Sag mal… Sarabi, was willst DU dir eigentlich zu unserer Jagd jagen? Ich wollte mir entweder einen Strauß oder ein Zebra holen.“ Sarabi legte nachdenklich den Kopf schief. „Entweder eine Antilope oder… Vielleicht auch ein Zebra. Aber ich denke ich bleibe bei der Antilope“, entschied sie „Und du Sarafina?“ „Ach, einfach die nächstbeste Antilope, hab mir nie wirklich übermäßig Gedanken darüber gemacht… Aber… Wisst ihr was? Taka will sich einen Büffel schnappen!“, rief sie aus. „Ach was, das sagte er zwar, aber das schafft er nie allein“, wand Zira kichernd ein „Er versucht doch sicher nur zu ein bisschen vor uns zu protzen. Hm, vielleicht versteh ich jetzt sogar warum so viele von euch ihn nicht so sehr mögen… Warum eigentlich?“ „Also mit dem ‚protzen‘ wäre ich mir nicht so sicher! Mufasa hat mir erzählt dass Taka sehr verbissen ist. Er versucht seine Ziele unter allen Bedingungen zu erreichen, er kämpft bis zum Ende weiter, egal wie schwer es ihm fällt. Das ist auch einer der Gründe warum er so unbeliebt ist. Er kann sehr neidisch, eifersüchtig und egoistisch sein. Das begann alles damit, das Ahadi Mufasa immer bevorzugt hat. Zwar wird Taka von Urus Liebe fast ertränkt, aber… ich kann ihn auch verstehen… Das ist nicht dasselbe, wenn deine Mutter dich liebt oder wenn dein Vater dich liebt. Zumindest bei Männchen – Bei denen muss der liebe Daddy ja immer an erster Stelle stehen. “ „Hm, ich kann das nicht beurteilen, ich und meine Brüder hatten im Grunde nur unsere Mutter. Unseren Vater kannten wir nicht. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen dass Taka sich wirklich an einen Büffel trauen würde. Da muss sich doch sein Verstand melden!“, wand Zira ein. „Ach, spätestens zur Jagd wissen wir, ob er sich wirklich an so was traut“, beendete Sarafina das Thema „Und jetzt Sarabi… Mach Platz!“ „Warum sollte ich?“ Sarabi zog grinsend eine Augenbraue hoch und blieb auf dem Felsen liegen. „Weil du eine Wette verloren hast! Und jetzt gehorche mir und geh zur Seite.“, meinte Sarafina triumphal. Seufzend stand Sarabi auf und lies Sarafina auf den kühlen Felsen. Eines musste Zira ihr lassen: Sie war eine gute Verliererin und machte keine Anstalten. „Sagt mal – Findet ihr mich eigentlich fett? Seit ehrlich, ich hab letzter Zeit echt viel gefressen!“, kam es plötzlich von Sarabi. Zira sah mit einem prüfenden Blick auf die Löwin. Sie war kräftig, aber nicht mehr als alle anderen Löwinnen hier auch. „Eigentlich nicht… Du siehst genauso hübsch aus wie die anderen Löwinnen auch.“, meinte Sarafina plötzlich. „Aber schaut euch mal Uru an: Die ist wirklich hübsch… Nicht ganz so gedrungen wie die anderen Löwinnen – Eher so wie du Zira. Warum bist du eigentlich so dünn? Gab es da wo du herkommst so wenig zu fressen?“ Zira sah auf. Eine Zeit lang hatte sie diese Frage selber beschäftigt, immerhin hatte sie immer genug Futter bekommen, wollte aber einfach nicht so recht zunehmen. Aber irgendwann hatte Chica ihr erklärt, das es alles etwas mit Genetik zu tun hatte und manche Löwen von Natur aus nicht so dick wurden. Schließlich meinte Zira: „Das liegt mir in der Familie. Meine Mutter war auch schon so dünn. Wisst ihr, bei meiner Mutter versteh ich das auch, sie kam ursprünglich aus einer sehr kargen Gegend, aber Uru? Hier gibt’s Futter in Hülle und Fülle, warum sie?“ Sarabi rollte mit den Augen und machte eine abweisende Geste mit der Pfote. „Ach das… Das ist so: Uru kam aus dem Schattenland, bis ihre Mutter mit ihr ins Geweihte Land geflüchtet ist. Uru war ihre Mutter immer sehr wichtig. Doch dann verliebte sie sich als Junglöwin in Ahadi und als das raus kam gab es erst mal Ärger… Von beiden Seiten! Doch Asali, Ahadis Mutter, hatte die Idee erst mal ganz ruhig mit Urus Mutter zu sprechen. Nun ja… und mit der Zeit freundeten sich Asali und Urus Mutter… Jija hieß sie, an. Jija wurde schließlich ins Rudel aufgenommen und Ahadi wählte, als er den Königsposten übernahm, Uru zur neuen Königin. Und darum sind Uru und Taka körperlich so anders von all den anderen Löwinnen. Bei der Genverteilung hat Taka wohl das meiste von Uru abbekommen.“ „Aha, schon bin ich klüger. Was ist eigentlich mit euren Eltern? Mein Vater… war mir schon immer egal. Wir kannten ihn nie, er ist vor unserer Geburt weggerannt. Meine Mutter Kisamba und meine Brüder, Tamu und Serangi, wurden erschossen. Danach wurde ich eine Zeit lang von einer Freundin meiner Mutter, zusammen mit ihren Jungen, aufgezogen. Aber dann kamen die Menschen und ich landete schließlich hier. Was aus meiner Adoptivfamilie geworden ist, weiß ich nicht.“, meinte Zira und tat so als würde es sei nicht im Geringsten interessieren. Hmmm… Sie log ja noch nicht einmal so richtig…. Irgendwie war es wahr… Zur Hälfte. „Oh Zira, das klingt furchtbar!“ Voller Mitleid sahen Sarabi und Sarafina zu ihr, doch Zira winkte nur ab. „Lang ist’s her… Kommt, erzählt mir doch mal von euch.“ Also meine Mutter war bereits trächtig als sie Mitglied des Rudels wurde. Leider wurde mein Vater davor von Hyänen getötet. Danach war meine Mutter ganz allein… Sie ist mir wirklich sehr wichtig, glaubt mir! Ich hatte auch mal eine kleine Zwillingschwester, doch die starb kurz nach der Geburt…“ Sarabi klang traurig wenn sie nur daran dachte „Doch ich bekomm die volle Aufmerksamkeit meiner Mutter geschenkt und wir sind doch immerhin ein gutes Team.“, kicherte sie und ihre Stimme nahm wieder die gewohnte Fröhlichkeit an „Aber hör dir mal Sarafinas Lebensgeschichte an, da wirst du vielleicht mal Augen machen, nicht?“ Sarafina verdrehte die Augen, dann begann sie jedoch zu sprechen: „Meine Mutter war schon immer Mitglied des Rudels, sie wurde hier geboren. Mein Vater jedoch war ein herumstreunender Löwe… bis zu dem Zeitpunkt, als er von Königin Uru gefunden wurden. Sie bot an ihn aufzunehmen, weil er ihr so Leid tat – Uru ist wirklich so herzensgut. Äh, jedenfalls war König Ahadi nur wenig begeistert, doch er ließ es zu. Na ja, mein Vater und meine Mutter kamen einander näher, dann kam ich zur Welt… Als meine Mutter, Ika, mit mir zum ersten Mal jagen gehen wollte, verlor sie mich aber. Ich war so dumm! Ich bin einfach weggelaufen! Weil ich einer Mücke oder einem Schmetterling oder was weiß ich was, hinterherrennen wollte! Dann musste ich einige Wochen ganz allein da draußen überleben! Zum Glück fraß ich schon Fleisch und konnte mich von etwas Aas ernähren und ich hatte das Glück sämtlichen Raubtieren entweder ausweichen zu können oder mich vor ihnen zu verstecken. Aber mein Vater hatte sich solche Sorgen um mich gemacht dass er einfach losgelaufen war um mich zu finden und so wurde er schließlich von einigen Hyänen überrascht. Sie töteten ihn… Und… und schließlich wurde ich von Mufasa gefunden… Er brachte mich zurück zum Königsfelsen…“ Sarafina seufzte „Findet ihr eigentlich ich bin Schuld an dem Tod meines Vaters?“ Zira hörte auf. Das hatte sie sich selbst auch einige Zeit gefragt. Aber dann wiederrum fragte sie sich was sie denn dafür konnte dass diese Männer genau an diesem Tag an diesem Ort um diese Zeit gekommen waren. Nichts konnte sie dafür, das war ihr klar. „N… nein… Weißt du… Ich gab mir auch einige Zeit die Schuld am Tod meiner Familie… Aber inzwischen weiß ich dass ich damit gar nichts zu tun hatte. Meine Mutter wusste, dass sie ein Risiko eingehen würde, uns in Sicherheit zu bringen… aber sie tat es trotzdem. Sie liebte uns einfach… bis zur letzten Sekunde.“ Sarafina sah mit einem mitleidigen Blick zu Zira. Einzig und allein Sarabi schien die traurige Atmosphäre nicht mehr auszuhalten und meinte plötzlich: „Sollen wir an unserem großen Jagd-Tag eigentlich schon vor Sonnenaufgang aufstehen? Immerhin gehen wir auf unsere allererste, eigene Jagd!“ Zira war erleichtert dass Sarabi das Thema gewechselt hatte und nun diese bedrückte Stimmung von ihnen wich. „Ich denke schon. Und dazu kommt noch das…“ Plötzlich hielt Zira inne – Es wurde langsam dämmerig und das hieß… „Oh nein, ich hab noch eine Verabredung mit Uru, ich muss jetzt dringen los, bis später oder so!“ Mit diesen Worten sprang sie auf und rannte Richtung Königsfelsen. Kurze Zeit später, als die Sonne schon viel tiefer stand und die Dämmerung sich langsam ankündigte, sah Zira Uru bereist unter dem Königsfelsen sitzen, da wo sich die älteren Löwinnen immer so gern sonnten. „Tut mir leid dass ich euch so lange warten ließ! Ich… hatte noch ein Gespräch mit Sarabi und Sarafina…“, entschuldigte Zira sich bei der Königin und sah ihr in die tiefblauen Augen. „Ist schon in Ordnung! Ich nehme es dir nicht übel. Als ich so alt war wie du, da hab ich auch ständig mit meinen Freundinnen geredet. Also… bist du bereit das Geweihte Land ein wenig kennenzulernen?“ Zira nickte „Gut, aber ich denke unser kleiner Ausflug wird etwas länger gehen, denn es gibt so viel was ich dir zeigen möchte! Das Geweihte Land strotzt nur so vor Leben und es gibt so viel was es sich zu sehen lohnt. Aber ich habe bereits genug geredet, komm.“ Uru lief los und so begann ihr kleiner Ausflug. Die Königin zeigte Zira fast das gesamte Geweihte Land – Und das war viel. Jeden Fluss, jedes Wasserloch, jeder Baum hatte seine eigene Geschichte. Uru erzählte ihr einige Geschichten über die Tiere und den Kreislauf des Lebens… Auch wenn Zira sich nicht vorstellen konnte, wie aus Löwen Gras wurde. Doch eine Sache gefiel Zira gar nicht: Wie sie über die Hyänen sprach. Zwar hatte Zira oft ihre Einwände, doch Uru fand immer einen Grund, der gegen die Hyänen sprach. Es schien als ob sie mit jedem Argument, welches Zira für die Hyänen fand, zehn weitere dagegen fand. Dabei waren manche dieser Argumente, zumindest in Ziras Augen, keineswegs akzeptabel, zum Beispiel dass Hyänen unter ihnen in der Nahrungskette standen und deswegen nicht geduldet waren. Doch Geparden standen doch auch unter Löwen, warum war es denen also erlaubt sich im Geweihten Land zu laben? Aber Zira wollte auf keinen Fall Streit mit der Königin oder sie misstrauisch machen, also beließ sie es dabei. Als sie wieder am Königsfelsen ankamen, war es bereits dunkel und die Sterne schienen am Firmament um die Wette. „Gute Nacht Zira, du warst eine wundervolle Zuhörerin, es hat mir wirklich Spaß gemacht dir das Geweihte Land ein wenig näher bringen zu können. Ich hoffe wirklich das du an deinem großen Tag erfolgreich bist.“, verabschiedete Uru sich von ihr. „Oh… Vielen Dank… Gute Nacht, euer Majestät.“, sagte Zira. Sie fühlte sich wirklich geehrt! Von der Königin höchstpersönlich so was zu hören, schmeichelte ihr sehr! Was konnte da noch schief gehen? Doch sie sollte sich täuschen… Kapitel 16: Hyänenblut ---------------------- Obwohl Zira zu schlafen versuchte, so bekam sie in dieser Nacht kaum ein Auge zu. Am nächsten Morgen war sie schon weit vor Sonnenaufgang wach. Alle Anderen schliefen noch seelenruhig, doch sie tapste nur unruhig vor dem Königsfelsen umher. Immer wieder lief sie ihre Kreise und ließ sich ihren Plan immer wieder durch den Kopf gehen. Heute war der große Tag – Sie würde ganz allein jagen gehen. Sie konnte jedoch nur hoffen dass die Straußen noch immer an der Stelle waren, wo Zira sie zuletzt gesehen hatte. Sie hatte gestern Abend zur Sicherheit nochmal nachgesehen. Da waren sie noch da gewesen, aber was wenn sie über Nacht weitergelaufen waren? Doch sie zwang sich zuversichtlich zu sein. Bestimmt waren alle Junglöwen vor ihrer ersten Jagd ein wenig nervös, da war sie doch nicht die Einzige, oder? „Na aufgeregt?“, fragte Mufasa seinen Bruder mit einem neckischen Unterton in der Stimme. „Nein, aber du solltest es sein!“, zischte Taka und rümpfte genervt die Nase. Schließlich kamen Ahadi, Uru, Sarabis Mutter Masila und Sarafinas Mutter Ika aus der Höhle und sahen aufmunternd zu ihren Jungen. Zira fühlte sich in diesem Moment völlig fehl am Platz. Mit einer gewissen Wehmut sah sie zu den anderen und ihren Familien. Warum konnte sie keine richtige Familie mehr haben? Sie saß hier nur ganz allein und hatte nicht wirklich jemanden der ihr Zuversicht zusprach. Doch, als hätte Uru Ziras Gedanken gelesen, kam die dunkle Löwin auf sie zu und sah ihr aufmunternd in die Augen. „Viel Glück Zira. Ich hoffe wirklich dass du erfolgreich sein wirst. Und sollte irgendwas passieren, dann komm einfach zurück – Denk dran, deine eigene Sicherheit steht vor. Und überschätze dich bei der Wahl deiner Beutetiere nicht, niemand verlang von dir dass du gleich einen ganzen Elefanten anschleppst.“, meinte Uru. Sie klang so nett und sanft wie immer, doch ein gewisser Nachdruck war in ihrer Stimme, der Zira sagte, dass sie sich die Worte der Königin einprägen sollte. Doch Zira musste lächeln. Es war sehr tröstend von Uru so was zu hören. Generell von Irgendjemanden so was zu hören. „Also dann… Ich wünsche euch allen eine erfolgreiche Jagd! Ihr werdet KEINE Gruppenarbeit machen! Ich möchte sehen was ihr allein schafft. Am Ende der Jagd werden wir ja sehen wer von euch am erfolgreichsten war“, meinte Ahadi und nickte der Gruppe aufmunternd zu „Viel Glück.“ „Ich brauche kein Glück…“, knurrte Taka leise, so dass es nur Zira, die direkt neben ihn stand, hörte. Sie sah ein bisschen unsicher zu ihm. Was wenn er immer noch diese dumme Idee mit dem Büffel hatte? Aber auf der anderen Seite… Spätestens wenn Taka diese riesigen Biester sehen würde, würde er von der Idee loslassen! Als die kleine Gruppe sich in alle Himmelsrichtungen aufteilte, schlich Zira im Schutz der Dunkelheit Richtung Grenzgebiet des Elefantenfriedhofes. Doch eines wusste sie nicht – Jemand folgte ihr. „Hab ich euch…“, wisperte Zira, als sie die Silhouetten der Straußen in der Morgendämmerung erkannte. Es waren nur ein paar Tiere, doch irgendeines würde für Zira schon dabei sein. „Ich bring einen von euch um… fragt sich nur welchen.“, knurrte sie kaum hörbar und setzte zum Sprung an – Doch da kam ihr Jemand zuvor. Zira sah plötzlich wie die Gestalt einer Löwin sich auf einen der Straußen schmiss und begann ihn mit roher Gewalt niederzuringen. Im ersten Moment wusste Zira gar nicht was da vor sich ging, was sie tun sollte. Vielleicht war die Löwin ja eine Fremde und gefährlich und Zira sollte sich lieber schnell verziehen. Doch als sie näher kam um die Löwin genauer zu betrachten, glaubte sie ihren Augen nicht. „SARAFINA!?“, schrie Zira fassungslos in die Dunkelheit. Die Löwin wurde jedoch im nächsten Moment mit einem schnellen Bocksprung vom Strauß geworfen und landete unsanft auf dem Boden. Doch Zira spürte plötzlich eine unglaubliche Wut in sich aufsteigen – Für wen zur Hölle hielt Sarafina sich, dass sie glaubte sich einfach die gut durchdachten Pläne von Anderen klauen zu können?! „Das war MEIN Plan! Du hast ihn nur nachgemacht! Du weißt genau dass es MEIN Plan war, wie viel er mir bedeutet hat! ICH wollte den Strauß fangen! Warum bist du mir gefolgt“, brüllte sie Sarafina an, die noch immer nicht ganz auf den Pfoten war „Wie war das nochmal mit der nächstbesten Antilope, hm?“ Nicht nur dass Sarafinas Rücken nun stark schmerzte, nun war sie auch noch merklich eingeschüchtert von Ziras wütendem Auftreten. Noch nie hatte sie die Löwin so außer sich gesehen. „Zira, beruhige dich doch! Ich wollte dir den Plan ja gar nicht vermasseln! Ich, ich… Die Straußen waren so schön hilflos… Ich könnte dir ja einen jagen und…“ „Ach, meinst du etwa ich schaff das nicht“, schrie Zira sie entsetzt an „Dir zeig ich‘s!“ In all ihrer angestauten Wut rannte Zira blindlings auf einen zurückgebliebenen Strauß zu, der aus irgendeinem Grund nicht allzu weit weg gerannt war. Obwohl das Tier auf Angriff anstatt auf Flucht war, ließ Zira sich nicht einschüchtern und setzte zum Sprung an. Der Strauß schnappte nach Zira und versuchte sie zu beißen, was ihm auch gelang, doch sie fuhr die Krallen aus und stürzte sich auf den Vogel. Dieser machte Bocksprünge, schrie, wollte sie verletzten, aber Zira hatte sich so fest in sein Fleisch verkrallt, dass sie sich nicht abschütteln ließ. Sie würde nicht loslassen, nicht jetzt, wo sie sie seinem Nacken so nah war, wo sie so kurz davor stand ihn zu töten und ihn als ihre eigene Beute präsentieren zu können! Und dann biss sie einfach zu, schlug die Krallen so tief wie nur möglich in sein Fleisch. Sie spürte wie das warme Blut aus der Haut des Vogels hervorquoll, wie es ihre Pfoten wärmte. Wie es das Gefieder des Vogels verklebte und der wunderbare Geruch von frischem Blut die Luft um sie herum erfüllte. Zira, noch immer völlig in Rage, biss mit aller Kraft in den dünnen Hals des Straußes. Ein verzweifelter, schmerzerfüllter. markerschütternder Hilfeschrei entkam seiner Kehle, dann brach er unter entsetzlichen Schmerzen zusammen. Zira fiel mit ihm zu Boden und schlug äußerst unsanft mit dem Rücken auf der Erde auf, doch als das Warme Blut des Vogels in ihr Maul floss spürte Zira wie ihr das Adrenalin plötzlich und stoßweise durch die Adern floss. Sie spürte die Angst des Vogels, hörte sein flehendes Aufschreien. Er wollte noch nicht sterben. Aber wen interessierte das jetzt noch? Es war zu spät für ihn, Zira würde gewinnen, das war nun klar. Zira biss ihm in ihrem Blutrausch jedoch immer wieder in die Kehle des bereits toten Vogels und das Blut kam Schwallweise aus dem aufgerissenen Hals geflossen – Nein – Gesprudelt. Als Zira sich endlich etwas beruhigt hatte, sah sie mit einem mordlustigen Blick zu Sarafina und ließ schwer schnaufend von ihrer Beute ab. „WIE konntest du es wagen?“, knurrte sie. Es musste ein angsteinflößender Anblick gewesen sein: Zira, blutüberströmt, stand wütend vor Sarafina und sah mit einem hasserfüllten und gleichzeitig enttäuschten Blick zu ihr. „Ähm… Zira, bitte… Beruhig dich einfach wieder… Hier hast du ja deine Beute… Ich… ich such mir ja schon was eigenes…“ Sarafina hatte Zira bereits den Rücken zugewendet und wollte grade weg gehen, als plötzlich der nächste, ungebetene Gast erschien – Und noch nie hatte Zira sich so sehr gewünscht, dass Jemand NICHT da wäre. „Hey Ed, schau mal, Futter!“, rief Banzai aus. Er rannte begeistert und vor allen völlig kopflos auf den Straußenkadaver zu, als plötzlich Sarafina auf die Beiden aufmerksam wurde. „HYÄNEN!“, kreiste Sarafina panisch, doch im nächsten Moment fletschte sie die Zähne und fauchte mordlustig „Zira, schnell hilf mir, dann können wir sie töten!“, brüllte Sarafina und stürzte sich auf Banzai. Es ging so schnell, dass Zira nicht mal mehr etwas erwidern konnte, geschweige denn dazwischen gehen konnte. Ed heulte in dem Moment erschrocken auf, doch half seinem Bruder augenblicklich, als er merkte dass Banzai von Sarafina angegriffen wurde. Er hatte zwar gelernt in Sachen Löwen immer nur schnell zu verschwinden, doch auch wusste er dass niemand zurückgelassen werden durfte. Und diese Löwin war ja noch nicht so schrecklich alt, nicht mal erwachsen, da hatten sie doch zu zweit Chancen, oder? Doch Zira stand noch zu sehr unter Schock um zu reagieren. Was sollte sie tun? Das waren doch alle Beide ihre Freunde! Wenn sie Sarafina helfen würde Banzai anzugreifen, dann würde dieser mit Sicherheit sterben und sie war bei den Hyänen für alle Zeit unten durch, doch wenn sie Banzai half Sarafina los zu bekommen, dann würde diese sofort merken dass Zira auf der Seite der Hyänen war und Ahadi von Ziras Verrat erzählen… Und wer weiß was Ahadi dann mit ihr machen würde… Egal für wen der Beiden Zira sich auch entschied, sie musste sich immer gleichzeitig gegen den Anderen stellen. Was sollte sie denn nur tun? Verzweifelt sah sie zu ihren Freunden, die sich grade gegenseitig an die Kehle gingen und machte zögerlich ein paar Schritte auf sie zu. Sie würde sich einfach mitten ins Geschehen schmeißen, vielleicht würde sie es schaffen Sarafina von Banzai los zu bekommen und es so aussehen zu lassen, als ob sie Sarafina helfen wollte. „ED, BANZAI!“ Für einen Moment wurde der Kampf der Dreien unterbrochen und jeder sah in die Richtung aus der die Stimme kam. „Dad?! Geh weg hier, los!“, rief Banzai panisch aus, als er Atu erkannte, der entsetzt zu seinen Söhnen sah. Wo kam der eigentlich überhaupt so plötzlich her?! „Nein! Jungs, bringt euch in Sicherheit! Los, ich beschütze euch!“, rief Atu entschlossen aus und sah auf eine provozierende, kampflustige Art zu Sarafina. Sarafina, die inzwischen die Oberhand in dem Kampf gewonnen hatte, erwiderte seinen Blick mit einem verhassten Knurren. „Dann mach ich dich eben zuerst fertig!“, knurrte sie und ließ von Banzai und Ed ab. Zira starrte fassungslos zu Sarafina, die sich nur einen Augenblick später auf Atu stürzte. Sie wollte etwas einwenden, doch kein Ton entwich ihrer Kehle. Sie wollte dazwischen gehen, doch ihre Beine schienen zu langsam zu sein. Sarafina jedoch schmiss sich auf Atu und riss ihn zu Boden. Atu war krank und schwach, er hinkte auf einem Bein und er war nicht gerade der stärkste… Er hatte doch kaum Chancen – Dieser Kampf war nicht fair. „Sarafina, hör doch endlich auf!“, rief Zira panisch aus… Doch diese hörte gar nicht auf sie. „DAD!“, schrie Banzai und stürzte sich wieder auf Sarafina. Tatsächlich schaffte er es sie zu Boden zu reißen, doch es war bereits zu spät. „Zira, pass du nur auf dass diese verdammten Viecher dich nicht angreifen! Renn weg! Ich hol meine Mutter!“, meinte Sarafina panisch, schüttelte Banzai von sich ab und rannte davon. Zurück blieben Zira, Ed, Banzai… und ein toter Atu. „Dad…“, winselte Banzai weinerlich und trottete auf seinen Vater zu „Dad… steh doch auf! Daddy!“ Zira konnte ihre Tränen kaum zurückhalten. Es war ein schrecklicher Anblick wie Atu, blutüberströmt, tot, dalag und mit diesem starren Blick geradeaus sah. An seinen Zähnen klebte Blut, womöglich Sarafinas. Neben ihm stand Banzai. Zusammengekauert wie ein kleines Junges, was nach seiner Mutter weinte… oder seinem Vater. Ed hingegen sah vielmehr… verwirrt aus. So als ob er all das nicht ganz verstanden hätte, was in diesen paar Sekunden passiert war. Völlig verwirrt starrte er zu seinem Vater und Banzai. Ed wollte etwas sagen, denn er machte das Maul auf, doch zur Antwort kam eher so was wie ein verunsichertes Jaulen. „Oh Eddy…“, schluchzte Zira. Ed verstand das immer noch nicht. Und Zira hatte sich noch nie so sehr gewünscht irgendwo anders zu sein wie jetzt. „Jungs? Ich hab Geschrei gehört, was…“ Shenzi war plötzlich aufgetaucht, doch sie stockte als sie Atu sah. Banzai war noch immer über ihn gebeugt, und zum ersten Mal sah Shenzi ihn weinen – Und es machte ihr Angst. Sie hatte Banzai noch nie so traurig gesehen, so am Boden. Dabei war Shenzi nur ein paar Minuten weg gewesen, was zur Hölle hatte sie gerade eben verpasst? „Kumpel? Hey, Banzai…“, wisperte sie vorsichtig und kam langsam näher. Als sie neben ihm stand zögerte sie jedoch. Was sollte sie jetzt machen? Etwas zögerlich legte sie schließlich tröstend die Pfote auf Banzais und stupste ihn vorsichtig an. „Banzai?“ Zira rührte sich immer noch nicht und verharrte in ihrer Position, sah jedoch mitfühlend zu ihm. Warum hatte sie das nur zugelassen? Sie hätte Sarafina aufhalten sollen! Was hatte sie getan?! Plötzlich kam Ed zu seinem Bruder getrottet und sah winselnd zu ihm. Als wolle er sagen: „Wird schon wieder, er ist nur verletzt.“ Doch dann brach Banzai plötzlich in Tränen aus und rannte wie vom Teufel geritten weg – Einfach nur weg, wohin wo er allein war, wo er Niemanden um sich hatte, wo er sich einfach nicht vor ihnen blamieren konnte weil sie nicht da waren! Es fühlte sich an als hätte Jemand einen Dolch mitten durchs Herz gejagt. Noch nie, NOCH NIE, hatte er sich so schrecklich gefühlt. Er wollte nur seinen Vater zurück… das war alles. Er wollte Atu wieder haben, weil… Wen hatte er denn noch? Er hatte Ed und… Das war’s. Sie waren jetzt allein. Sie waren jetzt ganz allein. „Banzai!“, rief Zira aus, doch Shenzi schüttelte nur den Kopf. „Vergiss es… Lass ihm Zeit… Ihm hat sein Vater viel bedeutet. Weißt du… Außer ihm und Ed… Er ist jetzt allein… Oh Ed… Er versteht gar nicht was hier passiert ist.“ Zira und Shenzi sahen zu Ed, der nur verwundert seinen Vater beschnupperte. Er winselte leise, stupste ihn hoffnungsvoll mit der Schnauze an und als er sich nicht rührte sah er verwirrt zu Shenzi und versuchte es immer und immer wieder. Doch nichts geschah. „Komm Eddy… Geht lieber. Sarafina wird bald mit den Anderen kommen….“, seufzte Zira und ihre Augen glitzerten verräterisch. Es war ihre Schuld… Warum hatte sie nicht eingegriffen? „Also dann… Wir sehen uns.“, meinte Shenzi leise und lief mit dem ziemlich verwirrten Ed zurück zum Elefantenfriedhof. „Es tut mir leid.“, wisperte Zira leise, als sie den beiden nachsah. Und am meisten tat’s ihr um Atu leid. Kapitel 17: Des einen Freud, des anderen Leid --------------------------------------------- Als Sarafina mit ihrer und Sarabis Mutter angelaufen kam, war alles was sie vorfanden Zira, ihr erlegter Strauß und Atu. Zira hatte sich dazu entschlossen hier zu bleiben. Sie wusste nicht wohin sie sonst gehen sollte und der Schock saß ihr noch immer in den Knochen. „Oh Zira, ein Glück das du lebst! Diese Bestien hätten dich töten können!“, rief Masila erleichtert aus. „Wow, mein kleines Mädchen hat ganz allein eine Hyäne getötet! Ich bin so stolz auf dich!“, lobte Ika voller Stolz Sarafina. Doch Zira sah nur mit einem tieftraurigen Blick zu Boden und sagte gar nichts. Würden die Anderen ihre Tränen sehen, würden sie Verdacht schöpfen, das mit ihr irgendwas nicht ‚stimmte‘ – Denn für eine Hyäne hatte man kein Mitleid. „Hey nicht weinen Zira! Ich weiß, du bist noch immer geschockt von diesen blutrünstigen Monstern, aber sie sind weg. Komm… Nimm deinen Strauß und geh zum Königsfelsen zurück. Es gibt einen gewissen Bonus wenn du als eine der Ersten mit deiner Beute zurück bist.“, meinte Masila und versuchte Zira wohl aufzumuntern. „Aber… Sarafina… Wieso hast du das getan? Er wollte doch nur seine Söhne beschützen und soviel ich weiß hast du doch mit dem Kampf angefangen…“, entfuhr es Zia mit zittrigen Stimme. Sie wollte nicht vorwurfsvoll oder gar wütend klingen, aber es machte sie doch fertig. „Ja, aber die Viecher sind doch sowieso nur eine Bedrohung. Und es gibt auch viel zu viele von denen. Wer wird den einen schon vermissen?“, wand Sarafina ungerührt ein. „Seine Söhne.“ „Ach, Hyänen haben es nicht verdient Liebe zu empfinden. Sollen sie doch trauern, wen interessiert’s denn?“ Zira sah für einen Augenblick mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und blanker Wut zu Sarafina und den anderen Löwinnen, dann nahm sie den Straußenhals in ihr Maul und biss richtig fest drauf, in der Hoffnung all ihrer Wut Luft machen zu können. Sie durfte jetzt nur nicht ausflippen! Energisch versuchte sie gegen die Tränen anzukämpfen, was aber Niemand zu bemerken schien. „Ach, Zira, mach dir um diese dummen Tiere keine Sorgen! Und du meine Süße… Musst du dir nicht noch was jagen?“, fragte Ika Sarafina und stupste sie liebevoll an. „Ich hab eine Hyäne getötet! Ahadi wird stolz auf mich sein!“, wand diese jedoch nur ein und nahm Atu zwischen die Zähne. Zira wollte nicht hinsehen, vergrub jedoch ihre Krallen vor Wut und Trauer in der Erde. Ika half ihrer Sarafina ein wenig beim Transportieren von Atu, obwohl er beim besten Willen nicht schwer war, was war denn noch an ihm dran? Und sie machten lauter dumme Witze, wie sehr er doch stank und wie hässlich er doch aussah. Zira versuchte wegzuhören, sie versuchte sich auf irgendwas zu konzentrieren, doch es ging einfach nicht. Sie wollte die Gesellschaft dieser Löwinnen nicht mehr, sonst würde sie noch durchdrehen. „Ich… ich geh noch mal zum Wasserloch, geht ihr ruhig vor.“, meinte Zira schließlich kälter als sie eigentlich wollte, aber sie hatte es jetzt gesagt und diese Worte konnte sie nicht mehr zurücknehmen. „Wirklich? Wie du willst. Also dann Zira, wir sehen uns am Königsfelsen!“, verabschiedete Masila sich mit einem freundlichen Lächeln und sie und die anderen Löwinnen verschwanden im Gras. Zira nickte ihr zwar zu, doch als sie alle drei außer Hörweite waren, stieß sie ein hasserfülltes Brüllen aus. Wie konnte man nur so über Jemanden denken, den man nicht mal kannte? Die kannten die Hyänen doch gar nicht, wie konnten die es wagen so über Atu, über sie ALLE so zu sprechen? Ihn wie eine Trophäe mitzunehmen? Er hätte doch nicht sterben müssen verdammt! Mit Tränen in den Augen sah Zira ein letztes Mal zu der Stelle, wo Atu vorhin noch lag. Es war viel Blut geflossen. Sarafina hatte ihn nur getötet. Nicht gefressen, gar nichts! Sinnloses töten. Und Zira konnte sich auch nicht vorstellen, dass man ihn noch fressen würde. Eilig wischte sie sich einige Tränen aus den Augen, nahm ihren Strauß fest zwischen die Zähne und lief Richtung Königsfelsen. Sie wollte wenigstens als erste dort sein und sich ihren Bonus sichern. Sie hoffte einfach nur dass sie nicht schon wieder aufgehalten werden würde. Doch sie würde sich täuschen. Schon wieder. Währenddessen war Banzai an einer abgelegen Uferstelle an der Grenze zum Elefantenfriedhof angekommen. Die Löwinnen patrolierten hier so gut wie nie, weil es hier nichts gab was es zu bewachen lohnte, also hätte er seine Ruhe. Er saß völlig verheult da, kämpfte gegen die immer wieder kommenden Tränen an, biss die Zähne zusammen, doch anstatt mit dem weinen aufhören zu können, kam ein Schluchzen aus seiner Kehle geschossen. Immer wieder und fast schon stoßweise. Inzwischen tat das weinen sogar richtig weh. Er hatte Kopfschmerzen davon. Was wollte er hier eigentlich noch? Sein Leben war vorbei. Seine Mutter war vor langer Zeit gestorben und jetzt auch noch sein Vater! Atu, der Atu, der ihn und Ed nach dem Tod ihrer Mutter Sasa immer wieder getröstet hatte. Der für sie gejagt hatte, obwohl er selber nicht genug zu fressen bekam, obwohl er kaum noch in der Verfassung war zu jagen und dennoch hatte er es getan. Der, der ihnen immer Geschichten von früher erzählt hatte. Der, der sein Leben für Ed riskiert hatte, damals als Ed, aus Trauer um Sasas Tod, zwischen diese wütenden Elefanten geraten war. Selbstlos hatte Atu sich dazwischen geworfen und Ed gerettet. Obwohl… Na gut, seit diesem Tag hatte Ed einen Knall, aber trotzdem: Er lebte. Ach Ed… Banzai liebte seinen Bruder. Wie man einen Bruder eben lieben konnte. Er war vielleicht ein bisschen dümmlich und konnte nicht reden, aber sie verstanden sich trotzdem. Wie sollte Banzai ihm nur klarmachen dass Atu tot war? Wenn er es ihm einfach gar nicht sagte? Aber Ed würde irgendwann fragen wo ihr Vater war… Spätestens in ein paar Stunden. Und zudem hatte Ed Atu doch gesehen und so blöd war Ed auch nicht, dass er sich nichts darauf reimen konnte. „Banzai…“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm – Shenzi. Nein, sie sollte nur nicht näher kommen! Sie sollte ihn nicht so sehen! Was sollte sie denn dann von ihm denken? Dass er ein kleines, verweichlichtes Männchen war? Nein! Shenzi würde ihn doch nur auslachen und ihn als totale Weichei bezeichnen und dann würde sie ihn auslachen. Sie sah ihn doch noch nie weinen und so sollte es auch bleiben! Sie würde ihn danach doch nie mehr ernst nehmen, geschweige denn respektieren – Wenn sie das überhaupt jemals getan hatte. Dabei mochte Banzai Shenzi doch so sehr! Vielleicht sogar mehr als das… Vielleicht hatte er sich wirklich in sie verliebt. Ja, vielleicht. Und vielleicht wollte er es sich nur nicht eingestehen, weil sie ihn doch nur zurückweisen würde. Sie hatte was Besseres als ihn verdient. Abgesehen davon, würde das doch nur ihre Freundschaft kaputt machen. Denn Shenzi würde in ihm nie mehr als einen Freund sehen und… eigentlich… konnte sich glücklich schätzen sie wenigstens als ‚gute Freundin‘ zu haben und selbst das war schon etwas wofür er lange arbeiten musste. Und jetzt mit so einer Gefühlsduselei anzukommen war etwas, wofür sie ihn hassen würde. Und dann war alles dahin. Alles würde kaputt sein und die Beiden würden nie wieder ein normales Wort miteinander reden können. „Wo ist Ed?“, fragte Banzai nun und versuchte halbwegs normal zu klingen. Doch seine Stimme zitterte. „Ich hab ihn zu meiner Mutter geschickt… Er versteht nicht ganz was passiert ist… Sie kümmert sich schon um ihn.“, antwortete Shenzi bedrückt und wagte es kaum Banzai anzusehen. Banzai hörte wie sie näher kam. Er hörte ihre Schritte im Kies hinter sich. „Hey… Das… das wird schon wieder… also mit euch Beiden. Wenn ihr wollt könnten wir euch aufnehmen. Zwei Mäuler mehr oder weniger zu stopfen wird meiner Mutter nichts ausmachen.“ Shenzi schluckte schwer und kaute unsicher auf ihrer Unterlippe herum. Banzai sah ihr nicht in die Augen, sondern starrte nur auf den Boden. „Das ist nicht nötig. Ich… ich schaff das schon… irgendwie.“ Shenzi musterte ihn kurz, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein… Tust du nicht. Komm, seh doch mal positiv…“ Shenzi wusste im Nachhinein nicht warum sie das sagte. Wohl einfach um irgendwas zu sagen, um die Stille zu brechen. Shenzi hasste Stille… Es machte sie irgendwie traurig. Doch plötzlich spürte Banzai eine zügellose Wut in sich aufsteigen! „POSTIV!? Was soll daran positiv sein, hä?!“, schrie er sie an. Er sprang auf und sah wütend zu ihr, setzte sich im nächsten Moment wieder, als er Tränen aufsteigen spürte. Er senkte nur schnell den Kopf, winselte ein kleines ‚Sorry‘ vor sich her und zog den Schwanz ein. Shenzi hätte ihm für so was im Normalfall eins übergezogen, doch sie wusste das jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt dafür war, geschweige denn sie Banzai irgendwas vorwerfen konnte. „Tut mir Leid… Ich meinte nur… du weißt schon… Jetzt ist er wieder bei Sasa. Deine Eltern haben sich doch immer so sehr geliebt, das weiß ich noch von damals, als sie noch… Na ja… Deine haben sich halt geliebt… Im Gegensatz zu meinen. Die sind echt nur aus Fortpflanzungszwecken zusammen.“, meinte Shenzi und versuchte irgendwie diese unangenehme Stille zu überspielen. Banzai drehte den Kopf nun ganz weg, als er spürte wie ihm stille Tränen über das Gesicht rannen und sein Fell nass machten. Verdammt, man sieht die feuchten Stellen, dachte er verzweifelt. Shenzi sollte nicht sehen dass er weinte… Das war peinlich. „Banzai… Ich… Mir tut das einfach nur so leid für dich, was da grade passiert ist“, platzte es plötzlich aus Shenzi heraus „Komm schon, wenn du heulst, heul ich mit dir. Wir sind die besten Freunde, wir gehen zusammen durch dick und dünn, das haben wir uns doch mal versprochen. Und jetzt lass dich drücken, Kumpel. Du hast keine Ahnung wie leid mir das alles tut.“ Shenzi kam plötzlich noch näher und schlang einfach ihre Vorderbeine um ihn, legte ihren Kopf tröstend an seinen und wischte ihm mit der Pfote einige Tränen aus dem Gesicht. Banzai war für diesen einen Moment völlig überrascht und überfordert. Was sollte er jetzt tun? So nah war er Shenzi selten gekommen und im Normalfall hätte er diese Situation schamlos ausgenutzt. Aber um ganz ehrlich zu sein: Es war ihm völlig egal! Es war ihm vollkommen egal! Er hatte andere Sorgen, also ließ er sich die Umarmung einfach gefallen. „Banzai, denk nicht du müsstest mir was beweisen oder ich hätte dich nicht mehr gern, nur weil du mal weinst oder so. Wenn dir danach ist, dann tu’s einfach.“, meinte Shenzi tröstend. Er schluckte und versuchte sich krampfhaft wieder zu fangen, doch wie auf Befehl flossen Banzai stille Tränen die Wangen runter und in diesem Moment tat es einfach nur gut Jemanden zu haben, der ihn einfach in den Arm nahm – Verdammt gut sogar. „Na komm… Gehen wir jetzt zurück, bevor diese Löwen uns entdecken.“, meinte Banzai schließlich einige Zeit später, als er sich halbwegs beruhigt hatte und die Tränen ein wenig im Zaun halten konnte. Er löste sich langsam aus Shenzis Umarmung und schluckte ein paar mal. „Ach und Shenzi…“ „Ja?“, fragte sie mit einem süßen Lächeln auf den Lippen. Naja… eben das, was Hyänen unter ‚süß‘ verstanden. „Ich… also… danke.“ Währenddessen war Zira fast schon am Königsfelsen angekommen. Die Morgensonne nahm mit der Zeit eine ziemliche Intensität an und brannte auf ihrem Kopf, doch Zira dachte gar nicht an eine Pause. Doch der schwere Strauß war eine reichliche Last und laugte sie aus. Ach, warum musste sie auch einen solch langen Umweg nehmen? „Also gut, am Wasserloch geh ich was trinken.“, murmelte Zira. Als sie endlich am Wasserloch ankam, legte sie den Strauß schnell zur Seite und lief zum Ufer. Ein paar kleine Antilopen nahmen schnell Reißaus. Gierig trank Zira so viel sie konnte und tauchte ein paar Sekunden die Schnauze ins Wasser, was eine willkommene Erfrischung war. Die Hitze war wirklich unerträglich. Zira war gerade dabei ihren Strauß wieder ins Maul zu nehmen und das Wasserloch zu verlassen, als sie plötzlich etwas sah – Taka. Er kauerte im Gras und fixierte wohl irgendeine potenzielle Beute. Obwohl Zira weitergehen wollte, so blieb sie stehen. Sie wollte sehen ob Taka wirklich so blöd war und sich mit einem Kaffernbüffel anlegen wollte oder ob er doch seine Pläne geändert hatte und das Gerede von vor ein paar Tagen nur heiße Luft war. Doch tatsächlich! Da stand wirklich ein steinalter Büffel unter dem Schatten eines Baumes. „Taka… du bist doch nicht tatsächlich so verrückt und machst das…“, murmelte Zira ungläubig. Jedoch eher zu sich selbst als zu jemand Anderem. Doch plötzlich, mit einem lauten Brüllen, sprang Taka ab und warf sich auf das Tier – Was natürlich viel zu groß für ihn war. Ziras Augen weiteten sich vor Schock – Dieser IDIOT! Dieser saublöde Idiot! Der hatte das wirklich getan! Der war wirklich so doof und hatte das getan! Einen Moment sah Zira noch völlig ungläubig über seine Dummheit zu ihn, doch dann wurde daraus Panik und Angst, als sie sah wie der Büffel Bocksprünge machte und Taka hohen Bogens abwarf. „Taka!“, rief Zira aus, doch man verstand sie nur schwer da der Büffel ein triumphales Röhren von sich gab. Erleichtert sah sie wie sich der Junglöwe langsam aufrichtete und mit schmerzverzerrtem Gesicht die kurze Mähne aufschüttelte. Die Sache hätte zu Ende sein können, doch dem Büffel schien es noch nicht zu langen – Er war verständlicher Weise wütend auf Takas Angriff! Mit gebeugtem Kopf rannte er auf Taka zu, der wie versteinert dastand. Der Schock saß ihm zu tief in den Knochen als dass er hätte davonrennen können, geschweige denn zum Gegenangriff, was das wohl dümmste nur erdenkliche gewesen wäre, hätte ansetzten können. „TAKA!“, kreischte Zira panisch, doch nur einen Sekundenbruchteil später war es schon zu spät. Kapitel 18: Scar ---------------- Mit entsetzten musste Zira mitansehen wie der Büffel Taka auf die Hörner nahm und ihn wie ein Spielzeug durch die Luft schleuderte. Doch der Unterschied war, dass Taka dieses Mal nicht mehr aufstand. „NEIN!“, kreischte Zira, als sie sah wie der Büffel nochmals zum Angriff ansetzte. Er wollte es Taka nun ganz geben, immerhin hatte dieser versucht ihn zu töten! Ja, natürlich war sein Hass und Wut gegen Taka nachvollziehbar, aber jetzt, wo Taka am Boden lag, da hätte er es wirklich lassen sollen! Er hatte seine Rache doch! Jedoch scharrte er gereizt mit dem Huf und neigte den Kopf, so dass er Taka diesmal auch ganz sicher mit den Hörnern aufspießen konnte. „Hör auf, lass es sein!“, schrie Zira den Büffel an und stellte sich ihm in den Weg. Er stoppte abrupt und sah Zira verwirrt an. „Was willst du tun kleine Löwin? Allein hast du keine Chance gegen mich!“, lachte der Büffel herablassend und wollte sich seinen Weg um Zira herumbahnen. Zira sah wütend zu ihm und fletschte die Zähne. Was für ein unhöflicher Idiot! „Willst du mir etwa drohen, Kleines?“, lachte der Büffel sie weiter aus. „Nur zu deiner Information: Das ist Prinz Taka! DU hast den Sohn von König Ahadi verletzt!“, knurrte Zira wütend. „Pah, geschieht ihm recht! Ein Nichtsnutz ist er, Ahadi wird sich bestimmt freuen ihn endlich los zu sein“, zischte der Büffel gehässig und schnaubte Zira drohend an „Es ist doch kein Geheimnis mehr dass Ahadi sich nicht um ihn schert, oder?“ „Was erlaubst du dir?!“, fuhr Zira ihn entsetzt an. „Oh, pass mal lieber auf dein Mundwerk auf, kleine Löwin und mach endlich Platz!“, schnaubte der Büffel gereizt. Wenn sie nicht ganz schnell verschwinden würde, würde er auch ihr wehtun und das nicht zu wenig. „Nein, ich mache NICHT Platz! Es ist die Pflicht eines Jeden im Geweihten Land die königliche Familie mit allen Mitteln zu schützen und was du da machst ist Mord! Also hör endlich auf, sonst bring ich dich um!“, fauchte Zira wutentbrannt und ihr stellten sich bereits die Nackenhaare auf. „DU?! Ich bitte dich, du bist doch nichts“ Der Büffel lachte hysterisch und schubste Zira warnend zur Seite „Ahadi würde dich mit einem Schlag ins Genick töten! Selbst seine kleine Königin würde das schaffen, so was wie dich zu töten!“ „Noch ein Wort und du bist tot!“ Zira und der Büffel sahen erschrocken auf und erkannten plötzlich Uru mit gesträubtem Fell aus dem Gras kommen. Ihr folgte die gesamte Löwinnenschaft des Königsfelsen. Zuzu saß auf ihrem Rücken und sah böse zu dem Büffel. Wahrscheinlich war auch sie es, die alles beobachtet und Uru gerufen hatte – Na zumindest war dieser Vogel dazu gut. Als der Büffel realisierte dass er sich nun tatsächlich in einer scheinbar ausweglosen Situation befand, legte er erschrocken die Ohren an und sah sich verängstigt um. Er hätte keine Chance gegen so viele Löwinnen. Also entscheid er das einzig richtige zu tun – Wegrennen. „Zira, geht es euch gut? Hat er euch auch verletzt?“, fragte Zuzu und flatterte sorgenvoll zu Zira. „Jaja, mir geht’s gut, aber kümmert euch endlich um Taka! Er liegt da die ganze Zeit nur leblos rum!“, flehte Zira panisch und eilte zu Taka, der sich inzwischen aufgesetzte hatte und seine Pfote krampfhaft auf sein rechtes Auge gepresst hatte. „Taka? Mein Kleiner, geht’s dir gut?“, fragte Uru sorgenvoll und rannte auf ihn zu. Taka erwiderte nichts, presste nur noch stärker die Pfote gegen das Auge und schien mit aller Kraft ein Wimmern zu unterdrücken. Er musste furchtbare Schmerzen haben, das sah man. „Taka, er hätte dich töten können, was hast du dir dabei denn gedacht? Ach, mein armes Baby, komm her! Tut‘s sehr weh? Kannst du noch sehen? Oh Taka! Komm, lass mich mal schauen…“ Urus Stimme überschlug sich fast und sie versuchte Takas Pfote von seinem Auge zu nehmen. Zira stellte sich neben die Königin und sah ebenfalls mit einem sorgenvollen Blick zu Taka. Sie hoffte nur dass es nicht zu schlimm war und er keine bleibenden Schäden oder so haben würde. Als er langsam die Pfote von seinem Auge wegzog, sprang Zira jedoch erschrocken zurück, schnappte fassungslos nach Luft und hätte um ein Haar aufgeschrien. Taka sah schrecklich aus: Eine tiefe Wunde, aus der unaufhörlich Blut floss, verlief quer über sein linkes Auge. Das Fell darum war Blutverklebt, auf seinem Auge klebte eine dünne Blutschicht, seine Pfote war schon ganz blutverschmiert. Uru sah mit entsetzten zu ihrem Sohn, der kämpferisch seine Zähne zusammenbiss und Tränen schimmerten in ihren Augen, während sie nach Luft rang. „Oh nein! Taka, was, was… Oh Taka“, stotterte sie verzweifelt und sah sich panisch um „Komm, schnell, gehen wir zu Rafiki, der kann dir sicher helfen! Oh Taka was machst du nur für Sachen? Wäre Zira nicht gewesen wärst du jetzt wahrscheinlich tot. Aber jetzt komm, schnell!“, drängte sie und stupste Taka energisch an. Dieser sah jedoch nur mit leerem Blick grade aus. Er stand noch zu sehr unter Schock, um sich seiner Mutter großartig zu wiedersetzen, wie er sonst immer tat – Das, oder er wollte wirklich Hilfe. Zira sah ihnen fassungslos hinterher. War heute eigentlich alles ihre Schuld?! Wäre sie zwischen Atu und Sarafina gegangen, dann würde Atu noch leben, hätte sie Taka von Anfang an davon abgehalten, dann wäre es nicht zu weit gekommen und dann hätte Taka jetzt kein aufgerissenes Auge! Ob er auf dem Auge je wieder sehen konnte? Oder war er vielleicht schon blind. Alles war ihre Schuld! Sie hätte am liebsten geheult, aber das würde jetzt auch nichts mehr bringen. „Na komm Zira, gehen wir nach Hause…“, meinte Masila nun aufmunternd, um Ziras Stimmung nach diesen schrecklichen Ereignissen des heutigen Tages wenigstens ein bisschen zu haben. Masila schleppte Zira ihren Strauß an und sah ihr aufmunternd entgegen. „Sarabi und Mufasa sind noch nicht zurück, äh… Vielleicht schaffst du es ja doch noch unter die ersten. Komm Zira, hm?“ Als Zira schließlich in der Mittagszeit am Königsfelsen ankam, sah ihre einst so schöne Beute bereits reichlich zerfleddert aus. „Ah, Zira da bist du ja…“, begrüßte Ahadi sie freudig. Er schien wohl noch nichts von Takas Unfall gehört zu haben, sonst wäre er nicht bei so guter Laune. „Hallo Ahadi… Hier ist meine Beute.“, begrüßte Zira ihn müde, versuchte jedoch halbwegs fröhlich zu klingen, doch es gelang ihr einfach nicht – Nicht nach den Ereignissen des heutigen Tages, dabei war es gerade mal Mittag. Müde schmiss Zira ihm den Strauß vor die Pfoten und setzte sich entkräftet auf einen Felsen. „Entschuldigt mich euer Majestät, aber ich bin zu fertig um noch viel zu reden. Weckt mich einfach wenn die Anderen auch fertig sind.“, meinte Zira und schloss die Augen. Nur ein kleines bisschen Schlaf… Nur ein bisschen, um die heutigen Turbulenzen nur für einen einzigen Moment zu vergessen. „Was hast du dir dabei gedacht!?“, brüllte Ahadi seinen Sohn wutentbrannt an. Taka saß kerzengerade in der Höhle. Seine Miene war zwar völlig ausdruckslos, doch sein Blick hätte töten können. „Sich ganz allein auf einen ausgewachsenen Kaffernbüffel stürzen! Weißt du eigentlich was alles hätte passieren können? Du könntest jetzt blind sein, du hättest sterben können! Verstehst du?! TOT! Du bist mein Sohn, verdammt nochmal, dir hat so etwas nicht zu passieren! Weißt du was für Sorgen deine Mutter sich gemacht hat? Weißt du wie ICH mich gefühlt habe, als ich von deinem Unfall hörte!? Stell dir vor Zira wäre nicht gewesen! Du wärst tot Taka, TOT! Du hast ihr viel, sehr, sehr viel zu verdanken! Du hättest verdammt noch mal sterben können!“, brüllte Ahadi außer sich. Er war völlig in Rage und niemand wäre ihm freiwillig in diesem Zustand über den Weg gelaufen. „Vielleicht wäre das auch das Beste gewesen.“, meinte Taka nur kalt und schluckte trocken, während er versuchte dem vernichtenden Blick seines Vaters standzuhalten. Rafiki hatte sich inzwischen um seine Wunde gekümmert. Doch man sah noch immer diesen tiefen Kratzer, der Taka über das linke Auge verlief. Rafiki meinte zudem, es würde wahrscheinlich eine Narbe zurückbleiben. „Was sagst du da?! Wie kannst du so was denken? Wir lieben dich!“, wand Ahadi entsetzt ein. „Ach komm schon! Mutter, ja, die hat sich immer um mich gesorgt, aber DU?! Sind wir ehrlich: In deinem Leben existiere ich doch gar nicht! Bei dir geht’s nur um Mufasa! Mufasa hier, Mufasa da, Mufasa, Mufasa, Mufasa! Ich hab die Schnauze voll! Und soll ich dir mal was sagen“, Taka war völlig außer sich und fletschte wütend die Zähne „Ich hab diesen verdammten Büffel nur DEINETWEGEN angegriffen! Nur wegen dir, für niemanden sonst!“ „W… was!? Aber warum?“ „Weil DU NIE mit mir jagen warst! Immer nur mit Mufasa! Hast du eine Ahnung wie mich das nieder gemacht hat? Die anderen haben mich deswegen ausgelacht! Glaubst du eigentlich ich bin dumm? Ich hätte mir natürlich nur eine Antilope oder so geholt, aber… ich… Ich wollte es dir beweisen! Das ich genauso gut bin wie Mufasa! Hältst du mich eigentlich für dumm? Ich wusste ich hätte keine Chancen gegen das Viech! Aber ich hab‘s trotzdem getan, nur um dir zu beweisen dass ich genauso mutig bin wie er! Und was hab ich jetzt davon? Eine Narbe, das ist alles! Kein Lob, nichts!“, platzte es aus Taka heraus. Es schien als ob all die angestaute Wut und Enttäuschung der letzten Monate mit diesem einem Mal aus ihm herausplatzen würde. Ahadi sah mit einer gewissen Unsicherheit zu seinem Sohn. Noch nie hatte er Taka derartig wütend gesehen und irgendwie verunsicherte ihn dieses wilde Auftreten seines Sohnes ihn. Aber was verlangte er denn? Dass Taka all diese Enttäuschungen einfach an sich abprallen lassen würde und es keinerlei Einfluss auf ihn hatte? Natürlich nicht! Natürlich nahm es Taka mit und er hatte all diesen Schmerz immer nur mit sich herumgeschleppt, nie mit Jemanden darüber geredet – Irgendwann musste das doch herausplatzen. „Ich dachte wirklich dass du mir vielleicht wirklich nur ein bisschen Anerkennung zeigen würdest, aber das stimmt nicht – Mal WIEDER!“, zischte Taka mit einer Mischung aus Enttäuschung und Hass. Doch sie waren nicht die Einzigen. Vor dem Höhleneingang saßen Zira, Sarafina, Sarabi und Mufasa und lauschten angespannt, was dort vor sich ging. Mufasa, Sarabi und Sarafina war das Entsetzten ins Gesicht geschrieben. Sie konnten nicht glauben was da vor sich ging, was Taka da sagte. War es wirklich sowie er sagte? Vor allem Mufasa konnte es nicht fassen. Hätte er merken sollen, dass etwas seinen Bruder bedrückte? Aber was hatte er denn falsch gemacht? Hätte er vielleicht Ahadi darauf ansprechen sollen und ihm sagen sollen dass etwas mit Taka nicht okay war? Aber was hätte er denn dann tun sollen? Zira hingegen tat er einfach nur Leid. Sie konnte es irgendwie nachvollziehen und verstand Takas Wutausbruch. Sie konnte es ihm auch gar nicht übel nehmen oder ihm irgendwelche Vorwürfe machen. Vielleicht lag es einfach auch nur daran, dass sie nicht von all diesen Vorurteilen gegenüber Taka geprägt war, die um ihn schon kursierten seit er ein Junges war. „Taka, hör mir jetzt gut zu: Du wirst dich jetzt bei Zira bedanken, wie ein wahrer Prinz!“, knurrte Ahadi. Ein paar Sekunden herrschte eine angespannte Stille in der Höhle. „Ich bin nicht mehr Taka“, knurrte Taka leise „Von jetzt an könnt ihr mich getrost Scar nennen.“ Mit diesen Worten erhob Taka sich und verließ provokant langsam die Höhle. Ahadi sah ihm wütend hinterher, dann brüllte er: „Ich werde dich ganz bestimmt NICHT so nennen! Und jetzt BEDANKE DICH BEI IHR! Ohne sie wärst du TOT!“ Taka, oder jetzt Scar, knurrte nur wiederwillig, dann setzte er seinen Weg fort – Nur diesmal schneller. In diesem Moment rannten Mufasa, Sarabi, Sarafina und Zira jedoch eilig davon. Grade noch rechtzeitig, schließlich sollte niemand wissen, dass sie gelauscht hatten. Als sie unter dem Königsfelsen ankamen und in sicherer Hörweite von Taka weg waren, sahen sie sich alle vielsagend an. Es bedarf keiner Worte um auszudrücken wie mies sie sich gerade fühlten. Niemand sagte etwas, was die bedrückende Stille zwischen ihnen nicht gerade löste. „Ähm… Wenn ihr mich entschuldigen würdet…“, erhob schließlich Zira die Stimme „Ich bin am kleinen See… Ihr wisst schon, der hinterm Königsfelsen…“, Sie konnte Taka, oder Scar, nicht unter die Augen treten, nicht nachdem was heute alles passiert war. „Ahm… okay...“, meinte Sarabi und sah ihr besorgt nach. „Oh Gott, was hab ich getan?“, fragte Zira ihr Spiegelbild und lief von einer Pfote auf die andere „Es ist meine schuld.“ Sie hatte inzwischen den ganzen Nachmittag hier draußen verbracht. Eigentlich wollte sie zuerst zu den Hyänen flüchten, doch ließ es dann doch sein. Sie würde Banzais Anblick nicht ertragen. Wie er wimmernd dasaß… nein. Und es war mal wieder alles ihre Schuld. Zira setzte sich nun ans Ufer und atmete tief durch. Dann fiel ihr Blick auf ihr Spiegelbild im See. Ihre Augen wirkten, wenn sie in Panik war oder Angst hatte, noch größer als sonst. Irgendwie sah sie verdammt dämlich und erbärmlich aus. Zira seufzte Schuldbewusst, ließ die Wasseroberfläche jedoch nicht aus den Augen, so als ob sie ihr eine Antwort auf alle ihre Probleme geben könnte. Doch plötzlich sah sie eine Gestalt neben sich im Wasser und zuckte zusammen. „Taka?!“, rief Zira erschrocken aus und fuhr umher. Der Junglöwe war scheinbar lautlos erscheinen und hatte sich schweigend neben sie gesetzt. „Ich… ich… Es tut mir leid.“, stotterte sie, einfach um irgendwas zu sagen. „Was muss dir denn leidtun?“, fragte er „Du hast mir höchstwahrscheinlich das Leben gerettet…“ In diesem Moment seufzten die Beiden gleichzeitig und sahen bedrückt zu Boden. Die peinliche Stille zwischen ihnen war kaum zu ertragen und Zira flehte einfach nur dass er bald was sagen würde. Denn ihr fiel nichts ein, was sie sagen könnte. „Ähm… Hat der Büffel dich eigentlich verletzt?“, begann Taka endlich, wofür Zira ihm tausendfach dankbar war. „Hä? Äh, nein. Er hat mich nur mit der Schnauze zur Seite geschubst.“, antwortete sie. „Pf… Ich wünschte bei mir wäre er auch so gnädig gewesen…“, murmelte Taka gehässig, jedoch nicht ohne einen traurigen Unterton. „Na ja…“, begann Zira „Du hast ihn immerhin umbringen wollen…“ „Schon, aber… Der zweite Angriff wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Und dann kam sie wieder – Diese schreckliche Stille, die Zira langsam nicht mehr hören konnte! „Sag mal… Tut‘s noch sehr weh?“, fragte Zira nun unsicher. „Naja… tut schon noch weh. Pocht ziemlich.“, meinte er und schluckte. „Ich… ich wollte das doch alles gar nicht! Es tut mir leid, wirklich!“, entfuhr es Zira plötzlich und sie spürte die Tränen aufsteigen. Dieser Tag war einfach nur einer der Tage an denen man sich wünschte nie aufgewacht zu sein! Scar sah unsicher zu ihr. Er war nicht der beste in Sachen trösten. Generell war es untypisch für ihn Nettigkeiten zu verteilen oder gar Jemanden aufzuheitern. „Ähm… Ach Zira, das wird schon wieder… Du bist an gar nichts schuld. Wärst du nicht gewesen, wäre ich tot.“, meinte er und legte etwas unsicher sein Bein um Ziras. In diesem Moment fühlte Zira eine wohlige Wärme, die sich in ihr ausbreitete als sie Taka so nah an sich spürte – Nicht dass es etwas Besonderes war oder so, sie hatten sich schon öfters berührt, aber irgendwie konnte sie ihre Augen einfach nicht von ihm abwenden und beobachtete ihn verstohlen aus den Augenwinkeln. Ihr Herz pochte plötzlich zu schnell und sie spürte einen ganzen Ozean an Glücksgefühlen in sich aufbrodeln. Verdammt! Was war los? „Na komm, mach dir keinen Kopf, ändern können wir alle nichts mehr daran.“, riss der Junglöwe Zira aus den Gedanken. „Sag mal… bist du mir auch wirklich nicht mehr böse, Taka?“, fragte sie vorsichtig. „Nein, alles okay… Und ab jetzt heißt das Scar.“ „Scar… Ganz wie du willst.“ Kapitel 19: Wir sind nur Freunde -------------------------------- Obwohl das Rudel mit Ziras Fang, dem Strauß sehr zufrieden war, so schwand dieses ständige Misstrauen einfach nicht aus Ahadis Blick. Einige Tage nach der Jagd der Junglöwen und vor allem nach Takas Unfall, hatte sich das Rudel mehr oder weniger daran gewöhnt, dass Taka nur noch auf seinen neuen Namen ‚Scar‘ reagierte. Wenn Zira ehrlich sein sollte, so machte ihr das irgendwie Sorgen… Irgendwie fand sie, dass Scar sich da in was reinsteigerte. Er steigerte sich in diesen Unfall zu sehr rein, in diese Sache mit der Narbe – Dann war er eben NICHT erfolgreich bei der Jagd gewesen, und? Das mit der ‚Scar‘- Sache war einfach übertrieben! Doch sie sagte es ihm nie direkt. Vielleicht reagierte sie ja auch nur über. Zudem hatte sie an diesem Tag noch andere Pläne. „Hey Sarabi“, rief Zira und kam auf die Löwin zu „Wollen wir heute Nachmittag Erdmännchen ärgern gehen?“ Sarabi verzog abweisend das Gesicht und musste im nächsten Moment jedoch schmunzeln. „Geht nicht… Ich geh heute mit Mufasa jagen…“, schwärmte sie und grinste vorfreudig „Wer weiß… Vielleicht klappt’s diesmal…“ „Na dann: Viel Glück. Ich frag dann mal bei Sarafina!“, verabschiedetet Zira sich und lief zu ihrer anderen Freundin, die sich grade bei ihrer Mutter auf ihrem Lieblingsfelsen sonnte. „Hi Sarafina, hallo Ika! Ich wollte dich fragen ob wir heute Nachmittag Erdmännchen ärgern wollen. Also, wollen wir?“, fragte Zira. „Was? Ne, keine Zeit!“, wand Sarafina sofort ab. „Oh… Warum nicht?“, fragte Zira etwas enttäuscht. „Weil sie heute noch mit mir, Masila und den anderen Löwinnen jagen gehen wollte. Wir wollen ihre erste Giraffe reißen.“, erklärte Ika. Sarafina sah vorfreudig zu ihr und ihre Augen leuchteten begeistert auf. „Wenn du willst kannst du mitkommen!“, schlug sie sofort enthusiastisch vor. „Ach ne, ich hatte schon Futter…“, wand Zira ab „Wird das eigentlich den ganzen Tag dauern?“ „Was? Nein, natürlich nicht“, lachte Sarafina „Aber… danach hab ich auch schon ein Treffen mit einem…“ „Ein herumstreunender Junglöwe, stimmt’s?“, sagte Zira ihr eiskalt ins Gesicht. Sollte Ika ruhig mal wissen wo ihre liebe Tochter sich doch die vielen Nachmittage herumtrieb. Ika verzog verhalten eine Augenbraue und sah vielsagend zu ihrer Tochter. Dieser Blick sagte so viel wie ‚Darüber reden wir noch‘. Sarafina hingegen versuchte alles mit einem süßen Grinsen zu überspielen, was aber nicht wirklich bei Ika zog. Doch wenn Blicke töten könnten, wäre Zira sofort umgekippt. Mit einem fiesen Grinsen zwinkerte sie Sarafina zu und verschwand schließlich in Richtung des Elefantenfriedhofes. Es wurde höchste Zeit dass sie endlich den Hyänen wieder einen Besuch abstattete und dann konnte sie ihnen auch gleich Futter mitbringen. „Hast du eigentlich schon Scars Narbe gesehen? Er muss doch mal bei euch gewesen sein.“, sagte Zira und gähnte. „Pah ‚Scar‘, was soll der Mist? Glaubt er, er wirkt dadurch cooler oder so?“, murrte Shenzi genervt. „Ach, lass ihn doch, wenn er glaubt dass es ihm irgendwie helfen würde… Das wird schon wieder.“ Die beiden lagen auf dem Rücken am Grenzgebiet zum Elefantenfriedhof im hohen Gras, gut versteckt vor Ahadis Rudel. Zira hatte es ihr vorgeschlagen und da Shenzi sowieso nichts besseres eingefallen war, was sie hätten tun könnten, außer Faullenzen, hatte sie eingewilligt. „Aber warum wird mir eigentlich die Ehre zuteil dich hier zu haben? Ist die große Zira etwa noch nicht zu einem ‚der‘ Löwen abgehoben?“, zog Shenzi sie auf. „Hoffentlich bleibt das auch so! Es ist schrecklich! Ich hab das Gefühl dass sich alle meine Freundinnen jetzt 'nen Freund schnappen und ich für ewig Single bleiben muss, nur weil ich kein Interesse habe. Mann, das ist unfair! Wieso sind ihnen Männchen auf einmal wichtiger als ich? Ich meine wir sind Freundinnen, warum dürfen sich da plötzlich Männchen zwischen uns drängen? Und warum gleich alle beide?“, fragte Zira mit einem gewissen Entsetzten in der Stimme. „Tu mal nicht so mitleidig! Ich hab auch keinen Freund, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte!“, murrte Shenzi und rollte sich auf dem Rücken umher, während sie die letzten Reste der Antilope verputzte, die Zira ihr gefangen hatte. „Na und? Du hast wenigstens Freunde, die Zeit für dich haben!“, entgegnete Zira und ließ den Blick nicht von den Wolken ab, die am Himmel vorbeizogen. „Ja, zwei… und einer davon ist ein Trottel!“, meinte Shenzi genervt und pustete sich ein paar Mähnensträhnen aus dem Gesicht. „Und der andere ist Ed!“, lachte Zira. Shenzi seufzte genervt. „Aber sag mal… Wie geht’s den Beiden eigentlich? Haben sie die ganze Sache verkraftet?“, fragte Zira vorsichtig. Seit dem Tod von Atu hatte sie nicht mehr mit den Beiden gesprochen und das war inzwischen alles beinahe eine Woche her. „Na ja… Es war ziemlich schwer es Ed zu erklären. Als er’s dann doch verstanden hat, ist er wimmernd in seine alte Höhle gelaufen und hat die halbe Nacht rumgejault. Aber… es geht wieder. Sie habe es ganz gut verkraftet… Denke ich. Sie lächeln sogar wieder, aber wohnen jetzt in der Höhle von mir und meiner Mutter.“, erzählte Shenzi ihr. Wenn sie was zu fressen bekommen hatte war sie irgendwie netter als sonst. „Und deinen sieben Geschwistern.“, ergänzte Zira. „Ach ja, genau. Wusstest du übrigens das Ed ein wahnsinnig guter Babysitter ist?“ „Nein! Erzähl!“, sagte Zira und spitzte neugierig die Ohren. Als Shenzi mit Eds Babysitting-Geschichte fertig war, musste sie kichern. „Du solltest mal Banzai beobachten, wenn er meine jüngeren Geschwister als Kopfkissen benutzt, das ist witzig.“ „Ich kann’s mir vorstellen. Sag mal…“ Zira stockte. Sollte sie Shenzi das wirklich fragen? Sollte sie es wagen? Obwohl… Shenzi war vollgefressen und dadurch war sie auch gleichzeitig verträglicher und weniger aggressiv. „Ich warte…“, unterbrach Shenzi Ziras Gedankengänge. „… Wie findest du Banzai eigentlich?“ Shenzi sah auf und runzelte die Stirn. „Wie soll ich ihn finden? Er ist mein bester Freund! Ohne ihn würde ich sterben vor Langeweile! Er ist in meinem Leben gleich an zweiter Stelle, nach meiner Mutter. Wie also soll ich ihn finden? Natürlich super! Okay… er handelt zwar bevor er denkt und ist ziemlich aufbrausend, doch dafür lieben wir ihn doch… Er ist zwar ein Männchen, aber… Er ist der beste Freund den ich mir vorstellen könnte. Äh, warum die Nachfrage?“ Zira grinste verschwörerisch. „Na ja… ich dachte da so… dass er… und du… unter Umständen…“ „WAS“, rief Shenzi schockiert aus „Geht’s noch? Sonst geht’s dir aber noch ganz gut, ja? Der Typ ist mein KUMPEL! Mann! Können Weibchen in der heutigen Zeit eigentlich keine Freundschaft mehr zu einem Typen haben, ohne das es gleich heißt ‚Ihr seid zusammen‘“ Shenzis Stimme überschlug sich fast. Ihre Antwort kam heftig und schnell – ZU schnell „Und was ist eigentlich mit dir und Scar?! Hä?! Ist da nicht auch was im Busch?!“, fügte sie noch schnell hinzu, jedoch nicht ohne diesen neckischen Unterton in der Stimme. „NEIN! Natürlich nicht, wir sind nur Freunde, er will doch gar nichts von mir!“, rief Zira erschrocken aus. Sie wusste nicht warum, aber plötzlich pochte ihr Herz einige Takte schneller. Nicht weil ihr heiß war, sie war viel eher nervös, versuchte dieses ‚Nein‘ so glaubhaft wie nur möglich herüber zu bringen, doch warum musste sie sich dafür denn anstrengen? Wenn sie es ehrlich gemeint hätte, dann… Oh nein… Bitte nicht. Konnte das wirklich sein? Sie hatte sich grade eben genau wie Shenzi verhalten. Konnte es wirklich sein, dass sie verliebt war? Hatte Zira sich wirklich in Scar verliebt?! Nein, das durfte nicht sein! Sie waren nur Freunde! Beim besten Willen, Scar hatte doch überhaupt kein Interesse in sie, sie war ihm doch egal. Er sprach zwar des Öfteren mit ihr, aber darauf musste Zira sich doch beim besten Willen nichts einbilden. Er sprach mit ihr, weil sie die einzige war die sich mit ihm abgab, er hatte ja keine Wahl. Wenn er die hätte, würde er doch mit Sicherheit Sarabi oder Sarafina nehmen. Aber warum gab Zira sich denn mir ihm ab? Wohl kaum weil er der stärkste und beliebteste Löwe war. Vielleicht weil er so gut aussah? Hm, nun ja, er hatte nicht gerade Muskeln, aber er hatte durchaus seine Reize… Er hatte tolle Augen das musste Zira sagen und – Himmel, was tat sie da?! Sie fantasierte doch nicht tatsächlich über Scar herum, oder? Warum dachte sie eigentlich so intensiv an ihn, sie wollte das doch gar nicht! Scar war so was wie ein unerreichbares Ziel, er war der Prinz und sie war eben… Zira. Und da war doch nichts anders zwischen ihnen, oder? Es war doch noch alles so wie an dem Tag an dem sie sich kennenlernten, nichts, ausnahmslos nichts, hatte sich geändert. Sie redeten miteinander, er war den halben Tag weg, er kam wieder, sie wünschten sich eine gute Nacht und das war es dann – So und jetzt würde Zira diesen Löwen wieder ganz schnell aus ihren Gedanken vertreiben. Doch wenn man verliebt ist denkt man an Jemanden ohne überhaupt zu denken. Und wie wahr dieser Satz war würde sie schon noch merken… „Oh mein Gott! Ed, du hättest sie hören sollen! Ihre Antwort kam wirklich wie aus der Pistole geschossen! Und ich weiß ja nicht viel über Mädchen, aber eines weiß ich: Wenn sie so hastig reden, dann lügen sie! Oh Mann! Vielleicht hab ich wirklich noch Chancen. Meinst du ich bekomm sie irgendwann mal um? Oh Mann… ED!“, redete Banzai hastig und hüpfte aufgeregt um seinen Bruder herum. Er hatte eher zufällig ein wenig Shenzis und Ziras Gespräch gelauscht. Ed lachte nur freudig und nickte wie wild. „Ha, du lässt mich eben nicht im Stich“, giggelte Banzai und nahm seinen Bruder an der Pfote „Komm, wir machen Shenzis Höhle sauber, dann wird sie sich bestimmt freuen!“, meinte Banzai und begann tatsächlich mit Ed, der das hier alles mehr oder weniger freiwillig machte, Shenzis Höhle aufzuräumen. „Oh Mann… Schon so spät, ich muss wieder zurück, meine Mutter braucht mich um die Rasselbande zu zügeln. Sie geht jetzt meistens jagen.“ Shenzi stand auf und gähnte genüsslich. „Okay, man sieht sich!“, verabschiedete Zira sich von ihr. „Ja, bis bald! Und danke für das Futter!“, rief Shenzi ihr noch nach und lief eilig zurück zum Elefantenfriedhof. Zira war kurz darauf zurück am Königsfelsen, doch es war kaum jemand da. Sarabi und Mufasa waren noch immer ‚jagen‘, oder was auch immer die da taten, Sarafina wickelte um die Zeit wahrscheinlich einen Junglöwen um die Pfote und die Erwachsenen waren entweder auch jagen oder schlichtweg… langweilig. Doch da lief Zira gerade jemand vor die Pfoten, den sie gut gebrauchen könnte. „Hi Ta– Scar.“, begrüßte sie den Junglöwen freundlich. Sie machte den Fehler ihn ‚Taka‘ zu nennen noch immer öfters. „Hi Zira.“, meinte er und reckte sich genüsslich. Zira legte sich neben ihn und musste blinzeln, als der Sonnenuntergang sie etwas blendete. „Sag mal… Ich wollte dich das schon die ganze Zeit mal fragen, keine Ahnung warum, aber wer wird eigentlich mal Ahadis Nachfolger?“ Scar verdrehte genervt die Augen und knurrte wütend. „Ach… Mufasa, wer sonst? Er ist ja der Ältere, der Bessere, der Reifere und was weiß ich noch! Manchmal frag ich mich wirklich warum die hübschen Löwinnen, wie du, überhaupt noch mit mir reden, wenn sie doch ihren Mufasa haben!“, knurrte Scar plötzlich. Er war von einer Sekunde auf die andere wie ausgewechselt und Zira glaubte nicht mehr daran dass er sie noch in seiner Nähe haben wollte, dabei hatte sie nur ganz nett gefragt, wirklich. Eigentlich erschrak sein Auftreten sie ein wenig und sie legte verunsichert die Ohren an. „War nicht so gemeint, nur – Sekunde…“ Zira stockte und blickte verwirrt zu Scar „Sag mal… Findest du mich wirklich hübsch?“ Scar sah für einen Moment völlig verdattert drein, dann sprang er plötzlich auf und es schien einen Moment so als wolle er etwas sagen, denn er schnappte nach Luft, sah dann aber doch nur nervös zu Zira. „Ich… äh… also… Ja, du bist… Ich muss gehen!“, stotterte er und lief eilig davon. Mit einer gewissen Enttäuschung sah Zira ihm hinterher. Wahrscheinlich traf er sich wieder mit den Hyänen um seine streng geheimen Pläne zu besprechen. Wenn Zira ehrlich sein sollte, interessierte sie das nicht im Geringsten… Viel mehr wollte sie Wissen ob Scar das mit dem ‚hübsch‘ eigentlich ernst gemeint hatte, oder das nur so eine launische Überreaktion war und er sich nur an ihr abreagieren musste. Und irgendwie musste Zira sich eingestehen… Sie hatte sich unglaublich geschmeichelt gefühlt, als sie realisiert hatte, das Scar sie als ‚hübsch‘ bezeichnet hatte. Wieso freu ich mich deswegen eigentlich so sehr? Er hat doch nichts Weltbewegendes gesagt! Aber wieso fühlt sich jede seiner Berührungen wie ein wahr gewordener Traum an? Warum bekomme ich dann immer so ein flaues, kribbeliges Gefühl im Bauch? Warum steht mir da das Fell zu Berge? Und warum erfüllt mich dann immer diese Wärme, dachte Zira sich angestrengt. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie konnte sich doch nicht wirklich in ihren Freund verliebt haben! „Nein…“, murmelte sie. Völliger Schwachsinn! Sie redete Mist, das war alles Unfug! Vielleicht was sie ja nur krank oder so, aber doch nicht verliebt. Bestimmt würde sich das in ein paar Wochen wieder einrenken. Kapitel 20: Friede, Freude, Hundekuchen --------------------------------------- In den folgenden Wochen dachte Zira aus irgendeinem Grund immer öfter und intensiver an zwei Dinge: Das erste ‚Ding‘ war Scar, was sie jedoch versuchte so gut wie möglich zu verdrängen. Doch eine seltsame Sache war ihr doch aufgefallen: Immer wenn dieser Löwe um sie herum war, so fühlte Zira sich irgendwie… besser. Sie war netter – Am meisten war es ihr aufgefallen als sie und Sarafina sich mal um ein erlegtes Zebra gestritten hatten und Ziras Laune dadurch in den Keller gesunken war. Scar war nur an den beiden Löwinnen vorbei gelaufen, ohne ein Wort zu verlieren und plötzlich hatte sich Ziras Laune gehoben. Egal was war, immer wenn Scar in der Nähe war, fühlte Zira sich besser, keine Ahnung warum. Und, obwohl sie das nicht mal bewusst wahrnahm, so sehnte sie sich immer mehr nach seiner Nähe. Wann immer Scar da war, wann immer er etwas fraß, so war Zira ganz in seiner Nähe, strich ihm wie zufällig mit dem Schwanz über die Seite, sah ihn manchmal sekundenlang an, ehe sie seinen Fragen antwortete – Und sie selbst bekam das gar nicht bewusst mit! Und Zira ertappte sich manchmal selber dabei, wie sie einfach nur an ihn dachte, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollte – Es war fast schon beängstigend wie sehr dieser Löwe sie in ihren Gedanken verfolgte. War das denn noch normal? Warum dachte sie so oft an ihn? War sie etwa wirklich… verliebt? War das verliebt sein? Fühlte sich das so an? Ach was, das war sicher nur eine Schwärmerei, die bald vergehen würde, ganz sicher. Die zweite Sache an die sie so oft denken musste war ihre Familie. Ihre ‚Ersatzfamilie‘ verstand sich. An Linda, Chica und den bekloppten Jerk. Irgendwie vermisste sie sie manchmal... Sie hatte ihnen versprochen sie besuchen zu kommen und bis jetzt hatte sie dieses Versprechen nicht eingelöst. Und ihrer Meinung nach, wurde es endlich mal höchste Zeit! An diesem Morgen war Zira schon sehr früh, vor allen Anderen, auf den Beinen. Niemand sollte ihr folgen, oder wissen dass sie weg war! Wenn das mit den Hunden und Linda raus käme… Sie wäre Löwenfutter! Vor allem Ahadi war Zira gegenüber immer so misstrauisch… Es war unangenehm. Nicht dass er sie irgendwie fertig machte, aber sein Verhalten Zira gegenüber war anders als dem Rest des Rudel gegenüber. Auf leisen Pfoten schlich Zira aus der Höhle. Als sie schließlich vor dem Königsfelsen angekommen war, sah sie mit einem wehleidigen Blick in eine kleine, versteckte Höhle, gleich neben dem Königfelsen. Scar schlief darin. Zira seufzte. Seit dem Unfall mit dem Büffel und dem Streit mit seinem Vater weigerte er sich mit den anderen in einer Höhle zu schlafen, er war wie ein trotziges, kleines Kind. Obwohl Uru ihr Bestes getan hatte um ihren Sohn wieder in die gemeinsame, große Schlafhöhle zu bekommen, so hatte er sich mit allen Mitteln dagegen gewehrt. Denn eines wusste Zira: Scar war zu STOLZ um seine Meinung noch mal zu ändern. Wie würde er denn da vor den anderen dastehen? Doch plötzlich wurde Zira aus ihren Gedanken gerissen, als sie einen Vogel neben sich aufflattern sah. „Oh, guten Morgen Zira. Schon so früh wach? Wohin geht es?“, fragte Zuzu höflich. „Dasselbe könnte ich dich fragen. Wie geht es eigentlich deinem kleinen Sohn?“, fragte Zira grinsend. „Zazu? Dem geht es fabelhaft! Ich hab grade Futter für ihn gesammelt, der frühe Vogel fängt den Wurm! Hach, mein Zazu wächst von Tag zu Tag. Inzwischen versucht mein Kleiner sogar schon zu fliegen! Ich bin ja so stolz auf ihn… Er wird meine Nachfolge sicherlich gut machen, aber bis dahin hat er ja noch Zeit. Aber danke der Nachfrage, Zira“, zwitscherte Zuzu gut gelaunt „Aber ihr habt nicht auf meine Frage geantwortet. Wohin geht es denn nun?“ „Ich wollte nur 'ne Kleinigkeit jagen… Und danach würde ich noch spazieren gehen, ich möchte heut einfach nur meine Ruhe haben“, meinte Zira und stupste Zuzu vorsichtig zu dem Baum zurück, wo sie ihr Nest hatte „Kümmere dich lieber wieder um deinen Kleinen, ich hör ihn schon nach dir piepsen.“, kicherte Zira unschuldig, schließlich sollte Zuzu keinen Verdacht schöpfen. „Oh, vielen Dank, du hast Recht! Ich seh mal lieber nach ihm. Eine gute Jagd wünsche ich!“ Zuzu verschwand auf einem Baum und Zira atmete erleichtert auf. Selten war sie so froh gewesen ihre Ruhe vor diesem Vogel zu haben, vor allem jetzt, wo sie eine wirklich wichtige Sache vor hatte, die am besten nie ans Tageslicht kommen sollte. Einige Zeit später hatte Zira, noch im Geweihten Land, eine Antilope erbeutet und als sie sich schließlich voll gefressen hatte, sah sie auf die schmählichen Überreste ihrer Beute. Im Grunde konnte man nur noch das Hinterbein fressen, doch da hatte Zira schon eine Idee. Sie würde es Scar geben, der würde sich bestimmt darüber freuen, immerhin war er nicht gerade der beste Jäger und über das gratis Frühstück würde er sich sicher freuen. Die Morgendämmerung zeichnete sich langsam am Horizont ab. Mit dem Futter im Maul trabte Zira leise zurück zum Königsfelsen und schlich mit eingezogenen Krallen in Scars Höhle. Sie wollte ihn erst Wecken, doch der friedliche Anblick von einem schlafenden Scar, lies ihr Herz plötzlich höher schlagen und zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. Langsam legte sie ihre Beute neben ihn, so dass er sie unter gar keinen Umständen übersehen könnte – Denn das würde sie ihm sogar zutrauen. Doch sie blieb noch für einen Moment stehen und sah zu ihm runter. Er schlief – Er war nicht bei Bewusstsein und jetzt würde er wohl alles mit sich machen lassen, denn Scar hatte einen sehr festen Schlaf, das wusste Zira von den vielen Malen in denen sie versucht hatte ihn während der Mittagszeit wach zu bekommen und ihn zu einem Ausflug mit den Anderen zu überreden, wobei sie jedoch jedes Mal gescheitert war. Und dann musste sie es einfach tun, sie konnte nicht widerstehen, wann hatte sie diese Chance schon? Sie ging in die Knie und leckte Scar sanft über die Stirn. Nur ganz kurz, aber sie tat es. Als sie das tat spürte wie sie Gänsehaut bekam, eine gewisse Wärme sich in ihr, wie eine Welle, breit machte und ein wohliges Kribbeln durch sie fuhr. Zira, jetzt komm mal wieder runter! Sie schüttelte sich und glättete ihr zu Berge stehendes Fell wieder. Was war verdammt nochmal los mit ihr? Himmel, sie hatte doch Probleme! Sie hatte einem Freund, der im Tiefschlaf lag, über die Stirn geleckt, kein Grund gleich auszuflippen, ja? Dennoch, ihr breites, erfülltes Grinsen blieb. Aber jetzt musste sie schleunigst weiter. Leise tippelte sie aus der Höhle und sobald sie draußen war, machte sie einige, kleine Luftsprünge, ehe sie davon rannte. Wann hatte sie sich je so verdammt glücklich gefühlt? Sie quiekte freudig auf und kam aus dem grinsen gar nicht mehr raus. Aber sie musste jetzt langsam wirklich Richtung Nordosten, dort lag nämlich ihr Ziel – Und das war noch weit weg. Seit einigen Stunden lief Zira nun schon ihren Weg, was in der schwachen Morgensonne halbwegs erträglich war. Doch dann sah sie sich verwundert um. Irgendwie kam es hier bekannt vor, aber wusste sie überhaupt wo genau sie hinmusste? Und plötzlich fiel es ihr wieder ein – Genau, jetzt erinnerte sie sich an den Weg. Sie war sich ihrer Sache ganz sicher, doch plötzlich stockte sie als sie ein Geräusch hörte. Es war ein komisches Geräusch, so was wie ein Brummen. Aber von keinem Tier, eher… Natürlich! Ein Auto! Jeder andere Löwe hätte einen großen Bogen darum gemacht, nicht Zira. Sie war mit diesem Ding vertraut. Sie ging in die Richtung aus der das Brummen kam, in der inständigen Hoffnung an das richtige gekommen zu sein und hätte beinahe vor Freude aufgeschrien, als sie tatsächlich Lindas silbernen Geländewagen in der Dunkelheit erkannte. Sie hatte inmitten der Savanne gehalten und schien mal wieder irgendwelche Tiere zu beobachten, denn Zira erkannte wie sie ein Fernglas in der Hand hatte, während sie irgendwas aufschrieb – Wissenschaftszeug halt… Zira konnte jedoch die Hunde nirgends erkennen. Ob sie zu Hause geblieben waren? Doch plötzlich hörte sie ein allzu bekanntes hecheln zwischen dem Gras heraus: Jerk! Sie wand sich um, drückte das Gras aus dem Weg und erkannte den Rüden in der Morgendämmerung, wie er eifrig damit beschäftigt war einen Erdmännchenbau aufzugraben. Und Zira konnte sich einfach nicht beherrschen. Sie sprang von hinten auf den völlig perplexen Hund und riss ihn wie Beute zu Boden. Jerk war darauf jedoch nicht vorbereitet und als er realisierte dass es sich bei der Gestalt auf ihm nicht um Chica handelte, sondern um einen Löwen, jaulte ängstlich auf und schnappte in seiner blinden Angst nach Zira, knurrte drohend und fletschte die Zähne. „Hey, ganz ruhig, ich bin’s nur!“, lachte Zira versöhnlich und sah dem Labrador freundschaftlich in die Augen. Wie lange hatte sie ihn jetzt nicht mehr gesehen? Es kam ihr vor wie Jahre, dabei waren es nur einige Wochen gewesen. „Z… Zira“ Verdutzt starrte Jerk sie an „Du bist es ja wirklich! Mensch bist du groß geworden! Und, was machen die Zähne?“ „So tödlich wie immer!“, kicherte sie und fletschte spielerisch die Zähne. Doch in diesem Moment wurde ihre Ruhe gestört, denn ein großes, pelziges Etwas kam laut kläffend in die Szene gesprungen. „Runter von meinem Kumpel!“, bellte sie wütend und knurrte laut. Noch ehe Zira sich zu erkennen geben konnte, stürzte die Hündin sich auf sie und begann Zira aggressiv in den Hals zu beißen. Im Affekt schlug Zira Chica die Pfoten ins Gesicht, vergrub ihre Hinterbeine in Chicas Bauch, versuchte mit aller Kraft die Hündin von sich runter zu bekommen, doch sie ließ nicht von ihr ab. Chica war zwar dünn, aber dennoch schwer und sehr groß! Die Beiden rollten einige Male ineinander verbissen über den Boden, ehe Jerk endlich dazwischen sprang und die Situation löste. „CHICA! Lass das, das ist Zira! HÖR AUF!“, schrie Jerk panisch und biss Chica aus lauter Hilflosigkeit in den Schwanz. Diese jaulte auf, sprang augenblicklich von Zira herunter und sah erst wütend zu Jerk, ehe ihr bewusst wurde, was dieser eigentlich gerade gesagt hatte. „Oh mein Gott, das tut mir so leid!“, jaulte sie schuldig und klemmte den Schwanz ein. „Ist schon okay… Ich bin zwar gestorben, aber ich hab’s überlebt!“, meinte Zira trocken und griff sich zittrig an den Hals. Puh, noch alles dran! „Oh Zira, komm her! Mein Gott, bist du gewachsen! Wie lange haben wir dich jetzt schon nicht gesehen?“ „Keine Ahnung… vier, fünf Wochen? Wenn überhaupt?“, grinste Zira und rieb liebevoll den Kopf an Chica. „Na, wie läufst? Hast du ein Rudel gefunden? Hast du schon Freunde? Gibt’s schon ein paar nette Löwen? Wie war dein erster Tag ganz allein da draußen? Oh warte, bevor du uns davon erzählst, lass uns Linda begrüßen!“, sprudelte es vorfreudig aus Chica heraus. Als sie am Wagen ankamen, war Linda noch immer zutiefst in ihre Wissenschaftlichen Arbeiten versunken. „Mann, die würde in diesem Zustand nicht mal bemerken wenn ich sterben würde…“, murmelte Jerk. „Na ja… Wenn ich wirklich ein gefährliches Raubtier gewesen wäre und dich getötet hätte, dann hätte sie es wirklich nicht bemerkt.“, korrigierte Zira ihn grinsend. Chica verdrehte seufzend die Augen, bellte und schlug mit der Pfote an die Türe des Autos. Linda sah auf und machte auf. „Na meine Süße, wa-“ Sie stockte als sie Zira sah, war einem Moment wie erstarrt, doch als sie die Ohrmarke erkannte, atmete sie auf. „Moment… große rotbraune Augen, dünner Körper, Aalstrich… Bist du’s Schätzchen?“ Lindas Augen leuchteten auf als sie sich diesmal ganz sicher war das es ‚ihre‘ Löwin war. Ihr Flaschenkind war also tatsächlich zurückgekommen! Sie stieg aus dem Wagen aus und hob ihr vorsichtig die Hand hin. Zira beschnüffelte sie kurz, dann rieb sie freundlich den Kopf an ihr und stellte sich auf die Hinterbeine. Sie stützte die Vorderpfoten an Linda auf und war nun mit dieser auf Augenhöhe. „Wow, bild' ich’s mir ein oder bist du gewachsen? Na dann meine Große, magst du Autofahren immer noch so sehr wir früher?“ Linda wusste dass sie es lassen sollte mit Tieren zu reden, aber es gehörte bei ihr irgendwie dazu. Linda stupste Zira langsam von sich runter und machte die Ladefläche ihres Jeeps auf. Die Hunde sprangen schon von allein rauf und nach kurzem Zögern folgte auch Zira. „So ist brav… Und dann wollen wir dich später mal ansehen…“, murmelte Linda. Als sie allesamt etwas später an Lindas Haus ankamen, ergriff Linda sofort ihre Chance und begann Zira erst mal zu vermessen, wiegen, fotografieren und etwas Blut wurde ihr auch abgenommen. Sie war das alles schon so gewohnt, dass es ihr nichts mehr ausmachte… Das, oder die Beruhigungstabletten, die Linda ihr vorhin in ein Stückchen Fleisch gelegt hatte, hatten gewirkt. Wohl eher Zweiteres. Als das alles vorbei war, setzte Zira sich endlich zu den Hunden auf die Veranda und sah sie vielsagend an. „Ihr werdet NIE erraten was mir alles passiert ist!“, begann sie mit einem verschlagenen Grinsen. „Erzähl’s uns!“, sagten sie gleichzeitig. Natürlich waren sie neugierig was ihr alles passiert war. Und Zira begann in allen Kleinigkeiten zu erzählen. Sie erzählte alles genauestens detailliert; Von den Hyänen, dem Elefantenfriedhof, Scar, ihren neuen Freundinnen, dem Rudel – Einfach alles. „… Und was sagt ihr? Ist das nicht alles voll krass?!“, fragte Zira als sie endlich fertig war. Jerk, der das Maul noch voller Hundekuchen hatte, nickte bestätigend. Chica hingegen sah mit ihrer gewohnten Lässigkeit in die Runde. „Ja, das ist wirklich ‚voll krass‘. Und, also… ich will dir mal was sagen: Wir sind stolz auf dich. Du hast dir so viele Freunde gemacht und hast dich nicht von diesen dummen Vorurteilen fertig machen lassen… Ja, das find ich gut.“ „Und ihr findet meine neuen Freunde nicht irgendwie… Keine Ahnung… Einen Schlechten Umgang?“, fragte Zira unsicher. Diesmal meldete sich Jerk zu Wort: „Nein, nicht wirklich… Sie sind zwar nicht wie alle Anderen, aber ich mag das. ‚Sei anders‘ lautet die Devise, schau mich schließlich an.“ Er lachte, dann fraß er noch einen Hundekuchen. „Süße, ich will das du eines weißt…“ Chica klang mit einem Mal sehr ernst „… Egal was für Freunde du hast, egal was du tust: Wir werden es immer auf neutraler Ebene sehen. Du kannst immer zu uns kommen, aber erwarte nicht dass wir uns auf eine Seite schlagen. Wir werden die Dinge immer ganz neutral sehen.“ Zira sah etwas verwirrt zu Chica, dann zuckte sie nur grinsend die Schultern. „Ich bitte dich: Als ob ich jemals in einen ernsthaften, Kriegsähnlichen Kampf oder so verwickelt sein werde“, lachte sie und schnüffelte an einem Hundekuchen „Bekomm ich einen?“ Chica nickte und machte sich auf der Veranda lang. „Na dann, lasst uns den Mittag durchschlafen, während Linda wieder Schuften muss, ich bin todmüde und die Hitze ist ein Graus.“ Kapitel 21: Geheime Treffen --------------------------- „He… he Zira… Zira… Zira!“, sagte eine Stimme, doch Zira reagierte nicht. „Steh endlich auf, du faules Stück!“, schrie ihr plötzlich Jemand ins Ohr. Augenblicklich sprang Zira auf und sah sich völlig desorientiert um. Sie war nicht am Königsfelsen. Wo dann? Ach ja, genau, die Hunde! „Siehst du, ich sagte doch schrei ihr ins Ohr, anstatt sie nur an zu stupsen.“, sagte Chica mit einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht und schüttelte elegant das Fell auf. „Geht klar Prinzessin…“, murrte Jerk und sprang auf. „Was sollte DAS denn?!“, knurrte Zira wütend und baute sich vor Chica auf. „Wow, bist du gewachsen. Bist ja schon so groß wie ich.“, meinte Chica. Man konnte nicht genau wissen ob sie es ernst meinte oder nur rein ironisch, aber es stimmte dass Zira schon recht groß war für ihr Alter. „Ach, sei ruhig“, meinte nun auch Jerk genervt „Aber hey, Zira, wollen wir spielen?“ Zira ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Im Rudel fanden die anderen Junglöwen das Spielen inzwischen viel zu ‚uncool‘ und Zira traute sich schon gar nicht mehr nachzufragen. Umso mehr genoss sie diese Gelegenheit, die sich ihr nun bot. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren und mit einem breiten Grinsen im Gesicht, stürzte Zira sich auf Jerk und rollte mit ihm zusammen über den Boden und wirbelten dabei eine Menge Staub und Dreck auf. Diese Gegend hier war nicht so feucht und lebensfreundlich wie das Geweihte Land und die Tatsache dass die Trockenzeit gerade zu Ende ging, verbesserte die Situation auch nicht unbedingt. Aber bald würde es wieder etwas regnen, hatte zumindest Chica gemeint. Die saß nur in ihrer gewohnten Eleganz und Ruhe da und sah mit einer gewissen Verachtung zu ihren beiden Freunden. Sie war nie der Typ von Hund gewesen, der den ganzen Tag spielen wollte und sich gern dreckig machte. Sie rannte lieber und riss auch manchmal die eine oder andere Antilope, immerhin war sie ein Jagdhund, aber niemals würde sie sich auf das Niveau von Jerk heruntergeben und spielen. Ihrer Meinung nach war spielen nur was für Welpen und kindische Schwachmaten… So wie Jerk. Und abgesehen davon hatte er ja Linda zum Spielen! Also war Chica für so was vöööllig überflüssig! Spielen war doch sowieso nur doof, kein erwachsener Hund brauchte es, doch Jerk schien das entweder nicht begreifen zu können oder zu wollen – Wohl letzteres. „Hey Chica, du olle Spaßbremse, schmeiß dich doch auch mal dazu!“, rief Zira mit einem begeisterten Glitzern in den Augen. „Vergiss es! Dabei werd ich dreckig, mein Fell verfilzt und abgesehen davon…“ „Jaja, immer dasselbe mit dir!“, murrte Zira und wand sich wieder Jerk zu und rollte mit ihm weiterhin über den Boden. „Also Zira, dafür dass man dir Beruhigungsmittel eingedröhnt hat, bist du wieder erstaunlich fit.“ „Was?“, hakte Zira nach. Was für’n Zeug? „Ach nichts.“, wand Chica ab und seufzte. Sie wollte ja nicht fies sein, aber man konnte sie einfach nicht ändern! Ganz egal was für miese Angewohnheiten und Charaktereigenschaften sie hatte, egal wie unausstehlich sie sein konnte, sie würde sich nie ändern können. Dafür war es zu spät. Und warum hieß es eigentlich ‚Charakter’eigenschaften? Gerade deswegen: Weil es nun mal zu ihrem Charakter gehörte, das waren Dinge die sie von ihrer Geburt an an sich hatte – Und wer weiß, vielleicht galt dasselbe auch für Scar? Die Hündin seufzte, dann sprang sie auf und trottete zu ihrem Frauchen, die am anderen Ende der Veranda saß und immer ein wachsames Auge auf Zira hatte. Zira war eigentlich ein eher… nebensächlich. Sie hatte keinen wissenschaftlichen Nutzen für Linda, aber Linda mochte sie einfach nur als… nennen wir es ‚Haustier‘. Sie liebte diese Löwin weil sie sie aufgezogen hatte, sie hatte ihr zugesehen wie sie erwachsen wurde, sie hatte ihr alles Wichtige beigebracht. Natürlich war es gewissermaßen klasse zu sehen, dass Zira zurückgekommen war, aber eigentlich, tief in ihrem Innern, da hatte Linda wirklich gehofft dass Zira nie wieder zurückkommen würde, dass sie verwildert wäre, eine Scheu vor den Menschen hätte – dem schien nicht wirklich so. Was wenn die ganze Sache nach hinten losgegangen war? Egal! Zira war kein Teil ihrer Arbeiten, sie war einfach nur eine süße Löwin die Linda vor dem sicheren Tod bewahrt hatte und nun war sie grade dabei ein paar Dinge auf ihrem Laptop einzutippen – Konzentration nun! Zu früh gefreut. „Hey Frauchen!“, bellte Chica freudig du kam auf sie zugetrabt. „Na meine Große? Hunger“, fragte Linda grinsend und kraulte Chica am Kopf „Oh Mädchen. Wenn unsere kleine Löwin mal groß wird, wird’s gefährlich, oder? Noch kann ich sie in meiner Gegenwart dulden, aber sie ist schon hart an der Grenze, weißt du?“ Ein Schatten huschte über Lindas Gesicht und Chica blickte sie verwundert an. Der plötzliche Ernst der von ihr ausging war ihr ziemlich neu. „Und weißt du was mich am meisten traurig macht, Chica“, fuhr Linda nun fort „Wir müssen bald gehen, in einem Jahr sind die Forschungen offiziell abgeschlossen. Dann geht’s wieder nach Hause.“ Chica hob ein Ohr, dann schien sie zu verstehen. Sie würden gehen müssen. Zurück nach England. Seltsam… England. Dieses Land kam Chica so fremd vor. Dabei hatte sie zusammen mit Jerk und Linda dort ihre ersten Lebensjahre verbrach, in einem kleinen Haus am Stadtrand Londons. Seltsam war‘s schon – Wie weit weg jemandem die eigene Heimat vorkommen konnte. Ob Linda auch so dachte? „Hey Süße, hast du nun Hunger oder nicht?“, riss Linda Chica aus ihren Gedanken und klopfte sich animierend auf die Schenkel. Mit einem kurzen Blick zu ihrem Frauchen bellte Chica auf und folgte ihr ins Haus – Sie hatte tatsächlich Hunger und das nicht zu wenig! „Hey, halt mal kurz!“, rief Jerk und befreite sich aus Ziras Biss. „Was ist, hast du schon wieder vergessen deine Pillen gegen Dummheit zu nehmen oder was soll sein“, fragte Zira sarkastisch „Obwohl die ja wie’s aussieht eh nichts bringen…“ Jerk seufzte genervt. Warum musste man sich eigentlich immer über ihn lustig machen? „Nein, aber meine innere Uhr sagte mir was von Futter. Würde dir auch gut tun, ich mein schau dich doch nur mal an.“ „Ja klar, mach dich nur über meine hervorstehenden Hüftknochen lustig, aber du…“ Zira stockte und sie glaubte ihr würde das Herz in die Hose rutschen „Ähm, Jerk, wann gab’s bei uns immer Futter?“ „Ja… jetzt. Warum?“ „Was haben wir jetzt denn?“, fragte Zira zittrig. Sie hatte da so einen furchtbaren verdacht in sich, der sie einfach nicht mehr losließ. „Keine Ahnung, ich frag mal unsere alleswissende Blondi“ Jerk rief nach Chica, die sich jedoch nicht die Mühe machte das Haus zu verlassen, sondern nur ein lautes ‚Was‘ von sich gab „Wie spät ist es?“ „Muss jetzt Mittag sein, es gibt Futter und es ist hell.“, kam es als Antwort. „Oh nein!“, rief Zira aus. „Sie sagt es ist Mittag.“, meinte Jerk „Das hab ich selber gehört, du Idiot“, zischte Zira ihn gehässig an „Die Sonne! Verdammt, ich bin spät dran! Sag Chica ein ‚tschüss’ von mir, ich muss jetzt los!“, rief Zira aus. „Aber wir haben doch erst Mittag, du warst gar nicht lange bei uns.“, wand Jerk enttäuscht ein. „Hey, es tut mir Leid, aber ich brauch sicher zwei, drei Stunden, vielleicht auch länger, um wieder ins Geweihte Land zu kommen, ja? Ich muss zudem ein ganz kleines Stückchen vom Elefantenfriedhof überqueren und ich muss noch durch den Fluss um euren Geruch loszuwerden, sonst bringen die mich dort alle gleich um, ja?“ „Äh… Okay… Man sieht sich, ja?“ „Jaja, ich wird wieder kommen, aber jetzt muss ich weg! Mach’s gut!“, verabschiedete Zira sich eilig von ihm und rannte so schnell ihre Pfoten sie nur tragen konnten. Durch die Mittagshitze, durch ein sowieso bereits sehr trockenes Gebiet zu rennen war nicht gerade das angenehmste, was Zira sich vorstellen konnte. Es war knallheiß und sie hätte alles dafür gegeben sich einfach nur hinlegen zu können, doch sie durfte jetzt nicht Pause machen, sie war schin viel zu spät dran. Zwar gönnte sie sich selbst hin und wieder mal eine ‚Pause‘, wenn sie kurz davor war umzukippen, doch das waren nicht mehr als fünf Minuten langsames Gehen. Als der Königsfelsen schließlich, nach ein paar Stunden, endlich in Sicht kam, war Zira bereits völlig K.O und war mit Sicherheit noch sie so froh darüber gewesen bis zum Bauch in einem Fluss zu stehen. Ihr war so heiß dass sie, egal wie sehr sie es eigentlich hasste, den ganzen Kopf in den Fluss tunkte und diese Abkühlung einfach nur in vollen Zögen genoss. Als sie schließlich etwas abgekühlt war und ihre Atmung nicht mehr so angestrengt war, lief sie langsam aus dem Fluss und schüttelte sich das Fell trocken, immerhin hasste sie Wasser ja eigentlich. „Nanu, wo warst du denn den ganzen Tag? Ich hab nach dir gesucht!“ Zira sah auf und blickte verwirrt zu Scar, der wie aus dem nichts hinter einigen hoch gewachsenen Büschen aufgetaucht war und sie nun bestimmt ebenso verwirrt ansah. „Du… äh… du hast nach mir gesucht?“, stellte sie verwirrt fest. Warum hatte Scar denn nach ihr gesucht? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn, was redete er da? Warum sollte er, als Prinz, nach ihr suchen? Er hätte genauso gut auch Zuzu nach Zira suchen lassen können, wo war der Unterschied? Zudem wäre das für ihn viel einfacher gewesen. „Ja, hab ich und jetzt sag wo du warst.“, forderte Scar herrisch. „Ich… ähm… heute Morgen hab ich dir Frühstück dagelassen. Hast du’s gefressen?“, versuchte Zira nervös vom Thema abzulenken. „Ah, dann warst du das also, wusste ich’s doch. Und ja, ich hab’s gefressen. Und jetzt hör doch auf meiner Frage auszuweichen und sag mir wo du den ganzen Tag warst!“ „Ich ähm… war… weg.“ Plötzlich sah Scar verärgert, fast schon wütend aus. „Triffst du dich etwa mit einem anderen Löwen?“, knurrte er gereizt. Wenn Zira genau hingesehen hätte, hätte sie für einen kurzen Moment Scars enttäuschtes, fast schon verletztes Gesicht bemerkt, als er sich seine kleine Theorie zusammengereimt hatte. „So ein Blödsinn! Schau mich mal an, wer will mich schon!? Ich war ein bisschen die Gegend durchkämmen und hab dabei die Zeit vergessen! Frag Zuzu, die hat mich heute Morgen getroffen, die kann es dir nur bestätigen!“, zischte Zira genervt und lief hoch erhobenem Hauptes an Scar vorbei und ließ ihn einfach stehen, egal wie wütend er war. Für wen hielt er sich, dass er hier wild irgendwelche Dinge erfinden konnte? Und dann noch diese bekloppte Theorie – Sie und ein anderer Löwe! Als ob sich jemals Einer für sie interessieren würde! Mufasa war nicht ihr Typ, ansonsten kannte sie keine anderen Löwen in ihrem Alter und Scar… War eben Scar. Ein Freund. Nur ein Freund. Zumindest zwang Zira sich das zu glauben. Als sie am Königsfelsen ankam, unterlief sie ihn eilig, wurde jedoch schon erwartet. „Hey Zira, wo warst du den ganzen Tag?“, fragte Sarabi, als sie Zira kommen sah. „Ja und warum warst du schon so früh weg? Du warst vor allen anderen wach, hast du hier etwa Geheimnisse vor uns?“, fragte Sarafina nun neugierig. „Sag mal, bin ich hier vor Gericht? Muss ich das jetzt echt Jedem sagen? Ich hab die Gegend durchstreift! Nichts Besonderes!“, murrte Zira gereizt. „Warum reagierst du denn gleich so über?“, wollte Sarabi nun wissen. „Ich reagiere NICHT über.“, zischte Zira mit zusammengebissenen Zähnen und versuchte ruhig zu bleiben. Sie ließ sich stattdessen auf einen Felsen fallen und wollte grade ein Nickerchen machen, als sie Ahadi ankommen sah. „Zira, wo…“ Doch noch bevor dieser noch irgendwas sagen konnte, rief Zira sofort, so dass es alle hören konnten: „Ich war die Gegend durchstreifen, da mir gerade danach war und habe mich mit Niemanden getroffen, da ich Niemanden sonst kenne!“ Ahadi verzog eine Braue. Zuzu saß jedoch auf seiner Schulter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. „Wirklich“, fragte Ahadi an Zuzu gewandt, die bestätigend nickte „Also gut Zira, ich glaube dir. Danke übrigens das du meinem Sohn Futter beschafft hast.“ Zira spürte wie sie rot wurde… und war ihrem Fell mehr als dankbar dass es da war. „Was? Vater, Zira hat nie für mich gejagt.“, wand Mufasa sofort ein. „Wir reden auch nicht von dir.“ Mit diesen Worten drehte Ahadi um. „Du hast für Scar gejagt?“, fragte Sarabi und trabte auf ihre Freundin zu. „Ja Sarabi, das hab ich getan, glaub es oder nicht!“, meinte Zira mit reichlich Sarkasmus in der Stimme. „Aber… Warum? Er ist unausstehlich.“ In diesem Moment kam dummerweise Scar um die Ecke gelaufen. Er hatte die letzten Teile des Gesprächs gehört und schüttelte wütend die kurze Mähne zurück. „Vielen Dank auch Sarabi!“, murrte er giftig und starrte böse zu der Löwin, die schuldbewusst den Blick von ihm abwand. „Zira, nun sag schon, warum der? Niemand kann ihn leiden, warum du?“, quengelte Sarafina, die sich zu ihnen gesellt hatte. „Weil ich noch Beute übrig hatte und sie liegen zu lassen Verschwendung sei und Taka doch sowieso das wenigste Futter abbekommt, DESSHALB!“, fuhr Zira sie an und erhob sich wütend. Zira wurde immer angespannter. Es war einfach zu viel für sie! Momentan hatte sie einfach keine Lust auf nervige Fragen, ihr wurde das alles langsam zu bunt! Sie fühlte sich total bedrängt! Erst recht als Scar etwas näher kam und Zira aus seinen giftgrünen Augen anstarrte, als wolle er auf diese Art eine Antwort aus Zira ‚rausstarren’, denn er wusste genau dass Zira gelogen hatte. Sie war nicht nur durch die Gegend geschlichen. Denn ‚nur’ vom Schleichen, bekam man keine angebissenen Hälse. Ihm waren die Bissstellen an ihrem Hals sofort aufgefallen, ihm wäre jede kleinste Veränderung an ihrem Körper aufgefallen. Was er nicht wusste war, dass die Bisse von Chica kamen, als sie dachte dass Zira ein gefährliches Raubtier wäre, das Jerk anfallen würde. „Ey, nur weil ich in einem Rudel lebe, heißt das nicht, das ich jedem alles erzählen muss! Kann man hier eigentlich keine Geheimnisse mehr haben?“, fauchte sie und sprang eilig davon. „He, wohin gehst du?“, rief Scar verwirrt. „Zur Hölle!“, rief Zira ihm sarkastisch zu und lief so schnell sie konnte zu ihrer Lieblingsstelle, dem kleinen Teich hinter dem Königsfelsen. Hier hatte sie noch ihre Ruhe, hier war sie für kurze Zeit ungestört. Doch ehe Zira sich versehen würde, würde schon das nächste Problem auf sie lauern. Kapitel 22: Gerüchte und Eifersüchteleien ----------------------------------------- In den darauffolgenden ein, zwei Wochen, wiederholte sich das Spiel fast jeden Tag immer wieder aufs Neue. Schon früh morgens ging Zira ‚jagen‘, besuchte danach die Hunde und ging gegen Mittag zurück zum Königsfelsen. Sehr zum Leidwesen von Scar. Der hatte immer mehr das Gefühl das Zira sich mit jemandem traf und irgendwie fehlten ihm diese kurzen, kleinen Gespräche mit Zira. Sie war immerhin die einzige, die ihn zu mögen schien und irgendwie war das… tröstend. Und wenn Zira dann mal da war, dann war sie völlig übermüdet und schlief die ganze Zeit nur um am nächsten Morgen wieder fit zu sein. Doch nicht nur Scar kam Ziras Verhalten seltsam vor, auch Sarabi, Sarafina und Mufasa dachten so – Was ihnen jede Menge Stoff für die neusten Gerüchte gab. Innerhalb von ein paar Tagen wusste das ganze Rudel von Ziras morgendlichen Ausflügen. Doch, mal ganz abgesehen von Scar, gefiel es insbesondere einem ganz und gar nicht: Ahadi. Er hatte Zira von Anfang an nicht gemocht. Und so war es ihm umso suspekter, dass sie jeden Morgen für eine ganz bestimmte Zeit wegging. Er würde schon noch herausfinden was mit ihr los war, ganz sicher. „Hey Zira, warst du wieder bei deinem Geliebten?“, begrüßte Sarabi sie, als sie grade wieder von einem ihrer Besuche zurückkam. Sarafina saß neben Sarabi und musste amüsiert kichern, als sie Ziras genervtes Gesicht sah. Zira seufzte und sah mit einem vernichtenden Blick zu ihren Freundinnen. „Vielleicht versteht ihr mich nicht allzu gut, aber ich habe keinen Geliebten und ich treffe mich auch mit Niemandem.“, knurrte sie. Stimmte ja auch! Sie hatte nur ein riesiges Geheimnis, von dem Niemand was wissen durfte, weil man sie sonst wahrscheinlich verbannen würde… Oder schlimmeres. Und abgesehen davon, war sie heute gar nicht NUR bei den Hunden gewesen! Sie hatte auch noch schnell einen Abstecher zu den Hyänen gemacht, ihnen Futter gebracht und war erst danach zu den Hunden gegangen. „Ja klar! Und wegen nix bist du den ganzen Tag weg!“, lachte Sarabi. Scar, der einige Meter neben den Junglöwinnen, im Schatten eines Baumes lag, hörte dem ganzen Gespräch mit halb geschlossenen Augen zu. Doch innerlich wurde er gelb vor Neid! Er war mit den Anderen selten einer Meinung, eigentlich so gut wie nie, aber wenn es um Zira ging, so war auch er sich sicher dass sie was am Laufen hatte – Und zwar mit irgendeinem Junglöwen! Und er würde herausfinden mit wem. „Ey, ihr und eure Verschwörungstheorien, da wird einem echt nie langweilig“, meinte Zira seufzend und warf Sarabi einen vernichtenden Blick zu „Und nur zur allgemeinen Information: DU Sarabi bist doch schon seit 'ner Ewigkeit in Mufasa verliebt und ich glaub das weiß er auch! Eigentlich weiß es doch sowieso schon Jeder, aber ihr gesteht es euch einfach nicht ein. Vor was hast du Angst? Mehr als ‚nein‘ sagen kann er nicht, oder?“ Sagt genau die Richtige... dachte Zira sich, vertrieb den Gedanken an Scar jedoch schnell wieder. Sarabi legte die Ohren an und sah beschämt zu Boden. Wie Recht Zira doch hatte… leider. Sarabi sah etwas verlegen zu Zira, dann warf sie jedoch den Kopf zu Seite und murrte unbeeindruckt: „Träum weiter!“ Sarafina lachte jedoch amüsiert. Selten sah man Sarabi so verlegen dreinblicken und das würde sie jetzt auch auf’s vollste austreten. „Klar! Aber da bin ich mit Zira einer Meinung, du und Mufasa…“ Sarafina grinste fies und legte sich gegen Sarabis Rücken „Mann, bist du heute so schön weich und kuschelig! Aber ich glaube noch besser schläft‘s sich‘s doch auf Mufasa Mähne…“ „Ey, jetzt hör mal auf!“, knurrte Sarabi gereizt und schubste Sarafina jedoch nicht von sich runter. „Ach, und zu wer reißt die meisten Löwen im Umkreis von zehn Kilometern auf?“, fauchte Zira nun gehässig. Oh ja, auch Sarafina würde ihr Fett weg kriegen, das war klar. „SARAFINA!“, trällerten Sarabi und Zira gleichzeitig und lachten schadenfroh. Sarafina blickte nur beleidigt drein, doch sie erwiderte nichts, da sie genau wusste dass es doch sowieso nichts bringen würde sich jetzt noch zu streiten. „So, genug über den jeweils anderen hergezogen, ich geh 'ne Runde schlafen.“, verabschiedete Zira sich nun und schleppte sich müde in die Schlafhöhle. Doch dort wartete bereits die nächste Nervensäge auf sie. „Ach, hallo Zira, schon müde“, begrüßte Scar sie „Na, hattest du Spaß?“, fragte er, jedoch nicht ohne einen gewissen, gehässigen Unterton in der Stimme. Einen Moment wollte Zira ihn wütend anfauchen und ihn zur Schnecke machen, doch dann atmete sie tief durch und sah Scar ernst an. „Scar…“ Sie kam etwas näher „Ich war heute Morgen bei den Hyänen… Ich hab ihnen was gejagt, du kannst Shenzi gerne fragen.“ „Hab ich schon. Du warst aber nicht den ganzen Tag dort, sie sagte mir du seist gleich danach wieder gegangen, du hättest noch was vor… Komm schon Zira, sag mir doch mal wenigstens mit wem du dich triffst.“ „Wie oft noch? Ich steh nun mal darauf allein durch die Gegend zu laufen, ist das verboten?“, fuhr Zira ihn an. „Aber warum bist du immer so früh weg? Willst du nicht dass dir jemand folgt?“ „Sag mal, bist du etwa irgendwie eifersüchtig oder was ist mit dir nur los? Sonst machst du dir doch nie Gedanken um Irgendwen und kaum bin ich mal ein paar Stunden weg…“ „Ich bin nicht eifersüchtig, nur Neugierig!“, unterbrach Scar sie. „Seit wann das?! Du scherst dich doch ‘nen Dreck um Andere!“ „Nun mal halblang, ja? Weißt du eigentlich wie gefährlich das für dich ist, wenn du dich außerhalb des Geweihten Lands mit irgendwelchen Junglöwen triffst? Zira, da wäre niemand der dir helfen könnte wenn der Typ dich angreifen würde oder meinst du etwa ich hab die Bissspuren, die du vor ein paar Wochen am Hals hattest, nicht gesehen?!“, sprudelte es aus Scar. Zira sah ihn verdutzt an, sammelte sich dann aber wieder und knurrte wütend. „Das ist alles meine Angelegenheit! Und die Bisse waren nicht mal von einem Löwen, sondern von ‘nem Wildhund! Ich hab seine Jungen erschreckt und darauf hat die Hündin mich dann angegriffen, nur um das mal klarzustellen!“, log Zira knurrend. „Zira! Es ist nur seltsam, verstehst du?“, fuhr Scar fort. „Ja klar, sagt der Löwe, der von morgens bis abends bei den Hyänen rumlungert und sich ‘nen Dreck darum schert ob seine Mutter sich Sorgen um ihn macht oder nicht! Gute Nacht Scar.“, fauchte Zira gehässig, wand ihm schnell den Rücken zu und ließ ihn einfach völlig entrüstet im Höhleneingang stehen. Am Abend, die Dämmerung setzte bereits ein und Zira hatte sich mehr oder weniger ausgeschlafen, entschlossen Sarabi, Sarafina und Zira zu dritt auf die Jagd zu gehen. Sie erbeuteten ein Gnu und als sie zu Ende gefressen hatten, hatte Sarabi plötzlich einen Einfall. „Hey, wollen wir das ‚Was-wäre-wenn-Spiel‘ spielen?“, fragte sie. „Au ja! Das haben wir das letzte Mal gespielt, als wir noch Junge waren!“, stimmte Sarafina begeistert zu. „Hä? Was ist das, wie geht das?“, fragte Zira jedoch. „Ach ganz einfach“ Sarabi legte sich auf den Rücken ins Gras „Wir liegen hier einfach nur rum, starren in die Sterne und fragen uns ‚Was-wäre-wenn…‘-Dinge. So geht das Spiel. Pass auf, ich und Sarafina fangen einfach an, dann verstehst du wie’s geht.“ Zira und Sarafina legten sich zu Sarabi und so starrten die drei Junglöwinnen, in das Gras gekuschelt, in die Sterne. „Also… Sarabi… Was wäre wenn deine Mutter entscheiden würde, das Rudel zu verlassen?“ „Hm… Ich würde mitkommen. Ich liebe sie einfach viel zu sehr. Auch wenn es mir schwer fallen würde. So… Sarafina, was wäre wenn du plötzlich trächtig wärst?“ Sarafina atmete gespielt geschockt auf und legte theatralisch eine Pfote auf die Stirn. „Also erstens lasse ich es so weit nie kommen und zweitens wäre da natürlich schrecklich! Meine Figur wäre dahin!“ Sie lachte „Ich bin sowieso zu jung dafür. Aber falls es dich interessiert: Falls das Balg eine Löwin wäre, würde ich sie Nala nennen und wenn sie ein Männchen wäre Mheetu. Na ja, hoffen wir dass es nie so weit kommen wird! So, zu dir Zira“ Sarabi legte nachdenklich die Pfote ans Kinn „Was wäre wenn… Du ein riesiges Stück Fleisch in der Savanne sehen würdest? Würdest du es mit uns teilen?“ Zira grinste verschlagen. „Natürlich nicht! Mit diesem Stück Fleisch wären alle meine Probleme augenblicklich gelöst! Ich müsste nie wieder jagen gehen, ist doch genial.“ „Du bist so selbstsüchtig!“, lachte Sarabi. Die drei Löwinnen setzten ihr Spiel fort, als gerade, hinter einigen Büschen versteckt, Scar und Mufasa auftauchten. Uru hatte die beiden Brüder zum gemeinsamen jagen verdonnert, damit sie endlich mal etwas Teamgeist zeigten. „Hey Scar, hör dir das an… Die reden über solchen Löwinnenkram.“, flüsterte Mufasa grinsend. „Was interessiert mich das? Bin ich eine Löwin? Das ist doch voll das Babyspiel, was die da machen und völlig unreif“, knurrte Scar desinteressiert „Einfach erbärmlich.“ Mufasa seufzte und wollte grade gehen, als er plötzlich etwas hörte, was sein Interesse weckte. „Hey, Scar! Die sprechen über mich.“, meinte Mufasa neugierig und spitzte die Ohren. „War ja klar! Du bist ja unsere Nummer eins, wer sonst?“, knurrte Scar bissig. „Nein, so meinte ich das nicht! Hey, komm mal, die reden über dich.“ Scar rollte genervt mit den Augen. „Ach komm schon! Ich weiß genau was sie über mich denken, man muss mich nicht ständig daran erinnern…“ Obwohl Scar nur zu gerne kein Interesse gezeigt hätte, so nagte doch die Neugierde an ihm „Was…sagen sie denn?“ „Psssst“, zischte Mufasa „Ich versteh Zira nicht…“, wand er ab, ohne seinem Bruder wirklich zugehört zu haben. Scars Ohren stellten sich bei Ziras Namen auf. Er konnte sich einfach nicht zurückhalten, so desinteressiert er auch tat, auf Ziras Meinung war er irgendwie doch gespannt! „… Ach Zira, diese Frage bekommst du zurück! Also selbe Frage an dich: Was wäre wenn du in Scar verliebt wärst?“ Das war Sarabis Stimme. Die beiden Brüder spitzten angestrengt die Ohren. Insbesondere Scar war fast so angespannt wie vor einer Jagd. „Ähm… Mal nachdenken….“ Zira tat gespielt hilflos „Ich… würde, wenn ich in ihn verliebt wäre…“ Ja… gute Frage. Was würde Zira tun? Sie war doch schon verliebt. Als müsste die Frage eher heißen: Was TUE ich? Genau… Was tat Zira eigentlich die ganze Zeit? Sie verdrängte. Sie verdrängte das Wort Liebe aus ihrem Kopf, es war doch nur eine Phase. „Hey, Zira, wir warten! Also was würdest du tun?“, riss Sarafina sie aus ihren Gedanken. „Ich würde auf eine armselige Art und Weiße alles verdrängen. Wahrscheinlich würde ich es nie schaffen ihn auf mich aufmerksam zu machen. Und selbst wenn… Er würde mich auslachen! Ich meine… Er hat was Besseres verdient.“ „Oh Gott Zira, was redest du da? Scar hat dich nicht ansatzweise verdient mach dir das bitte klar!“, kicherte Sarabi. Oh Gott! Hatte Zira das geradeeben tatsächlich laut gesagt? Ja – Zumindest laut genug, damit Scar es hörte. Er sah überrascht zu seinem Bruder. „Sag mal Scar, würdest du sie wirklich auslachen?“, fragte Mufasa. Eigentlich interessierte es ihn nicht sonderlich und er vermutete auch nicht im Geringsten, dass Zira sich wirklich in Scar verliebt hatte. „W...was?! Ähm, ich, sie auslachen…äh, äh… nein, ich… Ach was, ich würde… ist doch egal! Keine Ahnung was ich tun würde! Mann, wen interessiert das schon? Komm jetzt, ich will endlich was zu fressen jagen!“, stotterte Scar und trabte augenblicklich weg. Verwundert sah Mufasa ihm hinterher. „Teenager… Zum Glück bin ich so gut wie aus der Zeit raus…“, murmele er und folgte Scar. Auch wenn er seinen Auftritt grade eben etwas… übertrieben fand. „Ach Leute… Ich bin müde… Lasst uns schlafen gehen…“, gähnte Sarabi irgendwann. „Also gut… Zira muss morgen sowieso wieder früh raus um sich mit ihrem Schatzi zu treffen!“ Sarafina machte gewisse ‚Geräusche‘ und wackelte mit ihrem Becken, woraufhin sie und Sarabi einer Lachattacke verfielen und sich amüsiert auf dem Boden umherrollten, während Zira vor Scham im Erdboden versinken wollte. „Du bist ja so doof! Hoffentlich hat das außer uns keiner gesehen.“, knurrte sie und schlug ihrer Freundin gegen den Hinterkopf. „Jaja, beruhig dich! Aber Sarabi hat Recht, es ist spät. Lasst uns schlafen.“, kicherte Sarafina und so liefen die drei Freundinnen zurück zur Höhle. Kapitel 23: Ich hab euch lieb ----------------------------- Einige Tage später stand Zira wieder vor allen Anderen auf – Wie immer. Sie lief ihre übliche Rute wie gewohnt ab und als sie bei den Hunden ankam, redeten sie wieder alle miteinander, machten Witzchen, lachten – Wie immer. Chica erzählte wieder eine kleine Geschichte über Ziras Kindheit, zum Beispiel wie sie als Junges mal das CD-Regal ausgeräumt hatte – Wie immer – und Zira musste kichern. „Mann, war ich ein bescheuertes Junges.“, lachte sie. Eigentlich begann dieser Tag wie jeder andere auch, alles schien völlig normal, es war wie immer… Noch. Doch Zira würde schon noch sehen wie das, was als alltäglich begann, sich zu einem regelrechten Albtraum entwickeln würde. „Sag mal… Zira, erinnerst du dich eigentlich noch an deine Familie?“, fragte Chica irgendwann ungewohnt ernst. Schwer kamen die Worte aus dem Maul der Hündin. Zira horchte auf. Was sollte diese Frage? Natürlich! Sie würde ihre Mutter nie vergessen! Sogar an ihre Brüder erinnerte sie sich, wenn auch all dieser Erinnerung immer mehr verblasste und Zira irgendwie sogar schon Angst hatte es irgendwann ganz zu vergessen. Sie versuchte sich ja so gut wie nur möglich zu erinnern, doch es verblasste einfach, obwohl Zira das nicht wollte… Sie WOLLTE ihre Familie ja in Erinnerung behalten. „Ähm… Aber natürlich… Wisst ihr… Meine Erinnerung an das alles ist folgendermaßen: Erst mal weiß ich gar nichts. Dann kommen ein paar verschwommene Erinnerungen an meine Familie… Mittendrin wiederum ganz klare Bilder, was wir mal gespielt haben… Und dann… Der Tag an dem sie alle starben, das weiß ich noch ganz genau... leider. Und ich werde diesen Tag auch nie vergessen. Er hat sich bei mir eingebrannt. Na ja… Und an alles was danach kam kann ich mich auch noch verschwommen erinnern.“, antwortete Zira schließlich. „Ach so… Ich wollte es nur so wissen.“, meinte Chica beiläufig. Die Stimmung war ein bisschen Niedergeschlagen, aber für solche Fälle gab es ja Jerk. Er rettete selbst die noch so angespannteste Situation. „Hey Leute, wollen wir vielleicht Fangen spielen?“, fragte er enthusiastisch. „Willst du mich auf den Arm nehmen? Ich gewinn doch sowieso!“, lachte die Chica. „Dann renn halt fünf Runden ums Haus, danach sind wir mit dir etwa gleichauf.“, meinte Jerk genervt, verdrehte die Augen und seufzte. „Also ich mach gerne mit.“, meldete Zira sich nun zu Wort und erhob sich. Lang war es her dass sie fangen gespielt hatten, es war immer so heiß gewesen, aber, da war Zira sich sicher, heute würde es regnen. Voller Tatendrang liefen sie los. Linda war sowieso wieder mit ihrem Kopf voll und ganz bei ihren Wissenschaftlichen Arbeiten, sie würde sich schon keine Sorgen machen. Sie wusste dass die Hunde immer allzu gerne ein bisschen durch die Gegend schlichen, doch spätestens zum Abendessen zurückkamen. „Okay… Ich fang an.“, meldete Chica sich zu Wort, als sie sich ein wenig von der Hütte entfernt hatten, denn das Bungalow als Haus zu bezeichnen war übertrieben. „Ach neeee!“, murrten Jerk und Zira gleichzeitig. „Na jetzt kommt schon, ihr bekommt dreißig Sekunden Vorsprung.“, seufzte die Afghanin genervt. Solche Spielverderber. „Meinetwegen. Also dann Jerk, los geht’s.“, meinte Zira und spurtete mit Jerk an ihrer Seite los. „Hey, wollen wir uns aufteilen? Dann bekommt sie uns nicht so leicht!“, hechelte Jerk. „Okay, ich geh hier längs – Aber wir gehen noch hinter diese Büsche, dann bekommt sie uns nicht so leicht.“, schlug Zira vor. „Ja, du hast Recht, Chica verlässt sich ja mehr auf ihre Augen als auf ihre Nase… So ein Dummerchen“, meinte Jerk und folgte Zira „Aber danach lass uns umkehren, okay? Es regnet bald…“ „Okay, danach. Hach, aber lass uns mal kurz verschnaufen.“, hechelte Zira und sah zurück, um zu sehen, wie weit Chica noch von ihnen entfernt war. Doch plötzlich riss Jerk sie aus ihren Gedanken. „Äh... Zira…“ Jerks Stimme klang zittrig und der Geruch von Angst ging plötzlich von ihm aus. „Was denn?“, fragte Zira desinteressiert. Plötzlich spürte sie jedoch wie sich der Hund wimmernd gegen sie presste. Seine Atmung war schnell und flach – Nicht nur vom Rennen. „Hallo Zira…“ Ziras Ohren schellten augenblicklich ängstlich nach hinten und Panik stieg in ihr auf, pure Angst und Panik. Sie hatte das Gefühl das Herz würde ihr in die Pfoten rutschen und sie spürte, wie ihre Beine zitterig wurden. Langsam drehte sie sich um. Jerk ängstlich, mit eingezogenem Schwanz, blieb hinter ihr. Und wen Zira da sah, auf den hätte sie in diesem Moment mehr als nur verzichten wollen. „Ahadi… Äh... Hallo euer Majestät…“ „Wie interessant… Ein Hund“ Ahadi ging gar nicht auf Ziras Begrüßung ein und starrte sie stattdessen vernichtend an „Mit Halsband sogar! Weißt du denn auch was das bedeutet?“ Zira schluckte, versuchte den Kloß in ihrem Hals runter zu schlucken, versuchte die aufkommende Todesangst und Panik zu ersticken, versuchte vor allem Jerk in Sicherheit zu wissen. Er winselte ängstlich und wich seiner Freundin keinen Schritt von der Seite. „Das bedeutet er gehört Jemandem… Einem Menschen. Wusstest du das Zira?“ Seine Stimme klang bedrohlich. Angsteinflößend. „Ahadi ich… Ich kenne ihn… Und? Das ist doch nicht schlimm.“, gestand Zira nun schwerfällig. Ahadi lief von einer Pfote auf die andere. „Ach Zira… DU warst mir von Anfang an suspekt… Das Metallstück, in deinem Ohr, das war doch kein Unfall. Du bist eines von diesen Flaschenkindern, die von Menschen aufgezogen wurden. Du bist schwach.“ Zira schluckte ängstlich. Nur zur allgemeinen Information: Das hatte grade eben richtig wehgetan! „… Und weißt du was? Ich will unter keinen Umständen, das etwas wie DU auch nur im entferntesten in meine Blutline kommt.“ „A… aber… ich hab doch bewiesen das ich jagen kann. Ich bin nicht schwach.“, sagte Zira kleinlaut. „Das denkst auch nur du…Nur weil du es geschafft hast einen Strauß zu erlegen, denkst du, du seiest es wert am Leben gelassen zu werden? Du bist so verweichlich! Du beschützt dieses dumme Tier auch noch! Erbärmlich! Du musst es töten!“, knurrte Ahadi und warf Jerk einen mordlustigen Blick zu. „Niemals! Er ist mein Freund!“, schrie Zira – Und das brachte den Stein ins rollen. Ahadi brüllte wütend und stürzte sich auf Zira. Doch diese konnte grade noch so ausweichen und entwischte Ahadis krallen um ein paar Zentimeter. Dafür erwischte Ahadi Jerk. Und was jetzt folgte, war ein Horrorszenario. Jerk kreischte, jaulte, quietschte panisch und verzweifelt nach Hilfe. Er biss zurück, wehrte sich mit all seiner Kraft, doch er war nur ein Labrador, natürlich hatte er keine Chance gegen einen ausgewachsenen Löwen. Und obwohl Zira diesmal sofort einschreiten wollte, obwohl sie diesmal nicht nur dumm dastehen wollte, wie sie es bei Atu getan hatte, so wurde sie von Ahadi immer und immer wieder zurückgestoßen und hatte einfach nicht die Chance an Ahadi, geschwiege denn Jerk heranzukommen. „Nein! Ahadi! Nein!“, kreischte Zira mit Tränen in den Augen. Er sollte aufhören! Sie konnte Jerks Markerschütternde Schreie einfach nicht mehr hören, sie glaubte ihr Herz würde dabei bluten, so sehr schmerzte es sie. Und dann warf sie sich auf Ahadi, als dieser günstig, mit dem Rücken zu ihr, dastand. Sie biss ihm wütend in die Schulter und schlug die Krallen in sein Fleisch, doch es half nichts. Bis… „Hey du Drecksvieh! Leg dich gefälligst mit Jemanden deiner Größe an!“, bellte plötzlich Jemand –Chica! Breitbeinig und mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht, stand sie da. Sie war wie aus dem nichts aufgetaucht und Zira war mehr als nur froh darüber. „Das ist ein Witz oder? Bitte sag mir dass das einer ist“, knurrte Ahadi und lies Jerk wie ein uninteressantes, verbrauchtes, altes Spielzeug fallen „Mit dir wird ich erst recht fertig…“ „Pah! Dann hol mich doch, du Bastard!“, knurrte Chica. Augenblicklich rannte Ahadi los. Chica rannte natürlich auch los…Aber Ahadi hatte keine Chance gegen sie! Sie war ein Windhund, sie war zum Rennen geboren – Und sie war schneller als ein Löwe. Und nun, als er endlich weg war, rannte Zira erleichtert zu Jerk, der blutend und wimmernd am Boden lag. Ahadi hatte Jerk mit dessen eigenen Halsband heftige Würgemale verpasst, sein Körper war voller Bissspuren und wenn Zira sich nicht irrte, dann fehle Jerk das rechte Ohr. „Jerk, schnell, du musst aufstehen! Los!“ Zira stupste ihn panisch an. Ahadi könnte jeden Moment die Verfolgungsjagd auf Chica abbrechen und zurückkommen. Doch Jerk wimmerte nur erbärmlich, krümmte sich vor Schmerz und Tränen liefen ihm über das Gesicht. „Jerki?“, wimmerte Zira, versuchte jedoch nicht zu weinen. Noch nicht. „Ich werde sterben… Zira, ich… ich sterbe.“, wimmerte er und griff nach Ziras Pfote. „Jerk!“ Zira rang nach Luft. Es hatte sie wie ein Schlag ins Gesicht getroffen, so was von ihm zu hören und eine noch nie zuvor dagewesene Panik machte sich in Zira breit. Er sagt, er stirbt! Das darf nicht wahr sein! „Zira… Ich will aber noch nicht sterben, ich will… ich will hierbleiben, ich will nicht…“ Jerk schaffte es nicht den Satz zu Ende zu bringen, da er von Schmerzen geschüttelt wurde und immer wieder Schreie aus seiner Kehle wichen. Liebevoll streichelte Zira ihm mit der Pfote über den Kopf. „Halt durch, Linda muss durch das Löwengebrüll auf uns aufmerksam geworden sein.“ Jerk gab jedoch nur ein spöttisches Lache on sich. „Ach was! Die würde doch glatt meinen Tod verpennen.“ Er versuchte wohl fröhlich zu klingeln, doch momentan war es einfach nicht lustig. Nichts war lustig. „Jerk… Bitte steh doch auf.“, schluchzte Zira und spürte die ersten Tränen über ihr Gesicht laufen. „Zira… Da, da…“ Panisch deutete Jerk nun auf etwas und ehe Zira sich versah, erkannte sie dass Ahadi wieder zurückkam. Und jegliche Trauer, jeder Schmerz den sie verspürt hatte, wurde plötzlich zu purer Wut! Die blanke Wut auf Ahadi! Nein, noch mehr als Wut – Hass. „Dachtest wohl, du wirst mich los? So leicht geht das auch nicht!“, knurrte er angestrengt atmend und wollte sich grade wieder auf Jerk stürzen, doch Zira sprang ihm in den Weg. „LASS IHN IN RUHE!“, brüllte sie Ahadi zähnefletschend und mit gesträubtem Fell an. Unbeeindruckt rollte er mit den Augen. „Du bist noch schwächer als ich dachte…“ Das brachte das Fass zum endgültigen Überlaufen. „ACH JA?! Ich zeig dir wie SCHWACH ich bin!“, brüllte Zira außer sich und schmiss sich auf den Löwen. Sie schlug ihm mit den Krallen ins Gesicht, in die Augen, wollte ihn nur noch tot sehen! Noch nie zuvor hatte Zira einen solchen Hass auf irgendwas gehabt! Sie war nicht schwach! NEIN! Ahadi warf sie zu Boden. Zira stand strampelnd auf, doch plötzlich spürte sie einen unsäglichen Schmerz in ihrem Ohr! Es war als hätte man ihr ein Stück Ohr einfach abgerissen, wie ein Stück Papier. Der Schmerz was so stechend, man konnte es nicht in Worte fassen. Sie schrie voller Qual auf, schnappte panisch nach Luft, doch dann erkannte sie etwas in der Sonne aufleuchten, was am Boden lag. Es war die Ohrmarke, die sie von Linda bekommen hatte. Und nicht nur die. Es hing ein Teil von Ziras Ohr daran – Das erklärte alles. Doch das Adrenalin, das Zira, als Ahadi sich wieder auf sie warf, plötzlich durch ihre Adern schoss, ließ sie all ihre Schmerzen vergessen. Und plötzlich schien sich alle Wut in Zira zu entladen. „Na, na, bin ich noch immer so schwach?“, kreischte sie und rammte in diesem Moment ihre Zähne in Ahadis Hals. Es war gutes Timing. Der Löwe schien für diesen einen Augenblick kurz unkonzentriert gewesen zu sein. „Sag mir ob ich noch immer so schwach bin!“ Zira schmeckte das Blut. Und schon war sie in einem Blutrausch verfallen. Als sie Ahadi erst mal an der Kehle hing, konnte sie nicht anders. Sie MUSSTE ihn töten! Wenn sie ihm am Leben lassen würde, dann, dann… Sie war tot. Sie war endgültig tot. Sie durfte dieses Risiko nicht eingehen, sie musste Ahadi einfach aus der Welt schaffen und zwar ein für alle mal. Es war die einzige Möglichkeit für SIE weiterzuleben. Und dann biss sie zu. Sie musste Glück gehabt haben und irgendwas wichtiges getroffen haben, denn in diesem Moment spritzte ihr das Blut nur so entgegen. „Zira, nein, bitte! Ich bin der König.“, flehte Ahadi mit letzter Kraft, obwohl er wusste dass es vorbei war. „Das hilft dir auch nicht weiter! Denn weißt du was? Letzten Endes werden wir alle genau so enden!“, brüllte Zira hasserfüllt. Und das waren die letzten Worte, die Ahadi zu hören bekam. Mit einem gezielten, finalen Biss in die Kehle, war es endgültig aus mit dem König. Der König war tot. Zira, die langsam aus ihrem Blutrausch zurück in die reale Welt kam, war für einen Moment von sich selbst schockiert. Hatte sie grade eben den König getötet? Hatte sie Jemand gesehen? War das grade eben wirklich sie? Was war soeben eigentlich passiert? Doch ihr blieb nicht die Zeit darüber nachzudenken, denn plötzlich sah sie Linda mit Chica zusammen angerannt kommen. Nicht mal die Schmerzen die sie eigentlich hatte, verspürte sie sofort… Das kam erst langsam. Chicas Augen waren mit Tränen gefüllt, als sie auf ihren Freund zukam. „Jerk? Hey…“, winselte sie zittrig. „Chica?“ Zira schreckte auf. Er lebte noch? Der arme Hund – Wie viele Minuten durchlebte er diesen Todeskampf jetzt schon? Wie langte hatte er denn noch zu leiden? „Oh mein Gott! Jerk!“ Linda fiel vor ihrem Hund auf die Knie und schluchzte schockiert auf. Sie nahm hilflos seinen Kopf in die Hände und weinte. Sie konnte nichts tun. Sie konnte ihn nur sterben sehen. „Mein Großer… Hey, sei stark, lang kann’s nicht mehr dauern, versprochen…“ „Jerk, bitte mach was… Du bist doch mein Kumpel, was soll ich denn ohne dich tun?“, wimmerte Chica ängstlich. Sie hatte die Pfoten auf seine gelegt. Als wollte sie ihn festhalten. Sie wollte ihn nie gehen lassen… Noch nicht. Zira saß daneben. Blutverschmiert. Ahadis Blut. Sie streichelte nur vorsichtig Jerks Fell… Mehr konnte sie auch nicht tun. Was das für ein absurder Anblick gewesen sein musste: Da sitzen ein Afghane, eine blutverschmierte Junglöwin und ein Mensch um einen sterbenden Labrador. „Ich will nicht sterben.“, röchelte Jerk. „Jerk…“ Chica wollte etwas sagen, doch sie wusste nicht was. Ihre Stimme versagte. Noch nie hatte Zira Chica so verletzt und traurig gesehen. So… mitgenommen. „Wer soll denn jetzt nur für euch gegen Schränke rennen?“ Zira glaubte sogar für eine Sekunde ein Lächeln auf Jerks Gesicht gesehen zu haben. „Bescheuert bis zur letzten Sekunde…“, schluchzte sie, versuchte jedoch zu lächeln. Sogar Chica schmunzelte kurz. Nur Linda nicht. „Hey, ich… ich hab euch lieb. Alle drei.“ Jerk sah aus seinen großen, braunen, angsterfüllten Augen zu ihnen und jaulte auf. Dann keuchte er leise und schloss angestrengt die Augen. Es hatte ihm viel Anstrengung gekostet zu sprechen. Er war so müde… Es wäre besser wenn er jetzt schlafen würde… Die Schmerzen ließen auch nach. Wie wundervoll… Chica bemerkte es als erstes. Mit leerem Blick sah sie auf. Er… Er, ihr bester Freund… Er, ihr bester Lieblings-Idiotenfreund war… tot. Das sagte sich so leicht, aber… Er war tot. Er würde nie wieder kommen! NIE MEHR! „Das ist alles deine Schuld!“, schrie sie plötzlich Zira an und rannte in einem Affenzahn zurück zum Haus. Jetzt blieben nur noch Zira und Linda übrig. Linda sah mit verheulten Augen zu Jerk. Sie hätte nie gedacht dass ihr Hund mal so ein Ende nehmen würde. Von einem Löwen getötet. Und dieser Löwe wiederum wurde von einer anderen Löwin getötet. Das würde einen tollen Bericht für ihre Professorenfreunde in England geben. Aber nicht jetzt. Jetzt wollte Linda einfach nur weinen. Man hätte sie in einen Raum voller Geld und Schmuck setzten können und sie hätte das weinen bevorzugt. Sie wollte nicht glücklich sein! Wie wollte ihren Hund zurück verdammt! „Na dann meine Große… Das war’s dann mit ihm. Ich… ich hab dich lieb.“ Linda sah Zira, die sich, verängstigt durch Chicas Gefühlsausbruch, einige Schritte von ihr entfernt hatte, an und rappelte sich mit zittrigen Knien auf. Wortlos schulterte Linda Jerk, nahm ihn ganz fest in den Arm, egal ob sie dadurch sein Blut an sich haften haben würde und lief mit gesenktem Kopf zurück zu ihrem Haus, den Hügel hoch. Zira blieb völlig verstört zurück. Zira sah ihr hinterher, versuchte ihre Schmerzen, die langsam zu ihrem Gehirn durchdrangen, zu ignorieren. Langsam kam wieder Gefühl in sie und dennoch blieb sie einfach nur sitzen, ohne sich zu rühren. In diesem Moment gab es einen Wolkenbruch und es fing an wie aus Kübeln zu regnen. Kapitel 24: Here comes the rain again ------------------------------------- Wie viele Stunden lief sie schon durch den Regen? Viel mehr als sonst, aber wie viele genau, das wusste sie nicht. Es war ihr egal. Wie in Trance schritt Zira langsam ins Geweihte Land. Der Regen ergoss sich auf ihrem Fell, doch sie rannte nicht. Sie ließ das Wasser einfach auf ihr Fell prasseln, obwohl sie es eigentlich hasste, dieses Gefühl von nassem Fell, welches auf ihrer Haut klebte. Langsam sog ihr Pelz sich voll und lag schwer auf ihren Schultern. Doch Zira merkte es gar nicht. Sie hatte den König getötet. Was hatte sie da geritten? Wie war das überhaupt möglich? Sie war doch nur eine Junglöwin! Er hatte sie gnadenlos unterschätzt. Zira war zwar dünn, aber dennoch war sie zäh und stark. Er hätte nie von ihr gedacht, zu was sie fähig wäre. Er hatte sie, bis kurz vor seinem Tod, für eine respektlose Schlampe gehalten. Doch mit der Attacke auf Jerk hatte er in Zira unglaubliche Wut entfesselt. Und blanke Wut, Hass, waren eine starke Waffe. Sie ließen Zira Dinge tun, von denen sie nie gedacht hätte, dass sie dazu fähig wäre. Sie entfesselten eine unglaubliche Energie in ihr und unter dem Einfluss von Adrenalin erkannte man sich manchmal kaum wieder. Man wurde unberechenbar – Und Ahadi hatte genau diese Unberechenbarkeit nicht bemerkt – Oder zumindest zu spät bemerkt. Der Regen in ihrem Fell spülte langsam das Blut weg und wusch die Wunden aus. Mit starrem, trübem Blick setzte Zira sich an das Wasserloch, auf das der Regen niederprasselte. Eine Schirmakazie diente als natürlicher Regenschirm und hielt den meisten Regen von Zira fern. Und wie sie da so saß und langsam aus ihren Trancezustand erwachte, so spürte sie endlich die Schmerzen wieder, die Ahadi ihr zugefügt hatte. Sie hatte das Gefühl, als würde alles in ihr pochen, sogar ihre Schwanzspitze. Doch am schlimmsten tat ihr das Ohr weh. Ahadi hatte ein kleines Stück davon weggerissen, doch es wollte nicht aufhören zu bluten, er musste eine Ader getroffen haben. Und die Schmerzen waren unerträglich! Die Schmerzen nahmen ihr die Sicht für alles andere. Sie sah nicht das Wasserloch vor sich, oder schwarzen Himmel, sie sah nur eine einzige, dunkle Fläche vor sich. Es gab gerade keinen Unterschied zwischen Himmel und Erde für sie, alles war eins. Alles sah gleich aus. Sie sah in dieser Masse keine einzelnen Tiere oder Pflanzen, sogar die Regentropfen ergaben für sie ein gleichmäßiges Netz. Zira spürte nur diese unerträglichen Schmerzen, die sie nicht losließen. Mit zusammengebissenen Zähnen presste sie eine Pfote gegen das Ohr und spürte die Tränen aufsteigen – Sie weinte. Das ist alles deine Schuld, hallte Chicas Stimme in Ziras Kopf. Stimmte das denn wirklich? Warum war denn immer Zira an allem schuld? Oh Gott, wie Zira ihr Leben gerade hasste. Sie hasste sich wirklich. Sie wäre am liebsten jemand Anders. Wie sie jetzt wohl aussah? Das Ohr ersetzte ihr niemand mehr. Sie müsste doch abstoßen aussehen. Zira seufzte, dann spürte sie einige stille Tränen über ihr kaltes Fell fließen. Obwohl sie es nicht wollte, warf sie einen Blick in ihr Spiegelbild im Wasserloch. Angewidert sah Zira sich an: Ihr Fell verklebt und nass, das Ohr blutig und nicht mehr ganz vorhanden und sie war dreckig… Auch wenn der Regen den meisten Matsch raus gewaschen hatte. „Ich bin potthässlich…“, flüsterte Zira sich selbst zu „Ich bin absolut hässlich“ Jetzt schrie sie und schlug, mit ausgefahrenen Krallen, wütend in ihr Spiegelbild „Was hab ich denn nur so Schlimmes getan?“, zischte sie und ließ sich ans Ufer fallen. Sie legte wimmernd die Pfoten über die Ohren und wollte nur noch weg. Warum lebte sie überhaupt? Warum musste auch Ahadi aufkreuzen? Was hatte dieser Bastard nur für Probleme? Warum hatte er Jerk getötet? Der konnte doch am wenigstens was dafür. Ja für was eigentlich? Für Ziras Existenz? Warum hatte Ahadi sie nur so gehasst? Sie wollte doch nie was Böses von ihm. Sie hätte sterben sollen, nicht Jerk. Sterben… Hach, das klang so wunderbar einfach, so simpel. Vielleicht war die Welt ja besser ohne sie dran. Warum denn nicht? Sie hatte ihren besten Freund verloren, sie hatte seinen Tod WIEDER nicht verhindern können, wie bei Atu auch und Chica hasste sie… Und sie würde nie Scar abbekommen – VERDAMMT! SCHON WIEDER! WARUM hatte sie schon wieder an ihn denken müssen? Warum verschwand er nicht endlich aus ihren Gedanken?! Geh weg Scar, verschwinde! Ach Scar… wegen ihr hatte er diese Narbe… Scar… Zira musste es sich eingestehen – Sie liebte ihn. Sie liebte ihn wirklich. Immer wenn er sie berührte oder sie aus seinen stechend grünen Augen ansah, hatte sie das Gefühl auf Wolke sieben zu schweben. Immer wenn er ihr zu nahe kam klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Und er? Er bemerkte es gar nicht. Er würde es doch nie bemerken! „Ich bin so hässlich… Oh Gott, ich hasse mich einfach nur…“, knurrte Zira sich selbst zu, als sie sich wieder im Wasserloch sah. Doch plötzlich hörte sie ein Rascheln im Gebüsch hinter sich. Sie stellte die Ohren zwar auf, doch rührte sich nicht. Wenn sie jetzt sterben würde war es ihr auch völlig egal! „Hey, du bist doch nicht hässlich…“, sagte plötzlich Jemand hinter Zira. Sie zuckte erschrocken zusammen – Das war Scars Stimme! „Nein, Scar, nicht jetzt! Bitte… Ich sehe schrecklich aus. Geh weg.“ Zira versuchte normal zu klingen, stark zu sein, aber ihre Stimme klang zitterig. Sie durfte nur nicht losweinen! Nicht heulen! „Hey… Was ist denn los?“ Scar ging gar nicht auf Ziras Bitte ein und setzte sich einfach neben sie. Demonstrativ wand Zira den Kopf weg. Sie wollte unter keinen Umständen, dass Scar sie so sah. „Zira… Was ist denn so schreckliches passiert? Lass dich doch anschauen, so schlimm kann es nicht sein.“ Scar machte den Hals lang und versuchte ihr ins Gesicht zu blicken. Er beugte sich über sie, doch Zira wich seinen Blicken aus. „Bitte nicht jetzt.“, flehte sie. Ihre Stimme war zitterig, als würde sie gleich anfangen zu weinen, doch nicht mal jetzt hörte Scar auf Zira, sondern stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie. Zira fiel überrascht zu Boden und bevor sie sich wieder aufrichten konnte, hatte Scar die Vorderbeine auf ihren Brustkorb gestemmt. Jetzt konnte sie ihm nicht mehr ausweichen, egal was kommen würde! Erschrocken sah Zira in sein Gesicht und versuchte vor Scham das Ohr zu überdecken, doch Scar hatte schon alles gesehen – Eigentlich mehr als genug. „Oh mein Gott! Was ist passiert?“, fragte er und schnappte erschrocken nach Luft. Er ließ von ihr ab und setzte sich wieder auf, doch Zira machte sich nicht mal mehr die Mühe aufzustehen. Sie legte sich nur auf den Bauch und kämpfte gegen die Tränen an. „Ich…“ Doch sie schaffte es nicht mal weiterzureden, weil sie plötzlich aufschluchzte und Tränen über ihr Gesicht rollten. Alles brach aus ihr heraus. Tja, das passierte nun mal, wenn man seine Tränen zu lange zurückhielt. Scar sah verunsichert zu ihr. Was sollte er jetzt tun? Löwinnen waren unberechenbar. Manchmal, da wollten sie getröstet werden, waren aber irgendwie zu blöd um das direkt zu sagen und manchmal schlugen sie dich, wenn man das tat. „Zira…“, fragte Scar vorsichtig nach. Aber Zira schluchzte nur wieder auf und vergrub ihr Gesicht unter ihren Pfoten. Es war ihr so peinlich sich vor Scar wie ein Junges auszuweinen. Was sollte er denn von ihr denken? Warum konnte er nicht endlich mal gehen, verdammt?! Sie wollte ihn nicht bei sich haben, war das so schwer zu verstehen?! Doch plötzlich spürte sie, wie Scar näherkam und sich dicht neben sie legte. Seine Wärme durchdrang ein bisschen ihr kaltes, durchnässtes Fell und wärmte sie auf. „Zira… ganz ruhig… So schlimm kann es doch gar nicht sein…“, versuchte er sie erfolglos aufzumuntern, worin er nicht gerade der allerbeste war. Du hast keine Ahnung. Er legte vorsichtig und fürsorglich seine Pfote unter ihr Kinn und zog ihren Kopf sanft zu sich, so dass er ihr in die Augen sehen konnte. Das hatte er noch nie getan und umso mehr verunsicherte es sie. Zira hätte sich wehren können, aber um ehrlich zu sein – Sie wollte gar nicht. Sie wollte gar nichts mehr. „So… jetzt beruhig dich erst mal. Was ist denn mit dir passiert?“, fragte er. In seiner Stimme lag plötzlich eine ungewohnte Sanftheit, von der Zira bisher nie viel mitbekommen hatte. Sue schluchzte jedoch auf und schüttelte schwach den Kopf. Sie konnte nicht darüber reden, noch nicht – Falls sie denn je darüber reden könnte. „Ich… ich… ich… Vergiss es! Das interessiert dich doch sowieso nicht.“, wimmerte sie. „Doch, das tut es.“, entgegnete Scar ernst, doch noch immer ganz ruhig und gesammelt. Langsam färbte auch etwas von seiner Ruhe auf sie ab und tatsächlich fühlte Zira, wie ihr Atem sich beruhigte – Klasse, sie konnte wieder atmen! „Scar, ich… es… es geht nicht. Ich kann das nicht.“, meinte Zira schließlich angestrengt und atmete ein paar Mal tief durch. Sie wurde ja tatsächlich ruhiger! Doch plötzlich setzte Scar sich auf. Zira glaubte schon er wollte sie allein lassen, doch stattdessen begann er damit ihr zerfetztes, blutendes Ohr abzulecken. Einen Moment war sie wie erstarrt, doch als sie spürte, wie er damit begann auch noch ihre Stirn sauber zu lecken, realisierte sie langsam wie nah sie ihm war – Und sie würde jede seiner Berührungen genießen. Und wenn sie ehrlich sein sollte, so gefiel es ihr – Sehr sogar. Scars Blick heftete sich voll und ganz an Zira und er begann ganz langsam ihren Hals und ihre Schultern sauber zu machen, er konzentrierte sich regelrecht auf seine Arbeit – Und das kam wirklich selten vor. Zira entspannte sich immer mehr, konnte aber immer noch nichts sagen. Sobald sie irgendwas sagen würde, würde sie entweder wieder anfangen zu weinen oder nur dummes Zeug rausreden. So lag sie einfach schweigend da, lauschte dem Regen und Scars Atemzügen. Es war so leise, dass sie sogar das hörte. Irgendwann hörte Zira Scar aufatmen, als er so gut wie fertig war. „Zira… tut‘s noch sehr weh?“, fragte er vorsichtig, jedoch wohl eher um die Stille zwischen ihnen zu brechen. Natürlich hatte er noch all die anderen Wunden entdeckt, die Zira sich bei dem Kampf geholt hatte. Sie wollte im ersten Moment lügen, aber dann lies sie es doch. „Ja.“, meinte sie tonlos. Scar nahm seine Pfote und zog ihren Kopf vorsichtig in seine Richtung, so dass er sich wieder um ihr Ohr kümmern konnte, obwohl dieses inzwischen mehr als nur sauber war und das wusste Zira auch. Warum also wollte er ihr so nah sein, wenn es doch gar keinen Grund gab? War er etwa… Ihr Herz begann plötzlich schneller zu schlagen und sie sah verlegen zu Boden. Verdammt! Sie wurde tatsächlich verrückt! Interpretierte sie vielleicht einfach nur zu viel in sein Verhalten hinein? „Scar…“, flüsterte sie mit brüchiger Stimme. „Ja?“ „Warum bist du bei diesem Wetter eigentlich noch draußen?“, fragte sie um irgendwas gesagt zu haben. „Meine Mutter hat mich und Mufasa rausgeschickt um nach meinem Vater zu suchen. Er ist schon den ganzen Tag weg.“ Zira begann plötzlich zu zittern und ihr stellte sich das Fell auf. Oh Gott! Sie werden Ahadi finden! Das würde Uru das Herz brechen… Uru hatte das einfach nicht verdient… „He, du zitterst ja! Du… du solltest besser zum Königsfelsen gehen… Sonst wirst du noch krank, äh, weißt du?“, meinte Scar fürsorglich – Vielleicht etwas zu fürsorglich. Doch Zira ignorierte seine Anweisung. „Aber warum suchst du dann nicht nach Ahadi, sondern kümmerst dich hier um mich?“ Scar rollte verachtend mit den Augen und verzog das Gesicht. „Weil ich ihn hasse“, meinte er kühl „Zum Teufel mit ihm. Vielleicht wurde er auch nur vernünftig und hat sich von irgendwas fressen lassen.“, spaßte Scar. In Ziras Hals bildete sich plötzlich wieder ein riesiger Kloß. So einer, von dem sie dachte, dass er sich vorhin aufgelöst hätte. „Na ja, aber ich denke du hast recht. Komm, geh du jetzt wieder zum Königsfelsen und ich tu meiner Mutter den Gefallen und such nach meinem missratenen Vater.“, meinte Scar lustlos. „Scar, bleib bitte hier! Ich will nicht zu den Anderen.“, rief Zira plötzlich aus und legte ihren Kopf in seine kurze Mähne, um ihn am Aufstehen zu hindern. Überrascht sah er zu ihr uns spielte mit den Ohren herum, ein Zeichen dafür, dass er verwirrt oder nervös war. „Ähm… Ist ja okay. Ich bleib hier… Versprochen.“, sagte er besänftigend und strich Zira liebevoll über den Rücken. Sein Verhalten war momentan ziemlich untypisch für ihn. Immerhin war er Scar und um ehrlich zu sein wunderte er sich gerade selber über sein von ihm so verpöntes, übersentimentales Auftreten, immerhin waren Einfühlungsvermögen und Sensibilität selten für ihn. Aber wenn es um Zira ging, so machte er sogar das mit – Verrückte Liebe. Kapitel 25: Blutiges Erwachen ----------------------------- Sie blieben eine Zeit einfach nur da liegen und sagten gar nichts. Scar wärmte Zira etwas auf und sie hatte langsam das Gefühl, dass ihr Fell trocknete. Es regnete zwar noch immer und es würde wohl auch nicht aufhören, doch es war dennoch warm. Auch wenn man es ihm nicht ansah, schließlich sah man Scar nie irgendwas an, so genoss er es, einfach mal allein mit Zira zu sein. In seinen Augen war sie die Einzige aus dem Rudel, die ihn wirklich mochte – Außer Uru natürlich. Zira war nicht von diesen Vorurteilen geprägt und schien sich wirklich nicht darum zu scheren was die Anderen über ihn sagten. Und egal wie kühl er auch war, egal wie abweisend oder desinteressiert er sich verhielt, Zira war immer so nett zu ihm – Na gut, fast immer. Aber sie hatte sogar für ihn gejagt. Nicht mal Uru hatte das getan. Aber Uru war recht unparteiisch, was ihre Söhne und auch ihren Gefährten anging. Sie sah die Dinge aus der Seite, die am meisten Sinn ergab und die am besten für alle seien würde. Sie jagte auch nicht für Taka, weil sie es nicht für nötig hielt. Taka war alt genug um es selber zu tun und als Mufasa in seinem Alter war, hatte sie für den auch nicht gejagt. Zudem hatte Taka sich aus freien Stücken dazu entschieden in dieser kleinen Höhle zu leben, warum sollte Uru ihm da große Gefallen tun? Sie liebte ihren Sohn, aber sie war nicht mehr sein Kindermädchen. Zira riss Scar jedoch aus seinen Gedanken, als sie ein leises Knurren von sich gab und gequält die Zähne zusammenbiss. Ihr Rücken tat weh und diese Wunden brannten noch immer. Doch es war Scar ein Rätsel, was passiert war. Natürlich hatte er die Wunden gesehen. Kratz-und Bissspuren von irgendeinem Raubtier. Ob das ihr Liebhaber war? Hatte er sie so zugerichtet? Und um ehrlich zu sein, so machte es Scar wütend, wenn er daran dachte, wie jemand seine Zira so zugerichtet hatte! Na gut… nicht ‚seine‘ Zira, einfach Zira. Obwohl, irgendwie war sie ja doch ‚seine‘ Zira, immerhin war sie die wohl einzige Löwin die er als Freundin bezeichnen konnte. Shenzi war keine Freundin, sie war eher so was wie eine… Nennen wir es ‚Geschäftsbeziehung‘. Und Zira war nun mal eine Freundin, auf die Scar sich freiwillig, ohne irgendeinen diabolischen Hintergedanken eingelassen hatte... Eine Freundin. Wenn’s doch nur so einfach wäre! Sie wusste ja noch nicht mal dass er mehr als nur Freundschaft für sie empfand. Zuerst wollte er das selber nicht glauben aber in den letzten Wochen wurde dieses Gefühl immer stärker und intensiver geworden. Aber selbst wenn, sie würde seine Liebe nie erwidern. Sie sah in ihm doch höchstens einen Freund, nicht mehr. Sie hatte doch bereits einen Freund und sie schien ihre Zeit auch lieber mit dem zu verbringen. Und wenn sie wüsste was Scar für sie empfand, dann wäre es mit ihrer Freundschaft auch vorbei und das durfte Scar nicht riskieren! Er hatte doch sonst keine wirklichen Freunde. Die Hyänen waren nur Werkzeuge, die ihm später noch ganz nützlich sein konnten. Aber Zira war kein Werkzeug, sie war viel mehr. Sie war eine wirkliche Freundin! Er liebte sie einfach, für das was sie war, für das dass sie für ihn da war und dennoch nicht gleich so eine übersentimentale Löwin war, so wie die Anderen. Sie hatte Biss, nicht so wie die anderen Junglöwinnen. Zira hatte sich immerhin mit Ahadi angelegt, sich vor einen Büffel geschmissen um ihn zu retten und war einfach nur… Sie war eben… Perfekt – Für ihn. All das hätten sich Sarabi oder Sarafina nie getraut zu machen. Sie waren alle so langweilig, so gleich und unterschieden sich nicht von der Anderen. Jede wollte diesem Ideal entsprechen und das tat Zira eben nicht – Obwohl auch sie ihre Reize hatte. Sie war vielleicht nicht so kräftig und groß wie die anderen Löwinnen, aber sie sah in seinen Augen trotzdem toll aus. Sie war zwar dünn und lang, aber dennoch stark genug um eine gute Jägerin zu sein. Und sie hatte die schönsten Augen im ganzen Rudel. Wer konnte diesen großen, rotbraunen, wunderschönen Augen schon wiederstehen? Zwar hatte Zira manchmal eine raue, ruppige Art, aber das machte sie nun mal aus. „Zira…“, brachte Scar irgendwann hervor. Zira hob den Kopf und sah mit einem unergründlichen Blick zu ihm. Sie wirkte gelassen und ruhig, fast schon schläfrig und irgendwie hoffte Scar dass etwas dieser Ruhe auf ihn abperlen würde… Seltsam, dabei war er normalerweise immer der, der einen kühlen Kopf bewahrte. Er war innerlich unglaublich nervös, was man jedoch einzig und allein durch seinen hin und her schwenkenden Schwanz sah. Also gut, er würde sie was fragen… jetzt. Jetzt… Na los, jetzt aber! Mach schon du feiger Löwe! „Ähm… Also ich wollte dich was fragen. Nämlich…“ Nein! Bitte frag nicht nach Ahadi! Bitte nicht, dachte Zira sofort und begann plötzlich zu zittern. Als Scar das merkte, stockte er sofort in seinem Satz, worüber er irgendwie froh war und drückte sie noch ein bisschen mehr an sich ehe er weitersprach: „Also… Ich wollte mal wissen ob du…“ Doch er konnte nicht zu Ende reden, da plötzlich Zuzu angeflogen kam und panisch vor den beiden Junglöwen zum Stoppen kam. „Prinz Scar! Zira! Schnell, hört mir zu!“ Nicht jetzt! Du verdammter Vogel, geh doch einfach sterben! Bitte nicht grade jetzt, dachte Scar und rollte genervt mit den Augen. Doch am liebsten hätte er sich auf Zuzu gestürzt und sie in Stücke gerissen. Das war ein echt mieses Timing. „Hört zu! Es ist etwas Schreckliches passiert!“, zwitscherte sie aufgekratzt. Ziras Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sag mir irgendwo sei ein Vulkan ausgebrochen, der Königsfelsen sei explodiert, unsere Beutetiere haben plötzlich Panzer und Gewehre, aber nicht dass Ahadi tot ist, flehte sie. Wie konnten sie ihn so schnell finden? Dieser blöde Vogel! „Prinz Scar… Es tut mir so leid euch das zu sagen, aber… Euer Vater… König Ahadi…“ „Ich kenn seinen Namen.“, zischte Taka gehässig. „Er ist tot. Folgt mir bitte.“ Die beiden Junglöwen standen schwerfällig auf. Zira versuchte zitternd auf Scars Gesicht so was wie Trauer, Verzweiflung zu sehen, doch nichts. Es schein ihn absolut kalt zu lassen. Wirklich gar nichts! Nicht mal seine Augen wurden feucht. Die beiden folgten Zuzu durch den Regen… Ein, zwei Stunden vielleicht. Eigentlich kannte Zira den Weg auswendig. Niemand sprach ein Wort, was das alles hier umso schrecklicher machte. Als sie schließlich auf einer großen Grasfläche ankamen, deutete Zuzu hinter eine kleine Baumgruppe, die Zira nur zu gut kannte. Sie atmete schwer auf, ihr Blick wanderte ständig zu Scar, doch der sah nur völlig unbeteiligt zu der Ansammlung an Löwinnen, die um irgendwas standen. Mit hocherhobenem Kopf schritt Scar in die Menge. Jeder machte sofort Platz und ließ ihn vor, zu seiner Mutter. Zira zwängte sich zwischen Sarabi und Sarafina, die mit todtraurigen Gesichtern auf etwas in der Mitte starrten. Ahadi. Zira schaffte es irgendwie einen Blick auf ihn zu werfen. Wie ruhig er da lag. Bis vor kurzem hatte er noch versucht Zira zu töten und er hatte ihren besten Freund getötet – Sein Todesurteil. Zira sah niedergeschlagen zu Uru und als sie die einst so stolze Königin sah, glaubte sie in ihrem Herzen einen Stich zu spüren. Noch nie hatte sie Uru so gesehen… So… so… niedergeschlagen, traurig, so am Boden. Sie hatte kaum mehr die Kraft sich zu halten, weshalb sie sich zitternd und wimmernd an Mufasa gelehnt hatte. Der wiederum kämpfte mit aller Kraft gegen die Tränen an. Er musste sich so fühlen wie Zira vorhin, zu wissen man ist unfähig Jemanden zu retten den man liebt. Zu wissen dass es vorbei ist. Und zu wissen dann man eigentlich stark sein soll. Und Scar? Der stand nur da, ohne jeglichen Ausdruck im Gesicht. Als er den Kopf senkte, um seinen Vater zu beschnuppern, glaubte Zira sogar ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen. Aber vielleicht irrte sie sich auch. Obwohl? Warum sollte Scar trauern? Er hasste seinen Vater. Warum sollte Scar für ihn falsche Beschlagenheit heucheln? Seine Mutter sah es sowieso nicht. Und da stand das Rudel einfach, starrte fassungslos, erschüttert, auf den toten König. Niemand sagte etwas. Die Anspannung war unerträglich. Je lauter die Stille wurde, je länger niemand etwas sagte, umso schlimmer wurde es hier zu stehen. Wenn Jerk hier wäre, hätte er bestimmt irgendeine lustige Bemerkung gemacht, schoss es Zira durch den Kopf. Jerk. Wie sehr sie ihn vermisste. Allein der Gedanke an ihn machte sie traurig und ein paar stille Tränen rannen ihr über das Gesicht. Sie hatte Probleme damit ein Schluchzen zu unterdrücken, als ihr die Erinnerungen des heutigen Tages wieder in den Kopf schossen. „Er war ein wunderbarer König, nicht?“, meinte Ika leise wimmernd. Zira sah mit leerem Blick zu ihr und nickte leicht. Nicht eine Träne würde sie wegen Ahadi vergießen. Jerk war der einzige für den sie grade weinte. Und da standen sie, rührten sich nicht, ließen den Regen über sich ergehen, standen nur in Ehrfurcht da. Doch irgendwann meldete sich schließlich Uru zu Wort. Jeder spitzte aufmerksam die Ohren und sah ehrerbietig zu ihrer Königin. „Ich… Ihr wollt mit Sicherheit wissen wer nun Ahadis Nachfolge übernehmen wird… Nun, wie ich soeben entschieden habe… denke ich… ich werde über das Geweihte Land so lange weiterregieren, bis ich nicht mehr die Kraft dazu habe und das Königreich einen starken, Jungen König verdient hat. Es war immer Ahadis Wunsch dass Mufasa sein Nachfolger wird und... da er sowieso der erstgeborene ist, denke ich dass ich das Amt an Mufasa abgeben werde. Aber noch bin ich Königin.“, meinte sie und unterdrückte ein Schluchzen. Das Sprechen hatte ihr jede Menge Kraft und Selbstbeherrschung gekostet, obwohl man das Zittern ihrer Stimme deutlichheraushören konnte. Zuzu meldete sich nach einigen Sekunden des Schweigens: „Ich denke, es wäre das einfachste wenn man die Königsfamilie nun in Ruhe lassen würde." Uru sah mit einem dankbaren Blick zu Zuzu und nickte. Das Rudel wand sich langsam von Ahadis totem Körper ab und lief bedrückt zurück zum Königsfelsen. Zira hasste diese Stimmung. „Ist das nicht schrecklich?“ Sarabi war die erste die es nach einer Ewigkeit, wieder zu sprechen wagte. „Ja… Einfach getötet. Welches Tier meint ihr wäre dazu im Stande? Und warum?“, fragte Sarafina traurig. „Bestimmt Hyänen… Die haben doch Spaß daran unschuldige Tiere zu töten!“, beharrte Sarabi. Unschuldig! Pah! Ahadi wollte mich umbringen, weil ich ihm nicht passte, dachte Zira erzürnt, sagte aber nichts. Und Jerk hat er auch auf dem Gewissen. Einfach weil… er mein Freund war. Wie ein Bruder. „Das müssen aber viele Hyänen gewesen sein… Ich meine… Ahadi war ein so starker Löwe. Meint ihr, er hatte eine Chance?“, hakte Sarafina nach. CHANCE?! Er hat einen wehrlosen Labrador getötet, er hat einen Kampf gegen eine Junglöwin im Blutrausch verloren, der Bastard hatte beste Chancen! Aber er hat sich gnadenlos überschätzt! Und das hat er erst bemerkt als es zu spät war… Diese Missgeburt. „Bestimmt nicht… Hyänen spielen doch nie fair!“, meinte Sarabi und sah dann zu Zira. Die hatte während des ganzen Fußmarsches zum Königsfelsen noch gar nichts gesagt. „Und, was meinst du Zira?“ Am liebsten wäre Zira ausgerastet, das ganze Rudel angeschrien, was für ein verlogener Sack Ahadi war, dass SIE ihn umgebracht hätte, aber sie zügelte sich. Wenn sie das tun würde, könnte sie sich gleich einem Krokodil ins Maul setzen. „Er… er… Ich mochte ihn nicht allzu sehr, das wisst ihr. Mir tut nur Uru leid. Sie hat es nicht verdient so verletzt zu werden.“ „Oh ja… Die arme Uru“, seufzte Sarafina traurig „Meint ihr sie schafft das?“ „Selbstverständlich! Sie ist eine starke Königin, was das angeht glaub ich an sie.“, meinte Zira. Als das Rudel endlich am Königsfelsen ankam und auf die Rückkehr der Königsfamilie wartete, mussten sie gar nicht allzu lange warten, als Scar an der Höhle vorbei, in seine kleine, separate Höhle ging. Er musste wohl kurz nach ihnen losgelaufen sein, denn sie mussten wirklich nicht lange warten. Er sah so aus wie… immer. Kein bisschen traurig. Er sah einfach so aus wie immer. Diese Gleichgültigkeit allem gegenüber lag auf seinem Gesicht. Zira wollte etwas sagen, doch sie brachte es nicht übers Herz. Bei Scar wusste man nie ob er im nächsten Moment vielleicht doch in Tränen ausbrach… Na ja, das war unrealistisch… Sie wütend anzuschreien passte eher. Zira sah ihm abwesend hinterher, dann legte sie sich schweigend in eine dunkle Ecke der Höhle und lies den stillen Tränen ihren Weg gehen. Einige Zeit später erreichten schließlich Uru und Mufasa den Königsfelsen. Noch nie hatte Irgendjemand aus dem Rudel einen der beiden so unglaublich fertig gesehen. Sie waren klatschnass und sahen erbärmlich aus. Mufasas Mähne war verklebt und Urus Kleiner Fellbüschel hing ihr in die Augen. Ihre Augen waren verweint, die Wangen Tränenüberströmt und nichts auf der Welt hätte sie in diesem Moment wieder aufheitern können. Niemand traute sich etwas zu sagen und dieses unangenehme Schweigen herrschte wieder in der Höhle. Diese Stille, die Zira so sehr hasste. Sarabi seufzte einige Zeit später auf und meinte: „Ich glaube ich muss mal mit Mufasa reden… Er braucht mich jetzt dringender.“ Sarafina und Zira nickten stumm und sahen ihrer Freundin hinterher, wie sie sich zu Mufasa setzte und nach einigem Zögern einfach nur die Pfote auf seine legte. Was sollte sie gerade jetzt sagen? Worte waren nicht angepasst, zumindest noch nicht. Ob ich auch mit Scar reden sollte? Ihm kann der Tod seines eigenen Vaters doch nicht so egal sein, da ist doch mehr dahinter, dem kann das doch nicht so gleichgültig sein, dachte Zira und stand auf. „Wohin gehst du jetzt?“, fragte Sarafina. „Ich… halt‘s hier drin nicht aus.“, log Zira und lief aus der Höhle. Kapitel 26: Mal unter uns… -------------------------- Mit schnellen Schritten huschte Zira durch den Regen und blieb mit klopfendem Herzen vor Scars Höhle stehen. Wenn sie ihm erzählen würde dass sie es war… Was würde er mit ihr machen? Würde er es den anderen erzählen? Und Uru? Was würden die mit ihr tun? Die würden sie doch nicht auch für ihren Verrat töten, oder? Das konnten die doch nicht machen, das… das ging doch nicht. Die konnten sie doch zumindest verjagen, aber doch nicht gleich töten… Bitte. Oh Gott, sie konnten das nicht tun… Zira wollte am liebsten nicht daran denken, sonst würde sie doch noch kehrt machen. Aber das konnte sie jetzt nicht tun, nicht jetzt wo sie genau vor seiner Höhle stand. Los… jetzt. Oh Gott, Zira hatte Angst. Aber noch schlimmer waren die Schuldgefühle Ahadis Familie gegenüber, insbesondere Uru. Sie war immer so herzlich gewesen. Warum musste sie das alles ertragen? Sie war die letzte der Zira so was wünschte, die allerletzte… Also gut, jetzt würde Zira es Scar sagen… Los… Jetzt. „Scar… Darf ich reinkommen?“, fragte Zira vorsichtig und irgendwie hoffte sie ‚nein‘ zur Antwort zu bekommen. Erst gab es keine Reaktion, weshalb Zira schon gehen wollte, aber plötzlich sah sie zwei grüne Augen in der Dunkelheit aufleuchten. „Komm rein!“, sagte Scar einladend und ungewohnt fröhlich. Zira atmete auf. Jetzt gab es kein zurück mehr. Sie betrat die kleine Höhle und musste blinzeln, doch ihre Augen hatten sich schnell an die Dunkelheit gewöhnt. Scar lag entspannt auf dem Boden und sah zu Zira auf. „Willst du was fressen? Ich hab da hinten… irgendwo was liegen.“, meinte Scar. Seine Stimme klang völlig ungerührt, wirklich wie immer, so als wäre wie nie etwas gewesen. „Scar… Ich bin nicht hier um mit dir über Futter zu reden.“ „Ach wirklich? Warum dann?“ „Ich... wollte nur schauen wie’s dir geht.” Scar grinste süß und streckte den Kopf in Ziras Richtung. „Ach, wenn du da bist geht’s mir immer gut.“ Zira spielte verunsichert mit ihren Ohren herum. War ihm der Tod seines Vaters wirklich so egal? Und warum spielte er so mit ihr herum, was sollten diese bekloppten Sprüche? Sonst war er doch nicht so kitschig- anhänglich. „Ich wollte eigentlich…“ „Hey! Wenn du jetzt mit mir über den schrecklichen Verlust meines Vaters reden willst, dann sei erst mal ehrlich zu dir selbst: Ich hab ihn gehasst! Ich habe ihn wirklich gehasst“, meinte Scar gehässig „Komm, leg dich mal zu mir.“, sagte er mit einem ernsten Ton. Er klang so eindringlich und entschieden, dass Zira sich wortlos neben ihn fallen ließ und zu ihm sah. Er grinste gehässig und legte elegant die Pfoten übereinander, nahm wieder diese hoheitliche Haltung ein. „Zira, wir beide wissen dass mein Vater mir sonst wo vorbei ging. Ich erzähl dir jetzt mal, wie meine tolle Beziehung zu meinem wundervollen Vater war: Er hat sich nie um mich geschert, es gab nur Mufasa in seiner Welt, er hat mich immer wie Ausschussware behandelt. Einmal wollte er mit mir jagen gehen, konnte dann aber doch nicht, weil PLÖTZLICH etwas dazwischen kam – Was weiß ich, irgendein Zebra mit einer sinnlosen Beschwerde, ich weiß es nicht mehr. Aber für Mufasa, jaaa, für den hatte man immer Zeit. Und als ich dann noch größer wurde hat er mich geschlagen.“ Zira sah geschockt zu ihm und stammelte ein kleinlautes ‚was‘ hervor. Sie konnte es ja verstehen wenn Ahadi sie angriff, aber seinen eigenen Sohn? „Aber… warum? Ich… WAS?!“, rief sie ungläubig aus. „Das… das war einige Wochen bevor ich dich getroffen hab. Mein Vater hat mich mit den Hyänen erwischt und… Naja… Du kannst dir wohl denken was geschah, nicht“ Er zog eine Augenbraue hoch und sah vielsagend zu der Junglöwin „Er ist völlig ausgerastet, hat auf mich eingeschlagen… Naja… Zum Glück war meine Mutter dabei. Sie hat mich vor dem schlimmsten gerettet… Denk ich mal. Sie hat zwar mit Vater geredet, doch weder er noch ich mochten einander. Wirklich, ich kann mich nicht erinnern dass wir einander je nah standen. Ahadi hatte ja immer seinen Mufasa und ich… Na ja… Mutter hat keinen von uns so wirklich bevorzugt, wie soll man sich da wie was gaaaanz Besonderes fühlen“ Scar verdrehte abwertig die Augen und schnaubte genervt „Na ja, wenigstens ist er jetzt weg. Dann hat Mufasa niemanden mehr, der ihm alles hinten rein schiebt.“ „Und Uru? Die ist doch auch noch da…“, wand Zira, besorgt über das was sie soeben gehört hatte, ein. „Ja, schon, aber sie ist wenigstens gerecht. Sie hat keinen von uns bevorzugt. Sie ist gerecht, hast du mir nicht zugehört?“ „Doch… Tut mir leid, aber was du da sagst…“ „Zira, schluck es“, fuhr Scar sie etwas zu heftig an, woraufhin sie erschrocken die Ohren anlegte. „‘Tschuldige…“, murmelte sie schuldbewusst. „Ach, nich‘ so wichtig. Ich kann froh sein das mein Vater weg ist. Einer weniger der mich hasst. Wer auch immer Ahadi getötet hat… Er hat das einzig richtige getan, ich kann ihm dankbar sein.“ Der letzte Satz fuhr Zira wie ein Schauer über den Rücken. Okay, sie würde es ihm sagen. Jetzt. Jeden Augenblick. Los, los Zira! Sag’s ihm endlich! Sie öffnete das Maul, schloss es im selben Moment jedoch sofort wieder, da sie keine Ahnung hatte was sie nun sagen sollte. Wie sollte sie diesen Mist nur anfangen? Oh Gott, sie sollte sich wirklich zusammenreißen… Jetzt aber. „Scar…“ „Ja?“ Zira sah zu ihm, doch ein dicker Kloß bildete sich plötzlich in ihrem Hals und sie hatte das Gefühl nicht mehr sprechen zu können, keine Luft zu bekommen. So kam es dass sie doch wieder nur schwieg. „Ja? Was denn? Zira?“, hakte Scar nach, als nichts von ihr kam. „Hey… Stimmt was nicht? Du zitterst schon wieder so. Zira? Hey… Geht’s dir gut?“ Scar sah sorgenvoll zu ihr und legte seine Pfote liebevoll um sie. Wahrscheinlich registrierte er seine Handlung noch nicht mal so richtig. „Mann, Zira! Es ist stockschwül draußen und zitterst schon wieder so. Bist du sicher dass du dir nichts eingefangen hast? Schüttelfrost oder so?“, hakte Scar nach. Zira schüttelte energisch den Kopf, dann schluckte sie und nahm all ihren Mut zusammen. Sie musste ihn jetzt fragen, sonst würde sie es wohl nie tun. „Scar, würdest du mich jemals hassen? So richtig schlimm hassen?“ Scar grinste schief, zog gehässig eine Augenbraue hoch und sah sie neckisch an. „Ach was, nein… Ich hab dich doch gern… Du und meine Mutter sind wohl die einzigen die so denken.“ „Scar, ich mein das ernst: Würdest du mich jemals zutiefst hassen?“, hakte Zira energisch nach. „Nein, natürlich nicht – Du bist meine beste Freundin“ Wohl eher seine einzige „Und jetzt sag mir einfach endlich was du mir zu sagen hast. Ich merk doch das da noch mehr ist.“ Ziras Blick wand sich von Scar ab, als sie merkte, dass sie es nicht länger herauszögern konnte. „Was wäre wenn… ich dir sagen würde dass… ich Ahadi getötet habe?“ Der letzte Teil ihres Genuschels war jedoch so leise und unverständlich das Scar ihn nicht verstand. „Tut mir Leid… Ich hab das letzte Bisschen nicht ganz verstanden…Wenn du WAS tun würdest?“ Zira atmete tief ein, dann wiederholte sie: „Was wäre wenn… ICH Ahadi… getötet hätte?“ Zwar hatte sie wieder sehr undeutlich geworden, doch man konnte sie verstehen, wenn auch schlecht. Scars Augen weiteten sich schockiert und er konnte kaum glauben, was er da hörte. Sie… Das… Machte sie wieder einen ihrer seltsamen Witze? Weil… Sie meinte das doch nicht ernst, oder? Zira machte sich schon auf das schlimmste bereit – Besseres Gewissen hin oder her. Ja, obwohl ihr in diesem Moment ein Stein vom Herzen gefallen war, so wusste sie ebenso dass gleich alles den Bach heruntergehen würde. Wirklich alles. Sie konnte packen, verschwinden, sich davon machen – Es war vorbei. Wenn sie nicht gleich wegrennen würde, dann hatte sie doch keine Chance mehr. Wenn sie Glück hatte würde sie sich in die Wüste retten können. Doch plötzlich schlang Scar seine Pfoten um Zira und zog sie an sich. Zira erstarrte, doch was dann folgte, kam völlig unerwartet. „Das hast du wirklich getan?! Aber wie? Wie hast du das getan?! Aber ich bin so froh dass du das überlebt hast, du weißt gar nicht wie glücklich du mich gemacht hast. Du hast mir damit einen so großen Gefallen getan. Danke Zira, danke.“ Er schmiegte seinen Kopf dankbar an ihren und schleckte ihr schnell über die Wange. Freundschaftlich. Rein freundschaftlich. Zira war noch immer völlig schockiert, sagte jedoch erst mal gar nichts. Was passierte hier grade?! „Du bist mir wirklich nicht böse?“, fragte sie mit brüchiger Stimme. „Unsinn! Du glaubst nicht wie glücklich ich wegen der ganzen Sache bin. Zira, als wir da unter diesem Baum lagen und Zuzu mir sagte dass Vater tot sei… Ich konnte es nicht glauben, weil es einfach zu schön war um wahr zu sein. Und ich hab das alles nur dir zu verdanken… Ich… Was soll ich sagen? Du… Danke Zira“ Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich weich und er seufzte erleichtert auf „Aber bitte erzähl mir endlich wie zur Hölle du das geschafft hast. Und vor allem: Warum?“ Zira wand den Blick ab. Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Sie konnte nicht. Oder doch? Noch nie hatte sie jemanden davon erzählt. Und… Diese ganze Geschichte schien doch völlig unglaubwürdig und das obwohl sie sogar wahr war! Aber… Vielleicht sollte sie es einfach mal wagen, Viel zu verlieren hatte sie auch nicht mehr. „Scar… Wenn ich dir gleich was erzähle… Versprichst du mir dann es niemanden weiterzuerzählen? Niemals? Egal wie schlimm es auch klingt? Du wirst mich nicht hassen und es auch niemanden erzählen, ja?“, fragte sie eindringlich. „Versprochen.“, willigte er ernst ein. Er meinte es wirklich so. Zira atmete tief ein, doch sie zögerte. Nach langem Schweigen glaubte Scar schon dass sie es sich doch anders überlegt hatte, doch dann begann sie plötzlich zu erzählen – Von allem. Vom Tod ihrer Familie, von ihrer Kindheit bei einem Menschen. Von den Hyänen. Alles, bis jetzt. Scar hörte ihr die ganze Zeit aufmerksam zu, konnte wohl aber selbst nicht so ganz glauben was sie ihm da alles erzählte. Er saß nur da und hörte ihr zu. „Naja… und dann wollte er mich umbringen. Und plötzlich… Ich weiß nicht was da mit mir durchging. Ich hätte nie gedacht dass ich das überlebe. Ich hab mich nur verteidigt… und plötzlich… Ach. Ich weiß auch nicht weiter.“, beendete sie ihre Erzählung. Sie sah ängstlich zu Scar, war darauf gefasst dass er gleich auf sie losgehen würde oder noch schlimmer: Ihr nicht glauben würde. Und sie nur für eine miese Lügnerin halten würde – Sie würde es verstehen. Sie würde das doch selber nicht glauben. „Wow… ich… Also…“ Scar wusste nicht was er sagen sollte. Zira sah mit einem forschenden Blick zu ihm, um auch ganz sicher zu sein, dass er nicht wütend war. Doch er sah viel eher… fassungslos aus. Nicht wütend. Nur verwirrt. „Und? Glaubst wenigstens du mir jetzt, dass ich keinen heimlichen Verehrer hatte?“, fragte sie, einfach um irgendwas gesagt zu haben. Scar nickte kaum merklich, den Blick auf sie gerichtet. „Ja… Und… Es hätte sich doch keiner denken können was für eine Kindheit du hattest… Es klingt einfach alles so…“ „Du glaubst mir nicht, oder?“, fragte Zira weinerlich. Dann herrschte schweigen. Zira hatte das alles so unglaublich viel Mut gekostet und jetzt glaubte er ihr nicht... Zum Glück lag sie. Wenn sie gestanden hätte, dann wäre sie wahrscheinlich umgekippt, so zittrig fühlten sich ihre Beine an. „Scar… Weißt du eigentlich, dass du der erste bist, dem ich das erzählt habe?“, flüsterte Zira. Sie fühlte sich völlig fertig. „Das… hat dich viel Überwindung gekostet, oder?“ Zira nickte und seufzte. Eine stille Träne rann ihr über die Wange. Allein schon beim Gedanken, an all die, die sie in ihrem Leben geliebt und verloren hatte, kamen ihr die Tränen hoch. Doch es war nicht mehr so schlimm wie früher. „Hey… Nicht weinen, nicht schon wieder. Jetzt komm schon, schluck die Tränen runter und lächle. Mein Vater hat bekommen was er verdient und für den Tod von deiner Familie, Atu und Jerk kannst du auch nichts. Wie oft hast du heute schon geweint?“ Zira zuckte die Schultern und senkte den Blick. Doch Scar ließ nicht locker. „Genau, du weißt es schon gar nicht mehr. Ach komm, du bist doch sonst nicht so verweichlich. Kopf hoch, mein Vater ist Geschichte. Dich wird niemand mehr bedrohen.“ „Glaubst du mir? Scar sag es mir…“ Stille. „Tust du’s?“ „Ja. Ich glaub’s dir… Die Wahrheit ist nun mal manchmal… seltsam.“ Zira sah dankbar zu Scar. Er sag so… glücklich aus. Wie er sie anlächelte. Zira bekam eine Gänsehaut und musste einfach zurücklächeln. Er war ihr nicht böse, obwohl sie allen die ganze Zeit etwas ziemlich wichtiges verschwiegen hatte. Er glaubte ihr tatsächlich! Er war ihr nicht böse! „Danke Scar. Du bist wirklich der Einzige dem ich das alles erzählen würde.“, gestand sie und legte ihren Kopf dankbar auf seine Pfoten. „Macht’s dir eigentlich was aus, wenn ich heute Nacht hier schlafe? Ich kann deiner Mutter einfach nicht unter die Augen treten.“ „Schon okay… Ich hab Platz.“, meinte Scar und legte seinen Kopf auf ihre Schultern. Kapitel 27: Houston, wir haben ein Problem… ------------------------------------------- Als Zira am nächsten Morgen aufwachte, schlief Scar noch. Er hatte seine Pfoten auf ihren Rücken gelegt und seinen Kopf darauf aufgestützt. Zira wollte ihn jedoch nicht wecken und so schaffte sie es mit viel Geschick, sich irgendwie vorsichtig seinem Griff zu entziehen. Sie lief auf leisen Pfoten aus der kleinen, zugigen Höhle und entschloss sich etwas zu Fressen zu jagen. Auf die anderen Löwinnen konnte sie nicht zählen, die trauerten alle ihrem süßen Ahadi hinterher und Zira hatte einfach keine Lust von ihrer miesen Laune angesteckt zu werden – Sie war heute immerhin so verdammt gut drauf. Also musste sie wohl oder übel alleine jagen gehen. Der Regen hatte sich in der Nacht verzogen, doch jeder Grashalm war noch nass und die Erde unter Ziras Pfoten war matschig, was ihr das geräuschlose anschleichen erschwerte. Irgendwann schein sie jedoch glück zu haben und entdeckte eine kleine Antilopenherde, die in der Morgensonne fraß – Ihre Chance. Doch plötzlich schreckten die Tiere auf und rannten davon. Ganz toll! Und so schnell konnte aus einem Frühstück nichts werden. Genervt rollte Zira mit den Augen, unterdrückte ein wütendes Grollen und suchte weiter, bis sie schließlich einen angefressenen Gnukörper fand. Na wenigstens etwas. Auch wenn es nur Aas war, und die besten Stücke schon weg waren, so war Zira trotzdem froh es gefunden zu haben und bediente sich. Wenn die Anderen wüssten dass sie hier Aas fraß… Na ja, taten sie nicht, was scherte es also sie? Als sie schließlich satt war, sah sie mit einem belustigten Blick in Richtung des Elefantenfriedhofes und kicherte. Sie müsse sich unbedingt mal wieder mit den Hyänen treffen. Wenn sie auch nur in deren Nähe war, hellte sich ihre Stimmung immer sofort auf – Und das konnte sie nach dem gestrigen Tag nur zu gut gebrauchen. Als Zira den Elefantenfriedhof betrat, war das erste was ihr entgegenkam, angesehen von dem Geruch von Kadavern, ein hysterisch lachender Ed. „Hi Ed…“, begrüßte Zira ihn wie gewöhnlich. Doch Ed lachte nur weite rund hüpfte völlig überdreht um die Junglöwin herum. „Hoh, ganz ruhig mein Junge, was ist denn so schreckliches passiert?“ Zira, die inzwischen das nötigste von Eds Gebrabbel verstand, horchte auf. „Banzai… hat sich vor einem Elefanten verliebt? Nein… Warte… Banzai macht ‘nen plüschigen Schwanz zu liebe? Nein, auch falsch, das is‘ sinnlos… Ed, jetzt noch mal ganz langsam! Ich versteh kaum was!“, sagte Zira und legte eine Pfote beruhigend auf Eds Schulter. Ed hechelte aufgeregt und sagte nochmals sein unverständliches Zeug, diesmal langsamer und… ‚deutlicher‘. Und Zira horchte auf. „Was? Du glaubst…“ Sie kam mit dem Kopf näher, so dass niemand außer Ed sie hören konnte „… dass Banzai… und Shenzi…“ Zira konnte sich ein Grinsen einfach nicht verkneifen. Sie hatte diesen Verdacht schon eine Weile, hatte aber nie wirklich lange darüber nachgedacht. Aber wenn sogar das Dummerchen schlechthin, Ed, das merkte… OHOH! Die Situation musste gefährlich offensichtlich sein! „Hey Ed, wo ist Banzai denn?“ Ed lachte plötzlich wie wahnsinnig los, sank zu Boden und rollte auf dem Rücken herum, ehe er unter Lachkrämpfen geschüttet aufstand und ein unverständliches Brabbeln von sich gab. „Okay, ich geh dann mal gucken... du kranke Hyäne.“ Der letzte Teil war jedoch zu leise, als dass Ed es verstehen konnte. Aber natürlich meine Zira es nur lieb, wenn sie ihn krank nannte. Ed war einfach süß, auf seine trottelige, kindliche Art… Er erinnerte sie oft an Jerk… Das heißt… Eine noch krassere Form. Als Zira in die Richtung ging, die Ed ihr gezeigt hatte, nahm sie langsam aber sicher Banzais Witterung auf und folgte dieser. Der Wind war günstig für sie und führte sie direkt zu ihm. Sie fand sich schließlich im Geweihten Land wieder, nahe der Grenze zum Elefantenfriedhof. In der Ferne sah sie einige Elefanten fressen und auch ein paar Elefantenkälber spielten in einiger Entfernung zur Herde Spiele. Doch Zira interessierte das nicht, sie suchte nach Banzai. Was hatte er am helllichten Tag hier zu suchen? „Grr! Wo ist er nur wenn man ihn mal braucht?“, knurrte sie und schnupperte weiter. Bis sie plötzlich etwas sah, das sich im Gras bewegte. „Banzai? Was machst du denn hier?“, rief sie erschrocken aus. Banzai, mindestens genauso erschrocken, sprang panisch auf und sah schockiert zu Zira, die ihn entgeistert anstarrte. „Bist du bescheuert? RUNTER! Die sehen dich sonst!“ „Wer?“, fragte Zira verwundert. Außer den Elefanten sah sie keine anderen Tiere. War Banzai etwa auf Erdmännchenjagd oder was? „Na wer wohl?! Die Elefanten!“, murrte Banzai, so als wäre es etwas alltägliches. „Was? Ihr geht auf Elefantenjagd? Hey, wow! Wo sind denn die anderen Hyänen, ich könnte euch helfen wenn ihr wollt!“, meinte Zira begeistert. Elefanten… Wow, das war doch mal eine Herausforderung der anderen Art. „Welche ‚Anderen‘?“ Zira klappte die Kinnlade runter als sie das hörte! Das konnte er doch nicht ernst meinen! „BANAZI! Ich mein das ernst, wo sind die anderen Hyänen?! Das kann doch nicht dein Ernst sein, ich meine… Du kannst dich doch nicht mit einem ausgewachsenen Elefanten anlegen! Das… das muss doch ein mieser Scherz sein! Das kannst du doch nicht ernst meinen! Banzai! Ich rede mit dir! Antworte!“ Banzai rollte nur genervt die Augen. „Ey, komm malwieder runter! Für wen hältst du mich? Für Ed? Nein, sicher nicht! Ich schnapp mir nur so ein Kalb!“, knurrte er gereizt. Wie es aussah war er nicht zu Scherzen aufgelegt. „Was heißt hier ‚nur‘? BANZAI! Was soll der Unsinn?! Lass das sein, SOFORT!“, zischte sie wütend und sprang auf. Sie brüllte in die Richtung der Elefanten, doch diese… saudummen… hässlichen… graufaltigen… fettärschigen… Tiere sahen nur gelangweilt zu ihr und schienen weder sie noch ihre Warnung auch nur ansatzweise für voll zu nehmen. Natürlich… Warum sollten sie auch flüchten? Sie brauchten keine Angst vor einer einzelnen Löwin haben, sie waren die größten Landsäugetiere Afrikas – Aber Zira musste Angst vor ihnen haben. „Banzai! Was soll das?“, hakte Zira wütend nach. „Ich wird denen allen beweisen zu was ich fähig bin. Und dann… Ja, dann zollen sie mir vielleicht ein bisschen Respekt.“, knurrte Banzai wütend. Alles war gelogen das hörte Zira aus seiner Stimme raus. Banzai war ein schlechter Lügner, das war eine Tatsache. Sogar Ed hatte ein besseres Pokerface. Banzai ging es nie um Respekt oder Anerkennung, er pfiff gewissermaßen auf so was – Ehrlich. Er war froh wenn er seine Freunde, beziehungsweise seinen Bruder, um sich hatte… Also Shenzi und Ed. „Banzai! Du sagst mir jetzt auf der Stelle was du dir damit beweisen willst und wenn du es nicht tust, dann wird dir nur einer Respekt zollen: Deine Eltern – In den Sternen!“ Okay, vielleicht klang Zira zu hart. Vielleicht klang sie wirklich zu kalt und herrisch. Und vielleicht hätte sie das gar nicht sagen sollen, immerhin hatte sie Banzai damit an der Stelle erwischt, wo es ihm am meisten schmerzte, aber dennoch – Seine Reaktion war vielleicht doch etwas zu heftig. Mit einem Mal spurtete er los und schien die Welt um sich herum völlig zu vergessen. Er hatte nur noch ein Ziel: Ein Elefantenkalb – irgendeins. Zira sah ihm panisch hinterher. Sie hatte nicht mal die Gelegenheit gehabt ihn aufzuhalten, es war alles so plötzlich und schnell gegangen, sie war einfach nicht darauf gefasst gewesen. Aber wenn sie ihn nicht Augenblicklich von der größten Dummheit seines Lebens abhielt, war es vorbei mit ihm. Er war doch nicht mal erwachsen! Genau wie sie, wie Shenzi, wie Ed! Wie jeder der ihn gern hatte! Aber Zira konnte es nicht verantworten dass er draufging, sie hatte bis heute noch ein schlechtes Gewissen wegen Atu. Oh verdammt Banzai, denk doch bevor du handelst! Sofort spurtete Zira hinter ihm her, versuchte ihn zu bekommen. Und wenn sie dabei die Krallen ausfahren musste um ihn zu fassen! Als sie ihn schließlich eingeholt hatte, wollte sie nach ihm greifen, doch er wich ihr zu geschickt aus. „Banzai! Verdammt noch mal, was soll diese Scheiße?! Lass es! Lass es! Du wirst dich dabei noch umbringen, die Herde wird dich zertrampeln und dann wird es nicht so wie bei Ed enden, es wird kein Atu kommen und dich in der letzten Sekunde retten, so dass du ‚nur‘ ‘ne Behinderung davonträgst! Du wirst BREI sein! Das heißt, wenn überhaupt noch was von dir übrig ist!“, schrie sie ihn zornig an. Doch Banzai wollte nichts davon hören! Er schaltete anscheinend lieber nur auf Stur und rannte weiter. Zira musste sich schnell was Gutes einfallen lassen. Bald waren sie bei den jungen Elefanten und diese blöden Mistviecher dachten nicht mal daran abzuhauen. Zudem ging Zira langsam die Puste aus. „Verdammt noch mal, Banzai! Hast du während dieser Aktion JEMALS an Ed gedacht, deinen Bruder? Weißt du wie er dasteht ohne dich? Dann hat er niemanden mehr, dann ist seine ganze Familie verreckt! Und Shenzi? Die hat ihn dann am Kragen. Verdammt, das kannst du deinem Bruder doch nicht antun! Er würde das nicht verkraften auch noch DICH zu verlieren! Banzai, wach auf, du wirst das hier nicht überleben, du bist nicht Chuck Norris!“ Für eine Sekunde glaubte Zira einen traurigen Ausdruck auf Banzais Gesicht zu sehen, doch er hörte trotzdem nicht auf zu rennen. Er wollte dieses verdammte Elefantenkalb, fragte sich nur warum? Er hätte sich was leichteres aussuchen können, aber er, ja, ER musste sich gleich mit einer ganzen Herde von Vier-Tonnen-Kolossen anlegen! Zira hatte nur noch eine Möglichkeit, und wenn sie es diesmal nichts schaffen würde… Sie wusste auch nicht. „Du machst das doch nur wegen Shenzi! HÄH!? Hab ich nicht Recht? Komm gib’s doch endlich zu, du hast dich doch total in sie verknallt! Du hast dich über beide Ohren in sie verknallt und willst es nur nicht zugeben, weil du angst hast sie könnte dich zurückweisen und eure Freundschaft wäre dann dahin! Naaa, hab ich nicht recht? Hm, na, hast du nicht nur Angst, hat unser kleiner Banzai etwa aaaaaangst“ Plötzlich wurde Zira schmerzhaft bewusst, dass das völlig auf sie zutraf, aber momentan war das egal, Hauptsache sie schaffte es Banzai hiervon abzuhalten „Los, stimmt das etwa nicht!? Du liebst sie doch! Und du hast einzig und allein Angst und glaubst ihr durch Taten was beweisen zu können! Banzai hat aaangst!“, schrie sie hysterisch in seine Richtung. Plötzlich stoppte Banzai und sah mit einer Mischung aus blanker Wut und Schuldbewusstsein zu Zira. Sie hatte ja so recht… Mit jedem Wort. „Das stimmt nicht“, schrie er sie fassungslos an „Ich, ich… ich wollte doch nur…“ „Banzai, ich weiß was du wolltest, aber das kann so nicht funktionieren. Komm, gehen wir nach Hause.“, meinte Zira und sah flehend in Richtung des Elefantenfriedhofes. Sie wusste wirklich was Banzai meinte. Unglücklich verliebt zu sein, war das schlimmste was einem passieren konnte. Aber wenn sie jetzt nicht langsam gingen waren sie Matsch – Oh, zu spät. Denn plötzlich hörten die Beiden ein Trampeln hinter sich und erst jetzt realisierten sie wie nah sie den Elefantenkälbern eigentlich gekommen waren – ZU nah! Banzai legte ängstlich die Ohren an, als er die Elefanten ankommen sah. „Ohoh… Houston, ich glaube wir haben ein Problem…“ „Tja, und was machen wir jetzt?“, fragte Zira panisch. „Was hältst du davon wenn wir um unser Leben rennen?“ „Wow, genialer Einfall!“, rief Zira gespielt begeistert aus und beinahe zeitgleich rasten sie, so schnell wie ihre Pfoten sie nur tragen konnten, davon. Eine ganze Herde wütender Elefanten im Nacken zu haben, gehörte eigentlich nicht auf ihre Dinge-die-ich-in-meinem-Leben-unbedingt-erleben-will-Liste. So ist das also vom Jäger zum gejagten zu werden, dachte Zira sich und zum ersten Mal wurde ihr bewusst, wie froh sie darüber sein konnte, ein Raubtier zu sein. Banzai sah hechelnd zum Abhang, der den Elefantenfriedhof runter führte. Wenn sie dort angekommen waren, waren sie die Viecher los. Klar, Elefanten kamen hierher zum Sterben, aber sie betraten dieses Territorium für gewöhnlich an den flacheren Passagen. „Noch ein Stückchen!“, schrie Banzai und sprang mit einem gewaltigen Satz den Abhang runter. Zira hingegen hatte das Gefühl jeden Moment zerquetscht zu werden, so nah glaubte sie die Elefanten hinter sich zu spüren. Doch es trennten sie noch ein paar Meter vom rettenden Abhang und dann… dann würde sie sich nur noch in eine Ecke legen und nichts mehr machen. Die Sekunden kamen ihr wie Ewigkeiten vor, doch als sie dann mit einem gewaltigen Satz den Abhang hinunter fiel Zira, atmete sie erst mal erleichtert atmete auf, ehe sie zusammensank und erschöpft zu hecheln begann. „Bitte Banzai… Mach… das… nie wieder!“, flehte sie. „Zira… Ich glaub du hast mich von der größten Dummheit meines Lebens abgehalten.“, sagte er schnaufend. Er konnte wohl noch immer nicht fassen, dass er vor zwei Minuten wirklich so dumm gewesen wäre, und sich an ein Elefantenkalb getraut hätte – Nicht mal die Löwen machten das. "Jaja, immer gern. Wenn du das nächste Mal Hilfe brauchst, ruf aber bitte Super-Ed, der hat schon Erfahrung, was Elefanten angeht. Oh Gott, mein Rücken", stöhnte Zira "Wenn man vom Teufel spricht… Hi Ed!" Ed kam in diesem Moment angelaufen und warf sich seinem Bruder erleichtert um den Hals. "Hey, was ist denn Ed?" Ed gab irgendwelche Laute von sich und Banzai stockte. "Ist ja gut Mann, ich bin ja da. Ich lass dich schon nicht allein und ich mach den Blödsinn ja auch nie wieder, versprochen Mann.“ Obwohl Zira Ed nicht verstand, so musste sie nicht nachfragen, um zu verstehen was er gesagt hatte. Was sie jedoch nicht wussten, war dass Shenzi das Gespräch der Beiden mitbekommen hatte – Zumindest genug. Sie hatte in der Nähe der Herde gedöst, bis sie plötzlich überdeutlich die Stimmen der Beiden gehört hatte… Tja. Tjaaaaaa… Und jetzt gab es genau zwei Möglichkeiten, was mit Banzai passieren würde: Entweder sie würde seine Liebe erwidern, oder er würde das Morgen nicht mehr erleben – Wobei das letzte wahrscheinlicher war. Kapitel 28: Hyänenliebe ----------------------- „Also ich weiß nicht wie’s dir geht, aber ich geh nach Hause. Ich muss erst mal eine Runde schlafen, sonst überleb ich den Tag heute nicht mehr… Oh Mann und wir haben doch grade mal Morgen. Und Banzai, bitte bring dich und Andere innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden in keine lebensbedrohlichen Situationen!“, meinte Zira halb spaßend, halb ernst. Ed legte schützend die Pfoten um seinen Bruder und lachte laut, während er energisch nickte. „Ach, wie du sehen kannst passt der hier schon auf mich auf…“ Banzai schmiegte seinen Kopf freundschaftlich an Eds. Irgendwie hatte er seinen Bruder ja lieb… „Na dann bin ich ja beruhigt… Ed, pass auf ihn auf, ja?“, meinte Zira, kletterte den Abhang hoch und lief zurück zum Königsfelsen. Oh Gott, das war definitiv einer der Tage an denen man einfach im Bett hätte bleiben sollen. „Ed, du kannst mich jetzt loslassen, mein Nacken schläft ein.“ Banzai versuchte Ed von sich wegzudrücken, doch dieser heftete sich wie eine Klette an seinen Bruder. Ed lachte hysterisch und schleckte Banzai ein paar Mal über das Gesicht, ehe er schließlich doch locker ließ und die Pfoten von seinem Bruder ließ. „Ed, ist ja gut, ich bin ja noch da! Und jetzt lass mich mal kurz allein!“, meinte Banzai leicht genervt und trottete davon. Ed folgte ihm. „Eeeed, ich sagte du sollst mich in Ruhe lassen!“, schnauzte Banzai ihn an. Ed jaulte schuldbewusst und sah seinen Bruder verwirrt an. Was hatte er denn gemacht, warum war Banzai wieder so mies gelaunt? Und warum wollte er allein sein? Banzai sollte nicht allein sein, wer weiß was wieder passierte wenn Ed ihn wieder allein ließ? Hatte Banzai Ed heute nicht schon genug Angst eingejagt? Und dann sagten die immer dass er der Idiot sei. „Ed, nicht rumjaulen, es tut mir leid, ich hab’s nich‘ so gemeint“, versuchte Banzai Ed sofort wieder zu beruhigen „Aber… kannst du nicht ein bisschen Zeit mit Shenzis kleinen Geschwistern verbringen, du magst die doch so und Asake kann dich bestimmt gut gebrauchen und so.“ Na wenigstens schien ihn das überredet zu haben ihn allein zu lassen. Ed ging. Und jetzt war Banzai allein… Das wollte er ja auch. Er seufzte erleichtert und trottete einen der verschlungenen, steinigen Pfade entlang. Einfach irgendwo hin, einfach um sich die Pfoten zu vertreten, um irgendwas zu tun und diesen Mist von gerade eben zu vergessen. Doch sein Weg endete in einer kleinen Sackgasse, von denen es hier im Elefantenfriedhof mehr als genug gab. Hier hatte man meistens seine Ruhe und nur selten traf man hier eine andere Hyäne an. „Oh Mann, was für ein Tag… Und dabei haben wir grade mal Mittag. Mann, war ich blöd, ich glaub ich mach das nie wieder.“, ächzte Banzai und lies sich auf einen Stein fallen. Der Schock saß ihm um ehrlich zu sein noch immer etwas in den Knochen. „Ist auch besser so!“ Um ein Haar hätte Banzai in diesem Moment aufgebellt, doch schoss nur nach Luft schnappend nach oben. Oh nein, das war Shenzi – Und das war nicht sehr gut. Banzai sah erschrocken auf, doch er sah Shenzi bereits um die Ecke kommen. Sein Herz begann plötzlich bis zum Hals zu klopfen, vor allem weil sie so klang als ob sie wusste was er getan hatte – Aber woher wusste sie eigentlich von diesem ‚Zwischenfall‘? „Äh… äh… Hi Shenzi!“, stotterte er und setzte sich blitzschnell auf. „Selber ‚Hi‘! Also, was sollte das vorhin? Was habt ihr da geredet?“, fragte Shenzi ohne Umwege. Ja, so war Shenzi nun mal: Kam sofort auf den Punkt, ohne lange drum herum zu reden. „Ich… äh… weiß gar nicht was du da redest!“, stotterte Banzai und legte verunsichert die Ohren an, als Shenzi näher kam – Und sie kam gefährlich langsam nahe. „Banzai… Entweder du sagst mir jetzt was das sollte, oder du bis erledigt!“, knurrte sie gereizt. Sie war ungeduldig was das anging. „Ich, äh…“ Banzai sank unter Shenzis vernichtendem Blick zusammen und schluckte. Shenzi hatte sich vor ihm aufgebaut und an ihrer Stimme war zu erkennen dass sie es ernst meinte. „Also gut! Ja, ich geb‘s zu! Ich war im Geweihten Land, ja, und?“ Genervt starrte Shenzi zu ihrem Freund. Ihr Blick ließ Banzai zusammensinken und er schluckte trocken. Er konnte ihr einfach nichts vormachen. „Banzai…“ Er sah weg „Banzai!“ „Ja okay“, gab er kleinlaut, wie ein verschüchtertes Junges, zu „Ich wollte einen Elefantenkalb reisen, aber es ist ja nix passiert, so und jetzt tschüss!“ Banzai wollte sich schon aus dem Staub machen, doch Shenzi stellte sich ihm in den Weg. „Setz dich!“, sagte sie nachdrücklich. „Aber…“ SETZ DICH“, knurrte sie und ihre Stimme ließ keinen Wiederstand zu „Stimmt es was Zira da gesagt hat?“, fragte sie eindringlich. „Zira? Ach diese Löwin sagt viel, meinst du ich merk mir da alles was die sagt? Von was zur Hölle redest du, seit wann interessierst du dich groß für Ziras Gerede?“ „Banzai… Du weißt was ich meine.“ „Was denn?“ „Das was Zira gesagt hat… Das mit mir… und dir.“ Shenzi räusperte sich und sah Banzai eindringlich an. Er senkte gedemütigt den Blick und schluckte. Rausreden konnte er sich nicht mehr, zudem war er ein grausiger Lügner und ansonsten… Er hatte gar keine Wahl. Ihm war klar gewesen dass dieser Moment irgendwann kommen musste, aber doch nicht jetzt… Am besten nie. „Banzai, ich warte!“, murrte Shenzi ungeduldig. „Shenzi, angenommen, ich würde dir sagen, dass ich dich mag… Was würdest du sagen?“ Shenzi verdrehte die Augen. „Idiot. Ich mag dich auch, aber ich schäm mich nicht dafür!“, zischte sie. „NEIN“, fuhr Banzai ihr dazwischen „Ich schäm mich doch gar nicht dafür dass ich dein Kumpel bin!“ „Aha, und warum dann dieser Wortlaut?“ „Du, du hast mich ja gar nicht weiterreden lassen!“, verteidigte Banzai sich. „Ach nein? Na dann red mal weiter.“, keifte Shenzi. „Also… Wir beide kennen uns doch schon ziemlich lange, nicht? Und wir sind ja auch allerbeste Freunde, oder?“ Banzai errötete – Und das nicht schlecht. Gelobet sei sein Pelz. „Jaaaaa…“ Obwohl Shenzi versuchte nicht so furchtbar neugierig zu klingen, so lag in ihrer Stimme doch etwas unglaublich erwartungsvolles. „Also… Nun ja… Es… sei denn… du… also… Was wäre wenn… wir mehr als nur das wären?“, nuschelte er leise und die Röte stieg ihm ins Gesicht. Doch Shenzi verstand jedes Wort was er da murmelte und ihr stieß plötzlich Hitze ins Gesicht, bis in die Ohrspitze. Sie glühte regelrecht. Eigentlich fragte sie sich wer von ihnen sich gerade mehr errötete. Und Banzai bereute seine Worte augenblicklich. Er hatte alles kaputt gemacht. Schweigen. „Bitte sei mir nicht böse, ich… ich weiß das ich von dir nur ein ‚Nein‘ erwarten kann und dass ich keine Chance habe und du was Besseres verdient hast, aber bitte, lass uns doch Freunde bleiben, ich wollte hiermit doch nie unsere Freundschaft kaputt machen und… Es tut mir leid…“, jaulte Banzai verlegen legte im selben Moment schützend seine Pfoten über den Kopf, so dass, falls Shenzi ihn verletzten würde, was recht wahrscheinlich war, er nicht die allerschlimmsten Prügel abbekam. Doch als nach einigen Sekunden kein Schlag kam, sah er vorsichtig auf. Shenzi saß nur da und sah ihn mit einem süßen, schiefen Grinsen an, noch immer mit dieser Hitze im Gesicht – So wie er. „Also ist das alles wahr? Du…“ Shenzi schluckte „… du hast das wirklich nur wegen mir gemacht? Das… das ist…“ „Ich weiß, du hasst mich…“, unterbrach Banzai sie schwerfällig. „…süß.“, vollendete Shenzi jedoch ihren Satz unbeirrt – Um ehrlich zu sein gerührt. Banzai nickte unsicher – Einfach um irgendwas getan zu haben. Bei Shenzi wusste man nie… Entweder war er kurz davor ins Nirwana katapultiert zu werden, oder er stand kurz vor dem größten Triumph seines unerfüllten Lebens. Shenzis Grinsen wurde immer breiter. „Aber weißt du was? Ich würde dich wirklich gern schlagen“ Banzai zuckte zusammen und sah wieder verunsichert zu ihr „Ja, ich würde dich wirklich gern schlagen, dafür dass du mir das alles nicht schon früher gesagt hast, du Idiot!“ Sie kicherte. Banzai wusste nicht ob er Lachen oder weinen sollte. Was er überhaupt tun sollte. Ob das hier überhaupt Realität war. „Du… du… meinst, du…“, stotterte er hektisch. Er bekam vor Aufregung kaum noch Luft. „Ja! Hierauf hab ich doch gewartet.“, rief sie aus und schleckte Banzai plötzlich liebevoll über die Wange. Nicht auf die Freundschaftliche Art, wie sie es sonst untereinander taten, nein, das hier war ganz anders – Leidenschaftlicher… Zumindest etwas. „Äh… äh… Was?“, stotterte Banzai völlig baff und starrte sie mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Überraschung an. „Ja… Hast du’s immer noch nicht kapiert?“ Langsam wich die Röte aus Shenzis Gesicht und wich einem leisen, erleichterten Seufzen. Und dann rieb sie den Kopf an ihm, zwar zögerlich und fast schon sanft, aber sie tat es. Banzai, der erst jetzt so wirklich realisierte was hier grade eben passiert war erwiderte zögerlich Shenzis Geste und fuhr ganz vorsichtig mit seiner Zunge über ihre Wange – Und es fühlte sich verdammt gut an. Ein Meer an Glücksgefühlen durchströmte ihn in diesem Moment und in seinem Bauch kribbelte es wie wild – Er hätte sich genau jetzt nichts schöneres vorstellen können, es war als ob ein lang aufgeschobener Traum endlich in Erfüllung gegangen wäre. Oft hatte Banzai sich vorgestellt wie es wäre… Aber das hier war besser. „Denkst du wirklich ich wäre so blöd gewesen und hätte das nicht bemerkt?“, fragte Shenzi plötzlich mit einem schiefen Grinsen. Banzai zuckte nur die Schultern. Es war ihm völlig egal, für ihn zählte nur eines: Er hatte es geschafft. Er hatte es tatsächlich geschafft Shenzi das alles irgendwie zu erzählen, lebend aus der Sache rauszukommen und Shenzi dennoch für sich zu gewinnen – Wenn auch auf eine ziemlich erbärmliche Art. Eigentlich waren das fast schon zu viele Erfolge auf einmal für ihn. Ja… Banzai schwebte grade völlig auf Wolke Sieben. Für ihn war es der schönste Moment in seinem Leben – Wie oft hatte er davon geträumt sich mal eng an Shenzi zu schmiegen. Und jetzt war es tatsächlich so. „Und du bist dir ganz sicher…“ „Ganz sicher… Und jetzt sei ruhig, sonst bist du mich schneller wieder los als dir lieb ist.“, unterbrach Shenzi ihn grinsend und schleckte ihm liebevoll über die Schnauze. Sie hatte schon ‘ne ganze Weile diese Gefühle für ihn gehabt, aber es war etwas völlig neues, aufregendes ihm nun tatsächlich so nahe zu sein, in der Gewissheit dass er ihre Gefühle erwiderte. Es fühlte sich einfach nur gut an. „Nun komm schon… Gehen wir lieber wohin wo Ed uns nicht finden kann. Nichts gegen ihn, aber manchmal ist er wirklich fehl am Platz… Apropos Platz, dieser Ort hier ist der hässlichste Schandfleck des gesamten Elefantenfriedhofes.“ Shenzi zwinkerte vielsagend und Banzai leckte ihr liebevoll über die Schnauze. Er hatte es wirklich geschafft – Und leben tat er sogar auch noch. Zira bekam von all dem nichts mehr mit. Sie wollte eigentlich nach Hause, doch sie stockte, als ihr Blick plötzlich in eine Richtung schweifte. Sie sollte sich mal mit Chica aussprechen… dringend. Mit klopfendem Herzen kam sie nach einigen Stunden voller scheinbar pausenlosem schmachten durch die Mittagsschwüle, vor dem Hütte von Linda an. Sie war extra langsam gelaufen, doch jetzt stand sie trotzdem hier. Sie schluckte und sah sich um. Ein paar Zebras grasten in der Nähe, fraßen wahrscheinlich irgendwas was Linda ihnen hingeworfen hatte und nahmen panisch Reißaus, als sie Zira sahen. Wo war Linda nur? Ach genau… Momentan war Regenzeit. Jetzt verbrachte Linda ganzen Tag irgendwie nur damit Tiere zu beobachten, Dinge über sie aufzuschreiben und sich darüber wahrscheinlich auch noch zu freuen. Zira würde nie den Sinn dieser Aktivität verstehen… In ihren Augen war es sinnlos. Ha… Aber wie es also aussah war niemand da – Gut, dann konnte sie gleich wieder gehen. Zira seufzte, einerseits enttäuscht, andererseits irgendwie erleichtert dass sie nicht auf Chica getroffen war. Sie wollte umdrehen und gehen, doch als sie plötzlich eine Stimme hinter sich hörte erstarrte sie. „Na, wohin so eilig?“ Chica. Zira drehte sich um und sah der Hündin in die braunen Augen. Irgendwas lag in ihnen, was so eine unglaubliche, noch nie zuvor dagewesene Traurigkeit ausstrahlte. Der Stolz schien einfach nur dieser Leere gewichen zu sein. „Ich… Ähm… Ich wollte mich entschuldigen.“, meinte Zira kleinlaut und sah beschämt zu Boden. Sie hatte keine Wahl, wenn sie nun schon hier war. „Für was?“, fragte Chica kühl. „Na für… Jerk… Du sagtest es sei meine Schuld.“, brachte sie schweren Herzens hervor. Ihre Stimme klang dünn und brüchig und sie hatte das Gefühl kaum mehr Luft zu bekommen. Gleich würde sie losheulen, das war sicher. Chica seufzte und setzte sich auf die Veranda. „Zira, ich sollte mich entschuldigen. Das war doch nicht deine Schuld… Du hast versucht ihn zu retten. Ich… Ich war wütend, ich war traurig, ich musste einfach jemandem die Schuld geben! Und du warst nun mal die nächstbeste die dastand. Ich hab mich einfach ein bisschen besser gefühlt, als ich dir, als ich irgendwem, die Schuld geben konnte. Es tut mir Leid… Aber… Ich war so wütend, auf diesen gottverdammten Löwen…“ „Ahadi.“, zischte Zira herablassend. „Ja, genau der! Es ist seine Schuld!“, brachte Chica wütend hervor und Zorn, unendlicher Zorn, mischte sich in ihre Traurigkeit. „Genau! Es ist alles seine Schuld!“, knurrte Zira. Dann herrschte für einige Sekunden Ruhe. „Ähm… Ich geh dann wieder rein… Ich glaub es regnet bald.“, meinte Chica schließlich und öffnete mit den Vorderpfoten die Tür. „Und Zira… Tu mir den gefallen und hör nicht immer auf Andere, wenn sie sagen etwas war deine Schuld, wenn du genau weißt dass es nicht so ist. Das heißt, solange es wirklich nicht deine Schuld war.“ Zira nickte und lief so schnell sie konnte zurück zum Königsfelsen. Langsam brachen die Tränen wieder Stück für Stück aus ihr heraus. Chica sollte sie nicht heulen sehen. Wimmernd wand Chica den Blick ab und blieb Lustlos in der halboffenen Tür sitzen. Jerk… Warum merkt man erst wie sehr man etwas lieb hat, wenn es weg ist? „Hey Zira, wo warst du den ganzen Tag?“, begrüßte Sarafina ihre Freundin. „Ach, ich war erfolglos jagen.“, log Zira schnell. „Wenn du willst können wir’s ja zusammen versuchen.“, schlug Sarafina vor. „Bist du verrückt? Bei dem Wetter? Niemals! Ich will nicht nass werden.“ Sarafina sah nachdenklich in den Himmel und nickte, ehe sie plötzlich fassungslos auf irgendwas starrte und erschrocken nach Luft schnappte. „Zira… D- dein Ohr“, rief sie aus „Sag mal, fehlt dir etwa ein Stück von deinem Ohr“, rief Sarafina plötzlich aus. „Und das Metallstück ist ja auch weg!“ „Wow und das hast du ganz allein herausgefunden? Ey Sarafina, ich bin stolz auf dich“, meinte Zira und versuchte mehr oder weniger lässig zu klingen „Aber bedank dich bei einem Leoparden, ja?“, meinte Zira mit gespieltem Entsetzten und lief in die große Schlafhöhle. Bitte, sie wollte nur ihre Ruhe. Kapitel 29: Veränderungen ------------------------- Seit diesem Abend war inzwischen nicht mal ganz ein Jahr vergangen, doch Zira kam es all sehr viel kürzer vor als es eigentlich war. Es war verrückt… Sie war nicht mal erwachsen, doch dennoch schien sich so vielen Dingen weiterentwickelt zu haben – Sie war in vielen Dingen reifer geworden und dennoch hatte sie von sich selbst noch immer gleichzeitig das Gefühl irgendwie noch immer ein kleines, dummes Junges zu sein. Doch man musste sagen dass Sarabi und Sarafina daran auch ihren Til beitrugen. Egal was Zira machte und wie sehr sie versuchte ‚erwachsen‘ darin zu wirken, Sarabi und Sarafina waren ihr immer einen Schritt voraus. Und irgendwie war es genau das, was Zira so entmutigte und sie dazu brachte doch wieder in ihr, wie Sarabi es nannte ‚kindische und total unreife Verhalten‘ zurückzufallen. Dabei… Na ja, Zira fand dass sie in einer Menge Dinge anders geworden war. Sie spielte nicht mehr so gern wie früher. Und irgendwie war sie… Ernster geworden. Sie sah vieles noch trockener als zuvor. Vielleicht war das der einzige Vorteil den Jerks Tod mit sich gebracht hatte. Zira war ernster geworden. Und sie hatte einen manchmal zu trockenen Humor, der nicht unbedingt von jedermann verstanden wurde. Egal… Zira hatte noch immer ihre Freunde – Sarabi, Sarafina und Scar. Obwohl… Irgendwie war das alles komisch… Sarabi und Sarafina schienen Zira manchmal so, so… fast schon eingebildet, dass sie sich fragte ob die Beiden überhaupt noch ihre Freundinnen waren. Doch im nächsten Moment waren sie dann wieder so nett, so hilfsbereit und freundschaftlich, dass Zira alle Bedenken zur Seite wischte. Und Scar… Hm. Es war… kompliziert. Irgendwie waren sie schon so was wie Freunde, doch sie zweifelte manchmal daran… Wie konnten sich Zwei, die sich zweimal am Tag für ein paar Minuten trafen, überhaupt als ‚Freunde‘ bezeichnen? Aber Freunde zu sein war Zira lieber als… nichts. Hoffnungen auf mehr hatte sie sowieso keine mehr. Scar schien überhaupt kein Interesse in sie, generell in irgendeine der Junglöwinnen, zu haben. Warum sollte sie sich also durch dieses dumme Wunschdenken Hoffnungen machen? Das hatte sie noch nie im Leben weitergebracht. Es machte ihr nur Kummer. Aber es war ja nicht so schwer seine wahren Gefühle vor Scar zu verbergen… Durch diesen permanenten Sarkastischen Unterton, mit dem Zira nur zu gerne sprach, klangen solche Dinge wie ‚Ach, wie charmant von dir, Scar‘ oder ‚Und ich liebe dich, hm?‘, gleich viel ironischer. Eigentlich wollte Zira das ja auch… Seine Nähe war für sie einfacher zu ertragen wenn sie solche Kleinigkeiten hin und wieder rauslassen konnte und er dann nur kurz schief grinste, weil er dachte sie meine das ironisch, anstatt gar nichts zu sagen. Seit dem Tod Ahadis regierte Uru mehr oder weniger erfolgreich. Natürlich war sie anfangs verunsichert und vielleicht sogar verängstigt gewesen, Ahadis Königreich ganz allein zu regieren, doch… sie machte ihre Sache gut. Sie war genauso gut wie Ahadi, vielleicht sogar besser. Und auch der kleine Zazu, Zuzus Küken, wuchs schnell heran und mit ihm hatte Zuzu nicht nur einen wunderbaren Sohn, sondern auch einen würdigen Nachfolger gefunden, der eines Tages dem König treu zur Seite stehen würde. Und ansonsten? Oh ja, ein wirklich episches Ereignis hatte sich auch noch zugetragen: Sarabi und Mufasa waren endlich ein Paar geworden – Nach mehr als einem verdammten Jahr. Doch wenn es nach Zira und Sarafina ging, war es schon höchste Zeit. Und dann gab es da natürlich noch Banzai und Shenzi. Als Zira eines Tages zum Elefantenfriedhof gekommen war, sie weiß noch nicht mal mehr wann genau das war, kam Ed wie ein Irrer auf sie zugestürmt und hatte sie mit seinem Gebrabbel vollgelabert. Zira musste mindestens fünf Mal nachfragen, bis sie endlich verstanden hatte was er sagte – Und sie konnte sich ein breites Grinsen einfach nicht verdrücken. Sie freute sich für Banzai dass er es endlich geschafft hatte. Und wenn Zira so darüber nachdachte, so waren sie ein wirklich süßes Pärchen. Zugegeben: Man sah es ihnen im ersten Moment wirklich nicht an. Sie prügelten sich noch immer sehr gerne, doch machten immer wieder hier und da ein paar Anmerkungen. Natürlich wollte Zira sich für sie alle freuen, aber in Wahrheit wurde sie gelb vor Neid! Jeder, wirklich jeder schien irgendwie mit seiner wahren Liebe zusammenzukommen! Sogar Banzai hatte es tatsächlich geschafft, auch wenn Zira es ihm nie zugetraut hätte – So hart es klang, aber er hatte auf sie, was das anging, immer einen fast schon schüchternen Eindruck gemacht. Und Sarafina? Die schaffte es fast jeden Monat sich einen zu schnappen – Und wurde entweder von denen sitzengelassen oder verlor das Interesse. Sarafina war keine Schlampe oder so, aber irgendwie schien nie der richtige dabei zu sein. Doch am demütigsten war es bei Sarabi: Sie und Mufasa gaben das Perfekte Paar ab und immer wenn Zira die beiden kuscheln sah, wünschte sie sich innerlich, dass sie und Scar an deren Stelle wären. Aber er sah nun mal nicht mehr als eine Freundin in ihr – Wahrscheinlich nicht mal das. Doch eine Sache war noch schlimmer als das: Seit Sarabi mit Mufasa zusammen war, war alles anders geworden! Sarabi fing richtig an ‚erwachsen‘ zu werden. Klar, die Löwinnen waren jetzt fast drei Jahre alt, doch eigentlich wollte Zira noch, tief in sich drin, eine vorlaute Junglöwin bleiben, auch wenn sie das mit dem ‚vorlaut‘ sehr gut hinbekam. Sarabi hingegen wurde immer erwachsener – Und wie toll sie doch immer tat! Und Sarafina schloss sich auch immer öfter Sarabis Meinung an – Es war zum Davonlaufen. Sie hatten sich so verändert… Darum flüchtete Zira auch immer öfter zu Shenzi, Banzai und Ed. Sie waren noch immer so verspielt und lustig wie früher. Vor allem Ed hatte sich KEIN BISSCHEN verändert. Und sie waren nicht so unerträglich ernst! Ja, Zira war auch reifer geworden, aber die Anderen übertrieben es… Wirklich. Das taten sie. Doch mit der Zeit hatten sich alle auch äußerlich verändert: Zum Beispiel war Scars Mähne noch ein ganzes Stück gewachsen, sie war dichter geworden, jedoch noch nicht völlig vorhanden und er war noch ein wenig gewachsen. Jedoch blieb er genau so dünn wie er es schon immer war. Sowohl er als auch Zira glaubten kaum mehr daran dass aus Scar mal so was ähnliches wie sein Bruder werden könnte. Mufasa war ein richtig mächtiger Löwe geworden – Groß, bullig, stämmig. Das genaue Gegenteil von Scar. Doch so gut Zira sich im Laufe des Jahres auch mit Scar verstanden hatte, so gab es genauso sehr auch jemanden, den sie dafür vernachlässigt hatte: Chica. Seit der Sache mit Jerk war sie die Hündin nur noch selten Besuchen kommen… Sie hatte nach und nach das Gefühl ihr immer fremder zu werden… Auch wenn sie wahrscheinlich selber Schuld daran hatte. Doch an diesem Tag wollte Zira ihre alte Freundin mal wieder besuchen gehen. Schon so lange war sie nicht mehr dort gewesen, schon so lange quälte sie dieses furchtbare Gewissen. „Hey Chica, wie geht’s dir?“, begrüßte Zira ihre Freundin, die müde auf der Veranda lag. Doch irgendwas war heute anders… Zira konnte nicht sagen, aber es lag was in der Luft was ihr nicht gefiel… Eine gewisse Aufbruchsstimmung, als hätte jemand was vor… Es war schwer zu beschreiben, aber die Aufregung war spürbar. Und dann sah Zira Linda Gepäck auf der Ladefläche ihres Geländewagens festzurren. „Woha, was macht ihr denn? Geht Linda auf Forschungstour XXL?“, lachte Zira, jedoch eher um irgendwas gesagt zu haben und setzte sich zu Chica. Die Hündin gähnte herzhaft, ohne irgendwas zu sagen. Ohne Zira in die Augen zu sehen. „He, ich rede mit dir.“, meinte Zira ernst. „Was? Oh, nein, nein. Entschuldige, aber ich bin so benebelt von diesem Beruhigungsmittel…“ „Für was braucht du Beruhigungsmittel?“, fragte Zira verwundert nach. Irgendwie gefiel ihr das alles hier nicht. Plötzlich sah Chica auf und hätte sich schlagen können! Sie dumme Kuh! Sie saudumme Hündin! Warum hatte sie das auch gesagt!? Verflucht sei dieses Beruhigungsmittel! Doch wie es aussah, musste sie Zira jetzt die Wahrheit sagen. Sie musste. Sie konnte sie hier nicht einfach zurücklassen… Dieser Tag würde früher oder später doch sowieso kommen, wenn sie eines Tages wieder hier her kommen würde und merken würde dass… Dass sie alle weg waren. „Ähm… Schätzchen… Du… also… Wozu ist Linda denn hier?“, begann Chica schließlich unsicher. „Hä? Äh… Wegen so einer Universität in einem Land, weit, weit weg von hier.“, antwortete Zira. Es hatte sie nie auch nur ansatzweise interessiert – NIE. „England.“ „Ja, genau.“ „Und was macht Linda hier?“ „Äh… sie erforscht irgendwas. Wie Tiere sich verhalten und wie sie wandern… Und so ‘n Zeugs. Is‘ doch eh unwichtig.“ Zira verstand grade gar nichts. Das wusste sie doch alles! Aber warum fragte Chica sie das alles? „Genau… Und meinst du diese Forschungsarbeiten hören jemals auf?“, fragte Chica weiter. „Ich denke schon…“ Zira wurde nun doch langsam mulmig zumute „Und?“ „Ja, das stimmt auch. Sie sind beendet.“, brachte Chica schließlich nach ein paar Sekunden angespannten Schweigens hervor. Doch Zira verstand immer noch nicht was genau sie ihr damit sagen wollte. „Und?“ Chica holte tief Luft. Es fiel ihr unglaublich schwer das zu sagen, aber sie konnte es Zira nicht vorenthalten. Es wäre falsch. Jetzt war es sowieso zu spät. „Zira… Schätzchen… Du… wir zwei hatten letztes Jahr nicht gerade die beste Beziehung und… Na ja… Wir sind ja eh nicht grade die Nummer eins in deinem Leben, oder?“ Entsetzt sah Zira Chica an und wand sofort ein: „Nein! Unsinn, Chica, ich weiß dass die Sache mit Jerk und alle ein wenig… entfremdet hat, aber du… Du und Linda, ihr werdet auf alle Zeit die sein, die mich großgezogen haben… Meine Familie. Ich liebe euch, auf die Art wie man Schwestern liebt… Oder seine Mutter. Aber ich liebe euch, vergiss das bitte nie!“ Zira konnte es einfach nicht glauben – Dachte Chica echt, sie würde sie nicht mehr lieben? Doch das war nicht das was Chica hören wollte. Ganz im Gegenteil, ihr wäre es am liebsten gewesen wenn Zira auch so gedacht hätte, wenn Zira sich einfach nicht mehr mit ihr und Linda verbunden gefühlt hätte… Aber so war es nicht. Und genau das trieb Chica Tränen in die Augen. „Zira… Wir wer werden gehen.“ „Ach so! Darum das Packen! Und wann kommt ihr wieder?“, fragte Zira neugierig. „Nein… Du verstehst nicht. Wir werden gehen. Für immer. Die Forschungsarbeiten sind vorbei. Wir gehen zurück nach Hause.“ Dieser Moment ließ für Zira eine Welt für sie zusammenbrechen. Das durfte nicht ihr ernst sein! Sie durften doch nicht gehen! Mit ihnen würden die gehen, mit denen Zira eine wundervolle, unbeschwerte Kindheit hatte! Mit ihnen würde ihre Familie gehen! Sie hatte doch wirklich niemanden mehr! Was sollte das? Warum tat man ihr das an? „Aber… Ihr dürft nicht gehen! Dann komme ich eben mit!“, schrie Zira panisch und sprang hektisch auf. Chica seufzte. „Darum wollte ich doch dass du uns loslässt… So leicht geht das nicht. Zira, du bist kein Schmusetier – Du gehört in die Wildnis! DAS ist dein zu Hause.“ „Aber… Ihr dürft nicht gehen! Außer euch… Wen hab ich denn dann noch? Du weißt was mit meiner Familie geschah! Du kennst die Geschichte!“, heulte Zira und schlug im nächsten Moment wütend ihre Krallen in den Boden. „Pssst, pssst! Ganz ruhig!“ Chica legte tröstend die Pfote auf Ziras Rücken und schmiegte ihren Kopf an ihren. Auch wenn Zira inzwischen größer war als sie, so kam sie ihr in diesem Moment wie das kleine, verzweifelte Junge von vor zwei Jahren vor. „Zira… du hast ein gutes Rudel gefunden, hast Freunde und ich wünsche dir nur das Beste für dich. Du bist unsere kleine Zira, ja? Jerk wäre stolz auf dich, wenn er gesehen hätte was aus dir geworden ist und ich hoffe du findest eines Tages einen Löwen mit dem du deine eigene Familie haben kannst. Du bist eine wundervolle Löwin geworden und ich hoffe einfach nur…“ Chica stockte und versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Ihre Stimme klang zittrig. „… du findest wonach du suchst.“ In diesem Moment kam Linda, mit einer Reisetasche um den Arm aus dem Haus gelaufen. Sie sah einen Moment erschrocken zu Zira, doch als sie das Loch in ihrem Ohr bemerkte, atmete sie erleichtert auf. Es gab nur eine Löwin mit solch einem perfekten, runden Loch im Ohr und das war ihre Zira. „Hey meine Süße… Wir… wir müssen gehen. Tut mir leid meine Große… Oh Mann, warum rede ich überhaupt mit euch? Ihr versteht mich ja doch nicht…“ Oh je, wenn sie wüsste… Linda wand sich von ihnen ab, sah jedoch schweren Herzens noch einmal über ihre Schulter zu Chica, welche ihr daraufhin folgte. Zira sah mit einem traurigen Blick zu ihr. Und alles kam hoch… All die Erinnerungen…Was sie schon alles hier erlebt hatte. Was für Blödsinn sie immer angestellt hatte. Wie liebevoll sich trotzdem jeder um sie gekümmert hatte. Und plötzlich wurde ihr bewusst was für eine wundervolle Kindheit Zira doch eigentlich, trotz allem, gehabt hatte. Linda hatte alles getan um Zira alle Sorgen vom Leib zu halten. Sie alle hatten sie immer so behütet und lieb gehabt und jetzt… gingen sie einfach weg und ließen sie in einer Welt zurück, die keinerlei Gnade kannte… Das würde Zira noch oft genug mitbekommen. Aber das konnten die doch nicht machen, Zira hatte sie doch so lieb… Jemanden den man lieb hat, den verlässt man nicht… Sie wollte das einfach nicht wahr haben. Aber warum wurde Zira das jetzt erst richtig bewusst? Jetzt, wo sie alle so gut wie weg waren? Obwohl Linda Chica bereits ins Auto gebracht hatte, stockte sie plötzlich und wand sich noch einmal Zira zu. „Na dann meine Große… Ich wollte mich dann mal verabschieden. Wir müssen dann gehen. Wir werden nach Hause fliegen, lustig, was? Na dann…“, meinte Linda seufzend „…viel Glück, Süße.“ Linda streichelte ihr ein letztes Mal über die Stirn, fuhr mit den Fingern Ziras Aalstrich nach und sah mit einem letzten Blick zu ihr. Warum merkt man erst wie viel dir jemand bedeutet, wenn er weg ist? Das fragte Zira sich genau jetzt. Jetzt, wo sie weg waren, aus ihrem Sichtfeld verschwunden. Nicht mal ihr Geruch blieb ihr, er verblasste mehr und mehr, bis er schließlich ganz verschwand. Mit einem Mal hatten sie keine Existenz mehr. Ein paar stille Tränen rannen ihr über die Wangen, doch sie wollte stark sein. ‚Zum Weinen bist du zu alt‘, würde Sarabi jetzt sagen. Sie durfte nicht weinen… Die… die hatten sie einfach allein gelassen, so was verzeiht man nicht. Und so jemandem weint man nicht hinterher. Die hatten sie tatsächlich allein gelassen. Kapitel 30: Ich liebe dich -------------------------- Mit zusammengebissenen Zähnen und einem Blick der töten könnte, kam Zira zum Königsfelsen zurückgestampft. Sie machte sich nicht mal Mühe ihre Wut, Enttäuschung und gleichzeitige Traurigkeit zu verstecken. „Zira?“ „Schnauze Sarafina!“, zischte Zira verbittert und lief unvermittelt an ihr vorbei. „Hey, was ist denn? Kein Grund mich so blöd anzumachen, ja? Mann, wie alt bist du?“ Sarafina rollte genervt über Ziras Verhalten die Augen und seufzte. „Wie alt ich bin?! Zira fuhr wütend um und funkelte böse „Zwei Jahre und acht verdammte Monate, alt und rief genug? Nein?! Ach jaaaa, wie konnte ich nur vergessen, du und Sarabi seid ja viiiiiel erwachsener als ich, ich bin aber auch doof!“ „Hey“ Sarafina schien nun doch etwas eingeschüchtert zu sein „Ich mein‘s ja nicht so, Zira, bitte, beruhige dich mal.“, bat sie. „Pah, warum sollte ich? Weißt du was? Geh doch einfach zum nächstbesten Junglöwen im Umkreis von zehn Kilometern und Sarabi sollte sich auch lieber zu ihrem geliebten, wundervollen, großartigen Mufasa gehen, aber… oooooh, nein, entschuldige, da ist die ja schon! Und jetzt lass mich bloß in Ruhe!“ „Zira…“ Sarafina startete wohl noch einen letzten Versuch, doch Zira war schneller. „Halt die SCHNAUZE!“, brüllte sie so laut, dass es wahrscheinlich der gesamte Königsfelsen gehört hatte – Zumindest sah jeder zu ihr, was sowohl ihr als auch Sarafina mehr als peinlich war. „Lass mich einfach in Ruhe.“ Mit diesen Worten und gesenktem Kopf, entzog Zira sich den Blicken der Anderen. „Wie konnten sie es nur wagen?“ Ihre Wut war inzwischen der Enttäuschung und auch der Traurigkeit gewichen. Doch die Wut hinderte sie daran auch nur eine Träne zu vergießen. „Hey, was war’n das vorhin für’n Geschrei?“, ertönte jedoch plötzlich eine Stimme hinter Zira. Sie saß an dem kleinen Wasserloch, hinter dem Königfelsen. Da, wo sie sich immer gern verkroch wenn irgendwas mal wieder schief gelaufen war. Hier war nie jemand – Zumindest meistens. „Was willst du Scar?“, murrte sie ungehalten. „Nichts. „Gut, dann kannst du jetzt ja gehen.“ Zira sah ungeduldig zu ihm, mit dieser genervten Miene und aufgestellten Nackenhaare, so außer sich war sie noch immer. Scar hielt jedoch einen Moment inne, als sie ihn so ansah. Irgendwie gefiel ihm dieser Anblick. Zira sah durch das abstehende Fell und den gereizten Blick so kratzbürstig und gleichzeitig irgendwie herausfordernd aus, so als würde sie nur darauf warten dass Scar sie noch mehr nervte… Und irgendwas an diesem Anblick reizte ihn sehr. „Meine Güte, was ist nur los mit dir? Du bist vielleicht drauf…“, meinte Scar mit einem nicht zu verleugnenden, verführerischen Unterton in der Stimme. „Uhhh, wie charmant du doch sein kannst, wirklich Scar.“ Zira verzog die Lefzen zu einem sarkastischen Grinsen und verdrehte noch genervter die Augen, doch als Scar sich plötzlich zu ihr legte und die Pfoten auf ihrem Rücken ruhen ließ, hätte sie fast aufgeschrien, so sehr erschrak sie sich. Vor was genau sie sich eigentlich erschrocken hatte konnte sie aber nicht mal sagen, es war wahrscheinlich einfach die Tatsache dass es ein wenig… unerwartet kam… Und dass Scar sie gefährlich nah am Becken berührte – Was das anging war Zira äußerst empfindlich… Zumindest wenn es um Männchen ging. „Also, was ist mit dir?“, fragte Scar nochmals. Klasse, er hatte sich festgebissen und wenn Scar wollte, konnte er sehr hartnäckig sein. Erst wollte Zira ihn wieder loswerden, aber dann fragte sie sich was sie denn zu verlieren hätte, wenn sie es ihm jetzt sagte… Er wusste doch sowieso als einziger davon. Er und keiner hier sonst. Sollte er ruhig wissen dass die sie allein gelassen haben. Zira seufzte und holte tief Luft. Jetzt bloß nicht heulen. „Scar, wir haben doch mal über was geredet… was nur wir beide wissen…“, begann Zira zaghaft. „Die Hyänen?“ Zira verdrehte die Augen „Sei doch nicht wieder so egoistisch! Nein! Ich rede von der anderen Sache… die mich allein betrifft, du weißt schon.“ Nein wusste er nicht. „Ach komm schon Scar, wir haben vor nicht mal einem Jahr darüber gesprochen.“ „Äh…“ Zira bleckte drohend die Zähne und knurrte leise, doch Scar zuckte nicht mal zusammen. „Scar! Ich meine den Abend nach Ahadis Tod! Da hab ich dir was erzählt, falls es dir nicht völlig sonst wo vorbei ging.“ Zira hatte keine Ahnung warum, aber sie fühlte sich regelrecht verletzt, als Scar nicht sofort reagierte. Sie hatte ihm damals ihr Herz ausgeschüttet, ihm ihr tiefstes und ‚dunkelstes‘ Geheimnis erzählt, sie hatte eine Heidenangst vor seiner Reaktion gehabt und nun hatte er alles einfach vergessen oder was?! Er hatte danach zwar nie auch nur ein Wort darüber verloren, aber wie konnte er das hier nur abziehen? Wie konnte er mit so was einfach umgehen wie mit einem alten Knochen, den man einfach wegwerfen konnte? Für wen zur Hölle hielt er sich?! Doch nun schien es bei ihm klick zu machen. „Ach das… Bist du danach überhaupt noch zu denen hingegangen?“ Zira schluckte. Toll, jetzt hatte er es erraten und das erste was er tat war ihr eine extrem unangenehme Frage dazu zu stellen. „Na ja…“ Sie schluckte „Ja, aber nicht mehr bei weitem so oft wie davor… Dieser Tag hat einiges verändert…“ „Du bist reifer geworden.“, meinte Scar nun. „Dir fällt so was auf?“, fragte Zira überrascht. Scar ging jedoch gar nicht auf Ziras Frage ein, sondern kam nun wieder zum Punkt: „Aber was ist denn nun mit dir heute los?“ „Weißt du…“ Sie dachte einen Moment darüber nach es langsam anzugehen, doch dann ließ sie die Idee fallen „… Sie sind weg.“ „Weg?“ Scar sah sie überrascht an. Ja, Zira war recht direkt, aber nicht SO direkt. „Kannst du dir da vorstellen? Da komm ich heute, zufällig, nach Wochen, wieder zu ihnen und da sagen sie mir zufällig, dass sie jetzt gehen? Ans andere Ende der Welt! Ich meine… Tut man so was? Tut man so was demjenigen an, den man liebt?“ „Na ja… Zira, sie haben dich aufgezogen und so, aber es sind nun mal… Na ja, das eine ist ein Hund und das andere ein… Mensch. Von so was hält man sich eigentlich fern und ich glaub meine Mutter hatte ihre Berechtigung, warum sie mir das immer eingetrichtert hat.“ „Schon, aber ich dachte… Sie haben mir das Leben gerettet, verstehst du, das war so lange meine Familie, ich meine… Ich hab sie geliebt wie eine Familie und jetzt haben sie mich einfach ins kalte Wasser geschubst. Ich meine, was wäre wenn ich heute nicht gekommen wäre, sondern später? Dann wären sie schon weg.“ „Zira, es ist besser so.“, meinte Scar entschlossen. „Ich war in letzter Zeit nicht mehr oft bei ihnen, aber…“ Sie konnte den Satz nicht beenden. „Ich glaube es wäre am besten wenn wir nicht mehr darüber reden, oder? Zira, sie gehören nicht in unsere Welt… Und ich hab meine Gründe warum ich nie wieder über sie geredet habe. Mag ja sein dass sie dich aufgezogen haben, aber wenn sie deine Familie wären, wenn sie dich je geliebt hätten, dann hätte einiges anders laufen müssen. An dem Tag an dem mein Vater gestorben ist, ist doch noch so viel mehr passiert, nicht?“ Zira nickte nur und blickte schnell zum Horizont, so als gäbe es dort etwas ganz tolles zu sehen. Nur nicht heulen. Er hatte Recht. Mit dem Tag an dem Ahadi gestorben war, war nicht nur Jerk, Ziras geliebter, trotteliger Freund gestorben, an dem Tag hatten sie alle auch angefangen sich einander immer mehr zu entfremden. Seit dem Tag waren Ziras Besuche immer seltener geworden. Ja, Ahadi schein sogar nach seinem Tod seine Ziele zu erreichen: Zira traf sich nicht mehr mit ihnen. Sie würde es nie mehr tun. Ahadi hatte sogar das letzte, was Zira auch nur ansatzweise an sie hätte erinnern können, wortwörtlich von ihr wegerissen: Die Ohrmarke. Und stattdessen würde dort nun auf ewig der Riss in ihrem rechten Ohr sein. Doch dann schlimmste an Scars Worten war, dass alles so… simpel klang. Er schien wirklich mit allem recht zu haben. „Aber sie müssen mich doch geliebt haben, sonst hätten sie sich nie so um mich gekümmert…“ Zira versuchte wohl mehr sich, als sonst wem das einzureden. „Liebe… Zira, Liebe ist etwas was man sich einreden kann, nur um zu glauben dass der andere dich auch liebt, obwohl es nicht so ist“ Scar stand nun auf und kam ihrem Ohr mit der Schnauze gefährlich nahe „Denn wenn du wirklich versuchst daran zu glauben, von diesem besonderen Jemand geliebt zu werden, dann glaubst du das auch… Darum sollte man besser gar nicht damit anfangen.“ Der letzte Teil war viel mehr schon geflüstert als sonst was und aus irgendeinem Grund ließ es Zira das Fell zu Berge stehen. Irgendwie all das hier, wie er über ihr stand und den Kopf gegen ihren Nacken presste, allein dass ließ ihr Herz rasen – Und es gefiel ihr… Und wie es ihr gefiel. Einige Tage später hatte Ziras Stimmung sich wieder etwas aufgehellt und sie war zusammen mit Sarabi und Sarafina jagen. Auch Mufasa und Scar waren dabei, weil Uru die beiden dazu verdonnert hatte, mal wieder zusammen jagen zu gehen. So kam es also dazu, dass sie zu fünft auf Gnujagd gingen. Das dumme war nur… Die Gnus wollten nicht wie sie wollten – Und so kam es dass diese Mistviecher sich unter Büffel mischten und nun eine Horde ein-Tonnen-Kolosse die fünf Junglöwen in alle Himmelsrichtungen aufgeteilt hatten und sie sich im hohen Gras aus den Augen verloren hatten. Zira war, für ihren Teil, in ihrer blinden Panik ohne wirklichen Hintergedanken einfach auf ihre nächstbeste Rettung zu gerannt – Und die hieß nun mal Schlucht. Völlig kopflos schlitterte sie mit ausgefahrenen Krallen den steilen Abhang herunter und schaffte es sich mit wild klopfendem Herzen auf einen Vorsprung zu retten, auf den locker noch zehn weitere Löwen gepasst hätten. Sofort sah sie nach oben an den Rand der Schlucht, um zu sehen ob dort irgendwelche dummen Büffel lauerten, immerhin konnten die ziemlich nachtragend sein, doch die Gefahr schien gebannt. Zira konnte weder das Hufgedonner, noch das wütende Schnauben ihrer Verfolger hören. Sie atmete erleichtert auf und musste einfach triumphal grinsen. Doch nun gab es ein anderes Problem. „Und wie komm ich hier jetzt wieder hoch?“, fragte Zira sich und sah den Abhang hinauf. Sie seufzte und begann mit zittrigen Beinen nach oben zu krackseln. Seltsam, normalerweise kam man überall hoch und dann nicht mehr runter, aber das schein anders zu sein. Egal, sie musste sich hier hochkämpfen, komme was wolle. Und dann hatte sie es wirklich geschafft… Zumindest fast. Sie war so gut wie da oben angekommen, als plötzlich etwas ihr Interesse auf sich lenkte, was sie wohl lieber nicht gesehen hätte. Da standen Mufasa und Scar, am Rand der Schlucht. Sie schienen sich auf’s heftigste über irgendwas zu streiten, sie hörte ihre lauten Stimmen, ihr Gebrüll, ihr Fauchen und Knurren, doch sie verstand nicht über WAS sie stritten. Zira beobachtete die Beiden ein paar Sekunden lang so intensiv, dass sie die Konzentration in Sachen klettern verlor und den gesamten Abhang wieder hinabschlitterte. Sie brauchte ein paar Sekunden um sich wieder zu fangen, doch sie musste in dieser Zeit wohl epischen Gesprächsstoff verpasst haben. Denn das nächste was sie hörte, war ein wütendes Brüllen, sie konnte jedoch nicht heraushören ob es Scars oder Mufasas war. Sie konnte von hier unten nichts sehen, doch plötzlich hörte sie ganz klar Scars Brüllen – Und dann schlitterte er den Abhang herunter. Zira erstarrte, wollte schreien, doch ihrer Kehle entwich kein Laut. Sie konnte nichts tun. Der Abhang war viel zu weit weg, sie konnte nur hoffen dass Scar so klug war und versuchen würde nicht aufzustehen. Das würde nur blutige Pfoten geben und wenn er schlau war, dann würde er versuchen den Sturz einfach ausrollen zu lassen. Der Abhang war zu steil um darauf zu klettern oder ähnliches. Doch Scar schien in seiner Panik immer wieder zu versuchen aufzustehen, was ihm jedoch nur unnötige Wunden zufügen würde. In Ziras Augen spiegelte sich pure Angst als sie sah wie Scar immer wieder aufprallte, einige trockene Büsche seinen Aufprall abfederten und er schließlich doch am Boden aufschlug. Und genau das machte Zira wahnsinnig! „SCAR!“, schrie sie hysterisch aus und sprang in ihrer Panik von Vorsprung zu Vorsprung, versuchte die Schmerzen in ihren wunden Pfoten zu ignorieren. Obwohl sie das letzte Stück fast schon fiel, statt kletterte, so kam sie mehr oder weniger unbeschadet unten an. Scar lag leblos dort, doch seine Flanken hebten sich zittrig – War das jetzt gut oder schlecht? Zira beugte sich hoffnungsvoll über ihn. „Scar? Hörst du mich? Scar, steh auf!“, flehte sie. Ihre Stimme war zittrig, ihr Körper erwartungsvoll angespannt. Doch ihre Sorge schien unbegründet, denn noch im selben Moment hob er schwach den Kopf und blinzelte Zira verwirrt an. „Hey! Du lebst ja!“, rief Zira aus und schlang ihre Pfoten überglücklich um Scar. Dieser schrie jedoch in diesem Moment mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und stieß Zira ungewollt heftig von sich weg. „Oh, tut mir leid, tut mir leid“, stotterte Zira schuldbewusst und lies ihn augenblicklich los „Komm, komm, gehen wir nach Hause…“ „Mir geht’s gut“, wand Scar ein „Geh schon mal nach Hause und wenn du meine Familie siehst, sag ihr dass ich sie hasse.“ „Nein, nein, nein! Komm schon, steh auf… Ich helf' dir, ja?“ Wiederwillig ließ Scar sich dann doch helfen, stand mit zusammengebissenen auf und humpelte neben Zira zurück zum Königsfelsen – Langsam. Sie schwiegen einige Zeit, doch als sie die Schlucht verließen nahm Zira sich schließlich ein Herz und fragte vorsichtig: „Scar… Was war da vorhin mit Mufasa? Ich war vor der Herde auf so einen Vorsprung geflüchtet… Und… Also… Ich hab ja nichts gesehen und will ja nicht schlecht über deinen Bruder reden oder ihn irgendwie beleidigen…“ „JA! Er hat mich gestoßen!“, rief Scar plötzlich knurrend aus und einen Moment glaubte Zira er wolle nach ihr schnappen. Sie sah schockiert zu ihm und um ehrlich zu sein überraschte es sie sogar das zu hören… Mufasa hätte sie das nicht zugetraut. Sie wusste, dass Scar seinen Bruder nicht wirklich so sehr hasste, wie er immer tat, aber sie hätte nie gedacht, dass Mufasa, egal was Scar auch sagte, eines Tages so sehr aus der Fassung zu bringen sein würde. „WAS?! Das müssen wir deiner Mutter sagen, sofort! Das kannst du ihn doch nicht durchgehen lassen! Was hast du eigentlich getan?“, fragte Zira aufgeregt. Scar seufzte genervt, dann meinte er zornig: „Wir haben uns gestritten…“ „Das macht ihr doch dauernd…“ Zira stockte „Über was denn?“ „Ahadi“, zischte Scar abfällig „Er meinte ich hätte ihn nie respektiert! Ich hab ihm nun mal meine Meinung über unseren Vater gesagt und dann ist bei ihm irgendwas durchgebrannt. Ist mir auch völlig egal, ich sag’s jedenfalls Mutter.“ Sorgevoll sah Zira Scar hinterher, der plötzlich, trotz seiner Schürfwunden, erstaunlich schnell humpeln konnte und folgte ihm schließlich, auch wenn sie irgendwie ein seltsames Gefühl in der Magengegend hatte. Als sie schließlich am Königsfelsen ankamen saßen Mufasa, Sarabi und Sarafina völlig unschuldig unter den Bäumen im Schatten, doch hätte sie genauer hingesehen, hätte Zira so was wie Reue und Schuldbewusstsein in Mufasa Blick entdeckt. Er wusste das er das nie hätte tun sollen, aber da war einfach was durchgebrannt! Scar funkelte seinen Bruder nur zornig an, man sah wie wütend er war. Und Zira hatte völliges Verständnis dafür. „Mutter, ich muss dir was sagen!“, meinte Scar direkt, ohne auch nur noch einen weiteren Blick an seinen Bruder zu verschwenden. „Was denn?“, fragte Uru besorgt, als sie all die frischen Wunden an Scar sah. Und Scar erzählte alles. Er war völlig in Rage, weshalb Uru öfters nachfragen musste um alles zu verstehen. „Zira, stimmt das?“, fragte Uru mit zittriger Stimme. Sie konnte es nicht fassen. Das waren doch ihre Söhne, sie waren Brüder, die würden sich doch nie was tun! Zira nickte eifrig und sah mit einem vernichtenden Blick zu Mufasa. Na ja… Eigentlich war das gelogen. Sie hatte nicht direkt gesehen wie Mufasa ihn gestoßen hatte, doch sie glaubte Scar blind. „Mufasa, bitte, sag dass das nicht wahr ist! Wie konntest du?“, brach es aus Uru heraus. „Das stimmt nicht, sie lügen“, verteidigte Sarabi sofort Mufasa „Wir waren die ganze Zeit bei Mufasa, er hat nichts getan! Stimmt‘s Sarafina?“ Sarafina nickte zustimmend und meinte: „Ja, wir sind vor der Herde abgehauen und danach gleich zum Königsfelsen.“ Scar sah ungläubig zu Mufasa, dann zu seiner Mutter und wieder zu Mufasa. „Sag du doch auch mal was dazu, Mufasa!“, fuhr er seinen Bruder fassungslos an. Die letzten Worte sprach Scar so verachtend aus als würde er über den Teufel höchstpersönlich sprechen. Mufasa sah zwar schuldbewusst zu Boden sagte jedoch nichts… wegen Sarabi – Sie hatte nicht wirklich gelogen, es war ihre Version der Geschichte. Ganz ehrlich: Mufasa hätte gestanden, aber nicht wenn Sarabi dabei war… Was sollte sie denn dann von ihm halten? Er wollte ihr doch gefallen… Er liebte diese Löwin und sie… sie würde ihn doch hassen, wenn sie erfahren würde, was er getan hatte. Sie sollte nur nichts Schlechtes über ihn denken, das war doch alles! Uru sah völlig hilflos zwischen ihren Söhnen umher, dann seufzte sie tief und meinte: „Scar… Es tut mir Leid… Aber wie es aussieht… Nun ja… Dein Bruder scheint mehr Zeugen zu haben und… Zira, nichts gegen dich, aber ich weiß doch wie sehr du zu Scar hältst.“ Ungläubig starrte Scar zu seiner Mutter und schlug wütend die Krallen in den Boden. „Auf wessen Seite bist du eigentlich?“, schrie er sie an und rannte ohne weitere Worte weg – Nur noch weg von all dem hier. „Scar!“, rief Zira ihm hinterher. Doch er hörte nicht auf sie sondern rannte nur noch schneller. „Zira, bitte sei nicht böse wegen all dem.“, bat Uru kleinlaut. „Schon okay… Uru, ihr seid eine gute Löwin… Irgendwie kann ich eure Entscheidung sogar verstehen.“ Irgendwie. Nicht. Zira suchte nun schon den ganzen Nachmittag nach Scar. Irgendwie brachte das schlechte Gewissen sie grade um. Sie nahm zwar seine Witterung stellenweise auf, doch diese wurde immer wieder schwächer und irgendwann hatte Zira sie völlig verloren. Sie seufzte. Es war schon dämmerig, aber sie wollte mit Scar trotzdem noch reden. Doch dafür musste sie ihn erst mal finden. Sie hatte schon fast aufgegeben, als sie doch tatsächlich die dünne Silhouette eines Löwens am Teichufer in der Abenddämmerung ausmachen konnte. Er saß an dem kleinen Teich, in einiger Entfernung hinterm Königsfelsen. Seltsam, sonst war das doch Ziras Lieblingsplatz, was machte er da? Sie hatte ihn dort nur selten gesehen. Auf leisen Pfoten lief Zira zu ihm und stockte einen Moment. Waren das da etwa Tränen? Noch nie hatte Zira Scar weinen sehen. Oder wie er dasaß… So niedergeschlagen... Er kauerte eher, den Kopf gesenkt, als wolle er nicht, dass ihn irgendjemand fand. Zira konnte sich nicht erinnern Scar je so fertig gesehen zu haben. „Scar?“, fragte sie vorsichtig um auf sich aufmerksam zu machen. Scar schien sie wirklich nicht bemerkt zu haben, denn er zuckte merklich zusammen, als sie von hinten auf ihn zu schlich. „Ach du! Ich dachte schon. Was ist denn?“, fragte er dann beiläufig und drehte den Kopf schnell wieder weg. „Ich… Ich wollte nur mit dir reden…“, meinte sie wahrheitsgetreu, doch dann herrschte ein paar Sekunden Stille „War ziemlich fies von deiner Mutter… Was?“ „Pah, ich dachte immer sie wäre wenigstens auf meiner Seite! Ich dachte…“ Seine Stimme versagte, da ihm einige Tränen die Worte abschnitten und er unterdrückte ein Schluchzen. Es war ihm zu peinlich sich vor seiner besten Freundin auszuheulen. „Warum hassen sie mich alle so sehr?!“, fauchte er und schluchzte kurz leise auf. Doch er kämpfte tapfer gegen die ansteigenden Tränen an, scheinbar auch erfolgreich. Zira konnte sich nicht vorstellen wie es sich angefühlt hatte als seine eigene Mutter sich gegen ihn gestellt hatte. Oder es zumindest so für ihn war – Es war schrecklich gewesen! Er hatte sich bisher noch nie von der Einzigen, die ihn zu unterstützen und lieben schien, so hintergangen gefühlt! Sie war doch auf seiner Seite, was war denn nur los mit ihr? Doch Scar wurde bewusst dass Uru nicht wie Ahadi war – Bei Uru gab es keinen besseren oder schlechteren Sohn der bevorzugt oder benachteiligt wurde. Scar war nicht ihr Liebling und Mufasa auch nicht. Uru was das anging Neutralität pur. Sie liebte sie beide gleich stark. Und so sehr Scar einst auch dachte das wäre gut, so sehr hasste er es jetzt! Er wollte auch nur einmal die Nummer eins für jemanden sein, nur ein Mal! Und plötzlich entfuhr ein leises Schluchzen seiner Kehle. Ein paar Tränen folgten, doch Scar gewann seine Fassung so schnell wie er sie verloren hatte wieder zurück. Zira war zugegebenermaßen erschrocken über Scars Gefühlsausbruch. Er wirkte immer so kalt, hart und unnahbar, sie kannte diese Seite von ihm gar nicht. Noch nie hatte sie ihn weinen sehen, noch nie! Und wenn er wirklich mal traurig war hatte Scar immer eine kalte Maske aufgesetzt und so getan als würde ihm das alles nichts anhaben, was aber einfach nicht stimmte – Es machte ihn innerlich einfach nur fertig. „Hey… Ich hasse dich doch nicht…“, wisperte Zira und versuchte mit diesen Worten wohl zu retten was zu retten war. Doch es schien genug um Scar dazu zu bringen aufzusehen, seine Augen glänzten verdächtig. „Aber warum nicht“ Dann hielt er für einen Moment inne „Warum grade DU nicht?“, entfuhr es ihm. Er sah sie dabei wieder so seltsam an… So durchdringend und fest. Zira jagte dieser Blick von ihm immer Schauer über den Rücken, so auch diesmal. Irgendwas an diesem Blick war… sie konnte es nicht beschreiben. Jedenfalls liebte sie diesen Blick von ihm. Zira wusste im ersten Moment nicht was sie antworten sollte, er hatte ihr die Sprache verschlagen… Er und seine wunderschönen Augen… Aber warum sie ihn nicht hasste? Wollte er das wirklich wissen?! Weil sie ihn liebte, deswegen! Aber vielleicht sollte sie die ganze Sache etwas feinfühliger angehen. „Weißt du…“, begann sie „Scar… Mir ist es egal was du getan hast, wie die anderen über dich denken, wer du bist. Mir ist es egal ob du zweiter Sohn Ahadis bist oder nicht. Solange du mich magst, mag ich dich, egal wie du zu den Anderen bist. Zu mir bist du doch nett, warum soll ich dann nicht auch nett zu dir sein?“, meinte Zira. Sie legte dabei ein Vorderbein, wenn auch zögernd, um das ihres Freundes und eine kurze Zeit sahen sie schweigend zum Horizont, am Königsfelsen vorbei, bis auch die letzten Sonnenstrahlen verschwanden. Scar schielte jedoch immer wieder unauffällig zu Zira und musste kurz lächelnd. Sie war das mit Abstand Beste was ihm je vor die Pfoten gelaufen war, was ihm je hätte passieren können. Schon verrückt: Er schaffte es sich unbeschadet mit Hyänen zu treffen, besaß aber nicht den Mut Zira zu sagen was er für sie empfand – Wie erbärmlich. Er war erbärmlich. Zira, die sein kleines Grinsen bemerkt hatte, musste lachen und sah einen Moment nachdenklich in den Teich vor ihnen, ehe sie wieder aufsah und Scar direkt in die tiefgrünen Augen sah. „Uh, wird da etwa jemand rehabilitiert? Komm, wir müssen dich endlich aus deinem dauer-ernsten Zustand holen, sonst wird das nie was mit dir.“, meinte sie frech und sah ihm herausfordernd entgegen. „Welcher Zustand? Ich wurde so geboren.“, entgegnete Scar süffisant lächelnd. „Oh, noch schlimmer! Und jetzt komm her, du Trottel!“ Mit diesen Worten stürzte Zira sich auf den völlig überraschten Scar und warf ihn zu Boden. Sie biss ihm ein paar Mal spielerisch in die Mähne und versuchte ihn wohl durch ihr kindliches Gehabe zum Spielen zu animieren. „Zira, lass das, das ist doch nur was für unreife Junge!“, versuchte Scar sie umzustimmen, während er versuchte sie sich vom Leib zu halten. „Gar nicht! Alles was du brauchst ist jemand der dich ein bisschen auftaut! Wozu bin ich denn sonst da?“, fragte Zira mit einem etwas zu aufreizenden Grinsen, welches Scar, ob er wollte oder nicht, die Hitze in den Kopf steigen ließ. Doch er ließ nicht lange auf seine Antwort warten und so schlitterten die beiden, mehr oder weniger unbeschadet, ineinander verbissen über den Boden. Sie rollten ein paar Mal durch das Gras, ehe sie wieder am Teichufer zum Stehen kamen, da Scar es endlich geschafft hatte Zira auf den Boden zu drücken und sich nun mit seinem ganzen Gewicht auf sie stemmte. „Okay, okay, ich lass dich, du hast gewonnen, lass mich jetzt los!“, bat Zira kichernd. „Nein… Du verpasst sonst was.“ „Aha, und was?“, fragte Zira mit einem gespielt desinteressierten Grinsen. „Weißt du eigentlich warum ich grade hier bin?“ „Weshalb denn? Scar, nun mach schon, was willst du mir denn zeigen?“, drängte Zira ihn. „Pass mal auf, du kennst das bestimmt noch nicht… Ich hoffe nur sie sind hier…“ Scar peitschte mit seinem Schwanz ein paar Mal durch das Gras um ihn herum und tatsächlich scheuchte er… Glühwürmchen auf. Einen ganzen Schwarm Glühwürmchen sogar – Einen verdammt großen, um genau zu sein. Gebannt beobachtete Zira die Insekten, die das Weite suchend um die beiden Löwen herum flogen. Sie konnte es nicht glauben wie viele Dutzende, vielleicht sogar noch viel mehr, von diesen Tierchen sich zwischen dem Gras versteckt hatte und nun wie kleine Sterne durch die dunkle Nacht flogen. Sie warfen auf alles um sich herum ein schwaches, goldenes Licht und Zira hätte in diesem Moment am liebsten so was kitschig-beklopptes gesagt wie ‚Wow, das sieht wunderschön aus‘, aber sie hatte einen Ruf zu verlieren, verdammt! Dennoch… Zira war wie verzaubert von diesen Insekten und starrte mit einem glasigen Blick zu ihnen, wie sie die Nacht mit ihrem sanften Licht erhellten. Sie hatte schon einmal von Glühwürmchen gehört, aber so wirklich gesehen hatte sie nur einzelne Tiere. Ganze Schwärme waren was ganz neues für Zira – Und auch Scar hielt einen Moment inne. Doch er schaute sich nicht die Glühwürmchen an, er sah sich lieber die Löwin an, auf die er immer noch sein ganzes Gewicht gestemmt hatte. Für einen ganz kurzen Augenblick schien die Welt einfach perfekt zu sein – Ob mit oder ohne Mufasa, ob mit oder ohne all den kleinen Problemen, die sie hatten – Sie war perfekt. „Gefällt‘s dir?“, fragte Scar plötzlich und durchbrach die Stille. Sie schaffte es endlich den Blick von den Glühwürmchen zu reisen und sah breit grinsend zu Scar. „Das ist einfach nur… Ich kann’s nicht in Worte fassen, bist du mit ‚wunderschön‘ zufrieden?“, fragte sie grinsend. „Oh, das reicht mir nicht, jetzt bin ich beleidigt, letzte Worte?“, fragte er gespielt böse, fuhr die Krallen aus und hielt sie Zira an die Kehle. Doch sie lachte nur auf und grinste verschlagen. Viel zu lange kannte sie Scar schon, zumindest lang genug um über so was nur lachen zu können. Aber irgendwie war da wieder dieses anregende Gefühl, als er ihr die Krallen an den Hals legte. Aber sie waren grade so gut drauf, also, warum nicht mitspielen? „Ich liebe dich“ Eigentlich war das ironisch gemeint. Ja. Eigentlich. Doch Scar schien da irgendwas falsch zu verstehen. – Oder doch eher richtig? Egal, Zira jedenfalls blieb in diesem Moment die Spucke weg. Ehe sie überhaupt realisierte was da geschah, spürte sie irgendwas feuchtes, warmes, weiches auf ihren Lippen – Scars Zunge. Moment… Er… er hatte es getan… Er hatte es getan. Er hatte es getan! Er hatte es getan?! Er hatte sie geküsst und zu behaupten dass DAS freundschaftlich war, wäre auf voller Linie gelogen. Zira rührte sich keinen Zentimeter und sah nur völlig verdutzt zu ihm – Mit vielem, eigentlich mit allem, hatte sie gerechnet, nur nicht hiermit, wie denn auch? Das kam so… plötzlich. Scars Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrer Schnauze entfernt, sie hatte jetzt genau zwei Möglichkeiten um diese Situation mehr oder weniger Sinnvoll auszunutzen: Entweder sie erwiderte seine Zärtlichkeit und schaffte es so vielleicht ihren größten Herzenswunsch wahr werden zu lassen, oder sie tat nichts und… würde es versauen… Unter Umständen würden seid danach nie wieder normal miteinander reden können. Aber was gab es hier noch nachzudenken? Warum vergeudete sie bitte wertvolle Augenblicke? Ach, am besten gar nicht denken, nur handeln. Also hob Zira den Hals ein wenig und fuhr zärtlich mit der Zunge über Scars Schnauze. Sie spürte genauestens wie überrascht er war, er konnte wohl selber nicht ganz glauben zu was er sich soeben hatte hinreißen lassen, was sie soeben getan hatte – Was sie Beide getan hatten. Zira starrte ihn noch immer, verdutzt über sich selber, an, wollte etwas sagen, doch wusste nicht was. Scar musste bei ihrem Anblick plötzlich grinsen. Aber nicht auf seine übliche, sarkastische Art, das hier war irgendwie… anders. Er stieg nun von Zira herunter und sie richtete sich auf. Einen Moment wollte sie wieder etwas sagen, doch nichts fiel ihr ein. Sie war noch immer völlig hin- und hergerissen von dem was grade passiert war. „War das so schlimm?“, fragte Scar jedoch leise, als sie einige Sekunden noch immer wie angewurzelt zu ihm starrte und sich nicht rührte. Obwohl Scar wohl versuchte das möglichst nebensächlich herüber kommen zu lassen, so konnte Zira so was wie Angst in seiner Stimme ausmachen. Er hatte wohl Angst er hätte es wirklich falsch gemacht, das war nicht zu leugnen. „N…nein, nein.“, versicherte sie ihm stotternd und konnte ein Grinsen plötzlich nicht mehr unterdrücken. Dann kam sie einfach auf ihn zu und schmiegte ihren Kopf liebevoll an seinem, vergrub ihn in seiner dunklen Mähne und sog seinen Geruch ein. Oh Gott! Wie oft hatte sie hiervon geträumt, sich genau das hier vorgestellt, endlich all das hier machen zu können und jetzt war es tatsächlich so weit – Und es war mindestens so toll wie Zira gedacht hatte. In ihr breitete sich eine gewisse Wärme und ein Kribbeln aus, welches ihr am ganzen Körper das Fell zu Berge stehen ließ. Scar schnurrte als Zira zögerlich begann sich an ihn zu pressen und zog sie nun sanft aber bestimmt zu sich, die Krallen eingezogen. Das war für Zira genug Bestätigung dass er es ihr erlaubte und sie begann sich nun schnurrend mit ihrem ganzen Körper an Scar zu schmiegen und leckte ihm begierig über das Gesicht, zur Mähne herunter, während sie mit aufgestelltem Fell seinen Geruch einsog – Ein bisschen roch Scar nach Moschus. In ihr kribbelte alles, sie spürte wie ihr Herz tausendmal schneller schlug und sich ein erregtes Kribbeln in ihrem Bauch ausbreitete. Am liebsten wäre es ihr gewesen wenn dieser Augenblick für immer bleiben würde, denn das hier was so viel besser als alles was sie sich darunter vorgestellt hatte. Doch als sie so nah bei Scar stand spürte sie wie sein Körper sich regelrecht aufheizte und sich ihm die Haare aufstellten. Auch Zira wurde plötzlich warm, fast schon heiß, doch es gefiel ihr – Sehr sogar. Sie schnurrte und rieb zärtlich den Kopf an seinem, dann begann sie provokant ihren Schwanz immer wieder von Seite zu Seite zu bewegen. Scar schritt nach vorn und schüttelte seine Mähne auf. Er hatte sich unter Kontrolle… Noch. Und dann kam das, was inzwischen eigentlich unausweichlich war. „Lass es uns versuchen.“, flüsterte er ihr schließlich begierend ins Ohr. Doch es klang viel mehr wie eine Aufforderung als eine Bitte. Sein schmaler Kopf stieß Zira so drängend in die Flanke dass sie das Gleichgewicht verlor und ins Gras fiel. Sie lag mit gespreizten Beinen da, ihr Kopf nach hinten gewölbt, um Scar zu sehen, ihr Bauch und die Lenden instinktiv gegen den Boden gepresst. Er nahm ihr Nackenfell zwischen die Zähne, erst ganz sanft und vorsichtig, doch dann verhärtete sich sein Biss und wurde verlangender, so dass Zira augenblicklich erstarrte – Wiederstand leistete sie nicht, warum auch? Es war wieder dieses Gefühl da, welches sie so sehr liebte, wenn sie ihn an ihrem Hals spürte. Sein heißer Atem klang hart in ihren Ohren und langsam aber sicher ließ Scar sich zu der Löwin herunter – Seiner Löwin. „Nein!“, rief Zira plötzlich aus und fuhr instinktiv die Krallen aus. Sie wusste nicht warum, aber plötzlich verspürte sie Angst. Ja, sie gab es zu, irgendwie hatte sie tatsächlich Angst hiervor – Vor all dem hier. Sie fühlte sich plötzlich ganz und gar nicht mehr sicher in dieser Sache. Scar hörte mit dem was er tat augenblicklich auf, wobei er jedoch darauf bedacht war mit seinem Körper Zira immer noch gegen den Boden zu pressen. „Ich hab Angst.“, brachte Zira wahrheitsgemäß hervor. Scar hielt einen Moment inne, dachte darüber nach was er nun sagen wollte. „Zira…“, begann er schließlich leise „Glaub mir: Du bedeutest mir wirklich viel – Sehr viel sogar. Ich will und werde dir nicht wehtun, niemals.“, versprach er ihr schmeichelnd, obwohl er nicht wusste, wie seine Leistung ausfallen würde. „Aber… ich weiß nicht, ich hab Angst.“, brachte Zira kleinlaut hervor. „Zira“, flüsterte er ihr liebevoll ins Ohr „Ich bin doch da. Du musst keine Angst haben, hörst du? Ich bin doch da…“ Er wollte nichts gegen ihren Willen machen, aber sein Verlangen danach war mindestens genauso stark. „Versprochen?“, fragte Zira nun leise. „Versprochen… Dir wird nichts passieren.“, versicherte Scar ihr lüstern und knabberte vorsichtig an ihrem Ohr herum. Zira atmete langsam auf und seufzte. In diesem Moment hatte sie das Gefühl, als würde eine gewisse Last von ihr abfallen und sie fühlte sich irgendwie… erleichtert. „Scar… Ja.“, brachte sie leise aber entschlossen hervor. Ihre Augen funkelten wild auf als Scar erneut ihr Nackenfell grob zwischen die Zähne nahm und sein Biss sich verhärtete. Sie knurrte begierend auf und ließ ihren Instinkten einfach freien Lauf. Kapitel 31: Scars Pläne ----------------------- Als die Sonne sich am nächsten Morgen schon deutlich vom Horizont abhob und die Savanne in fahles Morgenlicht tauchte, schlug Scar verschlafen die Augen auf. Zira lag friedlich zu seiner linken und hatte den Kopf auf ihre Pfoten gelegt. Und plötzlich machte sich wieder dieses flatterige Gefühl in Scar breit. Er war tatsächlich verliebt – Und hatte sie nun ganz für sich. Nun war sie wirklich ‚seine‘ Zira – Seine allein. Er hätte sich wahrscheinlich keine bessere Löwin vorstellen können als sie. Sie war nicht so wie alle… und das machte sie ihm nur ähnlicher. Er ließ seinen Blick noch ein paar Sekunden auf ihr ruhen, dann stand er langsam auf und nahm ein paar Schlucke aus dem kleinen See, wobei sein Blick auf seine Krallen fiel. Sie waren noch immer aufgefahren, eine furchtbare Angewohnheit von ihm, er sollte sie sich wirklich mal abgewöhnen. Zudem nutzten seine Krallen sich so viel schneller ab, sie waren jetzt zum Bespiel schon wieder ganz stumpf. Also setzte er sich vor einen Felsbrocken der hier in der Nähe lag, fuhr die Krallen aus und begann sie über den Stein fahren zu lassen. Das dumme war nur dass Zira von dem quietschigen Geräusch welches seine Krallen auf dem Felsen erzeugten, wach wurde – Nicht nur das, sie schrie fast auf, so sehr erschrak es sie. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken…“ Scar fuhr schuldbewusst herum, lief zu ihr und fuhr ihr mit der Zunge über die Stirn. Doch sie gähnte nur und irgendwo darin konnte Scar ein ‚Schon gut‘ heraushören. Sie war noch etwas verschlafen als sie aufstand um zu trinken, doch bevor sie dazu überhaupt die Gelegenheit dazu hatte, schmiegte Scar bereits den Kopf an sie, was sie mit einem Schurren erwiderte und ihren Kopf liebevoll an Scars Kinn rieb. „Sag mal, hast du vielleicht Hunger“, fragte Zira schnurrend nachdem sie etwas getrunken hatte „Soll ich dir was jagen?“ Scar leckte ihr noch mal über die Stirn und musste lächeln. „Lass das heute mal die anderen Löwinnen erledigen, du hast schon genug getan…“, meinte er mit einem vielsagenden Unterton in der Stimme und schlug mit dem Schwanz umher. Zira musste lachen und leckte Scar über die Wange, doch dann gab sie nur einen zustimmenden Laut von sich. Scar und Zira wollten das alles erst mal geheim halten. Sie wollten wirklich nicht im Mittelpunkt stehen und wenn Sarabi und Co. davon erfahren würden, waren die Show und das Drama nur so vorprogrammiert – Wozu eigentlich? Darauf würde Zira wohl nie eine Antwort bekommen. Sie erinnerte sich daran als das mit Sarabi und Mufasa rauskam… Uh! Was für ein Getuschel es gab! Für Zira wäre das zu viel! Sie wollte davon gar nichts wissen. Sie stand einfach nicht so gern im Mittelpunkt. Wahrscheinlich ging es irgendwie letzten Endes auch nur darum einfach irgendwas zum Reden zu haben. Aber als ob es nicht auch so schon genug zu reden gab. Das gesamte Geweihte Land sprach zum Beispiel wie wild darüber, wie Mufasa und Sarabi sich wohl als das nächste Königspaar machen würden – Natürlich, das war verständlich, immerhin sorgten sich die Tiere um ihr zukünftiges Wohlergehen, doch das was alles darum herum gesprochen wurde ließ Zira teilweise das Fell zu Berge stehen. Es gab anscheinend unter den Tieren einen Art Wettbewerb, wer wohl das schönste Pärchen abgeben würde, wobei schon so gut wie alle Mufasa-und-sonst-wer-Kombinationen genannt wurden: Mufasa-Sarabi, Mufasa- Sarafina, Mufasa-Raya, Mufasa-Kasa, Mufasa-Maleya… Einfach so gut wie jede Junglöwin am Königsfelsen. Zira hatte sogar einmal ihren eigenen Namen irgendwo gehört, doch sich nur angewidert geschüttelt und das Gesicht verzogen. Sie und Mufasa… In tausend Jahren nicht – Versprochen. Jedenfalls döste Zira an diesem Mittag auf einem ihrer Lieblingsplätze. Es war ein Felsen unter dem Königsfelsen, grade lang genug für eine ausgestreckte Löwin. Sie war nicht so oft hier, weil ihr meistens zu viele Löwinnen hier waren, doch momentan war sie tatsächlich ganz allein hier. Es war ruhig. Kein Gequatsche, kein Geschreie, es war einfach nur ruhig. Zira liebte diese Stille. Und irgendwie wünschte sie sich genau jetzt Scar her und es war ihr plötzlich richtig egal ob man die beiden zusammen sehen würde oder nicht. Aber er war ja sowieso immer weg. Wie konnte er nur so viel Zeit bei den Hyänen verbringen? Was gab es da spannendes zu besprechen? Aber andererseits wusste sie dass es Unsinn war was sie da dachte. Sie und Scar waren bestens aufgehoben, auch wenn nicht halb Afrika um sie wusste. Vor allem Mufasa, der sollte am besten gar nichts wissen… Der und alle Anderen. Nicht mal Uru. Die würde zwar unter Garantie nichts ausplaudern, aber dennoch wollte Scar nicht dass sie davon wusste. Denn Mufasa kannte seine Mutter gut genug um zu merken wenn sie etwas verbarg und DANN konnte er richtig hartnäckig werden. „Zira…“ Wenn man vom Teufel spricht – Mufasa kam angelaufen. Ungerührt öffnete Zira ein Auge und knurrte ein ungehaltenes ‚Was?‘. „Hör zu, wenn du denkst, du könntest mich mit deinem abweisenden Verhalten beeindrucken, dann vergiss es bitte.“, meinte Mufasa ungewohnt kühl. „Bäh, du klingst ja schon so abgehoben wie Zazu.“, war Ziras schwache Antwort. Sie hatte eigentlich keine große Lust auf Streit, aber wenn er darauf bestand… „Bitte was? Ein bisschen mehr Respekt wenn ich bitten darf!“, fuhr der große Löwe sie an. Okay, langsam wurde Zira sauer. „Klar, sagt genau der Richtige“, keifte sie „Du bist doch Scar gegenüber respektlos! Du solltest dich mal sehen Mufasa, allen Löwinnen schöne Augen machen, sich aufplustern wie sonst was, deiner Mutter immer den perfekten Thronfolger vorspielen und auf deinen Bruder einen Dreck geben!“ „Misch dich nicht in meine Familienangelegenheiten ein! Was weißt du denn schon über Scar? ER wendet sich doch von uns ab!“, knurrte Mufasa plötzlich sichtlich gereizt. „Pah, ich weiß mehr über ihn als du! Du hast ihn die Schlucht runtergeschubst!“ Das schien Mufasa nun endgültig wütend zu machen. Er fletschte drohend die Zähne. „Ach, hast du’s gesehen?“, fauchte er. „Ja!“ Okay, das war gelogen, aber was sein musste, musste sein. Mufasa schien sich stark am Riemen reißen zu müssen, denn er schien die Zähne zusammenbeißen zu müssen, um nicht irgendwas Unbedachtes zu sagen. „Zira, du hast keine Ahnung! Gar keine! Er hat Dinge über unseren Vater gesagt... Du willst gar nicht wissen was!“, fauchte er, inzwischen merklich lauter als zuvor. Aha, es ist also wahr, dachte Zira sich im Stillen, dachte aber sofort darüber nach was sie nun sagen wollte. „Ach ja?! Was denn bitte? Ich sag dir jetzt mal was Mufasa“ Zira sprang von ihrem Felsen und baute sich selbstsicher vor Mufasa auf „ICH hab in meinem Leben wirklich JEDEN verloren! Meine gesamte Familie, gute Freunde… Und wenn ich ‚Familie‘ sagte, dann meine ich nicht nur Blutsverwandte – Ich meine wirklich jeden der je so was wie eine Familie für mich war. Ich hab sie alle geliebt und dann kommst du und heulst mir die Ohren voll, wie schlimm es doch ist über Ahadi herzuziehen, schaffst es aber nicht mal deinem Bruder gegenüber Respekt zu zeigen?! Was bist du eigentlich für ein Löwe?! Und so was wie DU will mal unser nächster König werden? Lächerlich!“, knurrte sie. Zum Glück war außer ihnen niemand da, der ihr Gespräch hätte hören können. Wie gern hätte sie Mufasa die ganze Wahrheit gesagt, dass SIE Ahadi getötet hatte, wie gern hätte sie seinen geschockten Gesichtsausdruck gesehen und ihm dabei einfach nur böse ins Gesicht gegrinst, doch wenn sie das tun würde wäre es mit ihr vorbei. „Wie sprichst du eigentlich mit mir?! Das war alles ein Unfall! Ich hab vielleicht überreagiert, aber er hat es verdient! Du glaubst nicht wie verletzend das war, als er sich über meinen… unseren Vater lustig gemacht hat! Versteh doch, er war doch auch SEIN Vater!“ Mufasa war nun völlig in Rage und es fehlte wohl nur noch eine Kleinigkeit, bis er völlig die Beherrschung verlieren würde. „Ja, genau! Ahadi hat sich ja auch sooo liebevoll um Scar gekümmert! Weißt du Mufasa, nur weil jemand dein Erzeuger ist, hast du dennoch das Recht ihn zu hassen wenn er sich einen Dreck um dich schert. Ich zum Beispiel! Ich kenne meine Vater nicht mal aber hasse ihn trotzdem, weil er meine Mutter hochschwanger einfach hat sitzen lassen! Also halt den Rand und lass mich mit deinem Katzenjammer in Ruhe, Daddy-Liebling!“, zischte Zira und wollte einfach nur weg. Sie wollte keinen Ärger, einfach nur ihre Ruhe haben, war das denn so schwer? „Ach wirklich!? Sag das noch einmal!“, keifte Mufasa sie an. „Soll ich?!“, zischte Zira provokant. Irgendwie machte dieses Spielchen hier ihr ja auch Spaß, das musste sie zugeben. Doch es würde ein plötzliches Ende nehmen. „Zira, ich warne dich…“ Mufasa klang, zugegebenermaßen, auf diese bedrohliche Art und Weiße ruhig – VIEL zu ruhig. „Ich glaube du solltest sie jetzt in Ruhe lassen!“ Überrascht sahen die beiden Löwen auf und blickten in die Richtung aus der die Stimme kam. Scar war wie aus dem nichts um die Ecke gekommen war und wütend hinter Mufasa stand. „Halt dich da raus, Scar.“, fauchte Mufasa. „Lass sie in Ruhe!“, erhob Scar nochmals die Stimme und irgendwie jagte sein Tonfall Zira doch einen leichten Schauer über den Rücken. Sie konnte sich nicht erinnern jemals einen solchen Zorn in seiner Stimme gehört zu haben Und tatsächlich wand Mufasa sich von Zira ab. Scar warf dieser einen vielsagenden Blick zu. Sie verstand und schlich sich eilig aus der Szene. Die beiden Löwen sahen Zira hinterher, doch als sie um die Ecke gelaufen war, begannen sie sich um irgendwas zu streiten. Zira blieb jedoch kurz nach der Ecke stehen und begann angestrengt zu lauschen. Ihre Neugierde hatte mal wieder Oberhand gewonnen. Doch sie verstand kaum etwas von dem was die Brüder sagten, also lief sie weiter… Man wollte ja keine Aufmerksamkeit erregen, nicht? „Was habt ihr noch besprochen?“, fragte Zira, als sie Scar einige Zeit später, etwas abseits vom Königsfelsen, wieder traf. „Ach, er meinte wie respektlos du doch seist… Bla bla bla“ Er rollte genervt mit den Augen und seufzte, ehe er weiterlief. Er glaubte wohl Zira würde ihm automatisch folgen, doch sie sah ihm nur etwas verwirrt hinterher. „Na komm.“, meinte er mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen und deutete mit dem Kopf in die Richtung in die er gehen wollte. „Oh, äh, ich soll mitkommen?“, fragte Zira überrascht. „Natürlich, oder willst du nichts mehr von mir wissen?“, fragte Scar belustigt. „Was? Äh, nein, natürlich nicht, ich dachte nur du gehst sofort wieder zu den Hyänen.“ „Zira, diese Viecher bestimmen nicht mein Leben. Also kommst du jetzt oder soll ich alleine gehen?“ Zweimal ließ Zira sich DAS bestimmt nicht sagen. „Wohin gehen wir denn nun eigentlich?“, fragte sie schließlich, als sie Scar eingeholt hatte. „Ach, interessiert dich das etwa“ Scar grinste falsch und leckte Zira liebevoll über die Wange, woraufhin sie ein leises Schnurren von sich gab „Da vorne am Ufer… Ich will dir was erzählen.“ Als sie schließlich an einem ruhigen Abschnitt des Flussufers anhielten und sich setzten, sah Zira neugierig zu Scar. Was für schrecklich interessante Dinge hatte er ihr wohl zu sagen, dass er sie dafür durchs halbe Königreich zerren musste? Scar seufzte. Er hatte lange nachgedacht ob er ihr das wirklich sagen sollte, ob sie es verstehen würde. Aber er kannte sie inzwischen so lange, er wusste über sie besser Bescheid als alle anderen, sie war für ihn wie ein offenes Buch. Und sie waren sich in vielen Dingen so ähnlich – Auch in der Abneigung zu Mufasa. Nur wusste Scar nicht ob Zira in seinem Machthunger genauso denken würde. Ob sie für diesen Teil der Sache Verständnis hätte… Denn wenn nicht… Dann würde Scar wirklich ein Problem haben. Einen Moment zögerte er noch, doch dann sah er sich sicherheitshalber nochmal um und beugte sich schließlich zu Zira – Irgendwann würde sie es doch selber rausbekommen. „Also… Pass auf: Du weißt doch dass ich mich immer mit den Hyänen treffe, stimmt’s?“ Zira nickte schnell und spitzte neugierig die Ohren. Was auch immer er ihr sagen wollte, es schein interessant. „Also… Ich glaube ich sollte dir langsam wirklich sagen, was ich dort immer so geheimes zu besprechen habe… Wird aber bitte nicht wütend.“, bat Scar sie ernst. Zira nickte nur eifrig. Ihre Neugierde war langsam unerträglich. Sie stand endlich kurz davor zu hören WAS Scar denn nun, seit sie ihn kannte, immer so geheimes mit den Hyänen zu tun hatte. Scars Kopf kam ihrem so nah dass nur sie seine Worte hören konnte. „Zira, ganz ehrlich: Hätte ich auch nur ansatzweise irgendeine Chance in diesem Leben König zu werden?“, begann er. Zira verdrehte in diesem Moment innerlich die Augen. Wie oft hatte sie dieses elendige Thema nun denn schon anhören müssen? „Äh, nein.“, war ihre kurze Antwort. „Genau, statt mir wird ja mein wundervoller, großer Bruder König wird, was ist dann mit mir?“ Ja Scar, immer schön egoistisch bleiben, dachte Zira sich mit einem kleinen Lächeln, meinte jedoch: „Keine Ahnung, du bist nun mal… Du bist immer noch königlichen Blutes, man wird dich schon nicht vor die Tür setzen. Du wirst dir jedenfalls nicht um dein Überleben Sorgen machen müssen.“ „Zira, darum geht es nicht“, fuhr Scar sie ungewollt heftig an „Es geht darum dass ich König werden will, nicht mein Bruder. Ich meine mein Bruder hat vielleicht die Muskeln abbekommen, aber ICH habe das Hirn.“ „Scar, das mag sein und ich glaub doch auch dass du ein ebenso guter König wärst, aber die Sache mit deinem Bruder… Daran kannst du nun mal nichts ändern.“, versuchte Zira ihn zu beruhigen und legte besänftigend eine Pfote auf seine. „Wirklich nicht?“ Mit einem Mal hörte Zira wieder so einen verschlagenen Unterton aus seiner Stimmer heraus und sie sah verwundert zu ihm. „Was hast du vor?“ „Nun Zira… Wenn mein toller Bruder König wird, statt mir, was machen wir dann?“, fragte Scar vielsagend. „Ähm… Aufpassen das er niemals Junge bekommt und früh stirbt?“, meinte Zira halb spaßend, halb ernst. „Fast. Und wie stirbt er früh?“, fragte Scar weiter. „Ähm… Krankheit, Unfall, Mord?“, antwortete Zira und wusste langsam wirklich nicht weiter. „Uh, erraten!“, brachte Scar plötzlich gespielt begeistert hervor und fuhr ihr, nachdem sie einige Sekunden nicht reagierte, über die Schnauze. Er sah erleichtert aus dass Zira nicht völlig wütend aufsprang und ihm den Hals aufreißen wollte, doch andererseits machte sie überhaupt nichts – Und das war irgendwie auch nicht gut. „Du… du meinst… töten?“, brachte Zira tonlos hervor. Nicht dass sie Mufasa großartig mochte, aber töten kam so… hart. „Ja...“, bestätigte Scar zögerlich. Zira sagte noch immer nichts. „Ähm… Zira… Liebes… Sag doch mal was dazu…“ Ganz im Ernst, ihr Schweigen machte ihn langsam wahnsinnig. „Ich… weiß auch nicht… Warum das alles denn?“, brachte sie schließlich unsicher hervor. Einerseits war Scar froh dass sie endlich etwas gesagt hatte, doch andererseits war das nicht grade die Reaktion die er sich erhofft hatte. „Weil er es nicht verdient hat. Ich meine… du magst ihn doch auch nicht. Wir könnten noch ewig über ihn herziehen. Und mal ganz ehrlich: Ich wäre ein genauso guter König wie Mufasa.“, zischte Scar herablassend. Zira sah etwas beunruhigt zu ihm. Sie wusste nicht genau was sie darüber denken sollte. Was sie überhaupt denken sollte. Und ganz ehrlich… Sie fühlte sich unwohl. Extrem unwohl. Jetzt, wo Zira es wusste, hatte sie das Gefühl eine riesige Last mit sich herumzuschleppen… Sie war in einen Mordplan verwickelt, verdammt! „Hey… Geht’s dir gut? Du siehst so… verstört aus.“, meinte Scar und stupste Zira, nachdem sie nur gebannt auf den Boden starrte, mit der Pfote an. „Was denkst du denn“, rief sie aus und sah schockiert zu ihm „Du, du willst…“ Sie stockte und senkte die Stimme „Du willst deinen eigenen Bruder umlegen.“ Es schien so als ob sie jetzt erst richtig realisiert hätte was er da gesagt hatte. „He… Du kannst das nicht mit dem Verhältnis zu deinen Brüdern vergleichen. Ich hasse meinen. Abgrundtief. Das weißt du.“ Zira sah unsicher zu ihm. „Ich weiß, aber… egal wie sehr du ihn hasst… Warum denn gleich töten? Und wer soll das überhaupt machen? Und was hab ich davon und…“ „Hey, ganz ruhig. Ich werde ihn ja auch gar nicht töten, glaubst du echt ich mach mir an dem die Pfoten dreckig?“ „Wäre mir neu wenn du dir überhaupt mal an irgendwas die Pfoten schmutzig machst.“, entgegnete Zira keck. „Die Hyänen machen das. Aber mal ehrlich: Was haben wir sonst für eine Wahl?“ „Wir?“ Zira zog eine Augenbraue hoch und sah skeptisch zu Scar. Ihr war das alles einfach nicht geheuer. „Ja… ‚Wir‘.“, meinte Scar mit diesem verführerischen Unterton in der Stimme, der Zira das Fell zu Berge stehen ließ. „Aha, und was hab ich davon?“, fragte sie und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, woran sie jedoch kläglich versagte. „Du würdest natürlich Königin werden.“ Scar rückte näher zu ihr und schmiegte liebevoll seinen Kopf an Ziras Stirn. Sie war gerade dabei sich zu beruhigen und da half Scar nur zu gerne nach. „Königin…“, murmelte Zira und hielt einen Moment inne „Du meinst… die Ranghöchste Löwin, die sich alles erlauben darf und ohne Grund irgendwelche Befehle erteilen darf, denen die anderen gehorchen müssen, ob sie wollen oder nicht? Ich, Königin?“ Okay, vielleicht fand Zira doch ein winziges Bisschen Gefallen hieran. Scar nickte und zog Zira näher an sich. „Ganz genau.“, flüsterte er verführerisch in ihr Ohr. „Ach Scar… Ich weiß nicht. Ich weiß wirklich nicht was ich darüber denken soll…“, seufzte Zira und schmiegte ihren Kopf in seine Mähne. „Wie wär’s wenn du zusagst?“, schlug Scar vor. „Ich weiß nicht… Ach komm, können wir jetzt nicht über was anderes reden? Ich versprech‘ dir auch dass ich alles für mich behalte.“ Sie sah flehend zu Scar auf, woraufhin dieser nur kurz seufzte. Wie konnte er auch Ziras Bitte wiederstehen? „Meinetwegen… Aber sag wirklich niemanden irgendwas und misch dich nicht in meine Pläne ein, ja?“ „Jaja, versprochen.“, schnurrte Zira und rieb den Kopf nur noch energischer in Scars Mähne, wobei sie versuchte möglichst viel von seinem Geruch aufzunehmen, den sie so sehr liebte. Sie liebte einfach alles an ihm, egal was die Anderen über ihn sagten, für sie war er einfach perfekt. Doch er war immer so selten da. Okay, inzwischen verbrachten sie weit mehr Zeit zusammen als früher, aber Zira war es einfach nicht genug und so genoss sie die Zeit mit ihm umso mehr. Sie verlangte wirklich nicht viel von ihm, das hier, einfach nur zusammen irgendwo rumliegen, reichte ihr schon. Manchmal schlichen sie sich auch nachts davon, aber meistens war Scar dann entweder bei den Hyänen oder er war so müde von den Hyänen, dass er dann doch nicht mit ihr mitkam. „Scar…“, begann Zira nach einiger Zeit. „Hm?“ Scar hatte den Kopf auf seinen Pfoten aufgestützt, während Zira es sich in seiner Mähne gemütlich gemacht hatte. „Sag mal… Was wäre eigentlich wenn Mufasa und Sarabi Junge bekommen würden? Ich mein… die sind ja jetzt eigentlich bereit dafür und auch im perfekten Alter für die und… Ich mein ja nur…“ „Tja, dann können wir nur hoffen dass sie verrecken und wenn nicht dann sorgt man dafür… Was weiß ich, noch ist es nicht so weit.“, entgegnete Scar müde. Typisch, kaum hatte er fünf Minuten die Augen zu, war er so gut wie eingeschlafen. „Du würdest Junge töten?“, hakte Zira nach. „Zira“, maulte Scar „So weit ist es noch gar nicht, noch ist meine Mutter Königin und ich hoffe das bleibt erst mal so.“ „Aha…“ Zira sah auf ihre Pfoten „Sag mal, magst du Junge eigentlich?“ Scar riss in diesem Moment die Augen entsetzt auf und sah hastig auf Ziras Bauch. „Bist du etwa…“ „Nein“, rief Zira aus und rollte genervt die Augen „Das war nur ‘ne Frage: Magst du sie?“ „Warum fragst du so was?“ In Scars Stimme war noch immer eine gewisse Panik herauszuhören, für die Zira jedoch nichts als ein genervtes Seufzen übrig hatte. „Aus Neugierde… Falls wir mal welche haben sollten.“ „Sollten wir?“, hakte Scar nach. „Na irgendwann… vielleicht…“, gab Zira ein wenig nervös zur Antwort. „Findest du dich nicht noch ein wenig zu jung für so was?“, meinte Scar bestimmt. „Sag mal, hörst du mir zu? Ich sagte IRGENDWANN.“, fauchte Zira ungehalten. „Ja und bei Löwinnen heißt ‚irgendwann‘ immer ‚möglichst schnell‘.“ „Wer hat dir DAS denn beigebracht? Scar, das war ‘ne ganz harmlose Frage und hör endlich auf auf meinen Bauch zu starren, ich fühl mich langsam fett.“, sagte Zira sichtlich genervt. „Keine Ahnung, sie sind… süß…“ Scar klang noch immer nicht wirklich beruhigt „Und du bist sicher dass du nicht…“ „Sag mal, leidest du an Einbildung? Da ist nichts und jetzt schau mir gefälligst ins Gesicht“ Zira drehte seinen Kopf so dass er sie ansehen musste „Jetzt antworte doch endlich mal.“ „Na ja, Junge sind eben ganz süß und… wenn sie dich nicht grade überall anknabbern und auf deinem Rücken rumhüpfen sind sie nun mal ganz süß.“, gab Scar zur Antwort. „Sie sind für dich also… ‚ganz süß‘?“, hakte Zira nach. Na ja, nicht das was sie hören wollte. „Äh… Ja.“ Scar starrte schon wieder auf ihren Bauch. „Lass das mal!“, maulte Zira und peitsche ihm mit ihrem Schwanz genervt auf die Schnauze. „Dann sag du mir warum du mich so was fragst! Du bist doch noch viel zu jung um überhaupt über so was nachzudenken.“ „Weil du, wenn du wirklich mal König werden willst, doch irgendwann wohl oder übel welche haben musst, ist diese Antwort jetzt zufriedenstellend?“, quengelte Zira entnervt. Langsam gab sie es auf. Entweder er glaubte ihr oder nicht. „Na ja… Da ist was Wahres dran, aber kannst du dieses Thema bitte ruhen lassen? Im ernst Zira, es ist zu früh für so was…“, meinte Scar völlig entnervt und Zira tat ihm den Gefallen. Jedoch würde ein anderes Problem nicht lange auf sich warten lassen… Und das war etwa dreißig Zentimeter lang, goldbraun und würde Scar eines Tages umbringen. Kapitel 32: Simba ----------------- Tja und wie das Schicksal nun mal so spielte, wurden einige Monate später Scars schlimmste Vermutungen wahr: Feierlich verkündeten Mufasa und Sarabi dass es wohl bald Nachwuchs im Königshaus geben würde – Okay, das war schlecht für Scar. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, war auch noch Sarafina trächtig – Und sie wusste selbst nicht so genau von wem. Doch optimistisch wie sie eben war, meinte sie dass sie sich einfach nur wahnsinnig auf ihre Junges freute – Etwas wofür Zira sie bewunderte. Sie wäre wahrscheinlich am Ende wenn sie bei ihrem ersten Jungen auf sich gestellt wäre. Aber die Krönung des ganzen Desasters war als Uru, aufgrund von Sarabis Trächtigkeit, die Krone abgab – Sie überließ doch tatsächlich das Geweihte Land ihrem Sohn und Sarabi. Scar hatte noch versucht es ihr alles auszureden doch sie beharrte auf ihre Entscheidung und meinte sie habe nur ein Versprechen, was sie eins Ahadi gegeben hatte, eingehalten: Spätestens wenn Mufasa Vater werden würde, solle er auch König werden, damit das Junge unter besten Bedingungen aufwachsen würde. Klasse… Sogar wenn Ahadi tot war versaute er Scar wirklich alles. Ja, sein alter Herr hatte es wirklich geschafft ihm das Leben in allen Phasen schwer zu machen! Er muss das ja regelrecht geplant haben, was? Tja und so kam es dass Mufasa und Sarabi König und Königin wurden. Scar hätte bei der Krönung kotzen können, doch er hatte es schweigend ertragen – Er würde seinen Anteil noch früh genug bekommen, ganz sicher… Auch wenn er jetzt ein paar Dinge in seinem Plan umändern musste. „Hey Leute, wollen wir mal wieder was spielen?“, fragte Zira einige Tage später und sprang zu ihren Freundinnen. Sarabi und Sarafina lagen faul unter einigen Akazien, blickten jedoch entsetzt auf als sie Zira vor sich stehen sahen. Hm, sie hatte ziemlich dünne Beine… Sekunde mal, warum fiel ihnen so was auf? „Bist du verrückt? Auf keinen Fall! Wir riskieren damit nur das Leben unserer Jungen!“, wand Sarafina ungewollt heftig ein. „Durch… spielen?“ Zira zog wenig überzeugt eine Augenbraue hoch. „Ja, und ich bitte dich: Wir sind erwachsen, Zira! Glaubst du langsam nicht auch dass du zu alt für so was bist?“, stimmte Sarabi zu. Eigentlich hatte Zira nicht mit so viel Wiederstand gerechnet, doch umso mutloser sah sie nun drein. Enttäuscht ließ sie die Ohren sinken und blickte zu den beiden Löwinnen hinab. „Aber… Wir haben doch schon so lange nichts mehr gespielt… Wann machen wir all das mal wieder? Wie damals? Seit ihr trächtig seid, seid ihr voll… bescheuert geworden…“ Sarabi seufzte und sah ein wenig genervt zu Zira. „Ich bitte dich… Zira, wir sind doch alle erwachsen. Werd das endlich auch mal.“ Sarabi klang dabei um einiges harscher als sie es eigentlich wollte. „Geht klar, ich bin unerwünscht.“, seufzte Zira und wand sich mit einer gewissen Wut im Bauch ab. „Ach Zira, so war das doch nicht gemeint!“, rief Sarafina ihr sofort reuevoll nach. „Pah, schon klar…“, zischte Zira gehässig. „Genau, geh doch zu deinem Scar-Schatzi…“, meinte Plötzlich Sarabi neckisch. Zira erstarrte und glaubte sich an der Luft die sie soeben eingeatmet hatte zu verschlucken. Woher wussten sie das? Sie hatte doch weder Andeutungen noch sonst was gemacht! „Wer hat euch das verraten?!“, schrie sie hastig. „HA“ Triumphal warf Sarabi den Kopf hoch „Niemand! Das war nur so eine Vermutung, aber jetzt hast du dich selbst verraten!“, lachte sie und auch Sarafina musste kichern. Nicht dass die Beiden Zira hinterherspionierten, aber so dieser Gedanke war sie schon oft beschlichen… Tja und jetzt hatte Sarabi endlich mal das ausgesprochen was sie schon so lange glaubten. „Oh Mann, was die anderen dazu sagen werden… Aber wusste ich’s doch!“, meinte Sarafina mit einem selbstgefälligem Lächeln. „Jaja, spart euch euer dreckiges Grinsen, alle Beide“, zischte Zira mit gesträubtem Nackenfell „Erzählt es doch am besten gleich jedem! Ihr seid echt das letzte.“ Das war ihr alles zu viel – Sie war stinksauer! Für wen hielten die sich?! Musste es denn gleich jeder wissen? Ja, Zira war wütend, sie war richtig, verdammt wütend! „Und wie sie am Anfang taten, nur weil sie Junge erwarten glauben sie wohl sie ständen unter irgendeinem besonderen Schutz. PAH! Wenn ich Junge hätte, ich würde mich nie und nimmer so bescheuert aufführen! Und selbst wenn: Ich wäre nicht gleich so unfreundlich! Wie sie mich aufregen!“ Zira hatte sich gegen Abend zu Scar in seine kleine Höhle gelegt. Wenn schon das ganze Rudel über das alles jetzt Bescheid wusste dann würde sie jetzt auch bei ihm in der Höhle schlafen. Auf die Anderen war sie sowieso stinksauer, die konnten sie mal, bei denen würde sie nicht mehr schlafen. Draußen gewitterte und blitzte es währenddessen und ein Sturm fegte über das Geweihte Land. Es war als würde die Welt untergehen, die Bäume biegten sich unter dem Wind und den Wassermassen die vom Himmel fielen und alle Tiere hatten sich ein sicheres Versteck gesucht. „Haben sie dich wirklich so schrecklich aufgeregt?“, fragte Scar. Ihm schien jedoch nicht wirklich klar zu sein was das für Zira bedeutet hatte. Ja, natürlich war er auch genervt von den Blicken der Anderen gewesen als er nach Hause gekommen war und erst seine Mutter hatte ihn aufgeklärt was eigentlich los war, doch für ihn schien das hier alles nicht mal halb so schlimm zu sein wie für Zira. „JA! Ich meine… Wie kann man nur so unglaublich… langweilig werden? Das ist doch zum Davonlaufen.“, jammerte Zira. Scar rollte mit den Augen, grinste jedoch im selben Augenblick. Zira hatte sich auf den Rücken gelegt. So ein bisschen erinnerte die ganze Szene an einen Psychologen der ein Gespräch mit einem Patienten führte. „Ich sagte dir doch, dass der ganze Haufen furchtbar ist.“, meinte Scar nur und begann Zira den Hals entlang zu lecken. Das schien für Zira genug zu sein um wieder zu lächeln. „Ja, aber du bist auch nicht besser, du willst schließlich jemanden um die Ecke bringen.“ Zira kicherte und sah mit einem abwesenden Blick zu Scar auf. „Ja, aber ich hab wenigstens was davon.“, lachte er, ließ sich neben sie fallen und leckte ihr liebevoll über die Schnauze. Zira erwiderte nichts, sondern sah nur aus der Höhle raus, auf die weite Savanne. „Scar…“, begann sie, dem Regen lauschend. „Ja?“ Sie drehte sich nun um, so dass sie wieder auf dem Bauch lag. „Ich hab mal ‘ne Frage an dich.“ „Hat sie was mit Jungen zu tun?“ „Hä? Nein!“ „Okay, gut, also was ist?“, fragte Scar erleichtert und begann sanft an Ziras Schultern herumzuknabbern. „Sag mal, wieso… Wieso können wir nicht einfach gehen?“ Scar hielt inne, setzte sich auf und blickte nach draußen, durch den Regen, der wie ein Vorhang in der Luft lag. „Wie meinst du das?“ „Na, gehen eben. Irgendwo anders hin, wo wir ihre Regeln nicht befolgen müssen. Wir könnten noch vor dem Morgengrauen verschwunden sein.“ Zira klang sehr melancholisch und abwesend, als sie das sagte. Vielleicht war es etwas überstürzt, aber warum nicht? Scar schüttelte nur sachte den Kopf und rückte näher zu Zira. „Aber warum nicht? Warum denn nicht, sag mir das. Wir könnten Orte finden, noch viel schöner als das.“, entgegnete sie. „Weil… Ich kann nicht. Das Geweihte Land ist ein Teil von mir, ich weiß nicht ob du das verstehst, aber ich kann hier nicht weg.“ Zira sah mit einer gewissen Traurigkeit zu Scar. Sie hatte keine wirklichen Freunde im Rudel, jedenfalls nicht mehr und es hätte ihr auch nichts ausgemacht einfach zu gehen. Für Scar hätte sie sogar die Hyänen verlassen. Dabei mochte sie die eigentlich ziemlich. Sie waren die einzigen die sie als ‚Freunde‘ bezeichnet hätte. Zira hatte jedenfalls in den letzten Monaten mehr Zeit mit ihnen verbracht als mit den Löwinnen, was was zu bedeuten hatte. Aber Zira hätte sie alle aufgegeben, Hauptsache sie konnte mit Scar zusammen sein – Sie hätte alles für ihn getan. Scar schien ihre Enttäuschung zu bemerken, zog sie näher an sich und rieb tröstend den Kopf an ihrem. „Zira, ich weiß dass du das nicht verstehen kannst, aber ich werde schon dafür sorgen dass sie uns Respekt zeigen werden… Vertrau mir.“ Vertrauen? – Ja. Nur ob sie ihn jemals vollständig verstehen würde, das war ihr Zweifel. Zira seufzte schweren Herzens und starrte schließlich weiterhin nach draußen, durch den strömenden Regen. Und da spürte sie wieder dieses Kribbeln im Bauch als ihr ein ganz bestimmter Löwe den Nacken entlangfuhr. Einige Wochen später war es dann doch soweit, auch wenn Scar es gern verhindert hätte und Sarabis und Mufasa Junges wurde geboren: Ein Männchen. Sie nannten ihn ‚Simba‘ und nichts gegen Sarabi, aber bei dem Namen hätte Zira am liebsten geschrien! Simba? LÖWE? Entschuldigung, aber wenn DAS nicht der unkreativste und bekloppteste Name für einen Löwen war den sie je gehört hatte, dann wusste sie auch nicht… Obwohl sie hieß ‚Hass‘ und ihr Bruder hieß ‚Süß‘. Jedenfalls war es nun soweit: Seine große Präsentation stand an. Die Neuigkeit hatte sich wie ein Buschfeuer im Geweihten Land verbreitet und es schien tatsächlich so als ob sich ganz Afrika vor dem Königsfelsen versammelt hätte, nur um das Fellknäul zu betrachten und ihm zuzujubeln. Das Rudel hingegen saß hinter dem König und der Königin – Jeder außer Scar. Er hatte Zira gesagt er wolle keine falsche Freude für das Balg heucheln und war deshalb auch nicht erschienen. Zira hatte sich dennoch ein Herz genommen, sich zu Sarafina gequetscht und sah sichtlich ungerührt zum ganzen Schauspiel. Zwar hatte sie noch versucht Scar irgendwie für das alles zu begeistern, doch wirklich hinbekommen hatte sie es nicht. Rafiki nahm Simba und lief mit ihm zur Spitze des Königsfelsen um ihm den anderen Tieren zu präsentieren, wovon Zira aber nichts sah… Eigentlich konnte sie nicht mal Simba von hier hinten sehen. Ein lautes Jubeln und Applaudieren ging durch die Reihen und jeder verbeugte sich. Zira sah den Stolz in Mufasas und Sarabis Gesichtern und irgendwie tat es ihr Leid um diese kleine Familie. Wenn Sarabi Simba und Mufasa verlieren würde… Es würde ihr das Herz brechen und das hatte sie nicht verdient. Zira hasste Sarabi ja nicht oder so und sie wünschte ihr auch nichts Böses – Aber nur wegen ihr alles hinschmeißen? Neee… Sooo sehr mochte Zira sie dann auch nicht. Nach der Präsentation gingen alle Rudelmitglieder zu Mufasa und Sarabi um den kleinen Prinzen zu sehen und dem Paar seine persönlichen Glückwünsche zu sagen. Einzig und allein Sarabi zuliebe stellte Zira sich in die Menge und betrachtete Simba. Uru sah voller Stolz zu ihrem kleinen Enkel und auf ihrem Gesicht spiegelte sich die pure Freude wieder. „Oh Mufasa… Dein Vater wäre so stolz auf dich und vor allem auf den Kleinen. So ein süßes kleines Junges, ich freue mich so für euch“, brachte Uru breit grinsend hervor und sah zu dem Kleinen „Hallo du Süßer. Hier ist Omi Uru.“, begrüßte sie Simba und streckte ihm die Schnauze entgegen. Simba griff nach der schwarzen Nase seiner Oma und krabbelte spielerisch ihren Kopf hoch, bis er sich in dem kleinen Haarbüschel verfing und von Sarabi liebevoll wieder entgegen genommen wurde. „Oh Mufasa, er sieht genauso aus wie du damals“, quiekte Uru begeistert „Da kommen vielleicht Erinnerungen hoch…“ Alle waren ganz entzückt von dem Kleinen Prinzen, doch Zira fand nichts Besonderes an ihm. Alle Jungen waren süß und klein, was an diesem so besonders? Er sah genauso aus wie alle anderen Jungen auch, er war knubbelig und weich und speckig und flauschig und… niedlich. Einfach nur süß. Nachdem sich der Trubel etwas gelegt hatte und etwas Ruhe einkehrte, lief Zira den Königsfelsen herunter und legte sich auf einen großen Felsen, der von der Sonne schon wunderbar aufgeheizt worden war und nun die genau richtige Temperatur hatte um sich darauf zu legen. Zira wusste auch nicht so recht… In letzter Zeit hatte sie des Öfteren mit Bauchweh zu tun und wenn sie dann den warmen Felsen auf ihrem Bauch spürte fühlte sie sich danach immer viel besser. Diese Wärme schien gut zu tun. Sie gähnte, machte sich richtig lang und ließ sich dann einfach nur die Sonne auf den Pelz scheinen. Ein paar Minuten ging das so gut, bis sie plötzlich von einem so unerwarteten und extrem schmerzhaften Magenkrampf überrascht wurde dass sie tatsächlich aufschrie und sich instinktiv krümmte. Hastig biss sie die Zähne zusammen und sprang auf, grade noch rechtzeitig um zu realisieren wie sie zu würgen begann und sich gerade ihr Frühstück von ihr verabschiedete. „Zira? Geht’s dir nicht gut“ Uru kam auf sie zu und sah sie sorgenvoll an „Okay, dumme Frage, entschuldige… Aber was ist mit dir, bist du krank?“ Zira holte hastig Luft und schluckte trocken um dieses Brennen in ihrer Kehle nicht mehr spüren zu müssen, doch irgendwie wurde es so nur schlimmer. „Ich… ich weiß auch nicht“, gab sie zur Antwort „Mir war in den letzten Tagen sowieso nicht so gut, ich glaub ich… Keine Ahnung, aber es geht schon wieder.“ „Oh je, ich hoffe du wirst nicht krank. Tu mir den Gefallen, Liebes, geh zu Rafiki, der weiß doch immer Rat.“, bat Uru sie drängend. „Hm… Ja, okay… Vielleicht erwisch ich ihn noch.“, meinte Zira halblaut und versuchte nochmal zu schlucken. „Rafiki?“, rief Zira dem Mandrill zu und holte ihn schnell ein. Er war wohl gerade auf dem Heimweg, schien es jedoch nicht gerade eilig zu haben. „Guten Tag Zira. Was kann ich für dich tun?“, fragte er fröhlich. Er strahlte noch immer wegen Simbas Präsentation. Zira musste zugeben dass Rafiki eigentlich in Ordnung war. Ein bisschen verrückt, aber er war schlau. Und er war unparteiisch, das konnte manchmal echt von Vorteil sein. „Also ich wollte dich fragen ob du was gegen Bauchweh und so hast. Ich hatte schon seit ein paar Tagen immer mal wieder Bauchschmerzen und vorhin musste ich mich übergeben. Also kennst du da irgendwas was helfen könnte?“ „Du bist Takas Freundin, oder?“, fragte er jedoch plötzlich, setzte seinen Weg jedoch unbeirrt fort. „Äh, ja und?“ Was hatte das jetzt wieder damit zu tun? Na ja, von Rafiki klare Antworten zu bekommen war anscheinend schwer. „Tja, ich dachte eigentlich DU könntest dir jetzt denken was nun kommt“, lachte Rafiki belustigt „Sonst stellen sich doch die Männchen immer so schwerfällig bei so was an.“ „Hä? Rafiki was willst du mir sagen?“, hakte Zira verwirrt nach. Langsam wurde sie ungeduldig. „Nun ja, dir ist weder schlecht von Futter noch von Krankheit, eher hast du da was in dir drin was wohl für die nächsten paar Monate dafür sorgen wird dass es so bleibt.“ „Würmer? Oh neee, wie ekelhaft! Ihhh! Ich wusste ich hätte dieses Gnu nie fressen dürfen.“ Zira verzog angewidert das Gesicht und sträubte das Fell. Okay, soviel Begriffsstutzigkeit ließ sogar Rafiki blöd dreinschauen. „Nun ja… Äh, nein, eigentlich nicht… Zira, du bist trächtig.“ Na also, ging doch. Zira stockte und blickte den Affen fassungslos, fast schon verzweifelt, an. Sie rührte sich keinen Zentimeter, viel zu überrumpelt war sie hiervon. Es kam so… Nennen wir es ‚unerwartet‘. „Woher willst du das wissen?!“, fuhr sie ihn panisch an. „Glaub mir, ich bin ein Profi“, versicherte Rafiki ihr und wäre in diesem Moment fast gegen einen tief hängenden Ast gelaufen – Aber eben nur fast „Siehst du?“ „Äh... äh… äh… Aber was mach ich denn jetzt? Wie konnte das passieren?“, stammelte Zira verzweifelt. „Ach, ganz einfach“, begann Rafiki „Wenn das Weibchen…“ „Ich weiß wie das passiert ist“, fuhr Zira dazwischen „Ich kann nur nicht glauben dass es passiert ist… Was tu ich denn jetzt?“ Die Hilflosigkeit in ihrer Stimme war unüberhörbar. „Ich, als alter Affe, würde dir raten es oder sie erst mal auf die Welt zu bringen. Und du solltest dich vielleicht von Lebensgefährlichen Situationen fernhalten.“, meinte er grinsend. „Rafiki, ich mein das ernst!“ „Ich auch. Du schaffst das schon, zäh genug bist du. Na dann, viel Spaß!“ Und ehe Zira sich versah, war er wie von Geisterhand auf einem Baum verschwunden, jedoch nicht ohne ihr davor eins mit seinem Ast überzuziehen – Himmel, welcher Affe schlägt Schwangere? „Verrückter Affe!“, fauchte Zira ihm nach und sah auf ihren Bauch. Wie hatte Rafiki das so schnell herausgefunden? Sah sie wirklich so fett aus? Zira betrachtete ihren Schatten und tatsächlich fand sie, das ihr Bauch ein wenig… ‚durchhing‘. Nicht besonders viel, aber wenn man genau hinsah und es wusste, dann merkte man es. „Oh Gott, was wird Scar dazu sagen?“, murmelte sie und machte sich auf den Heimweg. Nicht das sie glaubte er würde es hassen, aber momentan hatte er wirklich andere Probleme. Zira war schon fast am Königsfelsen angelangt, als sie plötzlich stockte und… völlig grundlos zu weinen anfing – Einfach so, ohne jegliche Provokation. Sie stand da einfach nur und weinte. Es waren Tränen der Angst und Verzweiflung, aber auch der Wut – Auf sich selbst. Sie hatte einen riesen Fehler hiermit gemacht. Sie hätte das nicht zulassen dürfen, aber sie hatte ja nach dem Motto ‚Die anderen Male ist ja auch nichts passiert‘ gehandelt. Tja und das hatte sie nun davon: Sie heulte ohne Grund Tränen und Rotz, war trächtig, ihr war schon wieder schlecht und sie wusste nicht mal ob der Vater ihrer Jungen diese überhaupt haben wollte – Ja, das hatte sie ganz toll hinbekommen! Applaus Zira, super! Sie würde einfach nichts sagen! Genau! Vielleicht fiel das auch gar nicht so sehr am Anfang auf… Vielleicht. „Zira?“ Zu spät. Erschrocken fuhr sie herum als sie Scars Stimme hinter sich hörte und begann sofort sich eilig über das Gesicht und die Nase zu wischen, was nun aber auch nicht mehr viel brachte. „Zira? Hey, was ist denn? Mutter sagte, dir ging es nicht gut, ist was mit dir?“ Scar sah besorgt zu ihr und wollte den Kopf an ihrem reiben, doch als er ihre Seite streifte fuhr sie erschrocken zurück. „Äh… Zira?“ Verwirrt zog Scar eine Braue hoch und langsam mischte sich zwischen seine Sorge Misstrauen. Hatte Zira etwa was ausgefressen? „Was?“, brachte sie stockend hervor und versuchte dieses kindische schluchzen und heulen in den Griff zu bekommen. „Was ist los mit dir? Hast du Schmerzen oder warum heulst du hier so rum?“, fragte Scar und schritt auf sie zu, woraufhin sie jedoch wieder zurückzuckte. Na ja, die würde Zira auf jeden Fall in den nächsten drei Monaten genug haben. „Nein, ich… nein…“, stammelte Zira und sah wild blinzelnd zu Boden. „Hey, sag mir jetzt was mit dir los ist, das ist langsam nicht mehr lustig.“, meinte Scar ernst. „Ich, ich… mir war schlecht und dann bin ich zu Rafiki und der sagte mir ich sei…“ Der letzte Teil war zu daher genuschelt als dass Scar ihn hätte verstehen können. „Du bist was? Krank?“, hakte er nach. Zira schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf. „Versprech‘ mir dass du nicht böse sein wirst.“, flehte sie unter Tränen. „Versprochen und jetzt sag was mit dir los ist, ich mach mir langsam wirklich Sorgen.“ „Ich bin… tr- trächtig.“ Mehr bekam sie nicht raus, sonst hätte sie weitergeheult. Scar jedenfalls saß nur wie gelähmt da und starrte sie mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Schock an. Und das schon seit Sekunden, die Zira sehr, sehr, sehr lang vorkamen. „Scar, bitte… Sag doch auch mal was.“, flehte sie weinerlich und es hätte nicht viel gebraucht um sie wieder zum Weinen zu bringen. „Äh… Nun ja, ich… Ich hätte nicht damit gerechnet, ich bin etwas… äh, geschockt, aber… Was soll ich sagen? Zira, ich freu mich, was denkst du denn?“ Im ersten Moment dachte Zira das wären nur leere Worte und sie war kurz davor wieder in Tränen auszubrechen, doch als sich dann plötzlich ein breites Lächeln auf sein Gesicht schlich, kam es ihr so vor als würde eine gewaltige Last von ihr abfallen. Er war nicht wütend auf sie, er hatte sie nicht angeschrien, nein, er… er freute sich sogar. Jedenfalls weinte sie schon wieder – Diesmal aus Erleichterung. „Hey, ich sagte doch ich freu mich!“, versuchte Scar sie zu beruhigen und leckte ihr einige Tränen aus dem Gesicht. „Ich weiß, das weiß ich doch“, meinte sie und schmiegte den Kopf in seine Mähne „Ich doch auch…“ Kapitel 33: Alle guten Dinge sind drei -------------------------------------- Zira musste zugeben dass sie um ehrlich zu sein gehofft hatte dass Rafiki falsch lag. Sie hatte gehofft dass sie selber falsch gelegen hatte, doch den Gefallen tat man ihr nicht. Sie war eindeutig trächtig und langsam zeigte sich das auch, vom morgendlicher Übelkeit und gelegentlichen Fressattacken mal abgesehen. Zira war dünn und so fielen ein paar Kilo mehr umso deutlicher auf – Jedenfalls so sehr dass irgendwann auch Sarabi und Sarafina sich ihren Teil denken konnten und natürlich auch langsam neugierig wurden. Ja, natürlich wusste Zira dass irgendwer sie irgendwann danach fragen würden, doch als es dann doch soweit war, war sie alles andere als froh darüber. Sie wollte keine große Sache daraus machen, aber in diesem Rudel schien das wohl unmöglich zu sein. Doch diesmal freuten Sarabi und Sarafina sich WIRKLICH! Sie beglückwünschten Zira sogar und langsam hatte Zira das Gefühl die beiden wieder irgendwie gern zu haben. Allen voran Uru konnte die Geburt ihres nächsten Enkels kaum abwarten. Sie war vor Freude fast auf Scar gestützt als er ihr von Ziras Trächtigkeit erzählt hatte. Sie war immerhin die erste die davon erfahren hatte, schließlich war es ja ihr Enkel und seit Ahadis Tod war sie noch anhänglicher und Familienbewusster geworden als sie sowieso schon war. Jedenfalls trug Zira da tatsächlich Irgendjemanden mit sich rum und auch wenn sie es nur ungern zeigte, so war sie sehr wohl aufgeregt. Sie versuchte immer sich klarzumachen dass sie nicht so übervorsichtig werden wollte wie Sarabi und Sarafina es während ihrer Trächtigkeit waren, aber manchmal da erwischte sie sich selber dabei wie sie sich immer mal wieder besorgt über den Bauch strich oder beim Jagen immer erschrocken eine Pfote dahinlegte, wo sie das Junge vermutete, wenn sie von einem Beutetier getreten wurde. Doch ihre größte Sorge war immer noch Scar. Es blieb bei ihm einfach die Frage ob er das wirklich wollte. Ja, er hatte ihr gesagt dass er sich freute, aber eben nur eine Mal und vielleicht sagte er das nur um sie zu beruhigen. Was wenn er dieses Junge gar nicht wollte? Sie kannte ihn nun schon so lange und trotzdem… Trotzdem glaubte sie manchmal ihn gar nicht richtig zu kennen. Er wusste alles über sie, er konnte so gut wie alles an ihr, an generell Jedem, deuten, aber sie… Nein, sie konnte das nicht. Manchmal sah sie Scar an und fragte sich ernsthaft wie er sich gerade fühlte. Es regnete in dieser Nacht. Und es stürmte. Nein, kein wirklich schönes Wetter. „Wo warst du?“, fragte Zira Scar ernst, als Scar die Höhle betrat. Er sagte er wolle nur kurz zu den Hyänen… Von wegen. Wenn das Scars Definition von Kurz war, dann vielen Dank. „Wo wohl? Bei den Hyänen, wo ich immer bin.“, antwortete Scar ihr und schüttelte sich das nasse Fell aus. „So lange?“, hakte sie misstrauisch nach. „Weißt du Zira, bei dem Wetter durch einen Fluss zu kommen ist nicht so einfach.“, gab er etwas ungehalten zurück. „Oh entschuldige der Nachfrage.“, murrte sie und legte mürrisch den Kopf auf die Pfoten, streckte jedoch einige Sekunden später alle viere von sich. Es war ungemütlich so rumzuliegen, zumindest mit der Wampe die Zira da hatte. „Und, wie geht’s dir?“, wollte Scar nun wissen. „Ähm… gut. Warum fragst du?“ „Nur so.“, gab er zurück und legte sich neben sie. Er war noch immer nass bis auf die Haut und Zira sträubte die Nackenhaare etwas als sein nasses Fell ihres berührte. „Warum bist du nicht früher gekommen? Ich hab versucht dir was zu Fressen aufzuheben, aber… Ich bekam selber solchen Hunger. Zudem war es nicht mal viel, das jagen fällt mir langsam schwerer.“ Scar sah zu einigen Blutflecken, die am anderen Ende der Höhle vor sich hergeronnen. Hier musste die Beute wohl rumgelegen haben, bevor Zira sich darüber hergemacht hatte. Aber Scar nahm ihr das nicht mal übel. „Du brauchst es dringender.“, war sein einziger Kommentar dazu, ehe sein Blick zu ihrem Bauch wanderte, der sich inzwischen schon ziemlich wölbte. Aber irgendwie wirkte ihr restlicher Körper im Gegensatz zu ihrem Bauch viel zu zerbrechlich und fast schon zierlich. Zira hatte nur zu gut und oft bewiesen dass sie es nicht war, aber es sah trotzdem nicht normal aus. „Du solltest übrigens mehr fressen.“, stellte er fest. „Oh bitte, tu mal nicht so als ob ich so ein Lappen wäre. Ich kann bestens für mich selbst sorgen und bekomm genug zu fressen.“ „Zira, ich mein das ernst.“ „Und ich erst.“, meinte sie und schloss erschöpft die Augen. Es war doch eine Leistung zusätzliches Gewicht mit sich herumzuschleppen, für zwei zu fressen und für drei zu jagen. Obwohl sie manchmal doch Zweifel hatte ob ein einziges Jungtier so viel Raum in ihr einnehmen konnte. Sie war eigentlich schon fast dabei einzuschlafen, als Scar plötzlich die Stimme erhob und sagte: „Um ehrlich zu sein will ich nicht mehr dass du Jagen gehst.“ „Was? Warum? Ich kann das!“, wand Zira sofort ein. Irgendwie kränkte sie das. „Das glaubst du doch nicht wirklich oder“ Scar zog eine Braue hoch „So oft wie du nun schon beinahe von diesen Viechern getreten wurdest… Verstehst du das unter jagen? Du kommst ihnen doch kaum noch hinterher.“ „Ach, darum geht’s dir? Darum dass die Löwinnen Beute machen? Weißt du… DAS ist mir neu! Seit wann scherst du dich darum wer wie viel Beute macht? Dir geht’s doch nur darum dass du den Bauch voll hast.“, hakte Zira misstrauisch nach. „Meinst du etwa du bist mir dabei völlig egal? Zira, du bist trächtig, mit meinen Jungen und du wärst ganz bestimmt nicht die Erste die durch den Tritt eines Gnus eine Fehlgeburt erleidet und um ehrlich zu sein hab ich auch nur sehr wenig Lust auf so was.“ Zira sah sich überrascht nach ihm um. Seit wann war er so besorgt um sie oder das, was sie da mit sich mittrug? „Du hast also keine Lust auf eine Fehlgeburt? Warum, ich glaube kaum dass das Ding in dir rumschwimmt“ Ha, schlagfertige Antwort „Aber sollte ich mir sorgen um dich machen?“, fragte sie halb ernst, halb spaßend. „Wohl kaum, mir geht’s gut.“ „Scar, ernsthaft, dir ist es doch sonst egal was mit dem Rest der Welt ist. Und solltest du nicht eigentlich wissen dass ich zäh genug bin um zu jagen?“ „Ich sag ja auch gar nicht dass du es nicht kannst oder so, aber in deinem momentanen Zustand ist das zu gefährlich! Du gefährdest nicht nur dich, sondern auch… das Junge eben, ist dir das nicht klar?“, versuchte Scar ihr zu erklären. „In meinem ZUSTAND?! Ist trächtig sein für dich vielleicht ‘ne Krankheit oder so?“, fuhr sie ihn herrisch an und hätte ihm einen Moment lang am liebsten geschlagen. „Beruhig dich! Du weißt was ich meine!“, versuchte Scar sie zu besänftigen und legte ihr beschwichtigend die Pfoten auf den Rücken. „Äh, nein, NEIN, weiß ich nicht!“, keifte sie gereizt. „Zira, du hast eine riesige Verantwortung! Und inzwischen bist du nicht mehr in der Verfassung zu jagen! Stell dir vor du stolperst, die kleinste Erschütterung könnte zu viel sein und dann würde es sterben! Und dann könntest du auch sterben, meinst du ICH will das?“ „Machst du dir etwa Sorgen um mich?“, hakte Zira sofort nach. Scar hätte das nie zugegeben, aber der hilflose Blick sprach Bände. Und mit einem Mal schien Ziras gesamte Wut wie verflogen. Er sagte ihr nie wirklich wie sehr er sie liebte oder ob er sich um sie sorgte, aber dieser Blick war Zira genug Beweis dazu. „Oh, du sorgst dich ja doch um mich, oder?“, fragte sie neckisch und drehte den Kopf so, dass sie es schaffte die Stirn unter seinem Kinn zu reiben. „Hör einfach auf zu jagen, ja? Es wird ja nicht für ewig sein, nur bis das Junge da ist.“, bat Scar nochmals, ohne auf ihre Worte einzugehen. Und das war ein Fehler. „Sag mal, du freust dich aber schon darauf, oder? Ich meine du sagst es nie und das was du mir bisher von Simba erzählt hat klingt nervig, sogar sehr. Komm Scar, sei ehrlich, wenn es dich stört dass du Vater wirst kannst du mir gerne Bescheid sagen!“ Oh nein, Zira regte sich schon wieder auf, dabei hatte sie sich gerade beruhigt. „Was? So ein Unsinn! Du redest hier von Simba! Wenn es meines wäre, wäre das etwas völlig anderes und wie kommst du jetzt wieder darauf dass ich mich nicht freuen würde?“, verteidigte Scar sich, jedoch darauf bedacht Zira am Boden zu halten. Sie sollte bloß nicht aufstehen, das wäre nicht gut… für ihn. „Du sagst es nie! Woher soll ich da wissen was du denkst?“, fauchte sie. „Zira, du kennst mich! Ich mach nun mal keine öffentlichen Freudensprünge, ist dir das inzwischen nicht bekannt?“ „Das verlange ich doch gar nicht! Aber du kannst es doch zumindest MIR sagen! Ich bin die Mutter deines Jungen, ich bin deine Freundin, aber momentan fühl ich mich nur… Mir ist kotzübel, du sagst nie auch nur ein Wort der Vorfreude und ich sitze hier, schaff es nicht mal mehr einem Zebra hinterher zu rennen und da könnte ich von dir zumindest mal etwas Bestätigung erwarten dass du…“ Ziras Stimme versagte und ihre Augen glitzerten verdächtig. Sie war so wütend dass sie fast schon heulte! Verdammt, in was für einer Welt leben wir? „Zira, ganz ruhig! Du weißt dass ich mich freue, oder? Komm, jetzt atme mal ganz ruhig durch, ja?“ Sorge mischte sich in Scars Stimme und er setzte sich auf um Zira in die Augen blicken zu können. „Du könntest ja mal was sagen!“, zischte sie weinerlich und presste die Zunge gegen den Gaumen. Sie musste sich doch beherrschen, verdammt nochmal. „Zira, alles was ich will ist dass du jetzt mit dem jagen aufhörst. Bald ist das doch sowieso vorbei, es wird doch alles wieder gut. Und jetzt beruhige dich mal.“, bat er bestimmt und rieb das Kinn an ihrer Stirn. Zira war nicht so leicht zu handhaben, schon immer, aber seit ihrer Trächtigkeit war sie noch zickiger geworden. „Also ist es dir nicht egal?“, halte sie mit brüchiger Stimme nach. „Nein, nein, ist es nicht.“, versicherte er ihr bestimmt und schmiegte den Kopf an ihrem. Sie schnurrte leise… Das war gut, sehr gut sogar. Doch plötzlich riss sie den Kopf umher und starrte wie gebannt auf ihren Bauch, was in Scar eine merkliche Unruhe weckte. „W-was ist?“, fragte vorsichtig, doch plötzlich schlich sich ein breites Grinsen auf Ziras Gesicht. „I-ich glaub… es hat sich bewegt.“, murmelte sie ungläubig und plötzlich machte sich in ihr ein unglaubliches Glücksgefühl breit. Es hatte sich bewegt, ganz sicher! Und diese kleine Bewegung, dieser Tritt, was auch immer, so klein und unwichtig für diese Welt, war für sie das mit abstand unglaublichste was sie je gespürt hatte dieses Gefühl, was sie durchfuhr übertraf alles: Ihre erste Beute, ihre erste Nacht mit Scar, ihre Vorfreude wenn sie davor war ein Beutetier zu töten, einfach alles! „Wirklich?“, fragte Scar neugierig nach und schritt nun auf ihren Bauch zu. Er starrte angestrengt darauf, doch erkennen konnte er nichts, nur das heben und senken von Ziras flanken, wenn sie atmete. „Ganz sicher, es hat sich bewegt!“, bestätigte sie. Scar hob zögerlich die Pranke und fuhr die Krallen ein, ehe er etwas unentschlossen seine Pfote auf ihren Bauch legte. Und sie warteten. Zwar nur Sekunden, aber sie kamen Scar länger vor. Jedenfalls spürte Scar es. Es war ein schwaches, kaum merkliches Treten eines kleinen Pfötchens, doch es war da. Doch so plötzlich wie es gekommen war, so hörte es auch wieder auf. „Und?“, fraget Zira erwartungsvoll. „Es… es fühlt sich stark an... Also für sein… ähm… Alter.“ Zira schmunzelte. „Aha… Du findest dieses ‚Trittchen‘ also stark?“, zog sie ihn auf. „Hey, ich sagte doch ‚für das Alter‘.“, verteidigte Scar sich. „Jaja, ist ja gut“ Zira schmunzelte und gähnte gestreckt, ehe sie den Kopf zu Boden legte und sich lang machte „Na dann schlaf gut.“ „Gute Nacht Zira.“, sagte Scar und fuhr ihr noch flüchtig über die Wange, ehe er sich mit etwas Abstand neben sie legte. Ein paar Wochen später lag Zira noch immer bis tief in die Nacht wach und wurde von dieser Unruhe immer wieder aus dem Schlaf gerissen. Es war so weit. Es, oder sie, was sie inzwischen für wahrscheinlicher hielt, würden kommen, sie wusste es! Okay, sie wusste es nicht, aber irgendwas in ihr drin sagte ihr dass es soweit war! Sollte sie Scar wecken? Sie sah neben sich, wo Scar in aller Ruhe schlief, doch dann verwarf sie den Gedanken. Der würde sich doch nur unnötig aufregen. Aber wo sollte sie jetzt gebären? Hier auf keinen Fall, so einen tiefen Schlaf hatte Scar nun auch nicht. Egal wo es war, überall war es besser als hier. Denn ganz im Ernst: Sie hatte nicht mal ansatzweise dazu Lust dass ein Rudel Löwen um sie herum stand und gebannt dabei zusah wie sie was aus ihrem Becken quetschte. Also brauchte sie ein Versteck. Zira schlich auf leisen Pfoten vom Königsfelsen. Einfach gerade aus, bis sie weit genug weg war und unruhig anfing im Gras umherzulaufen. Bald hatte sich ein regelrechtes Nest gebildet, wofür Zira sich am liebsten ausgelacht hätte. Was war sie ein Vogel? Und dann wartete sie. Auf irgendwas; Eine Wehe, ein Treten, ein Ziehen im Unterleib, einfach irgendein Zeichen dass es los ging. Aber das ließ auf sich warten. Da war nur diese Unruhe, die sie immer wieder aufstehen, im Kreis laufen und sich wieder zu Boden setzen ließ. So ging das jetzt fast schon zwei Stunden. Bis sie plötzlich die erste Wehe spürte. Na endlich, es ging los! Doch so sehr sie sich auch bemühte, es wollte einfach nicht! Also stand sie nochmal auf, lief nochmal aufgeregt eine Runde um es dann wieder zu versuchen. Und wieder nichts. Und so wiederholte sich dieses Spiel dann immer wieder, ein paar Mal… Bis es schließlich soweit war. Wie um Himmels Willen hatte ihre Mutter das nur geschafft ohne dabei zu platzen? Zira keuchte noch immer wie ein Walross, war von oben bis unten verschwitzt und hatte um ehrlich zu sein kaum mehr die Kraft die Augen offen zu halten geschweige denn die Jungen zu sich zu holen um sie zu betrachten. Korrekt – DIE Jungen. Es waren doch mehrere: Drei. Schnaufend hob Zira den Kopf und zog das erste Junge zu sich, welches noch immer klatschnass neben ihr lag. Und was sie da sah, ließ ihr einen Stein vom herzen fallen, denn das Erstgeborene war ein Männchen. Und er war auch der größte. „Oh, mein süßer, kleiner… Na du? Bist du ein kleiner Taka? Dein Daddy wird so stolz auf dich sein, weißt du das mein Schatz?“, flüsterte Zira erschöpft und begann das Junge eilig zu säubern. Aber nein, es war kein kleiner Taka. Das Fell des Jungens war Hellbraun, wie Ziras und er hatte einen weißen Bauch und Pfoten. Auch hatte er ihre Augenzeichnung, was ihm etwas feminines gab, was Zira lieber nicht zugab. Doch er hatte die grünen Augen seines Vaters aus denen er sie für eine Sekunde angesehen hatte. Zira musste bei dem Anblick des Kleinen unweigerlich grinsen… Noch immer. Er war so perfekt! Scar würde ihn lieben! Er war alles was Scar wollte: Er war groß, er war ein Männchen und das was das wichtigste, schließlich war es doch das was alle Löwen wollten: Einen männlichen Erben. „So mein Schatz… Jetzt bist du trocken, hm?“ Zira rieb energisch den Kopf an dem kleinen, braunen Knäul und schob ihn vorsichtig an ihren Bauch. Nun zum zweiten Jungen. Ein Weibchen. Nicht dass was Zira sich erhofft hatte, aber mit dem ersten Jungtier war bereits ausgesorgt und Scar würde sich nie beklagen können. Die kleine Löwin die leise mauzend zwischen Ziras Pfoten lag war zwar nicht so kräftig wie ihr Bruder, jedoch genau so groß. Sie hatte das Fell, die Augen und die Augenzeichnung von Scar geerbt, ebenfalls Schneeweiße Pfoten, Schnauze und Bauch und Urus kleinen Haarbüschel. Eigentlich, fand Zira, sah sie aus wie eine Baby-Uru. Jaaaa, ihre Mini-Uru, ihre klitzekleine, süße Mini-Uru mit grünen Augen. Man sah ihr die Verwandtschaft mit Zira eigentlich gar nicht an, bis auf eine Kleinigkeit: Ein Aalstrich, der ihr von der Spitze ihres kleinen Haarbüschels, bin zum Schwanzansatz, über die gesamte Wirbelsäule verlief. Das war aber auch was auf Ziras Seite schließen ließ. „Hey… Na, geht’s dir gut? Hey, meine Süße… Du musst doch was essen, oder?“ Zira bekam die Worte kaum über die Lippen, so müde und kraftlos war sie, aber Schlafen konnte sie erst, wenn die Jungen sicher und trocken waren. Noch eins… Nur noch ein Junges. Und da sah sie es, das dritte Jungtier: Ein Albino. Zuerst glaubte Zira ihre Augen hätten ihr einen Streich gespielt, sie war doch nur übermüdet, doch es war tatsächlich schneeweiß. Das konnte doch nicht… Doch, es war ihres. Und es war so anders. Es war so klein, es war wirklich winzig, deutlich kleiner als seine Geschwister, doch es hatte einen eher bulligeren Körperbau. Auf seine kleine Größe kam viel Muskel- und Speckmasse. Seine Augen waren rot und das Näschen rosa. Unentschlossen hielt Zira es in den Pfoten, fuhr ihm nur zögernd über das Fell, ehe sie inne hielt. Mit einer gewissen Verzweiflung sah Zira zu dem Albino. Was sollte sie hiermit tun? Für einen ganz kurzen Moment dachte Zira darüber nach es einfach kurzerhand zu töten, doch plötzlich tat dieses kleine Ding etwas, was sie sehr beeindruckte. Ein Glühwürmchen flog unachtsam an dem neugeborenen Wurf vorbei und das Albino sah voller Faszination aus ihren großen, roten Augen auf das Insekt. Und im Bruchteil einer Sekunde schnappte das Junge mit den winzigen Pfötchen nach dem Insekt und tötete es, ehe es die Augen sofort wieder schloss. Zira sah voller erstaunen zu und wahrscheinlich war es diese Aktion, die der Kleinen das Leben rettete. Zira war so beeindruckt von dem Killerinstinkt den diese kleine Löwin schon so kurz nach der Geburt zeigte, sie musste dieses Junge einfach am Leben lassen. Und schließlich… Nun ja, es war immer noch ihre Tochter. „Na dann… Willkommen in der großen, weiten Welt meine Süßen…“, schnurrte Zira voller Wärme, jedoch mindestens genauso erschöpft und rieb ihren Kopf zärtlich an den Jungen, die sich alle Wärmesuchend und hungrig an den Bauch ihrer Mutter pressten. Ihre Jungen. Sie war Mutter. Ja, sie, Zira, war tatsächlich Mutter! Um ehrlich zu sein wäre Zira am nächsten Morgen fast nicht wach geworden, wenn die Vögel nicht so laut gezwitschert hätten. Es war noch Dämmerig, doch Zira war lange genug weg gewesen. Aber wirklich fit war sie noch immer nicht. Sie fühlte sich noch immer recht schwach, hatte schlecht geschlafen und war bei jedem Geräusch aufgeschreckt. Aber sie musste die Jungen in Sicherheit wissen, hier draußen waren sie das nicht. Sie musste einfach zurück gehen, auch wenn sie Angst hatte. Angst um den Albino. Was würden die anderen Löwen über sie sagen, über sie denken? Es hatte so was noch nie im Rudel gegeben und die Überlebenschancen waren… nicht so hoch wie sie sein wollten. Doch Zira verwarf ihre Sorgen, schluckte und stand auf. Sie war taff genug um sie alle durch zu bringen, da war sie sich sicher. Die Jungen versuchten es sofort ihrer Mutter nachzumachen und stellten sich zittrig auf ihre Beinchen, jedoch nur um wieder ungeschickt hinzuplumpsen. Zira schmunzelte bei diesem Anblick und nahm alle drei Jungen so vorsichtig und sanft wie sie nur konnte, am Kragen ins Maul, was ein wahrer Drahtseilakt war. Drei Junge in einem Maul… Hm. Sarabi sagte mal Zira sei ein Großmaul, aber wohl nicht groß genug. Aber es funktionierte. Als sie am Königsfelsen ankam war es ruhig – ZU ruhig! Etwas misstrauisch lief sie zu Scar in die Höhle, doch der war auch nicht da. War er sie etwa suchen gegangen? Wie süß… Aber das dufte sie bloß nicht vor ihm zugeben! Vorsichtig setzte sie nun endlich die Jungen zu Boden und sah sich ein weiteres Mal in der Höhle um. „Scar? Hallo! Jemand da?“, rief sie. Bei dem lauten Ton ihrer Stimme zuckten ihre Jungen zusammen und begannen weinerlich zu mauzen. „Hey, psst, ist gut, psssst, tut mir Leid.“, gurrte sie und legte tröstend die Pfote um die drei wimmernden Fellknäule. Sehr schön, schreien konnte sie auch nicht? Bestens, dann musste sie wohl warten. Doch nichts tat sich. Bis plötzlich Zazu in die Höhle geflogen kam. „Ach du meine Güte“, rief er aus „Drei! Und eines ist ein Albino! So was gab es hier noch nie!“ Zira rollte genervt mit den Augen und schlug mit dem Schwanz. „Freut mich auch dich zu sehen. Wo sind die anderen?“, murrte sie ungehalten. „Soll ich sie holen?“, bot Zazu eifrig an. „Äh, langsam! Hol erst mal nur Scar, ja?“, befahl Zira und betonte das Wort ‚nur‘ überdeutlich. Zazu nickte gehorsam und flog los. Zira sah seufzend zu dem Albino. Was sollte sie mit der Kleinen machen? Was würde Scar über sie denken? Sie würde es nicht leicht haben, sie war anders und alles was anders war hatte es nie leicht, das wusste sie. Doch wenn Zira vor der Höhle gestanden hätte, hätte sie wahrscheinlich Augen gemacht, da sie Scar noch nie so schnell hatte rennen sehen und ehe sie sich versah kam er auch schon in die Höhle gestürzt. „Zira“, keuchte er und lief schnurstracks auf die Löwin zu, die ihm unsicher entgegenblickte „Wo ist es?“, fragte er und sah sich neugierig um. „Es? Scar, es gibt kein ‚es‘.“, erklärte Zira ihm unsicher. Einen Moment rutschte Scar das Herz in die Hose. Es war doch nicht etwa… tot? Sein schockierter Blick musste wohl gereicht haben, denn Zira musst ein dem Moment kichern. „Nein, nein, nicht was du denkst… Hier, schau.“ Sie stand auf, so dass die Jungen, die sich zwischen ihren Hinterbeinen versteckt hatten, nun zum Vorschein kamen und den fremden Löwen vor ihnen ängstlich entgegenblickten. Wie konnte ihre Mutter sie vor dem einfach schutzlos zurücklassen?! Scars Augen weiteten sich bei ihrem Anblick und er schein etwas sagen zu wollen, doch ihm klappte stattdessen endgültig die Kinnlade runter. Drei Junge beim ersten Wurf und eins davon war ein Männchen… Okay, das musste er jetzt erst mal verdauen. „Und? Was sagst du? Ich… also… äh, das Männchen ist erstgeborener… Falls dich das… freut…“, stotterte Zira vorsichtig, fast schon ängstlich. „Ich… Zira… sie sind wundervoll… Ach, vergiss es, du weißt ich bin nicht gut in so was.“ Scar rieb liebevoll den Kopf an ihr und schnurrte kurz, ehe er ihr über die Stirn leckte und sie von oben bis unten betrachtete. „Geht’s dir gut?“, erkundigte er sich. „Ja, es geht schon wieder… Aber was ist mit ihnen? Wie wollen wir sie nennen?“, fragte Zira neugierig, und streichelte der Mini-Uru vorsichtig über den Rücken, als sie sich hinter Ziras Pfote versteckte. Scar brauchte einen Augenblick um sich zu fangen, dann jedoch fiel sein Blick auf das Männchen. „Kwanza.“, meinte Scar und beugte sich mit einem schiefen Grinsen zu dem Kleinen runter. ‚Kwanza‘ – Das hieß ‚Erster‘. Aber okay, warum nicht? Zira gefiel der Name und Scar sollte ihn ruhig wählen. Kwanza sah misstrauisch zu seinem Vater und patschte schließlich mit seinen winzigen Pfötchen auf seiner Nase herum, was Scar in kleines Grinsen entlockte. Jedoch schien der Mut den kleinen Löwen sofort wieder zu verlassen und er legte sich wieder zu seinen Schwestern. Dann fiel Ziras Blick auf die älteste Schwester. „Was hältst du von ‚Samangi‘? Nach meinen Brüdern… dachte ich mir.“, fragte Zira bittend. „Natürlich… Aber was ist damit… Was wollen wir mit ihr machen?“, fragte Scar. Er richtete sich langsam wieder auf und sah unschlüssig zu der weißen Löwin, die sich dicht an ihren Bruder presste. „Ich weiß nicht Scar… Denk du dir was aus.“, bat Zira. Wie sollte sie das denn nennen? „Tofauti… Es bedeutet ‚anders‘. Nehm’s mir nicht übel, aber es passt.“, meinte er und streichelte der Kleinen über der Rücken „Aber eines muss ich ihr lassen… Sie ist taff. Bis jetzt hält sie’s am längsten an meiner Pfote aus.“ Zira musste bei diesem Kommentar schmunzeln und legte sich zu Boden. Sie war noch immer unendlich müde. Kapitel 34: Der Kreis des Lebens -------------------------------- Scar saß fast schon protektiv vor Zira und hielt den Blick immer wieder abwechselnd auf den Eingang und auf sie gerichtet. Sie war kurz davor einzuschlafen, doch immer wenn die kleinen Fellbündel an ihrer Seite sich bewegten, schreckte sie auf. „Zira, schlaf. Du siehst nicht gerade gut aus.“ „Und sie gefallen dir wirklich?“, hakte Zira unsicher nach. „Jetzt mach mal nicht so einen Aufstand! Sie sind alle wirklich süß… Wir werden ja sehen, wie sie sich entwickeln.“ Scar rieb liebevoll seinen Kopf an ihrem, als er plötzlich ein knacken vorm Höhleneingang hörte. Zira seufzte genervt. „Kommt halt rein… meinetwegen“, meinte sie und wie auf Befehl stürzte das ganze Rudel in die kleine Höhle. So viel Trubel war hier wohl… noch nie gewesen. Samangi verkroch sich sofort hinter den Beinen ihrer Mutter, während Tofauti jedoch mehr oder weniger tapfer, auf das Rudel zuging. Insbesondere von Uru fühlte sich die Kleine wohl sehr angezogen, denn sie steuerte gradewegs auf sie zu. Oder vielleicht lag das auch nur daran dass Uru am nächsten war. „Ein Albino?“, murmelte sie überrascht und sah sich die kleine Löwin etwas genauer an. Kwanza folgte seiner Schwester zögerlich und stellte sich ziemlich unschlüssig zu Uru. Okay, geheuer schien ihm das nicht, dennoch wollte er genau so mutig sein wie seine Schwester… oder er wollte einfach bei ihr sein. Doch jegliche Aufmerksamkeit galt sowieso Tofauti. Das Rudel hatte bisher nur von weißen Löwen gehört, aber noch nie welche gesehen. Tofauti ließ so ziemlich alles mit sich machen und patschte den meisten Löwinnen sogar noch frech auf der Schnauze rum. Nun ja, zumindest war sie kein Angsthase, was man von Samangi nicht sagen konnte. Kwanza hatte sich inzwischen jedoch zu dieser zurückgesellt und war von einer Sekunde auf die andere eingeschlafen. Es war aber auf ein anstrengender Tag gewesen und der ganze Trubel so früh am Morgen? Das ging ja gar nicht. „Wow, du bist aber eine ziemlich wilde!“, meinte Mufasa, als Tofauti ihm mit aller Kraft ein paar Schnurrhaare ausgerissen hatte und mit diesen jetzt völlig fasziniert spielte. Scar jedenfalls war das mehr als nur recht, er konnte sein Grinsen kaum mehr verstecken. Es war ihm egal ob die Kleine wusste was sie da tat, aber sie bereitete Mufasa Schmerzen – Und es war ihm recht. Doch Scar war der Trubel der um die Kleine gemacht wurde alles andere als recht. „Ich glaube es ist jetzt besser wenn ihr geht und sie in Ruhe lasst.“, meinte er schließlich auf seine typische eindringliche Art und Tofauti vorsichtig am Kragen. Er hatte das bisher nur ein- bis zweimal bei Simba gemacht und nicht wirklich geübt darin, doch vielleicht war sein biss doch etwas zu locker, da Tofauti langsam aber sicher seinen Zähen entglitt… Aber nur fast. Das Rudel verstand und einer nach dem anderen verließ die Höhle. Scar sah ihnen noch hinterher, dann schnaubte sie jedoch nur genervt und meine an Zira gewandt: „Was für eine Aufregung wegen ein paar Jungen.“ Er klang spöttisch und sah sich dann den schlafenden Haufen neben ihm an… Wie klein sie doch alle waren. Noch nie hatte er so kleine Löwenjungen gesehen, sogar Simba war größer gewesen. So süß das jetzt auch aussehen mochte, so fürchtete er sich dennoch davor dass sie sterben könnten. So viele Jungen starben doch in sehr jungem Alter weil sie zu schwach waren, was war dann mit ihren? Darüber hatte er sich nie Gedanken gemacht, weil sie über so was nicht nachdenken WOLLTE. „Hey, was ist?“, riss Ziras Stimme ihn aus seinen Gedanken. „Was soll sein?“ „Du siehst so besorgt aus.“ „Ach, ich…“ Er warf noch einen Blick auf die kleinen Löwen „Sie sind so klein…“ „Ja, sie sind süß.“, meinte sie und ruckte sie ein bisschen näher an sich. Scar sagte darauf nichts mehr. Zira war so hin und weg von ihnen, sie war so glücklich und warum sollte er das jetzt mit seinen trüben Gedanken kaputt machen? „Ja, das sind sie wirklich…“, meinte er stattdessen. „Darf ich rein?“ Uru. Inzwischen war es Abend und Zira war wieder halbwegs ausgeruht von der Aufregung des Tages. Und sie war erstaunt wie oft manche der Löwinnen ‚zufällig‘ doch an der kleinen Höhle vorbeiliefen. Sonst kam hier doch nie jemand her. Genervt sah Zira zu Scar, der ließ seine Mutter trotzdem rein. Okay, es war Uru, das war natürlich eine Ausnahme. „Ich hatte vorhin gar nicht die Zeit alle anzusehen“, meinte sie und setzte sich neugierig vor Zira „Ich störe euch doch nicht, oder?“ Scar schüttelte nur den Kopf, Zira sagte gar nichts. Um ehrlich zu sein, war sie noch immer zu müde um Uru noch große Vorträge über die Kleinen zu halten, aber wenn sie unbedingt darauf bestand… „Wow! Seht euch die Kleine an… Sie sieht fast so aus wie ich“, stellte Uru entzückt fest „Na du, ich hab dich vorhin ja gar nicht gesehen, bist wohl ein bisschen schüchtern, hm? Schau mich mal an, hast du meine Augen? Aber du siehst ja wirklich wie ich aus, hm?“ „Ja, das war auch mein erster Gedanke“, stimmte Zira lächelnd zu „Aber sie hat grüne Augen.“ „Das du überhaupt was bei den Schmerzen denken konntest“, meinte Uru schmunzelnd „Ich weiß noch, als ich Scar zu Welt brachte! Er war so winzig und klein und weich und warm und tapsig und schleimig und nass, aber soooo süß! Und einmal, da hat er so heftig in Ahadis Schwanz gebissen, das man noch Tage später die Bissspuren sah.“, erzählte Uru verträumt und schien in vergangene Zeiten zurück zu schwelgen. „Mutter, du bist so peinlich!“, rief Scar empört aus, als er Ziras Grinsen sah. Jaja, sollte die sich nur über ihn lustig machen. „Aber du warst soooo süß!“, schwärmte sie und für einen Moment glaubte Zira so was… trauriges in ihrem Blick zu sehen. Uru leckte jedem der Jungen einmal vorsichtig über die Stirn, dann wand sie sich an Scar und gab ihm ein Küsschen über die Wange. Etwas verschämt sah Scar zu Boden. Er war zu alt für so was, ehrlich. „Also dann meine Lieben… Wir sehen uns. Und Scar, mach keinen Blödsinn, mein Kleiner!“, verabschiedete sie sich und ging. „Was war denn DAS?! Was war heute mit deiner Mutter los“, fragte Zira verwundert „Die war ja richtig anhänglich.“ Scar zuckte verständnislos die Schultern und gähnte nur ausgiebig. „Ich hab keine Ahnung. Na komm, schlafen wir, war ein langer Tag.“ Das hier war eine schöne Nacht… Eine der Nächte in der der Himmel so sternenklar war, dass der Mond ungehindert auf die Landschaft scheinen konnte und alles in ein silbriges Licht tauchen konnte. Einfach eine schöne Nacht. Uru saß schon eine ganze Zeit auf der Spitze des Königsfelsens, betrachtete ihr ehemaliges Königreich. Wenn er doch nur noch hier wäre. Als Ahadi ihr das hier zum ersten Mal gezeigt hatte, damals, als sie noch so jung und naiv waren. Damals hatte er ihr mit Versprechungen geschmeichelt, wie dass sie Königin werden würde… Er hatte sie eingehalten. Und alles hätte sie gegeben ihn noch bei sich zu haben. Der Tag an dem er gestorben war, war der schlimmste ihres Lebens gewesen. Doch Trübsal blasen war sinnlos. Bald war sie ja wieder bei ihm. Geräuschlos schlich Uru zu Scar und Zira in die Höhle und ließ den Blick einige Sekunden auf ihnen ruhen. Sie selbst sah verheult aus und eine stille Träne rann ihr über das Gesicht, als sie sich zu ihrem Sohn beugte und ihm liebevoll über die Stirn leckte. Er hatte was er sich verdient hatte. Sie wusste dass er einen Neid und vielleicht sogar schon Hass auf Mufasa hegte und sie hätte alles gegeben um ihn das auszutrieben. Doch sie hatte in diesem Punkt versagt und das tat ihr Leid. Sie hatte es doch versucht, aber viel zu spät. Auch sah sie zu den Jungen, ihren Enkeln, wie sie schlafend auf einem Haufen zwischen Zira und Scar lagen. Sie konnte nur hoffen dass das Scar glücklich machen würde. Dann verließ sie die Höhle und legte sich an ihren Lieblingsplatz, unter einen Baum, neben dem Königsfelsen, nicht mal so weit weg von Scars Höhle. Hier hatte sie Ahadi kennengelernt und hier würde sie auch wieder zu ihm kommen. Währenddessen wachte in der Höhle jemand ganz anderes auf. Samangi strampelte ihre Geschwister zur Seite und sah verdattert zum Höhlenausgang. Was wollte denn Omi Uru so spät noch hier? Sie beschloss ihr zu folgen und schlich sich unbemerkt aus der Höhle. Na ja… sie war zwanzig Zentimeter groß, NATÜRLICH war so was wie sie unbemerkt. So schnell die kleine Löwin konnte, rannte sie hinter ihrer Oma her, jedoch nicht ohne ein paar Mal zu stolpern und fand diese schließlich schlafend unter einem Baum. Wortlos setzte Samangi sich zu ihr und gab Babygebrabbel von sich. Uru schreckte auf und musste lächeln, als sie ihre Enkelin erkannte. „Nanu… Geh wieder zu deinen Eltern, Samangi…“, mahnte Uru und schubste das Junge von sich herunter. Doch so leicht ließ die Kleine sich nicht abschütteln. Sie setzte sich vor Urus Gesicht, sodass diese ihr jetzt in die Augen sehen musste. „Och meine Kleine… Du bist noch so jung, du solltest das nicht mit ansehen… Du... Du erinnerst mich an deinen Vater. Ihr habt dieselben Augen und das gleiche Fell… Mein kleiner Taka… Mach ihn stolz meine Kleine…“ „Ulu?“, brabbelte Samangi. ‚Ulu‘, so hatten die anderen Löwen sie doch genannt, oder? Das war das erste Wort, was Samangi über die Lippen brachte. Sie kuschelte sich zu ihrer Großmutter und patschte ihr auf die Wange. „Nein… Ich kann nicht spielen. Ich… Rafiki sagte ich sei Krank… ich… ich habe eine Krankheit. Am Herzen. Ich… ich muss leider gehen, meine Süße.“, erklärte Uru, auch wenn die kleine Samangi nichts verstand. „Ulu.“, wiederholte die Kleine nochmals. „Du kannst hier nicht bleiben mein Schatz. Komm, ich bring dich zu deinen Eltern zurück.“ Uru zwang sich wohl oder übel dazu aufzustehen und nahm Samangi ins Maul. So leise und schnell sie nur konnte brachte sie Samangi zurück und setzte sie zu ihren Geschwistern. Wortlos lächelte Uru Samangi, die ihr verwirrt nachsah, zu und verließ die Höhle. Diesmal folget Samangi ihr nicht. Müde legte sie sich wieder unter den Baum und schlief recht ein. Schneller als sonst. Sie war endlich wieder bei ihm. Hierauf hatte sie so lange gewartet. Zira wurde von einen entsetzten Brüllen geweckt und riss erschrocken den Kopf hoch. Eilig sah sie sich um. Okay, die Jungen waren alle da, nur Scar fehlte. Ach, er war doch nur wieder bei den Hyänen. Aber Zira wollte dem brüllen auf die Schliche kommen, es war schließlich aus unmittelbarer Nähe gekommen. Vielleicht war jemand in Schwierigkeiten? Sie sprang eilig auf, warf noch einen schnellen Blick auf die Jungen und streckte neugierig den Kopf aus der Höhle. Sie erkannte nicht viel in der Morgendämmerung, doch als sie Scar erkannte, wie er auf irgendwas im Gras starrte, blieb ihr fast das Herz stehen. Er sah völlig mitgenommen aus. So schockiert, fassungslos… Traurig? „Scar? Was ist?“, fragte sie und trabte eilig auf ihn zu. Doch als sie erkannte auf was er da starrte, verstand sie… Oh nein. „S-Scar?“ Besorgt berührte sie seine Pfote mit ihrer, doch er entriss seine Pranke ihrem Griff und sprang zittrig auf. „Scar?“, fragte Zira nochmals und sah ihm verzweifelt hinterher, wie er im Gras verschwand. Nur kurze Zeit später hatte sich das ganze Rudel um Urus toten Körper gesammelt. Rafiki war gekommen und sah voller Schmerz zu der ehemaligen Königin. Es tat ihm so weh sie so zu sehen. Er wusste dass sie bald sterben würde, schließlich hatte er die Krankheit festgestellt, aber es tat ihm dennoch weh. Sie und Rafiki waren gute Freunde gewesen. „Ihr müsst wissen…“, begann Rafiki „Uru hatte Probleme mit dem Herzen. Sie.. hatte nicht mehr viel Zeit. Ich habe ihr gesagt sie soll es euch sagen, doch sie wollte niemandem unnötig Schmerzen berieten.“ Rafiki sah sich nach Scar um, doch der war nicht anwesend. Zira wusste auch nicht wo er hin war. Alle sahen entsetzt zu Rafiki. Mufasa konnte seine Tränen nur schwer zurückhalten, die Löwinnen weinten und Zira… Sie wollte und konnte nicht. Ihr saßen drei kleine Junge zwischen den Beinen, die gar nichts verstanden und da sollte Zira weinen? Nein. Selbst wenn… Sie konnte nicht. Natürlich hatte sie Uru geleibt wie die anderen Löwinnen es auch taten und Ziras Erachtens war Uru die Beste von allen gewesen, so konnte Zira nicht über ihren Tod weinen. Es tat ihr weh, aber sie weinte nicht. Scar schon. Nicht viel, nicht das was sie anderen Löwinnen weinten, aber er tat es. Und für seine Verhältnisse war es viel. Warum sie? Sie war nicht alt geworden, sie hatte es nicht verdient! Das war alles die Schuld dieses Affens! Er hätte seine Mutter retten können, Uru könnte jetzt noch leben. Der log doch, bestimmt hätte es etwas gegen diese Krankheit gegeben, dieser Affe hatte doch gegen alles ein Gegenmittel! Scar wusste nicht mal warum, schließlich konnte niemand was für Urus Tod, doch er musste einfach irgendjemandem die Schuld geben. Und warum hatte sie ihm nichts gesagt? Warum? Sie hätte es ihm sagen sollen, damit er wenigstens die letzten Tage mit ihr zu schätzen gehabt wüsste. Wie gerne hätte er sich nochmal an sie geschmiegt… Ihr gesagt wie lieb er sie doch hatte. Er hatte tausend Chancen dazu, aber er hatte es nie gesagt. Hätte er gewusst, dass gestern der letzte Tag für sie seine würde, wäre er gestern nicht so… abweisend gewesen! Warum hatte sie ihm nichts gesagt?! Und warum denn ausgerechnet sie? Womit hatte sie es denn verdient, sie war doch eine gute Königin gewesen. Und warum tat man ihm das an? Es reichte. Scar würde den Hyänen nun seinen Plan verraten. Gut, zwar würde er warten müssen bis Simba alt genug war, aber es war ihm egal! Er wollte sie alle tot sehen! Es gefiel Zira nicht dass Scar so lange weg war. Den ganzen Tag schon. Sie glaubte nicht daran dass er Dummheiten machen würde, aber sie wollte es nicht. Gerne wäre sie ihn suchen gegangen, doch sie hatte mit den Jungen zu tun. „Na mein kleiner Schatz…“ Sie kitzelte Tofauti am Hals „Du wirst nicht so wie dein Daddy, oder? Du wirst mal groß, hörst du? Eine ganz starke, große Löwin, die jede Beute im Nu erledigen kann. Eine richtig tolle Jägern, ja? Und dann passt du schön auf deine Schwester auf, hörst du?“ Wahrscheinlich schon, aber Tofauti fand die Nase seiner Mutter viel interessanter. „Na, gefällt dir meine Nase? Ja, die ist schwarz. Und deine ist rosa. Rosa wie deine süßen, kleinen Pfötchen, hm?“ Oh Gott… Wenn irgendjemand sie so reden hören würde… Sie würde sich unter ihrem Scham begraben können. „Hihihi.“, kicherte Tofauti und gähnte. Dabei konnte Zira ihr zahnloses Gebiss sehen und schmolz gerade wahrscheinlich innerlich vor Niedlichkeit. „Wie redest du denn?“ Zira riss den Kopf herum und wurde gerade wahrscheinlich knallrot vor Scham, als sie Scar im Eingang sah. „I-ich… äh… nichts.“, stotterte sie verlegen und legte Tofauti eilig zu ihren Geschwistern. Scar lief wortlos an ihr vorbei und das Schmunzeln, welches eben noch auf seinem Gesicht war, war verschwunden. Zira sah ihm einen Moment nachdenklich hinterher, doch dann erhob sie die Stimme: „Scar, ich… Also, ich konnte noch nichts jagen weil… Ich wollte sie nicht alleine lassen.“ Oh Gott… Na ja, irgendwas musste sie einfach sagen, diese Stille war schrecklich. „Ist… ist gut. Ich hab schon.“ „Aha… okay.“ Was sollte sie auf so was antworten? Sie sah ihn zwar noch einige Sekunden besorgt an, doch dann legte sie den Kopf auf die Pfoten und versuchte zumindest einzuschlafen. In dieser Nacht schlief Scar sehr schlecht. Er war traurig und wütend zugleich und wurde von der Tatsache dass seine Mutter tot war wachgehalten. Unaufhörlich wälzte er sich umher, kam nicht zur Ruhe. Sein Plan müsste klappen, er hatte nur noch das im Kopf. Das und seine Mutter. Er wälzte sich grade wieder einmal umher, als er plötzlich zwei winzige, kleine Pfötchen auf seiner Schnauze spürte und direkt in die Augen von Samangi sah. Seine Tochter blickte ihn mit einer solchen Herzenswärme an, dass es ihm doch ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Nur ein kleines, kaum merkliches, aber es war ein Lächeln. „Na? Was willst du?“, fragte er sie leise und hob den Kopf, so dass sie die Pfoten von seiner Schnauze nehmen musste. Mit einem freudigen Kichern schmiegte Samangi ihren Kopf an der Pfote ihres Vaters und quetschte sich zwischen seine Vorderbeine. „Na… willst du nicht lieber zu deiner Mutter? Ich bin mir sicher bei ihr ist es schöner.“, meinte Scar müde. Samangi interessierte sich nicht wirklich dafür und grinste ihm nur weiterhin an. Scar versuchte ihr nicht zu lange ins Gesicht zu starren, doch diese unglaubliche Ähnlichkeit mit seiner Mutter war unübersehbar. Und das tat weh. Das tat ihm im Herzen weh. Immer wieder versuchte er den Blick von ihr zu nehmen, sie nicht anzusehen, doch er hielt es kaum länger als ein paar Sekunden aus, bis er ihr schließlich doch wieder in die Augen sah. Ja, Zira hatte recht gehabt… Sie hatte seine Augen. „Ulu.“, mauzte Samangi plötzlich. Es war eigentlich bis dahin still gewesen, doch ihr leises Mauzen ließ Scar aufhören. „Was?“, murmelte er. Ulu? Wen meinte sie, etwa… Uru? Nun schwieg sie jedoch wieder und betrachtete Scar genauestens von unten. Hm, doch, er war auch ein guter Uru-Ersatz, er hatte ihr Fell und hatte ihre Nase… War doch fast das gleiche. „Dja.“, schnurrte sie und schlang die kleinen Vorderbeine um Scars Brustkorb. Naja, so gut das ein kleines Löwenbaby eben konnte. Scar sah einen Moment hilflos zu ihr herab und wollte sie schon am Kragen packen und zu Zira zurück bringen, doch dann entspannte er sich wieder, als er realisierte dass Samangi bereits am Einschlafen war. Okay, so ging’s auch. Kapitel 35: Löwenspiele ----------------------- Die darauffolgenden Wochen waren wie dafür geschaffen um kleine Löwen großzuziehen, denn die Regenzeit kam mit sattem Niederschlag und alles blühte innerhalb von Tagen auf. An jeder Ecke und unter jedem Baum spießten die Blumen und Gräser. Die Tiere fraßen sich voll und konnten es sich richtig gut gehen lassen. Doch nicht nur die Natur entfaltete sich in all ihrer Schönheit, auch die Jungen des Rudels wurden immer größer und stärker. An diesem Abend donnerte und blitzte es gewaltig, weshalb Zira mit ihren Jungen in der Höhle lag und müde den Regen beobachtete. „Legen?“ Kwanza deutete verwirrt nach draußen und noch ehe Zira reagieren konnte machte er einen Satz aus der Höhle, sprang jedoch augenblicklich wieder zurück und schüttelte sich angewidert das Fell. „Nein Kwanza, Regen. Und der ist nass, so wie du.“ Zira gähnte und zog Kwanza mit einer schnellen Pfotenbewegung zu sich, so dass sie ihn trocken lecken konnte. Bis jetzt hatten sie alle überlebt, aber ganz aus dem Sterbealter waren sie noch nicht draußen. Die Jungensterblichkeit war in ihrem Alter noch immer relativ hoch. „Nass?“, wiederholte Kwanza. „Ja, nass. Du bist nass.“, erklärte Zira und begann ihn, wenn auch etwas unsanft trocken zu lecken. Tofauti und Samangi, die neben ihr lagen, zuckten in diesem Moment zusammen und mauzten erschrocken auf, als ein gewaltiger Donnergroll zu hören war. „Psst, alles gut.“, vertröstete Zira die beiden als sie noch näher an sie heranruckten. Eigentlich war es nicht mal Abend, vielleicht später Nachmittag, aber es war so dunkel da draußen dass es Zira später vorkam als es eigentlich war. Doch Samangi sprang plötzlich auf und tippelte aufgeregt auf Zira zu. „Da, da!“, rief sie aufgeregt und zeugte auf eine Gestalt im Regen, die in die Höhle lief. „Sarabi? Was machst du denn hier?“, fragte Zira überrascht und rappelte sich auf. Sarabi schüttelte sich kurz das Fell aus. „Hallo Zira, ich… Wir haben lang nicht mehr miteinander gesprochen, hm?“ Zira zog misstrauisch eine Braue hoch und sah der Königin skeptisch entgegen. „Mag sein, aber was willst du mir sagen?“, fragte sie. „Also eigentlich geht es um Scar…“ Bitte nicht. „Aha, was ist mit ihm?“ „Nun ja, weißt du Zira, ich wunder mich einfach dass er den ganzen Tag weg ist und dich hier allein lässt.“, begann Sarabi. „Er braucht nun mal seinen Freiraum, ist das so schlimm? Sarabi, seine Mutter ist vor kurzem gestorben!“, fuhr Zira sie an. „Mufasa Mutter ist auch gestorben, falls du das vergessen hast und der ist nicht den ganzen Tag weg, obwohl er auch sehr darunter leidet! Zira, Scar hat jetzt drei kleine Jungen um die er sich kümmern sollte, aber ich seh dich immer nur allein mit ihnen, woran liegt das?“ Sarabi fuhr Samangi, die sich neugierig vor sie gesetzt hatte über den Rücken und kraulte sie kurz unter dem Kinn. Zira fletschte jedoch verärgert die Zähne, riss sich dennoch zusammen. „Hör zu Sarabi, Scar lässt weder mich noch die Jungen links liegen, es geht uns allen ganz wunderbar und ich frage mich wirklich-“ „Ich wollte dir nur sagen dass er unter Umständen eine andere Löwin hast, oder traust du ihm das nicht zu?“ Zira stockte und einen Moment sah man Entsetzten auf ihrem Gesicht aufkommen. Doch genauso schnell riss sie sich wieder zusammen. „WAS?! Bist du bescheuert? Scar-“ „Traust du es ihm etwa nicht zu“, fragte Sarabi „Zira, du kennst ihn doch, natürlich würde er das machen. Ich meine… Du bist im Moment doch uninteressant und in dem Sinne könnt ihr auch nie allein sein da ihr ja immer noch die-“ „RAUS!“, schrie Zira nun und fuhr Sarabi zähnefletschend an. Tofauti heulte bei dem Brüllen ihrer Mutter auf und legte die Pfoten auf die Ohren. „Zira, du musst nicht gleich…“ „Oh, entschuldige euer Majestät, vielleicht hab ich mich nicht klar ausgedrückt: VERSCHWINDE!“ Sarabi sah Zira verärgert entgegen, doch dann verließ sie die Höhle doch wortlos. Was Zira ihr sagen sollen? Dass Scar sich mit den Hyänen traf? Wohl kaum. Sie legte sich zwar wieder hin, aber Sarabis Worte knabberten dennoch an ihr und irgendwie bekam sie grade ein wirklich mieses Bauchgefühl. „Mama?“ Kwanza setzte sich verunsichert zwischen ihre Vorderpfoten und sah besorgt zu ihr auf. „Alles gut Kwanza, alles gut.“, versicherte sie ihn und zog Tofauti, die noch immer leise wimmerte, zu sich und begann ihr beruhigend über den Rücken zu lecken. Einzig und allein Samangi starrte nur weiter in den Regen. „Hey, Samangi, Schatz, komm mal her.“ Die kleine Löwin drehte den Kopf um und lief etwas zögernd zu ihrer Mutter. „Na, auf wartest du denn?“, fragte Zira sie. „Dja.“, antwortete sie und quetschte sich zu Kwanza und Tofauti, die bereits zwischen Ziras Pfoten lagen. Sonderlich gesprächig war Samangi nicht, sie war generell sehr schüchtern. „Der kommt bald meine Süße… Hoff ich.“ Zira schluckte nochmals und langsam musste sie sich eingestehen dass Sarabis Worte ihr Bauchschmerzen bereitet hatten. Und sie wartete… Es wurde dunkler, aber irgendwann sah sie ihn endlich aus dem Regen kommen. Er atmete schwer und war klatschnass, weshalb er sich schnell das Fell ausschüttelte und sich schließlich zu Zira legte. „Was hat diesmal so lange gedauert?“, fragte sie ernst und versuchte dieses miese Gefühl in ihr runterzuschlucken. „Bei den Hyänen hat es diesmal etwas länger gedauert und der Regen hat den Fluss überflutet, ich musste außen herum laufen.“ „Scar, du bist Stunden zu spät. Was hattest du denn alles zu besprechen und vor allem so lang?“ „Uh, nanu, warum so garstig?“, fragte Scar mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme und wollte den Kopf an Ziras reiben, doch sie zog ihn zurück. „Du bist nass.“, murrte sie ungehalten. „Aha… Sag mal, schlägt dir grade irgendwas auf’s Gemüt?“, hakte er nach und blickte zu Samangi, welche sich dem Griff Ziras entzog und zu Scar tippelte, sich vor ihn setzte und ihn einfach nur süß angrinste. „Hallo Kleines…“, begrüßte Scar sie und fuhr ihr einmal mit der Pfote über den Rücken, ehe er sich wieder Zira zuwandte und den Blick ein paar Sekunden auf ihr ruhen ließ. „Und du? Im ernst, was ist mit dir“, fragte er nochmals, doch als Zira immer noch nicht antwortete und stattdessen Kwanza am Bauch putzte, wurde er langsam merklich ungeduldig „Zira, ich rede mit dir.“ „Sarabi war vorhin hier.“, begann Zira schließlich. „Und?“ „Nun ja, sie fragte warum du immer weg bist und dich nie um deine Jungen kümmerst.“, fuhr sie fort. „Und was hast du gesagt?“ Zira hielt einen Moment inne. „Ich sagte dass du eben deinen Freiraum brauchst.“ „Na also, ist doch alles okay.“, meinte Scar nun und legte den Kopf auf die Pfoten, was Samangi ausnutzte und begann in seiner durchnässten Mähne herumzuspielen, was Scar ihr jedoch zu erlauben schien. „Sie hat da noch so Andeutungen gemacht…“, fuhr Zira nun fort. Scar stellte die Ohren auf. „Wie meinst du das? Meinst du sie weiß Bescheid?“ „Nun ja…“ Zira biss die Zähne zusammen „Sie hat so Andeutungen auf eine andere Löwin gemacht…“ „Und dem GLAUBST du?!“, fuhr Scar sie an. „Ich hab ihr gesagt dass es Unsinn ist, aber sie war sich ihrer Sache ziemlich sicher!“, fauchte Zira zurück und hatte plötzlich mit den Tränen zu kämpfen. Sie wurde ja schon leicht wütend, aber jetzt auch noch heulen?! „Zira, glaubst du allen Ernstes ich würde das machen? Und das auch noch jetzt?“ Er stand auf und stellte sich unnachgiebig vor sie. Er würde sich doch nicht von ihrem leeren Knurren zurückdrängen lassen. „Dann-“ „Vertrau mir doch einfach, ist das so schwer?“ Diesmal klang Scar sanfter, leiser, aber dennoch irgendwie drängend. „Ich-“ „Ich vertrau dir doch auch, oder? Hab ich jemals irgendeine deiner Handlungen bezweifelt?“ Okay, das stimmte. Zira fiel jedenfalls nichts ein. „Ja schon, aber… Es wäre einfach mal… ‚nett‘ wenn ich dich nich nur abends und nachts sehen könnte.“, brachte sie brüchig hervor. „Zira… Sobald ich König bin wird sich das ändern, das weißt du doch.“, versicherte er ihr und legte ihr beruhigend eine Pfote um die Schultern. „Ich weiß, ich weiß, aber wann wird das denn sein? Du redest ständig davon, aber ich frage mich wann das sein soll.“ „Alles zu seiner Zeit.“, schnurrte er ihr ins Ohr und spürte im nächsten Moment zwei Pfötchen die in seiner Mähne herumspielten. Samangi war wohl langweilig geworden. Und Wochenlang wiederholte sich dieses Spiel. Zira fragte ständig nach seinem Plan, aber Scar vertröstete sie immer und meinte, das alles gehöre dazu. Sie müsse sich noch ein paar Wochen gedulden, sagte er. Jedes einzelne Mal ging es so. Logisch dass Zira noch immer Bedenken hatte, oder? „Mama, bin dreckig!“, heulte Tofauti und schlang ihre Pfötchen um den Hals ihrer Mutter. Zira lag unter dem Königsfelsen, bei den anderen Löwinnen und suchte im Schatten Schutz vor der Mittagssonne. „Aber… Ich hab dich doch vor ein paar Stunden doch schon sauber gemacht“, wand sie ein und sah gequält zu ihrer Tochter „Wo hast du dich bitte rumgetrieben dass du wieder so schmutzig bist?“ „Hinten, bei Matsch.“, antwortete Tofauti und wischte sich übers Gesicht, womit sie den Dreck jedoch nur noch mehr verteilte. „Aber ich hab dir doch verboten da hin zu gehen! Tofauti, warum gehorchst du denn nicht?“, schimpfte Zira genervt. Zum tausendsten Mal hatte sie ihr das jetzt gesagt. Tofauti schob jedoch die Unterlippe vor, setzte sich mit einem engelsgleichen Blick zu Zira und patschte ihr bettelnd auf der Pfote rum. „Bitte Mami, bitte, bitte, bitte! Der Schlamm is‘ eklig und ich will den weg haben!“, flehte sie. „Dir ist schon bewusst dass ich ihn dann abschlecken muss, oder?“, fragte Zira seufzend. „‘Tschuldigung…“ Zira stöhnte und begann gerade Tofauti ein paar Mal über den Pelz zu fahren, als sie plötzlich zwei kleine, goldene Löwenjunge auf sie zukommen sah. „Zira, Zira!“, rief Simba und stürzte auf sie zu. Er sah recht mitgenommen aus, so als wäre er durch einen Dornenbusch geschmissen worden. Oh nein, butte nicht der schon wieder. Innerlich verdrehte Zira gerade die Augen. Sie konnte Simba auf den Tod nicht aufstehen, denn in ihren Augen war er nichts als ein ungezogenes, selbstverliebtes, verwöhntes Junges. „Dürfen wir mit Kwanza und Samangi spielen?“, rief Nala aufgeregt und gesellste sich schnell zu ihrem Spielkameraden. Zira sah kurz zu ihren anderen beiden Jungen, die dösend bei ihren Hinterbeinen lagen und nur hin und wieder mit den Schwänzen wedelten. „Also meinetwegen, aber nur wenn ihr Tofauti auch mitnehmt.“, beschloss sie. Sie wollte sowieso mal wieder allein mit Scar reden. Denn sie sagten lieber nichts über den ‚Plan‘ seit die Jungen richtig sprechen konnten… Wer wusste schon was sie ausplaudern könnten? „Tofauti?“ Simba sah genervt zu der weißen Löwin, willigte jedoch ein. Er mochte die Kleine nicht wirklich,sie war nervig, schüchtern und Wortkarg. Aber man konnte sie gut ärgern. „Hey Kwanza“, rief er schließlich und sprang auf ihn zu „Wollen wir fangen spielen?“ Kwanza hob sofort den Kopf und sah Simba neugierig entgegen. Kwanza war für seine nicht mal zwei Monate recht groß. Doch nun mischte Samangi sich ein. „Bei der Hitze? Nein!“, wand sie stattdessen ein und erhob sich nun auch, wobei sie den Kopf so energisch schüttelte, dass selbst ihr kleiner Haarbüschel ihr wie wild um die Augen flog. „Du hast doch nur Angst“, lachte Simba und sprang provozierend um sie herum „Dann lass uns Kämpfen, du Mädchen!“ „DAS klingt schon besser!“, meinte Samangi und stürzte sich augenblicklich auf Simba. Natürlich verlor sie sofort, aber Spaß machte das Kämpfen trotzdem. Sie fand Kämpfen generell am tollsten! Jagen war langweilig, genauso wie fangen spielen, aber sinnlose Gewalt… Ja, DAS war toll! „Mami, ich will aber nicht zu Simba und Nala…“, flüsterte Tofauti plötzlich und drückte sich ganz fest an ihre Mutter. „Aber warum denn nicht?“, fragte Zira erstaunt. „Die sind immer gemein und lachen mich aus.“, erklärte sie weinerlich. „Was? Warum?“, wollte Zira nun wissen. „Na weil ich doch anders bin und sie sagen dass du und Daddy mich deshalb nicht mögen.“ Zira sah einen Moment entsetzt zu ihrer Tochter, dann lächelte sie jedoch verschlagen und rieb liebevoll den Kopf an ihr. „Hör mal zu Kleine: Wenn sie wieder so fies werden, dann nennst du Simba einfach Daddys verzogenen Liebling und zu Nala sagst du dass ihre Mutter nicht mal weiß wer ihr Vater ist. Und dann werden sie plötzlich alle ganz ruhig“, versicherte Zira ihr und rieb ihren Kopf nochmals tröstend an Tofauti „Und deine Geschwister passen ja auch noch auf dich auf, ja?“ Tofauti sah mit einem schwachen Lächeln zu Kwanza und Samangi und sprang schließlich etwas zögerlich auf. „Okay, ich bin dabei.“, meinte sie etwas verschüchtert und stellte sich zu ihrer Schwester. „Ach, Tofauti…“, rief Zira nun. „Ja?“ „Geh nicht so lange in die Sonne.“ „Okay. Tschüss.“, verabschiedete sie sich und folgte den anderen so schnell sie nur konnte. Zira blieb noch einen Moment liegen, ehe sie sich dazu entschied Scar zu suchen. Sie musste einfach mal wieder mit ihm reden. Und zwar diese Sache mit seinem ‚Plan‘, das heißt falls er wirklich einen hatte. „Hey, soll ich euch mal einen richtig cooooolen Ort zeigen?“, fragte Simba, nachdem die fünf Löwenkinder eine Zeit lang durch das hohe Gras geschlichen waren. Zazu war nicht dabei, denn Sarabi meinte wenn sie zu fünft waren, wäre es in Ordnung. „Klar, was?“, fragte Tofauti augenblicklich, wenn auch noch immer etwas verschüchtert. Sie erhob in Simbas Gegenwart nicht gern das Wort, der machte sich eh über alles was sie sagte lustig. „Erdmännchenbaue! Folgt mir!“, rief er und zusammen rannten sie auf eine große, graslose Ebene, die jedoch von den vielen Bäumen im Schatten lag. „Cool, jagen wir jetzt Erdmännchen?“, wollte Kwanza wissen. „Haha, nein, noch viel besser“, meinte Simba „Wir machen eine Mutprobe.“ „Hä?“ Nala sah ihn verwirrt von der Seite an. Davon hatte er ihr vorhin gar nichts gesagt. „Ja, eine Mutprobe und zwar gaaanz speziell für…“ Er machte eine dramatische Pause „…Tofauti.“ Alle Blicke richteten sich nun auf sie und sie schluckte. „W-was?“ „Also ich wette mit euch dass sie sich nicht in diesen Bau traut und ein Erdmännchennest mit rausnimmt! Oder Tofauti?“ Simbas Stimme klang neckisch und herausfordernd, denn er wusste dass Tofauti das nicht tun würde. Tofauti lief grade vor Scham rot an, doch diesem Volltrottel würde sie’s zeigen! Glaubte wohl sie könne gar nichts nur weil sie kleiner war als er! Idiot! „Gar nich! Aber mach’s doch selber!“, knurrte sie. Okay, so ganz traute sie sich’s dann doch nicht. „Würde ich ja gerne, aber ich bin zu groß! DU bist die einzige die klein genug ist um da rein zu kommen.“, meinte er altklug. „Ähm, Simba…“, mischte sich nun Kwanza ein „Ich glaube nicht dass das eine gute Idee ist.“ „Ach was! Los, trau dich doch mal was Tofauti! Los!“, verlangte Simba herausfordernd und äußerst provokant. Tofautis rote Augen blitzten wütend auf, denn so leicht ließ sie den Schwachmaten nicht gewinnen! „Ich tu’s!“, rief sie und lief mit großen, stolzen Schritten zum Eingang des Baus. Aber so ein bisschen mulmig war ihr schon… „Äh, Tofauti, das dürfen wir bestimmt nich…“, meinte Samangi verunsichert. „Lass sie doch!“, fuhr Simba dazwischen. Tofauti robbte währenddessen mit dem Kopf vorwärts in den engen Gang hinein. Doch sie fühlte sich unglaublich unwohl und eine gewisse Panik machte sich bereits in ihr breit. Sie hatte Angst. Angst dass das hier nicht gut gehen würde. Sie hätte so gerne nach ihrem Bruder gerufen, doch dann würde Simba sie nur noch mehr auslachen. Also arbeitete sie sich langsam vor und musste schließlich mit Entsetzten feststellen dass sie feststeckte. Einige Tränen rollten ihr über das weiße Fell. Nein, das durfte doch nicht ihr Ende sein. „Hilfe…“, wimmerte sie, bekam jedoch keinen Ton aus der Kehle. Sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen und es war dunkel! Konnte es eigentlich noch schlimmer kommen? „Scar?“ Zira sah sich suchend am Wasserloch um. Scar war in letzter Zeit oft hier, eine Erklärung hatte sie dafür auch nicht. „Ja?“ Ah, da war er. „Hey, ich wollte dich was fragen… Wegen dem… Du weißt schon. Diese Sache die du vor hast.“ Scar ging jedoch gar nicht auf sie ein und sah sich stattdessen nach den Jungen um. „Kwanza?“ „Sie sind spielen.“, erklärte Zira. „Ach so.“ Zira seufzte und setzte sich neben Scar. Irgendwie war sie von einer plötzlichen Müdigkeit gefasst worden und gähnte langgestreckt, wobei sie jedoch Scars Kichern hörte. „Hey? Was ist?“, wollte sie sofort wissen und sah ihn anklagend an. „Ach, nichts… Es ist einfach dass du so niedlich aussiehst wenn du gähnst. Wie ein dummes Junges.“, erklärte er und grinste sie provokant an. „Hey“, fuhr Zira ihn an „Das tu ich nicht! Ich bin nicht süß.“ „Aber sicher doch, wenn du es so sagst…“ Scar setzte sich nun auf und legte sich nun so hin dass seine Pfoten über Ziras Rücken baumelten und leckte ihn über den Nacken. Augenblicklich spürte er ihre erregte Anspannung, wie sich ihr das Fell aufstellte und er konnte nicht anders als das einfach völlig auskosten. Wie er dieses Gefühl der Überlegenheit doch liebte, egal wo und bei wem. „Also, was wolltest du mir jetzt sagen?“, fragte schließlich. „Äh… Ach ja dein Plan… Falls du einen hast.“ Zira war noch immer wie festgefroren. „Alles zu seiner Zeit, meine Liebe…“, schnurrte er verführerisch, doch Zira schien momentan keine Lust auf sein Spielchen zu haben. „Scar, hast du jetzt was oder nicht?“ „Meinst du das verrat ich dir in aller Öffentlichkeit?“ Hm, nun gut, sie waren ja nicht allein am Wasserloch, es gab hier viele Mithörer. „Dann gehen wir eben nach Hause und du sagst es mir dort, ja?“, flehte Zira. „Natürlich, zu Hause... Ich sagte doch dass alles zu seiner Zeit kommt…“, flüsterte Scar ihr ins Ohr „Aber weißt du was? Geh schon mal vor…“ Er sah zum Himmel, wo sich riesige Gewitterwolken sammelten „Ich komm später nach.“ „Tofauti? Willst du nicht langsam wieder raus kommen?“, rief Kwanza sorgenvoll in das dunkle Loch. „Soll ich Hilfe holen?“, fragte Samangi und sah verunsichert, fast ängstlich zu den Anderen. „Ach was! Sie sagte sie schafft das!“, wand Simba ein und sah ungerührt ins Dunkel des Baus. Als sich nach einigen angespannten Minuten immer noch nichts tat, meinte Nala schließlich: „Simba, das ist nicht mehr lustig! Sie reagiert nicht wenn wir ihren Namen rufen und sie kommt auch nicht! Vielleicht hat sie sich eingeklemmt!“ „Blödsinn! Der geht’s gut!“ Aber auch Simba war sich inzwischen nicht mehr ganz so sicher ob die kleine Tofauti wieder raus käme. Doch Tofauti hatte es tatsächlich geschafft sich zu befreien und war nun tiefer in den Bau vorgedrungen. Sie musste nur in eine Kammer kommen, wo sie sich umdrehen konnte und dann würde sie umkehren! Und sie brauchte nur den Beweis dass sie in dem Bau war… Was war das nochmal? Ach ja, das Erdmännchennest! „Simba, entweder du holst jetzt Hilfe, oder ich tu‘s!“, schrie Kwanza ihn nun an. Auch wenn Simba einen halben Kopf größer als Kwanza war, so zeigte er keinerlei Furcht oder Respekt vor dem jungen Prinzen. Kwanza schien generell nicht viel von Respekt zu halten. „Daddy sagt du darfst so nicht mit mir reden!“, knurrte Simba gereizt. „Geht klar Daddy-Liebling!“, fauchte Kwanza zurück. Nala und Samangi sahen sich die beiden Streithähne nur mit dem ‚Oh-mein-Gott-mach-was-Blick‘ an. „Die zanken wie Mädchen.“, stellte Nala schließlich fest und sie und Samangi streckten, während die Jungs in einen Streit verwickelt waren, die Köpfe in den Bau. Vielleicht sah man ja was. „Ist ziemlich dunkel…“, stellte Samangi besorgt fest. „Ja… Irgendwie schon… Hm, meinst du du könntest da rainkommen und nach ihr sehen?“, fragte Nala. „Ich weiß nicht… Ist halt so dunkel…“, brachte Samangi zittrig hervor. Oh Gott, in was hatten sie Tofauti nur riengeritten? „Samangi, was machst du denn da?“, ertönte nun eine tiefe Stimme. Samangi erstarrte und auch die anderen Jungen sahen erschrocken auf als plötzlich Scar hinter seiner Tochter stand. „Äh… hallo Daddy…“, sagte sie süß und grinste breit um ihre Angst zu überspielen „Ich wollte nur-“ „Erzähl mir keinen Unsinn“, unterbrach Scar sie „Du wirst NICHT in diesen Bau klettern! Denk nicht mal dran, das ist zu gefährlich“, mahnte er und seine Stimme ließ keinen Wiederstand zu „Und jetzt kommt, ein Gewitter wird aufziehen und ich habe keine Lust mich nass zu machen.“ Keines der Jungen wagte es auch nur ein Wort wegen Tofauti zu sagen und da Scar dachte sie wäre schon zu Zira gelaufen nachdem diese gekommen war, immerhin war Tofauti Zira gegenüber sehr anhänglich und so gut wie immer um sie herum, fragte er auch nicht nach ihr. Mit einem sorgenvollen Blick sah Samangi zum Baueingang, als ihr Vater sie am Kragen packte und mit ihr Kwanza zurück nach Hause ging. Auch Kwanza sah mit einem letzten, hoffenden Blick zu dem Bau und folgte seinem Vater nur sehr wiederstrebend. Aber Wiederstand traute er sich nicht. Einzig und allein Simba und Nala saßen noch einen Augenblick vor dem Erdmännchenbau und starrten in die Dunkelheit. „Hey meine Kleinen“, begrüßte Zira ihre Jungen als Scar mit ihnen beim Königsfelsen ankam „Wo ist denn Tofauti?“, hakte sie nach als sie merkte dass diese nicht da war. Scar stockte und setzte Samangi auf dem Boden ab. Er verstand nicht ganz und sah nur verwundert zu Zira. „Ich dachte DU hast sie.“, meinte er verunsichert. In dem Moment ließ Zira die Ohren sinken und sah panisch zu ihm „Nein, ich hab sie mit den anderen spielen geschickt, zu Nala und Simba!“, erklärte sie und glaubte ihr würde das Herz in die Hose rutschen. Nun richteten sich Scars und Ziras Blicke ganz auf Kwanza und Samangi, die aneinander gequetscht zwischen Scars Vorderbeinen saßen und ängstlich zu ihren Eltern starrten. Sie wussten dass jetzt Ärger folgen würde, viel größerer als sie ihn je miterlebt hatten! „Schätzchen, WO ist Tofauti!?“, fragte Zira ernst und versuchte die Panik in ihr zu verdrängen. Die beiden schwiegen verlegen und trauten sich nun nicht mal ihrer Mutter auch nur in die Augen zu sehen. „Kwanza! Samangi, WO ist eure Schwester?“, bohrte Scar diesmal eindringlich nach und drehte die beiden so dass sie ihm in die Augen schauen mussten. „S-sie ist in einem Erdmännchenbau…“, brachte Samangi schließlich wimmernd hervor und schlang im nächsten Moment jedoch schon die Pfötchen um das Bein ihres Vaters „Bitte sei uns nicht böse! Simba hatte Tofauti geärgert und sie genervt und dann wollte sie beweisen das sie genau so tapfer ist wie alle anderen auch und ist in den Bau geklettert, kam aber nicht mehr raus!“, schluchzte sie und lies ihren Tränen einfach freien Lauf. Es tat so gut das alles einfach rauzulassen, doch gleichzeitig bekam sie solche Angst vor den Folgen. Kwanza schwieg nur betroffen, starrte schuldbewusst Löcher in den Boden und traute sich nicht sich auch nur zu rühren. Angst war das passendste Gefühl. Angst passte auch zu dem was Scar spürte – Ja, unser großer Löwe hatte Angst. „Kwanza, du solltest doch aufpassen!“, brachte Zira panisch hervor und sah sich hektisch um „Wo war der Bau?“, wollte sie wissen und schluckte ein paar Mal. Kwanza schlich reuevoll zu ihr und erklärte ihr kurz aber konkret wo der Bau genau lag. Grade als sie aufspringen wollte kamen jedoch drei kleine Gestalten um die Ecke. Und, oh Wunder, wenn man vom Teufel spricht… „Hier hast du deinen saublöden Beweis!“, schrie Tofauti Simba an, warf ihm das Erdmännchennest vor die Pfoten und stampfte an ihm und Nala vorbei zu ihrer Mutter. Sie sah völlig mitgenommen, zerzaust und dreckig aus und ihr Blick hätte töten können. „Mama, mach mich sauber, ich war in einem Erdmännchenbau und…“ Sie hielt inne als sie all die seltsamen Blicke bemerkte „Was schaut ihr denn alle so?“ Kapitel 36: Dumme, dumme Löwenjunge ----------------------------------- „Du lebst!“, rief Kwanza aus und umarmte seine Schwester überstürzt und riss sie dabei zu Boden, weshalb sie zu weinen begann. „Hör auf! Du machst mich noch dreckiger! Mama!“, heulte Tofauti aus und schubste ihren Bruder weg. Sie wusste selber nicht warum sie weinte, wahrscheinlich weil sie einfach nur stocksauer war. Nicht auf Kwanza, aber sie war wütend! „Schätzchen, wie konntest du das überhaupt überleben? Wo warst denn nur? Hast du dir wehgetan?“, platzte es aus Zira heraus und sie schubste Kwanza zur Seite und zog Tofauti an sich. Scar hatte sich neben sie gesetzt und leckte Tofauti zärtlich über das Gesicht. Er war in diesem Moment einfach nur unglaublich erleichtert, dass sie es überlebt hatte und wollte ihr nicht mal eine Stadtpauke halten. „Was habt ihr euch denn solche Sorgen gemacht?! Mir geht’s doch gut! Oder glaubt ihr etwa auch, dass ich ein ängstliches Mädchen bin, so wie Simba?“, fragte Tofauti entsetzt. „Tofauti, deine Mutter hat sich unglaubliche Sorgen gemacht!“, unterbracht Scar sie und warf ihr einen strafenden Blick zu. „Du etwa nicht?“, fragte sie forsch und verschränkte trotzig die Pfoten. „Doch, natürlich“, versicherte Scar ihr und kraulte sie an der verdreckten Wange „Aber sag uns doch wie du all das geschafft hast, ich meine wie kann man nur so dumm sein und sich in einen Erdmännchenbau trauen?“ „Na das war Simba, der hat mich dazu getrieben, er meinte das sei eine Mutprobe! Und ich hab sie ganz toll bestanden! Ich hab mich einfach weitergezwängt, hab dieses Nest in einer Kammer gefunden, hab mich umgedreht und bin wieder zurückgelaufen. War ganz einfach!“, meinte leichthin. Dass sie jedoch Todesangst gehabt hatte und überglücklich gewesen war als sie das Licht am Ende des Baus sah gesehen hatte, gab sie nicht zu. „Wie dem auch sei: Lass dich nie wieder auf solche dummen Wetten ein!“, sagte Zira eindringlich und begann sie, wenn auch nicht sehr zärtlich, sauber zu machen. „Blödes Gnu…“, zischte Samangi halblaut und sah eifersüchtig zu ihrer Schwester „Die weiß ja ganz toll wie sie alle Aufmerksamkeit bekommt…“ Mit zusammengebissenen Zähnen trottete sie davon, jedoch folgte Kwanza ihr eilig und stellte sich ihr in den Weg. Wenn sie durch ein bisschen Blödsinn machen so viel Aufmerksamkeit bekam, DAS konnte sie auch! „Hey, wohin gehst du?“, fragte Kwanza. „Zu Simba…“, fauchte sie und ließ an ihm vorbei. „Was? Warum? Wir sollten lieber bei Mama bleiben.“ „Oh bitte, die sind doch grade alle beide auf Tofauti fixiert, die ist doch eh Mamas Liebling. Und du Daddys, also lass mich jetzt mein Zeug machen.“, fauchte sie und stampfte weiter. „Samangi, nich‘ gehen! Ich will mitkommen, ohne dich ist es langweilig.“, mauzte Kwanza und rannte ihr hinterher. „Na komm, gehen wir zu Simba! Vielleicht bekommen wir dann auch irgendwie Ärger und wenn wir Ärger bekommen werden wir auch verhätschelt.“ Samangi lachte zwar, aber Kwanza merkte dass sie das ernst meinte. Jedenfalls liefen die beiden und zu Mufasa und Sarabi. „Hallo Tante Sarabi.“, begrüßte Kwanza sie und zog sich den Felsen auf dem sie lag hoch. „Hallo Kwanza, hallo Samangi.“, begrüßte sie die beiden Jungen. „Hallo Onkel Mufasa, können wir mit Simba spielen?“, fragte Samangi nun und setzte sich flehend vor ihn. Irgendwie mochte sie Mufasa. Er war so groß und fluffig, wie ein riesiger Teddybär, ganz anders als ihr eigener Vater. Aber sie hatte ihn nicht so lieb wie Scar, der war natürlich besser. Mufasa sah zu den beiden, doch als sein Blick auf Samangi fiel musste er schlucken. Sie sah wirklich aus wie eine kleine Uru… Einzig und allein der schwarze Aalstrich und die grünen Augen stimmten nicht. „Hallo ihr beiden, wie geht es euch?“ Er war recht gut gelaunt, weshalb Samangi und Kwanza nicht glaubten dass Simba ihnen irgendwas von dem Zwischenfall mit Tofauti gesagt hatte. „Gut, danke“, meinte Kwanza „Also dürfen wir mit Simba spielen?“ „Tut mir leid, aber im Moment-“ Doch Mufasa konnte nicht zu Ende reden, da er von abrupt von Scar unterbrochen wurde, welcher mit einem schnellen Sprung hinter Kwanza und Samangi auftauchte und seinen Bruder wütend anfunkelte. „SIE werden mit deinem Fellknäul ganz bestimmt nicht mehr spielen!“, fauchte Scar und zog Kwanza und Samangi zu sich. Überrascht sahen die beiden zu ihrem Vater hoch und blickten zwischen ihm und Mufasa umher. Was hatte er denn? „Scar, was ist jetzt wieder dein Problem, die beiden haben mich äußerst höflich danach gefragt. Höflichkeit, Scar, sogar deine Kinder beherrschen es besser als du.“, knurrte Mufasa. „Nun hör mal gut zu“, zischte Scar „Wegen deinem Prinzchen wäre Tofauti fast gestorben!“ „Bitte, was?“ „Simba hat sie zu einer vollkommen leichtsinnigen Mutprobe gedrängt und sie dabei fast umgebracht.“, knurrte er. „Ich glaube kaum dass das allein Simbas Schuld war. Tofauti hätte ja nicht einstimmen müssen, was schickst du sie den auch allein los, du weißt doch wie schnell sie trotzig wird und sich dadurch in Gefahr begibt!“ Scar knurrte bei diesem Kommentar nur wütend und machte Kwanza und Samangi mit einer Kopfbewegung klar zu verschwinden, was sie auch taten. „Meinst du die gehen sich gleich an den Kragen?“, fragte Kwanza als er und seine Schwester um eine Felsschwand bogen, doch kurz danach anhielten und um die Ecke schielten. „Keine Ahnung, lass uns zuschauen was passiert.“, meinte Samangi neugierig. Sarabi war inzwischen aus der Szene geschlichen und wollte sich um Simba kümmern. „Meinst du die kämpfen jetzt?“, fragte Samangi erwartungsvoll. „Hm, vielleicht… Aber ich glaub nicht.“ Und Kwanza sollte Recht behalten. Doch außer einigen Streitereien, die die Geschwister nicht verstanden, passierte nichts. „Hey, wollen wir Spion spielen?“, fragte Kwanza schließlich. Wie’s aussah würde Samangi keinen Simba brauchen um Ärger zu bekommen „Klar, wen wollen wir ausspionieren? Zazu?“, fragte sie enthusiastisch. „Nein, Vater! Das wäre doch viel spannender, oder?“, meinte Kwanza. „Aber Mama sagte immer, wir dürfen Dad bei seinen Geschäften nicht stören!“, wiedersprach seine Schwester ihm. „Ja, wir stören ihn auch nicht! Wir werden ihn ja auch nur hinterher spionieren, wie Spione, so dass man uns gaaaar nich bemerkt!“, erklärte Kwanza und zwinkerte vielsagend. Samangi verstand sofort und kicherte. „Ich wette wir werden nicht entdeckt, aber deshalb müssen wir jetzt die Krallen einziehen.“ So kam es jedenfalls dass sie, tief in das hohe Gras geduckt, ihrem Vater nachschlichen, auch wenn sie mit seinen großen Schritten kaum mithalten konnten. Und eines musste man ihnen durchaus lassen: Sie konnten wunderbar unauffällig sein… dafür dass sie letzten Endes nicht mehr schlichen sondern rannten. Als sie ihr Tempo schließlich drosselten bemerkten sie jedoch dass ihr Vater zum Elefantenfriedhof lief und das war mehr als seltsam. Er hatte ihnen doch immer verboten dorthin zu gehen und jetzt lief er selbst dorthin?! Hier stimmte doch was nicht! Kwanza ergriff als erster wieder das Wort. „Was für ein Schwätzer!“, knurrte er und rutschte den Abhang zum Friedhof runter „Was will er hier nur tun?“ „Vielleicht geht er sich nur sonnen…“, meinte Samangi und presste sich verunsichert an ihren Bruder als sie den Elefantenfriedhof nun so richtig betrachtete. Er war dunkel, trocken, düster, grau und unheimlich, ganz und gar nicht wie das Geweihte Land… Sie hasste es hier. „Auf dem Elefantenfriedhof? Schwesterherz, ich habe nie an deiner Intelligenz gezweifelt, aber diese Antwort ist niveaulos.“, wand Kwanza ein.“, denn auch er fand diesen Ort scheußlich. „Hm, stimmt… Finden wir’s heraus!“, meinte sie und rannte den Pfad entlang, den ihr Vater gelaufen war. Zumindest glaubte sie dass, denn das war der einzige Pfad hier. „Hey, leise und langsam! Sonst hört uns noch jemand!“, zischte Kwanza und holte sie schnell ein. „‘Tschuldigung…“ So kam es dass sie schweigend den Pfad entlang liefen. Unheimlich sah es schon aus, überall Schädel, Skelette und es roch komisch. Total ekelhaft… „Sollten wir nicht besser umdrehen?“, wisperte Samangi schließlich ängstlich als sie sich schon ein beachtliches Stück in den Friedhof hineingelaufen waren. „Pssst! Er hört uns sonst!“, zischte Kwanza wütend. „Ach ja?! Wir wissen doch gar nich‘ wo wir sind, gib’s zu, wir haben ihn verloren!“, keifte sie ihn an. „Sei jetzt ruhig, man hört uns!“ „Schon passiert!“, lachte plötzlich eine Stimme. Die Geschwister rissen Kopf umher als wie aus dem nichts drei Hyänen zwischen den Knochenbergen auftauchten. Shenzi, Banzai und Ed. „Ich glaub’s nicht, was machen wir denn da?“ Shenzi lief breit grinsend auf die beiden Jungen zu. Kwanza verstand den Sarkasmus von Shenzi nicht ganz, weshalb er einfach das nächst beste sagte was ihm einfiel. „Hallo, ich bin Kwanza, und ihr?“, begrüßte er sie freundlich, ohne auch nur zu ahnen in welcher Gefahr er sich befand. „Oh WOW! Shenz‘, Süße, unser Essen stellt sich sogar schon vor!“, rief Banzai gespielt begeistert aus und deutete mit dem Kopf zu Kwanza. „JA! Eines muss man denen lassen, sie werden echt immer höflicher!“, bestätigte sie, woraufhin Ed kicherte. „Tja, dumm nur, dass wir euch essen müssen…“, meinte Banzai und schnitt den beiden mit einem schnellen Sprung den Fluchtweg ab, was aber eigentlich unnötig war, da sich die beiden Jungen auch so nicht rührten. „Was!?“, kreischten Kwanza und Samangi und sanken mit zittrigen Knien zusammen. Okay, genauso musste sich Tofauti gefühlt haben als sie in diesem Loch gesteckt hatte. Na toll, sie waren nur hier weil sie ihrem Vater hinterher spioniert hatten! „Kwanza, mach was!“, flehte Samangi und klammerte sich an ihn. Ihr Bruder sah sich panisch um, doch das einzige was ihm jetzt einfiel war… um Hilfe schreien. Und das tat er auch. Und Samangi tat es auch. Aber das war ja nicht mal schreien, das war heulen, Mauzen, was auch immer. Aber genau das hatte ihnen wahrscheinlich den Hals gerettet. Denn plötzlich sprang irgendetwas schützend zwischen sie und gab ein Brüllen von sich. Scar war wie aus dem nichts aufgetaucht und baute sich vor den Jungen auf. Er brüllte kurz auf, und schon waren die Hyänen verschwunden, doch Kwanza und Samangi bekamen das nicht mehr so wirklich mit, noch zu sehr standen sie unter Schock, auch als die Hyänen bereits weg waren und Scar sich ihnen zuwandte. Und zu behaupten dass er wütend war, war stark untertrieben. Scar war außer sich, fassungslos und gewissermaßen enttäuscht über die Dummheit seiner Jungen. „Was sollte DAS denn“, brüllte er erzürnt und schlug mit der Pfote auf den Boden „Sagte ich euch nicht ihr sollt euch von hier fern halten? Ich rede mit euch, schaut mich gefälligst an“, fauchte er „Oh na wartet, darüber reden wir zu Hause.“, zischte er, packte Samangi am Kragen und half Kwanza mehr oder weniger auf. Weder Samangi noch er wagten es ein Wort zu sagen, zu bedrückend war diese Anspannung und Wut die von ihrem Vater ausging. Sie hatten zum ersten Mal Angst vor ihm. Auf dem ganzen Heimweg hatte er kein Wort zu Kwanza und Samangi gesagt und umso mehr fürchteten die beiden den Ärger der sie erwartete. Inzwischen war es schon dämmerig und Zira hatte sich mit Tofauti in Scars Höhle zurückgezogen. Tofauti war noch immer merklich verschreckt von dem heutigen Zufall, das merkte Zira einfach. „Ach, da seid ihr ja“ Zira erhob sich und kam erstaunlich gut gelaunt auf Scar zu, fast schon aufgeregt „Scar, pass heute Nacht auf die Kleinen auf, ich gehe mit den anderen Löwinnen jagen, ich war schon viel zu lange nicht mehr jagen.“, erklärte Zira, verließ die Höhle ohne einen letzten Kommentar und ließ Scar dabei nicht mal mehr Zeit irgendwas zu erwidern. „Mama, warte!“, rief Tofauti ihr noch hinterher, doch sie war schon lang weg. Scar setzte Samangi und Kwanza ab und sah mit einem vernichtenden Blick zu ihnen. Diese vermeiden aber sowieso jeglichen Blickkontakt zu ihm. Zu viel Ärger hatten sie heute schon verursacht als dass ihr Vater noch irgendwie Gnade mit ihnen hätte haben können. Kwanza und Samangi rutschten noch näher zusammen als ihr Vater einfach nicht aufhören wollte sie so vernichtend anzustarren. „Wisst ihr in welche Gefahr ihr euch begeben habt“ Oh nein, es begann „SCHON WIEDER! Haben ich und eure Mutter euch nicht vor diesem Ort gewarnt?!“, fauchte Scar und sah von oben herab auf die beiden. Doch Tofauti, die von all dem gar nichts mitbekommen hatte, sah nur verwundert zu ihrem Vater. „Was war denn?“, fragte sie neugierig und gesellte sich zu ihren Geschwistern. „Halt dich da raus!“, fauchten Samangi und Kwanza sie gleichzeitig an, woraufhin sie erschrocken zusammenzuckte und trotzig zu Boden sah. „Aber Papa! Wir… wollten doch nur spielen!“, verteidigte Samangi sich zittrig. „Was? Was wolltet ihr spielen? Kamikaze-Mission zum Elefantenfriedhof?! Ihr seid zu klein für so was“, brüllte Scar wütend und stieß die beiden fast mit seinem Kopf um „Ihr wisst es ganz genau! Ihr hättet sterben können, meint ihr etwa wir erzählen euch das zum Spaß?!“ „A… aber…“ Samangi war eine solche Härte und Lautstärke von ihrem Vater gar nicht gewohnt, warum auch? Bisher hatte sie wirklich keinen großen Mist gebaut. Sie wollte wieder etwas erwidern, doch Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie presste angestrengt die Zunge gegen den Gaumen und kämpfte mit aller Kraft gegen die aufsteigenden Tränen an. „Daddy, sie kann gar nichts dafür, es war meine Schuld, ich hatte die Idee mit dem Spion spielen…“, gab Kwanza schließlich kleinlaut zu. In diesem Moment entfuhr ein Schluchzen Samangis Kehle und sie ließ ihren Tränen einfach freien Lauf, brachte ja doch nichts. „Daddy, jetzt sei doch nicht so streng mit ihr!“, flehte Kwanza und sah seinen Vater aus seinen großen, tiefgrünen Augen an. „Ja, bitte!“, stimmte auch Tofauti, die die ganze Zeit nur still zugesehen hatte, ein und sah ihren Vater ebenfalls aus ihrem unwiderstehlichsten Engelsaugen an. Und so wütend Scar auch war, so musste er nun einfach seufzen. Sie hatten gewonnen. Nie hätte er es zugegeben, aber seine Tochter weinen zu sehen tat weh. „Hey, ganz ruhig, ich hab das doch nicht so gemeint“, meinte er liebevoll, legte sich zu Boden und zog Samangi an sich heran „Beruhige dich Samangi, ich bin euch ja nicht böse, aber ich hab mir einfach solche Sorgen um euch gemacht. Wisst ihr wie ich mich erschrocken habe?“ Nein, sie hatten keine Ahnung, keiner von ihnen, sie waren einfach nur froh dass Scar sich beruhigt hatte. „Tut uns ja leid…“, meinte Kwanza nun kleinlaut und schlich sich langsam zu seinem Vater. Er wollte jetzt nur noch in den Arm genommen werden. „Hört mal, ich will dass ihr das nie wieder macht, keiner von euch, verstanden?“, bläute Scar ihnen ein und musste kurz schmunzeln, als Kwanza eine Strähne von Scars Mähne nahm und sie sich selbst auf den Kopf platzierte. „Meinst du ich bekomm auch mal so eine Mähne?“, fragte er. Ach, wie gut er doch von so machen Themen ablenken konnte. „Bestimmt, mein Junge“ Dann jedoch fiel sein Blick auf Tofauti, die noch immer recht allein vor ihm saß „Hey, Tofauti…“ Er deutete neben sich. Nicht gerade eine wirkliche Anweisung, aber die weiße Löwin verstand. „Ich geh schlafen…“, murmelte sie verschüchtert und rollte sich neben ihrem Vater ein. Sie war von dem gesamten Tag noch immer völlig mitgenommen und jetzt meldete sich endlich die Müdigkeit. Als die Sonne schon längst untergegangen war schliefen Kwanza und Tofauti auf, beziehungsweise, neben Scar. Einzig und allein Samangi, die noch immer wach lag, kam nicht zur Ruhe. „Hasst du mich jetzt eigentlich?“, fragte sie irgendwann leise in die Dunkelheit. Scar hatte gerade Kwanza über das Fell geleckt, doch ihre Worte ließen ihn aufhorchen. Er musste schmunzeln. „Unsinn, ich hasse dich doch nicht nur weil ich dich einmal angeschrien habe. Ach Samangi, ich hab mir einfach nur Sorgen um dich gemacht. Und jetzt vergiss das alles ganz schnell wieder…“ Samangi nickte „Und kein Wort zu deiner Mutter, ja?“, fügte er grinsend hinzu. Kapitel 37: Dumme, dumme Löwenjunge – Schlimmer geht’s immer ------------------------------------------------------------ Einige Tage später, gegen Mittag, wollte Zira eigentlich Scar suchen gehen. Sie hielt diese Neugierde langsam nicht mehr aus! Sie hatte ja versucht sich und ihre Neugierde in Grenzen zu halten, hatte nicht mehr gefragt, aber sie schaffte es einfach nicht. Und da war diese ewige innere Unruhe in ihr die sie auffraß. Alles was sie wollte war nur zu wissen wann er denn nun seinen Plan umsetzten wollte... Und wie dieser Plan überhaupt aussah! Denn davon wusste sie noch immer nichts, was sie unglaublich ärgerte. Scar Tagsüber zu finden war immer ein kleines Versteckspiel, aber sie wusste wo sie ihn um diese Zeit fand. Es gab da nämlich einen abgeschiedenen Vorsprung, am Königsfelsen, wo er seit Urus Tod immer öfter herumlag. Seine Mutter hatte diesen Ort geliebt, es war ihr lieblingssonnenplatz gewesen, viele Löwen hatten sich hier zu Lebzeiten der Königin getummelt, doch seit ihrem Tod kam nur noch Scar hier her. Wahrscheinlich war es das Beste so. Zira wollte gerade um die Ecke biegen als sie Stimmen hörte. Die eine gehörte Scar, natürlich, aber die andere war doch… Simba. Simba? „Ein ElefantenWAS?!“, rief dieser aufgeregt aus. „Ohhh nein, ich Plappermaul! Nun ja, früher oder später hättest du ihn sowieso gefunden… Du bist ja ein so cleveres Bürschchen! Och, tu mir aber den Gefallen und versprich mir dass du dich verhältst, von diesem schrecklichen Ort!“ Scar. Eindeutig. Und wie übertrieben fürsorglich er klingen konnte wenn er wollte… Aber Simba war wahrscheinlich so dumm und glaubte ihm auch noch. „Kein Problem!“, meinte er nach einigen Sekunden des Schweigens. „Das ist ein braver Junge… Los, geh jetzt schön spielen!“, sagte Scar, noch immer so abartig nett. Ernsthaft, irgendwie hätte Zira ihn jetzt sehr gerne ausgelacht. Jedoch hörte sie die tapsigen Schritte Simbas näher kommen, doch diese stoppten plötzlich noch ein mal. „Und vergiss nicht… Das bleibt unser kleines Geheimnis…“, ermahnte Scar nochmals. Nun lief Simba weiter und wäre dabei fast in Ziras Beine gerannt. Dummes Ding, was schaute er auch nicht gerade aus? „Oh hallo Simba, weißt du wo dein Onkel ist?“, fragte Zira stattdessen gespielt ahnungslos. „Klar, gleich hier um die Ecke.“, erwiderte der kleine Löwe und sprang fröhlich und leichten Herzens weiter. Zira sah ihm kurz hinterher, doch als er außer Hörweite war lief sie eilig zu Scar und sah ihn ungläubig an. „DAS ist dein Plan? Die Hyänen auf ihn hetzen? Das ist alles was dein Genie zustande gebracht hat“, lachte sie fast schon spöttisch und lies sich neben Scar sinken „Also da hätte ich um ehrlich zu sein irgendwas komplizierteres, zeitaufwendigeres erwartet.“ Scar lächelte vielsagend. „Ach jetzt reg dich doch nicht so schrecklich auf. Aber denk doch mal nach… Niemand wird glauben dass ich dahinter stehe. Und Hyänen töten doch andauernd das ein oder andere Löwenjunge. Und um Mufasa kümmere ich mich danach… Er wird so in Depressionen versunken sein, das er ganz leicht zu töten sein wird.“ „Selbst wenn, ich glaube kaum dass du eine Chance gegen Mufasa hast, selbst wenn er psychisch am Ende ist.“ „Also ob ich mir die Pfoten dreckig mache! Ich locke ihn unter einem Vorwand in eine Falle und die Hyänen machen schon alles.“ Zira schwieg für einen Moment, dann meinte sie jedoch: „Findest du das nicht zu einfach?“ „Oh, selbst wenn, ich hab immer noch Plan B.“, meinte Scar leichthin. „Und der wäre?“ Skeptisch zog Zira eine Braue hoch. „Massenpanik unter Gnus…“, lachte er herzlos und drückte Zira so gegen die Schulter dass sie auf die Seite fiel. Er stellte sich über sie und fuhr ihr liebevoll mit der Zunge über die Schnauze, ehe er in seinem unwiderstehlichsten Ton schnurrte:„ Und mal unter uns… Wenn es um Hirn ging, hab ich den Löwenanteil bekommen...“ Standardsatz. Zira verdrehte grinsend die Augen und rieb ihren Kopf an Scars Kinn. „Aber sicher und Plan C?“ „Wir lassen dressierte Mäuse auf meinen Bruder los, klingt logisch, hm?“ „Hey Nala, ich weiß da einen ganz tollen Ort!“, meinte Simba aufgeregt und schnaufte eilig durch. Nala wurde grade von Sarafina geputzt die im Übrigen wieder trächtig war. Zira hatte nur gemeint dass sie nicht genug gewartet hatte und es vielleicht zu viel für ihren Körper war, aber Sarafina war enthusiastisch. „Simba, du siehst doch das ich grade bade!“, nörgelte Nala jedoch genervt. „Und es ist Zeit für deines.“, meinte plötzlich Sarabi. Kwanza, Samangi und Tofauti lagen alle auf einem Haufen hinter einem Felsen auf dem Sarabi ruhte und kicherten, als diese Simbas Kopf packte und ohne Umschweife anfing ihn zu putzen. Hm, vielleicht war das auch ein Grund warum Simba seine Cousins hasste, weil sie sich bei jeder Gelegenheit über ihn lustig machten… Oder weil er damals bei der Sache mit Tofauti den Ärger seines Lebens bekam… Oder beides. „Mama, du versaust mir meine Mähne“, rief Simba jedoch gequält aus und strampelte sich aus dem Griff seiner Mutter „Okay, okay, ich bin sauber, können wir jetzt gehen?“ „Wo geht’s diesmal hin? Wenn’s blöd ist bleib ich lieber hier.“, meinte Nala entschlossen und lies sich weiter putzen. Warum sollte sie in der Mittagshitze durch das Gras dackeln anstatt sich putzen zu lassen? „Nein, es ist wirklich cool!“, versicherte Simba ihr schwärmerisch. „Und wo soll sich dieser coole Ort befinden?“, halte Sarabi vielsagend nach. Sie ahnte dass da irgendwas faul war, jedenfalls sagten ihre Mutterinstinkte dass ihr Sohn was im Schilde führte. Simba stockte einen Moment, dann meinte er jedoch: „Oh… äh… So… Unten am Wasserloch!“ „Am Wasserloch?! Wieso ist auf einmal das Wasserloch so cool?!“, rief Nala entsetzt aus. Auch Kwanza, Samangi und Tofauti waren alles andere als begeistert. Zira hatte sie schon so oft mit zum Wasserloch genommen, es war inzwischen Stinklangweilig! Dort gab es nichts außer Grünzeug und Beutetiere für die sie selber aber noch immer zu klein waren. Doch Simba beugte sich zu Nala und zischte vielsagend: „Das erklär ich dir, wenn wir da sind…“ Auch Kwanza und seine Schwestern verstanden und sahen einander voller Tatendrang an. Natürlich wollten sie alle mitkommen, was sprach also dagegen? Sie würden Simba und Nala schon nicht nerven. „Mama, kann ich Simba begleiten?“, fragte Nala hoffnungsvoll. Sarafina wog unschlüssig den Kopf und meinte schließlich: „Hmmm… Was meinst du Sarabi?“ „Bitteeeee!“ Nala und Simba sahen mit einem breiten Grinsen zu Sarabi, denn von ihr hing alles ab. „Also meinetwegen…“, meinte sie schließlich, woraufhin die beiden freudig aufsprangen „Aber nur wenn ihr Zazu mitnehmt!“, fügte Sarabi nun noch hinzu und mit einem Mal war sämtliche Freude aus den Gesichtern der Jungen gewichen. „Oh nein, doch nicht Zazuuuu…“, jammerte Simba und wand sich seiner Mutter zu „Mama, bitte, das ist langweilig!“ „Entweder mit ihm oder mit niemandem.“, entschloss Sarabi ernst. Okay, Streiten war sinnlos. „Also gut…“, grummelte Simba und machte wieder kehrt. „Können wir auch mit?“, fragte Kwanza und sah bittend zu Sarabi auf. „Hm… Ich weiß nicht... Hat Zira euch denn schon erlaubt mitzukommen? Sie ist eure Mutter, nicht ich.“ Die drei Geschwister sahen sich unentschlossen an, dann meinte Kwanza jedoch: „Mama hat gemeint wir dürften zum Spielen überall dorthin, wo wir schon mal waren.“ Ja, das stimmte wirklich. Zira sagte mal, sie dürften jederzeit zum Spielen an die Orte, die sie schon kannten: Königsfelsen, die Gegend darum, das Wasserloch. Jedoch hatte sie nie mehr dazu gesagt. „Also gut, dann los mit euch.“, meinte Sarabi erleichtert. Sie glaubte Kwanza. Er war ein ehrliches Junges und würde nie absichtlich wollen dass seinen Schwestern etwas passierte. Als die fünf Jungen bereits lange losgelaufen waren, immer Zazu im Nacken, kam Zira und legte sich zu Sarafina und Sarabi. „Na Sarafina, was macht das Junge? Also das ungeborene.“, fragte sie und sah der hellen Löwin schmunzelnd entgegen. „Ach… Es wächst… glaube ich“, lachte Sarafina. „Nala wird ihr Geschwisterchen lieben! Sie ist jetzt schon ganz wild danach!“ „Apropos Nala: Wo ist sie überhaupt? Hängt sie sonst nicht immer mit Simba rum?“ „Ach, sie ist mit Simba, Zazu und deinen Kleinen zum Wasserloch gegangen“, erklärte Sarabi „Simba wollte ihnen da was ‚cooles‘ zeigen, frag mich um Himmels Willen nicht was… Junge eben.“ „Ach so, dann ist ja gut.“, meinte Zira nur und legte müde den Kopf auf die Pfoten. Doch sie brauchte wohl einige Sekunden bis ihr Hirn schaltete und sie verstand was Sarabi da eben eigentlich gesagt hatte. „WAS!?“, rief sie panisch aus und sprang hektisch auf. „Sie gehen nur zum Wasserloch, was soll sein?“, fragte Sarafina verunsichert. „Ich wollte mit ihnen heute noch Jagen gehen, genau! Keine Zeit zum reden, bis später!“, schrie sie panisch und rannte wie vom Teufel geritten den Weg zum Wasserloch ab. Was wenn es schon zu spät war? Was wenn sie schon tot waren? Was wenn sie zu spät kam und… Oh Gott, das würde sie nicht ertragen. Doch plötzlich sah sie etwas, was ihr einen Stein vom Herzen fallen ließ: Zazu. Und wo der war, da waren auch die Jungen. Mit großen Schritten lief sie weiter bis sie endlich fünf kleine Gestalten im Gras sah. „Keinen Schritt weiter!“, rief sie und stolperte von hinten auf die kleine Gruppe zu, die in dem Moment erstarrte und sich erschrocken umwand. „Mama, was ist denn?“, fragte Samangi erschrocken. „Ihr bleibt zu Hause!“, murrte sie außer Atem. Nun mischte Tofauti sich ein: „Aber wir wollten mit Simba und Nala…“ „NIRGENDWO geht ihr hin“, fauchte Zira wütend „Simba, Nala, geht ruhig weiter und habt euren Spaß, aber die drei bleiben hier. Ich… muss mit ihnen noch was machen.“, meinte Zira schließlich. Sie wollte auf keinen Fall das Scars Plan wegen ihr in die Hose ging und genauso wenig wollte sie dass ihren Kleinen etwas passierte. „Gibt es Probleme, Zira?“, fragte Zazu nun höflich und ließ sich zu Boden gleiten. „Ach, nichts Zazu, ich wollte nur meine Kinder mitnehmen. Wir haben heute noch was Wichtiges vor. Zudem darf Tofauti jetzt nicht in die Sonne.“ „Ach so, selbstverständlich. Ich wünsche noch einen angenehmen Tag.“, meinte Zazu, deutete eine Verbeugung an und flog wieder los. „Also dann, wir müssen gehen.“, meinte Zira hektisch. „Oh… Viel Spaß euch noch, Simba…“, verabschiedete Kwanza sich und lief mit hängendem Kopf hinter seiner Mutter her. „Tschüss Leute!“, verabschiedeten Nala und Simba sich enttäuscht. Hm, irgendwie hätten sie sich die drei doch gewünscht. „Mama, was gibt’s denn so wichtiges? Sonst dürfen wir auch immer mit Simba und Nala…“ Doch Tofauti kam nicht dazu zu Ende zu sprechen. „IHR geht heute NICHT weg. Wir… wollen doch… mal jagen lernen, oder? Und hab ich dir nicht verboten zur Mittagszeit in die pralle Sonne zu gehen, Tofauti?“ Tofauti sah schuldbewusst zu Boden. Es stimmte, sie bekam wirklich einen Sonnenbrand wenn sie zu lange in der Sonne stand – Doofer Albinismus. „Und jetzt zurück mit euch!“, meinte Zira in einem Ton, der keinen Wiederstand zuließ und packte Tofauti am Genick. „Wir gehen echt jagen“, fragte Samangi aufgeregt „Du Mama… Was werden wir denn jagen?“ Zira sah verwundert zu ihr. Sie hatte gar nicht vor zu jagen, was hatte die Kleine denn da aufgeschnappt? „Ja, du sagtest doch wir würden jagen“, bestätigte Kwanza „Gerade eben!“ „OH! Äh… Ja, genau! Wir… werden mal schauen was wir alles finden werden. Aber solltet ihr um die Zeit nicht besser schlafen?“ „Mama! Wir sind doch keine Babys mehr! Wir sind fast schon drei Monate alt!“, nörgelte Samangi. „Ich bin mental sogar schon sechs Monate alt!“, prahlte Kwanza. „Jaja, aber sicher doch mein Kleiner. Und jetzt ab nach Hause, heute Nachmittag zeig ich euch dann, von wo euer Futter kommt.“, meinte Zira seufzend und lockerte den Biss in Tofautis Nackenfell etwas als diese gequält zu mauzen begann. Doch als sie auf halben Weg zum Königsfelsen den Kopf umwand starrte sie verwirrt zu Samangi. Was machte sie da? „Schau mal Mama“, rief sie in dem Moment „Meine Pfoten sind fast so groß wie deine! Schau, schau!“ „Das glaub ich nicht! Mama, ich will auch sehen!“, bettelte Tofauti und begann etwas zu zappeln, weshalb Zira sie zu Boden setzte. „Na was ist da denn so tolles Samangi?“, fragte Zira seufzend. „Schau, da! Ich hab fast so große Pfoten wie du!“ Aufgeregt deutete auf einen Pfotenabdruck Ziras und ihre Pfote, die darin lag. „Wow, ganz toll! Noch ein bisschen meine Kleine, dann hast du es ja, hm?“ „Hehe, bestimmt.“, kicherte sie voller Stolz. Ja! Ihre Mutter hatte gesagt sie würde mal groß werden! „Mama, trägst du mich jetzt?“, bettelte nun Kwanza und schubste Tofauti schnell zur Seite. „Wisst ihr was“, begann Zira nun „Lauft doch selber. Aber jetzt los, ich mag diese Hitze nicht.“ „Und jagen?“ „Später Kwanza, später.“ Kapitel 38: Sterne ------------------ „Kwanza, schau jetzt her“, befahl Zira mit gesenkter Stimme „Kwanza!“ „Kwanza, schau jetzt Mama zu!“, fauchte Samangi ihn leise an. Zira war kurz davor ihnen ihre erste Jagdstunde zu geben, da sollte er gefälligst zuhören. „Danke Samangi. Also, ihr müsste den Körper dicht ab Boden behalten wenn ihr euch anschleicht. Denn ein lautloses, schnelles Anschleichen ist die halbe Miete. Alles muss runter, auch der Hintern…“, flüsterte Zira und machte es vor. Samangi und Tofauti versuchten es in ihrem Übereifer gleich nachzuahmen, doch Kwanza sah einfach nur schweigend zu. Er hatte momentan eigentlich gar keine Lust das zu lernen und wäre viel lieber mit Simba und Nala zusammen gegangen. Das wäre viel interessanter gewesen. „Gut so“, lobte Zira sie „Und jetzt müsst ihr euch in dieser Kauerstellung langsam vorwärts bewegen… Und Kwanza, versuch zumindest mitzumachen, das ist sehr wichtig, hörst du?“ „Ja…“, sagte er kleinlaut und machte seine Schwestern nach, jedoch nicht sonderlich erfolgreich, weshalb er recht schnell wieder aufgab und sich setzte. Zira hingegen gab ihnen ein Zeichen still zu sein und schlich sich ein Stückchen näher an eine Antilope heran, welche in einigem Abstand zu ihrer Herde stand. „Und jetzt schaut genau zu, hört ihr?“ Das war keine Bitte, das war ein Befehl der keine Widerrede zuließ. Zira schlich mit schnellen, geschmeidigen Sprüngen näher und mit einem plötzlichen, großen Satz schmiss sie sich auf ihre Beute und brachte sie zu Boden. Und das war wahrscheinlich der erste Moment in ihrem Leben gewesen, in dem den Dreien bewusst wurde wie brutal sie mal werden würden. Denn sie hatten soeben gesehen wie ihre Mutter der Gazelle in die Kehle gebissen hatte und dem Blut nach zu urteilen musste das extrem weh getan haben. „Ihr könnt kommen!“, rief Zira und begann bereits sich erste Stücke aus dem noch frischen Kadaver herauszureißen. Eher zögerlich kamen die Jungen näher und blieben mit großen Augen vor ihrer Mutter stehen, den Blick starr auf die Gazelle gerichtet. „Mama… Ist die jetzt tot? Oder wächst das nach?“, fragte Tofauti vorsichtig. Zira stockte und leckte sich schnell über die Lippen. „Wie meinst du das?“ „Na… was passiert jetzt mit der Gazelle?“ „Oh…“ Zira verstand auf was sie hinauswollten „Seht mal: Es ist ganz einfach so dass große Tiere die Fleisch fressen, kleinere Tiere fressen.“ „Aber das hat der Gazelle doch bestimmt weh getan. Und was passiert denn jetzt mit ihr?“, wollte Kwanza wissen. „Schatz, es ist so… Die Gazelle ist jetzt tot. Aber das heißt nicht dass jetzt alles zu Ende ist mit ihr, sie… Ich erklär euch das heute Abend, okay? Bitte esst einfach bevor die Geier kommen, ja?“, bat Zira ernst. „Können wir nicht lieber noch Milch trinken?“, bat Tofauti kleinlaut. Eigentlich hatte sie gedacht jagen sei toll, aber das hier war ja schrecklich. „Nein, könnt ihr nicht. Ich hab nicht mehr sehr viel, je früher ihr euch an Fleisch gewöhnt, desto besser.“ „Können wir nicht auch Gras fressen?“, fragte Kwanza. „Nein, könnt ihr nicht, Löwen vertragen so was nicht.“ Ziras Stimmt klang nun deutlich mürrischer und drängender als sie es zu Anfang noch tat und so kam es dass sie zumindest mit den Fragen aufhörten. Gegen Abend, als die Dämmerung schon lange eingesetzt hatte, hatte Zira sich mit den dreien ins Gras gelegt und sah verträumt in die Sterne. Sie dachte in letzter Zeit öfters an ihre Mutter und ihre Brüder. Die Erinnerung an sie wurde schwächer je älter Zira wurde. Der Nebel der Vergangenheit legte sich um ihre Gesichter und inzwischen hatte sie fast nur noch Schemenhafte Erinnerungen an sie. Wie es ihnen jetzt wohl ging? Waren sie okay? Ob Kisamba wohl stolz auf Zira wäre? Sehr oft hatte Zira darüber nachgedacht – zu oft. Es machte sie letzten Endes nur bedrückt und deprimierend war es zudem. Wirklich, hätte Zira die Wahl gehabt, so hätte sie ihre richtige Familie ihrer Ersatzfamilie vorgezogen. Es war einfach etwas anderes als Löwe unter Löwen zu sein. Und manchmal fragte Zira sich auch wie es so wäre eine ‚normale‘ Kindheit zu haben. Ihr war zwar das jagen beigebracht wurden, aber perfektioniert hatte sie es erst am Königsfelsen. Und an dem Tag an dem man sie ausgesetzt hatte, da war es so als hätte man sie vor die Tür gesetzt und ihr einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Und ihre erste Nacht bei den Hyänen hatte ihr das nicht unbedingt erleichtert. Im Gegenteil, es hatte in ihr das Gefühl von einer ungerechten, fiesen Welt nur verstärkt. Und im Grunde stimmte das ja auch. Zudem wäre sie tot wenn Jerk damals nicht gestorben wäre. Es war ein Nehmen und Geben, wo blieb also die Gerechtigkeit in dieser Welt? Doch ein kitzeln an ihrem Bauch ließ sie Aufsehen und direkt in Samangis grüne Augen blicken. „Hey Mama, wohin starrst du?“, fragte sie und kuschelte sich in Ziras Bauchfell. „Bestimmt zählt sie Sterne“, giggelte Tofauti und setzte sich neben ihre Schwester „Aber mal ernsthaft Mami, wohin schaust du?“ „Ja, genau und wolltest du uns nicht noch sagen wo die Gazelle jetzt ist?“, mischte Kwanza sich ein. „Okay, eines nach dem anderen“, meinte Zira „Also, Samangi, ich schaue in die Sterne, wie du bestimmt schon bemerkt hast und nein Tofauti, ich zähle sie nicht. Das wären viel zu viele. Und Kwanza…“ Sie seufzte. Um ehrlich zu sein wollte sie das nicht erklären. „Ja? Ich höre?“ „Also… Nun… Weißt du… Eine alte Freundin sagte mir mal, dass, wenn wir sterben, unsere Seelen zu einem wundervollem, sorgenfreien Ort, irgendwo da oben kommen. Doch damit die, die uns liebten uns nicht vergessen, erleuchten wir als Sterne. Und… manchmal, wenn jemand stirbt, der dich über alles geliebt hat, das wird er dein Schutzengel.“, meinte Zira in Gedanken versunken. Wie sollte sie das kleinen Löwen am besten erklären? Das hier hielt sie für die beste Variante, das hatte sie damals auch so von Chica erklärt bekommen. „Gilt das wirklich für alle Tiere?“, wollte Kwanza wissen. „Ja, für alle.“ „Und was sind dann Schutzengel? Ich hab gehört dass nur die großen Könige der Vergangenheit da oben sind, das haben die anderen Löwinnen gesagt.“, meinte Tofauti neugierig und rutschte ihrer Mutter zwischen die Vorderbeine. „Nein, das ist Blödsinn, jeder kommt mal nach dort oben“, widersprach Zira „Und Schutzengel sind Verstorbene, die nach ihrem Tod auf dich aufpassen.“ „Aber wie denn? Sie sind doch tot“, wand nun auch Samangi ein und quetschte sich zu ihrer Schwester „Das hast du doch gesagt… Die sind tot.“ „Ja, schon… aber… Das ist so: Manchmal, da entscheiden sie über dich, ohne dass du‘s merkst. Sie ändern eine deiner Handlungen, versuchen dich auf den rechten Weg zu bekommen.“ Zira musste zugeben dass sie sichtlich Gefallen daran fand über die Sterne zu reden. „Aha… Mama, hast du denn schon Schutzengel?“, fragte Kwanza schließlich in die Nacht. Für einen Augenblick kam etwas Trauriges in Ziras Blick auf, doch dann meinte sie: „Vier. Meine Mutter und meine Brüder… und meinen Adoptivbruder.“ „Was? Aber du sagtest uns gar nicht, dass du Brüder hattest… oder dass Großmutter tot ist! Oder du adoptiert wurdest!“, rief Samangi entsetzt aus. Mein Gott, unfassbar, was ihre Mutter alles vor ihr verheimlichte! Unerhört so was! Zira drehte sich langsam wieder auf den Rücken, lies ihren Töchtern dabei jedoch genug Zeit um von ihr runter zu kommen. „Soll ich euch mal erzählen, wie ich meine Familie verloren habe?“, fragte Zira irgendwann in die Nacht. Die drei Jungen nickten neugierig, was recht verständlich war und setzten sich brav zwischen die Vorderbeine ihrer Mutter. Und Zira erzählte – von dem Tod ihrer Familie und der wundervollen Zeit, die sie mit ihnen hatte, bis zu dem Punkt als sie zum Königsfelsen kam. Das sie jedoch von Menschen adoptiert wurde, ließ sie aus und erzählte stattdessen die Geschichte, die das ganze Rudel, außer Scar, glaubte: Das eine Freundin ihrer Mutter sie aufgenommen hätte. Zudem ließ sie auch den Teil mit den Hyänen völlig weg. Und sie erfand noch schnell dazu, dass sie gesehen hätte, wie Menschen ihren ‚Adoptivbruder‘, mit dem eigentlich Jerk gemeint war, getötet hätten. Eines wusste Zira: Wenn sie den kleinen die Wahrheit sagte, würde morgen das ganze Rudel davon wissen! Kinder waren ja so leicht auszuquetschen. „Mama, das klingt schrecklich“, meinte Tofauti schließlich auf ihre direkte Art und schmiegte ihren Kopf tröstend an dem ihrer Mutter „Wen hast du denn noch alles verloren?“ Zira versuchte ihre aufsteigende Traurigkeit zu überspielen und möglichst unbeschwert zu klingen als sie antwortete: „Sonst niemanden. Nur einen entfernten Bekannten, Atu, aber für mich persönlich war das nicht ganz so schlimm, ich kannte ihn nicht gut. Aber eure Großmutter, Königin Uru, die war toll. Ich mochte sie wirklich sehr, doch ihr ward noch so klein als sie starb, ihr könnt euch gar nicht an sie erinnern.“, gestand Zira ihnen und schleckte Samangi, die kurz vorm Einschlafen war, über die Stirn. „Mama…“, gähnte sie „Haben wir auch schon Schutzengel?“ Auch ihre Geschwister sahen erwartungsvoll zu Zira und so kam es, dass sie nun von drei kleinen Augenpaaren angestarrt wurde. „Vielleicht eure Großeltern… Und meine Mutter. Aber ist es nicht schon etwas zu spät um darüber nachzudenken?“ Zira versuchte ja nicht so schrecklich depressiv zu klingen, aber sie war einfach traurig und daran war sie selbst schuld. „Hey Mami… Werde ich eigentlich mal König? Schließlich darf Simba auch mal König werden.“, fragte Kwanza nach einer Weile und unterdrückte ein Gähnen. Er selbst wusste nicht wie er darauf gekommen war, aber die Frage war einfach plötzlich in seinem Hirn aufgetaucht. „Jetzt noch nicht. Und jetzt kommt, wir wollen nach Hause, ja?“, schnurrte Zira und fuhr ihm mit der Zunge liebevoll über das Gesicht. Vorsichtig legte sie die Jungen nebeneinander auf einen Haufen, in Scars Höhle, und setzte sich vor den Höhleneingang. Die Sonne war inzwischen ganz verschwunden und der Vollmond tauchte die Landschaft in ein silbriges Licht. Scar war noch nicht zurück und niemand hatte ihn gesehen. Ob das jetzt gut oder schlecht war wusste sie nicht, doch plötzlich hörte sie Zazus Stimme in Nacht. Nichts Schlimmes will man denken, doch er unterhielt sich mit… Nala! Oh nein, bei Scars Plan ging irgendwas daneben, da musste Zira nicht lange überlegen. Denn Nala müsste jetzt eigentlich tot sein… oder zumindest angefressen. Zira hätte schreien können, beherrschte sich jedoch. Nicht dass sie Nala den Tod wünschte, aber vermisst hätte sie dieses naive Ding auch nicht. Mit einem gehässigen Blick sah sie Zazu nach, der Nala zum Königsfelsen zu bringen schien, dann stand sie auf und sah zu Kwanza und seinen Schwestern. Sie würden es schon kurze Zeit ohne sie aushalten, zudem waren sie hier sicher, also schlich Zira und lief auf leisen Pfoten in Richtung Elefantenfriedhof – Sie konnte einfach nicht auf Scar warten. Sie musste JETZT wissen was los war. Doch auf halben Weg dorthin kam ihr bereits eine dunkle Gestalt entgegen und obwohl sie im ersten Moment auf Angriff war, so fiel ihr eine gewaltige Last vom Herzen als sie bemerkte dass es sich um Scar handelte. „Zum Glück, dir geht’s gut!“, rief sie erleichtert aus und kam ihm eilig entgegen „Was… ähm… Nala ist zurück.“ Scar rollte genervt mit den Augen und seufzte. Sie konnte im Mondlicht nicht sonderlich viel erkennen, aber genug um zu sehen dass er genau diese Frage nicht hören wollte. „Nun ja, alles wäre nach Plan gelaufen, wäre mein wunderbarer Bruder nicht gewesen.“, knurrte Scar gereizt und im Mondlicht konnte Zira seine Zähne aufblitzen sehen. „Hey, kein Grund mich blöd anzumachen“, zischte sie „Hab’s ja nicht böse gemeint, ja?“ Scar stöhnte nur genervt und machte sich nun auf den Weg zu ihrer Höhle auf. Er redete nicht mal mit ihr und Zira hatte genau auf diese Stimmung keine Lust. Aber gut, wenn er nichts sagen würde… Würde sie es eben tun. „Hey, du hast doch noch Plan B“, munterte sie ihn so gut wie möglich auf, doch nichts tat sich „Scar, nun komm schon und sei nicht so am Boden zerstört.“, schnurrte sie charmant und schmiegte liebevoll ihren Kopf an Scars Mähne. „Ich weiß…“, seufzte Scar schließlich. „Na also, dann kann’s ja nicht so schlimm werden, hm?“, munterte Zira ihn auf und klimperte unschuldig mit den Wimpern. „Ja, nur hoffentlich passiert diesmal kein störender Zwischenfall.“, seufzte Scar und lies sich ein wenig mutlos ins Gras fallen. „Hey, warum so mies drauf? Scar, deine Pläne sind genial und sie werden schon irgendwie klappen, müssen sie doch“ Sie ließ sich neben ihn ins Gras sinken und schlang die Pfoten um ihn „Und mal unter uns: Meinetwegen musst du gar nichts machen, du bist auch ohne Titel mein König, mein einziger, das weißt du doch, oder?“, meinte sie in einem so süßen und verführerischen Ton, dass auch Scar kurz grinsen musste. „Du verstehst es jemanden aufzuheitern…“, meinte er schmunzelnd „Aber es macht einen minimalen Unterscheid ob ich ‚dein‘ König oder König des Geweihten Landes bin, das ist dir schon bewusst?“ „Ach, ist es das?“, fragte Zira unschuldig und leckte Scar zärtlich über die Schnauze. „Ja, aber nur gaaaanz minimal.“, meinte er und zog sie noch enger an sich, sodass sie jetzt fast schon den Kopf zurückstecken musste, um nicht mit seinem zusammenzustoßen. Aber hatte er nicht einen wunderbaren Sinn dafür, wann er Sarkasmus einsetzten musste? „Bald schon wird Mufasa sterben... Ich muss nur auf den richtigen Moment warten… Und dann bin ich König. Und du Zira, wirst Königin…“, flüsterte Scar ihr verführerisch ins Ohr. Zira liebte den Gedanken Königin zu sein einfach! Den anderen die Meinung sagen, ohne Konsequenzen, Futter so viel sie wollte, ihre eigene Jagdgruppe… Warum nicht? Natürlich würde Sarabi ihr Leid tun, aber die Verführung Königin zu sein, war dann doch stärker. „Ach, wenn du des sagst klingt es natürlich traumhaft…“, schnurrte Zira schließlich und rieb den Kopf zärtlich an Scars. Als die beiden einige Zeit später zurück in die Höhl kamen lagen Tofauti, Kwanza und Samangi müde in einer Ecke und schliefen noch immer brav. „Was hast du mit ihnen gemacht? Sie sehen so… fertig aus.“, fragte Scar leise. Er wusste wie schwer die Jungen totzukriegen waren, umso mehr verwunderte es dass sie um die Uhrzeit schliefen. Eigentlich wären sie jetzt erst dabei einzuschlafen. „Oh, glaub mir, sie hatten einen sehr interessanten Tag.“, meinte Zira und erklärte Scar in aller Ruhe von dem, nett ausgedrückt, Mist, in den sie sich fast reingeritten hätten, von der erzwungenen Jagdstunde und dem kleinen Gespräch unter den Sternen. „Tja, wie du sehen kannst Scar…“, meinte Zira „… hatte ich einen sehr interessanten Tag, danke dir uuuuund gute Nacht.“ „Aber wie konntest du sie auch allein bei Sarabi lassen?“, tadelte Scar sie. „Ach, bin ich jetzt wieder schuld?“, zischte Zira. „Nein, ich… Vergiss es, schlaf einfach, okay?“ „Meinetwegen… Gute Nacht Scar.“ Kapitel 39: Badestunde ---------------------- „Mama…“ Kwanza stupste seiner Mutter vorsichtig gegen den Kopf, doch als sich nichts tat wurde er etwas energischer. „Hm?“, murrte Zira schlaftrunken und blinzelte genervt. „Uns ist langweilig.“, meinte Kwanza, woraufhin Samangi hinter ihm erschien und bestätigend nickte. „Ja, total langweilig.“ Zira setzte sich auf und sah zu ihrer Linken, wo Scar noch immer tief und fest schlief. Wie spät war es eigentlich? Ein Blick nach draußen verriet: Nicht spät genug. Gerade mal die Morgendämmerung hatte eingesetzt. Und eigentlich hatte Zira wirklich keine große Lust jetzt aufzustehen. Sie war noch immer müde und wollte weiterschlafen, doch weder Kwanza noch Samangi würden jetzt Ruhe geben. „Wo ist eigentlich Tofauti?“, fragte sie stattdessen. „Die schläft noch.“, erklärte Kwanza und setzte nun den mitleiderregendsteten Blick auf den er beherrschte. „Kwanza, hör auf…“, maulte Zira „Geht doch zu eurem Vater, der kann auch mal den Unterhalter für euch spielen.“ „Okay… Komm Samangi.“ Zira legte sich wieder hin und beobachtete mit halbgeschlossenen Augen Kwanza und Samangi dabei wie sie versuchten Scar wachzubekommen, was im Extremfall eine beinahe unlösbare Aufgabe war. „Daddy… Daddy… Daddy…“ „Mach Platz Samangi, lass mich da ran.“ Kwanza schob Samangi zur Seite und begann nun mit ausgefahrenen Krallen auf Scars Nase einzuschlagen, jedoch nicht zu fest, immerhin wollte er seinem Vater nicht weh tun. Jedenfalls klappte es so. Scar gab irgendein unverständliches Knurren von sich und drehte den Kopf weg, doch das half jetzt auch nichts mehr. „Daddy, kommst du jetzt?“, fragte Samangi drängend. „Fragt eure Mutter.“, murmelte Scar verschlafen und gab einen unwilligen Laut von sich als Kwanza ihm nochmals über die Schnauze schlug. „Haben wir schon“, meinte dieser „Aber sie hat uns zu dir geschickt. Also, kommst du jetzt?“ „Scar, nun komm schon, ich hab oft genug auf sie aufgepasst, tu mir den Gefallen, nur heute.“, mischte sich nun auch Zira ein. Also, was für eine Wahl hatte Scar jetzt noch? „Meinetwegen…“, murrte er ungehalten und richtete sich auf, sehr zur Freude Samangis. „Ha! Siehst du Kwanza, Mama ist ein Genie“, quiekte sie und schmiegte sich schnell an ein Bein ihres Vaters „Nimm das nicht böse, ja?“ Scar konnte über Samangis Kommentar aber sowieso nur lächeln. Sie konnte wirklich niedlich sein wenn sie wollte. „Was ist denn nun?“, fragte er. „Uns ist langweilig und Mama sagte du sollst dich um uns kümmern, also was wollen wir machen?“ Scar sah kurz aus der Höhle hinaus auf das Geweihte Land, welches von der Morgensonne in alle Farbtöne, von Rot bis Lila getaucht wurde. Hm, warum sollte er ihnen nicht einfach mal andere Teile des Geweihten Landes zeigen? Wenn das Balg von Mufasa schon alles kennenlernte, warum sollten es seine Jungen nicht auch tun? „Na meinetwegen… Aber wo ist Tofauti? Will sie nicht mitkommen?“ „Ach was, die will bestimmt nicht und jetzt komm.“, drängte Samangi. „Stimmt nicht! Die will auch dabei sein! Ich weck sie schnell!“ Kwanza eilte zu dem kleinen, schlafenden Jungen und stupste seine Schwester an der Schulter an, woraufhin sie müde den Kopf hob. „Hey Schwesterchen, willst du mit uns und Daddy mitkommen? Wir gehen irgendwo hin, weiß noch nich wo.“ Tofauti gähnte verschlafen und rappelte sich jedoch recht schnell auf. Eine solche Gelegenheit würde sie sich nicht entgehen lassen, dazu war sie viel zu neugierig. Und dann auch noch mit ihrem Vater, wann hatte sie schon mal diese Gelegenheit? „Äh, okay, ich komme.“, Samangi sah ihrer Schwester jedoch skeptisch entgegen. Immer bekam die alle Aufmerksamkeit und wenn Samangi und Kwanza jetzt einmal allein mit ihrem Vater sein wollten musste die auch unbedingt dabei sein? Aber gut, Samangi wollte keine Spielverderberin sein. „Hey, Papa… Stimmt es eigentlich das ich mal König werde?“, fragte Kwanza und lief neugierig neben seinem Vater her, während Tofauti und Samangi eher hinter ihm her balgten. Inzwischen war die Sonne auf gegangen und der Morgennebel lichtete sich nach und nach. Scar sah überrascht zu Kwanza hinunter und zog eine Braue hoch. „Wie kommst du denn da drauf?“ „Mama meinte das gestern… Und Simba darf doch auch mal König sein, ich will auch!“ „Glaub mir, solange ich lebe, wirst du ganz bestimmt kein König.“, sagte Scar kühl… Vielleicht zu kühl. „Hast du gehört“, Tofauti rannte Scar lachend zwischen die Pfoten „Wenn Vater tot ist, wirst du König!“ „Hör auf, Daddy stirbt doch nicht einfach so“, widersprach Samangi „Tust du doch nicht, oder?“ „Irgendwann, wenn ich alt bin, aber jetzt hab ich das erst mal nicht vor.“ „Aha… Aber eine andere Frage: Wieso wirst du eigentlich nicht König? Du bist doch Onkel Mufasas Bruder und so darfst du doch auch mal!“, erklärte Tofauti nun und lief unter Scars Bauch her. Scar war sichtlich genervt von dieser Art von Fragen, schon immer gewesen, also schnaufte er nur abschätzend und sah zu seinen Töchtern. „Ganz einfach: Mufasa und Simba müssten zuerst tot sein, ehe ich König bin.“ „Ach, darauf kommt‘s doch auch gar nicht an! Ich mag mein Leben eigentlich wie es ist. Ich wäre nicht gern Königin, das sollen andere Trottel für mich übernehmen.“, plapperte Samangi munter weiter. In ihren Augen war König sein mit viel zu viel Verantwortung und Pflichten verbunden. Doch Scar hörte für einen Moment auf. Irgendwie hatte seine Tochter ja schon recht… Aber trotzdem. „Sag mal, wohin gehen wir eigentlich?“, fragte Kwanza schließlich. „Einfach mal durchs Geweihte Land. Das Wasserloch, die großen Ebenen, die Hügel, die Sümpfe, ihr wisst schon, all die Orte die euch nichts angehen und die eure Mutter mit euch nie besucht hat.“ Scar blieb schließlich stehen und sah zum Wasserloch. Genau an der Stelle wo er stand hatte dieser Büffel ihm vor fast zwei Jahren die Narbe verpasst. Scar fragte sich manchmal wirklich was aus diesem Büffel geworden war, ob er schon tot war, ob er noch lebte oder was auch immer. Doch dann sagte er sich dass es ihm egal seien konnte, im Nachhinein konnte er auch nichts mehr rückgängig machen. „Ihr solltet am Wasserloch übrigens aufpassen, so harmlos wie immer alle sagen ist es hier nicht. Und große Beutetiere sollten nicht unterschätzt werden, klar?“, schärfte Scar ihnen ein. „Okay. Ich merk’s mir…“, meinte Samangi, doch als sie sah wie ein Flamingo aus dem seichten Wasser aufflog, war all ihre Aufmerksamkeit verflogen „Oh, oh, oh! Ich glaub ich hab Durst!“, rief sie begeistert und stürmte zum Wasserloch. „Samangi, warte!“, verlangte Scar, doch als sie nicht gehorchte blieb ihm nichts anderes übrig als ihr zu folgen. Kwanza und Tofauti liefen ihrem Vater eilig hinterher und als dieser in die unmittelbare Nähe des Wasserlochs kam sprangen einige Thompsongazellen erschrocken zur Seite und machten ihm den Weg frei. Und genau in diesem Moment schoss ein Krokodil aus dem Wasser und schnappte sich eine der verschreckten Antilopen, die ein wenig zu nah ans Ufer geflüchtet war. Tofauti machte kreischend einen Satz zurück und blieb zittrig hinter dem Bein ihres Vaters sitzen. Sie war noch immer gewissermaßen geschockt von der Tatsache dass ihre Mutter andere Tiere tötete damit sie alle zu Fressen hatten, aber dieses Krokodil, was einfach so, im Bruchteil einer Sekunde, diese kleine Gazelle mit sich unter Wasser gezogen hatte, war noch viel schlimmer. Völlig paralysiert starrte sie auf die Stelle im Wasser, welche sich nun langsam rot verfärbte. Doch anscheinend war sie die einzige die diesen Anblick abschreckend und furchtbar fand. „Was war das denn? Gleich nochmal!“, rief Kwanza aus und versuchte mit seinem lächerlichen Brüllen noch eine Antilope ins Wasser zu jagen. Erfolglos. „Kwanza“, schrie Samangi weinerlich „Lass das! Das war furchtbar, man tut so was nicht!“ Verängstigt klammerte sie sich an die Vorderpfote ihres Vaters und ließ das Ufer nicht aus den Augen, so als ob gleich nochmal ein Krokodil hinausspringen könnte und sie in tausend Teile zerfetzten könnte. „Kwanza, sie hat recht, man tötet nicht aus Spaß. Weißt du eigentlich wie viel Energie es kostet ein Tier zu töten? Lass das, zudem glaube ich kaum dass du mit deinem Mauzen irgendeine Antilope beeindrucken kannst. Daran wirst du noch arbeiten müssen.“ „Genau, siehst du Kwanza? Man tötet nicht aus Spaß“, bestärkte Tofauti ihren Vater „Aber Daddy, warum machen so viele Tiere das?“ Scar streichelte Samangi mehr oder weniger Beruhigend über den Rücken und meinte schließlich: „So ist das Leben, nur die starken überleben. Und du hör auf zu zittern Samangi, mein Bein vibriert. Und jetzt los, gehen wir weiter.“ „Warum fressen wir überhaupt andere Tiere? Es wäre doch leichter wenn alle nur Grünzeug fressen würden.“, meinte Tofauti schließlich nachdenklich. „So leicht ist das aber nicht. Wenn jeder nur Grünzeug futtern würde gäbe es viel zu viele von uns und das Futter wäre weg.“ „Onkel Mufasa sagte, dass man jedes Geschöpf respektieren muss!“, murmelte Tofauti und fühlte sich dabei wahrscheinlich unglaublich überlegen. Doch in Scar baute sich eine gewisse Wut auf als jetzt auch noch seine eigenen Kinder von Mufasas achso-weisen Theorien redeten. „Alles Unsinn! Vergiss das einfach, ich erklär‘s euch jetzt mal auf die kurze, einfache Methode: Wir müssen uns unser Futter hart erjagen, die Beutetiere nicht. Wir sind ganz oben in der Nahrungskette und dürfen uns alles erlauben, die Beutetiere nicht. Und unsere Körper werden auch nicht zu Gras, sondern werden von Maden zerfressen. Wenn dann nur noch die Knochen übrig sind, verwittern die mit der Zeit und bauen sich langsam ab.“, erklärte Scar kühl. „Oh… Ich dachte nur… Einen Moment mal! Wo ist Kwanza?“, fragte Tofauti und sah sich erschrocken um. Auch Scar hob den Kopf und ein mulmiges Gefühl machte sich in ihm breit als er den jungen Löwen nicht finden konnte. Sollte Kwanza wirklich weg sein und er würde ihn nicht finden, würde er nicht nur sich Vorwürfe machen, nein, auch Zira würde ihm wahrscheinlich so gut wie den Hals aufreißen, wenn ihr kleiner Prinz nicht wieder auftauchen würde. „Kwanza? Wo bist du?“, rief er und spitzte die Ohren. „Vielleicht ist er zurück zum Wasserloch gelaufen“, schlug Samangi vor und spähte hinter eignen Grasbüscheln hindurch „Ja, ich seh ihn! Er badet!“, lachte sie. Scar wollte den Worten seiner Tochter erst keinen Glauben schenken, doch als er sich selbst davon überzeugte hatte er das Gefühl sein Herz würde stehen bleiben. Das konnte doch nur ein schlechter Witz von Kwanzas Seite aus sein! Aber es stimmte, er paddelte tatsächlich mir, nichts, dir nichts, im Wasserloch herum. „Kwanza! Junger Löwe, komm sofort da raus!“, brüllte er wütend und verscheuchte dadurch alle Tiere, mit Ausnahme derer die sich vor Löwen nicht zu fürchten hatten, vom Wasserloch. „Geht nicht.“, gab Kwanza kleinlaut zu. „Warum nicht?!“, fuhr Scar ihn an und kam nun so nah ans Ufer dass seine Pfoten nass wurden. „Ich… ich trau mich nicht.“, mauzte er und hielt sich dabei an einem Stück Rinde fest, die im Wasser schwamm. „KWANZA! Komm jetzt SOFORT her!“, knurrte Scar nochmals. Warum musste es eigentlich immer in einer halben Katastrophe enden wenn seine Jungen allein in seiner Nähe waren? Erst die Sache mit den Hyänen und nun das… „Ich kann nicht, ich kann’s wirklich nicht! Hol mich hier raus, bitte“, flehte Kwanza weinerlich „Oder hast du etwa Angst vor Wasser?“ Scar hätte ihn für dieses freche Gerede am liebsten geschlagen, wirklich! Auch für seine Dummheit! Welches Junge schwamm bitte in einem Gewässer herum, wenn es gesehen hatte wie dort gerade eben eine Gazelle von einem Krokodil getötet worden war? Warum schwamm Kwanza überhaupt? Er war ein Löwe, Löwen schwimmen nicht! Na gut, ja, Scar hasste Wasser wie jeder andere Löwe auch, doch noch mehr fürchtete er was IN dem Wasser drin war. Doch irgendwie musste er seinen Sohn retten, da gab es an dem Wörtchen ‚schwimmen‘ nun mal kein Vorbeikommen. „Na warte, DAS gibt ärger, das versprech' ich dir…“, fauchte Scar und watete angespannt durch das Ufer. Je tiefer er hineinlief, desto nasser wurde er und desto höher stand es ihm nun schon. Bis zu den Schultern um genau zu sein und er verlor langsam den Boden unter den Pfoten. Zudem war das Wasser nass! NASSES WASSER! Nasses, KALTES Wasser – gab es etwas Schlimmeres? Mit einem fast schon ängstlichen Blick sah Scar zu den Krokodilen, die sich am anderen Ende des Wasserlochs sonnten und, so kam es ihm zumindest vor, hungrig zu ihm starrten. Doch Kwanza war nur noch ein paar Pfotenlängen von ihm entfernt, er war also so gut wie gerettet. „Komm jetzt!“, fauchte Scar, packte Kwanza am Kragen und schwamm so schnell er konnte, fast schon panisch, zurück zum Ufer. Doch man musste ihn verstehen, Scar hasste Wasser über alles und die Gesamtsituation war nicht gerade zufriedenstellend. So war es nicht gerade verwunderlich als Scar Kwanza recht unsanft zu Boden fallen ließ und erbost zu ihm runter sah. Scar war ein Meister darin vernichtend zu gucken und Andere allein durch seinen Blick zu verunsichern, weshalb Kwanza verängstigt die Ohren anlegte und bedrückt zu Boden sah. „Hab ich dir erlaubt zu schwimmen?“, fauchte Scar nun. „N… nein… Ich wollte nur… Spaß… haben.“, sagte Kwanza kleinlaut. „Spaß?! Spaß hast du noch oft genug im Leben, Kwanza! Du hättest sterben können! Warum hast du eigentlich ein solches Talent dich in irgendeinen Mist hineinzureiten, sag mir das mal!“ Kwanza erwiderte nichts sondern hatte einfach nur mit den Tränen zu kämpfen. Ja, er fühlte sich mies und er bereute doch schon alles ganz doll! Samangi und Tofauti setzten sich währenddessen schweigend zu ihrem Bruder und sahen ihren Vater einfach nur mit ihrem Unschuldsblick an. Es klang verrückt, aber solchen Blicken kann selbst der noch so durchtriebenste Löwe nicht standhalten. Jedenfalls half es gewaltig um Scars Herz zu erweichen, denn eines stand fest: Sie hielten wirklich IMMER zusammen, egal wie unterschiedlich sie auch waren. Tofauti war ziemlich kopflos und vorlaut, Samangi war eher der ruhigere, vorsichtige Typ und Kwanza war so ein bisschen der Aufpasser beiden, sie waren Geschwister und hielten zusammen wie Pech und Schwefel, auch wenn Samangi manchmal einen Neid gegen ihre Schwester hegte. Jedenfalls musste Scar musste kurz seufzen, denn wenn er sie so sah, da wünschte er sich manchmal er und Mufasa hätten sich so gut verstanden. Aber dafür war es schon lange zu spät… Schon sehr lange. „Also könnt ihr bitte mal Klartext reden?“, verlangte Zira und sah flehend zu Shenzi, Banzai und Ed. Shenzi massierte sich genervt die Schläfe und seufzte theatralisch. „Wir erzeugen Massenpanik bei Gnuherde wo grasen über Schlucht. Scar bringt Simba in Schlucht und holen dann Mufasa , da Mufasa denkt, er muss retten Simba. Und dann ALLE TOT! Und wir dann gehen in Geweihte Land, so sein Deal! Haaast duuu daaas verstaaaaaaaandeeen?“, fragte Shenzi und klang dabei nicht nur unglaublich dämlich, sondern stellte sich auch so an, indem sie wie wild mit den Pfoten in der Luft herumwedelte. Zira sah genervt zu ihr und seufzte langestreckt. „Ja, im Kernpunkt schon. Und hör auf mit mir wie mit einem Baby-Ed zu reden. Und… wann soll das alles passieren?“ „Wissen wir nicht. Scar sagte er würde uns an dem Tag an dem das passieren soll schon früh genug wecken… oder so…“, erklärte Banzai. Ed lachte nur dumm und nickte wie wild mit dem Kopf, wobei er jedoch die Zunge aus dem Maul hängen ließ und Zira von einer gewaltigen Spucke-Fontäne übergossen wurde. „Ach Ed“, knurrte sie und schüttelte sich angewidert den Sabber vom Fell „Den werdet ihr selbst im Geweihten Land nicht los.“ „Oh ja, wohl war…“, seufzte Shenzi gespielt gequält „Hey, nichts gegen meinen Bruder! Der ist wenigstens cool!“, verteidigte Banzai ihn. Shenzi sah grinsend auf und leckte Banzai schnell über die Wange. Sie fand ihn manchmal irgendwie einfach nur süß, auch wenn sie das nur ungern zugab. „Wenn hier jemand cool ist, dann wohl ich!“, stellte sie fest und schmiegte flüchtig ihren Kopf an seinen. Ed machte ein gelangweiltes Geräusch, dann trottete er rüber zu Zira und brabbelte irgendwas. „Nein Ed, du verstehst das eben nicht, du hattest ja nie eine, aber irgendwann wirst vielleicht sogar du eine abbekommen" Eine mit 'nem zurückgebildeten Geruchssinn, fügte sie schnell in Gedanken hinzu „Und klar bist du ihr bester Kumpel, ihr kennt euch seit ihr Junge seid, ich glaub kaum dass euch irgendwas auseinander bringen kann.“, beruhigte Zira ihn und klopfte ihm tröstend auf den Rücken. Oh ja, Ed... So ein bisschen konnte er einem leidtun. Er verstand viele von Shenzis und Banzais Angelegenheiten nicht und würde sie auch wohl nie verstehen, denn ganz tief in sich drin war er noch immer ein Junges... Und das würde er auch bleiben. Aber mal ehrlich: Genau dafür liebten ihn doch alle... oder zumindest die meisten. Kapitel 40: Why do all good things come to an end? -------------------------------------------------- „Und DAS hast du zugelassen?!“, brüllte Zira Scar an. Sie hatte die Jungen in die Höhle geschickt und zog es nun vor Scar hinter dem Königsfelsen zur Schnecke zu machen. „Nun beruhige dich doch endlich! Es ist doch alles gut ausgegangen, als hättest du nie Mist gebaut als du so alt warst!“, verteidigte Scar sich. „Nein, ganz ehrlich, nein! Ich hab nie derartige Scheiße gebaut und bin in Krokodilverseuchte Seen gesprungen, weil meine Mutter auf mich aufgepasst hat!“ „Ja, und was hat ihr das gebracht?! Sie ist tot!“, fauchte Scar. „Oh, DAS weiß ich auch, DANKE dass du mich da dran erinnerst! Danke Scar! Nur könnte ich dir ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein zutrauen, oder? Ich finde es nämlich relativ bescheuert dass, wann auch immer ich die Jungen in deiner Obhut lasse, irgendwas passiert!“ „Nun mal halblang“, zischte Scar „Das war das erste Mal!“ „Lügner! Meinst du echt ich weiß nichts von der Sache mit dem Elefantenfriedhof?“ Scar verstummte. Oh verdammt… Wie… Woher wusste sie das? „Ja! Du musst gar nicht so schockiert dreinblicken, Samangi hat mir alles erzählt, ich hab nur nichts gesagt weil ‚ja nochmal alles gut gegangen ist‘!“ Scar schwieg noch immer. „Aber diesmal lass ich dich nicht kommentarlos davonkommen“ Oh nein, das schrie nach Ärger „DU schläfst heute Nacht draußen! Schwer dich zu den Hyänen oder sonst wo hin!“ Doch nun schien Scar auch seine Stimme wiederzufinden. „Bitte, was? Das ist MEINE Höhle und DU willst mich da rausschmeißen? Zira, du solltest echt wieder täglich jagen gehen, du scheinst mir auf ziemlich dumme Gedanken zu kommen!“ Der drohende Unterton in seiner Stimme war unüberhörbar und irgendwie ließ es Zira das Nackenfell abstehen. „Gut… Wenn du das SO siehst, bitte! Ich nehm die Jungen und wir machen es uns bei deinem lieben gemütlich, die anderen werden sich freuen mich mal wieder bei sich zu sehen.“ Mit diesen Worten wollte Zira sich schon abwenden, doch Scar stellte sich ihr in den Weg. „Na gut“, rief er etwas zu laut „Okay… Wenn du darauf bestehst, bitte, ich schlafe draußen.“ „Gut…“ Das war alles was sie sagte. Und ohne ein weiteres Wort wand sie sich ab und verschwand in der Höhle. Seiner Höhle. Er hätte nie geglaubt dass er das wirklich sagen würde, aber er wünschte Zira in diesem Moment den Tod an den Hals. Pf, er und verantwortungslos… Er war nur noch nicht geübt auf drei wuselige Löwenjunge aufzupassen, hatte sie ein Problem damit? „Wo ist Daddy?“ Zira seufzte. Warum hatte sie nur geglaubt dass genau diese Frage kommen würde? „Er hat zu tun“, gab sie knapp zur Antwort und legte sich zu ihnen „Kwanza, geht’s dir wieder gut Liebling?“ „Jaja, alles gut.“, antwortete er leichthin. „Das mit deinem Vater tut mir so leid. Ich glaub ich hätte euch nie mit ihm allein lassen sollen, wann auch immer er mit euch allein ist passiert irgendwas schlimmes.“ „Nein Mama, das stimmt nicht!“, verteidigte Samangi ihn. „Genau, ich bin selber daran schuld.“, bestärkte Kwanza seine Schwester. Er gab seinem Vater eigentlich überhaupt nicht die Schuld daran, was konnte er auch dafür? „Hört mal, ich weiß dass ihr euren Vater beschützen wollt und alles, aber er hat die Verantwortung für euch, er muss auf euch aufpassen und ganz ehrlich… Er war nicht unbedingt erfolgreich darin. Das hat vielleicht noch geklappt als ihr noch ganz klein wart und fast nur geschlafen habt, aber jetzt? Die Sache mit dem Elefantenfriedhof war ja schon unter aller Güte, aber das heute ging gar nicht.“, erklärte Zira ihnen ernst. „Aber…“ „Schlaft jetzt!“, befahl Zira herrisch. Sie wollte keine Wiederrede mehr, morgen war ein neuer Tag. Seit dem Vorfall am Wasserloch waren inzwischen ein paar Tage vergangen. Zira hatte Scar mehr oder weniger verziehen, aber sie sprach trotzdem nicht mehr als nötig mit ihm. Er sollte ruhig sehen wie wütend sie auf ihn war. Jedenfalls wollte sie heute den Tag nutzen und den Jungen wieder eine kleine Jagdstunde geben. Das Wetter war wie dafür geschaffen, denn am Horizont türmten sich riesige Gewitterwolken zusammen. Bestes Jagdwetter! Zira hatte beschlossen den Jungen diesmal alles nur aus der Ferne zu zeigen, damit sie ein Gespür für die plötzlichen Bewegungen der Beutetiere bekamen und sahen wie Beute zu flüchten versuchte. Das war nämlich bei jedem Tier anders. Kleinere Gazellen versuchten durch riesige, hohe Sprünge zu entkommen, während größere Beute, wie Gnus und Zebras, es bevorzugten einfach der Masse hinterher zu hetzten und im schlimmsten Fall dir die Bauchdecke mit einem Tritt aufzureißen. „Hört mal zu“, begann Zira und blickte zu ihren Jungen hinab „Ihr werdet euch jetzt hinter diesen Büschen verstecken und mit genau zusehen, klar?“, fragte Zira. Doch es war eher eine Anweisung. „Okay Mama.“, sagte Kwanza. „Gut. Ich will wirklich dass ihr mir ganz genau zuseht. Ihr müsst wirklich auf jede noch so unbedeutend erscheinende Bewegung achten, habt ihr das verstanden? Sonst werdet ihr es nie lernen“, ermahnte Zira „Oh, und bevor ich es vergesse, das ist wirklich am allerwichtigsten KEINEN MUCKS! Absolute Ruhe! Egal was auch passiert: Seid leise! Ich kann mich nicht auf eure Sicherheit und gelichzeitig auf das Zebra konzentrieren. Aber ihr müsst einfach mucksmäuschenstill sein, das kann euch den Hals retten.“ „Okay.“ „Samangi, wirklich, das meine ich ernst. Egal was auch ist, ihr dürft keinen Laut machen, habt ihr das verstanden? Das ist mir sehr wichtig!“ Zira wusste dass um diese Tageszeit eigentlich keine Hyäne so blöd wäre und würde tatsächlich einen Fuß ins Geweihte Land setzten. Aber es gab andere Bedrohungen. Wildhunde hatte Zira noch nie hier gesehen, aber sie hatte Spuren von ihnen gesehen, also mussten sie da sein. Und Geparden und Leoparden waren auch ein Problem. Natürlich würden die sich nie auch nur im Traum mit einem ausgewachsenen Löwen anlegen, aber es wäre nicht das erste Mal dass ein Löwenjunges ihnen zum Opfer fallen würde. Zira sah sich nochmals um und schlich sich schließlich mit einer gewissen Anspannung an die Zebraherde an. Sie wusste dass, wenn sie allein jagte, weniger Chancen auf Beute hatte, aber sie wollte es dennoch schaffen, da sie nicht unbedingt vor ihren eigenen Jungen versagen wollte. Und anfangs sahen die Chancen für Zira sogar ziemlich gut: Der Wind war günstig, die Zebras schienen ruhig und hatten sie allen Anschein nach auch nicht bemerkt. „Was macht sie jetzt“, fragte Samangi irgendwann, er hielt aber nur ein ‚psssst‘ von ihren Geschwistern „Ich mein nur… Warum dauert das so lange?“ „Samangi“, zischte Kwanza genervt „Hör auf Mama und sei still, sonst bekommen wir bestimmt großen Ärger!“ „Aber…“ „PSSSST!“, fauchten Tofauti und Kwanza gleichzeitig. „Meinetwegen…“, knurrte Samangi und überschlug trotzig die Pfoten. Doch an dem was nun geschah waren sie wahrscheinlich alle ein wenig schuld. Jedenfalls würde es ihr Leben gewaltig… ändern. „Ach seh an, mein Mittagessen.“ Ein Schauer fuhr den Jungen über den Rücken und die Nackenhaare stellten sich ihnen auf als sie diese höhnische, tiefe Stimme hinter sich hörten. Sie kannten sie nicht und eine Fremde Stimme die sie als ihr Mittagessen bezeichnete war wohl nie eine positive Sache, nicht? Doch nun, wo der erste Schreck überwunden war rissen sie die Köpfe um und was sie da sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Ein Leopard, groß, kräftig, stämmig, stand da und sah mit einem fiesen Grinsen auf die Jungen herab. Nicht mal etwas zu sagen trauten sie sich, es war als hätte es ihnen die Sprache verschlagen. Und dieser Leopard stand einfach nur da, leckte sich hungrig die Lippen und starrte auf sie herab wie auf potenzielle Beute, die sie ja auch waren. Und dann schnappte er plötzlich, völlig unverfroren, Tofauti am Genick. Sie wollte schreien, sie wollte es wirklich, aber kein Ton entrann ihrer Kehle, nicht mal ein Mauzen. Es war als wäre sie in eine Starre gefangen und sie konnte sich einfach nicht daraus lösen. Ihre Geschwister sahen nur geschockt zu, obwohl der Leopard sich nun auch noch kommentarlos Kwanza schnappte. Samangi war die einzige die die Situation noch hätte retten können, doch nicht mal sie schien verschont zu werden, denn plötzlich befanden sie sich zu dritt in dem, und das mussten sie leider zugeben, erschreckend großen Maul des Leopardens. Er schien sich dieser Sache so sicher und bewusst zu sein dass er sich nicht mal groß beeilte, sondern in aller Ruhe davonlief. Leoparden hatten die Angewohnheit ihre Beute auf Bäume zu schleppen und sie dort zu fressen damit andere Tiere sie ihnen nicht abnahm. Doch Kwanza schien sich endlich aus seiner Starre zu lösen und tat das einzige was er in diesem Moment noch tun konnte… „MAMA!“, kreischte Kwanza aus Leibeskräften und begann wie wild herumzuzappeln. Er konnte wirklich nur hoffen dass das den Leoparden überraschen und er sie fallen lassen würde. In dem Moment riss Zira den Kopf umher und stellte unsicher die Ohren auf. Hatte sie da eben Kwanza gehört? Sie sah sicherheitshalber zu dem Busch an dem sie die Jungen abgesetzt hatte, doch plötzlich hatte sie das Gefühl ihr Herz würde aussetzten. Nein… nein, nein, nein! Um Himmels Willen, bitte nicht! Der Leopard, der Leopard der grade vom Busch wegging, hatte was im Maul… Und es bewegte sich! Und zwischen der lähmenden Angst und Panik die gerade in ihr aufstieg, verspürte sie plötzlich den Drang diesem Vieh die Krallen in den Hal zu schlagen. Scheiß auf diese Zebras „Stehen bleiben! BLEIB STEHEN!“, brüllte sie und rannte als ginge es um ihr Leben hinter der gefleckten Raubkatze hinterher. Der würde ihre Jungen loslassen und wenn es das letzte war was sie tun würde! Aber sie waren sehr nah an der Schlucht und wenn Zira ihn hier in die Enge treiben würde, würde er sie von allein loslassen. „MAMA!“, kreischte Samangi angsterfüllt und versuchte mit aller Kraft mit den Krallen nach der Schnauze des Leopardens zu schlagen, doch viel brachte das auch nicht. Und das schlimmste war, dass dieser Leopard nicht mal dumm war. Im Gegenteil, er wusste ganz genau wie er seine Gegner abschüttelte, denn obwohl Zira immer näher kam, kletterte er mit einer solchen Ruhe eine Akazie die direkt am Rande der Schlucht wuchs hinauf, dass man hätte denken können dass er Zira mit dieser Gelassenheit eins reinwürgen wollte. Zira war noch nicht mal richtig zum Verschnaufen gekommen, doch ihr erster Impuls war es diesen Baum hochzuklettern, obwohl sie genau wusste dass sie das nie und nimmer mit der selben Schnelligkeit und Anmut eines Leopardens schaffen würde. „Lass sie los, lass sie sofort in Ruhe!“, brüllte sie mordlustig und spürte aus irgendeinem Grund Tränen aufsteigen. Diese ganze Atmosphäre war so dermaßen angespannt und alles was dieses verdammte Mistvieh da oben tat war gleichgültig zu ihr hinunter schauen. Diese verdammte Gleichgültigkeit mit der er sie verspottete machte Zira einfach nur fertig. Und sie war so vollkommen… hilflos! Bis sie den Baum hochgeklettert war, waren die Kleinen tot, sie musste sich etwas anderes ausdenken und zwar schnell. Hilfe holen? Nein, das würde auch nichts bringen, gar nichts, das wäre Zeitverschwendung. „Mama, bitte, der frisst uns gleich.“, heulte Tofauti. Ihre Worte brannten in Zira wie Feuer und so entscheid sie sich das zu tun, was als einziges machbar zu seien schien. „Hör jetzt mal gut zu, entweder du lässt sie los oder ich schwöre es dir, ich BRING DICH UM!“, drohte Zira blutdurstig und rammte im nächsten Moment die Krallen in die Rinde des Baumes. Sie konnte nicht warten, es wäre zu spät! Mit aller Kraft kämpfte Zira sich den Stamm hoch, bis sie endlich die Äste erreichte und sah mordlustig zu dem Leoparden, der die Jungen noch immer im Maul hielt. Der starrte sie einfach nur an, so als ob er über allem stehen würde, als könne er es sich erlauben Zira derart zu verspotten. „Ich sag es zum letzten mal, lass sie LOS!“, brüllte sie und kletterte schnaufend durch das spitze Geäst. Unzählige kleine Holzsplitter hatten sich in ihre Pfoten gebohrt und das Laufen fiel ihr immer schwerer. Aber sie war dem Leoparden nun schon so nah, sie würde nicht aufgeben, nicht jetzt! Und tatsächlich war dieser so überrascht über Ziras schnelles Vorankommen, dass er vor entsetzten das Maul öffnete, also das tat was Zira die ganze Zeit verlangt hatte. Tja und dann… Man konnte sich denken was geschah. Keiner Mutter wünschte man das was Zira soeben durchmachen musste. Denn keine Mutter wollte ihr eigenes Kind überleben, gar keine. Und das erschreckende war dass es so schnell gegangen war, Zira konnte gar nicht reagieren. Und alles was sie noch tun konnte war zuzusehen wie ihre Jungen, ihre kleinen Babys durch das Geäst bretterten und in die Schlucht fielen. Es war alles so furchtbar schnell gegangen. Und den Schmerz den Zira gerade durchmachte konnte man nicht in Worte fassen, beschreiben, so etwas musste man erleben. Sagen wir es mal mit den Worten ‚unbeschreibliche Qualen‘. Was hatte man ihr da angetan? Was war da grade passiert? Sie waren tot, natürlich waren sie tot. Den Sturz überlebte niemand. Nur... Warum? Warum so? Welcher Trottel ließ auch einen Baum an einer Schlucht wachsen? Natürlich hatte Zira sich nach dem Leoparden umgesehen, doch der war schon über alle Berge, denn er wusste genau dass Zira sein Todesurteil gewesen wäre. Und dann war sie einfach nur zitternd vom Baum gesprungen und weggelaufen. Und jetzt saß sie zusammengekauert irgendwo im Gras, neben einem Felsen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Was war das grade eben, wie war das möglich? Das durfte doch nicht wahr sein, sie konnten doch nicht wirklich tot sein! Bitte, das durfte doch alles nicht passiert sein. Und dann spürte sie plötzlich eine hochexplosive Mischung aus Trauer, Wut und Hass in sich aufsteigen. Warum? WARUM!? Das durfte nicht wahr sein! Sie durften nicht tot sein! Warum so plötzlich? Warum tat man ihr das an? Warum hatte sie nicht besser aufgepasst? Zira schlug die Pfoten über den Augen zusammen und weinte als ginge es um ihr Leben. Noch nie wurde sie von solchen Weinkrämpfen geschüttelt wie jetzt, noch nie. Wann hatte sie überhaupt das letzte Mal dermaßen geweint? Sie wusste es schon gar nicht mehr. Und mit der Zeit verlor sie sämtliches Zeitgefühl. Erst als eine Stimme ihre Ohren erreichte bemerkte sie wie dunkel es eigentlich schon war. Die Nacht würde bald einbrechen… und sie würden nicht mehr da sein. „Zira? Was ist passiert, man hört dein Gewimmer durch die halbe Gegend…“ Scar. Oh nein… Nein, nein, nein, bitte nicht er, bitte nicht jetzt! „Zira?“ Keine Reaktion. „Zira, was ist passiert?“ Nun klang er ernster, fast schon besorgt. Gerne hätte sie ihm geantwortet, irgendwas gesagt, aber sie kam aus dem Schluchzen kaum mehr raus und wagte es nicht Scar überhaupt noch in die Augen zu sehen. „Zira, was ist denn?“ Ohne weitere Worte legte er sich besorgt zu ihr und versuchte ihr in die Augen zu sehen, doch wann immer er das auch versuchte, sah sie weg. Und sie schien sich einfach nicht beruhigen zu können, egal wie fest er sie zwischen die Pfoten nahm, egal wie oft er ihr nun schon die Tränen aus dem Gesicht geleckt hatte und gesagt hatte dass alles in Ordnung sei, nur sehr schwer und langsam schien sie sich zu beruhigen. „Zira, es ist doch alles in Ordnung, was hast du?“, fragte er sorgenvoll und rieb beruhigend den Hals an ihrem. „Die… die Jungen, der Leopard, er, er…“ Sie schluchzte auf und schaffte es nicht zu Ende zu reden. Zum einen weil die Tränen ihr die Worte abschnitten, zum anderen aus Angst. Er würde sie hassen, es war ihre Schuld! Scar würde sie hassen, er würde sie für den Tod der Jungen, seiner Jungen, verantwortlich machen! JEDER würde das! Jeder… „Zira? Was ist passiert“, fragte Scar noch mal, wobei er versuchte ruhig zu bleiben, obwohl sich gerade in ihm eine schreckliche Vermutung breit machte „Zira?“ Er wollte sie zu nichts drängen und er wollte auch nicht taktlos wirken, aber er brauchte Gewissheit. „Tot. Alle drei.“, kam es ihr dann schließlich doch über die Lippen und sank augenblicklich noch weiter zusammen als sie es sowieso schon war. Es war als wollte sie sich so klein machen dass niemand auf der ganzen Welt sie je finden würde. Sie hatte sich auf einen Schlag bereit gemacht, irgendeine Reaktion Scars, doch nichts kam, gar nichts. Kein Wort, keine Bewegung, nichts. Er lag einfach nur bei ihr und machte nichts. Und je länger er genau das tat, umso mehr Angst bekam Zira. Das konnte nur die Ruhe vor dem Sturm sein, anders konnte sie es sich nicht erklären. Und da herrschte so lange diese Stille zwischen ihnen, viel zu lang. „Was?“, kam es nur von ihm. Er klang so kalt und neutral wie immer. Und auch wenn er verstanden hatte, so konnte er es nicht fassen. Seine Jungen waren tot? Scar wollte weinen, wirklich, doch er konnte nicht. Gefühle die Schwäche zeigten? Nein. Er hatte es sich schon vor langer Zeit abgewöhnt solche Gefühle zu zeigen und auch wenn er noch so sehr gewollt hätte, so schaffte er es nicht auch nur eine Träne zu vergießen. Es war schwer zu erklären und ja, es klang grausam und herzlos, aber das hieß nicht dass er nicht auch Trauer empfand. Und Zira weinte wagte es einfach nicht aufzusehen. Sie hatte verdammt nochmal eine solche Angst und das Schuldgefühl schien sie zu erdrücken, sie hatte einfach nicht den Mut Scar in die Augen zu sehen. Doch als plötzlich etwas über ihre Schulter fuhr zuckte sie merklich zusammen. Scars Pfote. Eigentlich hätte sie geglaubt dass er ihr jeden Moment mit ausgefahrenen Krallen über den Rücken fahren würde, was sie im Übrigen verstanden hätte, aber stattdessen zog er sie nur noch näher an sich. „Pssst, ruhig, ganz ruhig…“, flüsterte er beruhigend und rieb sein Kinn an ihrem Kopf „Ruhig Zira…“ Zira entfuhr ein weiteres Schluchzen, ehe sie ihr Gesicht gegen Scars Mähne presste. „Aber warum sie“, winselte sie und vergrub ihren Kopf immer tiefer in seiner Mähne, wodurch ihre Stimme gedämpft wurde und nicht mehr ganz so erbärmlich und verzweifelt erschien „Warum sie, Scar? Und warum alle?“ Vor lauter aufkommendem Selbsthass rammte sie sich die Krallen so stark in die Ballen, dass das Blut nur so heraustropfte. „Ich weiß es nicht Zira.“ Das war alles was ihm dazu einfiel. Er fragte sich doch das gleiche. Was sollte das alles? Warum jetzt? Ziras von Weinkrämpfen zitternder Körper riss ihn jedoch wieder aus seinen Gedanken. Er drückte sie näher an sich heran und in diesem Moment durchfuhr sie wieder ein so heftiges Schluchzen, das sie für ein paar Sekunden keine Luft mehr bekam. Scar streichelte ihr fast schon wie in Trace immer wieder an dem Aalstrich entlang der von Kopf bis zu den Schulterblättern verlief und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu wirken. Er war ein Meister darin seine wahren Gefühle zu verbergen und momentan war das auch besser so. Zira brauchte jetzt etwas was sie wieder aufbaute und niemanden der noch schlechter drauf war als sie selbst. Währenddessen, zur selben Zeit, lief ein weiblicher Schabrackenschakal ihren einsamen Weg durch die Schlucht. Sie kam aus dem Nordwesten, einer recht kargen, trostlosen Gegend und hatte gehört dass es im Süden, also noch weiter im Süden, jenseits des Geweihten Lands, ein großes Stück Feuchtsavanne gab, in dem es anscheinend schon seit Jahren zu keiner Dürre gekommen war. Genau dort wollte sie hin. Sie hatte keine Freunde oder Familie und das nur weil sie ein bisschen anders war. Sie war ziemlich groß, was nicht grade zum Schönheitsideal eines Schabrackenschakals gehörte und mögliche Partner abschreckte. Zudem fehlte ihr beinahe ihr ganzes rechtes Ohr, was auf einen Kampf mit einem Leoparden zurückzuführen war, eine Dummheit aus ihrer Jugend. Aber ansonsten war sie eigentlich ziemlich nett… und dennoch hatte sie niemanden. Ihre Familie starb vor langer Zeit und Freunde hatte sie keine. Also sorgte sie für sich selbst. Und es klappte ganz gut… Seit fast einer Woche streifte sie nun schon allein durch die Savanne und sie hatte es doch bestens geschafft für sich zu sorgen. Sie hatte sich einige Male verlaufen und musste einen neuen Weg einschlagen um an ihr Ziel zu kommen, aber diesmal war sie sich sicher dass sie auf dem richtigen Weg war! Ihr Name war im übrigen Tumaini. Es hieß Hoffnung. Ironisch, nicht? Sie selbst hatte sämtliche Hoffnungen auf ein eigenes, kleines Rudel längst aufgegeben. Junge würde sie wohl auch nie bekommen, schließlich schrecke sie mit ihrer Größe und ihrem trampeligen Auftreten jeden sofort ab. Ein Schakal musste geschmeidig, klein und mehr oder weniger graziös sein und all das war sie eben nicht. Tumaini sah zum Himmel. Langsam wurde es dunkel und nicht nur durch die Tageszeit. Das Gewitter kam näher. Sie entschloss ihre Reise für heute zu unterbrechen und die Zeit die ihr bis zu dem großen Regenfall bleiben würde damit zu verbringen nach einem trockenen Unterschlupf suchen. Diese Schlucht hatte gewaltige Felswände, da musste doch irgendwo eine kleine Höhle, oder zumindest einen regengeschützten Fleck für sie zum Übernachten geben. Doch plötzlich stockte sie. In einiger Entfernung sah sie irgendwas am Boden liegen… und es roch nach Blut. Futter? Hm, dagegen hätte Tumaini nichts einzuwenden. Doch als sie neugierig näher kam bemerkte sie dass ‚es‘ noch lebte, das war unüberriechbar. „Hey, du, geht’s?“, fragte sie und stupste ‚es‘ mit der Schnauze an. Und ehe sie sich versah, sahen sie plötzlich drei verheulte Augenpaare an. „Nanu… Hallo ihr Süßen… Wo ist denn eure Mama?“, begrüßte Tumaini die drei Löwenjunge. Vor allem der Albino sah interessant aus. Sie hatte noch nie zuvor so was gesehen. „Bring uns zu ihr…“, flehte die Kleine und auch ihre Geschwister nickten schwach. Sie waren völlig fertig. „Tut mir Leid… Ich bin nur auf der Durchreise… Von wo seit ihr?“ Um ehrlich zu sein wussten sie es nicht. Sie wusste nicht wie sie hier runter gekommen waren, sie wussten nicht von wo sie gefallen waren… sie wussten nur, das sie zurück zu Zira wollten. „Du weißt nicht wo das Geweihte Land ist?“, fragte Samangi nun verzweifelt und wischte sich schnell über das Gesicht. „Äh… Nein, tut mir Leid… Aber was seid ihr eigentlich?“, fragte Tumaini sorgenvoll. Es klang peinlich, aber sie hatte in ihrem gesamten Leben noch keine Löwenjunge gesehen. Nur erwachsene Löwen und das auch nur mit reichlich abstand. „Löwen“, gab Tofauti zur Antwort „Und du?“ „Oh… Nanu, wie klein ihr noch seid. Also ich bin ein Schakal, ihr Süßen. Aber was ist denn nun mit eurer Mama?“, fragte Tumaini vorsichtig. Die Kleinen sahen so schrecklich verstört und mitgenommen aus. „K-kennst du Zira? Oder Scar oder Mufasa oder Sarabi? Irgendwen von denen?“, fragte Kwanza weinerlich und verdrückte sich mit aller Kraft ein paar Tränen. Ihm machte dieser Schakal keine Angst… Aber Leoparden, die machten ihm jetzt Angst. „Nein, ich bin nicht von hier…“, erklärte Tumaini und versuchte nicht so niedergeschlagen zu klingen. Sie konnte sich denken wie enttäuscht die Kleinen seien mussten. „Aber… aber… Ich will zu Mama!“ Und plötzlich brachen die drei einfach in Tränen aus. „Oh nein, nein, pssst, nicht weinen“, versuchte Tumaini sie sofort zu beruhigen und tätschelte ihnen unbeholfen am Kopf „Eure Mama ist bestimmt gleich da, nicht weinen!“ Ganz im Ernst, sollte jetzt tatsächlich die Mutter der Kleinen auftauchen und diese weinend bei ihr entdecken würde die Löwin ihr den Kopf abreißen. Tumaini tat wirklich ihr bestes um die Jungen zu beruhigen, doch die hörten gar nicht auf zu weinen und jammerten über Schmerzen, dass sie Angst hatten, dass sie zurück zu Zira wollten und Tumaini tat es im Herzen weh dabei nur zusehen zu können. Ihr taten diese armen, kleinen Dinger einfach Leid. „Hey, nicht weinen“, versuchte sie nochmals „Kommt, ich kümmere mich erst mal um eure Pfötchen, die sind ja ganz aufgekratzt, lasst mich das mal anschauen.“ Sorgenvoll blickte sie zu ihnen und begann etwas zögerlich jedem der Jungen die Pfoten und den Pelz zu säubern. „Aber wenn wir nicht zu Mama können, wohin dann?“, wimmerte Samangi nach einiger Zeit. „Hey, ganz ruhig, eure Mami wird bestimmt bald da sein, die muss sich doch fragen wo ihr seid, die sucht bestimmt schon nach euch.“, beruhigte Tumaini die dreien. Und das schien tatsächlich zu funktionieren, denn sie beruhigten sich langsam und Tofauti lächelte sogar kurz. „W-wirklich? Glaubst du dass sie schon auf dem Weg ist?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Bestimmt“ Tumaini sah zum Himmel „Aber wie wäre es wenn wir uns jetzt erst mal einen Unterschlupf suchen, es wird bestimmt bald regnen und ihr wollt doch nicht nass werden, oder?“ „Okay, aber nur solange bis Mama uns abholt, ja?“, mahnte Samangi und zog die Nase hoch. „Heeey, Kleine, nicht weinen… Aber kommt, ich glaub ich hab da hinten eine kleine Höhle gesehen, da warten wir dann, ich wollte sowieso hier übernachten. Hm, wie heißt ihr eigentlich? Ich bin Tumaini.“ „Das ist ein hübscher Name“, meinte Samangi lächelnd „Ich bin Samangi.“ „Oh, danke, deiner ist aber auch sehr schön, der klingt süß.“, meinte Tumaini schmunzelnd und suchte die Felswand nach einer Höhle ab die groß genug für sie und die Jungtiere war. „Also ich bin Kwanza.“, stellte dieser sich vor. „Und ich Tofauti.“ „Ah, okay… Und wie steht ihr zueinander?“, fragte Tumaini und seufzte erleichtert auf als sie endlich eine Höhle fand. „Hä? Was meinst du?“, wollte Kwanza wissen. „Ob ihr verwandt seid, meinte ich.“ „Ja, wir sind Geschwister, ich bin der älteste.“ „Deswegen ‚Kwanza‘? Weil du der erstgeborene bist?“ „Ich vermute schon“, antwortete er „Samangi ist die zweitälteste und Tofauti die jüngste. Und du, hast du Geschwister?“ Tumaini schluckte bei der Frage. Sie und Geschwister… Schön wär’s. „Nein… Hey, schaut mal, wollen wir vielleicht in die Höhle da? Die sieht gut aus.“ „Okay… Aber nur bis Mama da ist, ja?“, ermahnte Samangi sie. „Natürlich, ich will euch ihr ja auch nicht wegnehmen“, versicherte Tumaini ihnen und betrat als erste die kleine Höhle in der Felswand „Na kommt, es wird jeden Moment regnen, ihr sollt nicht nass werden.“ Etwas zögerlich folgten die drei dem Schakal und setzten sich zu ihr. Sie war fremd und Fremden vertraut man nicht. Aber sie war der einzige Trost hier. Und innerhalb von ein paar Minuten ergoss sich der Himmel über ihnen. Tumaini genoss den Regen. Wenn es hier schon so heftig war, wie wäre es dann erst weiter südlich? Sie liebte den Regen, doch die kleinen Löwen schienen anders zu denken. Sie waren so schrecklich verkrampft und angespannt. „Gefällt euch der Regen nicht?“, fragte Tumaini schließlich nach einiger Zeit aus ihrer Ecke. Sie hatte es sich weiter hinten gemütlich gemacht. „Sie kommt nicht…“, begann Samangi mit zittriger Stimme. „Hey, passt mal auf, ich hab eine Idee: Ich werde die ganze Nach hier verbringen und da wird sie bestimmt kommen… Irgendwann.“, versicherte Tumaini ihnen. „U-und wenn nicht?“, fragte Tofauti den Tränen nahe. „N-na dann…“ Tumaini stockte e Moment und dachte nochmals über ihre Worte nach „Dann… nehm ich euch mit. Ihr könnt bei mir bleiben, ja?“ „Wirklich?“, fragte Kwanza unsicher. „Natürlich, es muss sich doch jemand um euch kümmern, oder etwa nicht“ Keine Reaktion von niemandem „Hey ihr Süßen, kommt mal her, ihr seid ja nervlich völlig am Ende, kommt mal her.“ Sie zögerten. „Nun kommt, ich tu euch nichts, versprochen.“ Kwanza schluckte einen Moment. Aber dennoch nahm er all seinen Mut zusammen und machte den ersten Schritt. Vielleicht würden seine Schwestern sich auch trauen wenn er es zuerst tat. „Na komm schon her, ich fresse keine kleinen Kinder.“, versicherte Tumaini ihnen nochmals schmunzelnd. Etwas zögerlich schmiegte Kwanza sich an den warmen Körper Tumainis und als er so dicht an sie gekuschelt war und ihre Wärme und Geborgenheit spürte, musste er zugeben dass es sich fast so anfühlte wie bei seiner Mutter. Er sah sich nach seinen Schwestern um, die noch immer misstrauisch zu der Schakalin blickten, doch nachdem diese sie so freundlich empfangen hatte, sie geputzt und verarztet hatte, warum sollte man ihr nicht trauen? Sie war nett. Und eines stand jetzt schon fest: Die drei Jungen würden ihr noch viel zu verdanken haben. Nur zögerlich folgten die beiden ihrem Bruder und drückten sich an den Bauch Tumainis, aber ihre Wärme und regelmäßige Atmung hatte etwas beruhigendes. „Na also, seht ihr? Ich tu euch doch nichts.“ Tumaini lächelte und legte müde den Kopf auf die Pfoten. Doch sie würde nicht schlafen, dafür war sie noch viel zu unsicher. Sie wagte es nur dann zu schlafen wenn sie in völliger Sicherheit war. „Und du kennst unsere Mama wirklich nicht?“, fragte Samangi etwas später, als Kwanza und Tofauti von der Aufregung des Tages schon fast am Einschlafen waren. „Nein, wirklich. Ich würde euch wirklich gerne zurückbringen, aber weder ich noch ihr wisst wo es langgeht, oder?“ Sie schwiegen. Tumaini hatte ja Recht. Aber sie durften auf keinen Fall einschlafen wenn ihre Mutter kam… Sie mussten wach bleiben, sie mussten… Sie waren eingeschlafen. Kapitel 41: Quälende Erinnerungen --------------------------------- Als das Gewitter aufzog und es zu regnen begann hatte, blieb auch Scar und Zira nichts anderes übrig als sich ins Trockene zu flüchten. „Lass mich! Ich will nicht!“, schluchzte Zira als Scar versuchte sie zum Aufstehen zu drängen. „Zira, du holst dir so noch den Tod. Steh auf, du musst ins Trockene. Und hör endlich auf dir deine Pfoten aufzukratzen, das macht es nicht besser und du holst dir eine Blutvergiftung.“ „Und“, brachte sie zittrig hervor „Ist mir doch egal!“ „Aber mir nicht.“ Scars Stimme klang überraschend fest für das was gerade eben passiert war, fast schon eindringlich. Jedenfalls reichte es um Zira dazu zu bringen sich auf die Beine zu stellen. „Hör zu, du legst dich in die Höhle und versuchst einfach nur zu schlafen.“ Sie nickte wortlos und machte einige wackelige Schritte, weshalb Scar sie auf dem Weg zum Königsfelsen hin und wieder abstützen und sie regelrecht führen musste, denn Zira sah schon lange nicht mehr wo sie überhaupt lang lief. Zira bekam das nicht mal wirklich mit, doch irgendwann lag sie zusammengerollt dann in der hintersten Ecke von Scars Höhle. Inzwischen hatte sie von all dem weinen Kopfschmerzen bekommen, es tat richtig weh, so weh dass ihr davon schlecht wurde. Aber nicht nur in ihrem Kopf dröhnte es, scheinbar pochte ihr gesamter Körper, vor allem ihre aufgerissenen Pfoten, woran zum einen die unzähligen Holzsplitter und zum anderen sie selbst schuld war. Scar saß neben ihr und wollte etwas sagen, doch letzten Endes traute er sich dann doch nicht. Was hätte er denn auch sagen sollen? Egal was es gewesen wäre, es hätte auch nichts mehr gebracht. Scar konnte nichts tun, denn egal wie sehr er es auch versuchte, es minderte Ziras Schmerz kein bisschen. Und auch wenn er ruhig wirkte, zerriss es ihn innerlich. Er hatte seine Jungen doch auch geliebt, auch Tofauti. Er sagte das nicht, aber Zira kannte ihn, er war nun mal niemand der so was immerzu sagte. So war er nun mal, er stellte seine Zuneigung jemandem gegenüber nicht gerne öffentlich zur Schau oder sprach viel darüber. Aber das hieß doch nicht dass er sie nicht liebte, das heiß nur dass es ihm nicht leicht fiel das zu zeigen. Und Zira? Es brach ihm das Herz sie so zu sehen. Er hatte sie schon ein paar Mal weinen sehen, aber das hier übertraf alles. „Zira, beruhig dich...“, bat Scar flehend und legte vorsichtig seine Pfote unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sie ihn anschauen musste, ob sie nun wollte oder nicht. Wortlos wischte er ihr ein paar Tränen vom Fell und sah sie mit diesem eindringlichen, stechenden Blick an, der jeden sofort zum Schweigen brachte. Ein Schluchzen entfuhr Zira und sie nickte zaghaft, ehe sie kurz aufatmete und auf diese krampfhafte Art versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen. Ob es klappte konnte man nicht sagen, aber sie war endlich eingeschlafen. Scar wollte nun mit Mufasa reden, denn es war ihm lieber wenn er es von ihm erfuhr als dass das Rudel Zira darauf ansprechen würde. „Mufasa“ Scar schüttelte sich den Regen aus dem Fell als er im Höhleneingang zu der großen Haupthöhe stand „Ich müsste mal kurz mit dir reden.“ Die Löwinnen drehten verwundert den Kopf zu ihm. Scar suchte freiwillig den Kontakt zu seinem großen Bruder? Seltsam, seltsam. „Oh, äh, sicherlich, was gibt es Scar?“, fragte Mufasa merklich irritiert. „Ich will das draußen besprechen. Es ist wichtig.“, antwortete Scar ernst. Noch immer verwirrt folgte Mufasa Scar nach Draußen, nicht ohne höchstirritierte Blicke der Löwinnen im Nacken. „Was gibt es denn so wichtiges, dass du mich um die Uhrzeit in den Regen zerren musst?“ Mufasa versuchte wohl aufheiternd zu klingen, denn der ernste Blick mit dem Scar ihn ansah musste nichts zu bedeuten haben, immerhin schaute Scar immer so. „Mufasa, ich sag dir das nur damit du es den Löwinnen erklärst und die mich und Zira einfach nur in Ruhe lassen, hast du das verstanden?“, bläute Scar ihm scharf ein und irgendwo in Mufasa meldete sich gerade ein ganz mieses Gefühl. „Was ist denn passiert?“, wollte er wissen. Scar seufzte und überlegte einen Moment wie er das sagen konnte ohne dabei wie jemand zu klingen der nervlich kurz davor war zu platzen. „Zira und die Jungen hatten vorhin einen Unfall. Zira wollte ihnen jagen beibringen und als sie unaufmerksam war kam, wenn ich das richtig verstanden habe, ein Leopard und… denk dir den Rest.“ Das Entsetzen war Mufasa anzusehen und keinesfalls zu verleugnen. Und was ihn noch viel mehr schockierte war diese gleichgültige Kälte mit der Scar es sagte. Das waren seine Jungen um die es sich da handelte, wie konnte ihm das scheinbar so egal sein? „Du meinst sie sind-“ „Ja.“, antwortete Scar schnell. „Aber doch nicht alle drei?!“ „Doch Mufasa, alle drei.“ Und noch immer klang er so verdammt gleichgültig. So dermaßen kalt dass Mufasa ihm zu gerne auf die Schnauze gehauen hätte. „Scar, wie kannst du nur so herzlos dabei klingen?! Es war eine Sache dass dich so verhalten hast als Vater starb, aber jetzt reden wir von deinen Jungen, dein eigen Fleisch und Blut! Wie kann es dir so egal sein?! Das ist vollkommen schrecklich, du kannst doch nicht-“ „Hör mir jetzt mal gut zu, euer Majestät“, zischte Scar bedrohlich „Du sagst es deinen kleinen Löwinnen bevor sie es von allein herausfinden, denn wenn irgendeine von denen Zira auch nur auf dieses Thema ansatzweise ansprechen sollte, dann will ich für nichts mehr garantieren, denn auch du kennst Zira gut genug um zu wissen dass bei ihr sehr schnell Blut fließen kann.“ Mufasa schwieg. „Scar ich-“ „Hast du eigentlich eine Ahnung wie sie sich grade fühlt?“ Schweigen. „Es tut mir leid.“, meinte er schließlich bedrückt. „Ich brauch dein Mitleid nicht. Reden wir darüber wenn du weißt von was ich rede.“, zischte Scar und wand sich ohne weitere Worte um und ging im strömenden Regen davon. Ach, Mufasa würde dieses alles vernichtende Gefühl schon noch kennenlernen, früher als er glaubte. Ja, Mufasa hatte es dem Rudel gesagt, denn schon in den Morgenstunden des nächsten Tages lag ein erlegtes Zebra im Eingang zu Scars Höhle. Zebra… Welch Ironie. Und sie spürte all diese verdammt mitleidigen Blicke im Nacken, doch meistens sah sie nicht hin. Schlafen wurde in den nächsten Tagen zu einer scheinbaren Unmöglichkeit denn wenn Zira es dann schaffte einzuschlafen riss der nächste Albtraum sie wieder in die Realität. Es war als ob all die Gedanken und Schuldgefühle, die sie immer zu verdrängen versuchte wenn sie wach war, sie nachts in den grausamsten Träumen quälen wollten. Am schlimmsten war es immer dann wenn man in diesen Albräumen gefangen war und wusste dass man doch bald aufwachen musste, doch einfach nichts geschah, so sehr man es auch versuchte. Und wenn sie dann wimmernd aufschreckte, mit bebendem Herzen, glaubte sie für einen ganz kurzen Moment, dass ALLES nur ein böser Traum war und dass die Jungen wahrscheinlich neben ihr lagen. Und wenn sie den Blick dann mit klopfendem Herzen neben sich wand war die Enttäuschung umso größer. Was hieß hier Enttäuschung? Trauer passte mehr. Zira musste der Realität ins Auge sehen… Sie waren weg. Sie hatte sie verloren und das war kein Traum. Und auch mit Scar sprach sie kaum mehr. Auf seine Fragen gab sie einsilbige Antworten und sie selbst begann kein Gespräch. Er versuchte ihr Abends immer ein Trost zu sein, er war zärtlicher als sonst, immerhin war sie im Normalfall die, die ihn putzte und nicht andersherum, aber das war ihr nur ein schwacher Trost. Sie konnte einfach nicht verstehen wie er so ruhig bleiben konnte. Sie hatte ja kapiert dass er Trauer nie gezeigt hätte, aber sogar jetzt? Und dann gab es noch diesen winzigen, klitzekleinen Teil in ihr der die plötzliche Fürsorge genoss… Und genau diesen Teil hätte Zira am liebsten umgebracht. Ihr Blick war leer und glasig, wie er es immer war wenn sie ihn irgendwo in der Ferne verlor und sich an irgendwas feststarrte, als sie allein durch die Savanne lief. Es war kurz vor Sonnenaufgang. Scar hatte sich schon zu den Hyänen aufgemacht, er wollte sich ablenken. Das hatte er so nicht gesagt, aber er meinte es so und es konnte Zira nur recht sein. Ihre Kleinen waren tot und wen interessierte es schon, wenn dann noch Mufasa und Simba draufgingen? Ihr würde es sonst wo vorbei gehen. Jedenfalls fand Zira sich am Rand der Schlucht wieder. Ob sie das nur im Unterbewusstsein gemacht hatte oder ganz bewusst, wusste sie selber nicht. Und dann starrte sie einfach nur den Abgrund hinunter, Minutenlang, ohne ein Wort zu sagen. Es war tief, steinig, hart und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann war wohl klar dass nichts und niemand das überlebte. Ziras Blick schweifte weiter in die Ferne. Sie hätte schwören könnte sogar noch den Geruch der dreien zu riechen. Aber sie bildete sich das alles doch nur ein… Alles was sie da roch war doch nur nasse Erde mit Gras. Dann schweifte Ziras Blick über das Gras zu einer kleinen Zebragruppe. Ein Fohlen trank gerade bei seiner Mutter. Es war in dieser Welt irgendwie alles so widersprüchlich: Wenn die Löwinnen ein Jungtier rissen, dann war das okay weil sie Hunger hatten, aber dachte je jemand an die Mutter des Kleinen? Wie sie sich fühlen musste? Zira wusste es jetzt. Aber WEHE jemand tötete den jungen Prinzen! Dann gab es natürlich großes Geheule, dieser eine Fellknäul war ja auch Weltbedeutend. Zira konnte diese Beutetiere eigentlich ein bisschen für ihre psychische Stärke bewundern. Jeden Tag mussten sie derartige Verluste aushalten und auch um ihr eigenes Leben bangen und trotzdem lachten sie und waren immer noch fröhlich, trotz allem konnten sie ihr Leben genießen. Zira saß eine ganze Zeit nur da, die Pfoten über den Abgrund baumelnd, die Ohren angelegt und starrte Löcher in die Luft. Eine ganze Weile lag sie noch da, wie festgefroren, doch als die Sonnenstrahlen schließlich überhand gewannen und das restliche Dunkel der Nacht vertrieben stand sie auf und lief, wenn auch nur wiederwillig, zum Königsfelsen. Wo sollte sie sonst hin gehen? Doch als sie ankam und nur ein paar Schritte auf dem kalten Felsboden gemacht hatte, sah sie einen riesigen Auflauf vor der Höhle. Das gesamte Rudel tummelte sich um irgendetwas, was Zira von hier nicht erkennen konnte. Hm, egal was es war, vielleicht würde es sie ablenken. Obwohl Zira zum Heulen zumute war stellte sie sich dazu, was sich als Fehler erwies, denn sie wäre am liebsten wieder umgekehrt. Der Grund war etwa zwanzig Zentimeter groß, sandbraun, fast schon cremefarben und lag zwischen Sarafinas Pfoten. Ihr zweites Junges musste heute Nacht zur Welt gekommen sein, ein Männchen. „Na, was denkt ihr?“, fragte Sarafina freudestrahlend in die Runde. Alle Löwinnen waren sichtlich begeistert und gaben freudige Kommentare von sich, doch Zira sagte nichts zu dem kleinen Löwen. Sie hatte eher das Gefühl jemand würde ihr gerade das Herz zerquetschen, als sie Sarafina dicht an den Kleinen gekuschelt sah. Doch die Krönung war Nala, als sie sich überglücklich zu ihrer Mutter setzte. Und dann gaben sie alle gaben dieses entzückte ‚Ahhhhw‘ von sich und das war der Punkt an dem sie nur noch weg wollte. Doch Sarafina kam ihr zuvor. „Na, was denkst du über ihn, Zira?“, fragte sie schließlich. Tja und da dachte sie eine Sekunde mal nicht nach, hatte in all ihrer Freude vergessen was eigentlich vor ein paar Tagen passiert war und schon hatte sie etwas schrecklich falsches gesagt. „Ja, süß ist er.“, brachte Zira gezwungen hervor und spürte wie ihre Stimme zittrig wurde, woraufhin sie sich wortlos umdrehte und zu ihrer Höhle ging. „Oh… Ich… Es tut mir leid, Zira!“, rief Sarafina reuevoll und bereute sofort was sie vorhin gesagt hatte. Sie hatte in ihrem Freudenrausch völlig vergessen was gestern passiert war, wie es Zira ergehen musste. Aber niemand konnte sich dieses Gefühl vorstellen solange er es nicht selber miterlebt hatte. Zira hatte sich in der hintersten Ecke von Scars Höhle zusammengerollt und die Schwanzspitze über die Augen gelegt. Tja, das konnten die anderen Löwinnen nicht… Vielleicht hatte die Tatsache dass sie so gefährlich dünn war doch was Gutes. Zira war in einer Situation in der sie nur noch ihre Ruhe wollte und umso mehr störte es sie als plötzlich Sarabi im Eingang stand. „Zira, bitte hör mir zu. Sarafina tut es wirklich sehr leid was sie da gesagt hat, sie war einfach von ihrer eigenen Freude überrumpelt, versteh das doch. Wir… wir wissen dass das hart für dich ist und… unsere Freude hat uns da kurz geblendet… Wir wissen wie schlimm das eben für dich war und es tut uns leid.“ Und mit jedem Wort das Sarabi staute sich eine solche Wut in Zira an dass sie sich irgendwann nicht mehr beherrschen konnte, mit einem einzigen Satz auf sie sprang und mit aller Wucht auf den Boden schmiss. „IHR habt KEINE Ahnung! KEINER von euch! Also hör AUF mir die Ohren mit deinem... scheiß Gerede von irgendwelchen ‚Ach Zira, wir wissen ja wie schwer das für dich ist‘ zu zumüllen! Denn weißt du WAS?! IHR habt ALLE keine Ahnung! Ihr wisst nicht wie das für mich ist! Und euer erzwungenes Mitleid könnt ihr euch sonst wohin stecken! Es steht mir bis hier!“, brüllte Zira und hatte stark mit ihrer Selbstbeherrschung zu kämpfen, denn Sarabi in ihrer unglaublich hilflosen Lage die Krallen in den Kopf zu rammen war unglaublich verführerisch. Und was machte die? Sarabi sah nur völlig erschrocken und entsetzt zu Zira. Sie waren… ja, im Grunde sie waren schon noch Freundinnen… Vielleicht nicht mehr die allerbesten, wie zu Anfang, aber seit der Geburt von Ziras Jungen waren Sarabi, Sarafina und Zira wieder öfter zusammen gewesen als davor. Und umso mehr verletzte diese Reaktion Sarabi. Vielleicht hatte Zira Recht, aber Sarabi konnte sich dieses Gefühl sehr wohl vorstellen. Was wäre wenn ihr Simba tot wäre? Eine Welt würde für sie zusammenbrechen! Sarabi schwieg und einen Moment sah es so aus als ob sie etwas sagen wollte, doch dann stockte sie doch. Vielleicht war es auch Ziras Blick der Sarabi zum Schweigen brachte, denn Zira hatte einen außerordentlich durchdringenden Blick. „Zira, geh SOFORT von ihr runter!“, knurrte plötzlich eine Stimme und Mufasa kam eilig zu ihnen geeilt. Doch selbst dieser einfache Kommentar von ihm schien Zira nur noch wütender zu machen. „Oh Mufasa, galt die Schnauz! Ganz ehrlich: Fresse halten!“, schrie Zira ihn an, wobei sie nicht vergaß ihn im Vorbeilaufen anzupöbeln. Sie hatte die Schnauze gerade so dermaßen voll, sie ertrug das hier einfach nicht, sie musste weg, völlig egal wohin. Kapitel 42: Simba, Simba, es gibt Momente, da sollte man die Schnauze halten… ----------------------------------------------------------------------------- Wütend rannte Zira Richtung Wasserloch und gab ein lautes Brüllen von sich, damit die ganzen Tiere verschwanden. Weg, weg mit ihnen! Sie wollte sie einfach nicht sehen, sie hatte wirklich anderes zu tun und da konnte sie diese niederen Kreaturen einfach nicht ertragen, wie sie in völliger Zufriedenheit einfach dastanden. Rumstehen, das war sowieso alles was die konnten. Zira ließ sich zur Seite fallen und begann damit, mit den Krallen Furchen in den Boden zu zeichnen, einfach nur so. Na ja, was heißt hier ‚einfach nur so‘? Sie war wütend, sie war so verdammt wütend! Wie die sich alle gefreut hatten! Hatten die auch nur einen Gedanken an Zira verschwendet? Vielleicht war SIE ja nicht so glücklich darüber, dass es jetzt noch ein Balg mehr gab, welches sie von nun an immer schön an ihre eigenen erinnern würde. Und Mufasa? Der sollte vielleicht denken bevor er handelt! Natürlich, er war wütend dass Zira Sarabi zu Boden geworfen hatte, aber vielleicht hatte sie ja ihre Gründe? Vielleicht fand sie es unverschämt von Sarabi, dass diese mit der „‘Ach-ich-weiß-wie-das-ist‘-Nummer kam. NICHTS wusste diese große Königin, gar nichts! Zira atmete einmal tief durch, dann sah sie in den Himmel und beobachtete die Wolken. Wie der Wind sie weitertrieb und sie immer neue Formen annahmen. Eine sanfte Brise durchfuhr ihr Fell und für einen ganz kurzen Moment glaubte sie doch tatsächlich es vergessen zu haben. Nur einen Atemzug lang. Wunschdenken. Mit glasigem, verträumtem Blick starrte Zira in den Himmel und lag einfach nur da. Sie war plötzlich ganz ruhig geworden, was sie selbst überraschte. Hm… Wie es da oben wohl war? War es wirklich so schön wie ihr erzählt wurde? Sie seufzte leise. Sie waren so viel zu früh da hingekommen. Viel zu früh waren sie gegangen und irgendwie war das doch… Verschwendung. Verschwendung von Leben, wenn man es so sah. Sie hatte die drei doch im Grunde umsonst vier Monate lang mit sich herumgeschleppt, sie hatte sich umsonst so sehr um sie gekümmert, letzten Endes hatte es doch keinen Sinn gemacht. Und jetzt? Bestimmt würden Kisamba, Uru und Ahadi gut auf die drei aufpassen. Ahadi. Ob er stolz auf die drei gewesen wäre? Zira zweifelte daran. Er mochte weder sie noch Scar, warum sollte er dann erst ihre Jungen mögen? Dann dachte sie unweigerlich an ihre Brüder. Tamu und Serangi. Diese zwei Witzbolde waren immer drauf und dran gewesen sich gegenseitig zu ermorden und Kisamba hatte immer alle Pfoten voll zu tun gehabt. Bestimmt hätten Ziras Brüder ihre Nichten und ihren Neffen gemocht. Die hatten genau so viel Unfug im Kopf wie sie früher. Früher, als die Welt noch in Ordnung war und Zira es noch schaffte in aller Öffentlichkeit zu weinen, anders als jetzt, wo sie sich dafür schämte. Und Kisamba? Die wäre sicherlich stolz auf ihre drei Enkel gewesen. „Tja… Es tut mir leid“, murmelte Zira leise und wischte sich hastig über das Gesicht „Aber du siehst sie wohl schon früher als geplant.“ Und dann war es wieder so still wie zu Anfang. Eigentlich mochte sie die Stille nicht, sie schrie die Wahrheit. Aber jetzt… Sie wusste nicht warum, aber ihr gefiel diese Stille. Sie wusste nicht wie lange sie einfach nur dalag, aber irgendwann hörte sie eine nervige, ihr nur zu gut bekannte Stimme. Simba. Und sofort entwich ein genervtes Stöhnen ihrer Kehle. „Hey Tante Zira! Was machst du da?“ Zira sah wütend zu Simba, sagte aber nichts. Sah er eigentlich nicht das es ihr scheiße ging? Wusste er überhaupt was es hieß seine Jungen zu verlieren? Und mal ganz ehrlich, sah er nicht sofort dass er vollkommen unerwünscht war? So was konnte doch selbst Simbas Spatzenhirn nicht übersehen! „Was willst du?“, knurrte Zira abweisend. „Ich wollten eigentlich nur ein bisschen mit dir spielen.“, antwortete er. „Spielen? Mit MIR? Wie kommst du auf so was, geh doch zu Nala oder deiner Mutter oder so.“ „Ach, auf die hab ich grad keine Lust.“, gab Simba schnall zurück. Schweigen. Vielleicht merkte Simba so dass sie ihn nicht wollte. Doch dann sprach er weiter: „Boha, das muss total schrecklich sein! Gleich drei Jungen zu verlieren. Ich meine, ich mochte meine Cousins eigentlich.“ Zira drehte den Kopf weg und spürte eine stille Träne über ihr Gesicht laufen. Verstand dieser kleine Dreckssack eigentlich nicht, dass er es nur noch schlimmer machte? Egal, gleich würde er bestimmt gehen. Doch sie irrte sich. „Sag mal, Zira, ist die Sache Scar wirklich so egal? Es waren doch auch seine Jungen.“, meinte Simba plötzlich. Autsch! Auf so eine direkte Frage war Zira nicht vorbereitet. „Er zeigt das nun mal nicht.“, meinte sie nach kurzem Schweigen. „Aber warum nicht?“ Weil sein gottverdammter Vater, der mich im übrigen töten wollte, ihn immer vergessen hatte, weil er ihm nie Interesse entgegenbrachte, weil er keine Freunde hatte, weil jetzt auch noch seine Mutter, die einzige Person, die ihm sowas wie Liebe entgegenbrachte tot ist, weil Scar es sich nicht erlauben kann Trauer zu es zeigen, er hat es verlernt! Er kann es nicht mehr! DESSHALB, dachte Zira sich voller Hass, beherrschte sich jedoch und zuckte nur die Schultern. „Und warum hast du meine Mutter geschlagen? Sie ist die Königin und hat doch nur versucht dich zu trösten, ich finde du hättest nicht so ausrasten sollen.“ Okay, das war endgültig genug von diesem Königsbalg! „Ach, du findest ich bin AUSGERASTET“, schrie Zira Simba augenblicklich an und sprang wütend auf „Simba, du hast keine Ahnung! DU bist nichts weiteres, als ein kleines, vorlautes, rotzfreches, unsensibles, verzogenes Junges, dessen ‚Mähne‘ nicht mal die Länge meiner Kralle erreicht! Also tu mir und dem Rest der Welt den Gefallen und... NERV mich einfach NICHT! HALT. DEIN. MAUL.“, brüllte Zira und konnte sich einfach nicht mehr beherrschen, denn die Verführung und der Drang dazu waren einfach zu groß – sie schlug zu. Sie schlug Simba so fest in Gesicht, dass er ein paar Meter über den Boden schlitterte. Völlig entsetzt rieb Simba sich die Wange und sah ungläubig zu Zira, welche einen Moment selbst von sich erschrocken war. „Sei froh das ich die Krallen eingefahren hatte.“, fauchte sie ihn an und stampfte wütend weg. Dieses unverschämte Balg! Sollte er doch jemand anderes nerven! Zira würde ihn ganz bestimmt nicht vermissen. Als sie am selben Abend teilnahmslos bei den anderen Löwinnen lag und ihren Gesprächen lauschte, kam Simba in die Gruppe gelaufen und kuschelte sich zu Sarabi. Es schien als wollte er etwas sagen, doch als Zira ihn aus ihren rotbraunen Augen anstarrte, schloss er den Mund wieder und hörte ebenfalls nur den Löwinnen zu. Und das war besser so… für sie. In den darauffolgenden Tagen fraß Zira kaum noch, man hätte sagen können dass sie in eine regelrechte Depression verfiel. Sie lag die meiste Zeit nur am Wasserloch und kam abends zu den Löwinnen um ihnen bei ihren Gesprächen zuzuhören, denn das lenkte sie etwas ab. Scar war sowieso zu beschäftigt. Er war viel bei den Hyänen in letzter Zeit und innerlich hoffte Zira auch, dass er seinen Plan bald umsetzen würde. Dieser Plan hatte für sie nie erste Priorität gehabt, ihre Jungen waren ihr immer wichtiger gewesen, aber jetzt, wo sie weg waren, war das nicht mehr so. Um ehrlich zu sein war es ihr egal was überhaupt noch passieren würde. Es sollte einfach irgendetwas passieren. Als die Sonne unterging lief Zira ohne sich auch nur kurz von den anderen zu verabschieden, in Scars Höhle und streckte erst mal das Kreuz durch, ehe sie sich auf den Boden fallen ließ und mit halbgeschlossenen Augen auf die Felswand vor sich starrte. Sie hatte mal irgendwo in der Felsmusterung einen Löwenkopf gesehen, da war sie sich sicher und den wollte sie unbedingt wiederfinden. Ihr war jede Art von Ablenkung recht um diese Leere in der sie sich befand zu füllen. Scar würde doch sowieso nicht kommen, zumindest nicht in der Zeit in der sie es mitbekommen würde. Er kam doch irgendwann, mitten in der Nacht und war wenn sie jagen war wieder verschwunden. Und selbst wenn… Egal wie sehr Scar auch versuchte sie aufzuheitern, ob es nun Worte oder körperliche Zuwendung war, mehr als ein kurzes Schmunzeln brachte er bei ihr nicht zustande. Doch überraschenderweise ertönten bereits kurze Zeit später Scars Schritte in die Höhle und Zira hob den Kopf. Scar sah unnormal fröhlich für seine Bedingungen aus, was in Zira sofort ein berechtigtes Misstrauen weckte. „Ah, Zira, sehr schön, du bist schon da.“, begrüßte er sie. Verwundert zog sie eine Braue hoch. „Ja, wie jeden Abend… Was ist?“ „Was sollte sein?“ „Ach komm schon, seh dich an. Warum bist du so glücklich?“, fragte sie. „Ach, habe ich nicht das Recht dazu?“ Zira seufzte genervt. „Lächel‘ so süffisant wie du willst, aber was stimmt nicht mir dir? So bist du doch sonst nicht.“ „Nun ja Zira, ich habe wundervolle Neuigkeiten.“, schwärmte Scar mit seinem typischen, verschlagenen Grinsen im Gesicht und schlich um Zira herum. „Was denn?“, fragte sie. „Rate mal wer morgen sterben wird…“ Aha, daher wehte der Wind, das erklärte so ziemlich… alles. Ein Lächeln umspielte Ziras Gesicht und sie konnte sich ein Kichern einfach nicht verkneifen. So viel Gehässigkeit musste einfach sein. „Simba und Mufasa?“, gab sie zur Antwort, auch wenn diese im Grunde klar war. „Erraten… Und wenn alles richtig läuft, wirst du schon morgen Abend Königin sein…“, sagte Scar mit diesem verführerischen Unterton in der Stimme, dem Zira nur schwer wiederstehen konnte… Aber nicht heute. Beim besten Willen, sie hatte einfach keine Lust. „Königin… Du sagst das so leicht.“, meinte Zira, einfach um irgendwas gesagt zu haben. Sie wollte das unvermeidliche so weit es nur ging herauszögern, denn Scar hatte sie nun schon ein paar mal umkreist und fuhr ihr immer wieder zärtlich mit der Zunge über die Lende. Zira war auch nur doppelt so doof wie sie aussah, sie verstand natürlich auf was Scar hinauswollte und sie hatte nicht mal ansatzweiße Lust dazu. Im Gegenteil, das war das letzte was sie jetzt gebrauchen konnte. „Vergiss es, lass das sein“, fuhr sie ihn scharf an und stand augenblicklich auf „Ich fass es nicht, ich glaub das einfach nicht! Zwei Wochen Scar, zwei Wochen, wenn überhaupt, ist… DAS jetzt her u-und du denkst schon an das nächste?!“, fauchte sie und sah erzürnt zu ihm, ehe sie völlig aufgebracht aus er Höhle stampfte. Mit einer Mischung aus Verlegenheit und Unzufriedenheit sah Scar ihr nach. Okay, das war eben vielleicht ein bisschen unsensibel von ihm gewesen, aber spätestens wenn Zira Königin wäre, müsste auch sie die Augen aufmachen: Scar würde einen Erben brauchen, einen Thronfolger und zwar einen männlichen. Und das einzige Junge das er in Betracht gezogen hätte, war Kwanza. Doch der war tot. Er wusste doch selber dass das alles nicht leicht war, weder für sie noch für ihn, aber Scar würde irgendwann einen Thronfolger brauchen. Zira konnte sich nicht für ewig an ihre Jungen festklammern, irgendwann müsste sie das einsehen. Doch Scar kannte Zira: Sie beruhigte sich so schnell, wie sie sich aufgeregt hatte… Morgen früh würde die Welt schon wieder ganz anders aussehen. Zira für ihren Teil, stolperte währenddessen wütend durch die Savanne und blieb wieder an dem Baum stehen, der genau am Abhang zu Schlucht wuchs. Sollte Zira… sollte sie wenigstens einmal einen Blick erhaschen? Vielleicht fand sie ja ein paar Fellfetzen… Eine kleine Erinnerung… Einen Geruch… Irgendwas. Langsam arbeitete Zira sich im Dunkeln an mehreren Felsvorsprüngen herunter, bis sie schließlich festen Boden unter den Füßen hatte. Zira fühlte sich unwohl als sie sich die Schlucht genauer ansah. Die riesigen Felswände wirkten auf sie so unheimlich und erdrückend, völlig übermächtig. Bei Nacht sah hier einfach alles furchterregend aus. Sie schlich ein paar Mal um die Stelle herum, an der die Kleinen aufgeprallt sein mussten, fand jedoch nichts. Nichts, gar nichts, es roch nicht mal nach Aas. Wahrscheinlich kamen ein paar Geier oder Hyänen oder Schakale und hatten alles beseitigt. Im Grunde konnte Zira froh darüber sein. Sie hatten ihr wahrscheinlich einen grausigen Anblick erspart. Zira wollte grade umkehren, doch plötzlich stockte sie. Sie wusste wie sie hier runter gekommen war, aber bei dieser Dunkelheit wieder hochklettern? Sie würde sich das Genick brechen! Also suchte sie sich einen kleinen Unterschlupf und rollte sich müde ein. Wenn es morgen wirklich diese Massenpanik in der Schlucht geben sollte, müsste sie so schnell wie möglich verschwinden. Doch jetzt war sie zu müde um nachzudenken. Sie würde schon pünktlich wach werden, denn ‚Schlaf‘ war in letzter Zeit sowieso ein Fremdwort geworden. Kapitel 43: Lang lebe der König ------------------------------- Am nächsten Morgen nahm Zira mit entsetzten wahr, dass die Sonne schon lange auf war. Und sie wusste auch, dass Scar mit seinem Plan auf nichts und niemanden warten würde, auch nicht auf sie. Sie war auf ihre eigene Gefahr hier her gekommen, sie wusste dass sie es nicht hätte tun dürfen, aber nun war es auch zu spät. Aber eine Sache verwunderte sie dann doch: Seit Tagen hatte sie kein Auge mehr zubekommen und wurde regelmäßig von Alpträumen aus dem Schlaf gerissen und gerade jetzt hatte sie bestens durchgeschlafen? Hier stimmte doch was nicht. Aber sie müsste hier jetzt herauskommen, das hatte oberste Priorität. Zira blinzelte sich müde den Schlaf aus den Augen und begann dann geschickt die Felsvorsprünge hinaufzuklettern. Die Gnuherde, die wohl bald durch diese Schlucht gejagt werden würde, graste jetzt noch friedlich, etwas entfernt von ihr. Völlig unbekümmert, nichtahnend was bald passieren würde. Denn wer weiß? Vielleicht würde es ja auch Tote unter den Gnus geben, warum nicht? Aber das wäre vielleicht sogar praktisch, immerhin könnte Zira sich so das Jagen ersparen, zumindest… kurzzeitig. Noch etwas verschlafen lief sie, ziemlich teilnahmslos, an der Gnuherde vorbei, als sie aus einer kleinen Höhle, nicht weit entfernt von den Gnus, drei wohlbekannte Stimmen hörte. „Hey Leute, was macht ihr da?“, fragte Zira und sah grinsend zu Shenzi, Banzai und Ed. Sie brauchte jemanden der sie zum Lächeln brachte, da kamen ihr die Hyänen nur gelegen. „Willst du uns umbringen? Leise“, fauchte Shenzi jedoch giftig und zog Zira zu sich „Wenn die Gnus dich oder uns sehen, hören oder riechen wird alles schief gehen und Scar wird uns erschlagen.“ „Apropos Plan“, meinte Zira „Könnt ihr mir den vielleicht noch ein letztes Mal erklären?“, fragte sie flehend. „Ey, das gibt’s doch nicht“, zischte Shenzi genervt „So, jetzt noch mal in einer Sprache, die sogar ein Ed-Embryo verstehen würde“ sie schnaufte genervt „Wir tun Massenpanik auslösen. Bei Gnus! Gnus sein diese Tiere, da! Scar tut Simba in Schlucht bringen. Schlucht ist das große Erdloch, da! Dann Gnus sein in Schlucht und zertrampeln Simba. UND DANN kommt Scar mit Mufasa. Mufasa dumm und wollen retten Simba. Und am Ende sind beide tot! KABOOM! Genickbruch! Plattgewalzt! Kapiert?“, fragte Shenzi. Zira verdrehte jedoch nur genervt die Augen. Shenzi konnte, wenn sie wollte, einfach nur bekloppt klingen. „Jaja, schon gerafft. Auf was wartet ihr eigentlich?“, fragte Zira dann. „Auf Scars Zeichen. Wenn er an dem Felsen da steht, können wir die Viecher in die Schlucht treiben und dann… DANN sind wir auch mal dran mit einem schönen Leben!“, lachte Shenzi und sah verträumt drein. „Ja, dann gibt’s Futter bis zum überlaufen!“, bestätigte Banzai und klatschte vergnügt in die Pfoten. „Ja, so richtige Fressorgien!“ „Oh ja, wir werden ganze Gnufamilien auslöschen!“, bestätiget Banzai und lachte gespielt böse. „Na meinetwegen, aber ICH bin immer zuerst mit fressen dran, immer noch, denn ICH bin das Weibchen!“, wand Shenzi sofort ein. „Ja, und zu allem Überfluss noch meine Freundin, das macht verstärkt das alles noch mehr. Da heißt es dann Ladies First, was?“, meinte Banzai mit einem neckischen Unterton in der Stimme „Obwohl, du und eine Lady…“ „Wenn ich du wäre, wäre ich jetzt ruhig“, murrte Shenzi und wand sich zu Zira „Apropos Futter: Schon aufgeregt? Schließlich wirst du heute Abend Königin.“ Zira zuckte die Schultern. Sie hatte sich noch nicht allzu viele Sorgen deswegen gemacht. So blöd es klang, aber sie hatte in letzter Zeit andere Sogen gehabt. „Aber was hat das eigentlich mit Futter zu tun?“, fragte sie jedoch. „Ach, eigentlich nichts, aber immer wenn ich an Fressen denke, denke ich daran, wie lecker Könige sind Ahadi war wirklich gut!“ Zira sah auf. „Oh… Ihr habt seinen Kadaver gefressen?“ „Ja! Als wir vom Tod des großen Königs gehört haben sind wir sofort auf die Suche nach seinen Überresten gegangen und ich muss sagen dass, wer auch immer den Bastard um die Ecke gebracht hat, das richtige getan hat.“, bestätigte Banzai grinsend. Ed lachte plötzlich laut auf und begann wie wild im Kreis rumzuhüpfen. „Was geht denn bei dem ab?“, fragte Shenzi und sah verwundert zu ihm. Manchmal war in Ed sogar heute noch ein Rätsel. Jetzt zum Beispiel. „Ach, ignorier ihn einfach, er will nur Aufmerksamkeit.“, meinte Zira. „Ne ernsthaft, da stimmt was nicht… Banz’ übersetz mal schnell.“, verlangte Shenzi. Banzai spitzte die Ohren und hörte angestrengt zu. Manchmal hatte sogar er Probleme Ed zu verstehen, dabei war er derjenige der Ed am besten verstand. Banzai verstand fließend Eds Gebrabbel, er ‚sprach‘ es zwar nicht, aber das war ja auch unnötig, immerhin verstand Ed sie ja alle. „Also… er sagt… Wartet… Aha! Er sagt dass sein Rücken kratzt.“, meinte Banzai genervt. „Ach Ed, nicht jetzt! Wir müssen gleich was wirklich Dringendes machen!“, motzte Shenzi genervt. „Diesmal kratz ich ihm nicht den Rücken“, wand Banzai sofort ein, als alle Blicke auf ihn fielen „Mach du das doch Shenzi!“ „Bäh, nein, wer weiß wo Ed schon alles lag! Am Ende hol ich mir noch die Krätze oder so!“ „Aber ich mach das sonst dauernd! Meine Krallen gehen davon schon kaputt, siehst du“ Zum Beweis hielt Banzai Shenzi seine abgenutzten Krallen vor die Nase „Und deine sind viel länger!“ „Ja, damit ich euch weh tun kann wenn ihr mir zu viel werdet“, gab Shenzi zurück „Zudem sind deine nur so abgenutzt weil du zu viel über Felsböden läufst.“ „Aber…“ Ja. Und so ging das jetzt mindestens fünf Minuten lang. Eds Rücken kratzte immer noch und Zira saß nur mit einem völlig genervten Blick da, fragte sich was sie hier überhaupt noch wollte und sah mitleidig zu Ed, der auf dem Rücken lag und diesen hysterisch am Boden rieb. „Na komm schon Ed, erlösen wir dich von deinen Qualen…“, murmelte Zira, fuhr die langen, schwarzen Krallen aus und begann seufzend Eds Rücken zu kratzen. Und sie machte es nur sehr ungern. Sie wusste dass Ed Flöhe, vielleicht sogar noch schlimmeres, hatte, von dem sie nichts abbekommen wollte. Und Ed zu kratzten war immer irgendwie gewöhnungsbedürftig, denn… Nun ja, er sah dabei so befriedigt aus als hätte er einen… Orgasmus. Zira konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als Ed nun auch noch anfing mit den Hinterbeinen zu zucken wie ein Hund. „Aber ich will nicht!“, motzte Banzai. „Ach Leute, kommt schon!“, knurrte Zira. Shenzi und Banzai drehten sich zu ihr und stellten begeistert fest, das Zira die Drecksarbeit wohl schon übernommen hatte. „Junge, der braucht keine Freundin, bei dem reicht es wenn man ihm an Rücken kratzt“, meinte Zira halb ernst, halb Spaßend „Ich muss los und dieses Gespräch hat nie existiert. Also dann, wir sehen uns, wenn alles klappt schon heute Abend.“, verabschiedete sie sich. „Jup, bis dann!“, meinte Shenzi. Ed lag nur völlig teilnahmslos am Boden und zuckte noch immer mit den Hinterbeinen und Banzai starrte auf die Gnus und seinem Blick nach zu urteilen hatte er verdammt großen Hunger. Als Zira am Königsfelsen ankam, legte sie sich angespannt in Scars Höhle. Bald ehemalige Höhle, dachte sie sich im Stillen. Nicht dass sie diese Höhle nicht mochte, sie war gemütlich, aber gleichzeitig einfach schäbig. Jeder Gepard fand etwas Besseres als das hier. Doch wenn sie König und Königin waren, mussten sie nicht mehr in der kleinen Höhle schlafen. Dann konnten sie endlich wieder in die große, windgeschützte… Ja, sie hatten dort sogar ihren eigen kleinen Teil, in dem eigentlich immer Mufasa, Sarabi und Simba schliefen. Ja, wie süß das Leben doch werden konnte… Zira konnte einfach nicht in Ruhe sitzen! Sie musste sich jetzt ganz dringend ablenken, sonst würde sie platzen. „Hey Sarabi, Sarafina! Wo ist Simba?“, fragte Zira, scheinbar beiläufig, als sie die Höhle verließ und die Löwinnen auf der großen Grasfläche vor ihr sitzen sah. „Keine Ahnung, wahrscheinlich ist er wieder am Wasserloch, spielen oder so.“, antwortete Sarabi. In diesem Moment fiel Ziras Blick auf die andere Seite des Königsfelsens. Mufasa stand dort, Zazu auf der Schulter. Und Zira sah Scar, ganz kurz, wie er irgendwas zu Mufasa sagte. Sie konnte sich denken was, spätestens nachdem sie sah wie er, Scar und Zazu plötzlich losrannten, beziehungsweise flogen. Ja, jetzt musste nur noch alles glatt laufen… „Ähm, wollen wir uns vielleicht ein Zebra schnappen? Hinten, am Wasserloch hab ich ein paar gesehen. Wenn wir uns beeilen bekommen wir noch eines ab.“, schlug Zira schnell vor. Nala, die plötzlich wie aus dem nichts zwischen den Beinen ihrer Mutter hervorgekommen, dicht gefolgt von Mheetu, sah bettelnd zu Sarafina. „Mama, wir wollen auch mitkommen! Bitte! Ich will dir endlich auch beim jagen zusehen!“ „Na meinetwegen. Aber schnell, wenn es stimmt was Zira sagt, müssen wir uns beeilen.“ Die drei Löwinnen und Nala und Mheetu waren schnell am Wasserloch und, obwohl Zira vorhin gelogen hatte, stand dort wirklich eine Gruppe Zebras. Entweder war das extrem gutes Timing, oder die Viecher standen da schon den ganze Tag. Sarafina setzte Mheetu und Nala auf einem Stein ab, dann ging sie zu ihren Freundinnen. „Was haltet ihr von der Stute, die ganz außen?“, fragte Sarabi. „Nein, lieber nicht. Die Stute ist sehr kräftig“, wiedersprach Zira „Schau dir ihre großen Hufe an. Das kann schmerzhaft werden. Besser würde ich mir die kleine, dünne Stute holen, die grade trinkt. Da müssten wir zwar durch die Herde, aber dafür ist das Opfer wehrloser.“, wand Zira ein. Etwas genervt rollte Sarabi die Augen. „Und was sagst du dazu, Sarafina?“ „Ich bin Ziras Meinung.“ Ein selbstgefälliges Grinsen huschte über Ziras Gesicht. Aber an Ziras Anweisungen würde Sarabi sich noch gewöhnen müssen. „Also gut. Zira, wir machen das so: Ich und Sarafina treiben den Großteil der Gruppe vom Wasserloch. Zira, du bist die schnellste von uns, du holst dann die dünne Stute ein und wenn du sie ins Abseits getrieben hast, kommen ich und Sarafina dazu.“, erklärte Sarabi. Zira ging auf ihre Position und wartete auf ihr Stichwort. Nach der erfolgreichen Jagd hatten sich die Löwinnen und Nala den Bauch reichlich vollgeschlagen und hatten noch über dies und das geredet. Da es inzwischen dämmerte, liefen die drei Freundinnen, Nala und Mheetu zurück zum Königsfelsen. Niemand hatte die Massenpanik in der Schlucht bemerkt. Sehr gut... Doch Unsicherheit breitete sich in Zira aus, weshalb sie sich ständig umsah. Scar war noch immer nicht da. Was wenn ihm etwas passiert war? Zira dachte lieber gar nicht daran und legte sich stattdessen zu den anderen Löwinnen. Scar würde schon früher oder später kommen. Schon kurze Zeit später sahen die Löwinnen Zazu wie einen Wahnsinnigen auf sie zufliegen. Er sah völlig fertig aus, war total aufgelöst, er sah einfach nur… schrecklich aus. Er tat Zira fast schon Leid… fast. „Zazu, was ist passiert?“, fragte Sarabi und sah besorgt zu ihm. „Majestät, der, der König, die Schlucht… ich… ich … Das wollte ich nicht, ich wollte Hilfe holen! Die Gnus! Mir… es tut mir so leid!“, schluchzte er und lief wie ein aufgescheuchtes Huhn im Kreis herum. „Was? Zazu…Was… was ist mit Mufasa?“ Sarabis Stimme klang zittrig. Sie schien sich wohl schon das schlimmste auszumalen, doch Zira wusste dass da immer noch Hoffnung in ihr war. Zazu übertrieb gerne… warum auch nicht diesmal? Dann sah Zira Scar in die Szene treten. Er sah traurig und erschüttert aus. Aber er war ein wunderbarer Schauspieler, so glaubte Zira nicht im geringsten das ihm irgendwas Leid tat, oder sein trauervoller Gesichtsausdruck echt war. „Sarabi… Es… es gibt schlechte Neuigkeiten…“, brachte Scar stockend hervor „Versammle bitte die Löwinnen.“ Sarabis legte bei den Worten Scars‘ erschrocken die Ohren an und man sah das sie Angst hatte – richtig Angst, vor dem was jetzt kommen würde. Sie hoffte wohl immer noch dass das alles nur halb so schlimm sein würde, auch wenn die Vorahnung ihr Angst machte und Verzweiflung aufwirbelte, aber zum allerersten Mal würde sich die große Königin gewaltig irren. „Mufasas Tod ist eine furchtbare Tragödie; doch Simba zu verlieren, der sein ganzen Leben vor sich hatte ist für mich ein ganz besonders schmerzlicher Verlust. Und somit übernehme ich nur schweren Herzens die Nachfolge als König.“ Nachdem Scar die schmerzlichen Neuigkeiten verkündet hatte, Zira saß nur völlig ausdruckslos bei den anderen Löwinnen, stiegen Sarabi Tränen in die Augen. Man sah dass sie mit sich zu kämpfen hatte. Zira bewunderte sie für ihre Tapferkeit. Sarabi hatte soeben alles was ihre lieb und teuer war verloren. Simba, ihren kleinen, geliebten, von vergötterten Sohn und Mufasa… Die Liebe ihres Lebens. Und trotzdem blieb sie so verdammt stark. Nein, Zira könnte das nicht. Sie bewunderte Sarabi. Sie war so unglaublich stark. Zazu versuchte Sarabi zu trösten. Masila, Sarabis Mutter, stand neben ihr und legte tröstend den Kopf über den ihrer Tochter. Und Zira konnte ein Seufzen einfach nicht mehr unterdrücken. Wie fertig Sarabi dastand… War es das wert? Doch gleichermaßen war es ein Seufzen der Erleichterung, nämlich darüber dass das alles endlich vorbei sein würde. Doch plötzlich setzte Scar nochmals Wort an. Er schien noch nicht fertig zu sein. „Doch aus der Asche dieser Tragödie steigen wir empor, um das kommende neue Zeitalter zu begrüßen.“, fuhr er fort und Zazu und die Löwinnen blickten auf. Am Königsfelsen erkannte man schwarze Schatten und plötzlich lag ein fauler, verwesender Geruch in der Luft. Diesen Geruch kannte Zira vom Elefantenfriedhof, dort roch es immer so komisch. „Indem Löwen und Hyänen sich vereinen, für eine große und glorreiche Zukunft!“, beendete Scar schließlich seine Rede und erklomm die Spitze des Königsfelsens, während hinter ihm die Schatten der Hyänen an den Felswänden erschienen und man langsam das typische Hyänengelächter hören konnte. Doch Zira kannte die wahren Hintergründe dieses Gedankens: Scar musste den Hyänen nur ihren Anteil geben. Wäre er ‚einfach so‘ König geworden und hätte die Hilfe der Hyänen nie in Anspruch genommen, dann würden sie, wenn es nach ihm ginge, da bleiben wo sie waren. Er empfand weder Freundschaft noch Sympathie für sie. Nicht wie bei Zira, die mit den dreien nur zu gern rumblödelte. Für Scar waren sie waren nur Mittel zum Zweck, die jetzt ihren Lohn bekamen. Das entsetzten über die Hyänen war den Löwinnen ins Gesicht geschrieben. Sie konnten es nicht fassen – Hyänen? „Und nun begrüßt eure neue Königin… Zira.“ Zira war für einen Moment völlig perplex, sie war mit anderem beschäftigt, mit ihren eigenen Gedanken. Sie war noch zu sehr mit dem Bemitleiden von Sarabi beschäftigt, dass sie für eine Sekunde gar nicht reagierte. Erst als alle Blicke auf sie fielen, raffte sie sich auf und ging erhobenen Hauptes zu Spitze des Königsfelsens. Sie wollte dabei aber auf keinen Fall Schadenfroh oder glücklich wirken, das konnte sie Sarabi nicht antun. Also behielt Zira diese leere Miene bei und sah ausdruckslos und dennoch mit einer gewissen Würde zu den Löwinnen, die langsam aber sicher von den Hyänen umringt wurden. Was heißt hier umringt? Die Hyäne kamen eben, sie waren nicht auf Angriff. „Wir haben’s geschafft Zira“, drang nun Scars Stimme an ihr Ohr „Wir haben es wirklich geschafft…“, flüsterte er ihr mit diesem fiesen Grinsen zu. Ein kurzes Lächeln umspielte Ziras Lippen, ehe sie wieder so ausdruckslos dreinblickte wie zuvor. Ja, Scar hatte es geschafft. Er hatte es tatsächlich geschafft. Er. Nicht sie. Sie hatte nie hiernach gefragt, das war sein Verdienst. Kapitel 44: Von Hitze und alten Freunden ---------------------------------------- „Aber ich will das nicht fressen!“ Trotzig verschränkte Samangi die Vorderpfoten und starrte angewidert auf den Fisch vor ihren Pfoten. „Aber irgendwas musst du doch fressen, hast du denn keinen Hunger?“ Tumaini versuchte Samangi mit einem kleinen Stups etwas aufzumuntern, doch leider schlug sie fehl. „Nun komm schon Samangi, ich mach auch den ersten Bissen.“, meinte Kwanza und hoffte seine Schwester so aufheitern zu können. „Ich will was richtiges fressen! So wie Mami es uns immer gejagt hat.“, maulte Samangi. Sie war zwar jetzt schon seit einigen Wochen bei Tumaini und hatte diese auch sehr, sehr lieb gewonnen, aber was das Futter anging… Nein, das war schrecklich. Tumaini war keine gute Jägerin, sie selbst fraß überwiegend Insekten und Grünzeug. Manchmal sogar Fisch, den sie in einen der vielen Flüsse hier fing. „Schatz, willst du vielleicht lieber Aas von gestern fressen?“ Mit diesem Argument gewann Tumaini eigentlich immer. „Nein, aber… Ich will ein Gnu oder ein Zebra oder zumindest… weiß auch nicht, ich will einfach nicht das da.“ Tofauti, die bisher stillschweigend dagesessen war, hatte keine Lust mehr zu warten und nach einfach den ersten Bissen aus dem Fisch. Lieber fraß sie den als gar nichts. „Hey, Samangi, das schmeckt doch gut, ich weiß gar nicht was du hast.“ „Dann fress ihn doch.“ Trotzig machte Samangi kehrt und ließ ihre Geschwister und Tumaini etwas konfus stehen. Sie hatte sie ja alle gern, aber… sie vermisste ihre Mutter. Und das schlimme war dass die Erinnerung an ihre Eltern mit jedem Tag blasser wurde. „Süße? Hey, Samangi, schau mal, ich hab’s geschafft ein paar Wildhunden Fleisch zu klauen. Du magst doch Zebra, oder?“ Samangi sah auf die Fleischlappen die Tumaini ihr vor die Pfoten gelegt hatte und gab dann ein langes Seufzen von sich. „Warum kannst du nicht selber jagen?“, fragte Samangi und begann jedoch nur ein paar Sekunden später von dem Fleisch zu fressen. „Weißt du, ich mag vielleicht ein zu großer Schakal sein, aber gegen Zebras und Gnus hab ich trotzdem keine Chance.“ „Ach so…“ Bedrückt sah Samangi zu Boden „Tumaini, ich mag dich ja, aber ich vermisse Mama.“ Irgendwie versetzte das dem Schakal einen Stich im Herzen. Sie hatte die Kleinen so lieb gewonnen und sie herzugeben… Nein. Ganz im Ernst, nein! Wenn ihre Mutter sich um sie geschert hätte, hätte sie sie längst geholt, sie hätte sie längst gesucht und gefunden! Eine Mutter die ihre jungen wirklich liebt sucht solange bis sie findet, verdammt! „Weißt du“, riss Samangi Tumaini aus ihren Gedanken „irgendwie hab ich Angst dass ich meine Eltern mal vergessen werde. Weil irgendwie verschwindet jeden Tag immer mehr ein Teil von ihnen aus meinem Gedächtnis. Ist das denn normal?“ „Ach, weißt du“, begann Tumaini „ihr wart alle so klein wo ich euch gefunden habe, natürlich werdet ihr euch nicht mehr an eure Eltern erinnern wenn ihr groß seid.“ Das war es was Samangi die Tränen in die Augen schießen ließ. „Aber, aber…“, schluchzte sie „… ich will sie nicht vergessen, weil… sie sind doch meine Eltern und…“ „Weiter kam sie nicht, denn Tumaini hatte sofort beruhigend die Pfoten um sie gelegt. „Psssst, ganz ruhig. Süße, schau mal: Ich hab euch drei sehr leib, fast so sehr wie meine eigenen Jungen… Wenn ich welche hätte… Äh, jedenfalls liebe ich euch alle drei und ich werde alles dafür tun dass ihr ein schönes Leben haben werdet, ja?“ „Aber was wenn-“ „Pssst, nichts ‚wenn‘. Alles wird gut meine Süße, versprochen.“ „Wirklich?“, schniefte Samangi. Überzeugt klang sie nicht. „Ja, wirklich. Ich werde solange auf euch aufpassen bis der Zeitpunkt kommt an dem ihr auf mich aufpassen müsst.“ „Wie meinst du das?“ „Lass es mich mal so sagen: Ein erwachsener Löwe könnte einen Schakal locker töten, ja?“ „Oh… Das… das will ich aber nicht machen“, wand Samangi ein und drückte sich noch stärker an Tumainis Brustfell „Du bist kuschelig.“ „Bin ich das? Na ja, wenn du das so empfindest.“ Tumaini musste bei Samangis Anblick lächeln und leckte ihr den kleinen Fellbüschel zur Seite. „Willst du schlafen, meine Süße?“, fragte sie die kleine Löwin. „Ja, aber… Morgen gehen wir zusammen jagen, okay? Ein bisschen können wir ja schon jagen.“ „Wirklich? Na das will ich natürlich sehen. Aber kommst du mit? Ich hab deine Geschwister schon viel zu lange aus den Augen gelassen, das macht mir Sorgen.“ „Vielleicht wurden sie ja von ihrer Blödheit getötet.“, meinte Samangi und stand schwerfällig auf. „Hey, wie tickst du denn? Warum so gehässig?“, fragte Tumaini und sah sich ein wenig besorgt nach Tofauti und Kwanza um. „So bin ich halt.“, antwortete Samangi. Doch sie stoppte, als Tumaini wie gebannt stehen blieb und stur geradeaus sah. „Tumaini? Was ist da?“, fragte Samangi beunruhigt. „Samangi, bleib hier stehen, rühr dich nicht.“ „Und du?“ „Ich komm klar. Bleib einfach hier sitzen, mach dich ganz klein und sei bloß still!“, bläute Tumaini ihr ein und war mit schnellen, großen Sätzen zwischen dem Gras verschwunden. Ein paar Minuten lang starrte Samangi nur völlig starr und gebannt geradeaus, ihre Anspannung war regelrecht greifbar gewesen, doch als sie endlich Kwanzas wohlbekannte Stimme erhörte, fiel ihr ein Stein vom Herzen. „Kwanza“, rief sie erleichtert aus „Was war denn?“ Tumaini setzte Tofauti, die sie im Maul gehalten hatte, auf dem Boden ab und seufzte genervt. „Ach, nur ein paar junge Geparden die sich einen Spaß daraus gemacht haben mir einen Schrecken einzujagen.“ „Also ist alles okay?“ „Jaja, alles gut“, antwortete Tofauti und lief auf Samangi zu „Ich hab einen Schmetterling gesehen, einen gaaaanz bunten, der war so groß!“, erzählte sie stattdessen aufgeregt und fuchtelte mit den Pfoten umher, um ihre Erzählung zu unterstreichen. „Blödsinn, der kam dir nur so groß vor weil du so klein bist.“, widersprach Kwanza. „Ach, sei doch ruhig Kwanza, ich wachs halt noch.“, murrte Tofauti und gähnte kurz. „Ohhh, bist du etwa müde?“, zog Kwanza sie auf. „Gar nicht!“ „Kwanza, sei nicht so gemein. Aber vielleicht sollten wir jetzt wirklich schlafen gehen, es wird schon dunkel.“, schlug Tumaini vor. „Okay, kommt.“ „Kwanza, du bist hier nicht der Boss.“, wies Tumaini ihn scharf zurecht. Der Kleine Löwe war manchmal eine wirkliche Herausforderung. „Ist ja gut, ich komm ja schon…“, murrte er eingeschnappt und trottete gehorsam hinter seinen Schwestern und Tumaini her. Seit Mufasas und Simbas Tod war inzwischen gut ein Jahr vergangen. Die Löwinnen lachten sogar wieder. Heute war ein besonders heißer Tag und nur mit Mühe hatte Zira sich aufgerappelt und war mit den Löwinnen jagen gegangen. Noch schwerer war es gewesen die Beute auch wirklich zu schnappen, aber sie hatte es geschafft… Irgendwie. „Na, euer Majestät…“, begrüßte Scar Zira und klang dabei auf eine gewisse Art und Weise neckisch. Er nannte sie eigentlich nie ‚Majestät‘, aber wenn er es tat dann hatte es immer so einen fast schon abwertenden Unterton. Sie selbst sagte sich jedoch immer nur dass er sich einen Spaß daraus machen wollte. Immerhin war sie zwar jetzt seine Königin, aber das hatte nichts zwischen ihrer Beziehung geändert. Es machte keinen Unterschied ob er oder sie nun König oder Königin war, sie sprangen noch immer so wie zuvor miteinander um. „Jaja, das übliche.“, meinte Zira und sah fast schon sabbernd zu dem Büffelkadaver, den die Löwinnen angeschleppt hatten. Doch, eine Sache hatte sich geändert: Das verdammte Privileg des Futters. Scar beanspruchte, nur um seinen Rang und seine damit verbundene macht zu zeigen, aus irgendeinem Grund immer den ersten Bissen der gerissenen Beute. Erst wenn er fertig war hatten Zira und die Löwinnen überhaupt das Recht dazu zu fressen. Sie nahm es ihm nicht groß übel, sie konnte es irgendwie ja verstehen, aber dennoch fand sie eine solche zur Schaustellung seiner Macht ein wenig zu viel des Guten. Aber zurück zu den Löwinnen: Seit der ganzen Sache mit Mufasa und Simba hatten sie sich geändert, vor allem Sarabi. Sie versuchten zwar in Scar ihren neuen König zu sehen und das alles hätte auch geklappt, wenn… Die Hyänen. Eigentlich hätten sie darüber hinweg sein können und alles wäre gut gewesen, gäbe es da nicht die Hyänen. Man konnte tun und lassen was man wollte, doch sie würden nie Freunde werden. Mit Ausnahme von Zira und den drei Hyänen. Ja, die waren so etwas Kumpel. Hungrig sahen die Löwinnen zu ihrer Beute. Sie warteten bis Scar fertig war, dann kamen auch Zira und die Löwinnen zum Fressen. Obwohl Löwen und Hyänen im selben Territorium lebten, jagten, fraßen und lebten sie völlig getrennt voneinander, es hatte sich wirklich nichts geändert. Im Grunde war es genau wie zu Anfang auch: Die Löwen mieden die Hyänen und andersherum. Sie sprachen nicht miteinander, zeigten keinerlei Interaktion und wenn doch, dann warfen sie sich nur feindselige Blicke zu. Sie hassten sich und seit einem Jahr hatte sich daran wirklich nichts geändert. Gar nichts. Aber Zira konnte das alles nicht verstehen. Warum konnten sich die Löwinnen und die Hyänen nicht wenigstens mal genauer kennen lernen und diese Vorurteile abstreifen? Sie verstand es wirklich nicht, bei ihr hatte es doch auch geklappt, warum also bei den anderen nicht? Aber ansonsten war das Leben im geweihten Land eigentlich sogar recht beschaulich, auch wenn Scar seine Pflichten nicht wirklich ernst nahm und sich lieber alles hinrichten ließ. Ja, er war schon immer ein fauler Löwe gewesen, daran hatte sich nichts geändert. Aber warum sollte er auch was tun? Es lief doch alles prima, es gab nichts was er hätte tun müssen, das regelte sich schon alles von ganz allein. „Ach Rafiki…“ Zazu seufzte schwerfällig „Wie lange sind sie jetzt schon tot?“ Der traurige Blick des blauen Vogels schweifte über den Horizont. Zazus Mutter, Zuzu, lebte inzwischen bei Rafiki, da sie vor den Hyänen Angst hatte. Sie hatte schon mehrere, nennen wir es mal ‚Attentate‘, überlebt und traute sich einfach nicht mehr zum Königsfelsen. Seit Mufasas Tod war Zazu viel und oft bei Rafiki und seiner Mutter zu Besuch. Einfach um sich die Einsamkeit zu nehmen. Scar war nicht Mufasa. Sie waren so verdammt unterschiedlich. Mit Mufasa konnte man lachen, man konnte mit ihm über alles Mögliche Witze reißen und Scar war so kühl und er hatte diese furchtbar sarkastische Art an sich, mit der Zazu einfach nichts anfangen konnte. Und ganz ehrlich: Mit Mufasa hatte Zazu einen guten Freund verloren. „Etwa ein Jahr…“, sprang Zuzu für Rafiki sofort ein, nachdem dieser nicht zu reagieren schien. Sie hatte in den letzten Monaten in Rafiki so was wie einen besten Freund und Mitbewohner gefunden. Rafiki war einfach toll, er war witzig, wusste auf jede Frage und jedes Problem eine Antwort und in seiner Gegenwart fühlte sie sich einfach sicherer. Aber Rafiki unterbrach eilig sein jetziges Tun und meinte ernst: „Wirklich tot ist man erst wenn man vergessen wurde, merkt euch das“ Er schmiss ein paar Kräuter in seinen Schildkrötenpanzer, den er seit Ewigkeiten hier rumliegen hatte „Friss das Zuzu, das sollte gegen deine Angstzustände helfen.“ Zuzu hatte in letzter Zeit öfters panische Attacken, vor allem wenn sie allein war oder Albtraum hatte. Sie träumte oft von Dämonenartigen, monsterähnlichen Hyänen, die sie und jeden den sie liebte, zu töten drohten, dann wachte sie mitten in der Nacht auf und bekam kaum noch Luft. „Ach Rafiki… Ohne euch beide wäre ich aufgeschmissen.“, meinte Zuzu dankbar. „Sag mal… Rafiki… Ich weiß nicht warum, aber irgendwie… ich habe ein seltsames Gefühl… wegen dem Wetter. Es ist dieses Jahr so heiß.“ Zazu sah nachdenklich durch das dichte Blätternest hinaus zum Horizont. Einen Moment sah Rafiki nachdenklich in den Himmel, dann wand er sich um und meinte: „Zazu, ich glaube du könntest sogar Recht haben. Irgendwas sagt mir, dass die Trockenzeit dieses Jahr sehr hart wird. Schau dir den Himmel an: Kein Wölkchen. Und die Herden, schau sie dir an Zazu: Sie spüren es. Sie werden weniger. Sie vermehren sich nicht mehr so stark. Sie spüren dass das Wetter schlechter wird und wenn das wirklich so weitergeht, dann werden sie woanders hingehen, wo das Land fruchtbarer ist. Und dann schaut euch die Hyänen an! Ich kann es ja verstehen, dass sie sich freuen, endlich genug zu fressen zu haben, aber sie sind völlig verschwenderisch. Sie lassen teilweise noch den halben Kadaver rum liegen, welcher dann einfach Futter für die Geier ist. Und selbst die kommen mit dem Fressen nicht hinterher. Scar zügelt die Hyänen einfach nicht und das ist ein Fehler.“, erklärte Rafiki. Zazu und Zuzu seufzten tief und sahen dann zum Horizont. Über das gelb-grüne Gras, hinter die Hügel, weiter südlich, wo das Gras satter war. „Wenn die Hyänen mit diesem verschwenderischem Getue weitermachen… Wer weiß wo wir landen. Hoffentlich werden die großen Könige uns noch Regen schicken“, meinte Rafiki, doch Hoffnungsvoll klang anders. Und wenn man den Blicken der Vögel folgte, immer weiter Richtung Süden, entlang der großen Schlucht, jenseits der Hügel und des großen Flusses, so kam man an einen Ort, der schöner gar nicht sein konnte: Saftiges, grünes Gras, große Herden, kaum Raubtiere. Es war ein beinahe schon paradiesischer Ort, auch wenn die vielen Sümpfe und Flüsse, mit all ihren Nebenarmen, nicht gerade der Traum für Katzen war. Doch die Tiere die hier lebten, wussten nichts von den Problemen einer Dürre. Und sie kannten wahrscheinlich nicht mal das Geweihte Land, zumindest nicht vom Sehen. Und was hier war? Tja, genau hier war dieses Land von dem Tumaini damals, vor einem Jahr, als sie die drei Löwenjunge gefunden hatte, gehört hatte. Das war dieses Land ohne Sorgen, hier lebte sie mit den Jungen einer Löwin die sie nie kennenglernt hatte. „Hey Schwesterchen, schau dir mal meine Mähne an! Siehst du, sie wächst doch! Na was sagst du bis jetzt dazu?“ Kwanza zeigte aufgeregt auf die paar Mähnenbüschel die auf seinem Kopf und langsam auch seinem Hals wuchsen. „Oh Kwanza, ich bitte dich! Bild dir mal auf das bisschen Mähne mal nichts ein!“, knurrte Samangi gelangweilt. „Ja, aber dafür bin ich der größte von uns vieren!“, lachte der Junglöwe, schüttelte elegant seinen kurzen, schwarzen Mähnenansatz und sah zu seinen Schwestern herunter. Ja, es stimmte, Kwanza war extrem groß! Zwar nicht übermäßig muskulös, aber viel größer als die meisten anderen Löwen in seinem Alter. „Aber Größe ist nicht alles!“, meinte Tofauti mit einem hinterhältigen Grinsen und sah ihn herausfordernd an. Sie war noch immer die kleinste, kam grade so mit Tumaini auf Augenhöhe, doch inzwischen hatte sie sich damit abgefunden. „Ah, will mein Schwesterchen etwa kämpfen?“, fragte Kwanza hochnäsig. „Dazu musst du mich erst mal fangen!“, knurrte Tofauti und wich einem Prankenhieb aus. „Ach Leute, wie alt seit ihr?“, seufzte Samangi genervt. „Genauso alt wie du!“, gab Tofauti zur Antwort. Samangi rollte genervt die Augen und sprang von ihrem Lieblingsfelsen herunter. Sie wollte ihre Zeit lieber nützlich verbringen. „Mama, wo bist du?“, rief sie und sah sich unschlüssig nach dem Schakal um. „BUH! Hier bin ich!“ Tumaini sprang hinter einigen Büschen hervor und kam auf ihre ‚Tochter‘ zu. Im letzten Jahr war sie eine wirkliche Mutter für sie geworden. Sie liebte ‚ihre‘ Jungen und hätte mit nichts und niemanden getauscht. Die drei gaben ihr das, was sie so lange gesucht hat: Geborgenheit. Sie fühlte sich geliebt und zu etwas nützlich, sie gaben ihr das Gefühl endlich mal Teil von etwas zu sein. Nicht mehr das verhasste, zu groß geratene Schakalweibchen zu sein, was jeder mied und auslachte. Und Tumaini empfand wirklich Muttergefühle für die drei. Zu sehen wie sie wuchsen, wie sie spielten, wie sie lernten… Sie liebte es. Und an dem Tag an dem sie anfingen sie ‚Mama‘ zu nennen war so was wie der glücklichste Tag ihres Lebens gewesen. Liebe. Das war alles was sie ihnen gegenüber empfand. Ein einziger Berg voll Liebe und sie versuchte sie regelrecht jeden Tag damit zu überhäufen, was aber früher, im Jungenalter einfacher gewesen war. „Hör mit dem Quatsch auf. Ich wollte dich was fragen.“, murrte Samangi. „Okay, was gibt’s denn?“ „Ich wollte dich fragen ob ich mit Tofauti schwimmen gehen darf.“ „Nein du weißt doch, nicht um die Tageszeit. Tofauti ist zu Lichtempfindlich dafür, lass die Idee lieber. Aber wir könnten heute Abend noch mal zum Fluss gehen.“, schlug Tumaini vor. „Also gut…“ Samangi wollte sich schon abwenden, doch ihr fiel noch etwas ein „Ach, und tu mir einen Gefallen: Sag Kwanza, er soll sich nicht zu viel über seine Mähne einbilden, langsam nervt das!“ „Klar Schätzchen.“, meinte Tumaini und grinste vielsagend. Irgendwie konnte sie Kwanza doch verstehen. Die erste Mähne war doch immer etwas ganz besonderes, immerhin war sie ein Zeichen dass man erwachsen wurde. Erwachsen… Oh je, wie Tumaini das hasste, ihretwegen hätten die Kleinen auf ewig süße, kleine Löwenjunge bleiben können. Währenddessen spielten Kwanza und Tofauti Fangen. Zumindest sollte es Fangen darstellen. Kwanza versuchte eher die ganze Zeit Tofauti zu bekommen, während die nur seinen Sprüngen auswich. „Oh, schon müde? Na los Miss Meine-Mähne-wächst-wie-cool: Zeig’s mir!“ Kwanza sah hechelnd zu ihr. Genervt rollte er mit den Augen und versuchte diese Bemerkung zu ignorieren. „Tofa, wie schaffst du es bei dem Wetter nur so cool zu bleiben?“ „Weiß nicht? Vielleicht liegt’s an meinem glänzend weißen, kurzen Fell, meinem kräftigen Körperbau und meinem wundervollen Charakter?“, äffte sie. „Wundervoller Charakter, aber sicher!“, knurrte Kwanza und versuchte nochmals nach ihr zu schnappen. Doch diesmal griff er so daneben, dass er in hohem Bogen in den Fluss fiel. „ARG! Na ganz toll“, fauchte er, sprang auf und schüttelte das Wasser aus seinem Fell „Ey, jetzt seh ich aus wie ein Emo!“ „Ja, ein hässlicher Emo! Also wie immer!“, kicherte in diesem Moment Samangi, rannte auf ihn zu und schubste ihn zurück ins Wasser. Jedoch schaffte Kwanza es noch, sie am Bein zu packen und zog sie mit sich. „Warum hab ich so uncoole Verwandtschaft?“, fragte Samangi sich und kroch aus dem Wasser. Zwar mochte sie Wasser, in dieser Gegend MUSSTE man Wasser zumindest ertragen, aber der Fluss war ihr doch zu kalt. Tofauti brach in diesem Moment in einer Lachattacke aus und hielt sich den Bauch, denn ihre Geschwister sahen einfach zu erbärmlich aus. Im Gegensatz zu Tofauti selbst, die zwar klein und bullig war, waren Kwanza und Samangi groß, schlank und dünn. Kwanza baute schon Muskeln auf, doch Samangi hatte wirklich nichts unter ihrem Fell. Und als den beiden jetzt das Fell am Körper klebte, Samangis kleiner Fellbüschel ihr in die Augen hing und Kwanza mit seiner schwarzen Mähne auch nicht besser aussah, konnte Tofauti sich einfach nicht mehr beherrschen. „Ich wünschte ihr könntet euch sehen! So ERBÄRMLICH! Oh mein Gott, wie zwei Emos, die grade einen Selbstmordanschlag überlebt haben! Und euer Fell! Wie das euch in die Augen hängt! Hach, so hässlich.“ Kwanza und Samangi seufzten tief und sahen sich vielsagend an, wobei sie jedoch feststellten dass der jeweils andere tatsächlich armselig aussah. Ja… Manchmal da hatten sie einen wirklichen Hass aufeinander. Jeder auf jeden. Aber das war wohl pure Geschwisterliebe… „Wisst ihr… An irgendjemanden erinnern die Sterne mich…“, meinte Tofauti einige Zeit später, als sie alle zu viert auf dem Gras lagen. „Ich weiß was du meinst… Irgendwie hab ich das Gefühl, schon mal mit jemanden darüber geredet zu haben… Oder so…“ „Vielleicht eure Mutter.“, meinte Tumaini schließlich. „Ja…Kann sein… Obwohl, warum sollte man über Sterne reden“, fragte Kwanza sich halblaut „Was ist mit dir Samangi, erinnern dich die Sterne an was?“ Samangi starrte nur mit glasigem Blick in den Himmel. Ihre Geschwister hatten Recht, an irgendwas erinnerte sie das alles. Sie wusste nur nicht was. Es war ganz seltsam. Bei manchen Dingen in ihrem Leben, wie sehr frühen Erinnerungen aus der Zeit als sie noch bei ihren Eltern lebte, schienen so fremd und verschwommen dass sie Zweifel daran hatte ob es ihr wirklich passiert war oder ob sie das vielleicht nur mal geträumt hatte. „Sama, noch anwesend?“, fragte Tofauti, als Samangi nicht reagierte. „Tut mir Leid, äh… Nein… ich kann mich an nichts Genaueres erinnern.“, antwortete sie. „Hm… Na dann Kinder… Ich geh schlafen, gute Nacht.“, meinte Tumaini und rollte sich müde unter einem Baum zusammen. Einen wirklichen Schlafplatz hatte sie nicht, sie schliefen alle einfach da wo es ihnen passte. „Ja, gute Idee… Gute Nacht dann Leute.“, meinte nun auch Kwanza, folgte Tumaini und legte sich schnurrend neben sie. „Sag mal Schwesterchen, unter uns... Also immer wenn ich in die Sterne sehe, muss ich an unsere Mutter denken. Also unsere richtige Mutter. Du?“, fragte Tofauti. „Unsere Mutter“, wiederholte Samangi „Du weißt doch nicht mal wie sie aussieht.“ „Nein, das mein ich nicht. Ich meine… Ach, das ist schwer zu erklären, also, das ist eher so ein Gefühl. Ich weiß auch nicht, so ein Gefühl was mir das irgendwie sagt. Ich weiß es klingt seltsam, ich kenne ja weder ihr Gesicht noch irgendwas von ihr, aber dieses Gefühl ist einfach da… Ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll, tut mir leid.“, erklärte Tofauti. „Ach so… Ja, doch, das kenn ich. Ist irgendwie seltsam, dieses Gefühl. Aber ich hab auch das Gefühl sie mit jedem Tag immer mehr und mehr zu vergessen. Und… Ich weiß nicht… Ich hab Angst mich irgendwann gar nicht mehr an sie zu erinnern. Ich weiß doch jetzt schon im Grunde nichts mehr über sie.“ Samangi hasste dieses Thema, sie hasste es wirklich! Sie sprach nicht gern über ihre richtige Mutter, mit niemandem und sie wusste nicht mal warum. „Hey, ist das nicht normal? Wir waren damals noch so klein… Wir können uns gar nicht mehr an alles erinnern. Das hier ist jetzt unser Leben und das wird es auch immer bleiben, wir sind doch glücklich, hm?“, fragte Tofauti. „Ja, natürlich. Aber manchmal bin ich einfach neugierig.“ „Das legt sich... Komm, gehen wir schlafen“, meinte Tofauti beruhigend und sah ein letztes Mal in die Sterne, ehe sie sich zu Kwanza und Tumaini legte „Kommst du?“ „Ähm… nein, ich… bleib hier noch ein bisschen liegen.“, wand Samangi ein und starrte wieder mit diesem glasigem, verträumten Blick in den endlosen Sternenhimmel. Kapitel 45: Neue Freunde ------------------------ Inzwischen waren wieder einige Monate vergangen. An diesem Nachmittag flog Zazu wie jeden Tag seine Runden über das Geweihte Land, um sicher zu gehen dass alles in seiner Ordnung war. Doch um ehrlich zu sein machte er diese Kontrollflüge eigentlich nur um vom Königsfelsen, den Hyänen und dem Rest der bösen, bösen Welt wegzukommen. Rafiki hatte nämlich Recht gehabt: Die Trockenzeit war tatsächlich ziemlich hart. Die Herden waren grade so noch groß genug, damit die Raubtiere über die Runden kamen. Aber Zira? Nun ja, die neue Königin war ein wahres Überlebensgenie, das musste Zazu ihr wirklich lassen, denn egal wie mies die Lage auch aussah, sie fand immer in der letzten Sekunde irgendwas zu fressen. Vielleicht lag es daran, dass sie so verbissen war… Zazu wusste es nicht. Jedenfalls schaffte diese Löwin es wirklich immer irgendwas zum Fressen für das Rudel aufzutreiben. Eigentlich waren sowieso die einzigen Dinge die sie tat jagen, schlafen und natürlich bei ihrem großen König herumlungern. Man konnte über Zira sagen dass sie sich zumindest mühe gab, Scar hingegen war, wenn Zazu das so sagen durfte, stinkfaul und verwöhnt. Er ließ sich immer alles vor die Pfoten schmeißen und wann er das letzte Mal jagen war, wusste Zazu auch nicht. Zazu machte eine kurze Pause auf dem Ast eines Baumes und atmete kurz durch. Eigentlich wollte er jetzt umkehren und zu Rafikis Baum fliegen, doch plötzlich bemerkte er wie sich etwas im Gras tat und einen Moment konnte er einen graubraunen Schwanz erkennen. Er nahm den Geruch von fremden Löwen auf und flog etwas tiefer. Um ehrlich zu sein hoffte er sich nur verschaut zu haben, denn noch mehr Mäuler zu stopfen, wäre weder für das Königreich, noch für die Tiere gut. Doch als Zazu nun tiefer flog und auch das Gras niedriger wurde, sah er ein kleines Rudel Löwinnen, die sich verstohlen zwischen dem Gras umherschlichen. Wildernden Löwinnen? Noch schlimmer. Und so wie sie aussahen war Wilderung das einzige was Zazu plausibel erschien, denn diese Löwinnen sahen ganz anders aus als die Löwinnen aus dem Geweihten Land: Die meisten von ihnen waren dreckig und hatten graubraunes Fell, nur ein paar waren etwas heller, cremefarbener. Und ihr Körperbau war ganz anders, diese Löwinnen sahen eher aus wie Zira: ziemlich dünn und abgemagert, aber dennoch sah man deutlich die Muskeln unter ihrem Fell. Zazu flog noch ein Stückchen tiefer, vielleicht auch nur um den Löwinnen eine stumme Warnung zu geben, jetzt schnell zu verschwinden, ehe er umdrehte und zum Königsfelsen flog. „Majestät, Majestät!“, rief er aufgeregt und flog geschickt zwischen den Löwinnen hindurch, ehe er vor Scar landete, der unter einem Baum im Schatten lag. „Was ist denn Zazu?“, fragte er genervt. Zira lag im Halbschlaf neben Scar und sah kurz auf, als Zazu gelandet war. Sie kümmerte sich nicht viel um Scars Königsaufgaben, ihre Aufgabe war einzig und allein die Jagd und bisher hatte sie sich nie beklagt. „Fremde Löwinnen, an der Ostgrenze!“, brachte Zazu aufgeregt hervor. „Wie viele? Was für welche?“, hakte Scar sofort nach. „Ähm…etwa… Vielleicht so zehn. Sie sehen aber alle ziemlich so aus wie… äh… Zira.“ „Ich kümmer‘ mich drum…“, gähnte Scar und trommelte schnell eine Horde Hyänen zusammen „Ich bin gleich zurück.“ Wenn Scar das sagte wusste Zira jetzt schon wie es ausgehen würde: Entweder würden die Löwinnen verjagt werden, was am ehesten der Fall war, oder, falls sie sich dagegen sträuben würden zu gehen, würden sie… sterben. Nicht alle, aber zumindest eine, zur Demonstration von Scars uneingeschränkter Macht. Denn das tat Scar zu gerne. Er stand jetzt nämlich immer im recht, er war König. „Ich komm mit.“, meinte Zira plötzlich und erhob sich. „Ach Zira, das ist schnell geregelt, bleib hier. Glaub mir, mir wird schon nichts passieren.“, widersprach Scar ihr. „Nein, ich komme mit, darum geht es auch gar nicht. Ich bin Königin, ich hab das gleiche Recht über diese Löwinnen zu urteilen wie du.“, meinte sie und ihr Tonfall ließ keine Wiederrede zu. Scar seufzte kurz, dann lies er es aber doch zu und sie folgten Zazu. Scar jedoch warf auf dem gesamten Weg immer wieder einen Blick auf Ziras Bauch, denn es gab da etwas auf was er schon seit einiger Zeit wartete. „Ähm, Zira.“ „Ja?“ „Hat... es geklappt?“ „Was?“, fragte sie verwirrt. Sie schien noch nicht begriffen zu haben auf was Scar hinaus wollte. „Na… Du weißt schon.“, druckste er herum und deutete auf ihren Bauch. „Oh… Ach das“ Jetzt machte es auch bei Zira klick „Nein. Und um ehrlich zu sein will ich auch gar nicht dass es funktioniert.“ Scar hatte doch gar keine Ahnung wie das für Zira war. Immer wenn sie dabei waren, musste sie, früher oder später, an die Jungen denken die sie verloren hatte. Es fiel ihr so verdammt schwer darüber hinweg zu kommen und sie hatte ihre Gründe weshalb sie nie versuchte ihre Rolligkeit zu zeigen… So wie jetzt. Scar hätte dieses Gespräch jetzt wohl gerne fortgeführt, aber er wurde von Banzai unterbrochen: „Hey Boss, wenn die Löwinnen nicht bleiben dürfen, können wir sie dann fressen?“ Scar sah ihn jedoch nur warnend an, was reichte, um Banzai zum Schweigen zu bringen. „Oh Banz‘! Denk einmal in deinem Leben an was anderes als fressen.“, seufzte Shenzi und sah genervt zu ihm. „Vergiss es, das klappt nicht… Das ist, als würdest du Ed das Lachen verbieten: Es geht einfach nicht.“, meinte Zira schief grinsend. Als sie der Ostgrenze näher kamen, witterten die Hyänen bereits den Löwengeruch. Auch Zira nahm ihm wahr, aber irgendwie hatten die Hyänen tatsächlich eine bessere Nase hierfür. „Hört zu“ Scar rief die Hyänen zu sich „Ihr werdet die Löwinnen umkreisen, sagt ihnen aber, dass König Scar auf dem Weg zu ihnen ist um mit ihnen über ihren Aufenthalt in meinem Königreich zu reden. Dann werden wir besprechen ob sie bleiben dürfen oder nicht.“ Doch Scar wusste die Antwort bereits. Shenzi nickte, nur Ed verstand mal wieder gar nichts. Manchmal hatte er noch immer Probleme bei Scars hoher Wortwahl mitzukommen. „Ach Ed, mach einfach was wir tun…“, seufzte Banzai und schubste seinen Bruder in die Richtung in die sie gehen sollten. Als die fremden Löwinnen schließlich Scar auf sich zukommen sahen, blickten sie mit gemischten Gefühlen zu ihm. Ihre Anführerin, eine etwas größere, aschgraue Löwin mit einem geschwollenen Auge, meldete sich als erste von ihnen zu Wort: „Also König Scar“, begann sie „Wenn wir uns vorstellen dürften: Ich bin Malika, Anführerin des Rudels. Wir sind weder hier um ärger zu bekommen, noch wollen wir welchen. Wir kommen aus einer sehr fruchtlosen Gegend und die Trockenzeit hat uns um einiges schwerer getroffen als euer Königreich. Wir bitten euch uns einfach eine Zeit hier leben zu lassen, ich bin mir sicher, dass wir uns nicht über den Weg laufen werden.“ Zira trat nun neben Scar und sah neugierig und prüfend zu den Löwinnen… Im Grunde sahen sie genauso aus wie Zira, nur war diese heller. „Hm… Nun ja, ich muss euch leider sagen dass ich eigentlich keine weiteren Löwen gebrauchen kann, die sich von unseren Herden ernähren.“, meinte Scar ernst, doch bevor er fortfahren konnte, unterbrach Zira ihn. „Also ich hätte nichts gegen sie einzuwenden… Mehr Löwinnen bedeuten auch mehr Jägerinnen und mehr Beute.“ „Und du kennst dich mit so was aus?“ In Scars Stimme konnte man deutlich den Spott über seine Königin heraushören, doch so leicht ließ Zira sich nicht kleinmachen, erst recht nicht von Scar. „Ja, ich habe tatsächlich ein Auge dafür. Und warum solltest du sie nicht hier lassen? Du könntest sie ja eine Zeit lang im Rudel aufnehmen und dann sehen wir ja wie sie jagen.“ Zira zischte eher. Aber das war nicht der einzige Grund, es gab da noch etwas anderes: In ihrem gesamten Leben hatte Zira keine anderen Löwinnen getroffen, die so aussahen wie sie. Außer Uru vielleicht. Aber die war auch die einzige gewesen, die diese typischen Merkmale von ‚Wüstenlöwen‘, wie Zira es nannte, hatte. Und irgendwie hatte Zira das Bedürfnis mehr über diese Löwinnen herauszufinden. Nur wusste Zira dass Scar völlig dagegen war. „Also… ich hoffe ihr wisst, das ich nur selten Vertrauen zu völlig Fremden zeige…“, begann er. „Ist schon okay“, seufzte Malika enttäuscht„Wir verstehen, entschuldigt bitte, dass wir eure Zeit verschwendet haben…“ Malika und ihre Löwinnen schienen sich wirklich Hoffnung gemacht zu haben, endlich einen Ort zum ÜBERleben gefunden zu haben. Umso härter war natürlich die Absage… Aber was soll‘s? Sie kamen aus einer Halbwüste, sie waren es gewohnt immer am Rande des Hungertods zu leben… Warum sahen sie sonst so aus, wie sie waren? Malika wollte schon umdrehen, doch Scar setzte erneut an: „Du hast mich nicht zu Ende reden lassen“ Malika und die anderen Löwinnen erstarrten bei seinem scharfen Ton „Falls ich dir und deinen Freundinnen erlaube hier zu bleiben und hier zu jagen, dann müsst ihr meinem Rudel beitreten.“ Zira hingegen hörte nur mit halbem Ohr hin und starrte immer nur zu diesen Löwinnen. Sie kamen ihr so verdammt bekannt vor… Nur von wo… von wann? „Oh… ähm, entschuldigt uns, nur eine Minute.“ Malika drehte sich zu den anderen Löwinnen und besprach kurz etwas mit ihnen. Nach kurzem Gemurmel nickte sie schließlich und meinte: „Einverstanden. Wir dürfen hier jagen und treten eurem Rudel bei und die…“ Sie zeigte mit der Pfote auf Ed und die anderen Hyänen „… lassen uns am Leben.“ „Na dann… Willkommen im Geweihten Land“, meinte Scar verschlagen „Folgt mir.“ „Erzähl mal von euch…Wie heißt ihr alle… Von wo kommt ihr?“, fragte Sarabi neugierig. Am Abend hatten sich alle Löwinnen zusammengesetzt und bombardierten die neuen mit Fragen über Fragen. Zira hatte ihnen zuvor ein paar grundlegende Dinge über das Geweihte Land, die Hyänen und die Grenzen erklärt. Dennoch war sie nicht dazu gekommen die Löwinnen über ihre Heimat auszufragen. „Wie ich bereits sagte…“, meinte die mit dem kaputten Auge. „Ich bin Malika, Alphalöwin der Truppe. Die beiden Löwinnen dahinten…“ Sie zeigte auf zwei ebenfalls Aschgraue Löwinnen, bei denen der einzige Unterschied der war, dass die eine ein paar Flecken unter dem rechten, die andere unter dem linken Auge hatte „Das sind meine jüngeren Zwillingsschwestern Kushoto und Haki. Und die Löwin mit dem buschigen Fell am Nacken ist Matawi. Ähm, die helle Löwin mit dem Fellbüschel ist Jua… Die ganz große, da hinten, ist Mazuri, und dann gäbe es da noch die Drillinge Wingu, Mwezi und Nyota. So... das war’s dann eigentlich.”, beendete sie und sah dann zu Zira. Und da konnte Zira sich die Frage einfach nicht mehr verkneifen. „Sagt mal, von wo kommt ihr eigentlich?” Juhu, es war draußen. „Wir kommen aus einem ziemlich trockenen Halbwüstengebiet, nordöstlich. Eigentlich reichte die Regenzeit immer grade so aus, dass es einmal im Jahr blühte, aber die letzte Regenzeit blieb vollständig aus.“, erklärte Haki. „Ja, darum sind wir hier.“, bestätigte Kushoto. Zira horchte überrascht auf. „Sagt mal… kanntet ihr in eurer Kindheit eine Löwin namens Kisamba? So eine helle, rote Augen und ein schwarzer Aalstrich.“ Zira wunderte sich ja dass sie selber noch ein so frisches Bild ihrer Mutter hatte. Verwundert sahen die Löwinnen auf. Warum fragte die Königin des Geweihten Landes nach so was? Bisher hatte Zira einen eher stillen Eindruck auf sie gemacht, so eine von den Löwinnen die sich hinter ihrem König versteckte. Wenn sie doch nur gewusst hätten wie falsch sie lagen. „Hmmm, der Name kommt mir bekannt vor.“ murmelte Nyota. „Ach ja, ich glaube das war eine Freundin meiner Mutter!“, rief Mazuri aus. „Ach ja, richtig, die die diesen Arsch da kennengelernt hat, der sie kurz nach der Schwangerschaft hat sitzen lassen“, erinnerte nun auch Malika sich „Doch eines Tages wurde sie wohl erschossen oder so… Was wollt Ihr uns damit sagen?“ Zira reagierte einen Moment lang gar nicht und starrte diese Löwinnen nur fassungslos an, ehe sie etwas erwiderte: „Das war meine Mutter.“ „Oh…“ Malika sah getroffen zu ihr „Das tut uns sehr leid…“ „Ach was, schon okay, aber es ist kaum zu fassen, ihr kommt aus der gleichen Gegend wie ich, darum sehen wir uns auch so ähnlich.“, brachte Zira ungläubig hervor. Sie hätte in ihrem gesamten Leben NIE, wirklich NIE damit gerechnet, jemals jemanden aus ihrer alten Heimat zu treffen. Das hier war einfach nur fantastisch! „Hey, hier werden ja richtige Geheimnisse gelöst…“, brachte Sarafina hervor und sah beeindruckt zu Zira und den Löwinnen „Aber ist Zira nicht bei euch im Rudel groß geworden?“ „Hä? Nein, Kisamba und ihre drei Jungen wurden erschossen, von Menschen, das war es, wir wussten um ehrlich zu sein nicht mal dass Euer Majestät überlebt hatte.“, erklärte Haki. Zira schoss in diesem Moment alles Blut aus dem Kopf. Sie hatte immer diese Lüge erzählt, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter bei einer Freundin von dieser aufgewachsen sei… Scheiße. „Äh, ja, schon, ich bin in einem ganz anderen Rudel groß geworden, meine Mutter hatte auch dort Freunde.“ „Ach so.“ Oh Gott sei Dank, sie gaben sich damit zufrieden! „Ähm… Euer Majestät?“, begann Malika nun „Ja?“ „Wir haben Hunger, können wir jagen gehen?“ „Sicher… Versucht es mal hinter den Baumgruppen da, da gibt es einige Antilopen.“, erklärte Zira ihnen. „Wir kommen auch mit… Zira, kommst du?“, fragte Sarabi. „Nein danke, es wird sowieso bald dunkel und ich hatte mein Fressen schon… Also dann, wir sehen uns Sarabi. Viel Glück!“, meinte Zira und tippelte leichtfüßig in die Höhle. „Nanu, dunkle Familiengeheimnisse gelöst?“, fragte Scar, als Zira den kleinen, separaten Abschnitt betrat, in dem sie und Scar immer schliefen. „Hast du mitgehört?“, fragte sie. „Ist das verboten“, fragte er unschuldig „Oder hast du nur meinen Blick nicht im Nacken gespürt?“ „Nein, hab ich nicht“, meinte sie schmunzelnd „Aber hör mir mit ‚Familiengeheimnissen‘ auf, denn im Grunde sind wir gar nicht verwandt. Meine Mutter war ein Einzelkind, ihre eigenen Eltern hatten auch nur wenig Verwandtschaft, ich kann mit diesen Löwinnen nicht verwandt sein. Vielleicht über sieben Ecken, aber sonst nicht“, erklärte sie, rieb ihren Kopf an Scars Kinn und legte sich gähnend auf den Boden „Was hast du vorhin sonst noch gemacht? Außer schlafen, mein ich.“ „Ich? Ach, nichts“, meinte Scar unschuldig und begann um sie herum zu schleichen. Und ehe Zira sich versah spürte sie plötzlich seine Zunge über ihren Hals fahren. Und sie versuchte es zu ignorieren. Zwar stellten sich ihr die Nackenhaare auf und sie hatte sich wirklich zu beherrschen nicht augenblicklich auf dem Rücken herumzurollen und Scar zu mehr zu verführen, doch auch wenn sie nichts tat trieb er es immer weiter. Er fuhr ihr den Rücken entlang und begann immer öfter ihr mit der Zunge über das Becken zu fahren. Zwar hob sie es instinktiv an, doch wie sie dieses elende Thema hasste. Sie wollte das doch gar nicht. Auch wenn das alles jetzt fast eineinhalb Jahre her war, so hatte Zira immer wieder das Gefühl, die drei zu verraten, wenn sie ein neues Junges haben würde Sie… sie hatte ganz einfach Angst, dass es wieder so kommen würde, dass sie wieder alles versauen würde. Scar hingegen schien ihre Teilnahmslosigkeit und völlige Geistesabwesenheit auszunutzen und nahm ruppig ihr Nackenfell zwischen die Zähne. Zira war völlig gebannt und einen Augenblick dachte sie darüber nach einfach aufzuspringen und Scar richtig eins in die Fresse zu geben. Aber warum eigentlich? Im Grunde machte er ja nichts Schlimmes. Im Gegenteil, es war ganz normal, dass er irgendwann einen Thronfolger brauchte und insgeheim… Nun ja… Zira wollte ja Junge, sie wollte ja welche nur… Nun ja, würde sie damit nicht Kwanza, Samangi und Tofauti einfach ersetzen? Sie fühlte sich so schlecht bei dem Gedanken, aber andererseits tickte ihre innere Uhr. „Scar… Ich hab Angst…“, brachte sie plötzlich heraus. Scar hielt inne und ließ ihr Nackenfell los. „Geht’s immer noch um die drei“ Keine Antwort „Zira, du musst irgendwann mal darüber hinweg kommen. Du kannst dich doch nicht dein restliches Leben an sie klammern…“, sprach Scar ihr leise zu. Seine Stimme klang so eindringlich, als ob er endgültig keinen Widerstand dulden würde, aber dennoch hatte sie gleichermaßen irgendetwas Sanftes an sich. Das liebte Zira an seiner Stimme, sie war einfach… toll. Sie wusste nicht wie sie es sagen sollte, aber Scar konnte dich auf der einen Seite zusammenschimpfen und klang andererseits trotzdem beruhigend, sanft. Sie hingegen hasse ihre raue Stimme. Zira seufzte. Er hatte ja Recht, das war das schlimme daran. Sie musste irgendwann damit aufhören. „Und was wenn es diesmal wieder passiert?“, fragte sie ängstlich. „Das wird es nicht, ganz sicher…“, meinte Scar und rieb ohne ein weitere Wort den Kopf an ihrem Nacken. Ja, vielleicht war es das richtige was sie da taten. Vielleicht würde ein neues Junges Zira über ihre ersten hinwegbringen. Vielleicht. Oder vielleicht würde ein neues Junges auch nur Scars Ego befriedigen, denn ein König ohne Nachkommen? Was sollte man denn da über ihn denken? Kapitel 46: Oh Mheetu… ---------------------- Diese Nacht war so dermaßen dunkel, nicht mal der Mond warf seine Schatten auf das Geweihte Land. „Sarabi… Ich… ich muss mit dir reden…“ Sarafina schlich sich zu ihrer Freundin und sah sich unsicher um, ob auch wirklich keine Hyänen in der Nähe waren. Die Löwinnen hatten zusammen einen Büffel niedergestreckt und fraßen nun alle ihren Anteil, weshalb klar war dass die Hyänen nicht lange auf sich warten lassen würden. „Was denn Sarafina?“, fragte Sarabi. „Es… also, es geht um Mheetu“, begann Sarafina „Ich hab Angst um ihn.“ Sarabi sah auf und schluckte. Sie wusste die ganze Zeit schon dass Sarafina sich seit Scars Machtübernahme Sorgen um irgendetwas machte, aber es war nie besser geworden. Sarafina war seit einem Jahr ununterbrochen angespannt und jetzt wusste sie auch warum. „Es ist wegen den Hyänen, stimmt’s?“ Sarafina nickte und eine Träne rollte über ihr Gesicht. „Ich hab solche Angst das sie ihm irgendwann was antun... Und nebenbei… Mheetu ist ein Männchen. Ich bin mir sicher, dass Scar in ihm bald eine Gefahr und einen Konkurrenten sehen wird. Mheetu ist schon ein Teenager, seine Mähne wächst bereits und ich… ich will ihn hier weg haben, Sarabi, verstehst du?“ Sarabi nickte verständnisvoll und sah sich vorsichtig um. Keine Hyänen… noch nicht. „Aber wie? Sarafina, glaube mir, ich würde alles tun um dir zu helfen und ihn hier wegzubekommen, aber wie?“ „Ich… ich hab schon vor Wochen einen Plan ausgeheckt…“, gestand Sarafina kleinlaut „Und… Vielleicht sollten wir es jetzt in die Tat umsetzen… Bitte Sarabi, hilf mir! Scar würde Mheetu nie einfach so gehen lassen. Er muss hier weg… Es ist nicht mehr sicher für ihn.“, flehte Sarafina nochmals. In ihren Augen spiegelte sich die pure Verzweiflung wieder. Selten war sie sich so hilflos vorgekommen. „Wirklich? Was denn genau? Du weißt dass sich alles tun würde um dir und Mheetu zu helfen.“, versicherte Sarabi ihrer Freundin. „Ich…“ Sarafina senkte die Stimme und rückte näher zu Sarabi „Ich will ihn über die Südgrenze schmuggeln. Bei der Schlucht gibt es nur wenige von Scars Hyänen-Aufpassern. Mit deiner Hilfe wollte ich eigentlich die Hyänen ablenken und Mheetu Zeit verschaffen… Bitte Sarabi… Hilf mir.“ Und mit einem Mal blitzten Sarabis Augen voller Tatendrang auf. Sie hatte hilflos zusehen müssen wie Scar das Geweihte Land in diese Pfoten dieser dreckigen Hyänen gelegt hatte und sie konnte nichts tun, aber jetzt konnte sie zumindest einem Rudelmitglied aus dieser Miesere helfen. „Auf jeden Fall. Du kannst dich auf mich verlassen.“ Sarafina atmete erleichtert auf und sah dankbar zu ihrer Freundin. „Danke Sarabi… Danke.“ „Bereit?“, fragte Sarafina und sah sich um. Neben ihr standen in der Dunkelheit Sarabi, Mheetu, der im Teenageralter war und Nala, die in einer Art Mittelphase aus Junglöwin und Erwachsener war. Sie hatte darauf bestanden ihren Bruder auf diesem Weg zu begleiten, denn wer wusste ob sie sich je wieder sehen würden? „Mheetu, was hab ich dir gesagt?“, hakte Sarafina nach. „Immer rennen, nie zurücksehen. Sobald ich den Fluss erreicht habe, durchschwimmen. Dann bin ich in Sicherheit. Bis zum Fluss ist es fast ein Tagesmarsch, wenn ich jedoch die Nacht gut durchrenne könnte ich noch vor dem Morgengrauen dort angekommen sein.“, wiederholte Mheetu selbstsicher. Doch man sah, wie mies es ihm ging, innerlich war er keineswegs so locker wie er sich zu geben versuchte. Er musste seine Familie verlassen, flüchten. Wer wusste ob sie sich je wieder sehen würden? Aber Mheetu wusste auch dass seine Mutter Recht hatte. Egal wie sehr sie ihn auch zu beschützen versuchte, irgendwann würde man ihn umbringen – so viel war klar. „Und geb‘ beim Jagen immer dein bestes! Halt nach Kadavern Ausschau, wenn du nichts findest was du erlegen kannst. Und pass auch Fressfeinde auf. Und wenn du andere männliche, erwachsene Löwen siehst fange um Himmels willen keinen Kampf an, Halbstarke wie du sind nicht gern gesehen.“, trichterte Sarafina ihm ein. „Mutter, ich pass schon auf. Du hast mir alles beigebracht was ich zu wissen brauche. Es… es wird klappen… ganz sicher.“, versicherte Mheetu ihr nochmals und rieb seinen Kopf an Sarafinas. „Bruderherz, Ich weiß, wir hatten manchmal Streit, aber ich hoffe du weißt das ich dich über alles liebe“, sagte Nala und ein paar Tränen stiegen ihr in die Augen „Wenn das alles vorbei ist… komm uns besuchen…“ „Hey, Nala… Du bist meine große Schwester, nicht weinen… Ich schaff das schon, ich hatte zwei ausgezeichnete Lehrerinnen.“ Nala musste grinsen als sie das hörte, Sarafina hingegen hielt mit aller Kraft die Tränen zurück und lächelte nur gequält. „Ich liebe dich Mheetu…“, brachte sie brüchig hervor. Sie wollte jetzt stark sein. „Ich liebe dich auch Mutter. Ich werde euch niemals vergessen, versprochen. Irgendwann werde ich zurückkommen und dann werden wir es Scar zeigen. Aber wer weiß, vielleicht finde ich ein nettes Rudel.“ Mheetu klang verdammt überzeugt von sich und in seinen Augen spiegelte sich die pure Entschlossenheit wieder. Eigentlich wäre, nachdem sie die Hyänen abgelenkt hatten, Abschiedszeit, doch dafür wäre es dann viel zu spät. Mheetu musste sofort weg. „Also dann… Alle bereit?“, fragte Sarafina. Sarabi und Nala nickten. „Gut… auf mein Zeichen lenken wir die Hyänen ab“ Sarafina sah sich noch einmal flüchtig an „Mheetu, du haust dann sofort ab!“ „Das ist euer Plan?“ Für einen Moment stand in Sarafinas Welt alles still. Zira war wie aus dem nichts hinter den Löwinnen und Mheetu aufgetaucht. „Ich meine“, fuhr sie fort „Ist das nicht ziemlich einfallslos? Ich wäre einfach gegangen wenn sich die Hyänen in ihrer Schicht abgewechselt hätten. In den zwei Minuten hätte Mheetu genug Zeit um über die Grenze zu rennen und in dem Bach könnte er seine Spur verwischen… Also, zumindest hätte ICH so eine Flucht geplant und das ist mir gerade spontan eingefallen. Und so Sarafina hast echt vor Tagen oder gar Wochen mit deinem Plan angefangen? Also wirklich, das ist einfallslos.“ Die Löwinnen und Mheetu drehten sich völlig erstarrt um und sahen in das so ziemlich ausdrucksloseste Gesicht, das Zira zu bieten hatte. Man konnte nicht erahnen ob sie wütend, traurig, glücklich, begeistert oder sonst was war, sie sah einfach völlig emotionslos aus. „Zira… wir… du… du sagst doch nichts?“, flehte Sarabi ängstlich. Ihnen, jedem einzelnen, war die Angst, die Panik ins Gesicht geschrieben. Wenn Zira das hier Scar sagen würde, waren sie erledigt, sie alle. Zira sah einen Moment wütend aus, dann wurden ihre Gesichtszüge jedoch… traurig. Einzig und allein traurig. „Warum… warum habt ihr mich nicht auch um Hilfe gebeten?“, fragte sie sichtlich enttäuscht. „I… ich versteh nicht ganz…“, brachte Sarafina hervor. „Waren wir nicht auch mal Freunde? Glaubst du ich hätte dich in der Luft zerrissen wenn ich davon gehört hätte“ Ziras Enttäuschung legte sich nun langsam, so wie sie es immer tat wenn sie reden konnte „Wieso fragst du immer Sarabi um Hilfe? Warum lasst ihr mich links liegen? Ich hätte euch auch helfen können, Mheetu rauszuschmuggeln. Ich meine bin ich irgendwie ungeeignet um zu helfen? Ich bin die Königin verdammt!“ Die drei Löwinnen wussten langsam nicht mehr wirklich wie sie noch über Zira denken sollten und die Verunsicherung machte sich unter ihnen breit. „Aber… Wir… wir brechen hier grade ein Gesetz.“, begann Nala verunsichert. „Ja und du bist doch Königin. Wir hätten dich nicht um Hilfe fragen können, ohne und gleichzeitig mit Scar anzulegen. Zira… Scar ist nicht wie du…“, beendete Sarabi Nalas Worte. Zira schluckte einen Kloß runter. Das tat weh weil es wahr war. Einen Moment herrschte diese gefährliche Ruhe, doch plötzlich stellte Zira sich zu den anderen und sah Sarabi und Sarafina fest in die Augen. „Ich bin noch immer eure Freundin… Zumindest hoffe ich das. Und ich sag euch jetzt mal was: Egal ob ich Königin bin oder nicht, meint ihr wirklich ich wäre eine miese, kleine Petze und verpfeif euch wegen so was? Hört zu, ich hätte euch jederzeit geholfen. Und das werde ich auch.“ Sarabi und Sarafina atmeten erleichtert auf und sahen voller Dankbarkeit zu Zira. Sie würde ihnen wirklich helfen. Um ehrlich zu sein schämten Sarafina und Sarabi sich ein bisschen dafür, dass sie so über Zira gedacht hatten, denn waren sie nicht alle noch immer Freunde… irgendwie? „Hört zu“, begann Zira „Nala, Sarafina, ihr begleitet Mheetu zur Grenze, ich und Sarabi kümmern uns um die Jungs hier.“ Ein überglückliches Lächeln huschte über Sarafinas und Nalas Gesicht. Sie könnten sich doch noch mal von Mheetu verabschieden. „Danke Zira…“, meinte Sarafina und eine Freudenträne lief über das Gesicht. Zira nickte nur, ehe sie und Sarabi begannen ein paar Laute von sich zu geben um die volle Aufmerksamkeit der Hyänen auf sich zu lenken. „Okay, wir haben es geschafft.“, meinte Sarafina, als sie mit Nala einige Zeit später wiederkam. Die beiden sahen völlig fertig, verheult und mitgenommen aus, so als hätten sie soeben die Hölle auf Erden erlebt. So war es im Grunde ja auch… Sie mussten ihren Sohn, Bruder einfach wegschicken, zu seiner eigenen Sicherheit, in eine völlig ungewisse Zukunft. Sarabi und Zira sagten einfach gar nichts. Sie wussten alle beide wie es war, jemanden zu verlieren den man über alles liebte. Zira am meisten. Schweigend liefen die vier Löwinnen durch die Nacht nach Hause. Niemand sagte ein Wort, bis… „Zira… ich und Sarabi… Ich glaube wir sollten und bei dir entschuldigen… Damals… als du deine Kleinen verloren hast… Wir… wir dachten wir könnten uns in dich reinversetzen, uns vorstellen, wie schlimm das für dich war, doch wir haben uns getäuscht…“, brachte Sarafina hervor. Ihr Blick senkte sich vor Schuld und Nala versuchte ihre Mutter zu trösten. „Ja…“, fuhr Sarabi fort „Das hier ist alles eine Millionen mal schlimmer, Zira. Als Simba und Mufasa starben, konnte ich endlich verstehen wie das für dich war, warum du auf mich so wütend warst… Könnte ich die Zeit zurückdrehen, hätte ich das nicht zu dir gesagt. Denn das war es was ich empfunden habe. Ich wollte einfach niemanden um mich herum haben.“ Zira verzog über dieses Zugeständnis jedoch nur abwertend das Gesicht. „Ihr wisst schon dass das alles jetzt gut ein Jahr her ist, sogar mehr.“ „Lieber spät als nie, oder?“ Vielleicht war das doch ein bisschen sehr spät, aber warum sollte Zira ihnen es nicht doch verzeihen? Mheetu ging währenddessen durch die Hölle auf Erden. Seine Pfoten waren wundgelaufen, aufgescheuert ihm taten die Beine weh. Als er nach einer Gefühlten Ewigkeit zum Stehen kam und sich völlig erschöpft an ein Flussufer legte atmete er erleichtert auf. Das hier war einer der kleinen Nebenflüsse, die er überqueren müsste. Laut seiner Mutter, war der Ort, an den er hinsollte, jenseits des großen Hauptflusses, in den all diese kleinen Nebenflüsse endeten. Voraussichtlich war morgen Abend an seinem Ziel. Aber jetzt musste Mheetu erst mal eine Runde schlafen. Ihm wollten grade die Augen zufallen, als er plötzlich etwas anderes am anderen Ufer stehen sah… EINEN GEIST! Mheetu schrie auf und sprang völlig verängstigt auf. Was wollte der Geist von ihm? Er hatte doch nichts Böses getan! Okay, das war albern, das merkte er auch einige Sekunden nachdem er sich hinter seinen Pfoten wie hinter seiner Mutter versteckt hatte, aber was auch immer dieses Ding da war… Es war verdammt unheimlich. Der Mond war nun endlich hinter den Wolken hervorgekommen und warf sein Licht auf die Gestalt. Die Schneeweiße, kleine, kräftige Löwin sah Mheetu aus ihren blutroten Augen an. Ihr samtiges Fell glänzte im silbrigen Mondlicht und gab ihr etwas Gespensterhaftes. Und reden konnte sie auch. „Hey, ganz ruhig. Du bist mir ja einer, erschrickst dich vor einer kleinen Löwin… Wer bist du?“, fragte die Löwin neugierig und lehnte sich am anderen Ufer so weit es nur ging zu ihm rüber. Mheetu konnte noch immer nicht so recht glauben was er da vor sich sah und zitterte immer noch am ganzen Leib. „M- mheetu.“, brachte er misstrauisch hervor. „Aha… Ich bin Tofauti… Nett dich kennen zu lernen. Komm… komm doch rüber…“, meinet sie etwas unschlüssig. Mheetu reagierte nicht. Was wenn das doch ein Geist war und sie ihn töten wollte? Okay, etwas sehr paranoid, aber Mheetu wollte trotzdem nicht. Er wollte nicht jeder Fremden vertrauen, vor allem nicht wenn sie so seltsam aussah. „Na komm schon… Das Wasser ist seicht.“, versuchte Tofauti ihn zu überzeugen. Mheetu schüttelte trotzdem den Kopf. Plötzlich tauchte eine Gestalt neben Tofauti auf. Mheetu konnte in der Dunkelheit nur schwer erkennen was es war, doch es sah in seinen Augen nach einem ziemlich großen Schakal aus, der fast so groß wie die kleine Tofauti war. „Hey Tofauti, mit wem redest du da? Hab ich dir nicht verboten mit fremden Löwen zu reden?“, tadelte der Schakal die Löwin. „Mama, jetzt tu nicht so theatralisch“, seufzte Tofauti „Er ist nett.“ „Mama?“, wiederholte Mheetu verwirrt. „Ach das, lange Geschichte“, meinte Tumaini „Aber jetzt zier dich nicht so, du siehst völlig fertig aus… Komm doch einfach kurz rüber, wir wollen dir nichts Böses. Hier gibt es Futter im Überschuss“ Als Tumaini gemerkt hatte wie kaputt dieser Löwe aussah war Mitleid in ihr aufgeflammt. Noch immer misstrauisch starrte Mheetu auf die andere Seite. Hier war die Vegetation vielleicht ein bisschen üppiger als im Geweihten Land, doch nur schwer merklich… Warum sollte ihm hinter diesem Fluss, wo alles auch nur sehr abgedorrt aussah, die Welt plötzlich besser werden? „So glaub uns doch! Noch weiter südlich blüht die Landschaft! Komm doch einfach mit und vertraue uns…“, flehte Tofauti. Obwohl Mheetus Kopf ‚Nein‘ sagte, drang irgendwas ihn doch den Fluss zu durchqueren. Er wusste nicht was, aber irgendwas gefiel ihm an diesen beiden… Obwohl eine Freundschaft zwischen Schakal und Löwe eher ungewöhnlich war, er sich vor wenigen Minuten noch wie ein Irrer vor dieser Löwin erschrocken hatte, sie zudem ein Albino war, so waren sie so sympathisch… Es gab diese Personen, die eine solche Wärme ausstrahlten, dass man, egal was man durchgemacht hatte, einfach nur Lächeln musste. „Hey, du kannst ja doch hören“, kicherte Tumaini „Ich bin übrigens Tumaini… Adoptivmutter von ihr und ihren Geschwistern.“ Mheetu stockte. „Es gibt noch mehr Löwen?“ „Ja, ich habe noch eine Schwester und einen Bruder in meinem Alter. Aber da wo wir hingehen gibt es kaum Raubtiere, wir leben ein bisschen abgeschieden. Aber es ist unglaublich schön dort, glaub uns“, bestätigte Tofauti und sah freudig zu Mheetu „Du wirst sie mögen!“ „Na dann kommt... Mheetu, Tofauti.“, sagte Tumaini und bahnte sich ihren Weg durch die Nacht. Mheetu zögerte jedoch einige Sekunden. „Hey… Auf was wartest du denn?“ Mheetu stockte noch immer. „Hey? Mheetu? Komm schon!“ Immer noch keine Reaktion. „Na los, folge mich!“, kicherte Tofauti und stupste Mheetu freundschaftlich an. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht und er folgte den beiden schließlich doch. Möglicherweise waren diese beiden seine einzige Überlebenschance und die musste er ergreifen. Als Zira die Höhle betrat versuchte sie möglichst wenig Lärm zu machen und bloß nicht aufzufallen. Sie wollte nicht von Scar mit Fragen bombardiert werden, denn sollte er herausbekommen was sie getan hatte, würde auch sie mächtig Ärger bekommen. „Zira?“ Ach verdammt, zu spät. „Ja?“ Sie versuchte ihr bestes Unschuldslächeln aufzusetzen. „Wo warst du so lange?“ „Sarabi und die anderen Löwinnen haben einen Büffel gerissen und ich hab mich vorhin nochmal davon bedient… Weißt du, ich scheine in letzter Zeit ein gewisses Verlangen nach Büffeln zu haben…“ Jaaa, Zira war ja so genial was Überleitungen von einem Thema zum anderen anging. Sie wollte es ihm doch sowieso bald sagen, warum denn nicht jetzt? „Was?“ „Na komm schon Scar…“, meinte sie verführerisch „Du weißt genau auf was ich hinauswill… Etwas was du dir schon seit sehr langer Zeit wünschst…“, schnurrte sie und ließ sich möglichst elegant neben ihm zu Boden gleiten „Bitte wie?“ Scar zog erwartungsvoll die Augenbrauen hoch und auf seinem Gesicht machte sich einen Moment lang ein Ausdruck von purer Vorfreude breit. Er hatte es bereits verstanden. „Na“ Zira legte sich mit einem unterdrückten Grinsen zu ihm „Hast du jetzt was du haben wolltest? Du wirst deinen Nachfolger bekommen.“ Scar schnurrte zufrieden und legte die Vorderpfoten über Ziras Schultern, so dass diese völlig zu Boden gedrückt wurde. „Na? Was denkst du?“, fragte sie erwartungsvoll und legte sich unterwürfig auf den Rücken. Sie war gerade so erwartungsvoll, auch wenn sie sich nur schwer eine enttäuschte Reaktion von Scar vorstellen konnte. „Ich denke das ist ganz fantastisch.“, brummte Scar sehr zufrieden und rieb schnurrend den Kopf an ihrem Brustkorb. Etwas zögerlich legte er eine Pfote auf ihren Bauch, dort wo er das Junge vermutete, doch man konnte nichts fühlen, noch sehen. „Vergiss es, da ist noch nichts“, schnurrte Zira und machte sich so lang sie nur konnte „Du solltest dich lieber um andere Dinge sorgen.“ Ob das nun ein insgeheimer Vorwurf war konnte man nicht sagen. „Ach ja, das soll was sein? Nichts steht mir über der Gesundheit meiner Königin.“, gab Scar schmeichelnd zurück und Zira bekam gerade eine hochrote Birne. ‚Seine Königin‘… Sie wusste nicht warum, aber sie liebte es wenn er sie so nannte. „Ach, hör doch auf. Ich lass mir von dir keine Extrabehandlung aufreden.“, widersprach sie und drückte seinen Kopf mit einer Pfote weg, jedoch nur um ihn zum genauen Gegenteil zu animieren. Es war für sie ein Spiel, nichts anderes. „Du ungezogene, kleine Löwin, man widerspricht seinem König nicht.“, meinte Scar gespielt drohend und mit diesem dreckigen, breiten Grinsen auf dem Gesicht. „Ach ja? Dann solltest du vielleicht mal anfangen die Wünsche der Königin zu erfüllen, nicht?“, gab sie unschuldig zu rück und rollte sich auffordernd auf dem Rücken herum. Sie liebte es manchmal Scar einfach bis auf’s äußerste zu reizen, sie konnte es sich schließlich erlauben… Sie war Königin, verdammt. Kapitel 47: Nuka und Kwanza --------------------------- In den darauffolgenden Monaten zeigte sich wie schlimm die Folgen des ausbleibenden Regens im Geweihten Land wirklich waren: Das Flussbett ging zurück und die Tiere wurden merklich weniger. Sogar das Gras verdorrte. Ja, all das Gras was noch vor ein paar Monaten Zira teilweise an der Nase gekitzelt hatte, all das schöne, fette, satte Gras verschwand einfach. Doch so zäh wie Zira nun mal war, hatte sie sogar schon eine Lösung zum effektiveren Jagen gefunden. Natürlich hatte sie immerhin war sie Königin, sie musste so was können. Und es war sogar ganz einfach, warum sie dafür irgendeine Ausbildung von einem König gebraucht hätte verstand sie nicht. Zira hatte einfach aus der großen jagdgruppe zwei kleinere gemacht: In der einen waren Sarabi und die Löwinnen des Königsfelsens, in der anderen waren Zira und die Wüstenlöwinnen. Tatsächlich war das Jagen dadurch effektiver und die Beute reichte immer, um grade um die Runden zu kommen. Na ja, aber wirklich nur gerade so. Doch in letzter Zeit ging Zira sowieso kaum noch jagen. Die Trächtigkeit zeichnete sich immer stärker an ihr ab. „Und wie geht’s dir?“ Scar schmiegte den Kopf zur Begrüßung an ihrem, legte ihr das zerfledderte Vorderbein eines Zebras vor die Pfoten und legte sich neben sie, wobei er ihr einige Male über den Rücken leckte. Sowohl Zira als auch Scar gaben es ja nur ungern zu, aber sie waren vorsichtiger geworden. Der Tag als ihre ersten Jungen verstarben war in Ziras Unterbewusstsein verankert und sie hatte es seit dem ständig mit der Angst um ihr Ungeborenes zu tun, auch wenn sie es nie zugegeben hätte. Sie war um einiges vorsichtiger als bei ihrer ersten Trächtigkeit und hatte von allein mit dem jagen aufgehört, nicht erst auf Scars Drängen. Und diesem war das nur recht. Er war stets besorgt um Zira. Na ja, nicht direkt um sie, eher um das Junge welches sie mit sich trug. Er konnte es sich nicht erklären, aber er war so auf dieses Junge aus, dass er den Tag der Geburt kaum mehr abwarten konnte. Er erhoffte sich von diesem Jungen so viel, denn er würde ein Erbe brauchen. Nur machte ihm diese verdammte Trockenheit Sorgen. Er wusste dass es Probleme bei der Futterbeschaffung gab und auch wenn Zira nicht unbedingt hungerte, so nahm sie auch nicht wirklich genug zu. Jedenfalls nicht genug, dass Scar gesagt hätte, sie würde ein gesundes Junge gebären. Er drängte sie so oft es ging dazu etwas zu fressen, doch sie war dann meistens schon satt und er konnte sie zu nichts zwingen. „Und was machen die Hyänen? Ich hab gehört es gab einen Zwischenfall mit fremden Löwen an der Nordgrenze, bei der Schlucht.“, meinte Zira und fraß an ihrem Zebra weiter. „Ach, nicht der Rede wert“, murrte Scar und versuchte es alles etwas herunter zu spielen „Ein paar tote Hyänen, die Löwen haben Reißaus genommen. Aber es kann mir nur recht sein, je weniger Hyänen, umso besser. Wobei ich ja sagen muss das sie wunderbare Kämpfer, ich muss so nicht die Löwinnen zum Kämpfen schicken.“ Zira wollte schon etwas erwidern, aber dann ließ sie es doch. Es gefiel ihr zwar nicht mal ansatzweise wie er über die Hyänen sprach und dachte, aber was konnte sie da ändern? Sie und er hatten völlig verschiedene Beziehungen zu den Hyänen, das war eben eine Tatsache. „Aber Shenzi, Banzai oder Ed hat es doch nicht erwischt, oder?“, hakte Zira besorgt nach. „Nein, denen geht es gut.“, versicherte Scar ihr. „Ach so, dann ist ja gut. Ich hab übrigens darüber nachgedacht, dass, wenn-“ Zira stockte. „Was ist?“, hakte Scar nach und sah sich irritiert um. „Es hat sich schon wieder bewegt.“, erklärte Zira ihm mit einem breiten, gewissermaßen stolzen Grinsen im Gesicht und rollte sich zur Seite. „Schon wieder? Ist aber ziemlich aktiv dieses mal…“ „Das… Das ist doch gut, oder? Ich meine… wenn es sich jetzt schon so viel bewegt… oder?“, hakte Zira unsicher nach und sah nervös auf ihre Pfoten. Ach was, sie klang nicht nur unsicher, sie hatte Angst. „Hey…“ Scar legte seinen Kopf auf ihre Schultern „Vor was fürchtest du dich?“ „Ach, vor gar nichts.“, versicherte sie ihm. „Mach mir nichts vor“ Scar setzte sich auf und rieb den Kopf an Ziras Hals „Ich kann deine Angst doch beinahe schon riechen.“ „Ach, es ist nur…“ Sie seufzte langezogen „Du redest immer davon dass du dir so was wie den perfekten Thronerben wünschst. Aber… unsere Gene sind nicht die allertollsten, man kann also nicht erwarten dass da so ein Simba-ähnliches, starkes Junge hervorkommt, ich meine selbst wenn wir es hundert mal versuchen würden, so kannst du nie erwarten dass es übermäßig-“ Doch Scar unterbrach sie eilig, indem er ihr über die Schnauze leckte und den Kopf an ihrem rieb. „Zira“, begann er beruhigend „Ich WILL keinen kleinen Simba bei mir haben, ich will meinen eigenen Sohn. Verstehst du? Mir ist klar dass du bedenken hast, aber-“ „Nein“, unterbrach sie ihn bestimmt „Das meine ich auch: Sohn. Immer nur höre ich ‚Sohn‘! Was wenn ich eben keinen Sohn bekomme, was wenn es eine Tochter wird? Wäre das… wäre das ein Problem für dich? Würdest du sie aus der Thronfolge herausnehmen und es lieber noch so lange mit mir probieren bis du endlich deinen Sohn bekommst? Ich meine ich kenne den Ablauf in Königshäusern doch gut genug um zu wissen dass Söhne immer bevorzugt werden, auch du redest von nichts anderem und ich will dich nicht enttäuschen.“ Fast schon weinerlich klangen ihre Worte und man hätte fast sagen können dass sie kurz davor stand zu weinen, aber dazu passte ihr wütender Blick nicht. „Aber du wirst mich nicht enttäuschen, du bist meine Löwin. Und egal was es wird, noch will ich keine Entscheidungen über seine Zukunft treffen. Und du solltest jetzt wirklich schlafen, dir tun diese langen Tage nicht gut.“ „Aber-“ „Zira, schlaf.“ Diesmal klang er um einiges drängender und Zira gehorchte. Warum auch nicht, er war doch ihr König. Ein paar Wochen später, die Sonne war beinahe völlig verschwunden und ließ nur einen kleinen, rosa Streifen am Horizont zurück, war es schließlich so weit, auch wenn Zira versuchte es alles zu verstecken. Aber sie war aufgekratzter als sonst, jedoch schien keine der Löwinnen und auch nicht Scar, Verdacht zu schöpfen. Als Zira schließlich sicher war, dass alle schliefen, schlich sie leichtfüßig aus der Höhle und als sie den ersten Atemzug der Nachtluft einatmete, schien es als ob eine riesige Last von ihr fallen würde. Sie war nicht die Art von Löwin die wollte dass ihr irgendwer, egal wer, bei der Geburt zusah oder gar half. So war es bei ihrem ersten Wurf gewesen, so würde es jetzt sein. Sie brauchte überhaupt niemanden und wenn ihr jemand dabei zugesehen hätte, hätte sie nichts als Scham empfunden. Wer wollte denn schon bei irgendeiner Geburt dabei sein? Zira mochte Geburten noch nicht einmal. Sie waren schmerzhafter als alles was sie bisher durchmachen musste, ihr Becken schien dabei jeden Moment zu explodieren und wenn man sich mal ansah was da noch alles, neben den Jungen, hinten rauskam, ekelte es sie einfach nur. Zudem war sie nach Tage nach der Geburt unbrauchbar für irgendwas und ‚hübsch‘ war sie auch ganz sicher nicht mehr. Die überdehnte Haut um ihren Bauch hing wie bei einem fetten Flusspferd, zumindest war es das letzte mal so gewesen und generell war alles was Bauch abwärts gelegen war im Eimer. Und nach der Geburt war sie schwach und verletzlich, etwas was sie nie seien wollte. Während Zira so darüber nachdachte, fiel ihr ein dass sie ein gutes Versteck brauchen würde. Aha, hier, genau das Richtige. Sie legte sich zwischen einige dornige Büsche, jedoch nur um wieder aufzustehen, sich ein paar Mal im Kreis zu drehen und das spärliche Gras platt zu treten und sich dann wieder hinzulegen. Und nun hieß es warten. Auf irgendwas. Sie wusste nicht genau wie lange sie mit dieser Geburt zu kämpfen gehabt hatte und sie hatte auch keine Ahnung wie viele Äste sie zerbissen hatte, aber sie musste zugeben, dass es ihr dieses Mal leichter erschien als damals. Ach was redete sie da, damals hatte sie ja auch drei Junge zur Welt bringen müssen und diesmal nur eines. Ein einziges. Sie hätte heulen können. Wenn dieses Junge nun eine Löwin war, war sie geliefert. Scars Erwartungen wären alle über den Haufen geworfen. „Na du? Komm mal her.“ Nur sehr schwer und auf zittrigen Beinen, konnte Zira aufstehen. Als sie das kleine Jungtier zwischen ihre Pfoten nahm und eilig begann es trocken zu lecken, fiel ihr jedoch ein Stein vom Herzen. Es war ein Löwe. Ein männlicher Thronerbe, das was Scar immer gewollt hatte. Und all der Druck der letzten Monate fiel mit einem Mal endgültig von ihr ab. „Da du Süßer? Hey mein Schatz, du wirst mal König hörst du?“ Na toll, jetzt weinte sie auch noch. Aber als sie im fahlen Mondlicht über das Gesicht des Junges fuhr um es vom Schleim zu reinigen, hatte Zira für eine Sekunde das Gefühl ihr Herz würde aussetzten. Denn wenn man sich nur die Augenpartie des Jungen ansah, dann hätte man geglaubt es sei Kwanza. Diese Herzförmige Augenzeichnung war dieselbe die auch Kwanza hatte. Ach, ihr süßer Kwanza… Und seine Schwestern. Und mit einem Mal wurde aus all ihrer Freude Trauer. Sie hatte immer versucht die drei zu verdrängen und sich auf ihr neues Junges zu freuen, aber jetzt, wo er da war, war die Erinnerung an sie auch zurück. Und Zweifel erfüllten sie. Was wenn sie es mit diesem Jungen wieder vermasseln würde? Doch Zira schluckte die schmerzhafte Erinnerungen und all ihre Bedenken herunter, zumindest versuchte sie es. Ihre Aufmerksamkeit galt nun wieder ihrem kleinen Baby. Sein Fell war, soweit Zira das im Mondlicht erkenne konnte, eine undefinierbare Mischung aus rotbraun und grau, die Pfoten und die Schnauze waren weiß, der Bauch auch, jedoch nur bis zur Brust. Und… na ja, er war so schrecklich dünn. Dünner als Kwanza es damals war. Wenn Zira ehrlich sein sollte, hatte sie Angst… Angst dass es nicht überleben würde. Das Futter war knapp, als Zira trächtig war, so was zeigte sich nun mal an dem Jungen wieder. Aber es war doch nicht so knapp gewesen dass sie hungern musste. Sie hatte doch immer genug bekommen, warum das also? „Hey Kleiner…“, schnurrte Zira und rieb ganz sanft ihre Nase an dem Kopf des Jungen. Er war nun trocken, weshalb sie ihn an ihre Seite legte und er gierig begann Milch zu trinken. Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie doch so ihre Bedenken. Ja, natürlich, das Junge war neugeboren, man konnte kaum was über sein späteres Aussehen sagen, aber Zira hatte da so ein mieses Gefühl, dass Scar in dem Jungen nicht seinen Erben sehen würde. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre es ihr völlig egal wer es wurde, ihr ging es einzig und allein um das Wohl ihr Junges und nicht um Scars Machtspiele. Aber nun gut. Es musste jetzt anfangs die ersten Stunden in Sicherheit bleiben, der Rest war Zira noch egal. Einige Stunden später zog ein heftiger Wind auf und die Temperaturen fielen bedenklich. Zira, welche bereits zu frösteln begann nahm ihr zitterndes Junges beschützend zwischen die Pfoten und legte besorgt den Kopf über ihn. Wenn er jetzt eine Erkältung bekäme könnte sie ihn gleich umbringen. Sie hörte ihn manchmal unter sich aufmauzen, sich im Schlaf drehen, aber ansonsten schien der Platz zwischen den Pfoten seiner Mutter der schönste überhaupt für ihn zu sein. Zumindest einer der nicht fror. Zira war eiskalt. Sie fror so sehr, dass sie glaubte ihre Schwanzspitze nicht mehr zu spüren und auch wenn sie sich zusammenrollte und so klein wie möglich machte, so wurde es nicht wärmer um sie herum. Aber irgendwann konnte sie nicht anders und schlief ein. Doch das hielt nicht lang, denn einige Zeit später wurde Zira von einem flehenden Maunzen wach. Das Junge versuchte sich zwischen ihren Pfoten hindurch zu ihrem Bauch zu kämpfen. „Hey, was machst du denn da? Bist du nicht noch ein bisschen zu jung zum Kämpfen?“, fragte sie es und packte es vorsichtig am Genick und legte es neben sich. Eine Zeit lang lag sie einfach stillschweigend da, die Ohren immer aufgestellt. Sie wäre jederzeit bereit gewesen für ihr Junges zu kämpfen, aber da die Morgendämmerung inzwischen einsetzte, entschloss Zira zurück zum Königsfelsen zu gehen. Als Zira mit dem Jungen im Maul ankam, sah sie eine angefressene Giraffe in der Nähe des Königsfelsens liegen. Aha… Die Löwinnen hatten also was Größeres gefangen. Sie hatte Hunger, also lief sie schnell zu der Giraffe und schlang einige zähe Brocken in sich rein. Es war ihr egal ob sie nur die Reste bekam, aber sie war so ausgelaugt dass sie über alles fressbare glücklich war. Plötzlich jedoch wurde das Junge, das sie zwischen ihre Pfoten gelegt hatte wach und begann flehend nach Futter zu rufen. „Pssssst! Pssst Baby, keine Panik.“, meinte Zira beruhigend, lies sofort von ihrem Futter ab und schmiegte den Kopf einige Male beruhigend an dem Kleinen. Als er sich wieder beruhigt hatte, was erstaunlich schnell ging, nahm sie ihn wieder ins Maul, schlich zum Königsfelsen und lief mit großen Schritten an den schlafenden Löwinnen vorbei, in den separaten Teil der Höhle, in dem sie und Scar schliefen… und ab jetzt wohl auch das Junge. Und als sie da so stand, Scar direkt vor ihren Pfoten, da wusste die um ehrlich zu sein nicht was sie tun sollte. Ihr erster Impuls war es, Scar zu wecken und ihm seinen neuen Sohn zu präsentieren, doch dann ließ sie es doch sein und ließ sich nur stillschweigend neben ihn sinken, das Junge fest zwischen die Pfoten geklemmt. Es schlief tief und fest und machte selbst dann keinen Mucks, als Zira den Kopf über das kleine Wesen legte und noch versuchte zumindest noch ein bisschen Schlaf zu bekommen. Doch schon einige Minuten später war Zira, aufgrund eines strampeligen ‚Dings‘ wieder wach. Müde sah sie zu ihrem Jungen, das sie aus seinen großen Knopfaugen ansah und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Es hatte ihre Augen. „Na mein Süßer?“, schnurrte Zira liebevoll und schleckte ihm über den Kopf. Scar, der wohl gerade in den Halbschlaf verfallen war, gähnte verschlafen und streckte sich ausgiebig. „Was denn?“, fragte er. Er dachte wohl er war mit dem „Süßer“ gemeint. „Nicht du.“, kicherte Zira und konnte sich ein verschlagenes Grinsen einfach nicht verkneifen. Scar war noch immer etwas verschlafen und sah verwirrt zu ihr. „Was?“ Zira rollte mit den Augen und einen Moment lang hätte die ihn fast schon auf das Junge aufmerksam gemacht, doch dann änderte sie ihre Meinung. „Scar, schau dich bitte mal hier um, fällt dir vielleicht irgendeine, winzig kleine Veränderung auf?“, fragte sie vielsagend. Anscheinend nicht vielsagend genug. Denn Scar brauchte ein paar Sekunden bis er begriff dass sie da etwas zwischen Ziras Pfoten befand, was für ihn von gewisser Bedeutung war. „Du… warum hast du nichts gesagt?“, rief Scar überrumpelt aus und sprang mit einem mal überraschend schnell auf. „Ach, das mach ich doch nie. Und? Na, gefällt er dir?“, fragte Zira hoffnungsvoll. Scar war einen Moment lang völlig neben der Spur, dann jedoch musste er grinsen. Er musste einfach, allein schon weil sie sich so freute. „Und das ist er?“, hakte Scar nochmals nach, so als wolle er sicher gehen dass das auch tatsächlich sein Sohn war. „Nein Scar“, meinte Zira „Weißt du, ich bin es!“ Oooh, Sarkasmus. Aber dass Scar immer so dumme Fragen stellen musste! NATÜRLICH war das Junge es, wer denn sonst? „Er ist süß“, meinte Scar schließlich und legte sich neben sie „Aber ein bisschen klein, findest du nicht?“, stellte er fest und beugte sich zu dem Jungen herunter um es besser betrachten zu können. „Weißt du Scar, DAS ist das Gute an Kindern: Sie wachsen.“, entgegnete Zira und hoffte nicht zu abweisend geklungen zu haben. Aber was verlangte er denn? Sie hatte wirklich ein bisschen mehr Begeisterung erwartet… Nur ein bisschen. Immerhin hatte er jetzt seinen Erben und dazu noch einen männlichen, was verlangte Scar denn noch? Und dafür dass der Kleine ein wenig schwächlich war… Da konnte sie doch nichts dafür, das würde doch noch werden. Sie hatte doch keine Freudensprünge erwartet, nur ein bisschen mehr… Zufriedenheit. Stattdessen hatte sie, trotz allem, das Gefühl Scar einfach nur enttäuscht zu haben. Und… Nun ja, Scar hatte sich das Junge ein bisschen anders vorgestellt. Doch so musste man dem kleinen Kerl eines lassen: Er war wirklich süß. Doch Niedlichkeit machte keinen König. Und so wie es jetzt war… Scar konnte sich kaum vorstellen, dass hieraus mal ein König werden sollte. Wirklich nicht. Er seufzte leise auf und ließ den Blick noch immer Sekundenlang auf dem Jungen ruhen. Dass er sein Sohn war, war nicht zu bestreiten. Die Ähnlichkeit war vorhanden… Wenn Uru jetzt noch leben würde, wäre sie wahrscheinlich ganz in ihrem Element gewesen und hätte lauter Geschichten über Scars Kindheit erzählt. Uru. Egal was Scar auch widerfuhr, irgendwo in seinem Unterbewusstsein war sie noch immer Vorhanden und wollte ihn einfach nicht loslassen, auch wo er nun selber Vater war. Vater eines Sohnes. Und dann waren da noch diese Augen. Diese Augen die Kwanzas so verdammt ähnlich sahen. Einen Moment lang musste Scar schlucken um sich beherrschen zu können. Irgendwo von Ziras Seite musste diese Augenzeichnung kommen, Scar kannte niemanden aus seiner Linie, der solche Augen hatte. „Und wie wollen wir ihn nennen?“, fragte Scar schließlich und stupste seine Sohn vorsichtig mit der Pfote an. „Ich dachte an Nuka.“, schlug Zira vor. Sie wusste zwar was der Name bedeutete, aber irgendwie… ihr gefiel der Name einfach. Der Klang. Es war ein hübscher Name. Nuka… das klang süß. So wie… wie… Nukato. Das hieß Parfum. Nur klang Nukato etwa eine halbe Millionen Mal schlechter als Nuka. Nuka war viel niedlicher. „Nuka“, hakte Scar nach „Ernsthaft? Du weißt doch was das heißt, oder?“ „Schon…“, gab Zira zu „Aber es klingt doch hübsch, oder? Ich mag den Klang dieses Namens einfach“ Sie stockte kurz „Oder sollen wir ihn etwa Taka nennen?“, fragte sie neckisch. „Nein, natürlich nicht“, wand Scar ab „Aber gut… Okay. Nuka also.“ Scar fiel sowieso nichts Besseres ein und bevor Zira die Idee mit Taka ernst meinte, stimmte er einfach dem erstbesten Namen ein. Scar begann nun Nuka zu beschnuppern, welcher in diesem Moment ein Kichern von sich gab, völlig unverhofft nach den Schnurrhaaren seines Vaters griff und so fest er nur konnte daran zog. Er schien sogar noch Freude daran zu haben und dafür dass er im Grunde so gut wie blind war, hatte er eine unglaubliche Zielgenauigkeit, wenn es darum ging nach Schnurrhaaren zu greifen. „Au“, rief Scar aus und rieb sich die Schnauze „Na wenigstens kann er das. Vielleicht steckt ja wirklich Potenzial in ihm.“ Zira grinste breit und leckte Scar zärtlich über die Stelle, an der Nuka seinem Vater ein paar Schnurrhaare ausgerissen hatte. Diese paar Worte von ihm hatten ihr einen gewaltigen Stein vom Herzen fallen lassen. „Hey, wird schon wieder… Das blutet nicht mal, sei mal keine Löwin.“, zog sie ihn auf und rieb liebevoll ihren Kopf an seinem Kinn. Sie war einfach erleichtert. So verdammt erleichtert. Scar fuhr ihr und Nuka sanft über die Stirn und stand auf. „Na dann zeig ihn mal den anderen.“ „Wohin gehst du?“, fragte Zira. „Ach, die Hyänen erzählten mir gestern von irgendwelchen Problemen an der Südgrenze. Ich werde kurz nachschauen.“ „Ooooh, er ist so süß… Irgendwie flauschig.“, meinten Sarabi und Sarafina, als sie gegen Mittag mit Zira im Schatten lagen und Nuka beim Schlafen zusahen. „Aber an irgendwen erinnert er mich…“, meinte Sarabi schließlich und sah sich Nuka genauer an. Zira spürte einen Stich im Herzen und schluckte. „Kwanza… Die Augenzeichnung ist dieselbe wie bei Kwanza.“, brachte sie hervor. „Oh… Ja, stimmt.“ Sarabi wusste dass dieses Thema eine Tabunummer war und wollte es einfach bei sich belassen. Zira musste jedoch lächeln, als sie sah, wie Nuka sich im Schlaf wälzte und mit den Pfoten zuckte. Ja… Ihr süßer, kleiner Nuka. Egal was Scar auch tun würde, egal ob er in Nuka nun seinen Thronfolger sah, für sie würde er immer ihr kleiner Löwe bleiben… Auch wenn er das Loch in ihrem Herzen, was Kwanza, Samangi und Tofauti hinterlassen hatten, nie ganz füllen könnte… „Hey Nala… Was schaust du denn?“ Sarafina setzte sich zu ihrer Tochter und folgte ihrem Blick in den unendlichen Sternenhimmel. „Ach Mutter“, begann Nala „Ich mach mir solche Sorgen um Mheetu… Er… er ist jetzt schon fast drei Monate allein da draußen… Was wenn er verhungert ist… Oder getötet wurde? Er ist noch nicht mal erwachsen…“ Sarafina seufzte und rieb tröstend den Kopf an ihrer Tochter. „Nala… Wir haben ihm alles beigebracht… Ich bin mir sicher dass er was Besseres finden wird. Er hat uns versprochen zurückzukommen. Und glaub mir: Mheetu hält seine Versprechen. Das weißt du.“ „Ich weiß Mutter… Nur: Ich… Ich hab solche Angst, das ihm was passiert ist! Was wenn er in Vergessenheit geraten wird“, weinte Nala „Ich will ihn nicht vergessen! Er ist doch mein kleiner Bruder!“ „Siehst du die Sterne“, fragte Sarafina plötzlich „Zira hat ja etwas andere Ansichten, was unseren Tod angeht… Ich finde ihre Vorstellung im Übrigen um einiges Tröstender…“ „Was denn Mama?“ „Sie sagte mal, dass wenn wir sterben, wir an einen besseren Ort kommen und die Sterne nur leuchten, um uns an die zu erinnern, die von uns gegangen sind. Immer wenn jemand stirbt, erleuchtet Irgendwo ein neuer Stern.“, erklärte Sarafina. „Das… das ist eine schöne Vorstellung… Ich mag das.“, schluchzte Nala und beruhigte sich allmählich. „Nala… Niemand weiß was hinter dem großen Hauptfluss ist, weil bis jetzt es niemand für Notwendig hielt, soweit weg zugehen. Wer weiß, vielleicht erwartet Mheetu dort der Himmel auf Erden.“, tröstete Sarafina ihre Tochter und liebkoste sie. Oder der Vorhof zur Hölle, ergänzte sie in Gedanken, sprach es jedoch nie aus. „Du hast recht… Vielleicht geht es Mheetu doch gut…“ „Ey, du scheiß Penner, gib mir meinen Anteil der Beute wieder!“, brüllte Mheetu wütend und rannte hinter einem anderen Junglöwen her. Kwanza hatte ein großes Stück Fleisch um Maul und konnte sich ein fieses Grinsen nicht verkneifen. „Nur weil ich der jüngste bin, müsst ihr mich nicht immer so ärgern!“, knurrte Mheetu erschöpft, als er es endlich schaffte sich auf Kwanza zu stürzen. „Du übertreibst gnadenlos! Erstens: WIR ärgern dich NIE und zweitens kann ich mir meine Verwandtschaft wohl nicht aussuchen!“, wand Tofauti ein, die mit ihrer Schwester und Tumaini unter einem Baum lag und in die Sterne starrte. Samangi seufzte genervt. „Oh Gott, ich dachte immer mit einem Männchen hat man genug zu kämpfen, aber NEIN! Schickt der Himmel uns gleich noch Nummer zwei!“ „Ach Süße, tu nicht so gequält.“, meinte Tumaini und schmiegte den Kopf an ihrer, wenn man es so nennen wollte, ‚Tochter‘. Drei Monate waren seit Mheetu Ankunft vergangen und sie alle verstanden sich bestens! Okay, Mheetu konnte noch immer nicht so recht glauben in was für eine verrückte Gruppe er hier gekommen war, aber es war cool! Die anderen waren alle in seinem Alter, mit ein paar Monaten unterschied, und waren genauso ausgeflippt, pubertär und von jugendlicher Energie erfüllt wie er. Na gut, Samangi war doch etwas reifer, aber sie verstand noch immer Spaß. Und Tumaini? Mheetu hatte daran gezweifelt das er einen Schakal als Alphatier akzeptieren könnte, doch es klappte. Tumaini war ein Engel und wenn man es so sagen wollte, war sie… cool. Sie machte jeden Blödsinn mit und es schien kaum Regeln zu geben. Was wollte Mheetu mehr? „Jetzt hör mal auf zu heulen. Wir müssen sowieso wieder jagen. Also, wer kommt mit?“, fragte Tofauti „Immer das Ferkel das grunzt!“, lachte Samangi. Tofauti seufzte genervt, dann sah sie zu Mheetu. „Kommst du auch mit? Bitte!“, flehte die weiße hoffnungsvoll. Mheetu nickte augenblicklich und lief mit einem kribbeligen Gefühl hinter Tofauti her. Eigentlich konnte er es kaum glauben, dass diese süße Löwin wirklich mit Kwanza und Samangi verwandt war. Sie war völlig anders! Ihr Körper war kräftiger, sie war kleiner. Kwanza und Samangi waren sehr dünn und groß, doch Tofauti erinnerte Mheetu immer sehr an die Löwinnen aus dem Geweihten Land… Ja, so konnte man Tofauti am ehesten beschreiben. Nur war sie eben… kleiner. Aber sobald man wusste was für einen Humor Tofauti hatte, wusste man, dass sie zumindest mit Kwanza verwandt war. „Hey, Mheetu, was sagst du zu der Antilope da?“, fragte Tofauti und sah Mheetu aufgeregt in die Augen. Für einen Moment wusste der junge Löwe nicht was er sagen sollte. Er starrte nur völlig bewegungslos zu Tofauti. Sie hatte tolle Augen. Anders als die von normalen Löwen, aber das war es was er an ihr mochte: Das anders sein. Er hatte es noch nie ausgesprochen, aber er hatte sich in den letzten Monaten in diese Löwin verliebt. Sie war so unglaublich süß und witzig, sie brachte ihm zum Lachen und wann immer er in ihrer Nähe war, war er einfach glücklich. Nur hatte er noch nie den Mut gehabt ihr das zu sagen, auch wenn er sie sich mehr als alles andere wünschte. „Hey, sag was.“, meinte sie plötzlich und schmiegte ihren Kopf unter seinem Kinn. Nur kurz, nur einen ganz kurzen Augenblick, in dem Mheetu glaubte im falschen Film zu sein, doch sie tat es. Und das löste sofort dieses flatterige Gefühl in Mheetus Bauch aus. Wie sehr er solche Momente liebte… „MHEEEEEETU! Was d ist jetzt?“, hakte sie etwas genervter als zuvor nach. „Hä?! Äh, was? Sorry, ich war grade irgendwie weg!“, erklärte er und spürte wie ihn die Hitze in den Kopf stieg. „Ich fragte dich was du von der Antilope da hältst.“, sagte Tofauti. „Oh… äh, klar, machen wir das. Du scheuchst sie in meine Richtung, ich töte sie.“, entscheid er. Er war in töten besser als Tofauti, was aber auch nicht schwer war, denn Tofauti war von ihnen allen die schlechteste Jägerin. Na ja, sie war nicht direkt schlecht, aber die anderen waren besser. Tofauti nickte und rannte los. Und schon starrte Mheetu wieder nur dumm rum. Tofauti sah im Mondlicht einfach nur wunderschön aus. Ihr weißes Fell, die schnellen, eleganten Bewegungen… Okay, Samangi war auch eine ausgezeichnete Jägerin, eine bessere sogar, und sie war mindestens genau so elegant, aber bei Tofauti… Da war irgendwas anders. Sie hatte etwas an sich was keine andere Löwin sonst hatte. Er konnte es nicht erklären, aber sie war einfach besonders und das bezog sich nicht nur auf ihr Fell. Kapitel 48: Alte Zeiten ----------------------- Nuka quiekte begeistert auf. Schon wieder. „Na, ist das so lustig? Ist das sooo lustig dass du deswegen lachen musst?“, fragte Zira ihren inzwischen wenige Tage alten Sohn und als er ein bestätigendes Nicken von sich gab, wiederholte sie dieses Spielchen, zog die Krallen ein und ließ sie dann wieder ausfahren. Nuka fand das unglaublich faszinierend, denn seine Krallen waren bei weitem nicht so lang oder tödlich wie die seiner Mutter. Und so wiederholte Zira dieses Spiel ein paar mal, während Nuka noch immer fasziniert auf die Vorderpfoten seiner Mutter starrte. Sie lagen im Schatten einer Akazie, in unmittelbarer Nähe zum Königsfelsen. „Naaaa, magst du das, hm? Jaaaa, du magst das, mein Schatz, das tust du.“, schnurrte Zira nun, errötete jedoch als sie einige Hyänen in einiger Entfernung an ihr vorbeilaufen sah. Sie lachten, höchstwahrscheinlich über sie. „Kümmert euch um euren eigenen Kram!“, rief sie ihnen genervt hinterher und drückte Nuka an ihre Brust. Doch das schien ihm gar nicht zu gefallen, denn augenblicklich kämpfte er sich wieder zu Ziras Pfoten vor, zumindest versuchte er es. „Nein, das war genug Krallen anschauen für heute, die bleiben jetzt eingefahren.“, meinte Zira ernst und versuchte das entsetzte Mauzen Nukas zu überhören. Er musste jetzt sowieso sauber gemacht werden, also sollte er sich nicht so anstellen. Nuka war dem sauber gemacht werden jedoch recht positiv eingestellt, weswegen er genießerisch den Kopf zurücklegte, als Ziras raue Zunge über seinen Pelz fuhr. Er liebte es. „Jaaaaa, das magst du mein Süßer, das magst du…“, murmelte Zira halblaut und beendete Nukas Fellpflege schließlich, als sie fertig war „Na, willst du jetzt schlafen?“ Na gut, Zira wusste dass sie auf die Frage keine Antwort bekommen konnte. Eigentlich war das keine Frage, das war eine Feststellung: Geh schlafen, Nuka. Aber wie das eben so war wollten kleine Jungen eben nicht dann schlafen, wenn ihre Eltern es wollten. „Lallen!“, forderte Nuka gequält und deutete mit seinen kleinen Pfötchen auf Ziras Zehen. „Krallen? Nein, keine Krallen mehr für heute. Die Krallen sind müde, die müssen schlafen, so wie du.“, versuchte Zira ihm zu erklären, jedoch erfolglos. „Lallen!“, verlangte Nuka nochmals. „Nuka, die Krallen, können auch ganz böse werden! Schlaf jetzt ein, die Krallen wollen heute nichtmehr. Zudem wirst du immer unausstehlich wenn du keinen Mittagschlaff bekommst.“ „Lallen!“ Jetzt heulte Nuka fast schon. Wie konnte seine Mutter ihm ihre Krallen vorenthalten? IHRE Krallen! Die hatten vierundzwanzig Stunden am Stück für IHN da zu sein, verdammt nochmal! „Nein Nuka! Keine Krallen!“ Jetzt heulte er wirklich. Und Zira fraß das schlechte Gewissen auf. „Nein, nicht weinen… Ach Nuka…“ Sie seufzte gequält und begann ihm liebevoll über das Gesicht zu lecken und ihn irgendwie zum Lachen zu bringen, doch er beruhigte sich nur langsam und als seine Tränen endlich getrocknet waren, war er eingeschlafen. „Ach, du dummer, süßer, kleiner Löwe, du…“, schnurrte sie und legte ihren Sohn vorsichtig zwischen ihre Pfoten, an ihre Brust, dort wo ihr Fell am weichsten war. Als sie damit fertig war, legte sie den Kopf schützend über Nuka, auf ihre Pfoten, so dass er nicht völlig ungeschützt da lag. Denn niemand traute sich an ein Junges ran, wenn es zwischen den Pfoten seiner Mutter lag. Vor allem wenn die Mutter eine Löwin war. Zira musste kurz eingedöst sein, denn sie wurde erst durch das rascheln von Gras wieder wach. „Ach, Scar, wo warst du?“, begrüßte sie den König, welcher sich wortlos neben sie legte und den Blick sofort auf Nuka richtete. „Bei den Löwinnen. Sie haben schon wieder nichts erbeutet.“, beklagte Scar sich. „Tja, sie haben eben ihre beste Jägerin nicht…“, meinte Zira süffisant und blickte auf diese gespielte, übertriebene Art und Weise selbstsicher zu ihm „Sobald ich wieder in der Lage dazu bin werde ich jagen, ja?“ Scar hingegen sah ihr skeptisch entgegen und meinte: „Ich versteh doch manchmal nicht… Da bist du schon Königin und dann willst du trotzdem jagen?“ „Scar, ich brauch das“, gab sie zur Antwort „Auf den Nervenkitzel will ich einfach nicht verzichten.“ „Na wenn du meinst. Wenn ich du wäre würde ich die Zeit ohne jagen voll und ganz auskosten“ Er sah nochmals auf Nuka, wurde jedoch stutzig, als er das nasse Fell unter seinen Augen sah „Hat er etwa geweint?“ „Ja, er war wütend als ich ihm meine Krallen nicht mehr zeigen wollte. Er hat da so ein Lieblingsspiel, das geht so: Erst hab ich die Krallen eingezogen und dann fahr ich sie aus. Und das ist für Nuka das anscheinend witzigste auf der Welt.“, erzählte Zira ihm und kam aus dem grinsen gar nicht mehr raus. Sie war niedlich. Scar fand sie einfach nur niedlich wenn sie so voller Elan, so voller Freude von Nuka erzählte. Egal was es war, ob er nun einem Schmetterling hinterhergesehen, an Scars Mähne herumgespielt oder einfach nur gegähnt hatte, sie war einfach von allem was dieses Junge tat hin und weg. Es tat ihr gut wieder Mutter zu sein. Zum allerersten Mal seit dem Tod ihres ersten Wurfes war sie wieder so… so… einfach so wie sie gerade eben war. So begeistert, so stolz, so glücklich. Und Scar? Ja, er gab es zu, er fand Nuka niedlich, er hatte eine Zuneigung ihm gegenüber. Mehr als das. Viel mehr. „Scar.“, begann Zira plötzlich, als sie merkte, dass Scars Blick schon wieder auf Nuka haften blieb. „Ja?“ „Du hast keine Ahnung wie glücklich ich bin. Mir wurde eine zweite Chance gegeben Mutter zu sein und ich verspreche dir, diesmal mach ich es besser, diesmal werde ich nicht versagen, ich verspreche es dir. Diesmal wird nichts passieren, ich-“ Doch sie kam nicht dazu zu Ende zu sprechen. „Zira, das was damals geschah war nicht deine Schuld. Das war die Schuld des Leoparden. Nicht deine“, unterbrach Scar sie „Wann wirst du das endlich verstehen?“ „Es ist einfach… Ich hatte damals das Gefühl völlig versagt zu haben. Ich meine es waren drei und ich konnte nicht ein einziges retten. Und ich hab ja versucht mir keine Vorwürfe zu machen, aber es ging nicht.“ „Du warst jung“, meinte Scar „Fast schon etwas zu jung für Junge. Was damals passiert ist war ein Unfall, denk nicht es hätte mich unberührt gelassen. Meinst du es ging mir damals besser als dir“ Zira sah bedrückt auf Nuka „Aber Nuka“, fuhr Scar fort „Nuka wird beschützt sein. Nuka ist ein Prinz, er wird in Sicherheit sein. Weder die Hyänen noch irgendein anderes Raubtier wird sich an den Prinzen des Geweihten Landes herantrauen.“ „Ich weiß… Die Zweifel sind trotzdem da.“, gab Zira zur Antwort und legte den Kopf wieder schützend über Nuka. Scar begann währenddessen ihr das Fell zu putzen. Nicht dass Zira das nicht gutgehießen hätte, aber als er ihren Lenden gefährlich nahe kam, gab sie ein warnendes Fauchen von sich. Und nein, Scar hatte keinen Hintergedanken gehabt, es war einfach nur die Tatsache dass Zira nicht wollte dass er ihrem Bauch zu nahe kam. Er sah furchtbar aus. Die Haut war auch Tage nach Nukas Geburt überdehnt und sie schämte sich so unendlich dafür. Um ehrlich zu sein war ihr Bauch der einzige Grund warum sie den ganzen Tag nur herumlag. Niemand sollte sehen wie hässlich sie da unten aussah, erst Recht nicht Scar. Sie wollte nicht dass er sich DAS antun musste. Aber alles was sie tun konnte war hoffen dass sich abwärts ihrer Lenden bald alles normalisieren würde… Es gab ja schließlich Dinge auf die sie nicht verzichten wollte. Jagen zum Beispiel. Zum Beispiel. „Hey Ed, was machst du da?“, fragte Shenzi, als sie Ed im Boden buddeln sah. Seit Nukas Geburt waren die Hyänen so gut wie auf sich selbst gestellt, auch wenn das jetzt schon einige Wochen zurücklag. Scar hatte ja auch sonst nie Interesse an Shenzi und den anderen Hyänen, aber inzwischen existierten sie für ihn fast schon gar nicht. Nur wenn er Streitigkeiten um das Futter regeln musste, dann hatten die Hyänen noch das Recht ihrem großen König unter die Augen zu treten. Aber aufgrund der eher dürftigen Beute der Löwinnen machten die Hyänen sich auch mal selber ans Werk. Und wenn es nur eine Ratte war, darüber freuten sich die Kleinen zumindest. Ed lachte hysterisch und deutete auf etwas in dem Loch, in dem er soeben noch gebuddelt hatte. Verwundert kam Shenzi näher und sah neugierig hinein, denn wenn es Futter war, würde sie es sicht nicht entgehen lassen. „Hey Shenzi… Hilf mir hier mal raus…“, seufzte Banzai. „Oh mein Gott! Heilige Sch… akale, wie bist du da reingekommen?“, rief Shenzi aus und starrte ungläubig zu Banzai, der bis zum Hals mindestens einen halben Meter unter dem Boden lag. „Ach, Ed und ich haben nach einem Stachelschwein gegraben, dabei ist irgendwas eingestürzt oder so… Und jetzt lieg ich hier unten“ Banzai seufzte genervt „Naja, zum Glück hat mein kleiner Bruder mich ausgegraben, nicht Ed?“ Ohhh, der Sarkasmus, die Zynik! Wenn das tödlich wäre, wäre Banzai gestorben. Ed schien das jedoch nicht zu verstehen, denn er nickte voller Stolz und gab ein dümmliches Lachen von sich, ehe er anfing an Banzais Ohren rumzuziehen. „Au, au, au, au, au, au, AUUUU“, schrie Banzai auf „So geht das nicht! Verdammt! Ed, mein halber Körper steckt hier noch drin, grab weiter!“ Eingeschnappt setzte Ed sich hin und sah nur schmollend zu Boden. Er hatte sich SO VIEL Mühe gegeben und jetzt DAS! Pah, sein Bruder war ja so undankbar! Und dann redete er auch noch in so einem Ton mit ihm! „Ach Ed, du bist so schnell eingeschnappt. Jetzt sei doch kein Männchen und grab weiter, wie’s ‘ne echte Lady tun würde!“, verlangte Shenzi genervt. Doch Ed erhob nur hochnäsig die Schnauze und schüttelte den Kopf. „Dann halt nicht!“, fuhr Shenzi ihn an und schlitterte vorsichtig die Grube runter. „Mann, wenn Ed hier unten liegen würde, würde ich warten bis die Würmer kämen.“, knurrte Shenzi und begann Banzai frei zu buddeln. „Wenn ich noch lange hier unten bleibe, kommen die Würmer.“, seufzte Banzai. „Hast du nicht sowieso schon Würmer?“, hakte Shenzi nach. „Nein“, gab Banzai stolz von sich „Das hat sich gebessert.“ „Ja, auch wieder wahr… Aber wenn du tot wärst und die Würmer dich zerfressen würden, wäre ich rein theoretisch wieder Single.“ „Oh, willst du das, willst du dem armen Banzai das wirklich antun?“, fragte er gespielt traurig. „Nun ja… Irgendwie nicht… Aber irgendwie auch doch, Alter!“, zog Shenzi ihn auf und grub weiter, bis nur noch Banzais Beine feststeckten. „Versuch mal dich selber zu befreien, ich kann nicht mehr.“, meinte sie erschöpft und kletterte stöhnend aus der Grube. „Hey, ich bin draußen… Gleich…“, stellte Banzai fest und schaffte es irgendwie seine Beine aus der Erde zu ziehen. „Hinten steckt‘s noch fest.“, lachte Shenzi und sah höchst amüsiert zu Banzai. „Arg… Egal, das hab ich auch gleich…“, knurrte er und zog noch seine Hinterläufe aus der Erde „Ha, geschafft!“ Banzai kletterte aus dem Erdloch und sah strafend zu Ed, der in diesem Moment in einer Lachattacke versank. Es schien fast so als hätte er vergessen dass er Banzai ignorieren wollte. „WAS?! Was denn?“, knurrte er wütend und schüttele sie den Dreck so gut es ging aus dem Fell. Shenzi musste grinsen. „Ed hat recht, du siehst erbärmlich aus.“, meinte sie. „Ja, danke, danke. Wozu hab ich euch eigentlich? Wenn ich jemanden will, der sich über mich lustig macht, dann könnte ich auch mit deinen tausend Geschwistern reden.“ Manchmal war es besser die Schnauze zu halten. Denn dieser eine Satz ließ in Shenzi gerade etwas in die Luft gehen. „ERSTENS“, fauchte sie „Du hast UNS weil du sonst niemanden hast und ZWEITENS“, fuhr sie fort „Ich hab nur sieben Geschwister, klar? MERK DIR DAS! SIEBEN!“, korrigierte Shenzi. Doch mit einem Mal klang ihr Stimme ungewohnt dünn, fast schon zittrig. „Äh… Shenzi?“, hakte Banzai nach. Hier stimmte was nicht, schließlich war sie sonst die, die am längsten Geduld hatte. „WAS?!“, fuhr sie ihn an und wand sich wortlos um. „Äh… Ed… Hab ich irgendwas Falsches gesagt?“, fragte Banzai verwundert. Ed, der immer noch den Beleidigten spielte, lief erhobenem Hauptes an seinem Bruder vorbei zum Fluss. Banzai sah den beiden nur völlig konfus hinterher. Was hatte er denn falsch gemacht? Manchmal waren die beiden einfach nur ein Rätsel… Dabei kannte er sie seit Kindesbeinen. „Ed, jetzt bleib mal stehen!“, verlangte Banzai und rannte ihm hinterher. Er wollte jetzt lieber mit seinem Bruder als mit Shenzi sprechen, denn Shenzi war, wenn sie wütend war, eine tickende Zeitbombe. Sie brauchte Zeit zum runterkommen. „Ed, jetzt tu mal nicht so eingeschnappt und sag mir was den Problem ist!“ Ed drehte sich nach Banzai um und gab irgendwelches verständnisloses Gelaber von sich, was Banzai natürlich verstand. „Was? Ach Ed, ich hab das nicht böse gemeint, aber es tut nun mal weh, wenn du noch zur Hälfte begraben bist und jemand anders, und zwar du, versuchst mich aus dem Loch zu ziehen. Deswegen musst du doch nicht gleich einen auf… Shenzi auf Östrogen tun!“, versuchte Banzai Ed zu besänftigen und grinste gerade über seinen eigenen Witz. Aber der vergleich war doch toll von ihm gewesen – Shenzi auf Östrogen. Ed lachte amüsiert drauf los. Eigentlich konnte er nicht lange nachtragend sein und war auch nie lange böse auf jemanden, aber WENN er es war, dann ziemlich heftig. „Na, wieder normal?“, fragte Banzai und tätschelte seinem Bruder den Kopf. Ed nickte, dann begannen er und Banzai eines ihrer Fangenspiele zu spielen. Für so was wurde man eigentlich nie zu alt… Solange man Banzai oder Ed hieß. Zudem war es eine tolle Möglichkeit sich die Zeit zu vertreiben, wenn man gerade nicht an Shenzi klebte. „Hey Shenzi…“, rief Banzai und sah sich nach ihr um. Eigentlich saß sie abends immer am Flussufer und döste vor sich hin. Lag wohl daran dass sie jetzt, wo sie endlich die Möglichkeit hatten unbeschadet an einem Fluss zu sitzen, der mehr als nur ein halb-schlammiges Loch war, diese Chance solange es nur ging auskosten wollte. „Was denn?“, fragte eine grimmige Stimme. Ja, das war definitiv Shenzi. „Ach da bist du ja. Sag mal… Geht’s dir gut?“ fragte Banzai vorsichtig. Shenzi hatte ihm den Rücken zugedreht. „Ja, natürlich, mir ging’s nie besser!“, fauchte sie giftig. „Ähm… Was hab ich denn… Ach, vergiss es, ich geh lieber.“ Banzai wollte schon umdrehen und weggehen, als Shenzi plötzlich den Kopf hob und mit einem mal überraschend mitleidig klang. „Nein! Bleib doch hier.“, flehte sie. Banzai hielt inne, lief jedoch schließlich verwundert zu ihr und ließ sich neben sie sinken. Er kannte Shenzi jetzt schon sein ganzes Leben und so hatte sie sich eigentlich noch nie benommen… Sie war grade irgendwie komisch drauf. Aber es war lebensgefährlich sie darauf anzusprechen, also hielt Banzai einfach die Klappe und legte den Kopf über ihren Rücken. Doch als hätte Shenzi seine Gedanken gelesen, meinte sie leise: „Du weißt nicht zufälligerweise wie es ist mit sieben Geschwister aufzuwachsen, oder?“ Verwundert hob Banzai den Kopf und sah überrascht zu ihr. Er hätte mit vielem gerechnet, aber nicht hiermit. Vorsichtig rückte er so, dass er Shenzis Profil sehen konnte. „Äh… ne… Hab nur Ed… Aber du kennst die Geschichte ja“ Nachdem einige Sekunden Stille zwischen ihnen herrschte, fragte er schließlich „Und warum fragst du das?“ „Banzai“, begann sie „Ich sag ich dir mal wie es ist, mit sieben Geschwistern aufzuwachsen: Deine Eltern, falsch, meine Mutter, mein Alter hat sie eh nie um uns geschert, hat ihre volle Aufmerksamkeit IMMER bei den anderen, bei den süßen, kleinen, flauschigen! Du weißt schon, bei denen die zu blöd sind um geradeaus zu laufen. Sie hat, sobald ich feste Nahrung fraß, plötzlich keine Zeit mehr für mich gehabt, weil die anderen immer so wichtig waren, soooo hilflos, ja? Sie waren ja so klein und hilflos!“, brachte Shenzi hervor. Ihre Stimme klang erschreckend brüchig und ihre Augen glitzerten verdächtig. Alles in allem sah sie so aus als würde sie gleich weinen. Shenzi und weinen, das war doch gar nicht möglich! Banzai hielt lieber die Klappe. Er war völlig überfordert mit der ganzen Situation. „Und weißt du was das schlimmste ist? Ich hab mich die ganze Zeit wie eine blöde um alles gekümmert und bekomm trotzdem nichts von ihr zurück! Und wenn ich dann dich und Ed und Atu sah… Ich war immer so neidisch auf euch drei…“ Man sah das Shenzi mit aller Kraft gegen die ansteigenden Tränen ankämpfte. Immer noch. „Auf uns drei? Warum denn? Wir waren in der Rangordnung unter euch…“, versuchte Banzai sie aufzuheitern. „Rangordnung! Pah, das war mir immer so was von egal! Darum geht’s auch gar nicht, ich rede von eurem Zusammenleben! Du und Ed habt immer Atus volle Aufmerksamkeit bekommen, trotz allem. Ihr musstet nicht mal was machen, ihr wart einfach nur da und habt mit ihm geredet. Und meine Mutter? NICHTS! Gar nichts! . Ich hab teilweise mehr Zeit mit meinen Geschwistern als mit ihr verbracht. Asake hatte nie Zeit NUR für mich! Einfach mal… nur für mich.“ Und plötzlich geschah etwas, womit Banzai nicht mal in seinen Träumen gerechnet hätte. Shenzi weinte… Ihr liefen tatsächlich Tränen über das Gesicht. „Shenz‘?“, fragte Banzai leise und strich ihr eine Mähnensträhne aus den Augen. Sie sagte nichts, sondern drückte nur den Kopf an Banzais Brustkorb. Um ehrlich zu sein, hatte Banzai sich nie um Shenzis Verhältnis zu ihrer Familie geschert. Shenzi redete halt nicht darüber, aber warum sollten sie auch über ihre Familien reden? Es gab interessanteres. Es gab nichts Besonderes an ihren Familien, sie waren ganz normal… zumindest dachte Ed das. Mitleidig sah er zu ihr herunter und leckte ihr eine Träne aus dem Gesicht. Er wusste nicht genau was er sagen sollte, also sagte er lieber gar nichts… Shenzis war eine äußerst sensible Angelegenheit und manchmal war es besser einfach gar nichts zu sagen. „Hey Banzai“, begann Shenzi eine geschlagene Ewigkeit später „Erinnerst du dich noch an früher?“ „Du meinst, als wir noch auf dem Elefantenfriedhof lebten und uns immer heimlich wegschleichen mussten, um was zu fressen zu bekommen?“ „Weißt du… eigentlich… Wenn ich darüber nachdenke…“ Shenzi spürte wie sie rot wurde „So schlecht hatten wir es doch gar nicht… Wir… wir mussten uns um nichts sorgen machen, hatten keinen Scar am Hals, mussten keine Grenzen bewachen, hatten unseren Adrenalin geladenen Alltag… So schlecht war das nicht mal… Am Fluss wuchs sogar ein bisschen Grünzeug.“ Banzai lächelte und fuhr Shenzi liebevoll über die Schnauze. Sie war irgendwie süß wenn sie verunsichert war.„Hast irgendwo schon recht Shenz‘… Manchmal… Ja… die guten, alten Zeiten. War schon cool damals…“, seufzte er und schmiegte seinen Kopf an Shenzis. Wortlos fuhr sie ihm über die Schnauze und kuschelte ihren Kopf zwischen seine Pfoten. Zira seufzte kaum merklich. Sie war nicht mal besonders nahe an den beiden vorbeigelaufen, aber ihre Ohren war gut genug um den letzten Teil des Gespräch mitzubekommen. Shenzi hatte in gewisser Weise ja doch recht. Wenn Zira so darüber nachdachte, so war die bisher sorgenloseste Zeit die gewesen, als Mufasa und Sarabi noch König und Königin waren. Als Uru noch lebte. Als sie und Scar völlig sorgenlos ihr Leben lebten, als sie die Hyänen immer heimlich besuchen gingen. Ja. Das waren wirklich schöne Zeiten. Zira seufzte nochmals und dachte sich ihren Teil. Wenn Mufasa noch König wäre, dann müsste ER sich mit der Dürre auseinandersetzen. Dann müssten sie und Scar sich darüber keine Gedanken machen. Vielleicht war es ja toll König und Königin zu sein doch es bedeutete auch viel Verantwortung. Aber es würde schon wieder werden, das würde es doch immer. „Gehen wir jetzt nach Hause?“ Nuka tippte seine Mutter ungeduldig mit seiner kleinen Pfote an und sah hoffnungsvoll zu ihr auf. Zira war heute mit ihm an einigen Ecken im geweihten Land vorbeigekommen an denen es noch beute gab und hatte ihm einiges über die jeweiligen Beutetiere erzählt. Das war zwar spannend gewesen, aber inzwischen war er einfach nur müde. „Ja mein Kleiner“, antwortete Zira ihm leise „Komm her, du bist schon völlig müde.“ Vorsichtig packte sie ihn am Kragen und setzte ihren Weg in Richtung Königsfelsen fort. Kapitel 49: So 'ne Art Vater-Sohn... Geschichte ----------------------------------------------- Hoffnung. Das war alles was den Löwinnen noch blieb. Diese verdammte Hitze. Es war nicht so als ob es ihnen etwas ausmachte, aber den Pflanzen. Und wenn die weg waren, machte die Hitze eben auch den Beutetieren etwas aus und DANN waren die Löwen in Schwierigkeiten. Aber Zira gab Scar dafür nicht die Schuld. Niemand tat das… Zumindest nicht laut. Sie gab eigentlich niemandem die Schuld, es war eben das Wetter. Eigentlich hätte es schon vor Monaten regnen sollen. Doch seit der letzten Regenzeit hatte kein Tropfen Wasser mehr die Erde berührt und die Flüsse trockneten langsam aus. Noch vor ein paar Monaten musste man zwangsweise durchs Wasser laufen, wenn man in den Süden wollte, doch inzwischen gab es beunruhigend viele, seichte Stellen. Nuka wälzte sich gequält von einer Seite zur anderen und drückte den Kopf schließlich in das Fell seiner Mutter. „Mir ist heiß…“, quengelte er. „Mir doch auch. Nuka, bleib einfach ruhig liegen, das war’s dann.“, erklärte Zira ihm und drückte ihren Kopf gegen den kalten Felsboden auf dem siezusammen mit Nuka lag. Er hatte, sobald er seine ersten Worte geäußert hatte, eine unglaubliche Freude am Sprechen gehabt und brabbelte den ganzen Tag irgendwas vor sich her. Und das seit Monaten. „Hey mein Schatz, willst du vielleicht mit Malika und Sarabi und all den anderen Löwinnen spielen?“ „Nur wenn du auch dabei bist.“, bat Nuka. Er war irgendwie recht schüchtern Fremden gegenüber. Die Löwinnen waren zwar nicht fremd, aber er brauchte einfach seine Mutter an seiner Seite, um sich nicht so allein zu fühlen. „Ach Nuka“, seufzte Zira genervt „Ich kann doch nicht bei jeder Kleinigkeit an deiner Seite sein. Du musst lernen auch mal allein mit Anderen klar zu kommen. Als ich so alt war wie du, bin ich ständig mit meinen Brüdern durch das Rudel gestreift.“, erzählte sie. Es gab nicht viel an was sie sich aus der Zeit noch erinnerte, aber das wusste sie noch… Wenn auch nur verschwommen. „Da warst du ja auch nicht allein, da hattest du Brüder. Warum hab ich denn keine?“ „Warum, wünschst du dir etwa welche?“, fragte Zira, immer noch den Kopf gegen den kühlen Stein gepresst. „Eigentlich schon. Warum hab ich denn keine Geschwister, Vater hatte doch auch einen Bruder, das ist nicht fair. Jeder hatte Geschwister, nur ich nicht.“, beklagte er sich und begann seiner Mutter über den Kopf zu lecken. Zira schluckte. Manchmal sah sie in Nukas Gesicht und erkannte Kwanza wieder. Und in diesen Momenten wo sie an ihren ersten Wurf denken musste, da stellte sie sich einfach, egal ob sie es nun wollte oder nicht, vor wie die Drei heute wohl aussehen würden. Ob man ihnen ansehen würde dass sie ihre Jungen waren. Wie Tofauti sich körperlich wohl entwickelt hätte. Wie sehr Kwanzas Mähne schon ausgeprägt wäre. Wie viel Ähnlichkeit Samangi wohl mit Uru gehabt hätte. All diese Dinge rannten ihr in solchen Momenten auf einmal durch den Kopf. Unwichtige Dinge, die völlig unnötig und unwichtig waren und ihr nur Kummer bereiteten. Doch meistens sah sie dann nochmals zu Nuka und ihr wurde bewusst dass sie noch immer ein Junges hatte, in welches sie all ihre Liebe reinboxen konnte. Und das würde sie auch. Das tat sie. Sie tat alles für Nuka, sie liebte ihn über alles und wenn ihm irgendwas zugestoßen wäre, würde sie wahrscheinlich daran zerbrechen. „Ach Nuka“, Zira verdrehte die Augen und stieß ihn sanft von sich weg „Du musst mich nicht putzen nur um ein bisschen herumzuschleimen. Warum willst du eigentlich so dringend Geschwister? Glaubst du nicht auch dass du mir nicht genug Arbeit machst?“, fragte sie und zog ihn zu sich um ihm den Pelz sauber zu lecken. „Also ich fände es lustig.“, meinte Nuka und schnurrte genüsslich. „Na ja, mal schauen was sich machen lässt.“, murmelte Zira halblaut. „Wirklich?!“, rief Nuka begeistert aus. Oh nein, Zira sah das Unheil schon auf sich zukommen. „Also Mama“, begann Nuka „Ich will zwei… Nein, drei! Und eine soll eine Löwin sein und sie soll genauso aussehen wie du und dann kann ich sie Mini-Zira nennen und-“ „Nuka“, unterbrach Zira ihn eilig „Ich kann das nicht bestimmen, da muss man sich überraschen lassen. Und zudem ist noch nicht mal klar ob dein Vater das will, also mach dir keine Hoffnungen“ Zira sah auf als sie Malika an dem Höhleneingang vorbei laufen sah. „Malika!“ Die Löwin stockte und sah zu ihrer Königin. „Ja, euer Majestät?“, wollte die Löwin wissen. Ihrem Auge ging es immer noch nicht besser. Seit Zira Malika kannte, war ihr linkes Auge permanent angeschwollen, komme was wolle. Doch Zira tat nun etwas, von dem sie nie gedacht hätte, es zu tun. „Malika, kannst du dich um Nuka kümmern? Nur für ein paar Stunden.“ Die Löwin sah verwirrt zwischen einem ebenso verwirrt drein guckenden Nuka und Zira hin und her. „Äh… Und was soll ich tun?“ „Unterhalte ihn“, meinte Zira „Er mag es wenn er Schwänzen hinterherjagen darf, nicht Nuka?“ „Äh, ja, ja, aber nur bei dir.“ Man sah dass Nuka nicht unbedingt mit Malika mitkommen wollte. „Ach red doch keinen Unsinn, Nuka, du und Malika werdet ganz viel Spaß haben.“, versicherte Zira ihm und machte Malika mit einer Kopfbewegung klar, Nuka mit zu nehmen. „Na komm Nuka“, meinte sie „Wir werden ganz viel Spaß haben, versprochen.“, versicherte sie ihm und packte ihm sanft am Kragen. Sie fand Nuka ganz süß und dass er sich nicht gegen sie wehrte war schon mal ein gutes Zeichen. Irgendwas kitzelte sie am Hals. Wahrscheinlich Nuka. Sie hätte es herausfinden können indem sie einfach die Augen auf gemacht hätte, aber sie war so verdammt träge… Dieses Wetter brachte sie noch um. Es kitzelte sie schon wieder. „Nukaaaa… Lass Mama in Ruhe…“, murrte sie unwillig, doch als sie ein Kichern hörte, war sie sich sicher dass es definitiv nicht Nuka war, um den es sich hier handelte. „Scar? Was willst du?“ Sie richtete sich auf, so dass sie jetzt zumindest nicht mehr lag. „Was soll ich wollen, darf ich nicht mal mehr einfach bei meiner Königin liegen?“, fragte er neckisch und fuhr ihr sanft mit der Zunge über die Schultern. „‚Deine‘ Königin… Du lässt das ja fast so klingen als stünde ich rangmäßig über dir, hm“, fragte Zira und drehte sich genüsslich zur Seite, so dass Scar ihr den Hals besser putzen konnte „Sag mal…“ sie sah ihn misstrauisch an „Warum bist du so fröhlich?“ „Darf ich das nicht mehr?“, fragte er und fuhr ihr nun etwas energischer über den Hals. „Scar, ich kenne dich, also, was ist passiert?“ Sie klapste ihm spielerisch mit einer Pfote auf den Nasenrücken und grinste ihn dabei auf diese herausfordernde Art an. „Sei mal still und hör genau hin.“, meinte er vielsagend. Zira hielt inne und was da an ihre Ohren drang ließ ihr Herz höher schlagen. „REGEN?!“, rief sie begeistert aus und rappelte sich nun ganz auf. „Ich wusste dass dir das gefallen würde.“, meinte Scar mit einem breiten Grinsen und schnitt Zira schnell den Weg ab, als sie sich fast schon in den Regen hinausstürzen wollte. „Scar, lass das, ich muss Nuka holen, Malika ist bestimmt schon genervt.“ „Denkst du“, fuhr Scar dazwischen „Die beiden haben den größten Spaß miteinander, wirklich herzerwärmend, wie Malika mit Jungen umgehen kann.“ „Wirklich?“ Zira grinste schon wieder… oder noch immer? „Jaja, mach dir keine Sorgen um Nuka. Er und das Rudel haben es sich am Wasserloch gemütlich gemacht, sie genießen den Regen regelrecht.“, versicherte Scar ihr. „Ach, das heißt wir sind jetzt ganz allein?“, fragte sie und rollte sich aufreizend auf dem Rücken umher. Sie wusste doch genau was er wollte, aber diesmal würde sie es ihm nicht so leicht machen. Er sollte ruhig ein Verlangen nach ihr haben, nur wollte sie es ihm nicht so einfach machen, wo blieb denn da für sie der Spaß? Sie liebte es schließlich Scar auf irgendeine Art zu necken, doch machte das ganz bedacht hinter dem Rücken der Anderen. Zum Einen wollte sie seinen Stolz nicht verletzten, zum Anderen wollte sie auch sich selbst nicht vor den Anderen bloß stellen, weil sie sich ‚unreif‘ verhielt. Nun ja, jedenfalls kam sie jetzt gerade wieder zu einer solchen Gelegenheit. „Weißt du“, begann sie und setzte sich auf „Nuka kann unglaublich schwierig sein, heute hat er irgendwas von Geschwister angefangen“ „Ach hat er das?“ Scar hörte ihr jedoch sowieso nur mit halbem Ohr zu, gedanklich schien er schon weiter zu sein. „Ja und er hat von deinem Bruder angefangen…“, fuhr sie fort. „Ach, hat er das?“ Scar versuchte Zira durch sanfte Gewalt in die Knie zu zwingen, doch sie dachte gar nicht daran sich ihm zu ergeben, sondern strick lieber noch um ihn herum. Aber um ehrlich zu sein überraschte seine Reaktion sie. Sie hätte gedacht er würde energischer darauf reagieren. „Ich mein das ernst Scar“, sagte sie und schmiegte sich an seinen Rücken „Ich will nicht dass Sarabi oder irgendeine der Löwinnen Nuka groß Geschichten über deinen Bruder erzählt. Er ist noch so klein, er soll da nicht alles drüber hören.“ Scar fuhr ihr wortlos mit der Zunge über die Flanke. Sie hatte zwar langsam ihre Probleme ihm standzuhalten und diese erregte Hitze in ihr zu unterdrücken, aber sie gab sich ihm nicht einfach hin, nicht diesmal. „Hey, hast du mir zugehört?“ „Sicher doch, ich rede mit Sarabi, versprochen.“, versicherte er ihr, fast schon eilig, und rieb den Kopf an ihrem Nacken. Es lag dieser bestimmte Geruch in der Luft, dieser Geruch der Scar nur noch wilder auf sie machte, aber wenn sie mit ihm spielen wollte, bitte… Nur wusste er nicht wie lange er noch Lust darauf hatte. „Scar“, begann Zira wieder und legte sich genau vor seine Pfoten „Dir ist bewusst dass das hier nicht gerade die beste Zeit wäre für weitere Junge ist, oder?“ „Ach, findest du?“, hakte Scar gespielt ahnungslos nach und sah ihr dabei zu, wie sie die Beine von sich streckte und ihn wieder so herausfordernd, fast schon kampflustig, ansah. „Finde ich.“ „Es regnet, das ist dir klar, oder?“, versuchte Scar sie umzustimmen. „Ja, fragt sich nur wie lange und wie viel…“, fuhr sie fort und schnurrte, als Scar den Kopf an ihrem Hals rieb. Ja, sie gab es ja zu, es gefiel ihr und sie wurde schwach… Aber noch ein bisschen spielen, nur ein bisschen… Scar hatte den Kopf müde auf ihren Rücken gestützt und war schon kurz davor wegzunicken, denn Ziras Wärme in Kombination mit dem leisen, monotonen tropfen des Regens machten schläfrig. Es war irgendwie schon melancholisch dem Regen zuzusehen. Doch ihre Stimme hinderte ihn daran einzuschlafen. „Scar… Du liebst mich, oder?“, fragte sie in die Stille. Er stellte die Ohren auf und sah ihr irritiert entgegen. „Warum fragst du das?“ „Ich weiß dass du mich willst“, begann sie „Dass du mir vertraust, dass ich dir wichtig bin, wichtiger als jede andere Löwin, aber liebst du mich? Ich weiß nicht mal wann du mir das das letzte Mal gesagt haben willst.“ Wie kam sie immer auf solche Fragen? Das war es was Scar gerade durch den Kopf ging. „Natürlich liebe ich dich.“, meinte er und rutschte auf, so dass er Zira in die Augen sehen konnte. „Dann sag’s mir… Ich will es hören.“ Sie wusste dass diese Bitte irgendwie bekloppt klang, aber es lag ihr etwas dran, ob sie wollte oder nicht. Sie wollte es einfach mal wieder hören, nach so ewig langer Zeit wollte sie es wieder aus seinem Munde hören. Und natürlich hatte das was mit ihrem Ego zu tun. „Ich liebe dich.“ Scar war merklich verwirrt über Ziras seltsame Bitte, aber er tat ihr den Gefallen. Und es schien sie glücklich zu machen, denn sie grinste. „Du sagst das so selten, dass es mir jetzt umso mehr bedeutet, weißt du das?“, fragte sie und schnurrte zufrieden, als er ihr über die Schultern leckte. „Gut zu wissen wie man seine Königin glücklich machen kann…“, meinte Scar und ließ seinen Kopf wieder auf ihrem Rücken ruhen, jedoch nur bis das Getippelt von kleinen Pfoten seine Aufmerksamkeit erregte. „Hallo Mutter!“, quiekte Nuka, noch bevor er überhaupt die Höhle betrat. Er war nass. Klatschnass und doch strahlte er über das ganze Gesicht. „Na, was hab ich dir gesagt? Hat dein erstes Gewitter wenigstens Spaß gemacht?“, fragte Zira grinsend und breitete einladend die Pfoten aus, so dass Nuka ihr genau in das weiche Brustfell rannte, woraufhin sie ihn in eine Umarmung zwang und ihn trockenleckte. Mit einem mal schien sie fast schon vergessen zu haben dass die anderen Löwinnen so gut wie in der Höhle waren, denn sonst hätte sie wahrscheinlich etwas kühler auf Nuka reagiert. „Oh ja, ich hatte selten so viel Spaß.“, seufzte Nuka sarkastisch, etwas was er von seinen Eltern gelernt hatte und lies sich sauber machen. Er war schrecklich müde und verkrümelte sich nur zwischen Ziras Pfoten. Er hatte sich dort immer sicher gefühlt, auch jetzt wo er schon fast zu groß für ihre Pfoten war. „Ich dachte du und Malika hatten Spaß…“, hakte Zira nach. „Hatten wir, aber dann mussten wir nach Hause laufen. Sarabi meinte wir sollten gehen bevor der Regen stärker wird.“, erklärte Nuka müde. In diesem Moment betraten die restlichen Löwinnen, völlig durchnässt, die Höhle und schüttelten sich das Fell aus. Sie HASSTEN Wasser in der Form. „Äh, euer Majestät, ich hoffe ich hab mich gut Nuka gekümmert, es ist doch alles in Ordnung, oder?“ Malika schüttelte sich das Fell aus und sah im Vorbeigehen noch mal schnell nach Nuka, welcher schon so gut wie eingeschlafen war. „Jaja, alles in Ordnung. Danke für deine Hilfe Malika.“, bedankte Zira sich und spürte im selben Moment wie Scar sich erhob. „Wohin gehst du?“ „Schlafen.“, gab er zur Antwort und verzog sich in den Bereich der Höhle, in dem er, Zira und Nuka sonst immer nächtigten. Doch Zira blieb. Sie wollte den Regen beobachten, etwas zu dem sie schon seit s langer Zeit nicht mehr die Gelegenheit gehabt hatte. Doch als der Regen langsam abklang und es nur noch tröpfelte, kam der Mond hinter den Wolken zum Vorschein. Zira liebte es wenn der Mond, nachdem es geregnet hatte, die gesamte Gegend in dieses glitzernde, silbrige Licht tauchte. Hm… Sie konnte einfach nicht mehr widerstehen, sie musste raus. Vorsichtig erhob sie sich, nahm Nuka sanft zwischen die Zähne und schlich sich leise vom Königsfelsen. Sie wollte sich nicht zu weit entfernen, also setzte sich einfach in die erste Grasfläche, die ihr vor die Pfoten kam. Der Geruch von Regen und Erde lag in der Luft und die kühle Nachtluft hatte irgendwas… entspannendes. Etwas beruhigendes, etwas was jeglichen Druck von ihr nahm. „Mutter? Warum sind wir nicht in der Höhle?“, fragte Nuka und rieb sich die Augen. Er war gerade erst wach geworden und sah sich verwirrt um. „Hey Nuka… Siehst du die Sterne?“, fragte Zira ohne auf Nukas Frage einzugehen und rieb die Schnauze an ihm. „Äh ja… was ist damit?“, fragte er verwundert. „Soll ich dir mal eine Geschichte erzählen?“ Nuka nickte vorfreudig und spitzte die Ohren. Seine Mutter erzählte ihm nicht oft Geschichten und jetzt wollte er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Und so erzählte Zira ihre kleine Geschichte. Davon, wie die Sterne für diejenigen leuchteten, die gestorben waren, damit man diese nicht vergaß. Zira fand diese Version der Geschichte tröstender als das was sie sonst hörte. Es nahm ihr ein kleines Bisschen die Angst davor zu sterben. Nuka starrte einige Sekunden lang in den sternenübersäten Himmel. „Mutter, kanntest du alle diese Löwen?“ „Es sind ja nicht nur Löwen Nuka, das sind auch noch andere Tiere.“ „Heißt dass du hast schon sooo viele Beutetiere umgebracht?“, fragte Nuka begeistert. „Äh… Nein, ich denke nicht“, begann Zira „Weißt du, das sind ja nicht nur die, die ich kannte. Von all diesen Sternen kannte ich nur ein paar.“ „Aha… Und wen hast du eigentlich schon verloren?“, fragte Nuka schließlich. Zira seufzte schwermütig und fuhr Nuka mit der Zunge über das Fell. „Ach… Ähm… Ich hab meine Mutter und meine Brüder verloren, als ich ganz klein war.“ „Wie denn?“, bohrte er weiter. „Sie wurden erschossen.“ „Warum?“ Ja… Warum eigentlich? Zira hatte sich das schon so oft gefragt. Aber die Frage war gut. Warum hatte man sie eigentlich erschossen? Hatte Kisamba diese Männer je bedroht? Nein. Wurde sie wenigstens gefressen? Nein. Hatte man in Serangi und Tamu je eine Bedrohung gesehen? Nein. Aber warum wurden sie dann getötet? Ganz ehrlich: Zira wusste es nicht. Sie wusste es wirklich nicht. Chica konnte ihr auch nie eine klare Antwort dazu geben. „Ich weiß es nicht Kleiner, ich weiß es wirklich nicht.“, meinte sie und eine stille Träne rann über ihre Wange. Nuka hatte mit seiner Frage alles wieder hochgewühlt, mit dem Zira eigentlich schon längst abgeschlossen hatte. Ihr war gerade schlecht. Ihr war richtig schlecht geworden. Sie spürte so einen Druck in ihrem Hals, als müsse sie sich übergeben, aber sie schluckte einfach. „Also hab ich deswegen keine Großmutter und Onkel? Weil Nala hat ja eine.“ „Ja, Nala hat eine und sie kann sich froh schätzen.“, meinte Zira und leckte ihm, einfach um eine schnelle Ablenkung zu haben, über den Rücken. „Oh…. Waren das eigentlich schon alle, die gestorben sind?“ Zira schluckte, doch sie musste lächelnd. Nuka hatte so eine süße Art danach zu fragen… So kindlich. Er hatte keine Hemmungen seine Fragen zu stellen, er fragte einfach. „Nein… Da wären noch viele, viele andere die ich verloren hab, zwei gute Freunde gab es da mal. Einer davon hat mich aufgezogen und der andere war eine Hyäne. Und…“ Zira stockte einen Moment, als sie spürte, dass sich schon beim Gedanken daran ihre Augen mit Tränen füllten. Sie fragte sich gerade wirklich ob sie Nuka das sagen sollte. Aber andererseits… Was hatte sie zu verlieren. Besser er wusste es jetzt, dann hatte sie es hinter sich. „Weißt du Nuka, ich sag dir das jetzt dieses eine Mal und dann will ich dass du mich nie wieder danach fragst, versprochen?“ Nuka nickte und sah sie erwartungsvoll an. „Weißt du, vor ein paar Jahren, da hatten ich und den Vater noch andere Jungen, deine drei Geschwister. Sie waren fast so alt wie du, vielleicht etwas jünger. Sie sind durch einen Unfall gestorben, aber das alles ist schon so lange her.“ Nuka sah erstaunt zu seiner Mutter. „Ich hatte Geschwister? Wie hießen sie? Wie sahen sie aus?“, fragte er voller Neugierde. Ein Kloß bildete sich in Ziras Hals, als sie an die drei dachte. So lange war es jetzt schon her und immer noch spürte sie wie sich ihr Magen beim Gedanken an sie zusammenzog. Warum hatte sie hiermit auch angefangen? Sie konnte Nuka keine Vorwürfe machen. Und dennoch wollte sie kein Wort mehr über sie sagen. „Ach Nuka… einander mal, ja? Ich… Ich möchte grade nicht darüber sprechen.“, beendete sie das Thema eilig. „Oh… okay.“ „Weißt du eigentlich wie sehr ich dich liebe?“, fragte Zira ihn plötzlich und drehte ihn zu sich um. „Fast so sehr wie Vater?“, fragte Nuka. „Mehr. Viel, viel mehr“, versicherte Zira ihm „Ich liebe deinen Vater zutiefst, das weißt du. Aber du bedeutest mir noch mehr. Du bist mein kleiner Prinz, vergiss das nicht.“ Nuka grinste wie ein Honigkuchenpferd. Es war schwer in Worte zu fassen, wie sehr ihm die Worte seiner Mutter schmeichelten. „Wirklich?“ „Ja, wirklich. Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt und wenn dir irgendwas zustößt, würde ich mir das nie verzeihen, ja?“ Sie schmiegte den Kopf nochmals an ihm. „Wirklich?“ „Ja Nuka, wirklich“ Sie sah kurz auf „Aber jetzt sollten wir schlafen gehen, ja?“ Vor lauter Aufregung konnte Zira an diesem Morgen kaum etwas fressen. Wie sollte sie ihm das sagen? Wie sollte sie ihm sagen dass sie ein weiteres Junge erwarteten? Sie wusste dass er von Nuka noch nicht völlig überzeugt war, wie würde seine Reaktion dann wohl erst auf ein weiteres Junge sein? Aber was machte sie sich hier deswegen Sorgen? ER hatte es doch regelrecht herausgefordert, nun sollte er die Konsequenzen tragen. Und wenn Zira ehrlich zu sich selbst war, dann freute sie sich auf dieses Junge. Sie kannte es nicht, sie wusste nicht wie es aussah, was es war, sie wusste nur dass es irgendwo da in ihr drin war, aber dennoch spürte sie, von dem Moment an, an dem sie realisiert hatte dass es da war, so etwas wie Liebe für es. Vielleicht war Liebe etwas übertrieben, aber Zuneigung traf es gut. „Hey… Scar…“ Leise schlich Zira zu ihm. Er hatte es sich an seiner Lieblingsstelle, am Königsfelsen, an diesem kleinen Vorsprung, gemütlich gemacht, wo er früher immer so gerne gelegen hatte. „Was gibt’s denn?“, fragte er und fuhr ihr über die Stirn, als sie sich neben ihn setzte. Sie war so vorfreudig, dass sie innerlich platzte. „Rate mal…“, meinte sie und schmiegte den Kopf an seiner Mähne. „Zira…“ Scar sah sie vielsagend an „Ich verachte Ratespielchen.“ „Also gut, ich geb dir einen Hinweis“ Sie rollte sich auf den Rücken und schmiegte sich der Länge nach an Scar „Es hat ganz direkt was mit uns beiden zu tun…“ Scar ließ den Blick auf ihr ruhen, sah sie sich einige Sekunden ganz genau an. „Du bist trächtig…“, meinte er nach einigen Sekunden des Schweigens. Zira grinste noch immer über das ganze Gesicht und nickte bejahend. Im selben Moment fuhr Scar ihr begeistert über die Schnauze und rieb zärtlich den Kopf an ihrem. Wie konnte es für ihn grade eigentlich besser laufen? Das Land war, zumindest für die nächsten Wochen, versorgt und jetzt war Zira auch noch trächtig, mit einem weiteren, möglichen Erben. „Zira, das ist wundervoll“, begann er „Und wer weiß, vielleicht wird es diesmal sogar stärker als Nuka.“ Und mit einem Mal schien Ziras gesamte Freude wie verblasen. „Wie meinst du das?“, fragte sie ernst nach. Ihr gefiel nicht was sie da gehört hatte. „Zira…“ Scar musste tief einatmen um ihr das ins Gesicht sagen zu können „Ich will ehrlich mit dir sein…“, fuhr er fort „Aus Nuka wird nie ein starker Löwe. Schau ihn dir doch an… Er ist so klein und… Nuka eben! Aber diesmal stehen die Chancen auf ein wirklich gesundes Junges besser. Es hat geregnet, es gibt wieder Futter.“ Zira blickte ihn nur entsetzt an „Wie meinst du das“, fuhr sie ihn an „Ist Nuka dir zu schlecht? Ist er etwa krank in deinen Augen? Ist der das?!“ Scar musste seine Worte jetzt genau wählen, das war klar „Zira versteh doch: Ich hab Nuka lieb, er ist schließlich mein Sohn, aber… Er ist völlig ungeeignet als Thronfolger.“, seufzte Scar. Zira seufzte ebenfalls. Sie widersprach ihm nicht. Nicht mehr. Eigentlich… stimmte es ja. Nuka war eben… Nuka. Er war nicht direkt krank, aber ein wenig schwächlich eben. Das war eben so. Doch ein leises Schluchzen, welches um die Ecke ertönte, ließ sie entsetzt aufhorchen. Alles nur das nicht, bitte! „Bitte nicht…“, flehte Zira und sprang auf. Auch Scar blickte sich um, doch alles was sie sahen, war Nuka von hinten, wie er wie ein Irrer wegrannte. Dann fiel ihr Blick auf Scar, welcher Nuka zwar, fast schon getroffen, hinterher sah, doch ansonsten keine Anstalten machte, sich zu erheben. „DAS regelst DU!“, fauchte Zira ihn an, ehe sie sich umwand und zu den anderen Löwinnen ging. Ihre Stimme ließ keinen Wiederstand zu, also, welche Wahl hatte Scar schon? Nuka rannte währenddessen blindlinks weg. Einfach nur weg. Weg vom Königsfelsen, von seinen Eltern, einfach gerade aus in die flache Savanne. Er hatte so sehr versucht gegen die aufsteigenden Tränen anzukämpfen, doch inzwischen ließ er ihnen einfach nur noch freien Lauf. Seine eigenen Eltern dachten er wäre nicht stark genug. Aua. Das tat weh, mehr als er je geglaubt hatte. Es hatte ihn so sehr verletzt als er das gehört hatte, das tat richtig weh. Es war eher Zufall gewesen dass er dieses Gespräch mitbekommen hatte. Und im Nachhinein war er froh dass er es gehört hatte. Jetzt wusste er nämlich wie sie wirklich über ihn dachten. Und es tat so weh. Er war also in ihren Augen kein würdiger Thronfolger, er war klein, schwach und kränklich. Und man würde ihn ersetzten. In spätestens vier Monaten würde er durch ein noch viel kleineres, schwächeres Junge ersetzt werden. Das tat noch mehr weh. Und es machte ihn so verdammt wütend! Er hatte selten so einen Zorn auf jemanden gespürt wie jetzt. Wütend lies er sich, ganz weit weg vom Königsfelsen, ins Gras sinken und begann einfach zu weinen. Aus Wut. Das war alles so unfair! Er bekam ein Geschwisterchen und dann DAS. Er hätte sich sogar darüber gefreut, aber nicht unter diesen Bedingungen. Wütend begann Nuka mit seinen kleinen Krallen einige Grasbüschel in tausend Teile zu zerfetzen. Doofes Gras… Doofer Himmel, doofer Mond, alles war doof! Und er heulte noch immer. Wimmernd rollte Nuka sich zusammen und versuchte sich unter Kontrolle zu halten, was ihm aber so schwer fiel, dass er es einfach ließ. „Nuka?“ Der kleine Löwe zuckte merklich zusammen und drehte sich erschrocken nach seinem Vater um. Scar war wie aus dem nichts aufgetaucht und setzte sich ohne ein weiteres Wort neben Nuka. „Lass mich in Ruhe, ich bin doch sowieso nur zu schwach!“, fuhr Nuka seinen Vater wüten an, bereute was er gesagt hatte jedoch im nächsten Augenblick, als er sah wie Scar seine Pfote hob. Aus Angst geschlagen zu werden, schloss Nuka die Augen und schlang schützend die Pfoten über den Kopf. Doch als einige Augenblicke der erwartete Schlag aus blieb und Scar ihn stattdessen nur näher an sich heran zog, entspannte Nuka sich wieder etwas. „Ich weiß…“ Scar drückte ihn an seinen Brustkorb und betrachtete seinen Sohn einige Augenblicke genauestens. Je öfter er das tat, umso öfter sah er Ähnlichkeiten mit sich in dem Alter. Nicht nur äußerlich, auch in seiner Art. Scar hatte es vor Zira nie zugegeben, aber er war als Junges im Grunde genauso gewesen wie Nuka… Unsicher, ängstlich, leicht eingeschnappt, ahnungslos und schwächlich. Zwar hatte sich das geändert, doch ob es das auch bei Nuka tun würde… er bezweifelte es. „Du weißt was?“, fragte Nuka verwundert und wischte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht. „Ich weiß wie es ist immer nur das zweitbeste zu sein. Mein Vater hat Mufasa zum König gemacht, weil er glaubte ich sei nicht dazu geeignet… Natürlich, Mufasa war erstgeborener, aber… Ich hätte ja wenigstens eine Chance verdient“ Scar ließ den Blick einige Sekunden auf Nuka ruhen, das was er hier tat war fast wie ein Gespräch mit seinem jüngeren Ich „Und Nuka…“ Scar brauchte wirklich Rückgrat das zu sagen „Jetzt wo ich mich in derselben Situation wie mein Vater befinde… Das muss ich sagen dass ich so ein bisschen verstehen kann, dass er Mufasa zum König gemacht hat.“ Er hatte es wirklich gesagt. Er hatte etwas gesagt, von dem er nie gedacht hätte es laut zu sagen. „Heißt das ich bin zu schlecht für dich?“ Bei Nuka kam grade alles wieder hoch. Er wollte doch gar nicht weinen, aber er musste, sonst wäre sein Kopf geplatzt. „Aber Nuka, das stimmt doch gar nicht“ Scar drückte ihn vorsichtig gegen seine Mähne „Du bist nicht schlecht… Nur bist du momentan nicht gut genug.“ „D-das ist doch das gleiche.“, heulte Nuka in die Mähne seines Vaters und umklammerte sie. „Nein ist es nicht. Du bist nicht schlecht Nuka, das warst du nie.“ Keine Reaktion. „Nuka… Warum machst du dir jetzt eigentlich schon so einen Kopf deswegen? Es ist doch noch gar nichts entschieden. Wir wissen doch alle gar nicht zu was du dich entwickeln wirst… Hey, Nuka…“ Scar hob sein Kinn mit einer Zehe hoch „Zerbrech‘ dir deswegen nicht den Kopf. Ich will dir keine falschen Hoffnungen machen, aber es ist noch nichts entschieden, ja?“ Nuka seufzte und legte den Kopf in die schwarze Mähne seines Vaters. Langsam beruhigte er sich und sein kleiner Körper schüttelte sich nicht mehr so elendig. „Na, wird’s wieder?“, fragte Scar und strich ihm immer wieder beruhigend über den Rücken. Nuka gab einen zustimmenden Laut von sich, dann sah er an seinem Vater hoch. „Was ist den passiert dass du König wurdest? Ich hab mal Sarabi gefragt, doch die hat sofort abgeblockt.“ Scar stellte die Ohren auf, denn das war nicht grade seine Lieblingsfrage. „Weißt du Nuka, mein älterer Bruder war mal König. Doch vor etwa zwei Jahren gab es einen schrecklichen Unfall in der Schlucht, bei der er und sein Sohn leider starben. Bei einer Gnu-Massenpanik wurden sie beide erschlagen. Ich war der nächste in der Thronfolge, also wurde ich König.“, erklärte Scar. „Oh… Das war bestimmt schlimm für dich… Tut mir leid.“ „Ach Nuka… Das muss dir nicht leid tun, ist schon in Ordnung.“ Scar tätschelte seinem Sohn den Kopf, wobei er darauf achtete ihm nicht in die Augen zu sehen, denn Scar konnte ein Grinsen schwer unterdrücken. „Die sind jetzt an so einem tollen Ort, oder“, fragte Nuka „Mutter hat mir das erklärt.“ „Ach ja, die Geschichte deiner Mutter“ Scar lächelte kurz auf „Aber genau… Genau da sind sie jetzt.“ „Und deine Eltern? Warum hab ich die nie kennengelernt“, fragte Nuka weiter „Mutter sagte, dass ihre Familie erschossen wurde. Und deine?“ Scar schluckte. Sollte er seinem Sohn etwa so was erzählen wie ‚Hey Nuka, ganz nebenbei, deine Mutter hat meinen Vater abgestochen und meine Mutter hatte eine Herzkrankheit, die der blöde, alte Affe nicht heilen wollte?‘ Ne, das wäre nichts. „Weißt du Nuka… Mein Vater, Ahadi, starb als ich noch ein Junglöwe war. Er wurde wahrscheinlich von… Leoparden angefallen“ Scar hatte ganz bedacht nicht die Hyänen zu den Schuldigen gemacht, denn Nuka sollte keine Angst vor ihnen haben „Deine Großmutter Uru starb nur gut eineinhalb Jahre später, als Mufasa bereits König war, an einer Herzkrankheit. Ihr ging es generell nicht mehr so gut.“ Nuka hörte fasziniert zu. „Und meine Geschwister?“, fragte er schließlich. Zira hatte nie wieder über sie geredet, von dem her… Scar sah überrascht zu Nuka. Mit vielem hatte er gerechnet, aber nicht hiermit. „Sag mal… Was hat deine Mutter dir eigentlich noch erzählt?“ „Sie erzählte mir eine Geschichte mit den Sternen… Aber jetzt erzähl mir was über meine Geschwister.“, flehte Nuka. Scar war jedoch merklich überrascht darüber. Seit Monaten, vielleicht sogar mehr als einem Jahr, hatten er und Zira nie wieder ein Wort über die Drei verloren, aber Nuka wusste davon? „Ähm… also gut, ich erklär dir das kurz.“ Und Scar erzählte. Von Kwanza, Samangi und Tofauti… Deren Aussehen, wie sie so waren und schließlich ihrem Tod. Er versuchte das alles so unspektakulär wie möglich klingen zu lassen, denn Nuka sollte dieses Thema am besten nie mehr ansprechen. „Oh… Wieso sterben eigentlich alle die ihr lieb habt?“, brachte Nuka schließlich hervor. „Tja Nuka, so ist das Leben: Unfair.“, antwortete Scar gleichgültig und fuhr Nuka mit der Zunge über die Stirn. „Und was ist mit der Geschichte, die Mutter mir über die Sterne erzählt hat? Kennst du die auch?“ Scar nickte und musste schmunzeln. „Ja, aber ein bisschen anders. Mein Vater hatte mir erzählt, das die großen Könige der Vergangenheit da oben sind und auf und aufpassen… Aber wenn ich ehrlich sein soll, gefällt mir die Geschichte deiner Mutter eher. Sie ist irgendwie so… tröstend. Deine Mutter liebt diese Geschichte. Sie erzählt sie wirklich jedem.“ „Wirklich?“ „Ja, jeder kennt sie, früher oder später.“ „Hm…“ Nuka sah seinen Vater einen Moment lang aus den Augenwinkeln an „Wie warst du eigentlich in meinem Alter?“, fragte er schließlich leise und sah zu den Sternen hinauf. „Ach weißt du… Ich war dir sogar ziemlich ähnlich...“, Scars Blick wurde einen Moment lang glasig, als er zu den Sternen sah und er, wenn auch etwas wiederwillig, an seine Kindheit denken musste. Wie er und Uru immer zusammen gespielt hatten, wie sie ihn geputzt und geschmust hatte. Ja… Sie war eine wunderbare Mutter gewesen. Doch dann kamen auch wieder die schlechten Erinnerungen hoch. Wie die anderen Löwenjungen auf ihm rumgehackt hatten, wie er immer ausgeschlossen wurde und diese verdammte Ignoranz seines Vaters. Sofort holte ihn das in die Realität zurück. „Na komm Nuka… Du musst schon völlig müde sein.“, sagte Scar und packte ihn sanft am Genick. „Bin ich nicht!“, protestierte Nuka und unterdrückte ein Gähnen. Er hatte selten die Möglichkeit so viel Zeit mit seinem Vater zu verbringen und jetzt wollte er das bis zum Ende ausnutzen. „Aber sicher doch. Und jetzt ab nach Hause.“, sagte Scar und lief mit Nuka im Maul zurück zum Königsfelsen. Kapitel 50: Von Vitani und Nala ------------------------------- „Und wann kommt es?“ fragte Nuka zum gefühlten hundertsten mal innerhalb einiger Tage und presste sein Ohr nochmals gegen den Bauch seiner Mutter. Sie waren allein zusammen in ihrem teil der Höhle, Scar war bei den Hyänen und die Löwinnen jagen. „Nuka, so genau weiß ich das nicht, das kommt… Bald. In ein paar Wochen, es dauert nicht mehr lang, versprochen.“ „Aber warum sagt’s dir das nicht?“ „Wie denn, es kann doch nicht reden.“ „Aber es brabbelt doch bestimmt schon und das verstehst du doch.“, erklärte Nuka ihr. „Wie denn? Es ist in meinem Bauch, ich höre das doch nicht.“ „Oh…“ Enttäuscht ließ Nuka die Ohren sinken „Ich dachte das geht.“ „Das glaube ich eher weniger“, meinte Zira und sah auf ihren Bauch „Und wie meinst du geht es ihm?“ Nuka horchte auf. „‚Ihm‘? Heißt das es wird ein Männchen, ich bekomme einen Bruder?“, rief er enthusiastisch aus. „Nein, Nuka, ich kann so was nicht wissen, das sagte ich doch schon mal.“, antwortete Zira schnell. „Oh, ich dachte nur…“ Doch Nuka zuckte plötzlich merklich zusammen, was Sorge in Zira hervorrief. „Was war? Vor was hast du dich erschrocken?“, wollte sie wissen. „Ich glaub es hat sich bewegt!“, meinte er ganz aufgeregt und legte nochmal die Pfoten auf den Bauch seiner Mutter. Er wollte das nochmal spüren, denn vielleicht konnte er dann sogar sagen was es war. Der Tritt war recht schwächlich gewesen, aber vielleicht bestand ja doch noch eine Möglichkeit dass es ein Bruder wurde. „Wirklich?“ Zira lächelte, als sie Nukas Strahlen bemerkte, wie er aus dem Grinsen gar nicht mehr raus kam. „Ja, vielleicht wird es das, wir schauen mal, hm“, schlug sie vor und breitete die Pfoten aus „Aber jetzt komm mal her, du bist schmutzig und ich will nicht dass du so ins Bett gehst.“ „Muss das sein? Ich werde morgen doch sowieso wieder dreckig.“, versuchte Nuka sich rauszureden, doch Zira kannte kein Erbarmen. Nuka würde sauber werden und wenn’s das letzte war was sie tat. Doch einige Wochen später war es schließlich soweit und soeben hatte tatsächlich ein neues Leben die Welt erblickt. Ein einzelnes Junge, größer und kräftiger als Nuka bei seiner Geburt, lag in Ziras Pfoten. Sie wollte sich freuen, wirklich. Das tat sie auch, sie war glücklich, sie liebte dieses Junge jetzt schon, doch was ihr Sorgen machte, war das es eben ein Weibchen war. Scar sprach immer zu davon einen zukünftigen KÖNIG großzuziehen, nie hatte er was über eine KÖNIGIN gesagt. Noch immer schwer atmend begann Zira erschöpft die kleine Löwin sauber und trocken zu lecken, doch sie hatte kaum die Energie sich selbst wach zu halten. Doch als sie es schließlich genauer betrachtete, traute sie ihren Augen kaum. Die kleine Löwin, die sie da in ihren Pfoten hielt war so etwas wie eine kleine Samangi in beige. Es passte einfach alles. Die hatte diesen kleinen Fellbüschel auf dem Kopf, den sie von Uru geerbt haben musste. Und sie hatte Urus Augen. Diese wunderschönen, tiefblauen Augen. Nur das Fell war anders. Das Junge hier, in ihren Pfoten, war beige, fast schon cremefarben. Und sie hatte keinen Aalstrich, wie Samangi ihn gehabt hatte, dafür jedoch die Augenzeichnung Scars. Genau wie Samangi. Bitte nicht. Das konnte man ihr doch nicht antun. Wieso bekam sie solche Kopien ihrer ersten Jungen? Warum konnte sie nicht irgendwas ganz neues bekommen, ein Junges was nicht aussah wie eine Variation ihrer ersten? Warum sahen die einander nur so verdammt… Ähnlich? Einige Zeit später lief Zira mit dem Jungen im Maul zurück zum Königsfelsen. Sie hatte versucht zu schlafen, doch sie war einfach zu nervös gewesen. Und jetzt war sie also hier, irgendwo auf halben Weg zum Königsfelsen, völlig kaputt, todmüde und einem Unterleib der pochte, als hätte man ihr in den Bauch gestochen. Und nun kam ihr auch noch ein leicht überdrehter Nuka entgegen und sprang ihr neugierig um die Beine. Zu sagen dass er neugierig war, war stark untertrieben, er platze fast. „Mutter“, quiekte er und strich ihr energisch um die Beine „Ist es das? Was ist es? Los, zeig schon, bitte, bitte, bitte, bitte!“, flehte Nuka und sah flehend zu seiner Mutter auf. „Ganz ruhig“, versuchte sie ihn zu beruhigen „Aber ja Nuka, du hast jetzt eine kleine Schwester.“, erklärte Zira und senkte den Kopf so, das Nuka mit dem Jungen auf Augenhöhe war. Und er war einfach nur überglücklich, man konnte es nicht in Worte fassen, er freute sich einfach nur. Zum Einen weil er jetzt einen Spielkameraden hatte, nämlich einen, der schwächer war als er und zum Anderen weil er genau wusste, dass sein Vater einen männlichen Thronfolger wollte. Nuka hatte soeben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er hatte ein Geschwisterchen und trotzdem keinerlei Konkurrenz, was seinen Posten als zukünftiger König anging. Mit einem triumphalen, fast schon fiesen, Grinsen im Gesicht lief er voran, um seinem Vater die Neuigkeit mit seiner Schwester so schnell wie möglich zu sagen. Doch Scar kam ihnen schon entgegen gelaufen. Bei Ziras Anblick musste er jedoch schlucken, denn sie sah völlig fertig aus. Er hatte sie noch nie so gesehen. Selbst nach Nukas Geburt sah sie besser aus, aus dem einfachen Grund dass zwischen der Geburt und ihrem Zusammentreffen damals mehr Zeit gelegen hatte. Und nun? Sie sah furchtbar aus. Scar hatte langsam Verständnis dafür dass sie es hasste wenn bei Geburten das halbe Rudel um einen herum stand und um ganz ehrlich war er froh darüber. Irgendwem bei gebären zuzusehen war das letzte was er wollte. Vor allem als er nun sah wie fertig Zira danach aussah. Dennoch, nun wollte er erst mal das Junge beäugen. „Es ist ein Weibchen.“, stellte er schließlich sichtlich enttäuscht fest. „Ja Scar“ Zira legte das Junge vorsichtig auf den Boden und nahm einen gefährlich giftigen Ton an „DAMIT hat die Natur uns gesegnet“, knurrte sie „Warum freust du dich nicht einfach?“ Scar antwortete nicht. Na toll… Erst hatte er einen derart schwachen Sohn, dass er ihn unter keinen Umständen zu seinem Nachfolger gemacht hätte und jetzt hatte er eine Tochter. Eine Tochter! Weibchen waren in seinen Augen das schwächere Geschlecht. Und dann musste die Kleine ihn auch noch ausgerechnet an seine Mutter und Samangi erinnern. Zwei Tote auf einmal. Zira war von seiner Reaktion jedoch so verletzt, dass sie es schwer hatte die Tränen zurück zu halten. Warum tat er ihr das an? Sie konnte doch nichts dafür dass es kein Sohn geworden war, aber warum klang er dann so vorwurfsvoll? Sie senkte den Blick jedoch, schließlich sollte Nuka das nicht sehen. Doch plötzlich, da tat das Junge etwas, was Scar wirklich stutzig machte und zumindest für den Moment, seine Meinung gewaltig änderte. Nuka war so aufgeregt wegen seiner Schwester, dass er ständig mit dem Schwanz wedelte. Eigentlich nichts ungewöhnliches für ihn, doch die kleine Löwin begann plötzlich sich auf Nukas Schwanz zu stürzen, ihre winzigen Krallen in ihn zu schlagen und wie wild mit ihrem zahnlosen Gebiss darauf herum zu beißen. Zira und Scar sahen einander für einen Moment geschockt an, doch schließlich war Scar der erste, der wieder etwas sagte. „Wow! Seh dir das an Nuka“, begann er „Deine Schwester hat kaum ihren ersten Atemzug genommen und schon zeigt sie Killerinstinkt!“, rief Scar begeistert aus. Ja, er war wirklich begeistert. Noch nie hatte er so was gesehen, selbst nicht bei Mufasas Balg, Simba. „Toll…“, grummelte Nuka, zog seinen Schwanz zu sich und sah sichtlich enttäuscht drein. Da war es schon eine Löwin, aber NEIN, sie musste ja gleich Killerinstinkt zeigen! „Hast du aber schön gepunktet…“, zischte Nuka ihr zu. Die Kleine kicherte nur, als sie das eingeschnappte Gesicht ihres Bruders sah und begann an Nukas Schnurrhaaren zu ziehen. „AU! Lass das!“, rief Nuka und rieb sich die Schnauze. Er hatte eigentlich erwartet dass seine Eltern ihr jetzt eine Bestrafung aufbrummen würden, doch nichts geschah. „Und wie sollen wir sie nennen?“, fragte Zira stattdessen. „Hm… Ich dachte an irgendwas Kämpferisches, wie Krieg.“ „‚Vita‘“ Zira zog eine Augenbraue hoch „Das klingt doch blöd… Aber es könnte in die Richtung gehen.“ „Hm…“ Scar runzelte die Stirn „Vita... Der Krieg ist… Vita ni, Vitani. Ja, was hältst du von ‚Vitani‘?“, schlug Scar nach kurzem hin und her vor. „Ja… Vitani… Das gefällt mir.“, meinte Zira. Prinzessin Vitani… Ja, das gefiel ihr wirklich! „Komm mal her Kleines…“, meinte Scar nun und schob Vitani vorsichtig zwischen seine Pfoten „Oh, meine kleine Prinzessin, magst du das?“, schnurrte er und wog sie von einer Pfote auf die andere, was Vitani sichtlich zu gefallen schien. Nuka hingegen saß nur da und schmollte in sich rein. TOLL! Hätte er kurz nach seiner Geburt den Schwanz seiner Mutter zerfetzt, dann fände das also auch jeder ganz toll, oder was? Mann, Babys ätzen. Nuka konnte nur hoffen, dass Vitani bald wachsen würde, dann hätte wenigstens er jemanden zum Spielen. Denn momentan war die völlig unbrauchbar. In den darauffolgenden Tagen hatte man das Gefühl, dass Vitani mit jedem Tag ein bisschen wilder und bissiger wurde. Sie spielte schon ungewöhnlich viel und lang mit Nuka, was diesem natürlich gefiel, schließlich gewann er wenigstens mal in einem Spiel. Und dennoch bekam sie immer die volle Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Okay, man konnte das nicht vergleichen. Selbstverständlich bekam Nuka genauso viel Aufmerksamkeit, als er ein paar Tage alt gewesen war, aber er konnte sich daran natürlich nicht erinnern. Scar hatte in diesen wenigen Tagen das Gefühl, eine kleine Killer-Löwin bei sich zu haben. Vitani war unglaublich, sie war für ihr zartes Alter unglaublich wild und feurig, das musste man ihr lassen und wenn das so weiter gehen würde, dann würde sie als Junglöwin die wahrscheinlich begabteste Jägerin des Rudels sein. Dennoch war sie ein Weibchen und… nun ja, das würde sich auch nicht ändern. Aber er brauchte einen Erben, Nuka war ungeeignet und es würde sich auch nicht ändern. Scar hasste es zu warten. Er wollte endlich seinen Thronfolger, er wollte ihn bald haben, aber wusste genau dass es wieder Wochen dauern würde, bis Zira ihn wieder ran lassen würde. Sie schämte sich für ihr momentanes Aussehen, ein Grund warum sie immer lag. Sie sagte dann sähe man das nicht so. Warum klappte es denn nie? Erst Nuka, jetzt ein Weibchen… Was sollte das denn? Warum hatte es bei ihrem ersten Wurf dann so gut funktioniert? Das waren immerhin drei Jungtiere gewesen, von denen einer ein wirklich vielversprechendes Männchen gewesen war. Doch, wirklich… Kwanza war damals schon vielversprechend gewesen, er wäre perfekt gewesen, da war er sich sicher. Doch er war ungeduldig. So sehr Vitani auch, völlig unbewusst, das verkörperte was er wollte, ein starkes, aufgewecktes Junge, so sehr wünschte er sich, sie wäre ein Männchen geworden. Warum war Zira nur nicht fähig ein Männchen zu gebären? Er liebte sie, keine Frage. Er hatte ihr nie die Schuld an irgendwas gegeben, sie war die wichtigste Löwin in seinem Leben und irgendwie wusste er auch dass sie nichts für das Geschlecht ihres Jungen konnte, aber momentan ging ihm so viel durch den Kopf und sein Wunsch nach einem gesunden, männlichen Erben war größer als je zuvor. Nala trank hastig aus dem trüben Wasserloch, oder dem was davon übrig war. Seit dem letzten, kurzen Regenschauer vor knapp vier Monaten war kein Tropfen Wasser mehr gefolgt. Nala war inzwischen eine junge, erwachsene Löwin geworden. Es war als wäre es gestern gewesen dass sie noch ein Junges gewesen war. Auch wenn es nicht viel zu fressen gab, so war sie dennoch in eine wirklich wunderschöne Löwin herangewachsen. Sie hatte cremefarbenes Fell, einen weißen Bauch und kristallblaue Augen. Sie nicht als attraktiv zu bezeichnen wäre zudem gelogen, denn wenn sie eines war, dann verdammt schön. Und natürlich hatte auch Scar ihre Wandlung beobachtet. Als Nala ihre letzte Schlucke Wasser zu sich nahm und mit dem trinken fertig war, drehte sie sich um, doch schnappte erschrocken nach Luft, als sie Scar dort stehen sah. Sie hätte nicht mal im Ansatz damit gerechnet ihn hier zu treffen, zumindest nicht allein, denn wenn er nicht gerade mit den Hyänen sprach, dann heftete sich meist Zira an seine Fersen. „Oh, ach, guten Abend euer Majestä.t“, sie deutete eine Verbeugung an. „Guten Abend Nala. Bitte entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“, entschuldigte er sich. „Ach, nicht so schlimm, ist schon in Ordnung.“, gab sie schnell zurück und wollte ohne ein weiteres Wort weitergehen, denn die gesamte Atmosphäre war ihr zutiefst unangenehm, doch Scar stellte sich ihr in den Weg. „Also eigentlich wollte ich nur zurück zur Höhle.“, meinte Nala etwas ungeduldig und schlug unruhig mit dem Schwanz umher. „Warum so eilig? Ach Nala, du bist wirklich zu einer wahren Schönheit herangewachsen…“, meinte er kokett ohne weiter auf ihre Worte einzugehen. „Äh… Danke.“, meinte Nala und schluckte. Sie fühlte sich sichtlich unwohl, so ganz allein mit Scar. Also NOCH unwohler als ohnehin schon. „Ich kenn dich schon seit du ein Junges warst… Ich für meinen Teil hätte nie gedacht, dass aus dir mal so eine unglaubliche Löwin wird, weißt du das?“ Nala begann sich noch unwohler zu fühlen. Sie wusste nicht mal dass es ein solches Stadium des Unwohlfühlens gab. Sie schwieg und versuchte Scar nicht in die Augen zu sehen. Sie wollte keinen Blickkontakt zu diesem Löwen aufbauen, sie wollte hier einfach nur weg. „Ich muss jetzt wirklich zu meiner Mutter, sie wartet schon auf mich.“, meinte sie nochmals und versuchte wieder an Scar vorbei zu kommen, jedoch war er wieder schneller und stellte sich ihr in den Weg. „Ach Nala, warum so eilig? Ich bin mir sicher deine Mutter macht sich keine Sorgen wenn du ein wenig länger weg bist“, versicherte Scar ihr und schaffte es Nala zum Hinsetzten zu drängen „Immerhin bist du eine so hübsche, starke junge Löwin, man muss sich wohl keine Sorgen machen dass du dir etwas tust… Und ganz nebenbei“ Scar kam näher „Ich bin mir sicher aus dir könnte eine ganz wunderbare zweite Königin werden…“ Nala glaubte ihr würde sich gleich der Magen umdrehen. Oh nein, sie würde ihm sofort sagen wie es war! „Nein, das glaube ich nicht!“, fuhr sie ihn etwas zu giftig an. „Aha, und…“ Scar schien nicht allzu beeindruckt zu sein „…warum nicht?“ „Weil ich nicht die geringste Lust darauf habe.“, fauchte Nala und hatte langsam Probleme mit ihrer Beherrschung. „Sei so freundlich und erklär mir das ein bisschen besser.“, verlangte Scar gespielt unwissend. Verdammt, was sollte Nala bitte Antworten? Dass er sie anwiderte? Nein, da konnte sie sich gleich selbst verbannen. Scar hingegen nahm ihr Schweigen als die sich ihm bietende Möglichkeit auf und begann völlig unvermittelt an Nalas Hals entlangzufahren. „Bleib mir vom Leib!“, schrie sie ihn ohne Vorwarnung an und schlug ihm die Pranke ins Gesicht. Sie könnte jetzt behaupten dass es reflexartig war, aber das wäre gelogen. Sie hatte gerade einfach nur der Hass auf diesen Löwen gepackt, der blanke Hass auf Scar und alles was er tat. Einen Moment blieb Scar wie erstarrt stehen. Er schien darüber nachzudenken wie er diese Abfuhr jetzt wegstecken sollte. „Oh Nala, du weißt doch wie sehr ich Gewalt verabscheue.“ „Mach noch einmal so was und…“ „Und WAS?“, unterbracht Scar sie kühl. „… Und ich erzähl es Zira! Was glaubst du soll Zira da bitte denken? Sie wird dich umbringen, sie würde dir den Kopf abreißen und mich in Tausend Einzelteile zerlegen!“, drohte Nala. Oh bitte, dieser Einwand, nein, diese Drohung, musste doch klappen, er konnte das doch nicht ernst meinen! „Zira? Oh bitte! Sie frisst mir aus der Pfote“, rühmte Scar und schien sich mit einem Mal wieder unglaublich überlegen zu fühlen „Sie akzeptiert so gut wie alles was ich verlange… Ja, sie liebt mich SO sehr, dass sie es zulassen würde.“ „Und du willst diese Löwin wirklich lieben?“, keifte Nala und spürte wie sich ihr Nackenfell aufstellte. „Natürlich tu ich das, aber was soll mich das von dir abhalten? Weißt du Nalalein… Liebe macht leider blind.“ „Es reicht, weißt du was?! Ich kann es ihr ja jetzt sagen, dann sehen wir ja wie sie reagieren wird!“, drohte Nala weiter und machte kehrt. Sie wollte hier endlich weg, sie wollte weg von diesem Löwen, er widerte sie an. Doch sie kam nicht weit, da sie plötzlich eine Reihe Zähne im Nacken spürte und Scar sie mit seinem gesamten Gewicht herunter drückte. „Ihr kleinen Schlampen seid doch alle gleich, aber ich warne dich im Guten, Nala, du wirst niemandem hiervon erzählen, bis ich es erlaube!“, fauchte er sie an und biss ihr, diesmal merklich fester, in den Nacken. Tja. Es gab genau zwei Schwachstellen in Scars Masterplan: Erstens war Nala keine Schlampe und Zweitens war genau das der Moment, in dem einem stillen, vor dem Platzen stehenden Zuhörer der Kragen platzte. Genau deswegen war dieser Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Tja. „IHR SCHLAMPEN?! Gehör ich auch dazu?! Seh ich wirklich so blöd aus?!“ Oh verdammt. Verdammte Scheiße. Augenblicklich ließ Scar von Nala ab, denn dieses Brüllen gehörte jemandem, der eigentlich gar nicht hiervon wissen sollte. Tja, es gab eben manchmal im Leben solche blöden Zufälle, wenn derjenige, der von etwas nichts wissen sollte, einfach mal so, zufällig am Ort des Geschehens vorbei läuft und zufällig ein bisschen was mithört… etwa fünf Minuten lang. Und innehrlab dieser fünf Minuten sammelt sich ein gewisser Hass in dieser Person. Ach was, das war untertrieben! Zira sah aus wie ein tollwütiger Fuchs, als sie aus dem Gebüsch gestolpert kam und sich dabei Dornengesträuch, und das nicht zu wenig, an ihren Beinen verfing und ihre Pfoten zum Bluten brachte. Nala war die unendliche Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Sie hätte nie gedacht das mal zu sagen, aber Zira war ihre Rettung! Und Scar… Nun ja, sagen wir mal dass Verlegenheit nicht ganz das richtige war. Wenn Nala es nicht besser gewusst hätte, hätte sie fast schon gesagt dass er Angst vor Zira hatte, denn wenn diese Löwin auf Hundertachtzig war, gab es kein Halten mehr für sie, auch nicht vor Scar. Sie hatte die Nackenhaare so sehr gesträubt, Nala wusste gar nicht dass die Löwin am Nacken so langes Fell hatte. Die Zähne waren gefletscht, jeder Muskel angespannt und wenn Blicke töten könnten… Alles Leben im Umkreis von hundert Kilometern wäre einfach dem Erdboden gleichgemacht worden. Ja, Zira war wütend. Hasserfüllt. Stinksauer. Man konnte es nennen wie man wollte, aber sich mit ihr jetzt anzulegen wäre der größte, nur mögliche Fehler überhaupt gewesen. „Wie KANNST du es wagen?! Wie kannst du so etwas sagen, wie kannst du so etwas tun, nach all dem was ich getan habe! Wie undankbar bist du eigentlich“, brüllte sie in seine Richtung, wand sich jedoch kurz an Nala „Und du geh! Geh endlich, los!“ Das ließ Nala sich bestimmt nicht zweimal sagen. Innerhalb eines Augenblicks war sie weg. Nun waren nur noch Zira und Scar übrig und die Stimmung sank mit einem Mal noch tiefer, was eigentlich unmöglich seien sollte, da sie bereits in den Minusbereich gefallen war. „Also, wie war das“, brüllte sie und stampfte so plötzlich auf ihn zu, dass er sicherheitshalber einige Schritte rückwärts machte „ICH bin also nicht mehr gut genug um einmal durchgenommen zu werden oder was? Was wolltest du von Nala und lüg mich nicht an, ich hab alles mitgehört und glaub mir, es hat mich so verdammt viel Beherrschung gekostet dich nicht umzubringen!“ Scar wagte es nicht jetzt etwas zu sagen. Er hatte einen Pelz den er sehr gerne am Körper behalten würde. Zira ließ ihm sowieso keine Zeit zum Reden. „Wie kannst du mir so etwas antun?! KANN ich etwa was dafür dass hier nicht die Junge raus kommen, die DU willst?! Meinst du es gefällt mir deine Enttäuschung zu sehen, genau zu wissen dass sie dir nicht gefallen, dass du etwas anderes erwartest? Meinst du ich bin SO DUMM?!“, brüllte sie ihn weiterhin an und drängte ihn nochmal ein paar Schritte nach hinten. Scar durfte sich jetzt nichts anmerken lassen, sonst machte er es nur noch schlimmer. „Und meinst du eigentlich ich die Beine für dich aus purer Langeweile breit, glaubst du etwa es ist TOLL schwanger zu sein, meinst du ich MAG das?! Ich habe meine Pflicht erfüllt und gerade DU, ganz genau DU solltest wissen wie es ist IMMER nur die zweite Wahl zu sein, genau DU wolltest wissen wie es ist seinem Vater am Arsch vorbei zu gehen! Und trotzdem behandelst du Nuka GENAU so wie DEIN Vater DICH behandelt hat! Er ist dir scheißegal, wenn ich nicht wäre würde er doch, wenn’s nach dir ginge, verrecken!“ Zira konnte sich nicht mehr weiter beherrschen, sie musste jetzt einfach heulen. Sie spürte wie die Tränen ihr das Gesicht runterliefen und ihr war klar dass sie jetzt scheiße aussah, aber es ging ihr sonst wo vorbei. Sie musste einfach all diesen Druck, diese unendliche Wut, diese endlose Enttäuschung raus lassen. Doch Scar machte es nur noch schlimmer, denn er sagte einfach gar nichts. Nicht mal jetzt. Er stand nur da und konnte sein verdammtes Maul nicht aufreißen. „Und soll ich dir mal was sagen“, schluchzte sie unbeholfen vor sich her „Willst du eigentlich dass sich das alles wiederholt? Willst du dass Nuka irgendwann alle seine Geschwister abmurkst, nur damit er König wird? DU hast es ja hinbekommen, warum soll er nicht auch das Poten-“ „Genug jetzt!“, brüllte Scar sie plötzlich an und sie erstarrte. Er schien mit einem mal wie ausgewechselt. „Willst du dass das gesamte Geweihte Land davon erfährt?“, fuhr er sie an und fletschte drohend die Zähne. Doch Zira kannte ihn. Das war nichts als eine leere Drohung, sie jedenfalls ließ sich davon nicht verunsichern. „Sollen sie doch“, keifte sie giftig „Ach ja, wie war das mit dem ‚Sie frisst mir aus der Pfote‘? Wohl eher andersherum, denn du weißt doch wahrscheinlich noch nicht mal mehr wie man überhaupt jagt! Ohne mich wärst du doch gar nicht hier! Ohne mich hätte dieser Wasserbüffel dir damals das Genick gebrochen!“ Oh Gott! Wie sie Scar hasste! Das tat sie wirklich! Von einer Sekunde auf die andere hasste sie ihn einfach nur! Und dieser verdammte Bastard sagte einfach GAR nichts! Nichts! Warum konnte er seine große Klappe nicht dieses eine Mal aufreißen und irgendwas zu diesem ‚Gespräch‘ beitragen? „Nichts? Gut! Weißt du was“ Sie wischte sich wütend über das Gesicht „Du hättest damals sterben sollen, ich hätte mich diesem beschissenen Büffel nie in den Weg stellen dürfen, ich wünschte er HÄTTE dich getötet!“ Sie wollte auf Scar losgehen, aber sie konnte nicht… Sie konnte es einfach nicht! Ein Schluchzen entfuhr ihr, schon wieder. Sie hatte nicht mehr den Nerv diesem Bastard gegenüber zu stehen, sie konnte das nicht mehr ertragen. Sie musste hier weg. Und sie rannte. Sie achtete nicht mal darauf dass sich die Dornen immer noch in ihren Pfoten befanden, sie rannte einfach weiter, egal wie weh es tat. Sie wollte einfach nur weg von ihm, sie ertrug seine Nähe nicht. Noch nie, noch NIE hatte sie sich so verletzt gefühlt! Wie konnte er ihr das antun? Fassungslos starrte Scar Zira hinterher und einen ganz kurzen Moment wollte er ihr hinterher, sie beruhigen, doch dann fiel ihm wieder ein dass ausgerechnet er der Grund für das alles hier war. Er würde es nur noch schlimmer machen. Aber das war es grade gar nicht. Er spürte etwas, was er bisher noch nie gefühlt hatte. Nämlich das sichere Wissen jemandem das Herz gebrochen zu haben. Zira hatte nie etwas von ihm erwartet, sie hatte immer nur gegeben, sie hatte alles was er tat entweder unterstützt oder wortlos hingenommen, aber nie hatte sie ihm das Gefühl gegeben von ihm enttäuscht worden zu sein. Nie. Nie hatte sie ihn, egal wie die Situation aussah, für irgendwas verantwortlich gemacht, sie hatte ihn immer irgendwie zum Lächeln gebracht. Und er liebte sie. Das tat er, wirklich. Er liebte sie, egal was kam, aber er war sich nicht sicher ob sie es noch tat. Er hatte sie noch nie so außer sich gesehen, aber er hätte doch nicht erahnen können dass sie das so sehr aufwühlen würde. Scar wusste nicht warum, aber seine Augen brannten und ihm war schlecht. Ihm war wirklich schlecht. Und nein, er heulte nicht, aber er war nah dran. Er blinzelte eilig die aufsteigenden Tränen weg und versuchte diesen Druck in seinem Kopf einfach herunterzuschlucken, doch ihm war immer noch schlecht. Was hatte er sich da vorhin mit Nala überhaupt gedacht? Doch das was ihm am meisten verletzt hatte, waren Ziras Worte gewesen. Er hätte sterben sollen. Bei jeder anderen Löwin auf der Welt wäre es ihm egal gewesen das zu hören. Nicht bei ihr. Sie hatte ihm das Leben gerettet und sich sogar noch, wegen ihm, Vorwürfe gemacht, dass sie den gesamten Angriff nicht hatte verhindern können, sie hatte ihm Junge geboren, sie war immer irgendwie da gewesen, sie hatte ihm immer das Gefühl gegeben geliebt zu werden und jetzt? Jetzt hatte er all das in den Müll geworfen, wegen seinem viel zu großen Ego. Nur leider gestand Scar sich so was nicht gerne ein. Er verdrängte lieber. So wie jetzt. Sie würde schon zurückkommen. Das taten sie doch alle. „Nala… Wir müssen mit dir reden!“, meinte Sarafina noch am selben Abend. Neben ihr waren Zazu und Sarabi. „Was denn?“, fragte Nala verwundert. Sie hatte ihrer Mutter nicht von dieser Sache mit Scar erzählt, Sarafina hätte sonst wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen. „Hör zu…“, begann Zazu „Nala, es ist sehr dringend! Es… es geht um das Geweihte Land. Bitte… Hol Hilfe. Seit Scar mich wie einen gefangenen behandelt habe ich nicht mehr die Möglichkeiten dazu und Nachts kann ich nicht fliegen.“ Er sagte das einfach so, ohne irgendwelche Umwege – Das hatte was zu bedeuten! „Ja Nala, Zazu hat Recht. Bitte, geh los und hol Hilfe! Du bist jung und stark, du kannst das!“, flehte Sarabi. „Ich?! Aber… wie und vor allem wo?“, fragte die junge Löwin überrumpelt. „Nala, es gibt eine Stelle an der Nordgrenze, an der nicht patrouilliert wird. Bitte Nala, du musst Hilfe holen!“, flehte nun auch Sarafina ihre Tochter an. Und so verrückt es klang: Nala war augenblicklich einverstanden. Sie hatte die Schnauze von Scar, den Hyänen, all dem hier voll, schon lange. Und auch hatte sie schon lange den Wunsch zu gehen und jetzt, wo ihre Mutter und vor allem Sarabi, sie dazu ermutigten, würde sie das machen! „Meint ihr das wirklich ernst? Es gibt einen Weg zu entkommen?“ Hoffnung. Das war es was in Nalas Augen aufblitzte. „Ja…“ Sarafina seufzte gequält „Ich weiß, wir erwarten so verdammt viel, aber-“ „Ich werde es tun.“, Unterbrach Nala ihre Mutter schnell. Sie wollte nicht dass sie weinte. „Oh, meine mutige, kleine Löwin!“, schluchzte Sarafina auf und umarmte ihre Tochter überglücklich. Sie wusste schon immer dass ihre Tochter eine mutige, junge Löwin war, aber das hier war doch mehr als man ihr zutrauen konnte. Und dennoch tat sie es. „Pass auf dich auf, mein Schatz. Zazu begleitet dich. Ich würde mitkommen, aber es wäre zu auffällig.“ Tränen liefen über Sarafinas Gesicht. Sie heulte wie ein Wasserfall. Verständlich, schließlich war sie drauf und dran auch noch ihr zweites Junges zu verlieren. „Keine Sorge, ich pass schon auf, schließlich hatte ich die besten Lehrerinnen“ Sie sah zwischen Sarabi und ihrer Mutter umher „Ich verspreche es, euch allen, ich komme zurück, mit oder ohne Hilfe, aber ich lasse euch hier nicht allein.“, versicherte Nala ihnen und spürte die Tränen aufsteigen. „Das hoffe ich doch… Wir sind immer mit dir.“, brachte Sarabi hervor und sah, gegen die Tränen ankämpfend, dabei zu wie Sarafina sich nach einer langen Umarmung schließlich doch von ihrer Tochter löste. Es tat so verdammt weh sie so kurzfristig gehen zu lassen, doch als Sarabi und Zazu ihr von diesem Plan erzählt hatten, wusste auch Sarafina dass es ihre einzige Überlebenschance war. „Aber nun, schnell“, riss Zazu sie aus ihren Gedanken „Wir haben nicht viel Zeit!“, drängte er und flog voran. Auch er hatte gegen die Tränen zu kämpfen gehabt. Es tat so verdammt weh. Das alles hier. Kapitel 51: Verführer… ---------------------- „Wo ist Mutter?“, fragte Nuka als Scar, wohlgemerkt allein, in seinen Teil der Höhle kam. Scar funkelte Nuka wütend an, auch wenn er wusste dass seine Frage berechtigt und vorhersehbar warm, jedoch meinte er nur: „Sie kommt bald wieder, das ist klar.“ „Oh… Aber… Vitani hat doch Hunger.“, meinte Nuka vorsichtig und deutete auf seine wenige Tage alte Schwester, die an seiner Pfote nuckelte und als keine Milch kam, zu heulen anfing. „Ach, keine Sorge, eure Mutter wird kommen, das weiß ich.“, meinte Scar mit einem plötzlichen, selbstgefälligen Grinsen und nahm Vitani vorsichtig zwischen die Pfoten. „Pssst Süße, sie kommt ja wieder.“, meinte Scar beruhigend und schaukelte Vitani zwischen seinen Pfoten umher. Sie mochte das normalerweise, es machte sie ruhiger und tatsächlich schien sie langsam müde zu werden. Nuka rollte sich entkräftet neben seinem Vater zusammen und schlief kurz darauf ein. Er wusste, wenn er ehrlich sein sollte, nicht wirklich was er nun tun sollte. Zum einen sagte dieser immerzu dominierende Teil in ihm, er solle einfach liegen bleiben und schlafen, sich gar ein wenig über Ziras Überemotionalität, so wie er es empfand, lustig machen doch ein winziger, kleiner Teil in ihm, der jedoch nie zur Geltung kam, sagte ihm er solle Zira suchen, es klären. Aber wie schon gesagt, dieser Teil in ihm wurde kleingehalten. Und zudem hatte Scar ja Recht: Zira würde wiederkommen. Denn es war wahr: Sie liebte Scar inzwischen einfach so sehr, sie würde alles für ihn tun und nie hätte sie ihn verlassen. Ja, natürlich liebte Scar sie auch, aber Zira… Sie liebte Scar nicht einfach, sie war über die Jahre völlig verrückt nach ihm geworden. Sie würde ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen, alles würde sie für ihn tun, jedes Opfer hätte sie für ihn gebracht. Sie liebte ihn einfach ZU sehr. VIEL zu sehr. Weinend saß Zira irgendwo, weit weg vom Königsfelsen, im Gras. Die Pfoten hatte sie über das Gesicht geschlungen, sie saß zusammengekauert im Staub und war nervlich völlig fertig. Ja, doch, sie war wirklich mit den Nerven am Ende. Es tat so verdammt weh, immer noch, so was von Scar zu hören. So etwas zu sehen. Mit eigenen Augen zu sehen wie der, für den du sterben würdest, kurz davor war dich mit einem jüngeren Exemplar auszutauschen. Für wen hielt er sich? Als ob sie die Sache mit Nala einfach an sich abperlen lassen würde! Am liebsten wäre Zira für einen Moment zurück gelaufen, hätte sich Nuka und Vitani geschnappt und wäre mit ihnen ganz weit weg gerannt, ohne Scar. Doch Zira war so vollkommen am Ende, sie wäre doch noch nicht mal fähig gewesen wirklich selbstständig zum Königsfelsen zurückzukehren! Sie fühlte sich wütend, traurig, hintergangen, niedergeschlagen, hasserfüllt… Und das alles auf einmal. Es war zu viel für sie, sie war so hilflos mit diesem Gefühlschaos und selten hatte sie sich so überfordert gefühlt. Ja, überfordert traf es gut. Sie war es, sie war vollkommen überfordert mit der gesamten, verdammten Situation. Und dann kamen all diese Fragen auf die sie sofort eine Antwort wollte, SOFORT! Warum machte Scar das, war Zira ihm etwa nicht mehr gut genug? Sie war jetzt… Da musste sie gerade selber nachdenken… Wie lang war das jetzt schon alles her? Ach ja, sie war sechs Jahre alt. Nala war drei. Na und? So alt war Zira nun wirklich nicht! Jedenfalls nicht so alt, dass Scar sich gleich derartiges Frischfleisch an Land ziehen musste und glaubte sie sei schon so senil und bemerke es nicht! Inzwischen hatte Zira vom ganzen weinen Kopfweh. Sie zwang sich aufzuhören, was jedoch einfach nicht klappen wollte und erst nach mehreren, schwerfälligen Anläufen schaffte sie es endlich wieder Haltung zu finden. Sie musste kurz durchatmen, bevor sie sich die Schläfen rieb, in der Hoffnung dass die Schmerzen weichen würden. „Idiot… dieser verdammte Idiot.“, begann sie plötzlich durch die Zähne zu zischen. Es begann. Jetzt würde es losgehen, jetzt würde sie anfangen sich in Beschimpfungen zu sagen und sich in diese derart zu vertiefen, dass sie sich in einen wahren Hass hineinsteigern würde. Doch diesmal sollte es nicht so weit kommen. Leider. „Nanu… Kann ich helfen?“, ertönte plötzlich eine Stimme. Zira sah auf und erkannte einen fremden Löwen zwischen dem Schulterhohen Gras auf sie zukommen. Er war ziemlich stämmig und muskulös, sein Fell hatte so ein sattes Schokobraun, mit einer dicken, dunkelbraunen Mähne und denselben stechend grünen Augen wie Scar. Zira wischte sich schnell die Tränen aus dem Gesicht, setzte sich mit erhobenem Kopf auf und sah mit einer gewissen Hochnäsigkeit zu dem Löwen hinab. Obwohl, was hieß hier ‚hinab‘? Dieser Kerl war fast einen halben Kopf größer als sie, es gab für sie nichts zum hinabsehen. Aber sie war eine Königin, sie hatte auch jetzt ihre Restwürde, falls noch welche da war, zu bewahren. „Was willst du hier, wer bist du?“, fragte sie ungehalten. Eigentlich richtig forsch, aber warum sollte sie nicht? Der große Löwe grinste kurz dermaßen unverschämt dass Zira ihm zu gerne die Schnauze eingeschlagen hätte, aber sie beherrschte sich, als er schließlich antwortete: „Mein Name ist Fisadi. Ich bin nur auf der Durchreise, ich habe nicht die Absicht zu wildern. Und mit wem habe ich die Ehre?“ „Zira.“, meinte Zira schroff. „Oh, welch eine Ehre…“ Fisadi grinste sie schon wieder so frech an „Aber was macht so eine hübsche Löwin wie du ganz allein hier draußen? Hier wimmelt es nur so von Hyänen, die dich jederzeit töten können.“ „Ach, sagen wir mal… Es sind meine Freunde.“, wand Zira ab. „Freunde? Wow, welch Beziehungen… Du bist also doch nicht so hilflos wie ich dachte, was?“, stellte Fisadi fest und begann Zira begierend zu umkreisen. „Hilflos wäre völlig übertrieben.“, meinte Zira und ließ den Löwen keine Sekunde aus den Augen. „Hey, nicht nur das du gut aussiehst, biss hast du auch… Ich wünschte es gäbe mehr solcher Löwinnen wie dir. Das wäre eine wahre Bereicherung für diese Welt.“ Natürlich fühlte Zira sich geschmeichelt, warum auch nicht? Fisadi überschüttete sie nur so mit Komplimenten…. Und ihr gefiel das. Wann hörte sie das denn schon mal von Scar? Das größte Kompliment was er ihr innerhalb der letzten Zeit gemacht hatte war, dass… Ach, sie wusste es nicht mal mehr. „Hmhm… Danke.“, meinte sie und begann langsam sich merklich zu entspannen. Sollte sie sagen dass sie die Königin war, also demzufolge… Ach, zur Hölle mit Scar, Zira würde schon nichts dummes machen. „Und von wo genau kommst du?“, fragte sie Fisadi, welcher sich so zu ihr stellte, dass seine halbgeöffnete Schnauze direkt an ihrem Hals war. Sie spürte seinen Atem und wenn sie ehrlich sein sollte machte es sie nervös. Sein Atem roch nach frischem Fleisch, mach Blut, also hatte er sie vorhin angelogen. Aber es war ihr sogar egal, es kümmerte sie einfach nicht. „Ach, ich komme von überall, mal bin ich dort, mal hier, mal da, immer dort wo ich willkommen bin, meine Schöne…“ Sein Maul kam ihrem Hals noch näher und seine Zunge fuhr ihr diesmal, nur kurz und recht sanft, über den Nacken. Und in ihrer erregten Anspannung die sich langsam aufbaute, tat sie das was ihr verdammter, primitiver Instinkt ihr sagte. Ihr Instinkt war etwas was Zira eigentlich liebte, sie liebte diese gefühlslose, fast schon mechanische Grausamkeit beim Jagen, aber jetzt war es ihr alles andere als recht. Jedenfalls legte sie sich, von ganz allein und ohne Zwang oder Druck, zu Boden. Und wenn eine Löwin sich dazu freiwillig bereiterklärte, war jedes weitere Wort unnötig, es war klar wo das hin führte. Fisadi kam bereitwillig etwas näher und begann ihr verführerisch über den Nacken zu fahren. Einfach so, ohne ein Wort. Wozu auch? Zira hatte genug getan. Und erst jetzt schien ihr das klar zu werden. Erst jetzt spürte sie wie alles in ihr erstarrte und sich ihr eine Frage stellte: Was machte sie da? Was machte SIE da? Und warum ließ sie das überhaupt zu? Sie wollte schon die Krallen ausfahren und Fisadi über die Schnauze fahren, aber dann stockte sie. Inmitten ihres Denkens und schlug einen anderen Gedankengang ein. Ganz im Ernst, warum sollte sie das NICHT tun? Scar hätte es doch auch getan! Wenn Nala nicht so störrisch gewesen wäre und sie nicht alles belauscht hätte, er hätte es getan! Warum sollte Zira sich also nicht einfach hingeben? Eigentlich war sie nicht leicht rumzukriegen, aber das hier war was völlig anderes! Was Scar durfte, durfte sie doch auch, oder etwa nicht? Ja, doch, warum denn nicht? Was sollte denn schon passieren? Als ob sie von diesem einen einzigen Mal gleich trächtig wurde! Das war völlig unmöglich bis vor ein paar Tagen war sie noch mit Vitani schwanger gewesen, ihr Körper war doch gar nicht bereit für eine weitere Trächtigkeit. Und es wäre ja auch nur dieses eine einzige mal… Also, warum sich nicht einfach hingeben? Fisadi war gutaussehend, jung, verführerisch… Was sollte passieren? Süß lächeln und sich dieser Sache hingeben, das schaffte sie. Einige Zeit später lag Zira mit halbgeschlossenen Augen ausgestreckt im trockenen Gras. Fisadi leckte ihr zärtlich am Nacken entlang und grinste in sich hinein. Diese dummen Löwinnen! Als ob sie ihm irgendwas bedeuten würden! Er wollte doch nur seinen Spaß! Zira war ja so verzweifelt gewesen, als er ihr begegnet war! Sie war wirklich einfach rumzukriegen! Und das erbärmlichste war, wenn diese Schlampen auch noch glaubten, sie wären was Besonderes! Oh Bitte! Fisadi waren diese Löwinnen als Individuen doch völlig egal! Sie waren Spielzeug, das war’s. Um ehrlich zu sein… Zira ging’s nicht viel anders. Ihr bedeutete dieser Löwe nichts. Und Fisadi spürte das, zumindest erahnte er dass er ihr ebenso wenig bedeutet wie sie ihm. Und das was gut. So müsste er zumindest keine Angst haben wenn er in zwei Jahren wieder in der Gegend streunen würde, dass ihm irgendeine todtraurige Löwin entgegen kommen würde und ihm fragen würde, wie er sie damals nur allein hatte lassen können. „Na Prinzessin… Ich denke ich geh dann mal weiter. Mach’s gut.“ Kalt im Grunde völlig gleichgültig, klangen seine Worte und als Zira ihn einfach Wortlos gingen ließ, da stieg ganz, ganz langsam, im Minutentakt, das Wissen darüber in ihr auf, was sie da gerade eben getan, nein, gewagt hatte. Es war schwer zu beschreiben, aber sie hatte es nur ganz langsam realisiert. Sie hatte Scar betrogen, damit war sie schlechter als er. Sie hatte Scar mit einem Löwen betrogen der ihr nichts bedeutete. Und der Kernpunkt war der, dass SIE es gewesen war. SIE hatte sich Fisadi um den Hals geworfen. SIE. Sie war jetzt offiziell schlechter als Scar. Und mit dieser Erkenntnis schien für Zira eine Welt zusammenzubrechen. Völlig aufgelöst irrte die Löwin durch die Gegend, sie wusste nicht wie lang genau, aber irgendwann fand sie sich an der Südgrenze wieder. Sie mochte die Südgrenze, immer mal wieder fand sie sich hier, wenn sie mal nicht wusste was sie mit ihrer Zeit anstellen sollte, was sie Nuka hätte Zeigen sollen, wenn niemand da war mit dem sie hätte Zeit verbringen können. Normalerweise durchzog ein breiter, aufgrund seiner schnellen Strömung eigentlich ziemlich gefährlicher Fluss die Grenze und stellte auch ganz offiziell das Ende ihres Königreichs dar, doch dieser Fluss führte inzwischen durch die große Hitze nur noch wenig Wasser. Und erst jetzt fiel ihr das wirklich auf. Sie starrte gewissermaßen ungläubig in das was von dem Fluss übrig war und schluckte schwerfällig. Als sie den Blick hob zuckte sie einen Moment zusammen, denn ganz plötzlich, ohne Vorwarnung, saß am anderen Ufer ein Schakal, der noch vor wenigen Augenblicken, da war sie sich sicher, definitiv nicht dagewesen war und starrte aus zwei leuchtenden, orangenen Augen zu ihr herüber. Und groß war der Schakal, so groß, es war abnormal. Auch der Schakal bemerkte Zira und sah auf. Es schien als wollte sie etwas sagen, doch sie zögerte, das sah Zira ihr an. „Hey du… Du siehst ja gar nicht gut aus…“ Der Schakal ringte sich nun doch dazu auf etwas zu sagen „Ist was passiert?“ Zira tat so als hätte sie sie nicht gehört und drehte den Kopf weg. Tat so als würde sie etwas im Gras hinter sich beobachten. „Ich bin übrigens Tumaini…“, stellte sich die Schakaldame nun vor und begann langsam durch den Fluss zu waten. Sie wollte doch tatsächlich zu Zira. Furcht schien sie wohl gar nicht zu kennen. Nun konnte sich jedoch auch Zira nicht mehr dem Blick des Schakals entreißen und starrte zurück. Sie starrte zurück in diese großen, katzenartigen, die Nacht erleuchtenden Augen, die sie irgendwie an ihre eigenen erinnerten. Sie vertiefte sich richtig in das Gesicht dieses Schakals. Dabei war nichts Besonderes an ihr. Sie hatte eine Gesichtsform wie jeder Schakal, lang, ein flacher Kopf, zwei viel zu große Ohren, von denen das rechte jedoch fast nicht mehr vorhanden war, eine längliche, dünne, dunkle Schnauze und an ihrem Kieferknochen war das Fell etwas buschiger, die Augenzeichnung war hell, Zira hätte es fast schon al weiß bezeichnet, doch das war schwer zu sagen, es war zu dunkel um sich da festzulegen. Tumaini schien Ziras Blicke jedoch als Bedrohung wahrzunehmen und brach so schnell wie möglich den Blickkontakt ab, sie wollte schließlich keine fremde Löwin provozieren, auch wenn dieses Häufchen Elend vor ihr, ihr einfach nur leid tat. „Also… Du bist?“, fragte Tumaini um die Stille zu durchbrechen. „Zira.“ „Aha…“ Im selben Moment fragte Tumaini sich wer seinem Kind so einen beschissenen Namen gibt, aber na ja. Zira schwieg. „Und… Was ist mit dir? Du siehst nicht gerade glücklich aus.“ Eigentlich wollte Zira ja darüber reden, doch wenn sie es einer der Löwinnen anvertraut hätte, wäre das alles außer Kontrolle geraten, jeder hätte davon gewusst und was man dann mit ihr tun würde, wollte sie sich nicht ausmalen. Und wenn sie ehrlich sein sollte, kam ihr der Schakal nur recht. Sie war nur ein Schakal, nichts anderes als ein Schakal, dem niemand glauben würde, wenn sie das tatsächlich herumerzählen würde. Zudem kam sie nicht aus dem Geweihten Land, sie war unwichtig, sie wusste noch nicht mal wer Zira war. Also, warum konnte Zira es ihr nicht sagen, einfach um darüber gesprochen zu haben? Okay, sie würde sich diesem Schakal anvertrauen, einfach nur um es von der Seele zu haben, um mit irgendwem darüber gesprochen zu haben, der es sowieso hoffentlich bald vergessen würde. Zira sah in Tumaini Richtung und dann begann sie ihr einfach alles zu erzählen. Wie Scar sie betrügen wollte, wie das mit Fisadi passiert war… Von ihren Jungen zu Hause… Jedoch nicht zu viel. Sie sagte natürlich nicht dass sie Königin war, sie sagte eigentlich gar nichts über ihr zu Hause. Nur über das was eben heute Nacht passiert war. Tumaini hörte ihr die ganze Zeit ruhig und aufmerksam zu, stellte keine Fragen, saß da und hörte einfach nur zu. Als Zira schließlich fertig war, sah Tumaini sie nachdenklich an. „Also… ich würde es ihm sagen, bevor er es von jemand anderem erfährt“, meinte sie ernst „Weißt du, ich weiß, dass das unglaublich schwer für dich sein wird, aber bevor du plötzlich mit dem Jungen dieses Löwen trächtig bist…“ Sie schluckte „Vielleicht wäre es besser es ihm zu sagen. Denn wenn er das Junge sehen wird... Wenn’s ganz dumm kommt wird es eben keine große Ähnlichkeit, weder mit dir noch mit Scar haben. Und dann… Na ja, er wird total geschockt sein“, seufzte Tumaini schwerfällig und betrachtete die Löwin, die noch immer wie ein Häufchen Elend da saß, von oben bis unten „Ich wünschte wirklich ich könnte dir helfen… Du tust mir Leid Zira.“ Tumaini schlang ihren Schwanz um ihre Hinterbeine und strich Zira tröstend über die Schulter „Meine Kleinen würden jetzt sagen, du könntest eine Notlüge oder so machen… Er hätte dich dazu gezwungen oder so…“ Tumaini zweifelte selbst an diesem Vorschlag. Zira schüttelte traurig den Kopf. „Nein, das ist unrealistisch… Ich hab als Junglöwin bereits einen erwachsen Löwen getötet, als ich in Todesangst war… Es würde nicht glaubhaft kommen, das ich mich jetzt auf einmal nicht mehr wehren kann“ Sie schluckte schwer „Zudem… Wirkliche Kampfspuren zeige ich auch nicht wirklich. Das wäre völlig unglaubwürdig.“ „Oh… Das tut mir alles so Leid… Ich… ich wünschte wirklich ich könnte dir helfen…“, seufzte Tumaini und spürte plötzlich eine Enttäuschung über sich selbst in sich aufkommen. Sie hasste es nicht helfen zu können. Doch eine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Mama! Komm, ich hab Aas gefunden!“ „Ich komme, Kwanza“, antwortete Tumaini und sprang eilig auf „Tut mir leid, das war mein Kleiner. Ich… muss dann. Zira, es war mir eine Ehre dich kennenzulernen“ Sie sah ihr halbwegs aufmunternd entgegen „Wer weiß, vielleicht treffen wir uns eines Tages wieder. Und…“ Sie stockte kurz, als sie ihr den Rücken zudrehte „Viel Glück.“ „Du auch…“, verabschiedete Zira sich, auch wenn sie bezweifelte, dass der Schakal sie noch hören konnte, immerhin war sie bereits auf der anderen Uferseite. Ohne ein weiteres Wort und schweren Herzens wand Zira dem Fluss den Rücken zu, so dass sie nicht mehr die Löwensilhouette erkennen konnte. „Im Ernst Leute, diese Löwin tat mir einfach nur leid…“, seufzte Tumaini, als sie, am nächsten Abend erst, mit Mheetu, Kwanza, Samangi und Tofauti wieder weiter südlich an ihrem Stammplatz, zwischen der Baumgruppe, lag. Sie hatte grade eben die Begegnung mit Zira geschildert. „Arme Löwin…“, seufzte auch Tofauti. „Ja, das kannst du laut sagen…“, murmelte Mheetu mitleidig und legte den Kopf auf Tofautis Rücken. Überrascht sah die weiße Löwin zu Mheetu, ließ ihn jedoch machen. Er gab es ja nur ungern zu, aber er spürte ihr Herz in diesem Moment wieder bis zum Hals schlagen, zudem wurde sie knallrot. Entweder beschämte er sie oder sie dachte genauso über ihn wie er über sie. „Jaja, wirklich bemitleidenswert, obwohl ich mit einem toten Zebra mehr Mitleid habe“, meinte Samangi mit diesem gehässigen Unterton. „Samangi“, meinte Tumaini entsetzt „Wie kannst du nur so herzlos sein?“ „War doch nich so gemeint…“, murrte die junge Löwin. „Na dann, ich bin müde, gute Nacht.“, gähnte Kwanza um vom Thema abzulenken und auch Tumaini folgte ihm. Sehr gut… Gleich sind wir allein, dachte Mheetu und stand auf. Heute. Heute würde sie es erfahren, heute würde er diesem zuckersüßen Ding endlich sagen was er für sie empfand. Er schob es schon so lange auf und jeder Tag der verstrich, ohne dass sie es wusste, schien so verschwendet. Und mit jedem Tag wurde sein Verlangen nach ihr stärker. Er wünschte sich so sehr sich einfach nur an sie zu schmiegen, ihr zu sagen wie sehr er sie liebte und sie mit all seiner Liebe zu überhäufen. Denn das tat er, er liebte sie. Das war nicht einfach nur eine Schwärmerei, er liebte diese Löwin für alles was sie war. Sie war anders und trotzdem war sie so lebensfroh, sie hatte es schwerer in allem was sie tat und dennoch schien sie das Leben mit jedem Atemzug zu genießen. Es war nicht zu verleugnen, sie liebte ihr Leben und alle die daran teilhatten. Und sie faszinierte ihn. Mit allem. Ihre Haltung allem Gegenüber, ihre Augen, ihr Fell. Es faszinierte ihn ihr diese blutroten Augen zu sehen und genau zu wissen dass diese Augen vielleicht irgendwann erblinden würden und ihr das dennoch so egal war. Es war ihr egal was mal mit ihr passieren würde, ihr war es egal ob sie vielleicht irgendwann Hautkrebs bekommen würde oder erblinden würde oder weiß die Hölle was. „Ähm, Tofauti… Ich… Ich wollte mit dir reden…“ „Tofauti, die eigentlich hinter Tumaini und Kwanza her gehen wollte, sah verwundert zu ihm. Mheetu klang so ernst, war was passiert? „Klar, was ist denn?“ „Äh… Können wir das vielleicht wo anders besprechen?“, bat er. „Hey, was ist denn los mit dir?“, fragte Tofauti und musste aus irgendeinem Grund grinsen. „Ach, komm mal kurz mit.“, meinte er und führte sie zu einem kleinen Teich. So, jetzt würde er es ihr endlich sagen. Er wollte endlich all seinen Mut zusammennehmen und es ihr sagen. JETZT. „Also… Tofauti…“, begann er. „Ja?“ „Mal ‘ne ganz blöde Frage“ er wurde knallrot „Wie findest du mich?“ Jetzt wurde Tofauti rot. „Äh… Ich mag dich, so wie wir alle hier.“, meinte sie. „Genau so wie alle mich hier mögen? Nicht mehr, nicht weniger?“ „Mheetu…“ Tofauti grinste schief „Versuchst du grade mit zu erklären dass du Mist gebaut hast? „Äh, n-nein, eigentlich nicht.“, antwortete Mheetu verwirrt und starrte kurz leer in die Gegend. „Sooondern?“ Ja, Tofauti wurde langsam neugierig und in ihrem Bauch kribbelte es. Diese Anspannung die er auf sie übertrug war unerträglich. „Ich wollte dir sagen… nämlich… Also… ich glaube ich… Ich…“ „Mheetu, nun komm auf den Punkt, du quälst mich hier.“ Tofauti sah gespielt geschunden zu ihm auf und legte theatralisch die Ohren an und seufzte langezogen. „Du… du bist wirklich süß…“, stotterte er zu Ende und schluckte. Das war härter als er dachte! Jedenfalls war es kurz ruhig, auch wenn das grinsen auf Tofautis Gesicht nicht verschwand. „W…wirklich? Äh, danke.“, freute sie sich „Ähm… Aber das wolltest du mir doch sicher nicht sagen, oder? Das hör ich schließlich ständig von jedem.“ Mheetus Herz schlug bis zum Anschlag, er glaubte gleich zu sterben! War es denn so schwer für sie sich darauf etwas zu reimen? „Ich… ich… Tofauti, ich… Wir sind Freunde, stimmt’s?“ „Jupp.“ „Und wir… vielleicht könnten wir…“ Seine Knie zitterten und er glaubte gleich tot umzufallen, weshalb er sich dringend setzten musste, sonst wäre er umgekippt. Und dann bekam er endlich Unterstützung von der Seite von der er es am wenigsten erwartete hatte. „Ich liebe dich auch!“, entfuhr es Tofauti plötzlich und sie grinste noch immer über das ganze Gesicht. Mheetu musste diese Schocksekunde jedoch erst mal realisieren, bevor er das tun konnte, wonach er sich am meisten sehnte, nämlich sich einfach gegen sie schmiegen und sie nie wieder loslassen Tofauti wurde von seiner stürmischen Zärtlichkeit und seinem Eigengewicht auf die Seite geworfen. Doch Mheetu schien das nicht wirklich zu realisieren, denn Mheetu schlang einfach die Pfoten um sie und rieb seine Stirn an ihrem Hals. „Hab dich! Und ich lass dich auch nie mehr gehen!“, schnurrte er und musste kichern, als Tofautis Schnurrhaare ihn im Gesicht kitzelten. Die weiße Löwin erwiderte seine Zärtlichkeit und fuhr ihm mit der Zunge liebevoll an der Schnauze entlang. „Ich dachte schon du fragst nie…“, meinte sie schließlich und kuschelte ihren Kopf in Mheetus blonde Mähne. „Hab ich auch nicht, du hast nur eine Tatsache festgestellt…“, seufzte Mheetu und drückte Tofauti zärtlich an sich. Er würde sie jetzt bestimmt nicht mehr so leicht gehen lassen, nicht jetzt wo er sie endlich bei sich hatte. Samangi konnte es nicht glauben! Warum ausgerechnet die beiden?! Warum musste er sich in ihre Schwester verlieben? Was stimmte denn mit Samangi nicht? War sie ihm zu hässlich? Mochte er ihre Fellfarbe nicht, gefiel ihm ihr Fellbüschel nicht, war ihre Augenfarbe falsch, was, was, WAS?! WAS passte ihm nicht an ihr? Und da war sie nun, wimmernd, zusammengekauert, lag sie am Flussufer und weinte einfach nur vor sich hin. Das war nicht fair, das war einfach nicht fair! Tofauti passte doch gar nicht zu Mheetu, sie war viel zu naiv und unreif für ihn, sie war kindisch, Mheetu hatte was Besseres verdient, nämlich SIE! Samangi, nicht Tofauti, dieses unreife Etwas. Liebe tat so weh! Warum schnappte ihre kleine Schwester ihn ihr einfach weg? Samangi fühlte sich einfach nur hintergangen, sie fühlte sich verraten, dabei war sie doch selber schuld. Sie hätte sich eben mehr anstrengen sollten. Mheetu schien eben auf unterwürfige Zuckerpüppchen zu stehen. Dieser dumme Idiot! Samangi heulte sich die Augen aus dem Kopf und fühlte sich so schlecht wie lange nicht mehr. Sie wollte Mheetu, SIE, SIE! Warum bekam ihre Schwester ihn? Das war so unfair! Als Samangi das grade eben gesehen hatte… Eine Welt brach für sie zusammen und sie hatte Probleme mit ihrer Atmung bekommen, ihr war richtig schlecht geworden als sie da blindlinks weggelaufen war. Bloß weg von diesen Turteltäubchen. „Dieser verdammte Trottel!“, weinte sie. Und um es noch schlimmer zu machen, war seine Auserwählte ausgerechnet ihre Schwester! Das war alles so unfair! Samangi hatte sich in diesen Löwen von Anfang an verguckt und jetzt suchte er sich ausgerechnet dieses dauerglückliche etwas von Tofauti raus! Das war nicht fair! JA! Es war unfair, das war eben so! SIE war Mheetus beste Freundin! Na ja… Das stimmte nur bedingt. Man konnte nicht genau sagen, wer hier mit wem am besten befreundet war. Tumaini, Kwanza, Samangi, Tofauti und Mheetu waren ein unzertrennliches Quintett. Jeder half jedem, jeder war der beste Kumpel des anderen… Sie lebten ein wunderbares Leben in ihrer kleinen Gruppe. Und jetzt? Jetzt wurde aus Mheetu und Tofauti mehr. Samangi glaubte zu sterben! Wie konnte man ihr das nur antun? SIE wollte an Tofautis Stelle sein! „‘Mangi? Was ist denn mit dir los?“, fragte Kwanza verwundert und setzte sich neben seine Schwester. Ihr Geheule machte ihm langsam wirklich sorgen. Er wollte eigentlich nur was trinken, doch dann sah er seine kleine Schwester völlig fertig am Fluss liegen. Kwanza nahm seine Rolle als großer Bruder ziemlich ernst. Wenn irgendjemand SEINER Familie was antun würde, würde er somit sein Todesurteil unterschrieben. Er hatte einen recht großen Beschützerinstinkt und war für sein noch recht junges Alter gelegentlich etwas zu mutig. „Lass mich!“, fauchte Samangi ihm gereizt an und ihr stellten sich die Nackenhaare auf. „Aber…“ „VERPISS DICH! LASS MICH ALLEIN!!!!“, schrie sie ihn an, sprang auf und rannte, als er nicht augenblicklich ging, mit tränenverschmierten Gesicht weg. Warum konnte man sie jetzt nicht einfach allein lassen? Konnte er nicht sehen dass sie jetzt keine Lust zum Reden hatte? Kapitel 52: Downwards --------------------- Zur selben Zeit war Zira, weit weg von dem Geschehen um Mheetu und Tofauti, wahrhaftig erstaunt. Es war erstaunlich. Es war erstaunlich wie scheißegal Zira Scar anscheinend war. Sie hatte sich den gesamten nächsten Tag allein, in den entferntesten Ecken des Geweihten Landes verbracht, war an der Grenze zum Elefantenfriedhof herumgeschlichen, welche im Übrigen unbewacht war. Warum auch? Hinter dem Elefantenfriedhof war pure Wüste, wer sollte dort schon eindringen wollen? Wer kam denn schon aus der Wüste? Jedenfalls wagte Zira sich erst an nächsten Abend wieder zum Königsfelsen, nämlich dann wenn sie genau wusste dass die Löwinnen jagen waren. Sie wollte keinen Empfang, sie wollte sich still und heimlich verdrücken, das war alles. Zudem MUSSTE sie jetzt wieder kommen, Vitani hatte jetzt schon einen ganzen Tag nichts mehr zu fressen bekommen. Sie war noch so klein und zerbrechlich, sie konnte, nein, sie durfte nicht sterben. Zira würde das nicht ertragen. Jedenfalls erreichte Zira zusammen mit der Dunkelheit den Königsfelsen und tief in sich drin hoffte sie Scar nicht über den Weg zu kommen. Aber irgendwem würde sie begegnen, Scar würde ihre Jungen doch nicht ganz allein in der Höhle gelassen haben. Oder? Nein, das hielt selbst sie für unrealistisch, so verantwortungslos war Scar nicht. Dennoch, sie fühlte sich extremst unwohl als sie die Stufen zur Höhle hinauf schritt und sich eilig nach allen Seiten umsah. Bis jetzt war niemand da. Aus ihrem Blick wich langsam dieses glasige, dieses abwesende, als sie ein paar undefinierbare Geräusche aus der Nebenhöhle hörte. Entweder war das Nukas Schnarchen oder Scars gelegentliches, nächtliches Grummeln. Doch, der große König konnte selbst in seinen Träumen niemanden vor seiner guten Laune verschonen. Das war Ironie, nur nebenbei. Aber schlief er tatsächlich schon, es war nicht mal Nacht. Plötzlich stiegen Zira Tränen in die Augen, als sie an letzte Nacht dachte. WIE konnte sie das nur zulassen?! War sie so rachsüchtig und verzweifelt gewesen, dass sie das unbedingt tun musste? Scar hatte es in seinem Fall doch auch nicht so weit gehen lassen… wäre Zira nicht gewesen. Ein Schluchzen entfuhr Ziras Kehle und sie atmete ein paar Mal tief durch. Jetzt jemanden zu wecken wäre ein Fehler. Zudem wollte sie nicht so verheult aussehen, das würde sie einfach nur dämlich aussehen lassen. Auf leisen Pfoten schlich sie zu ihrem separaten Höhlenteil. Nuka war neben Scar zusammengerollt, Vitani schlief ziemlich unruhig zwischen Scars Pfoten und begann immer wieder an den Zehen ihres Vaters zu nuckeln. Zira seufzte. Zum einen vor Erleichterung. Scar hatte die Jungen nicht allein gelassen und um ehrlich zu sein sah er süß aus, wie er alle Beide um sich herum gesammelt hatte. Doch Vitani war so furchtbar unruhig. Verständlich, ihre Letzte Mahlzeit war fast einen ganzen Tag her. Die Kleine musste schrecklichen Hunger haben. Leise ließ Zira sich neben Nuka nieder und starrte zu ihrer kleinen Familie. Zu Nuka, der sich mit dem Rücken an Scars Seite gepresst hatte und dem immer wieder mal ein Schnarchen entfuhr, wobei er immer kurz danach das Maul öffnete und sich mit der Zunge über die Schnauze fuhr. Und dann war da noch Vitani, die noch so klein, so süß, so unschuldig war, und einfach nur dalag und sich im Schlaf umherdrehte. Scar hatte den Kopf so über seine Pfoten gelegt, dass Vitani seine Mähne, zu einem kleinen Teil zumindest, als mehr oder weniger weiches Bett benutzen konnte, zumindest so lange er sich nicht bewegte. Scar bewegte sich im Schlaf viel, fast schon mehr als wenn er wach war. Zira liebte ihn noch immer, das war nicht zu bezweifeln. Sie hatte ihn immer geliebt, auch als sie so abgrundtief wütend auf ihn gewesen war, auch als sie geglaubt hatte ihn mit einem Mal nur noch zu hassen, so hatte sie irgendwann gespürt dass sie in den Tiefen ihres Herzens noch immer liebte und das auch nicht aufhören würde, egal was er tun würde. Sie liebte ihn und das würde sich wohl nie ändern. Zira hatte ihren Entschluss schon lange gefasst. Sie würden es nicht erfahren. Unter gar keinen Umständen. Warum auch? Sie würde dadurch nur sehr viel Dreck aufwirbeln, es würde einen Skandal geben und momentan hatten sie alle genug mit der Dürre zu kämpfen. Doch plötzlich wand Vitani sich gequält um und mauzte auf. Zira stand sofort alarmiert auf, doch Scar? Der schlief seelenruhig weiter. Vitani zwängte sich zwischen den Pfoten ihres Vaters hindurch und lief, als sie ihre Mutter bemerkt hatte, überglücklich auf sie zu. Zira lächelte ihr schwach entgegen und fuhr Vitani liebevoll über die Stirn, ehe die kleine Löwin gierig zu Ziras Bauch lief, wobei stolpern besser passte, und zu trinken begann. „Na meine Kleine…“, seufzte Zira und machte sich lang. Wenn sie Glück hatte könnte sie diese Nacht durchschlafen und wenn Scar etwas von Höflichkeit hielt würde er sie ausschlafen lassen. Doch Scar war gar nicht das Problem. Es waren die beiden Pfötchen eines ganz anderen Löwen, die sie am nächsten Morgen in aller Frühe aus dem Schlaf rissen. „Du bist zurück“, quietschte Nuka überglücklich und schlang seine Pfoten um Ziras Schnauze „Daddy hat die Wahrheit gesagt!“ Zira sah völlig verschlafen in Nukas Augen, ehe sie den Kopf hob und ihm eine Zehe auf das Maul legte. „Pssst, leise!“, zischte sie flehend und wollte bereits aufstehen und verschwinden, sich irgendwie beschäftigen, einfach weggehen, ehe sie sah, dass Scar die Augen öffnete und gähnend aufstand. Als er Zira einige Augenblicke später bemerkte, schlich sich ein eindeutiges, triumphales Grinsen auf sein Gesicht, diese Art von Grinsen die dich dazu provozierten jemandem in die Schnauze zu hauen. Er wusste es. Sie war zurückgekommen, genauso wie er es sich gedacht hatte. „Na, wie war deine Nacht? Entschuldige, ich meinte Nächte“, fragte Scar hinterhältig, fast schon herablassend „Du hast dir ja ziemlich Zeit gelassen, ich hab mir wirklich Sorgen um Vitani gemacht.“ Zira spürte einen Stich im Herzen und musste schlucken, denn gegen die Tränen anzukämpfen fiel ihr gerade alles andere als leicht. Zudem schien er sie ja nur so verletzten zu wollen, sonst hätte er sich den Kommentar mit Vitani erspart. Als ob sie nicht wusste dass Vitani durch ihre Abwesenheit in Gefahr war. Und das mit der Nacht? Scar hatte wahrscheinlich gedacht, das Zira eine ungemütliche Nacht im Freien verbracht hatte. Ja, er hatte wirklich nicht die geringste Ahnung. Zira hatte es gestern Nacht mit einem wildfremden Löwen getrieben und ein tiefgründiges Gespräch mit einem ebenso fremden Schakal geführt. Das war die mit Abstand krasseste Nacht in Ziras bisherigem Leben, im negativen Sinne. Aber das was man unter „Krass“ verstand, würde in etwa vier Monaten völlig neue Dimensionen annehmen. „Ich… ich war…“ Zira brachte es jedoch nicht zu mehr, da sie plötzlich aufsprang und auf direktem Weg die Höhle verließ. Wie konnte Scar nur solche fiesen Witze über dieses Thema machen? Aber er wusste ja nicht, was Zira überhaupt durchgemacht hatte, also wusste er auch nicht wie verletzend diese Witze waren. Er wusste überhaupt nichts, so war es doch. „Was hat sie nur?“, fragte Nuka verwundert und sah zu seinem Vater, während Vitani aufgeregt mit Nukas Schwanz spielte. Scar war dieses Verhalten auch völlig fremd. Was war denn plötzlich mit ihr los? Sie war sonst wirklich zäher, sie ließ sich doch nicht gleich so leicht in die Knie zwingen. „Keine Ahnung… Ich… ich rede mal mit ihr. Pass du solange auf diene Schwester auf.“ „Mach ich.“ Nuka war stolz auf jede Aufgabe die er bekam und versuchte sie so gut wie möglich auszuführen. „Vitani“ Er drehte sich zu seiner Schwester um, als sein Vater die Höhle verließ „Ich bin jetzt dein Aufpasser! Also mach dir nicht Aua, ich will keinen Ärger, ja?“ Die kleine Löwin ignorierte ihn jedoch sowieso, die Kieselsteinchen vor ihr waren viel toller. Zira lag zusammengerollt an dem kleinen Vorsprung des Königsfelsens, wo Scar sich früher, als Uru noch lebte, immer gesonnt hatte. Eigentlich war es sein absoluter Lieblingsort am gesamten Geweihten Land. Zira lag jedenfalls bis zum Anschlag am Abhang und lies die Vorderpfoten in der Luft baumeln. Sie hörte Scar kommen, doch sie ignorierte ihn. „Zira, was war denn grade? Ich hab doch nichts schlimmes gesagt.“, fragte Scar direkt und setzte sich neben sie. Zira hatte den Kopf von ihm abgewandt, doch in ihren Augen glitzerte es verdächtig. „Hey, weinst du etwa?“, zog Scar sie auf und stellte sich so über sie, das sie nicht abhauen konnte. Er würde sie jetzt zum Reden bringen, komme was wolle. „Was ist mit dir?“ „Scar, lass mich bitte raus.“, flehte Zira kleinlaut und sah zu Boden. „Sag du mir was so schlimmes passiert ist.“, verlangte er. Zira schwieg. Sie würde nichts sagen, gar nichts. Sie sollte es ihm ja sagen, sie SOLLTE! Aber… sie schaffte es einfach nicht. Sie konnte es ihm nicht sagen. Sie wollte nicht. Als sie nach kurzer Zeit immer noch nichts sagte, gab Scar auf und stieg von ihr runter. Es machte keinen Sinn. Zira würde schweigen wie ein Grab, sie war nun mal sehr verbissen. Wenn sie sich was vornahm, machte sie das auch. „Dieser Arsch!“, schrie Banzai wütend und kickte das Hinterbein gegen einen Stein, was er im nächsten Moment bitterböse bereute. Ed gab nur einen wütenden Laut von sich, setzte sich auf den trockenen Boden und verschränkte eingeschnappt die Vorderbeine. „Ich hab langsam das Gefühl er wird völlig größenwahnsinnig.“, bestätigte auch Shenzi wütend. „Sieht er nicht dass wir kein Futter mehr haben? Verdammt, nicht mal diesen verdammten Vogel lässt er mehr rumfliegen. Langsam wird’s peinlich.“, knurrte sie und lies sich neben Banzai fallen. „Glaub mir, er geht mir langsam auch auf die Nerven.“ Ed gab ein seltsames Bellen von sich, gefolgt von einem sadistischen Lachen. „Vergiss es, wir werden keinen Aufstand planen.“, meinte Shenzi genervt über Eds Naivität. Wann wurde der Trottel endlich erwachsen? „ÜBERSETZUNGSFEHLER“ Unterbrach Banzai sie „Er sagte Revolution.“, korrigierte er sie, etwas was Shenzi eigentlich hasste. Ed gab jedoch kurz ein Geräusch von sich. „Oh entschuldige! HYÄNISCHE Revolution“, verbesserte Banzai sich genervt und gähnte „Geh jetzt schlafen Ed, du wirst immer so… geistesgestört, wenn du länger als neunzehn Stunden am Stück wach bist. Ich sagte doch, du hättest nicht mit uns die Nacht durchmachen sollen.“ Ed gab eines seiner typischen, kranken Lachen von sich, dann schlitterte er über den trockenen Boden und knallte, wenn auch nicht wirklich sehr energisch, gegen einen Baum, ehe er dort zur Seite fiel und von einer Sekunde zur anderen einschlief. Das, oder er war ins Koma gefallen. Na ja, wen interessiert’s? „Banzai…“, murmelte Shenzi „Ich kann nicht einschlafen…. Red mit mir!“ Banzai blinzelte müde, dann drehte er sich zur Seite, so dass er Shenzi ansehen konnte. „Sicher dass du nicht einfach nur Hunger hast?“ „Das auch… Trotzdem, red mit mir.“, verlangte sie, diesmal energischer, und schmiegte den Kopf flüchtig an seiner Schulter. „Und was soll ich dir erzählen? Du kennst mein Leben, du kennst meine dunklen, bösen Geheimnisse, du weißt dass ich Ed mal Schlamm an den Hintern geschmiert hab und sagte, dass er Durchfall hätte, nur damit er eine Woche nichts fressen wollte und ich alles bekam, was soll ich dir noch großes erzählen Shenz‘? Du kennst all die Geschichten.“ „Dann…“ Sie sah mit halboffenen Augen in den wolkenlosen, azurblauen Himmel über ihnen „Dann lass mich reden.“, verlangte sie. „Das tust du doch sowieso immer.“, meinte Banzai frech grinsend und legte den Kopf auf ihren Rücken. Er war hart. Er spürte sogar ihre Wirbelsäule. Verdammt, hatte Shenzi abgenommen! „Also… was soll ich dir erzählen?“ „Wie wär‘s mit…“ „Gute Idee, lass mich dir was über meine Mutter erzählen.“, unterbrach Shenzi ihn. „Ach nee, du regst dich doch nur wieder künstlich auf! Ich weiß doch dass du deine Mutter hasst.“ Shenzi ignorierte ihn und begann freudig von ihrer Kindheit, ihren ganzen Geschwistern, von denen erstaunlicher Weise noch alle lebten, den Abenden mit ihnen und so weiter zu reden. Doch Banzai hörte gar nicht zu. Er tat zwar so, doch eigentlich hatte er diese Begabung… Mit einem Ohr zuzuhören, oder zumindest so zu tun, und mit dem anderen abzuschalten. Er kannte diese ganzen, alten Geschichten von Shenzi doch sowieso schon alle. „Toll, nicht?“, fragte Shenzi irgendwann. Banzai gab nur ein abwesendes „Mmhm“ von sich und starrte wieder mit glasigem Blick in die Sterne. Ob seine Eltern da auch waren? „Hey Shenzi, was ist eigentlich mit uns? Die Löwen sagen immer, sie kommen da mal hoch. Was ist aber mit uns? Kommen wir da auch irgendwann mal hoch? Wir sind ja keine Löwen, aber das heißt doch nicht dass–“ „Wie kannst du jetzt nur mit so einem Thema anfangen?“, schrie Shenzi plötzlich und sprang auf, wobei sie sich fast das linke Vorderbein ausriss, da es zur Hälfte unter Banzais Brust gelegen hatte. „Äh… was? Ich hab doch nur…“ „Hast du mir vorhin auch nur im GERINGSTEN zugehört?“, brüllte Shenzi, wobei ihre Augen ihre wieder so verdächtig glitzerten. Banzai legte verängstigt die Ohren an und sah reuevoll zu ihr hoch. Er wollte einen Moment lang aufstehen, doch das würde Shenzi nur als weitere Provokation sehen, dem war er sich sicher. „Was war denn?“, brachte er vorsichtig hervor. „Sie hat Krebs, nicht mitgekriegt?“, zischte Shenzi giftig, klang dabei jedoch plötzlich gar nicht mehr wütend, viel mehr auf diese tödliche Art und Weise ruhig und gesammelt, etwas was nicht wirklich zu ihr passte. Banzai stockte. „Was?“, brachte er heraus. Asake und Todkrank? Unmöglich, diese zähe Dame ließ sich nicht umbringen! Vor allem nicht von einer Krankheit! Doch er bekam keine Antwort mehr, denn Shenzi hatte ihm schon längst den Rücken zugedreht und verschwand möglichst schnell zwischen den trockenen Buschwerk, welches hier wuchs. Aber da zeigte es sich, nämlich dass Asake Shenzi nicht so egal war, wie sie immer tat. Ja, es konnte sein, dass Shenzi sich als Junges nicht immer genügend beachtet gefühlt hatte und es stimmte auch, dass man eher wie „irgendein“ Junges behandelt wird, wenn man mit sieben Geschwistern aufwächst, aber Shenzi hasste ihre Mutter nicht… Sie hatte sie nie gehasst. Immerhin hatte Asake ihr halbes Ohr wegen Shenzi verloren, FÜR Shenzi. Sie hatte jedes ihrer Jungen mit Herzblut aufgezogen und geliebt. Und sie hatte immer etwas zurückbekommen, auch von Shenzi. Shenzi liebte ihre Mutter. Auch wenn es schwer zu glauben war. „Arme Shenzi…“, seufzte Banzai, schluckte und sah reuevoll zu Boden. Er wollte sich eigentlich bei Shenzi entschuldigen, doch es war besser für seine eigene Gesundheit es nicht JETZT zu tun. „Es reicht, du sagst mir SOFORT was mit dir los ist!“, knurrte Kwanza seine Schwester an und zog sie am Schwanz zurück sin den Fluss. „Ach, halt die Fresse!“, fauchte Samangi. „Nein, ich halt nicht meine Körperöffnung, in die das Futter rein kommt! Und jetzt sag mir endlich was los ist! Du bist seit gestern nicht mehr ansprechbar! Was ist passiert? Warum scheinst du die Welt so zu hassen?!“ Samangi setzte ihren ‚bösen Blick‘ auf: Sie verengte die grünen Augen, sodass sie jetzt den richtigen, dämonenhaften ‚Katzeneffekt‘, das sagte Tumaini immer, hatten, zog die Augenbrauen zusammen, legte die Ohren an und schüttelte ihren Haarbüschel so auf, das er ihr irgendwie wie ein Schatten auf den Augen lag. „Oh, wie süß, jetzt guckst du wieder so schön böse, was? Das hat vielleicht bei Tofauti geklappt, als wir noch klein waren, aber ich lass mir doch nicht von meiner eigenen Schwester Angst machen! Also: WAS IST LOS MIT DIR!? Welcher Mistkerl hat dir wehgetan? Du musst es mir nur sagen, ich bring ihn um!“ Ja, Kwanza war ganz in seiner Rolle. „Ich sagte: HALT DEIN MAUL! NIEMAND hat mir wehgetan! Mir geht’s gut!“ Das war genug! „LÜG DOCH NICHT! Erstens, ich bin dein großer Bruder und zweitens hast du Mama heute Morgen fast den Kopf abgerissen! Wäre ich nicht gewesen, hättest du sie in deiner Rage getötet! Du bist doch gemeingefährlich! ICH könnte dich mit einem Biss töten, du Schlampe!“, brüllte Kwanza sie völlig außer sich an und baute sich bedrohlich vor ihr auf. Kwanza war nicht gewalttätig, er versuchte immer erst mit Gesten und Worten Einschüchterungsversuche zu machen, auch wenn es ihm gerade schwer fiel sich zu beherrschen. Und meist klappte es auch, immerhin war Kwanza ein Riese! Er war fast zwei Köpfe größer als die meisten anderen Löwen in seinem Alter und wie es aussah, nahm sein Wachstumsschub auch kein Ende. Er konnte im Grunde Samangi und den anderen auf den Kopf spucken und er war auch viel muskulöser als sie. Sogar stärker als Mheetu. Eine Träne rollte über Samangis Gesicht. „Ich wollte ihr nicht weh tun!“, schrie sie Kwanza an und rannte mit verheultem Gesicht aus dem Fluss. Wie konnte ihr saublöder Bruder ihr das nur an den Kopf werfen? Das heute Morgen… Es war keine Absicht! NIE hätte sie Tumaini, ihre Mutter, umgebracht! Samangi war gestern wütend auf sie gewesen, weil sie ihr voller Freude erzählt hatte, dass Tofauti und Mheetu jetzt ein Paar waren. Da… da war bei Samangi eine Sicherung durchgebrannt! Sie war einfach auf Tumaini losgegangen, ohne Vorwarnung. Warum hatte sie das getan? Was machte dieser Liebeskummer nur mit ihr? Wimmernd saß Samangi nun mitten in einer Grasebene und starrte in den leicht bewölkten Himmel. „Samangi? Du siehst ja gar nicht gut aus…“ Mheetu. Der Junglöwe setzte sich wortlos neben sie und sah ihr besorgt in die Augen. „Was sollte die Aktion denn gestern?“, fragte er verunsichert. „Ich… ich…“ Samangi KONNTE es nicht sagen! Sie konnte es ihm nicht sagen. „Ist schon okay… Wer auch immer dich traurig gemacht hat, Kwanza wird sich darum kümmern…“ Mheetu legte tröstend das Vorderbein um Samangis Schultern. „Du kannst einem so leidtun, weißt du das“, begann er „Du erinnerst mich grade total an meine große Schwester, sie war so fertig als entschieden wurde dass ich gehe.“ Selten hatte Mheetu von seiner Familie erzählt, doch jetzt tat er es und es führte dazu dass er Samangi noch näher an sich drückte, wie eine Freundin, wohlgemerkt. Sie tat ihm einfach leid. Vielleicht hätte er das nicht tun sollen. Was heißt hier vielleicht, er hätte es einfach lassen sollen. Denn plötzlich, da ergriff Samangi einfach ihre Chance! Sie musste das wenigstens einmal im Leben gemacht haben, nur einmal! Sie wand den Kopf zu Mheetu und fuhr ihm mit der Zunge völlig unverhofft über die Wange. Und nochmal. Und nochmal. Mheetu rührte sich vor Verwirrung, Schock und Ungläubigkeit nicht. „Was solle das“, entfuhr es ihm schließlich und er konnte langsam wieder klar denken „Ich bin mit Tofauti zusammen, das weißt du! Sie ist deine SCHWESTER!“ Leider konnte Mheetu noch nicht klar genug denken. „Du bist ein Trottel Mheetu“, begann Samangi verzweifelt „ICH liebe dich, ICH! Ich hab dich von der ersten Sekunde an geliebt, ICH!“ Jetzt schrie sie. Sie heulte und hoffte dieses kleine Gefühl der Freude, des Triumphs, wiederholen zu können, wenn sie ihn nun dazu zwingen musste. Sie ließ sich ihm einfach um den Hals fallen, hielt sich an ihm fest wie eine Klette. An dem Punkt hätte sie von selbst wissen sollen dass es genug war. An dem Punkt hätte Mheetu einfach aufstehen und gehen sollen. Doch er tat es nicht. Stattdessen schlug Mheetu plötzlich zu. Richtig fest, mit ausgefahrenen Krallen und aller Kraft die er hatte, genau einmal die gesamte linke Gesichtshälfte entlang, über das Auge. Und damit war das Problem erledigt, zumindest für ein paar Augenblicke lang. Denn es war plötzlich ganz still. Die Welt schien den Atem anzuhalten. Samangi schaffte es kaum einen Atemzug zu machen, tastete schwer atmend nach ihrem Auge und presste die Pfote davor, ganz instinktiv. Und sie war so schrecklich still. „Ich bin blind…“, brachte sie schließlich stockend hervor. Mheetu sah ungläubig zu ihr. Blind? Nein, das hatte sie nicht wirklich gesagt, oder? Doch, hatte sie. Nein! Er hatte das nicht wirklich getan! Er wollte nicht, er wollte es wirklich nicht! „Ich… ich bin blind." Sie hielt den Atem an und ein panischer, undefinierbarer Laut entfuhr ihr. Sie war... blind. Auf diesem Auge konnte sie nie wieder was sehen. Mheetu starrte die dunkle Löwin ungläubig, schockiert über sich selbst, an. „Samangi?", fragte er ängstlich nach. Er wollte nicht in Panik ausbrechen, aber er stand so kurz davor völlig aufgelöst durch die Gegend zu rennen und ohne Sinn und Verstand nach Hilfe zu schreien. „Geh... Geh Mheetu...", wimmerte Samangi und ganz langsam nahm sie die Schmerzen wahr, die ihr durch Mark und Bein schossen. Der Schock hatte sich gelegt, dich sie wünschte sich er hätte länger gehalten. „Bitte... Samangi, ich... ich wollte nicht dass–" „VERSCHWINDE! Hast du nicht schon genug angerichtet?!", brüllte Samangi nun deutlich aggressiver und ein schmerzverzerrtes Schreien entfuhr ihr. Und noch nie hatte sie sich so sehr gewünscht ohnmächtig zu werden wie jetzt. Jetzt, wo diese Schmerzen sie zusammenkrümmen ließen. Ihr war kotzübel, sie hatte unbeschreibliche Schmerzen im Gesicht und es gab nichts was sie dagegen hätte tun können. Die Welt hatte ihren Atem wiedergefunden, es gab jetzt keinen Schockmoment der sie kurzzeitig von Schmerzen bewahrt hätte. Kapitel 53: Albträume und die, die wahr werden ---------------------------------------------- Zu behaupten dass Zira in den letzten Tagen gut schlief war gelogen. Es ging ihr erbärmlich. Sie hatte gedacht sich besser zu fühlen, wenn sie es Scar zurückgeben würde, aber stattdessen fraß sie das schlechte Gewissen auf, ohne dass Scar es überhaupt merkte. Obwohl, er merkte dass es ihr schlechter ging, aber tat er etwas? Fragte er? Na ja… Schon. Aber er war nicht unbedingt verbissen was das anging. Er fragte, sie sagte es sei nichts, er ließ es dabei beruhen. Irgendwie nicht die Reaktion die Zira sich in ihrem Innern erwünscht hatte. Eigentlich wünschte sie sich von ihm Zuneigung zu erfahren. Ach, es war alles so Gegensätzlich. Sie wünschte sich von dem Trost, den sie betrogen hatte, hätte ihn jedoch sofort abgewiesen wenn er ihr körperlich zu nahe gekommen wäre. So war sie doch immer gewesen… Sie fauchte, in der Hoffnung betätschelt zu werden, wie ein Hund der sich auf den Rücken legte, dich anknurrte und dem es letzten Endes doch gefiel wenn du ihn streichelst. So war sie immer schon gewesen, ein einziger Haufen an Widersprüchen, der auf der einen Seite, zum Beispiel, Nuka über alles liebte, doch andererseits ihn einfach fallen ließ, wenn Scar ihm, geschickt wie er war, Nuka irgendwas vorwarf. Irgendwas was er nicht war, irgendeine Hoffnung die Nuka nicht erfüllt hatte. So hatte Zira immer schon reagiert. Sie liebte Nuka, doch anscheinend nicht genug um das Rückgrat zu haben und ihn vor seinem Vater zu verteidigen. Scar liebte seinen Sohn, das wusste Zira, sie sah doch wie er mit ihm umging wenn er glaubte Zira würde nicht darauf achten, aber er hatte eben Erwartungen in den kleinen Prinzen gesetzt, die einfach nicht erfüllt werden konnten. Aber wie denn auch? Er war doch noch ein Junges, Scar würde sich gedulden müssen, noch hatte Nuka all seine Potenziale noch gar nicht gezeigt. Doch um ehrlich zu sein war Nuka Ziras kleinstes Problem im Moment. Es fraß sie auf. Dieses scheußliche Schuldgefühl fraß sie langsam auf, sie wurde wahnsinnig, es machte sie völlig fertig. Tagsüber so zu tun als wäre nichts gewesen, war schon schwer, aber nachts konnte sie sich nicht vor ihren Albträumen und schlechten Gewissen verstecken. Diese Träume kamen einfach. Sie waren dumm, sie ergaben keinen Sinn, waren völlig willkürlich zusammengefügt und dennoch verängstigten sie sie. So wie jetzt. „Scar… Wohin gehst du?“, fragte Zira Scar, der ihr den Rücken zugedreht hatte. Sie hatte schon im ersten Moment bemerkt dass sie diesen Traum nicht mögen würde, denn er machte ihr Angst. Alles hieran. Der Himmel war grau und dunkel und es fiel ihr schwer zwischen dem Grau der Wolken und dem des Grases zu unterscheiden, zudem lag irgendwas in der Luft, was in ihr ein schreckliches Unbehagen auslöste. Sie konnte es nicht beschreiben, es war diese Stimmung, diese Anspannung die sie so bedrückte. Sie wusste das sie schlief, sie wollte aufwachen, aber genau darüber hatte sie eben keine Kontrolle. „Weg.“, antwortete Scar ihr schließlich nach einem unangenehm langen Schweigen auf ihre Frage, wobei er sehr kühl klang und irgendwie wütend zu Zira hinabsah. Wut, war das Wut? Sie wusste es nicht, er war auf jeden Fall verärgert. „Ich will mitkommen. Nimm mich mit!“, flehte Zira nun und erschrak als sie realisierte wie unfassbar erbärmlich und unterwürfig sie eigentlich klang als sie das sagte. „Oh nein“, fuhr Scar sie scharf an „Du hast es dir doch gar nicht verdient, bleib doch einfach hier und lass mich allein.“, fauchte Scar gefährlich leise und schubste Zira von sich weg. Zira hasste es zu träumen. Sie hatte keine Kontrolle über  das was geschah und das war es was sie so sehr verabscheute. Vor allem waren ihre Reaktionen allem gegenüber tausendmal intensiver als sie wirklich wären. Wie zum Beispiel jetzt. Sie heulte. Sie weinte tatsächlich und wimmerte Scar, wie ein verzweifeltes, unterwürfiges Etwas seinen Namen nach, doch er drehte sich gar nicht mehr nach ihr um. „Was hab ich nur getan?“, fragte sie nun und klang nun jedoch einfach nur noch wie ein kleines, trotziges Junge, welches wollte dass sein Wille erfüllt wurde. Doch er war verschwunden, einfach so. Nicht mal über ihre eigenen Träume hatte Zira die Kontrolle… Sie hasste es. Und dann passierte schon wieder etwas, was ihr wie ein vollkommen willkürlicher, schlechter Scherz ihrer Gedanken vorkam, denn plötzlich kamen zwei Gestalten aus dem Gras getreten, nämlich Kisamba und Fisadi. Von Kisamba ging ein engelhaftes Strahlen aus, Zira konnte kaum etwas an ihr erkennen, sie wahr so unglaublich hell. Fisadi hingegen sah dunkel und bösartig aus, die Augen waren wie ausgehöhlt, leer und schwarz, sein Fell, verkrustet, dreckig und ungepflegt. Es war als hätte man die Verkörperungen von Gut und Böse in Person vor Zira aufgestellt. Und sie stand einfach nur da und konnte nichts anderes tun als Hass auf diesen Bastard zu  empfinden, Ihre Mutter existierte nicht, es war nur dieser Hass gegen Fisadi da. „Warum hast du mir das angetan?“, schrie Zira ihn an und holte, aus purem Hass, zum Schlag aus. Sie wollte ihre Krallen in sein Fleisch bohren, ihn Leiden sehen, doch sich griff regelrecht durch ihn hindurch, er war wie Nebel. „Zira… Wenn du so weitermachst, dann wirst du dir dein eigenes Grab schaufeln. Er kann dich nicht hören. Er wird es auch nicht.“ Das waren die ersten Worte die Kisamba nun sagte. Sie Löwin sagte endlich etwas, doch was sie da hörte, gefiel Zira nicht. Ungläubig starrte sie zu ihrer Mutter. „Was redest du da?“, fragte Zira. „Du hast IMMER eine Wahl… Und so hast du auch immer die Chance das richtige zu tun.“ Kisamba sah liebevoll zu Zira „Ich will nicht zusehen, wie du dich kaputt machst. Noch hast du die Chance dich zu retten. Aber irgendwann wirst du zusammenbrechen. Ich will dir dabei nicht zusehen… Ich will das nicht.“ „Mutter… von was redest du? Du bist nicht mehr hier.“ „Nein… Aber ich pass trotzdem auf dich auf.“ Dann war es eine Sekunde still. „Warum rede ich überhaupt mit dir? DU bist doch nur Teil meiner Fantasie, es gibt doch nicht mal. „Denkst du das“ Kisambas Züge wurden härter und etwas Enttäuschtes schlich sich auf ihr Gesicht „Schau dir ihn an, ist der da etwa auch nur deine Fantasie? Existiert er etwa nicht?“ „Das… Das ist nur ein Traum. Das weiß ich. Und ich will nicht mehr.“ „Dann wach doch auf“, meinte Kisamba „Du hast doch alles immer so gerne unter Kontrolle.“ Und dann war es still. Zira wusste nicht ob sie überhaupt Handlungen in Träumen bewusst tat, aber sie sagte etwas: „Ich will zu dir.“ Und plötzlich, da schoss die dämonenhafte Gestallt Fisadis zwischen Zira und Kisamba, so plötzlich dass Zira zusammenschreckte. „Da musst du erst an ihm vorbei.“, erklärte Kisamba, drehte Zira den Rücken zu und ging. Und wie auf Befehl löste sich auch plötzlich Fisadi in Luft auf. Und Zira war ganz allein. „Mutter…“ Nuka patschte Zira vorsichtig im Gesicht herum „Bist du okay? Du hast im Schlaf immer wieder komische Sachen gesagt, geht’s dir nicht gut? Hast du was schlimmes geträumt?“, fragte Nuka voller Sorge. „Oh Nuka, ist alles okay, mir… mir geht’s gut.“, stotterte Zira. Erst jetzt merkte sie wie flach ihre Atmung war und das sie stark geschwitzt haben musste. Was sollte das?! Was hab ich denn da für einen Mist geträumt? Seit Ewigkeiten hatte ich keinen Albtraum mehr in dem Kisamba vorkam. Warum jetzt auf einmal wieder? Und was hab ich da für einen Schrott geredet, schoss es Zira im selben Moment durch den Kopf. Träume, vor allem ihre, waren schon… seltsam. „Bist du dir sicher? Du hast ganz schlimm geatmet. Ich glaub du hast sogar geweint.“, hakte Nuka besorgt nach. „Nein, nein, ist alles gut.“, meinte Zira nochmals und strich Nuka beruhigend über den Rücken. Nuka schluckte, dann nickte er jedoch. „Was ist denn?“, grummelte Scar in diesem Moment und wälzte sich umher. „Mutter hatte einen Albtraum.“, erklärte Nuka und legte sich zu Vitani, die er vorsichtig zwischen seinen Pfoten platzierte. Seine geliebte, kleine Schwester genoss ab jetzt eben Sonderrechte. Scar sah Zira einige Augenblicke lang aus seinen stechenden, tiefgrünen Augen an, was jedoch ein eher schlechtes Gefühl in ihr weckte, vor allem als er schließlich meinte: „Zira… Ich will mal mit dir reden.“ Zira stand zögerlich auf und folgte Scar, wenn auch merklich widerwillig. Sie wollte nicht reden, auch wenn sie es verstehen konnte. Es waren schon mehrere Tage seit denen Zira sich eben so verhielt wie sie war, natürlich war das nicht normal. Und so folgte sie ihm, spürte die kühle Abendluft ihr entgegenschlagen und eigentlich war nichts groß dabei gewesen, bis eben plötzlich etwas geschah, auf was sie nicht gefasst war. Etwas, was nicht eingeplant war. Etwas, wes rein biologisch gar nicht möglich sein durfte. Etwas, was ihr das Blut aus dem Kopf sog und ihre Beine ins Schwanken brachte und wenn sie etwas im Magen gehabt hätte, hätte sie gekotzt. Oh nein. Nein. Nein, nein, nein, nein, nein. NEIN. ALLES nur DAS nicht! Sie spürte es schon wieder… Dieses ziehen in der Bauchgegend. Hinter dem Magen, unterhalb des Beckens. Warum eigentlich sie und nicht irgendwer anders? Warum tat man ihr das an? Sie konnte doch nicht… Weil… Sie durfte doch nicht, das ging doch gar nicht! Doch. Sie war trächtig. Sie trug ein Jungtier in sich herum, ein winziges, kleines Junge und zwar von… Von ihm. Von Fisadi Oder? Nein… Doch! Das war sein Junges, er war der Vater, natürlich war er das. Aber warum, verdammt?! Es war doch nur einmal gewesen! Nur ein einziges Mal, so kurz nach Vitanis Geburt, wie war das denn überhaupt möglich gewesen, es hätte doch gar nicht seien dürfen! Zira blieb mit einem Mal einfach nur wie erstarrt stehen und blickte völlig emotionslos in die Dunkelheit, ehe Scar sie aus ihren Gedanken riss. „Du willst nicht weiter“, fragte er, merklich genervt „Gut. Dann eben hier. Zira, setz dich.“ Zira setzte sich, wie ihr befohlen,  neben Scar in das verdorrte Gras. Sie waren jetzt irgendwo hinter dem Königsfelsen. „Also…“, begann er „Was ist mit dir los? Seit Tagen kannst du kaum noch schlafen. Ich merk das doch auch“ Er hielt kurz inne und betrachtete ihre dürre Figur im Mondlicht „Du bist unruhiger. Und Nuka hat nicht mal so unrecht: Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben du hast Albträume und zwar ständig.“ Zira sah in eine andere Richtung und starrte sich an einem Stern fest. „Zira. Ich rede mit dir.“, sagte Scar bedrohlich ruhig. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und Zira schluckte. Doch sagen? Nein, sie sagte nichts. „Ist es wegen… Nala? Wegen dem was ich vor ein paar Tagen gemacht habe?“ Das Schweigen Ziras war Antwort genug. „Oh Zira“, lachte Scar nun und rieb ohne Vorwarnung seinen Kopf an Ziras „Als ob du das ernst nehmen musst. Nala war doch nun wirklich nichts ernstes, es ist noch nicht mal zu was gekommen, das weißt du auch. Ich hab mich einfach hinreißen lassen, sie hat mich doch selbst dazu verführt, das musst du mir glauben. Sie wollte mich Verführen um das Geweihte Land verlassen zu können, so war das.“ Seine Lügen waren eigentlich zu offensichtlich, doch Zira zwang sich ihm irgendwie zu glauben. „Aber… letzten Endes ist sie jetzt doch trotzdem weg.“, meinte sie kleinlaut. „Ach Zira, sie war eine kleine, dreckige Schlampe…“ Als ihr Blick noch immer wie der eine Leiche starr geradeaus gerichtet war, fuhr Scar fort „Weißt du was? Vergiss das alles einfach. Du bist die Löwin die ich liebe und das weißt du.“ Scar beugte sich zu Zira herüber und begann ihr mit der Zunge liebevoll über den Hals und die Schnauze zu fahren. „Und was du über mich sagtest? Das ich dein persönlicher Sklave oder so sei?“ So leicht gab sie nicht auf, so leicht wollte sie ihm nicht klein bei geben, sie wollte nicht so unterwürfig sein. „DAS sagte ich nicht. Ich sagte nur, du würdest alle meine Entscheidungen akzeptieren. Und das sagte ich auch nur, damit Nala die Klappe hält.“, wand Scar ab. Im Grunde stimmte es doch sogar. Ach ja… Scar hatte eine solche charmante Art zu lügen. Es war richtig süß. Und jeder wusste das Scar gelogen hatte. Aber Zira… Sie ZWANG sich dazu seine Lügen zu glauben. Sie liebte ihn trotz der ganzen Sache einfach so sehr, dass sie sich ihm nie großartig widersetzt hätte und Streit wollte sie auch nie. Sie nahm es einfach so hin und zwang sich dazu alles zu glauben. „Ach so…“, war schließlich alles was Zira raus brachte. Sie wusste nicht was sie nun tun sollte, also tat sie das was ihr erster Impuls war. Sie kuschelte ihren Kopf in Scars Mähne und glaubte, als sie seine beruhigende Wärme auf ihrer Haut spürte, einen ganz kurzen Moment zumindest, dass alles wieder gut war. Er zeigte ihr noch seine Zuneigung, also konnte noch nicht alles verloren sein. Er ließ sie ihn lieben, er war noch für sie da. Noch. Und da sah Zira plötzlich ihre Chance. Diese Idee kam ihr einfach so und es schien der einzige Ausweg aus dieser Sackgasse zu sein.  Wenn sie jetzt erste Anzeichen der Trächtigkeit zeigen würde, dann wäre es für Scar ganz offensichtlich, dass er NICHT der Vater sein konnte. Also los, jetzt oder nie. „Scar… Mir tut die ganze Sache wirklich leid…“, begann Zira gespielt schuldbewusst und drängte sich näher an Scar „Das ich damals so ausgerastet bin und so… Sei mir nicht böse deswegen, ja? Ich… Ich hab einfach überreagiert.“, meinte sie und ihre Stimme hatte mit jedem Wort mehr etwas so verführerisches angenommen, dass sie sich schwer vorstellen konnte, dass Scar noch widerstehen könnte. Im Gegenteil, er sah es doch kommen. Er grinste schon wieder so. So wie er grinste wenn er genau wusste was als nächstes passieren würde. Dieses lüsterne, fast schon diabolische Grinsen. Und er ließ sich solch eindeutige Angebote von Zira nicht zwei Mal machen, weshalb er sofort den Kiefer um Ziras Nackenfell schloss und ein tiefes Knurren von sich gab, als sie erschrocken auffauchte. Sein Atem erklang mit einem Mal so Rau in Ziras Ohren und sie fühlte sich alles andere als entspannt. Es war weniger Scars Rauheit, die sie immer schon gemocht hatte, sondern mehr die Tatsache dass ihr diese ganze Situation und vor allem sie selbst, nicht gefiel. Sie fad sich noch immer nicht wirklich hübsch, auch wenn seit Vitanis Geburt einige Tage vorbei waren. Aber ihre verdammte Haut war noch immer überdehnt und sie fühlte sich wie ein Schwein. Oder ein Büffel. Oder ein Nashorn. Oder ein Nilpferd. Oder ein hässlicher, fetter Elefant. Kurz gesagt: Zira fand sich abstoßend. Doch wohl nicht genug, denn Scar schien zufrieden… Natürlich, er hatte mal wieder das bekommen was er wollte. Sie erwiderte seine Zärtlichkeiten soweit, indem sie sich hinlegte und ihn einfach machen ließ, in der Hoffnung nur ein einziges Ziel zu erreichen, nämlich einen riesigen Unfall zu vertuschen. Es war ja nicht so als ob sie es eilig hatte, aber sehr viel lieber jetzt als nachher. Sie musste nur dafür sorgen, dass Scar glaubte, es sei sein Junges. Dann wäre das Problem erledigt… Zumindest zeitweise. „Samangi… Ich flehe dich an… Was ist passiert? Was hat man mit dir gemacht? Zeig dich doch endlich.“ Tage waren Vergangen, seit Tumaini oder irgendeiner aus der Gruppe Samangi gesehen hatte. Sie versteckte sich gut und war so aufmerksam und so scheu wie eine Gazelle. Sie hatte sich abgeschottet und hatte mit niemandem ein Wort gesprochen, geschweige denn den Kontakt zu irgendwem gesucht. Doch nun war es Tumaini einfach zu viel geworden, sie konnte und wollte nicht mehr, sie musste endlich wissen was mit ihrem kleinen Mädchen los war, verdammt noch mal! So kam es dass Tumaini nun, nach ewig langer Suche und mehreren Fehltritten in unzählige Dornenbüsche, langsam auf Samangi zugeschlichen kam. Samangi saß zusammengekauert, den Kopf gesenkt und abgewandt, da und drehte Tumaini, als sie sie bemerkte, wortlos den Rücken zu. „Bitte… Kleines, was hat man dir angetan? Was hat man mit dir angestellt? WER? Und vor allem WAS?“ Mheetu hatte wohl mit niemanden über den Zwischenfall geredet. Obwohl Kwanza als auch Tofauti versuchten aus Mheetu irgendwas rauszubekommen, schließlich war er der letzte der mit Samangi geredet hatte, doch er sagte entweder nichts oder ließen sich nicht auffinden. Oder beides. „Ist es wegen deinen Eltern?“, fragte Tumaini schließlich und setzte sich neben Samangi. Sie war überrascht dass die Löwin sie nicht anknurrte oder ähnliches. Samangi wollte auch gar nicht. Sie wollte ja Tumainis Nähe, doch nur sollte sie nicht ihr Auge sehen. Aber dieser Wunsch war unrealistisch, irgendwann würden ALLE die Verletzung sehen, ihr trübes Auge und sie würde sich auch nicht ewig verstecken können. „Mama, ich mag dieses Thema nicht. Du weißt es.“, murrte Samangi giftig. „Ja… aber… Ich will nicht dass du deine Wurzeln vergisst. Ich will einfach dass du weißt dass du vor mir eine andere Familie hattest“ Tumaini starrte planlos auf ihre Pfoten „Was ist denn so schreckliches passiert? Du redest seit einer Woche nicht mehr mit irgendjemandem.“ „Es hat alles nichts mit dir oder meinen Geschwistern zu tun. Noch weniger mit meinen Eltern… Die kannte ich schließlich nicht mal“ Und mit einem Mal spürte Samangi die Tränen aufsteigen „Es war Mheetu.“ Ihre Stimme wurde langsam zu einem weinerlichen Wimmern. Und das war wie ein Schlag ins Gesicht für Tumaini. Mheetu, Mheetu den sie wie einen Freund aufgenommen hatten, sollte also Samangi irgendwas angetan haben? „Unser Mheetu“, hakte Tumaini schließlich ungläubig nach, auch wenn sie die Antwort wusste „Was hat er dir getan?“ Tumaini klang vorsichtig. Seit Samangi sie angegriffen hatte, hatte sie etwas mehr Respekt vor ihr. Sollte sie das tun? Samangi dachte nach. Sie hatte die ganze Woche Zeit zum Nachdenken gehabt, aber irgendwie schien es ihr als hätte sie diese Woche nur Zeit mit Selbstmitleid verschwendet. Sollte sie sich ihr wirklich anvertrauen? Ja. Warum denn nicht, natürlich sollte sie. Tumaini war doch ihre Mutter… Irgendwie. Sie hatte sie lieb, sie liebte sie eine Mutter und einer Mutter vertraute man sich doch an. „Also gut… Erschreck aber bitte nicht.“, bat Samangi und drehte ganz langsam den Kopf, so dass Tumaini ihr ins Gesicht sehen konnte. Und das Versprechen, sie nicht zu erschrecken, konnte Tumaini leider nicht einhalten, denn der Schock über das was sie da sah war riesig. Samangis gesamte, linke Gesichtshälfte war von vier langen, tiefen Wunden verunstaltet, die ihr von knapp über der Braue, herunter bis zum Mundwinkel liefen. Sie gingen genau über ihr Auge. Ja, ihr Auge, ihr einst giftgrünes Auge, war silbrig-blau. Es war richtig trüb geworden, so wie man es von blinden Tieren kannte. Das sah einfach nicht mehr schön aus und die Schmerzen, die Samangi gehabt haben musste, wollte sie sich gar nicht vorstellen. „Das… Das ist furchtbar.“ Das war alles was Tumaini herausbekam, sie war noch immer zu geschockt. Doch das schien schon zu viel für Samangi gewesen zu sein, denn in diesem Moment schluchzte sie auf, brach in Tränen aus und sank völlig fertig zu Boden. Tumaini selbst hatte scher gegen die Tränen anzukämpfen, nicht nur aufgrund der Tatsache dass Samangi so entstellt war, sondern noch mehr deswegen, weil das hier anscheinend Mheetus Werk gewesen sein sollte. Bitte nicht Mheetu. Und so einer war der Freund ihrer kleinen Tofauti? Unfassbar! Und da glaubte man jemanden zu kennen. Nie hätte Tumaini gedacht sich so in jemandem zu täuschen. „Schätzchen… Nein, nicht weinen!“, flehte Tumaini und schlang die Vorderpfoten um Samangis Hals. „Pst, ich bin ja da! Nicht weinen, bitte Schatz, NICHT weinen“, flehte sie und einige stille Tränen flossen über ihr Gesicht  „Kwanza kümmert sich um alles, versprochen. Er ist dein großer Bruder… E- er passt schon auf dich auf, das tut er doch immer.“ Tumaini drückte sich ganz eng an die junge Löwin und leckte ihr tröstend über den Kopf. Sie wollte ihre Kleinen doch nicht weinen sehen… Sie wollte ihnen genau das Leben verschaffen, was sie selbst nie hatte: Ein Leben mit Freunden, einer Familie… Sicherheit… Ohne Ängste und Trauer. „Warum… warum hat er mir nicht einfach einen Gefallen getan und mich vollständig erblindet? Dann… dann würde nicht mal auffallen wenn ich mich im nächsten Fluss ertränke würde!“, wimmerte Samangi und drückte Tumaini noch enger an sich. „Nein, sag doch so was nicht! Du hast es nicht verdient zu sterben! Dein Leben ist doch trotzdem lebenswert, du bist doch mein großes Mädchen! Du lässt dir doch nicht von so einem dummen, blinden Auge den Lebenswillen nehmen… Nein, das tust du nicht!“ Tumaini tat in ihrer Panik ihr bestes um Samangi irgendwie aufzubauen, doch sie zweifelte doch selbst an ihre Worten. Samangi beruhigte sich langsam und ließ sie los. „Kleine, seh mich an: Mir fehlt das halbe rechte Ohr…“, begann Tumaini „Und? Lass ich mir davon den Lebenswillen nehmen? Wohl eher nicht.“ „Aber… Du hast das Ohr bei einem Kampf mit einem Leoparden verloren. DU kanntest diesen Leopard nicht. Aber… mir wurde von Mheetu wehgetan. Einem Freund.“ Tumaini schluckte und wischte Samangi eine Träne aus dem Gesicht. „Nur einem Freund? Oder war da nicht noch etwas mehr dahinter?“, fragte sie leise. Samangi presste die Lippen aufeinander. Es sah so aus als würde sie gleich wieder zu weinen beginnen. Mit aller Kraft presste sie die Zunge gegen den Gaumen und kämpfte gegen die Tränen an. „Na… Hatte ich also recht?“, fragte Tumaini. Samangi nickte und zwar so energisch, dass ihr Pony dabei hin und her wackelte. „Liebe tut weh… Was? Ach Kleines… Wenn ich das gewusst hätte…“ Tumaini streichelte sanft die Pfote Samangis und legte ihre Vorderbeine, so gut es eben ging, um sie „… Ich hätte alles getan um das zu verhindern.“ Was sie nicht wussten, war dass Kwanza alles mitgehört hatte. Zu gern wäre er zu seiner Schwester gerannt und sie umarmt, sie getröstet, aber momentan empfand er kein Mitleid. Nur blanken Hass auf einen ganz bestimmten Löwen. Aufgewühlt stampfte Kwanza zurück zu Mheetu und Tofauti. Mheetu würde sein blaues Wunder erleben! Er würde es nie wieder wagen Kwanzas Familie weh zu tun! NIE WIEDER! Und, als hätte es gar nicht besser seien können, stand er da also. Da stand Mheetu also, ganz allein, neben einem Gebüsch. „Hey Kwanza“, begrüßte er ihn „Wollen wir vielleicht…“ Doch Mheetu kam nicht dazu zu Ende zu sprechen. „Du verdammter Bastard!“, brüllte Kwanza stattdessen und warf sich auf Mheetu, der ihm körperlich natürlich völlig unterlegen war. Eigentlich war Kwanza wirklich nicht gewalttätig, aber das hier war eine Ausnahme. Eine RIESIGE Ausnahme. „WAS?! Wie… was hab ich denn getan?“, fragte Mheetu verängstigt, als Kwanza ihn schon längst mit Leichtigkeit zu Boden gedrückt hatte. „DAS weißt du GANZ GENAU! Ich dachte wir waren Freunde!“, fauchte Kwanza ihn an. „Wir SIND Freunde!“, brüllte Mheetu zurück und spürte seine Wut auf Kwanza, der ihn ohne ersichtlichen Grund zusammenschlug, immer weiter wachsen. „Ach, halt doch die Schnauze! Du bist so verdammt erbärmlich! Wegen dir musste Samangi  Höllenqualen durchmachen!“, brüllte Kwanza. In diesem Moment wich alle Farbe aus Mheetus Kopf und ihm wurde richtig schlecht. Kwanza wusste es also. „Es war keine Absicht!“, versuchte er sich zu verteidigen, auch wenn er wusste, dass jetzt nichts mehr half. „Wirklich? DAS HIER auch nicht!“, fauchte Kwanza und schlug mit ausgefahrenen Krallen auf Mheetu ein. Und DAS tat richtig weh, vor allem da Kwanza auf den Bauch zielte. Bisher war er ja noch so gnädig gewesen die Krallen eingefahren zu lassen, doch inzwischen hatte Mheetu den Eindruck dass Kwanza ihn umbringen wollte. Daraufhin entfachte ein Kampf, bei dem es bei mehr als nur einem Kratzer bleiben würde. Wie gesagt, keiner der beiden war gewalttätig, aber als sich der Geruch von frischem Blut mit dem Testosteron und Adrenalin vermischte, waren alle beide wie von Sinnen. Zumindest so lange bis plötzlich eine kleine, weiße Löwin in das Geschehen geplatzt kam. „Aufhören… AUFHÖREN!“, kreischte Tofauti panisch und stellte sich neben die kämpfenden Löwen. „HALT DICH DA RAUS!“, schrie Kwanza sie, ungewollt aggressiv, an. Tofauti sah entsetzt zu ihrem Bruder, dann zu Mheetu. Was zur Hölle war passiert? Kwanza war doch ihr Bruder, warum fuhr er sie so heftig an? Sie liebte beide dieser Löwen, warum taten sie das, warum brachten sie einander um? „Hört auf!“, kreischte Tofauti nochmals und Tränen flossen aus ihren blutroten Augen. Sie konnte es einfach nicht ertragen Und plötzlich, Kwanza wollte Mheetu grade in die Mähne beißen, da stockten die beiden Löwen. Kwanza spürte mit einem Mal ein unendliches Schuldgefühl, als er seine kleine Schwester weinen sah. In ihren Augen spiegelte sich die pure Enttäuschung über ihn wieder, sie war einfach nur fertig von alle dem hier. Er wollte das doch nicht, er wollte seine Schwestern doch nur beschützen, auf sie aufpassen, sie glücklich machen. Wortlos stieg er von Mheetu herunter und sah schuldbewusst zu Tofauti. Na toll… Wo war er nur gelandet? Zum einen wollte er Samangi rächen, was sie ja auch nach allem was sie ertragen musste verdient hätte, doch wenn er das tat, würde er seiner anderen Schwester das Herz brechen. Egal für was er sich endschied, eine seiner Schwestern würde IMMER als Verliererin enden. „Ich… Das war doch nur wegen Samangi.“, brachte er hervor. „Was redest du da“, brüllte Tofauti ihn erbost an „Samangi geht es gut, sie ist nur in so einer Phase!“ Tofauti warf ihm einen vernichtenden Blick zu und schmiegte sich an Mheetu, welcher sich auf zittrigen Beinen aufstellte. Und wieder wurde Kwanza wütend. „NICHTS ist mit ihr in Ordnung! Mheetu hat...“ Er stockte „Willst du es ihr sagen, oder soll sie es von mir erfahren?“ Welche Wahl blieb ihm da? Mheetu schluckte, dann öffnete er den Mund: „Ich… ich hab sie einseitig erblindet.“, brachte er hervor. Dann war es still. Tofauti lachte. Doch, im ernst, sie kicherte. „Nein, ehrlich, was war denn jetzt?“, fragte sie, in einem Tonfall als ob nichts gewesen wäre. Sie glaubte ihnen ganz eindeutig nicht. „Das war kein Witz.“, meinte Mheetu trocken und senkte vor Scham und Schuldgefühl den Kopf. Ungläubig starrte Tofauti zu ihm und machte verunsichert einen Schritt rückwärts. Sie wollte das nicht wahr haben, das konnte doch nicht wirklich sein Ernst sein. „Du… du hast das nicht gemacht… Nein, Mheetu! Ich liebe dich, sag mir das das nur ein Scherz war!“, flehte Tofauti weinerlich. Ihre Stimme war von einer Sekunde auf die andere von spaßend auf verzweifelt umgeschlagen. Mheetu schüttelte wortlos den Kopf. „NEIN! Das ist nicht wahr“ Panisch sah sie zwischen Kwanza und Mheetu herum „Wir sind doch alle Freunde! Ich glaub das euch nicht, ihr wollt mich doch nur reinlegen! Samangi geht es gut! Sie hat zwei gesunde Augen! Ich wird‘s euch beweisen, ich geh jetzt zu ihr und dann werdet ihr sehen!“ Tofauti klang hysterisch, fast schon verzweifelt, so wie ein kleines, bockendes Junge, das nicht das bekommen hatte was es wollte. „Ihr werdet schon sehen! Samangi geht’s bestens!“, fauchte sie wütend und rannte davon. „So gutgläubig…“, seufzte Kwanza leise. „Ja… dafür liebe ich sie.“, meinte Mheetu halblaut. „Dafür? Nur dafür?“, hakte Kwanza nach. „Nein… Nicht nur. Einfach für alles. Sie ist so unglaublich süß.“ „Ja, das ist sie“ Kwanza begann langsam sich schrecklich zu fühlen, weshalb er fortfuhr „Kumpel… Tut mir leid das grade eben… Aber du kennst mich.“ „Jaja, ich weiß: Sobald jemand deiner Familie weh tut, gibst du’s ihm zehnfach zurück. Aber ist schon okay.“ Dann herrschte ein paar Sekunden unangenehme Ruhe zwischen den beiden Löwen. „Mheetu… Wie ist eigentlich deine Version der Geschichte?“, fragte Kwanza leise. „Oh… Ich glaub ich hab Samangi einfach enttäuscht.“ „Erzähl’s mir… Vielleicht kann ich dir das alles irgendwann verzeihen.“ „Wirklich?“ „Bitte, erzähl es mir einfach.“ Und Mheetu erzählte… Kapitel 54: Kleine Schwestern und große Brüder ---------------------------------------------- „Samangi…“ Tofauti kam zögerlich auf ihre Schwester von hinten zu. Sie wollte es von Samangi wissen, von ihr und von keinem anderen: Hatte Mheetu ihr wirklich wehgetan? Und wenn ja, was hatte er getan? Was konnte so schlimm sein dass sie sich wie eine Fledermaus im Dunkeln verkroch? „Tofauti, nicht jetzt… Samangi geht’s nicht so gut…“, wand Tumaini sofort ein und hatte sich noch immer dicht an die rotbraune Löwin gekuschelt. Tofauti konnte hören wie Samangi leise aufschluchzte und sie war sich sicher dass unzählige Tränen über ihr Gesicht liefen mussten. Doch Samangi konnte und wollte ihrer Schwester so nicht unter die Augen treten. Sie konnte jetzt nicht mit der Löwin reden, die ihr ihren Mheetu ausgespannt hatte. Na gut, es war nie IHR Mheetu, aber trotzdem… Sie hatte diesen Löwen so sehr geliebt und das allerschrecklichste, das was ihr die meiste Angst machte, war dass… dass… Sie liebte ihn noch immer. Egal wie sehr er ihr auch wehgetan hatte… Sie liebte ihn trotzdem. Und sie fragte sich einzig eine einzige Sache: Warum nur? Wie konnte sie diesen Löwe überhaupt noch ertragen, wie konnte sie ihn noch lieben? Sie verstand sich ja selber nicht. „Samangi, bitte, ich-“ och Tofauti hatte keine Chance. „Tofauti! Lass sie, es geht grade wirklich nicht!“, knurrte Tumaini. Tofauti sah enttäuscht zu den beiden und drehte um. Sie spürte schon, dass das nichts bringen würde und sie hörte lieber auf den Schakal und machte kehrt. Und ihr ging nur eine Sache durch den Kopf: Hatte Mheetu das wirklich getan? Und vor allem: WAS hatte er denn nun eigentlich getan? Sie verstand es nicht. Irgendwas musste er getan haben, aber was eigentlich? Sie hatte irgendwas mit erblinden gehört, doch was soll da passiert sein? Hatte Mheetu ihr den Augapfel rausgerissen? Sie kam nicht drauf. Als Tofauti zu Mheetu kam, sah sie ihm mit einer seltsamen Mischung aus Unsicherheit und Traurigkeit in die Augen. „Warum hast du das getan?“, fragte sie und schluckte. „Sie… sie…“ HALT! Sollte er es ihr wirklich erzählen? Sollte er Tofauti wirklich sagen, dass Samangi, Tofautis eigene Schwester, mit der sie groß geworden war, ihn liebte? Nein, auf keinen Fall! Sie war schließlich ihre Schwester, wenn Mheetu mit dieser Sache nagelaufen kam würde Tofauti Samangi hassen und das konnte er nicht verantworten. Sie waren Schwestern, sie durften einander doch nicht hassen. Also Mheetu jedoch schwieg dachte Tofauti sich ihren Teil. Und es tat verdammt weh. „Mheetu…  Ich… ich liebe dich trotzdem… Aber…“ Tofauti wusste nicht was sie eigentlich sagen sollte, wie sie ihre Enttäuschung ausdrücken sollte, ihre Hilflosigkeit „Weißt du eigentlich wie schwer es mir fällt, mich für eine Seite zu entscheiden? Zum einen wäre da meine Familie, zum anderen wärst da du. Ich… ich will mich nicht entscheiden, ich liebe euch beide… Kannst du dir vorstellen wie das für mich ist Mheetu? Wie es ist zu wissen dass du ihr wehgetan hast und ich dich trotzdem liebe?“ „Süße… Ich…“ Er wusste nicht was er sagen sollte. Er sah aus seinen blauen Augen zu Tofauti und leckte ihr liebevoll über die Stirn, ehe er sich umdrehte und sich unter seinen Lieblingsbaum legte. Er wollte nicht noch mehr Schaden anrichten und wer schlief sündigte nicht. „Du hast mir nicht geantwortet.“, meinte Tofauti ungewohnt ernst und irgendwie gefiel ihr seine Reaktion nicht. „Ich weiß nicht was ich sagen soll… Ich… Du kannst dir nicht vorstellen wie leid mir das alles tut…“, stotterte schlechten Gewissens. „Wenn du meinst… Ich… ich…“ Sie suchte nach irgendwas, was sie erwidern sollte „Ich geh jagen.“, brachte sie schließlich schwach hervor und schlich durch das schulterhohe Gras. Sie wollte wirklich jagen, einfach weil sie tagsüber so leicht zu sehen war, wegen dem weißen Fell. Und nachts waren alle Katzen schwarz, nicht? Als sie von einer ziemlich frustrierenden, erfolglosen Jagd zurückkam, sah sie Mheetu friedlich daliegen. Sie schluckte und leckte ihm nach einigem Zögern zärtlich über die Wange. Sie liebte ihn, warum aber hatte er Samangi das angetan? Am nächsten Morgen saßen Kwanza, Tofauti und Mheetu am Fluss und unterhielten sich über Gnus, als in diesem Moment Tumaini mit Samangi um die Ecke kam. Samangi hatte den Kopf so gesenkt, das man ihr nicht in das Gesicht sehen konnte. Irgendwie hatte sie es geschafft mit Spucke ihren kleinen Fellbüschel so gut wie möglich über ihr linkes Auge zu streichen, in der Hoffnung dass man es nicht so gut erkannte. Aber dennoch waren alle Blicke auf sie gerichtet, immerhin war es das erste man dass die Anderen sie nach einer Woche wirklich richtig wieder sahen. „Nun zeig schon… So schlimm kann es nicht sein.“ Tofauti war die erste die die Worte wieder fand. Dann herrschte Stille. Eine geschlagene Minute konnte an die Luft regelrecht knistern hören und Tumaini, die schweigend neben Samangi gestanden hatte, tat so, als würde sie einige Ameisen am Boden beobachten, von welchen sie letzten Endes sogar welche fraß. „Erschreckt bitte nicht.“, flehte Samangi plötzlich und sah hilflos zu Tumaini herunter. „Hört mal… Was ihr gleich seht, sieht vielleicht seltsam aus, aber sobald die Wunden erst mal richtig vernarbt sind wird das ganz anders aussehen… Es wird wieder, ja?“ Der letzte Teil war wohl eher an Samangi gewandt. „Ich weiß… Aber das wird eben eine Weile dauern.“, nuschelte Samangi verschüchtert und hob ganz langsam den Kopf an. Und was Kwanza und Tofauti da sahen… Na ja, sie erstarrten. In dem Moment in dem sie auf Samangis vernarbte Gesichtshälfte sahen, schoss plötzlich, wenn auch nur für den Augenblick, das verschwommene Bild eines Löwens durch ihren Kopf, dessen Mähne pechschwarz war, das Fell rotbraun, ein bisschen orange und er hatte diese stechendend grünen Augen. Und eben eine Narbe über dem linken Auge. Kwanzas Atmung verschnellerte sich, er bekam schlechter Luft, zumindest glaubte er das für diesen einen, ganz kurzen Augenblick. Er zitterte zwar fast schon, doch wie gesagt: Es war nur für einen winzigen Augenblick, er ging so schnell rum wie er gekommen war. „Ich weiß, ich weiß…“ Samangi kämpfte wieder gegen die Tränen an, als sie die Gesichter ihrer Geschwister sah „Ich bin hässlich. Richtig hässlich.“, wimmerte sie und sah wieder beschämt zu Boden. „NEIN! Das stimmt nicht… es ist nur…“, stotterte Kwanza unbeholfen „Wir… Das…“ Das machte es nicht besser. „Also wenn Kwanza denkt was ich denke, was er denkt, was ich nicht nicht denke, dann… Ich… Oh mein Gott…“, stotterte Tofauti und starrte völlig ungläubig zu Samangi. Was war das grade eben? Sowohl Tofauti als auch Kwanza hatten grade so etwas wie einen Flashback gehabt. Dieser Löwe, wer war das? Was hatte er mit Samangi zu tun? „Ähm… Kinder? Ihr seht irgendwie schlecht aus.“, meinte Tumaini verunsichert und sah hilfesuchend zwischen ihnen und Mheetu umher, der jedoch auch keinen Rat wusste. Doch zumindest hatte er nichts wegen Samangis entstelltem Gesicht gesagt. „Samangi… Zeig uns das Auge noch mal“, bat Kwanza und kam näher auf seine Schwester zu. Samangi hielt den Kopf vor Scham jedoch gesenkt. Aber irgendwas… Verdammt. Dieser Löwe… Er hatte Samangis Fellfarbe gehabt, die gleiche Augenzeichnung, dieselben grünen Augen… Was war das? Kwanza versuchte die Erinnerung wieder hochzukramen, doch nichts kam.   Bevor Samangi sich jedoch wieder vom Rudel abschotten würde, funkte Tumaini dazwischen. „Lasst sie jetzt bitte in Ruhe. Im ernst… lasst sie.“, wand die Schakalin freundlich aber bestimmt ein. Zwar war sie kleiner als die Löwen, doch sie hatte ein verdammt gutes Charisma und… Immerhin… Sie war ihre Mutter… Irgendwie. Auf die gehorchte man nun mal! „Sag mal Kwanza… spinn ich, oder hast du vorhin auch so eine komische Eingebung gehabt?“, wand Tofauti sich an Kwanza, als sie sich einige Gedanken über sein seltsames Verhalten gemacht hatte. Kwanza nickte nachdenklich. „Ein Löwe… Schwarze Mähne, rotbrauner Pelz, grüne Augen…“, zählte er auf. Inzwischen war er sich kaum mehr sicher ob es wirklich so war, aber diese Eingebung war so schnell verschwunden, er konnte sich doch kaum etwas daraus merken. Morgen wäre es vergessen. „Samangi in Männchen-Form!“, meinte Tofauti und lachte kurz auf „Aber wer war das?“, fragte sie. Kwanza wagte es kaum den Mund aufzumachen, geschwiege denn diese wahrlich unrealistische Vermutung auszusprechen. „Unser Vater…“, wisperte er ehrfürchtig. Es war verdammt weit hergeholt, das wusste er und er wollte keine Hoffnungen in sich wecken, die sich nie erfüllen würden. „Meinst du? Aber… Wir können mit Samangi nicht über dieses Thema reden, nicht in ihrem Zustand. Sie hat nie gern über unsere Eltern gesprochen… Und momentan geht es ihr einfach nur schlecht… Grade jetzt sollten wir das nicht tun…“, meinte Tofauti. „Du hast Recht, Mutter würde uns krepieren lassen!“, bestätigte Kwanza. „Zudem… WIE groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass…“ „Das wollte ich auch grade sagen“, meinte Kwanza und mit diesem simplen Gespräch war das gesamte Thema erledigt  „Kümmern wir uns aber erst mal um unsere Schwester… Sie ist grade wichtiger als die sinnlose Suche nach unseren Eltern.“ „Stimmt. Komm, machen wir was mit ihr, wir waren schon ewig nicht mehr alle zusammen jagen… Es wird sie auf andere Gedanken bringen. Wer jagt denkt nicht so viel, Instinkte können wirklich nützlich sein.“ Nach und nach sah man Zira die Trächtigkeit immer mehr und mehr an. Und sie flehte jeden Tag, dass es wenigstens sehr nach IHR aussehen würde, nicht nach Fisadi… Auf der anderen Seite wünschte sie sich, dass sie sich völlig geirrt hatte… Dass dieses ziehen, was sie damals gespürt hatte, reine Einbildung war, und sie WIRKLICH mit Scars Jungen trächtig war. Doch im nächsten Moment sagte eine Stimme in ihr etwa so was wie: ‚TRÄUM WEITER! DU hast Scar BETROGEN, der kleine Bastard wird dir den Rest geben!‘ So sehr Zira es auch versuchte, sie wurde die Stimme in ihrem Kopf nicht los. Selbst wenn ihr so schlecht war, dass sie sterben wollte und sich nur auf ihre Atmung konzentrierte, war die Stimme da. „Vater? Zeigst du uns jetzt die Südgrenze?“ Nuka, inzwischen immer Vitani im Schlepptau, sah bettelnd zu Scar. Seit Ewigkeiten wollte Scar den beiden eigentlich den kleinen Fluss, der noch etwas Wasser führte zeigen. Die Trockenzeit war hart gewesen, das sogar der große Fluss langsam abnahm. Tumindest hatte er ihnen das gesagt, als sie ihn mal wieder genervt hatten und er sie irgendwie loswerden wollte. Nicht dass er ihre Gesellschaft nicht mochte, aber manchmal nervten sie ihn, vor allem wenn sie in diesem Alter waren, wo sie anfingen sich für… die Welt zu interessieren, Seinetwegen hätten sie einfach den ganzen Tag schlafen können, das war nämlich momentan Scars Lieblingsbeschäftigung. Scar murrte unwillig und drehte sich auf die andere Seite. Er hatte, wenn er keine Lust hatte, die Methode erfunden, Nuka und Vitani einfach zu ignorieren. Und Scar hatte nie wirklich Lust mit den beiden mehr als zehn Meter am Stück zu laufen. Doch so leicht gab zumindest Vitani nicht auf! Mit großen Schritten lief sie in ihrem Watschelgang zu ihrem Vater und sah ihm auffordernd in die Augen. „Nja!“, verlangte sie. Was genau sie da sagte, wusste sie wahrscheinlich selber nicht so wirklich, doch was auch immer es war, es war so verdammt wichtig, dass sie nicht locker ließ, den sie starrte ihren Vater jetzt bestimmt schon eine halbe Minute am Stück an. Und irgendwann sah Scar zurück und stockte einen Moment. Dieser Blick, diesen bitterbösen Blick aus diesen beiden, blauen Augen, hatten Uru immer drauf gehabt, wenn sie mit ihm oder Mufasa geschimpft hatte. Und schon wurde Scar kaltes Herz ein bisschen erweicht.  Scar war nicht durch jeden Mist zu irgendwas zu bewegen, er war recht kühl, doch auch seine dunkle Seele konnte dem… nennen wir es ‚besonderem Charme‘ seiner kleine Tochter nicht wiederstehen. „Also gut…“, murrte Scar, stand auf, gefolgt von Vitani und Nuka. „Und ihr wollt also unbedingt die Südgrenze sehen?“, fragte er die beiden, wobei er kurz schmunzelte, als er Vitanis watscheligen Entengang bemerkte. „Oh ja! Da war ich noch nie, Mutter meint doch immer es sei so gefährlich weil dort der Fluss so wild ist“, erklärte Nuka „Sie hat den Fluss mal mit einem gefährlichen Raubtier verglichen. Stimmt das denn?“ Scar nickte. „Gewissermaßen hat sie da durchaus recht. Es kann gefährlich sein, wenn die Strömung zu stark ist. Die reißt dich dann einfach mit, drum darfst du nie allein dort hin gehen, merk dir das Nuka.“, bläute Scar Nuka ein, der einen Augenblick später aufmautzte, als Vitani ihn mit aller Kraft mit ihren stumpfen Milchzähnchen, in den Schwanz biss. „AU! Lass das!“, fuhr er sie an, woraufhin sie weinerlich zu mauzen anfing. „Ach Nuka“, knurrte Scar genervt und wand sich schnell Vitani um „ Du weißt doch dass sie grade ihre Zähne bekommt. Kannst du nicht aufpassen?“, tadelte Scar seinen Sohn. „Aber sie—“ „Nein, sie kann da nichts für. Du weißt dass sie alles anknabbert, du musst auf so was gefasst sein.“ In diesem Moment begann Vitani, wie auf Befehl, auf Scars Zehe herumzunagen. „Das ist nicht fair, deine Pfoten sind ja auch viel stärker als meine…“ murrte Nuka kleinlaut und sah geknickt zu Boden. Als sie an der Südgrenze ankamen, setzte Nuka sich neben seinen Vater an das Ufer, dieser setzte Vitani neben Nuka ab. Die kleine Löwin begann neugierig ihr Spiegelbild anzustarren und patschte mit der Pfote in das Wasser. Nuka hingegen blieb lieber bei seinem Vater, denn wenn er ehrlich sein sollte… Seit seine Mutter die ganze Zeit mit jagen beschäftigt war, hatte Zira nur noch wenig Zeit für anderes, wie ihn. Und wenn sie dann mal da war, dann lag sie nur faul rum oder liebkoste Nukas Vater. Und die einzige Möglichkeit für Nuka und Vitani ihr nah zu sein, war es, so zu tun als ob man müde war, sich zu ihr kuscheln und sich schlafen stellen… Meist schlief Nuka dann wirklich ein. Und Scar war nicht besser. Er war viel bei den Hyänen oder schlief und Nuka? Ja, er musste immer auf Vitani aufpassen. Und so genoss Nuka jede Minute, die er mit seinen Eltern verbrachte immer mehr. „Wann regnet es eigentlich wieder?“, fragte Nuka und schnurrte seinem Vater um die Beine. Scar grinste schief. „Ach, das wird sich zeigen… Es müsste bald wieder soweit sein. Der Regen wird wiederkommen.“, sagte Scar und lies sich zu Boden sinken. Nuka legte sich neben ihn. Eigentlich hätte er sich lieber zwischen Scars Pfoten gelegt, aber er fand sich zu alt für so was derartig kindisches. „Vitani, komm her“, rief Scar nun und sah zum Fluss „Prinzessin?“ Doch Vitani war… weg. „Vi… Vitani? Vitani!“, rief Scar und zum ersten Mal, wirklich zum allerersten Mal, hörte Nuka etwas wie Angst in der Stimme seines Vaters. Panisch sah Scar sich um. War sie in den Fluss gefallen? Nein, das hätte er gehört zudem hätte sie geschrien und so unaufmerksam war Scar nun auch nicht! Nuka sah sich ebenfalls sorgenvoll nach seiner kleinen Schwester um. Er wollte seinem Vater unter allen Umständen helfen, vielleicht wäre das seine Chance doch noch König zu werden! „Hey, Vitani!“, rief er. Und plötzlich hörte er ein klägliches Mauzen. Nur… Von wo? „Vitani?“, rief er besorgt und sah sich in alle Richtungen um. „Nuna!“ Das war Vitanis Version für Nukas Namen. „VITANI“, quiekte Nuka „Da bist du ja! Blieb wo du bist“ Er wand sich nach seinem Vater um „Ich hab sie gefunden!“, rief Nuka stolz. HA! Vielleicht würde sein Vater es sich ja doch noch anders überlegen mit dem Nuka-wird-nie-König-Ding. Als Scar ankam, sah er sich verwundert um. „Da oben!“, erklärte Nuka und deutete mit der Pfote auf den alten, knorrigen Baum, auf dem seine kleine Schwester festsaß. „Na toll… Typisch Junge: Kommen den Baum hoch, aber nicht mehr runter.“, seufzte Scar. Kapitel 55: Mein größter Fehler ------------------------------- „Hey Vitani! Schau mal!“, rief Nuka aufgeregt und rannte auf seine Schwester zu. Vitani spielte grade mit einem vertrockneten Grashalm rum, als sie neugierig aufsah. Nuka hatte meistens interessantes zu erzählen, denn… Nun ja, Vitani fand so ziemlich alles interessant. „Schau dir das an!“, rief Nuka aufgeregt und streckte Vitani seinen Kopf entgegen. Verwundert sah die kleine Löwin zu ihrem Bruder und zuckte nur verwundert die Schultern. Er sah so aus wie immer, was also wollte er von ihr? Nuka gab auf ihr Desinteresse einen extrem genervten Seufzer von sich. „Das war ja wieder so klar“, begann er „Schau doch genauer hin! DA! Das schwarze da…“ Er deutete auf seinen Kopf „Ich bekomme eine Mähne!“, quiekte Nuka schließlich stolz. „Was spielst du dich denn so auf? Vater hat eine viel größere als du, ja, sogar mein Haarbuschel ist fast so lang wie deiner.“, meinte Vitani unbeeindruckt. „Lern du erst mal sprechen! Erstens heißt das HaarbÜschel“, korrigierte er sie scharf „Und zweitens wächst das noch alles.“ „Hör auf mich zu ärgern! Mutter sagt, du darfst das nicht! DU konntest bestimmt auch nicht perfekt sprechen, wo du so klein warst!“, fauchte Vitani und versuchte sofort ich mit allen Mitteln zu verteidigen. „Doch, ich konnte natürlich alles besser“, prahlte Nuka breitspurig „Ich hab in deinem Alter schon mein erstes Erdmännchen gefangen, weil Mutter nicht mehr genug Milch hatte.“ Scar, der versteckt hinter dem Gras, auch wenn das im Grunde übertrieben war, er war dort eben einfach, auf einem kleinen Felsen lag, und grade im Schatten döste, musste grinsen. Jaja, Nuka war ein wunderbarer Lügner. Fast schon so gut wie Scar selbst in dem Alter. Aber eben nur FAST. Scar hatte in dem Elter jeden anlügen können ohne dass dieser es merkte. Mit der Ausnahme von Uru, sie kannte ihn einfach viel zu gut. „Nuka, ich hab Hunger! Wo ist Mutter?“, meldete Vitani sich schließlich wieder zu Wort. „Keine Ahnung, hab sie schon den ganzen Tag nicht gesehen. Aber das bringt mich auf eine Idee! Wollen wir spielen?“, fragte Nuka und sah vorfreudig zu Vitani. Nuka hatte jetzt tatsächlich richtig Lust darauf Vitani zu Boden zu werfen und in so ziemlich jedem Spielchen gegen sie zu gewinnen. „Klar! Ich versuch dich jetzt zu töten!“, lachte Vitani gespielt fies und sprang völlig unvermittelt an Nukas Hals, obwohl dieser gut dreimal so groß war wie Vitani selbst. Ihr Bruder taumelte ein paar Schritte, doch schüttelte seine kleine Schwester schnell wieder ab. „NEIN! Wir spielen nicht das Nuka-töten-Spiel! Wir werden jetzt was Richtiges töten!“, sagte er vielversprechend. „Was?“, fragte Vitani verunsichert. Sie, etwas töten? Das war ihr neu. „Na ein Tier. Komm! Das wird ganz toll!“, lachte Nuka und rannte mit Vitani im Schlepptau durch das trockene Gras. Doch plötzlich stoppte er so abrupt, dass Vitani in ihr rein rannte. „Pst! Schau da.“, flüsterte er und deutete auf ein kleines Loch in der Erde. Vitani starrte neugierig in das Loch, wurde jedoch von Nuka etwas tiefer ins trockene Gras geschoben, so dass sie von der potenziellen Beute nicht gesehen wurde. Nuka selbst ging instinktiv in eine Lauerstellung über. Und plötzlich lief eine kleine, graue Maus aus dem Erdloch. Ohne zu zögern stürzte Nuka sich auf den kleinen Nager und nahm seine Beute voller Stolz ins Maul. „Schau dir DAS an Vitani! Ha! Mach mir das erst mal nach!“, rühmte Nuka. „Würd ich ja gerne, aber du hast die anderen Mäuse verscheucht“, meinte sie forsch und drehte ihm den Rücken zu „Suchen wir Mutter. Ich will schauen wie es meinem neuen Geschwisterchen geht.“ „UNSEREM neuen Geschwisterchen“, fuhr Nuka sofort dazwischen „Wer weiß, vielleicht wird’s nicht ganz so bescheuert wie du.“ „Wenn ich wirklich so bescheuert bin, wie du sagst, warum verbringst du dann deine Zeit mit mir und zeigst mir dein geheimes Mäuseversteck und deine Mini-Mähne?“, fragte Vitani beleidigt und starrte Nuka so böse wie nur möglich an, was nur halbwegs wirklich gelang, da auf das süße Gesichtchen Vitanis‘ einfach diese Bosheit nicht passte. „Weil du immer noch meine Schwester bist“, meinte Nuka und sah auf seine Maus, was in seinem Hirn wohl einen tollen Einfall auslöste „Hey, ich hab eine Idee! Die geben wir Mutter! Die wird sich freuen“, quiekte er „Komm, suchen wir sie.“ „Verdammt, lass das alles nicht wahr sein…“, wimmerte Zira und sah immer wieder unruhig auf ihren Bauch. Irgendwas sagte ihr das es heute noch losgehen würde. Sie hatte sich schon früh morgens in einen abgeschiedenen Teil des Geweihten Lands aufgemacht und lag bereits den ganzen Tag regungslos zwischen einigen Sträuchern. Das Junge bewegte sich grade überdeutlich und unter Ziras Fell zeichneten sich die Bewegungen sogar richtig ab. Sie war unterernährt, das war ihr jetzt so wirklich klar. So überdeutlich hatten sich die Bewegungen der Jungen noch nie auf ihrem Fell abgezeichnet, bei keiner ihrer bisherigen Trächtigkeiten. Irgendwie machte ihr das Angst. Vorrangig um sich selbst. Was wenn irgendwas bei der ganzen Sache schief gehen würde? Tief in sich drin, wenn sie so in sich reinhorchte, da hoffte sie darauf. Sie wollte dass irgendwas schief gehen würde. Sie hoffte dass das Junge sterben würde. Ganz plötzlich… ganz schnell. Einfach so. Es sollte nicht leiden, es konnte ja nichts für Ziras Dummheit, aber sie wollte dass es starb. Am besten natürlich gleich bei der Geburt, aber einige Ziet später wäre auch in Ordnung… Hauptsache es stark früh genug. Und wenn nicht? Was wenn es überlebte? Vielleicht, wirklich nur vielleicht, wäre das auch kein Problem wenn es ein Weibchen war und verdammt viel Ähnlichkeiten mit Zira hätte. VERDAMMT viele. Und wenn nicht? Was wäre wenn es ein Männchen werden würde? Eines das Fisadi verdammt ähnlich sah? Eines bei dem die Natur nicht natürliche Auslese spielen wollte… Zira wollte daran nicht denken, einfach weil sie nicht glaubte, nicht glauben wollte, dass sie zu einer solchen Grausamkeit fähig wäre. Sie wollte sich nicht vorstellen wie sie ein Junges, dazu noch ihr eigenes, tot biss, ihm das Genick brach, aber sie sah keinen Weg daran vorbei, zumindest wenn Mutter Natur es ihr nicht abnahm. Dieses Junge würde sterben müssen, denn es war nichts als ein Fehler. Und Fehler korrigiert man. „Mutter, Mutter!“, schrien Nuka und Vitani aufgeregt, als sie Zira einige Zeit später, nach langem umherirren, doch noch entdeckten. „Wie geht’s unserem Geschwisterchen?“, fragte Vitani. „Warum bist du eigentlich schon so früh gegangen?“, unterbrach Nuka sie und schubste sie zur Seite. Zira grinste und fuhr Nuka liebevoll über das kleine, struppige, schwarze Stück Mähne, was irgendwie verloren auf seinem Kopf aussah. „Nicht nötig Mama, das stimmt schon so.“, wimmelte er sie ab, als sie fortfahren wollte. Vitani sah eifersüchtig zu ihm, wie er sich aus Ziras Griff riss. Er hatte sie einfach so unterbrochen! Na warte Nuka, das ließ Vitani nicht auf sich sitzen! Sie schnappte sich die kleine Maus, die Nuka auf den Boden gelegt hatte, um sie Zira zu geben. Als Nuka grade unaufmerksam war, stemmte Vitani ihn weg und legte die Maus mit einem zufriedenen Grinsen zwischen Ziras Pfoten. „Hier, die hab ich extra für dich gejagt!“, meinte sie und strich liebevoll an Ziras Hals entlang, wobei sie ihre Seite an Zira rieb. Fassungslos starrte Nuka zu der Maus, dann zu Vitani, die ihn fies angrinste und dann wieder zu der Maus. „Aber, aber, aber… Das hab ICH für ich gejagt!“, brachte er hervor. Man hörte ihm deutlich an wie enttäuscht er war, über Vitani als auch über Zira, welche ihm wahrscheinlich nicht glauben würde. Zira rollte auch tatsächlich nur mit den Augen. Sie wusste das Nuka es hasste wenn Vitani sich in den Vordergrund drängte, also klang es für Zira nur logisch, dass Nuka jetzt log. Was sie natürlich nicht wusste war, dass das ausnahmsweise sogar stimmte. „Aber sicher Nuka, und Erdmännchen tanzen Hula.“, zog sie ihn auf. Wenn sie wüsste. Nuka sah schmollend zu Vitani und dann zu seiner Mutter. Glaubte sie ihm etwa nicht? UNFASSBAR! „Aber gut gemacht Vitani, ich bin sehr stolz auf dich! Deine erste Beute!“, lobte Zira währenddessen ihre Tochter, schmiegte liebevoll ihren Kopf an Vitani und fraß hastig die Maus. Sie brauchte jede Nahrung die es zu finden gab, momentan war alles sehr rar. Selbst auf ihre Jungen nahm sie kaum Rücksicht, sie bekamen, auch wenn sie die Jungen des Königs waren, grade genug, dass sie den Hunger los wurden. Nuka sah argwöhnisch zu den beiden, doch dann hüpfte er schnell zu Ziras Bauch und presste sein Ohr daran. „Ich hör schon wieder was!“, meinte er aufgeregt und schlug mit dem Schwanz umher. „Das ist bestimmt nur mein Magen.“, meinte Zira halb ernst, halb spaßend. „Soll ich dir noch mehr jagen?“, fragte Vitani, die sich inzwischen neben Nuka gesetzt hatte und ebenfalls ein Ohr gegen Ziras Bauch presste. Zira schmunzelte. „Nein, nein, ich glaube kaum.“, meinte sie und gähnte. „Mutter, ich hab mal eine Frage…“, meinte Nuka plötzlich. „Ja?“ „Wie und woher kommen die Jungen eigentlich da rein? Ich meine… Vitani war bei ihrer Geburt auch schon recht groß, wie kam die da rein?“ „Ja, genau, wie kam ich da rein?“, fragte nun auch Vitani. „Und wäre es nicht logischer das Junge gleich raus zu machen, dann müsstest du es nicht so lange mit dir rumschleppen.“ „Genau und warum wird Vater nie trächtig? Warum klappt es nur bei Löwinnen?“, hakte Nuka nach. Hilflos sah Zira zwischen den beiden umher und kicherte unbeholfen. „Äh… ich… Also… Ähm…“ Sie schluckte „Ich glaube das ist alles noch zu kompliziert für euch. Vielleicht erzähl ich es euch wenn ihr ein bisschen älter seid.“, stotterte sie. „Aber Mutter! Wir wollen es unbedingt wissen!“, flehte Vitani und sah ihre Mutter aus ihren tiefblauen Knopfaugen an. „Äh… Ach, wisst ihr was? Fragt euren Vater.“, wand Zira schnell ab und stupste die Jungen Richtung Königsfelsen „Ich brauche jetzt ein bisschen Ruhe, ich bin aber bald wieder zurück, versprochen. „Okay! Bis später Mutter!“, verabschiedete sich Nuka und rannte Vitani hinterher. Zira rollte sich währenddessen immer öfter von einer Seite zur anderen. Es war soweit gleich würde es losgehen. Geburten… Es klang unglaublich, aber Zira war inzwischen fast schon routiniert was sie anging. Sie wusste wie sie am besten atmen musste um nicht umzukippen, sie wusste was auf sie zukam. Und sie hasste es noch immer so wie von Anfang an. Sie hatte Angst, sie hatte Schmerzen, sie heulte und jeder der sich darüber lustig gemacht hätte, hätte das Morgen nicht mehr erlebt. Nie würde Zira diejenigen verstehen, die Geburten auf irgendeine Art und Weise gut fanden oder ihr mit solchem Gerede wie ‚Geburten sind ein magischer Moment‘ kamen. Da gab es keine Magie. Es gab auch nichts Schönes daran, oder auf irgendeine Art positives. Es blieb ein Albtraum. Doch jetzt war es da und von Instinkten gesteuert stand sie, egal wie völlig fertig sie war und wie sehr sie zitterte, auf und warf den ersten Blick auf die Ausgeburt ihrer Dummheit. Ja, sie zitterte so sehr, dass selbst ihre Zehen zuckten. Aber es war nicht nur die Geburt, die sie zittern ließ. Sie flehte innerlich unaufhörlich, dass das Junge ein Weibchen war, ein Weibchen, das wie eine klein-Ausgabe von Zira aussah. Bitte, alles nur kein zweiter Fisadi, denn Fisadi war einfach ZU anders. Nie würde ihr jemand abkaufen dass das Scars Junge seien sollte, Fisadi hatte bis auf die grünen Augen und die schwarze Nase keinerlei Ähnlichkeiten mit Scar gehabt. Doch als Zira das Junge erblickte, wich jede Hoffnung aus ihr und die ersten Tränen der Verzweiflung rannen ihr über das Gesicht. Nein. Bitte nicht. Nein, nein, nein! Das durfte nicht wahr sein! Bitte! Dieses Junge war ein Männchen. Das war schlimm genug. Doch das noch schlimmere war, dass dieses Ding nicht mal im Entferntesten so aussah wie Scar oder Zira. Es hatte das gleiche dunkelbraune, leicht rote Fell wie Fisadi. Das war nicht mal im Ansatz der Farbton den Scars oder Ziras Fell hatte. Nicht mal Verwandet von ihnen hatten diesen Farbton, Zira konnte also nichts auf die rezessiven Gene schieben. Zudem war das Junge ziemlich bullig. Zu bullig, für das was sie während der Trächtigkeit gefressen hatte. Starke Gene waren hier am Werk gewesen und Scars waren es nicht. Zira konnte, abgesehen von den weißen Zehen, kein einziges Merkmal finden, was wenigstens auf sie passen würde. Nur die grünen Augen ließen unter Umständen auf Scar schließen. Zira war enttäuscht. Richtig traurig sogar. Es war vorbei. Scar würde sie hassen. Er würde das Junge töten. Obwohl… Das wäre das was sie wollte, denn sie bezweifelte ob sie es schaffen würde. Und dann, ganz plötzlich, im nächsten Moment, verspürte Zira puren HASS für das Junge. Nur Hass. Es würde alles kaputt machen! ALLES! Wegen diesem, diesem… diesem Bastard würde alles den Bach runter gehen, alles wofür Zira lebte. Doch dann, im selben Augenblick, hatte Zira Angst. Todesangst. Angst vor dem was kommen würde… Vor allem vor Scars Reaktion… Was er wohl tun würde? Er wäre wütend… Er wäre so verdammt sauer. Zira rannen immer mehr Tränen über das Gesicht. Sie hatte so eine verdammte Angst, noch nie hatte sie sich so schlecht, so schwach gefühlt! Ein Schluchzen entfuhr ihr als sie sich das Junge zwischen die Pfoten klemmte und anfing es zu putzen. Komm schon, einfach beißen, einfach einmal durchs Genick! Komm, du kannst das doch! Nein, konnte sie nicht. Und dafür hasste sie sich grade noch mehr. Sie kannte dieses dumme Junge doch gar nicht! Sie hing nicht an ihm, es bedeutete ihr nichts! Es war nicht Scars, es war ein Niemand! Doch so sehr Zira es auch wollte, sie konnte ihm einfach nicht weh tun! Sie konnte es nicht! Und das schlimme war: Sie wusste nicht mal warum. Vielleicht war es Mutterliebe, aber davon wollte sie einfach nichts hören. Sie wollte keine liebe diesem Jungen gegenüber empfingen, es löste in ihr einen gewissen Würgreiz aus, dieses Ding lieben müssen. Sie wollte einfach nicht. „Vater, von wo kommen die Löwenbabys?“, fragte Nuka seinen Vater, als er mit Vitani zusammen Richtung Königsfelsen gelaufen kam. „Ja, und wie kommen die in die Löwinnen rein?“, ergänzte sie schnell. Scar, der auf einem Felsen in der Nachmittagssonne lag, sah auf. „Was?“, fragte er sichtlich verwirrt und sah zwischen den Beiden umher. „Ach, Mutter sagte wir sollen dich das fragen.“, meinte Nuka und strich seinem Vater an der Mähne entlang. Vitani, die natürlich alles besser machen musste, schnurrte Scar am Hals entlang und legte sich ihrem Vater auf den Rücken. „Ich hab Mutter sogar eine Maus gefangen!, prahlte sie großspurig. „Gar nicht wahr! ICH hab sie gefangen, das weißt du auch!“, jammerte Nuka und kämpfte gegen die Tränen an. Es machte ihn wütend, so verdammt wütend, dass seine kleine Schwester ihm einfach die Show stahl. ER hatte die Maus gefangen… Nicht die kleine Vitani. Und er hatte die Aufmerksamkeit verdient. „Ist ja gut Nuka“, meinte Scar und fuhr Nuka kurz über die kleine Mähne „Wie geht’s eurer Mutter überhaupt?“ „Gut glaub ich. Das Junge hat schon wieder Geräusche gemacht.“, erzählte Vitani. „Ach wirklich?“, fragte Scar. „Ja, es hat sich soooo viel bewegt, dass es Geräusche gemacht hat.“, erklärte Vitani, überzeigt von ihrer Theorie, ihm. „Wirklich, es hat sich so viel bewegt?“, hakte Scar nach und seine Tochter nickte. In diesem Moment huschte ein zufriedenes Grinsen über Scars Gesicht. Er wusste inzwischen was all diese Anzeichen zu bedeuten hatten: Zira entfernte sich vom Königsfelsen, das Junge bewegte sich viel… Ja, spätestens morgen würde Scar endlich wissen ob er nun endlich einen möglichen Thronfolger hatte. Kapitel 56: Kovu ---------------- Unruhig wälzte Zira sich, inzwischen bereits die gesamte Nacht, ruhelos umher. Sie konnte einfach nicht schlafen. Nicht so lange sie wusste, dass dieses Junge lebte. Aber es umbringen… Sie wollte es doch. Sie wollte es töten, irgendwie, sie wollte einfach dass es starb und aufhörte zu atmen, sie wollte dass es einfach nur verrecken würde. Und sie war doch auch kurz davon gewesen… Sie war kurz davon gewesen ihm das Genick zu brechen, aber irgendwie… Es… Es hatte gemauzt und klang dabei so kläglich, dass… Sie konnte das einfach nicht. Sie hätte einfach nicht gedacht dass sie das nicht schaffen würde. Sie dachte sie würde überhaupt nichts dabei fühlen und es einfach so durchziehen, aber da hatte sie falsch gedacht. Sie brachte es einfach nicht übers Herz. Und das schlimmste war dass sie nicht mal wusste warum. Es war nicht Scars Junges. Dieses Junge war ein Bastard, ein Unfall, ein Nebenprodukt ihrer Dummheit, etwas was gar nicht existieren sollte. Etwas was nicht hier her gehörte. Etwas was sie nie gewollt hatte. Und je mehr Stunden verstrichen, umso mehr schwand die Hoffnung, dass das Junge sterben würde. Viele Jungen überlebten die ersten Stunden nach der Geburt nicht. Doch dieses Junge war… stark. Zäh. Kräftig. Es hatte eine Überlebenschance… und es würde auch überleben. Und die Stunden verstrichen… Die Dämmerung ließ die trockene Savanne in einem unwirklichen Licht erscheinen, was Zira einige Momente das Gefühl gab sich in einer Art Traumwelt zu befinden. Sollte sie nicht langsam zum Königsfelsen und Scar sein Kuckucksjunges unterschieben? Oder? Doch Zira stand nicht auf. Sie traute sich einfach nicht. Sie… ja, sie gab es zu, sie hatte richtige Angst. Angst vor… vor was denn? Scar? Vielleicht weniger vor ihm, mehr vor dem was er tun würde. Sie wusste, dass Scar nicht oft zu Gewalt griff, er setzte auf Köpfchen, aber… Sie traute es ihm zu. Sie traute ihm zu, ihr weh zu tun. Wahrscheinlich würde Zira nicht mal zurückschlagen… Sie würde Scar nie wehtun, nie. Nicht mal als er sie fast mit Nala betrogen hatte. Nicht mal da hatte sie es geschafft ihm einfach die Krallen in die Nase zu rammen. „Was mach ich nur mit dir?“, wimmerte Zira und sah auf das kleine Junge an ihrer Seite. Sie blieb einfach liegen. Sie würde nicht zu Scar gehen… Sollte er doch kommen. Und dann vergingen wieder Stunden. Stunden in denen Zira wie in Trance Löcher in die Luft starrte, ehe sie ein ihr wohlbekanntes Stimmchen hörte. Falsch, Korrektur: Zwei wohlbekannte Stimmchen. „Mutter, Mutter!“, schrien Nuka und Vitani durcheinander und stürzten auf Zira zu. Vitani stolperte dabei über ihre eigenen Pfoten, rappelte sich schnell wieder auf und drängte sich mit aller Kraft an Nuka vorbei. „Mutter, ist es da?“, rief Vitani neugierig. Doch noch bevor Zira auch nur Luft holen konnte um zu antworten, meinte Nuka: „Hey Tani, schau mal! Da ist es… Ich finde es sieht aus wie eine Termite… Du sahst ganz anders aus.“ Vitani drängte sich zu Nuka und starrte mit großen Augen und voller Begeisterung zu ihrem neuen, kleinen Bruder. „Haha, Termite… Ach Nuka, die sind doch viel kleiner“, lachte sie „Aber schau mal! Ich bin sogar größer als er, das hat was zu bedeuten!“ „Hm… Irgendwie sieht es gar nicht aus wie ein würdiger Thronfolger.“, setzte Nuka jedoch unbeirrt nach. Er wollte unter keinen Umständen seine Nachfolge, die er, als einziger Sohn automatisch bekommen würde, aufs Spiel setzen. Und Vitani war ein Weibchen… Das schloss sie sofort aus. Und natürlich war es Nuka auch ganz und gar nicht r echt, das er ausgerechnet einen Bruder bekam. Eine zweite, kleine Schwester wäre auch völlig in Ordnung gewesen. „Ich finde er sieht Vater nicht mal ähnlich!“, provozierte Nuka weiter, ohne dabei auch nur zu ahnen, wie richtig er lag. Zira schluckte und versuchte das alles überhört zu haben. Es klang verrückt, aber in diesem Moment hätte sie Nuka am liebsten geschlagen, einfach damit er aufhörte so was zu sagen. „Erzählen wir Vater davon!“, schlug Vitani sofort vor und rannte los. Sie rannte eigentlich nur um Nuka zu ärgern, denn wenn dieser sie immer überall schlagen musste, dann wollte sie nun zumindest mit unfairen Mitteln ein kleines Wettrennen gewinnen. „Au ja!“, stimmte Nuka begeistert ein und folgte seiner Schwester unbeirrt. Zira wollte ‚Nein‘ schreien, ganz laut, doch kein Ton entwich ihrer Kehle… Sie konnte nur hilflos zusehen, wie Nuka und Vitani Richtung Königsfelsen verschwanden. Selbst wenn sie sie aufgehalten hätte, sie wären nicht zu stoppen gewesen. Und jetzt war es doch sowieso zu spät. „Vater, Vater! Rate mal, rate, los, los!“, quiekten die beiden Jungen durcheinander, als sie völlig außer Puste am Königsfelsen ankamen. Scar schlief noch, als er plötzlich spürte, wie Nuka und Vitani auf ihm rumhüpften. Vitani sprang wie eine Gazelle auf Scars Gesicht herum, während Nuka seinem Vater mit aller Kraft auf dem Rücken umher klatschte. „Ja, ja, ja… Ist gut!“, knurrte er im Halbschlaf und schubste Vitani von seinem Kopf. Nur sehr langsam und unwillig stand er auf, schüttelte die Mähne auf und sah verschlafen zu Nuka und Vitani, die ihn mit ihrem unwiderstehlichsten Blicken ansahen. „Vater, ich glaube du wirst sehr zufrieden mit mir sein, weil I-HICH was ganz tolles entdeckt habe!“, begann Nuka großspurig. „Gar nicht wahr, ich hab‘s auch gefunden!“, unterbrach Vitani ihn sauer. „Stimmt nicht, ich war zuerst da!“, widersprach Nuka ihr. „Ja, aber ich bin auf die Idee gekommen!“ „Aber ich hab die Termite zuerst gesehen!“ „Nein, ich!“ „Nein ich!“ „Nein ich!“ „Nein ich!“ „Nein ich!“ „Nein ICH!“, keifte Nuka ein letztes Mal überdeutlich, während Scar genervt mit den Augen rollte, ehe er sich wieder hinlegte und versuchte, das nervige Gestreite der beiden zu ignorieren „ICH hab ihn zuerst gesehen! Ich hab unseren Bruder zuerst gesehen! MANN! Kannst du nicht hören?“, knurrte Nuka ein letztes Mal. Vitani saß trotzig vor ihm und schlug ihm mit der Tatze über die Schulter, was jedoch keine wirkliche Wirkung zeigte, da Nuka sowieso fast drei Mal so groß war wie Vitani und ihre Krallen noch nicht wirklich gefährlich oder gar schmerzhaft waren. Doch da hörte Scar auf und war plötzlich hellwach. „Ihr habt einen Bruder?“, fragte er stutzig. Sofort nickten beide wie wild. „Ja, aber er sieht eher aus wie eine Termite und ist ganz klein!“, fügte Nuka sofort hinzu, um in seinem Vater jegliche Hoffnungen zu ersticken. Doch Scar war das egal. Er sprang augenblicklich auf und lief mit großen, schnellen Schritten, grade so, dass Nuka und Vitani noch hinterher kamen, in die Richtung, die sie ihm beschrieben hatten. Als Scar endlich Ziras Geruch aufnahm, huschte ein Ausdruck von ungebremster Vorfreude über sein Gesicht. Er fand sie recht schnell zwischen einigen Büschen, neben einem Baum, im hohem Gras liegen. „Na, dann zeig ihn mir mal…“, begrüßte Scar Zira ohne weitere Umschweife. Für einen Moment glaubte Zira ihr Herz blieb stehen. So schnell hatte sie nicht damit gerechnet, dass Nuka und Vitani ihren Vater wach kriegen. Wenn Scar schlief, dann lies er sich nicht so schnell dabei stören. Zittrig stand Zira auf, drehte sich nach dem Jungen um und legte es vor sich… Vielleicht würde der Unterschied gar nicht auffallen… Tofauti war bei ihrer Geburt schließlich auch bullig gewesen! Na gut, das zählte nicht… Tofauti kam aus einem Wurf, in dem ihre Geschwister Scar und Zira wiederrum sehr ähnlich sahen. Oh Gott, das würde alles total in die Hose gehen. Anfangs, das sah Zira, da war seine Freude über dieses Junge wirklich merkbar. Er freute sich wirklich darüber einen derartig gesunden und kräftigen Sohn bekommen zu haben. Zu kräftig. Denn ab einem Punkt da ging diese Freude zurück und Scar runzelte nachdenklich die Stirn. Und je länger und genauer Scar sich das Junge ansah, desto mehr verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Er sah eigentlich ziemlich misstrauisch aus. Es war dunkel, ja, es schein nach ihm zu kommen, aber andererseits war es doch ZU dunkel. Und Scar begann darüber nachzudenken. Woher könnte dieses Fell stammen? Alle die er aus seiner Familie kannte, waren heller als er gewesen. Generell musste Scar zugeben, dass er noch nie einen dunkleren Löwen als sich selbst gesehen hatte, woher also dieser seltsame Pelz? Und irgendwie… Jetzt im Nachhinein betrachtet, war dieses Junge ganz und gar nicht so, wie seine anderen Jungen waren. Dieses hier war irgendwie anders, irgendwas stimmte nicht. Er wusste nicht was, ob es nun dieser erstaunlich kräftige Körperbau war oder dieses außergewöhnlich dunkle Fell, aber irgendetwas störte ihn. Nuka und Vitani hingegen waren von ihrem neuen Geschwisterchen mehr oder weniger hingerissen: Es war neu und es war der perfekte Spielkamerad: Er war nämlich total hilflos. Zira hingegen hatte jede von Scars Rührungen im Auge behalten und ihr drehte sich grade alles in ihrem Magen um. „Scar, stimmt was nicht?“, fragte sie schließlich beunruhigt. „Findest du nicht auch, dass er seltsam aussieht?“, fragte Scar vorsichtig. Wenn man genau hinhörte, dann erkannte man, das Scar grade ziemlich damit zu kämpfen hatte, diesen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen. „Wie meinst du das? Es ist doch gesund und stark, was ist daran auszusetzten?“, fragte sie verunsichert. Scar durfte einfach noch nicht so weit denken! „Ich weiß nicht, aber schau es dir an… Es sieht uns nicht mal ähnlich… Es ist ziemlich dunkel, findest du nicht?“ Zira spürte wie diese unbändige Panik von vorhin in ihr aufstieg und irgendwie hatte sie in diesem Moment schon das Gefühl in dieser Sache völlig zu scheitern. Wenn Scars erst mal den Braten roch war es so gut wie unmöglich etwas noch länger geheim zu halten. „Ähm… ja… Vielleicht kommt das von meinem… Vater.“, log Zira. Oh… OH! Das war eine miese Lüge. Eine ganz, ganz billige, über die sie hätte nachdenken sollen, bevor sie sie ausgesprochen hatte. „Sagtest du mir nicht mal, du kanntest deinen Vater nicht?“, fuhr Scar sie plötzlich heftig an. Zira legte erschrocken die Ohren an und zog den Hals ein bisschen ein. Scar schüchterte sie grade ziemlich ein… Und das sah man auch. Man konnte die Schuld regelrecht von ihrem Gesicht ablesen. Warum konnte sie nur so schlecht vor ihm lügen? Sie schwieg. Nur kurz, aber es war schon viel zu lange. „Ähm… schon, aber…“ Doch sie kam nicht dazu zu Ende zu reden, da Scar sie wütend anfunkelte und einen Schritt vortrat. Er konnte doch ziemlich bedrohlich und angsteinflößend wirken, wenn er nur wollte, denn was er nicht an Körpermasse hatte, machte er durch sein Charisma wieder wett. „Sag mal, willst du mich für dumm verkaufen?“, knurrte er gefährlich leise. „Ich… Ich hab nichts getan!“, fauchte sie zurück, auch wenn ihre Stimme so brüchig klang, als ob sie gleich weinen würde. Doch nun gab es nichts mehr was sie hätte versuchen können. Scar hatte doch schon begriffen was sie so krampfhaft zu verleugnen versuchte und alles an ihr, einfach jede ihrer Handlungen, verstärkte seinen Verdacht nur noch. „Oh KOMM SCHON! Ich bitte dich, schau ihn dir doch an, wie soll DAS mein Sohn sein?!“, fuhr Scar sie nun merklich lauter an. Zira schwieg, ehe sie plötzlich den Blick von Scar löste und besorgt zu Nuka und Vitani sah, die fast schon verängstigt neben ihr saßen und besorgt zu ihren Eltern sahen. Bisher hatten sie die beiden nie Streiten sehen… Das hier war neu. Um ehrlich zu sein… Ihr Vater machte ihnen Angst. Er war angespannt, kämpfte mit sich, nicht gleich irgendwas Dummes zu tun, denn seine Krallen waren ausgefahren. „Nuka, nimm Vitani und geh nach Hause… Wir kommen später nach, machst du das, mein Liebling?“, bat Zira so ruhig und liebevoll wie es ihr im Moment möglich war. „O-okay…“, meinte Nuka und nahm vorsichtig Vitani zwischen die Zähne. Sie war grade so noch leicht genug, dass er sie hochbekam. Er verließ zwar nur äußerst ungern seine Eltern, doch andererseits machten sie ihm grade solche Angst, dass er froh war gehen zu dürfen. Scar und Zira sahen ihren beiden Jungen noch so lange, die ganze Zeit mit dieser unerträglichen Anspannung zwischen ihnen, hinterher bis sie sicher waren dass sie außer Hörweite waren. „Also, was soll mit ihm sein?!“, knurrte Zira leise in die Stille. „Zira, du weißt genau was ich meine, du hast dich doch schon verraten! Gib es doch zu, das ist nicht mein Junges, jetzt kannst du nicht mehr leugnen!“, brüllte Scar Zira derartig aggressiv an, dass sie immer mehr zurück wich und langsam glaubte auch noch den Kampf gegen ihre Tränen zu verlieren. Sie hatte absolut keine Ahnung wann sie sich das letzte Mal gestritten hatten und besser gesagt wann sie sich je so sehr gestritten hatten. Sie konnte sich nicht erinnern. Sie hatten bisher nie einen Grund dazu gehabt sich derartig in die Haare zu kriegen, vor allem deswegen weil Zira einfach zu unterwürfig ihm gegenüber war, um einen Streitgrund zuliefern. Sie hatte sich bisher immer ihm untergeordnet und versucht immer alles nach seinen Wünschen zu erfüllen und sie tat es gern, sie tat es weil sie ihn liebte und es sie mit einer solchen Freude erfüllte wenn er glücklich war. Und jetzt? Wenn Zira es nicht besser wüsste, hätte sie gesagt er stand kurz davor ihr den Kopf abzureisen. Er hasste sie regelrecht. Aber so durfte es doch nicht zu Ende gehen, wegen so einem dummen, kleinen Jungen! „Wenn du wirklich so denkst dann töte ihn doch! Dann muss ich es nämlich nicht mehr tun!“, brach es plötzlich aus Zira heraus, sie stieß das Junge mit aller Unvorsicht vor Scars Pfoten, stand ruckartig auf und machte einfach kehrt. Sie wusste nicht genau wohin sie jetzt ging, doch es war ihr egal, Hauptsache sie war allein. Sie spürte augenblicklich wie die Tränen aus ihr herausbrachen, also wurde sie noch schneller. Sie rannte. Egal wohin, aber jetzt erst mal weg. Scar sah ihr wütend nach und plötzlich verspürte er nur noch den Drang ihr weh zu tun. Er hatte das bisher noch nie gewollt, geschweige denn gar daran gedacht, doch in diesem Augenblick war das grade alles was ihm durch den Kopf ging. Doch gleichzeitig tat es ihm weh, Zira so zu sehen. Und jetzt machte sich eine andere Frage in ihm breit: Warum? Warum hatte sie das getan? Die Vorstellung dass sie etwas mit einem anderen Löwen hatte, machte ihn krank, es widerte ihn regelrecht an und am allerliebsten hätte er beiden, Zira als auch dem Vater dieses Jungens, die Augen ausgekratzt. Wie konnte das überhaupt passieren? Wann sollte das passiert sein? Und vor allem: Wie war der Löwe, der der Vater des Jungens war, unbemerkt ins Geweihte Land eingedrungen? Wozu waren die Hyänen überhaupt gut, wenn sie nicht mal diese eine einzige Aufgabe, die sie eben hatten, ausführen konnten. Und nun saß er hier, vor seinen Pfoten dieser erbärmlich mauzende Bastard, der suchend den Kopf in die Luft streckte und irgendwie versuchte Zira zu finden. Instinktiv war er an Scars warme Pfoten gekrochen, was ihm sichtliche Anstrengungen abverlangte. Töten. Ja, er wollte es wirklich töten… Scar wollte es tatsächlich umbringen, aber er stockte. Da war was an diesem Jungen, was ihn davon abhielt es zu töten. Es hatte… Potenzial. Scar sah jede Menge Potential in diesem Balg. Vielleicht weil er eben auch nicht ein Herz aus Eis hatte oder, was tatsächlich realistischer erschien, weil ihn die Ausdauer und Stärke, die dieses Junge für sein geringes Alter hervorbrachte, ihn beeindruckte. Und dann schwieg er, eine ganze Weile. Er sah einfach nur auf das Junge hinab. „Vielleicht wirst du mir noch ganz nützlich sein…“, murmelte Scar plötzlich und nahm es vorsichtig, wenn auch zögernd, ins Maul. Wohl niemand weiß, was da in Scar abging, aber aus irgendeinem Grund wollte er trotz allem das Junge am Leben lassen. Es war nicht sein Junges, aber es war immer noch Ziras. Diese lag währenddessen noch immer völlig fertig am vertrockneten Flussbett und starrte auf das andere Flussufer. Einfach abhauen? Es wäre ihre Chance. Aber… Nein… Allein schon wegen Nuka und Vitani… und Scar… Er konnte so bösartig sein wie er wollte, sie liebte ihn… Immer noch. „Zira?“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Scar. Die Löwin schreckte auf und spürte ihr Herz schneller schlagen. Nein, geh weg, geh, schoss es ihr durch den Kopf und sie glaube jeden Moment wieder in Tränen auszubrechen, doch Scar setzte sich völlig ruhig neben sie. Er schwieg einige Sekunden, sah sie sich einfach nur an und blieb still. Sie selbst schaffte es nicht ihm in die Augen zu sehen. „Zira“, begann Scar endlich in die unangenehme Stille zwischen ihnen zu reden „Sag mir einfach… Warum?“ Zira schossen Tränen in die Augen. Warum eigentlich? Sie holte Luft um zu antworten. Sie wollte ihm die Antwort regelrecht ins Gesicht klatschen, sie wollte ihn einfach nur anfauchen, einfach um all ihrer angestauten Wut und Verzweiflung Luft zu machen, doch dann hielt sie in ihrem Atemzug inne. Scar hatte sie ganz ruhig angesprochen…Vielleicht sollte sie das selbe tun. Sie wollte nämlich nicht mehr streiten. Also begann sie, wenn auch zittrig zu erklären: „Ich… ich war so wütend und traurig und verzweifelt und… Ich war enttäuscht“ Sie schluckte und blinzelte wie wild die Tränen weg „Ich war so unglaublich enttäuscht wegen Nala, ich… Was weiß ich!?“, schluchzte sie und sah in eine andere Richtung. Bloß kein Augenkontakt. Und dann war es wieder Still zwischen ihnen, auch wenn Zira Scars Blick spüren konnte. „Wer ist der Vater?“, wollte er nun wissen. Er sprach noch immer sehr ruhig und leise und Zira wusste nicht wirklich ob das nun gut war oder nicht. „Er sagte er hieße Fisadi… Keine Ahnung ob das stimmte oder wo er jetzt ist. Er weiß auch nichts von dem Jungen. Er ging noch in derselben Nacht in der ich ihn kennengelernt habe. Ich… Er hat mich einfach getröstet, weil…“ Zira wischte sich hastig die Nase an der Pfote ab und wich noch immer Scars Blick aus. Sie schämte sich für all das so unendlich. Sie fühlte sich so dreckig, so minderwertig. Sie wusste gar nicht wie dieses Gefühl zu beschreiben war. „Komm mal mit…“, meinte Scar plötzlich und stand auf. Nur sehr zögerlich folgte Zira ihm. Sie hatte keine Ahnung was Scar ihr zeigen wollte. Wortlos führte er sie an die Stelle, wo sie noch bis vor ein paar Stunden das Junge zur Welt gebracht hatte. „Was ist hier?“, fragte sie und ein schrecklicher Verdacht beschlich sie. Nein, er konnte ihr das doch nicht antun! Er konnte ihr doch nicht… Zira wollte das doch gar nicht sehen. Sie wollte kein totgebissenes, blutüberströmtes Jungtier sehen, vor allem nicht ihr eigenes. Ihr stellte sich bereits das Fell auf, als Scar unter einen Busch griff und etwas herauszog… Nämlich das Junge. Doch zu Ziras Überraschung war es völlig unversehrt. „Er heißt ab jetzt Kovu…“, war alles was Scar dazu sagte, ehe er es Zira vor die Pfoten legte. Sie konnte es einfach nicht fassen. War das hier alles nur ein Traum? Nein, es war echt, er lebte! Das Junge lebte noch… Kovu. Zira konnte es noch immer gar nicht fassen, dass Scar diesen Bastard wirklich verschont hatte, vor allem verstand sie nicht warum er das getan hatte. Sie konnte einfach nicht anders als zu lächeln. „Danke Scar… Danke.“ Sie wusste nicht was sie sonst hätte sagen sollen, doch der Drang sich ihm um den Hals zu werfen, übermannte sie und so kam es dass sie einfach nur zufrieden schnurrend ihren Kopf an Scars rieb. Dieser lächelte einen Moment lang, dann löste er sich jedoch von Zira und schob Kovu noch ein Stück näher an sie heran. „Kümmer‘ dich jetzt um ihn… Wir treffen uns später, ich schau nach Nuka und Vitani.“, meinte er, wobei dieser Unterton in seiner Stimme noch immer hörbar war. Er hatte noch daran zu schlucken was Zira getan hatte, aber er wollte das nicht zeigen. Und so waren Nuka und Vitani die wohl beste Ausrede die es hätte geben können. Doch Zira hörte doch deutlich dass es ihn belastete, nur tat sie nichts. Was sollte sie denn noch tun? Scar saß bereits einige Zeit am Königsfelsen und starrte einfach nur ins verdorrte Gras vor ihm. Zumindest so lange bis dort etwas raschelte. Nuka kam zum Vorschein, mit verheulten Augen und einem Ausdruck auf dem Gesicht, als hätte Vitani ihn in irgendein Dreckloch geschubst. „Nuka? Was ist los?“, fragte Scar besorgt, machte jedoch keine Anstalten aufzustehen. „Stimmt das was du da gesagt hast?“ „Was hab ich denn gesagt?“, fragte er mit einer solchen Ruhe in der Stimme, dass sogar Nuka sich langsam sammelte. „Na das was du vorhin zu Mutter gesagt hast, über unseren Bruder“, erklärte Nuka zittrig „D-dass er nicht dein Sohn ist.“ Scar seufze langezogen und setzte sich schließlich auf um Nuka näher an sich heranzuziehen. „Nuka… Wir haben das geregelt. Mach dir keine Sorgen um unsere Angelegenheiten, das Problem wurde gelöst.“, versicherte Scar seinem Sohn. „H-hast du ihn…“ Nuka wagte es nicht den Satz zu Ende zu bringen. „Getötet? Nein Nuka, habe ich nicht. Er lebt und dabei bleibt es nun.“, war Scars knappe Antwort. So sehr er Nuka auch lieb hatte, so schwer fiel es ihm jetzt ihm in die Augen zu sehen. „A-aber ich bleibe doch der erste in der Thronfolge nach dir, oder?“ Nuka sah seinen Vater so erwartungsvoll und flehend an, dass es Scar das Herz brach ihm nur in die Augen zu sehen. „Ich weiß es nicht… Meine Entscheidung ist noch nicht gefällt… Wir werden sehen, nicht?“ „Aber warum? Er ist doch nicht sein Sohn…“, meinte Nuka und machte so einen eher kläglichen Versuch seinen Vater klar zu machen dass Nuka unbedingt sein Thronfolger werden musste. „Nuka, das weiß ich doch…“, antwortete Scar und seufzte schwerfällig „Aber in ihm steckt Potenzial. Warum soll ich ihn nicht am Leben lassen um zumindest zuzusehen wie er sich entwickelt?“ „Du sagtest mal, das fremde Löwen nur ein Maul mehr zu stopfen sind.“ Scar seufzte nochmals auf. „Nuka, hatten wir das Thema nicht schon?“ „Aber ich bin gewachsen! Und du hast nicht auf meine Frage geantwortet!“, widersprach er trotzig. „Ganz einfach: Kovu ist zwar ‚nur‘ der Sohn deiner Mutter, aber… er wird jetzt auch gleichermaßen mein Sohn werden… Und dein Bruder. Verstanden?“ „Aber warum?“, wollte Nuka ein letztes Mal wissen. Für ihn erschien das alles so unfair, denn ER, Nuka, war doch Scars Sohn. Er und niemand sonst! „Nuka…“ Scar hielt inne „Das ist so schwer zu erklären… Vielleicht verstehst du es von selber mal, wenn du größer bist. Und jetzt komm… Lass in die Höhle gehen.“ Geknickt folgte Nuka seinem Vater, doch regte sich innerlich wie ein wilder über Kovu auf! Er war nicht mal Scars Sohn, warum dann dieser Name? Warum konnte Kovu nicht einfach eine Löwin werden? Warum musste Nuka auch einen Bruder bekommen? „Shenzi, schau mal was Ed gefunden hat!“, schrie Banzai durch die Gegend und rannte aufgeregt auf seine Freundin zu. Shenzi sah auf. Sie hatte gefährlich abgenommen in letzter Zeit und fraß was sie nur finden konnte… Wie jede Hyäne hier. Wie generell jedes Tier, welches noch hier geblieben war. Doch was Banzai ihr da erzählte, machte ihr Hoffnungen, vielleicht hatte sich ja ein Gnu in die Gegend verirrt. Doch was Ed da im Maul hatte war leider kein Gnu, sondern ein Schakal, der sich noch wild zappelnd wehrte. „Lasst mich raus!“, kreischte sie in Todesangst. „FUTTER! Wo habt ihr das aufgegabelt?“, fragte Shenzi beeindruckt. Ed grinste voller Stolz und riss den Schakal freudig hin und her, wobei dieser von Schmerzen geschüttelt aufjaulte. „Ach, Ed hat sie an dem ausgetrockneten Fluss spielen sehen, nur weiter südlich von hier. Schau nur wie fett die ist! Und so groß!“, sabberte Banzai gefäßig. „Ich darf ja wohl bitten! Ich bin normalgewichtig, nicht fett“, bellte der Schakal weiter „Und sagt nichts gegen meine Größe!“ „Wie du meinst Süße, wird dir eh nix bringen, wir werden dich schon fressen.“, erwiderte Shenzi gierig. Ed gab ein hysterisches Lachen von sich, was in den Ohren seiner Beute das wohl unheimlichste und angsteinflößendste aller Zeiten war. Ja, Ed hatte selbst für eine Hyäne ein wirklich schauerliches Lachen. „Was? Ed, red deutlicher!“, verlangte Shenzi. Ed schmiss den Schakal mit aller Wucht auf den Boden und wiederholte sich. „Ne, ich finde das eine miese Idee! Warten wir einfach bis es wieder regnet.“, meinte Shenzi. Und damit begann der ganze Streit, darum, ob die Hyänen nicht einfach abhauen sollten, und Scar mit seinen Problemen allein lassen sollten. Und die liebe Beute, die jetzt zwischen den Hyänen saß, uns auch bekannt als Tumaini, sah nur völlig verwirrt zwischen Shenzi, Banzai und Ed umher. Bitte… wie? Häh? Hallo, sie existierte auch noch! … Sekunde mal… Egal! Nein, das war perfekt! Tumaini nutze ihre Chance natürlich und schlich sich leise und unbemerkt zwischen den Dreien hindurch. Eigentlich konnte sie kaum glauben wie einfach ihre Flucht gewesen war. Und die Hyänen? Die bemerkten es nicht mal! Tumaini atmete überglücklich auf und rannte los! Nur weg! Doch plötzlich sah Ed auf und begann wütend aufzujaulen. „WAS Ed, WAS?!“, schrien Shenzi und Banzai ihn an, ehe auch sie bemerkten das ihr potenzielles Mittagsessen weg war. „Hinter dem Schakal her!“, befahl Shenzi und in einem Mordstempo rasten die drei hinter Tumaini her, welche inzwischen panisch durch das trockene Flussbett kletterte. Eigentlich glaubte sie schon in Sicherheit zu sein, als sie plötzlich die Hyänen auf der anderen Seite sah, wie sie ebenfalls durch das Flussbett schlugen. „Ohoh…“, schnaufte Tumaini. Verdammt, diese Viecher waren ziemlich hartnäckig! Konnten die sie nicht einfach in Ruhe lassen? Panisch und flach atmend, rannte Tumaini um ihr Leben, wobei sie glaubte ihre Lunge würde zerbersten, bis… „KWANZA“, schrie sie, als sie den Löwen in einiger Entfernung in dem Akazienwald, in dem sie sich befand, stehen sah „ Schatz, hilf mir!“ Einige Sekunden später stürzte sie auf den Löwen zu und schaffte es sich unter ihm zu verstecken. Kwanza sah verwirrt und gleichzeitig besorgt zu Tumaini hinab, dann sah er auf und erkannte die drei Hyänen, welche ihr wohl nach dem Leben trachteten. Und Kwanza tat das, was er, wie Samangi es immer sagte, als einziges richtig gut konnte: Er plusterte sich so sehr er nur konnte auf. Und man musste ja sagen, dass er schon respekteinflößend aussah, wenn er mit hoch erhobenem Kopf dastand und auf jemanden mit seinen stechend grünen Augen starrte. Eigentlich waren sie alle, also auch er und Tumaini, nicht so oft im Norden, hier war es immer so heiß, aber momentan wollten sie aus Langweile einfach ein paar Tage die Gegend durchforschen. Die drei Hyänen stockten, als sie den großen Löwinnen vor ihnen stehen sahen. „Scar?“, murmelte Banzai halblaut, doch wusste im nächsten Moment das es Blödsinn war, vor allem deshalb, weil der Löwe vor ihnen ganz einfach nicht Scar war. „Verschwindet, lasst sie ich Ruhe!“, knurrte Kwanza nun drohend, als sie noch immer nicht kehrt machten. Natürlich befolgten die Hyänen Kwanzas Befehl, sie waren ja nicht verrückt, doch irgendwas an diesem Löwen hatte sie an Scar erinnert… Und genau das war angsteinflößend. „Oh Zazu… Rafiki… Wo seid ihr?“ Zuzu saß traurig auf einem Ast von Rafikis Baum. Der alte Mandrill war vor zwei Monaten gegangen, ohne ihr zu sagen, wohin. Zuzu tat die Einsamkeit nicht allzu gut. Früher gab es wenigstens noch Rafiki, mit dem sie inzwischen eine wirklich gute Freundschaft führte, die wahrscheinlich Beste die sie je gehabt hatte und Zazu kam sie auch besuchen, aber jetzt… Sie waren weg! Sie waren alle weg! Niemand konnte ihr genau sagen was mit Zazu passiert war, ehe Sarabi eines Abends vorbei kam und ihr sagte, Scar habe Zazu in einem Art Käfig aus dem Brustkorb eines Zebras gefangen gehalten. Zuzu war in Tränen ausgebrochen. Ihr geliebter Sohn konnte sie nicht mehr besuchen kommen, lebte jeden Tag mit dem Risiko getötet zu werden… Und Zuzu konnte nichts dagegen tun. Sie konnte auch nicht zu Zazu… Es wäre zu gefährlich für sie. Eine stille Träne lief ihr über den Schnabel. Sie hasse es wirklich loszufliegen. Zu wissen, das ihr Sohn nicht bei ihr war… Und Rafiki? Vor etwa zwei Monaten war er eines Tages völlig aus dem Häuschen gewesen, als Zuzu von einem ihrer kleinen Insektenfang-Flüge zurückgekommen war. Er war an diesem Abend ganz aufgeregt durch seinen Baum geklettert, hatte ein paar Sachen zusammengepackt und sich hektisch, aber voller Enthusiasmus von ihr verabschiedet. Er sagte, er würde bald wieder kommen, alles würde wieder gut werden. Zuerst hatte Zuzu wirklich ziemlich große Hoffnungen in ihn gehabt, doch inzwischen… Sie hatte kein Lebenszeichen von Rafiki gehört… Sie hoffte nur er lebte noch, denn sie wollte nicht noch eine geliebte Person verlieren. „Oh Ahadi, Uru…“, weinte der Rotschnabeltoko in den Nachmittagshimmel „Gebt mir meinen Jungen wieder! Bringt Rafiki zurück, bitte, ich brauche ihn, wir alle brauchen ihn… Schickt uns den Regen… Schickt uns Erlösung.“ Kapitel 57: Zusammentreffen --------------------------- „Nuka, aufstehen!“, rief Zira in den Morgenstunden. Nuka blinzelte verschlafen und gähnte ausgiebig. Neben ihm lag Vitani, neben der wiederrum Kovu lag, der inzwischen ein paar Tage alt war. Viel hatte sich an ihm nicht verändert, er war noch genau so klein und blind wie damals, als Nuka ihn zum ersten Mal erblickt hatte. „Was denn? Es ist doch viel zu früh…“, murmelte er verschlafen und schlang die Pfote über die Augen um irgendwie wieder in den Schlaf zu finden. „Willst du nun jagen lernen oder nicht?“, fragte Zira jedoch und seufzte genervt. Gestern noch hatte sie Nuka gesagt dass sie jagen gehen würden und er hatte es schon wieder vergessen. Was seine Aufmerksamkeit anging würden sie noch viel zu tun haben! Doch diese kleine Anmerkung genügte völlig um das Löwenjunge mit einem Mal hellwach zu machen. Vorfreudig sprang Nuka auf und rannte hibbelig zu seiner Mutter, welche jedoch sofort wieder eine genervte Miene aufsetzte und nur ein ermahnendes Knurren für ihn übrig hatte. „Sag das doch gleich, ich hab’s natürlich nicht vergessen.“, versuchte Nuka sich mit einem kleinen Lächeln herauszureden. Zira rollte mit den Augen und ging mit Nuka zu ihrer Jagdgruppe die, bereit den ganzen Tag durch die Gegend zu laufen wenn es denn nötig war, dastand. Zira sah kurz auf die Truppe und wartete einen Augenblick, bis alle Aufmerksamkeit ihr galt. „Hört gut zu“, begann sie „Ich hab nämlich keine Lust mich hier groß zu wiederholen. Die Sache ist folgende“ Sie deutete in eine Richtung „Wie ich hörte soll es im Süden, hinter dem vertrockneten Fluss, Beute geben. Wir machen uns jetzt auf den Weg und wenn wir uns wirklich beeilen, dann werden wir heute Nacht wieder zu Hause ankommen…“ Sie hielt kurz inne „Mit Beute, zumindest hoffe ich das.“ Doch dieser letzte Teil war nicht einfach eine kleine Bitte am Rande, das war eine äußerst scharfe Ansage die, da waren sich alle Löwinnen sicher, nicht ignoriert werden sollte. „Aber der Süden gehört nicht mehr zu unserem Revier.“, wand Haki plötzlich ein. „Und“, fragte Zira gleichgültig „Seh ich so aus als ob es mich interessiert? Ich hab Hunger, du hast Hunger…“ Haki spielte unruhig mit ihren Ohren herum, unterwarf sich jedoch Ziras Anweisung, immerhin war SIE Königin, SIE hatte das sagen. Nuka sah jedoch eher relativ begeistert zu seiner Mutter, denn der Ton den sie hier anschlug zeigte regelrecht wie viel sie zu sagen hatte. Ja, Nuka war richtig stolz darauf eine Mutter zu haben, deren Befehl sich alle unterwarfen! DAS hatte schließlich nicht jeder… „Sonstige Fragen“ Zira sah kurz in die Runde „Nein? Gut. Dann los.“ Es war irgendwie doch komisch, das gab Nuka zu. Seine Mutter war plötzlich so kalt, er war das gar nicht gewohnt. Ihm gegenüber war sie sonst nie so vorgekommen, doch wie er sie hier nun sah, wie sie die andere Löwinnen mit ihren regelrecht militärischen Anweisungen in ihre Schranken wies flößte ihm doch ein kleines Bisschen Angst ein. Doch so marschierten sie nun einige Stunden geradeaus Richtung Süden. Nuka hätte nicht gedacht, dass das alles so hart war! In der Hitze des Vormittags durch die Gegend zu laufen war das schwerste was er bisher je getan hatte. Und es war nicht mal Mittag! Doch irgendwie schien es Zira und den anderen Löwinnen nichts auszumachen, sie waren noch immer so entschlossen diese Strecke hinter sich zu bringen wie heute Morgen. Also gut, Nuka war immerhin ein Prinz! Er würde ihnen beweisen, dass er ebenso stark war, wenn nicht sogar stärker! Obwohl die Sonne auf seinem Pelz brannte, ließ er sich nichts anmerken und lief verbissen weiter. „Nuka“ Zira drehte sich nach einiger Zeit nach ihm um „Brauchst du eine Pause?“ Nuka schüttelte entschlossen den Kopf und lief etwas schneller, fast so als wolle er seiner Mutter beweisen wie gut er das hier durchhalten konnte. „Na gut… Dann eben nicht.“ Doch irgendwie war Zira froh darüber, denn eigentlich war eine Pause das letzte was sie brauchen könnte, zumindest wenn sie noch heute Nacht was zum Fressen zum Königsfelsen schleppen wollte.   Als die Truppe schließlich, Stunden später als die Sonne schon auf tiefer stand, das Geweihte Land etwas hinter sich gelassen hatte, waren die Temperaturen merklich gesunken. Die Gegend hier war merklich angenehmer als das Geweihte Land. Das Bisschen Gras und das Grünzeug, welche hier wuchsen, machten einen kleinen aber feinen Unterschied und wirkten auf Nuka wie ein netter Kontrast zum verdorrten Braungrau im Geweihten Land. „Wow! Seht euch das an!“, brachte plötzlich Matawi hervor. Die anderen Löwinnen drehten sich in ihre Richtung, und sahen am Fuße eines Hügels, in einiger Entfernung doch tatsächlich eine Herde Antilopen grasen. Die Tiere schienen die Löwinnen jedoch gar nicht wahrgenommen zu haben und das sollte auch so bleiben. „Oh verdammt…“, murmelte Zira halblaut „Das ist perfekt, die schreien nur so danach zu sterben, die holen wir uns! Also dann, die übliche Taktik und Nuka“ Sie sah mahnend zu ihrem Sohn herab „du bleibst hier oben und schaust uns genauestens zu, verstanden?“ Nuka nickte gehorsam und setzte sich ins Gras. „Gut… Und denk gar nicht daran uns nachzueifern, erst einmal wirst du uns nur zusehen, verstanden?“, ermahnte  Zira ihn nochmals und schlich langsam durch das Gras weg. Nuka sah interessiert dabei zu wie die ausgehungerten Löwinnen ihrer Beute immer näher kamen. Er hatte noch nie die Möglichkeit es von solcher Nähe zu beobachten und seine Aufregung war spürbar. Allein ihnen dabei zuzusehen war schon nervenaufreibend, wie musste es da wohl erst sein wenn man selbst da unten stand und kurz davor stand eines dieser Tiere zu töten? Plötzlich jedoch nahmen die Antilopen jedoch den Geruch der Löwinnen auf und rannten fluchtartig davon… Jedoch nicht grade in die richtige Richtung. Denn… Nun ja… Sie rannten auf NUKA zu und DAS war das letzte womit er gerechnet hätte. Nuka verfiel augenblicklich in Panik und hatte mit einem Mal nur noch seine Flucht im Kopf. Er achtete nicht auf seinen Weg oder auf irgendwas, er wollte nur noch wegrennen. Als er endlich stoppte musste er jedoch erschrocken feststellen, dass er sich total verlaufen hatte. Erschrocken war jedoch noch untertrieben… Er bekam es mit der blanken Angst zu tun. „Mutter? MUTTER!“, rief Nuka weinerlich. Doch er hatte sie völlig aus den Augen verloren. Oh nein, nein! Bitte! Nein! Das durfte doch alles nicht wahr sein! Warum ausgerechnet heute, dem Tag seiner ersten Jagd? „MUTTER!“, schrie er nochmals, doch wieder tat sich nicht. Langsam spürte er regelrecht die Verzweiflung und Hilflosigkeit in sich aufkochen und konnte einfach nicht mehr anders als in Tränen auszubrechen. Wo war er denn nur? Wo war seine Mutter? Wimmernd rollte er sich in einem Gebüsch, dem nächst besten was ihm Schutz bieten konnte, zusammen und hoffte nur noch, dass Zira bald kommen würde. Er lag einige Zeit in seinem Versteck, ehe er plötzlich eine fremde Stimme erhörte. „Kwanza“, rief Jemand „Komm, wir gehen nach Hause! Ich hab die Schnauze voll vom Norden! Es ist zu trocken und zu heiß und man wird von irgendwelchen Hyänen entführt!“ Nuka wusste nicht genau von wo die Stimme kam, doch sie schien wohl weiter weg zu sein. Und plötzlich sprang ein so riesiger, großer, und respekteinflößender Löwe in Nukas Blickfeld, dass er zusammenzuckte und noch viel mehr Angst als zuvor bekam. Seine Mutter sagte immer fremde Löwen waren gefährlich und beim Anblick von dem Brocken vor ihm glaubte er ihr aufs Wort! „Ich ko-hoooooomme!“, rief der große Löwe, also dieser Kwanza und wollte schon weitergehen, als er stockte. „Nanu… Hey Kleiner… Wer bist du denn?“, lachte Kwanza und duckte sich. Nuka sah ängstlich in die Augen des Fremden, doch irgendwie… Moment mal! Diese Augenzeichnung… Die war herzförmig, genau wie Nukas! Verrückt und er dachte er wäre der einzige mit solchen besonderen Augen. Die schwarze Mähne des Löwen fiel ihm keck in die grünen Augen und warf einen kleinen Schatten auf sein Gesicht… Und wäre DAS nicht gewesen, wäre die Mähne nicht gewesen, dann wäre Nuka dieser Löwe sogar bekannt vorgekommen. „Hey Süßer, nicht weinen… Wer bist du denn? Ich bin Kwanza…“ Nuka schluckte tapfer, dann meinte er: „Nuka…“ Ein kurzes Schweigen. Doch irgendwas in Nuka drängte ihn dazu diesen Löwen, der möglicherweise seine einzige Rettung war, um Hilfe zu beten. „Weißt du wo meine Mutter ist? Sie wollte hier jagen, aber dann… die Antilopen… Ich… Ich bekam Angst… Und…“ „Du bist in Panik verfallen und weggerannt?“, vervollständigte Kwanza den Satz. Nuka nickte. „Oh, du armes Ding… Na komm, ich helf dir suchen.“, meinte Kwanza hilfsbereit und sah Nuka mitleidig entgegen. Nuka atmete erleichtert auf, doch dann schien sich alles in ihm zusammenzuziehen, als er einen Schakal hinter Kwanza entdeckte, der nicht gerade Scheu vor dem großen Löwen zeigte. „Ah! Pass auf, hinter dir!“, quiekte Nuka und machte sich in seinem Versteck noch kleiner als zuvor. „Hey, bleib cool, ich bin’s nur!“, beruhigte Tumaini ihn und sah prüfend auf ihn. „Kwanza, Kwanza, hast mir gar nicht gesagt das du eine Freundin hast! Der Kleine könnte dein Junges sein! Oder dein kleiner Bruder.“, lachte Tumaini, ohne dabei auch nur andeutungsweise zu ahnen wie richtig sie doch lag. „Sehr lustig Mama!“, knurrte Kwanza genervt. „Äh, was?! Sie ist deine Mutter?“, rief Nuka entsetzt aus. Er wusste nicht viel übers Junge bekommen, aber wie sollte DAS denn gehen? Tumaini kicherte amüsiert. „Oh nein, natürlich bin ich nicht ihre richtige Mutter. Ich hab sie nur adoptiert als sie noch sehr klein waren…. Sie sind irgendwie in eine Schlucht gefallen. Ihre Eltern konnte ich nicht ausmachen, da hab ich sie einfach mitgenommen“, erklärte Tumaini schnell und beäugte Nuka „Wie heißt du eigentlich?“ „Nuka.“ „Ah… Okay, dann würde ich sagen… Suchen wir deine Mutter.“ Enthusiastisch, wie Tumaini eben war, tippelte sie voran, Kwanza und Nuka, welcher sich nun, als Tumaini in etwas Abstand zu ihm war, aus seinem Versteck traute, im Schlepptau. „Er sagte was von ‚Antilopen‘. Ich kenn da einen Ort, wo welche grasen, wir sind da vorhin dran vorbei gekommen. Schauen wir erst mal da.“, meinte Kwanza. Tumaini nickte und so standen die drei kurze Zeit später an der Stelle, von der Nuka eigentlich zuschauen sollte. Doch eine Sache ließ Nuka grade einfach keine Ruhe, nämlich die, dass Kwanza ihm so verdammt vertraut aussah… Nur wer? An wen erinnerte der große Löwe ihn nur? Nuka wusste einfach nicht woher, aber irgendwie hatte er das Gefühl Kwanza schon mal gesehen zu haben. Hm… Wahrscheinlich bildete Nuka sich das nur ein. „Also…“, begann Nuka unsicher „Die Antilopen flüchteten in DIESE Richtung… Laufen wir einfach da entlang.“ „Okay Kleiner…“, meinte Tumaini und versuchte die Witterung fremder Löwen aufzunehmen, was bei der ungünstigen Windrichtung nicht so leicht war. „Hey, ich glaube in der Richtung sind wir sogar richtig!“, meinet sie nach einigem Zögern jedoch.   „Wo ist er, WO IST ER!? Hat denn keine von euch was gesehen?!“, fuhr Zira die anderen Löwinnen panisch an und sah sich in alle Richtungen um. Sie hatten eben eine Antilope erwischt und fraßen sich daran satt, als Zira auffiel, das Nuka nicht da war. Sie hatte gedacht er hatte sich einfach, wie sie ihm befohlen hatte, versteckt, doch dass er ihr nicht nachkam machte ihr mehr als nur Sorgen, sie hatte Angst um ihn! „Beruhig dich, ihm geht’s bestimmt gut! Wahrscheinlich ist er schon auf dem Weg zu uns!“, meinte Malkia beruhigend, obwohl sie ihrer Theorie selbst nicht glaubte. Zira verfiel momentan in totale Panik. Keinen Bissen würde sie runterbekommen, wenn sie nicht wusste wo Nuka war. Wie konnte sie ihn nur verlieren? Was war sie denn für eine Mutter, unfähig auf ihre eigenes Kind aufzupassen? Verdammt noch mal, wo war er denn nur?   „Hey, schaut mal, da sind Löwinnen! Ist eine von denen deine Mutter?“, fragte Tumaini, als sie in einiger Entfernung Ziras Löwinnen sah. Sie hatte ihr Augenmerk vor allem auf Zira gerichtet, was jedoch bei der Nervosität der Löwin nicht schwer war. „Haha, die eine dreht ja grade voll durch.“ Nuka sah hoffnungsvoll auf und ein breites Lächeln schlich auf sein Gesicht. „Ja, das ist sie! DAS ist meine Mutter!“, quiekte Nuka überglücklich und sprang nervös vor Tumainis und Kwanzas Beinen umher. „Danke, danke ihr beiden!“, meinte er und warf den zweien dankbare Blicke zu, denn was hätte er ihnen denn sonst geben sollen? Tumaini grinste schief, doch Kwanza konnte den Blick nicht ganz von Zira wenden… Ja, er starrte sich regelrecht an ihr fest, warum wusste er jedoch auch nicht. Vielleicht lag es auch nur daran dass sie die erste Löwin, neben seinen Schwestern war, seit Ewigkeiten, die er mal aus solcher Nähe sah. Wer zur Hölle war das?  „Also… Ich geh jetzt zu ihr. Vielen Dank euch beiden!“, rief Nuka ihnen nochmals zu und dann war er auch schon über alle Berg. So eine Schnelligkeit hätte sie diesen kleinen Beinchen gar nicht zugetraut. „Was für ein süßer Kerl…“, schwärmte Tumaini grinsend „Findest du nicht auch? Kwanza?“ Kwanza reagierte gar nicht, doch er wand seinen Blick nun endlich von Zira ab.  „Erde an Kwanza… Komm… Lass uns nach Hause gehen.“, meinte Tumaini und stupste Kwanza am Bein an. „Äh… Klar… Komm, das wird ein langer Marsch.“, meinte er und machte schneller kehr als es manch anderen Recht gewesen wäre.   „Nuka! Oh mein Gott, wo kommst du denn her?“, brachte Zira überglücklich hervor und schmiegte den Kopf an ihm. „Da war so ein großer Löwe, der hat mir mit einem Schakal geholfen dich wieder zu finden.“, erklärte Nuka unvermittelt. „Was?“ „Ja und der Schakal war seine Mutter und-“ „Nuka“, fauchte Zira ihren Sohn genervt an „Lüg mich nicht an! Du weißt wie ich das hasse!“ „A-aber ich sag die Wahrheit“, verteidigte Nuka sich „Schau, da obe-“ Er stockte. Grade eben waren die beiden doch noch auf dem Hügel, ganz sicher! Die Welt war schon ziemlich verdreht. „Nuka, wenn du dich aufspielen willst, vergiss es… Und jetzt…“ Sie wand sich wieder den Löwinnen zu, welche das Gespräch zwischen Zira und ihrem Sohn nur schweigend beobachtet hatten „Ab nach Hause… Die anderen werden sich über unsere Beute freuen.“, meinte Zira selbstzufrieden. Die Löwinnen packten Gruppenweise jeweils eine Antilope und schliffen sie hinter sich her. Vier Antilopen erschienen vielleicht nicht nach viel, aber für Scar, Nuka und die andere Löwinnen von Sarabis Jagdtrupp sollte es für heute reichen. Sobald sie aus dem südlichen Territorium weg waren, und den Fluss hinter sich hatten, würde die Beute im Geweihten Land sein. Und dann war zumindest ein Problem kurzzeitig beendet.   Nachdem die Löwinnen mit ihren kleinen Antilopen eine Weile gewandert waren, stockte Jua plötzlich. „Riecht ihr das?“, fragte sie ungläubig.  Irgendwas sin ihrer Stimme machte Zira Sorgen also nahm sie Juas Kommentar ernst und stoppte die Gruppe kurz. Wenn sie in Gefahr waren mussten sie sich so schnell wie möglich für das Schlimmste vorbereiten. Auch die anderen Löwinnen schnüffelten aufgeregt in der Luft umher. Der Geruch kam ihnen bekannt vor, doch es war schon so lange her dass… Regen. Das war Regen! „Spinn ich, oder sind das da Gewitterwolken?“, fragte Mwenzi ungläubig und sah zum Horizont, wo sich tatsächlich langsam aber sicher Wolken auftürmten. Der Himmel wurde von Süden her kohlrabenschwarz, die Wolken türmten sich fast schon bedrohlich vor ihnen auf. Kaum merklich eigentlich, aber wenn der Wind in dieser Geschwindigkeit weiter wehen würde, dann würde es möglicherweise noch heute Nacht im Geweihten Land regnen und Regen war… Er würde sie alle retten. „Oh verdammt“, rief Zira aus „Die ziehen nach Norden… Die ziehen ins Geweihte Land!“ Zu sagen dass Zira erleichtert war, wäre in diesem Fall noch weit untertrieben! Zira war gerade die wahrscheinlich glücklichste Löwin auf Erden, denn niemand konnte wirklich nachvollziehen wie viel ihr und dem ganzen Geweihten Land dieser Regen bedeutete! „Wir werden überleben! Der Regen kommt!“, quietschten die Löwinnen und hüpften wie kleine Junge umher. „Los, ab nach Hause!“, meinte Zira, welche sich jedoch noch halbwegs unter Kontrolle hatte. Die riesigen Wolken hatten den Löwinnen Hoffnung gemacht, natürlich waren sie waren voller Enthusiasmus! Doch sie hatten sich gefälligst zusammenzureißen, freuen konnten sie sich auch noch später, wenn es erst mal geregnet hatte. Scar wird so glücklich sein, dachte Zira sich dennoch im Stillen und lief zum ersten Mal seit Monaten leichten Herzens Richtung Norden, ständiger Begleiter waren die Wolken. Was sie jedoch nicht ahnen konnte war, dass nicht nur der Regen kommen würde. Hätte Zira auch nur geahnt wie das Leben ihr noch heute das Herz aus der Brust reißen würde, sie wäre noch schneller gelaufen. Kapitel 58: Goodbye my lover... ------------------------------- Als die Löwinnen Stunden später, inzwischen war es bereits dunkel, im Geweihten Land ankamen, waren sie völlig erschöpft vom langen Marsch und dem ziehen ihrer Beute. Sie freuten sich einfach überhaupt mal wieder was zu haben, was sie fressen konnten und ziemlich sicher galt das auch für die anderen Löwinnen. Irgendwie war da auch dieses Überlegenheitsgefühl in Zira. SIE, ihre Gruppe, war zäh und ausdauernd genug gewesen um so lange nach Beute gesucht zu haben, bis sie welche fanden. Gar keine Frage, Zira war verdammt stolz auf sich und ihre Löwinnen. „Legen wir das Futter hier ab… Ich hol dann mal die anderen, fangt ihr schon mal an.“, meinte Zira. Sie sah mit einem hochzufriedenen Lächeln in den Himmel, wo die Wolken sich bedrohlich zusammenbrauten. Es würde regnen, oh ja. Und dann? Ja, dann würde alles wieder blühen. Hach, das Schicksal meinte es doch gut mit ihnen. Dachte sie. „Na Zuzu… Sagte ich nicht, ich würde Hilfe holen?“, fragte Rafiki Zuzu und setzte seinen allwissenden Blick auf. Der alte Toko lächelte glücklich. „Danke Rafiki, du hast dein Versprechen gehalten. Danke“ Sie wischte sich eine Träne aus den Augen, dann seufzte sie auf „Ich kann es nicht glauben, Simba lebt! Ich wünschte nur Mufasa könnte das alles noch miterleben.“ „Das tut er doch…“, grinste Rafiki und zeigte in den schwarzen Himmel. „Jaja, das tut er… Wer weiß, wenn das alles vorbei ist… Vielleicht kann ich mich sogar wieder raustrauen.“, meinte Zuzu spaßend, auch wenn man in ihrer Stimme deutlich heraushören konnte, dass dem auch ein Funken ernst beiwohnte. Rafiki lachte auf, dann stupst er sie grinsend an. „Hey, du redest schon wie ein Affe, der du bist… und ich nicht!“ Zuzu verdrehte die Augen, dann zwickte sie Rafiki mit ihrem Schnabel in die Seite. „Klar du Affe“, lachte sie „Aber wohin gehst du jetzt?“ Rafiki sah sich um, als er seinen Baum runterhangelte. „Ach, nur einem alten Freund helfen!“ „Viel Glück Rafiki!“, verabschiedete Zuzu sich und sah voller Erwarten, Vorfreude, voller Hoffnung zum Horizont, dort wo der Königsfelsen in den Himmel ragte. Dort wo sich vielleicht endlich was ändern würde. Denn wenn sich heute nichts ändern würde, dann würde nie was passieren. Als Rafiki bereits aus ihrer Sicht verschwunden war, drehte sie sich nochmals den Wolken zu und wisperte ein leises „Danke.“ Währenddessen lief Zira eilig zum Königsfelsen, während das vertrocknete Gras sie unangenehm in die Ballen stach. Blitze zucken vom Himmel und die Schwüle der Luft erdrückte sie fast. Das Atmen fiel ihr richtig schwer. Doch es regnete einfach nicht und die Blitze waren verdammt gefährlich. Nicht etwa weil sie sich davor fürchtete von Einem erschlagen zu werden, sondern viel mehr deshalb, weil die Erde trocken war und sich leicht was entzünden konnte. Doch je näher Zira dem Königsfelsen kam, desto heißer wurde es. Zuerst dachte sie, sie würde sich das nur einbilden, doch allmählich beschlich sie eine ungute Vermutung. Und aus dieser Vermutung wurde innerhalb eines Atemstoßes die bittere Realität. Feuer. Überall züngelten die Flammen auf und breiteten sich gefährlich schnell, unter anderem in Richtung des Königsfelsens, aus. So sehr Zira auch versuchte sich zu beherrschen, ruhig zu bleiben und klar zu denken, so verfiel sie in eine blinde Panik, als sie die riesigen Feuerwände sah. Und nur noch eine Sache ging ihr durch den Kopf: Wo waren Vitani und Kovu? Zira war nicht das, was man selbstlos nennen würde, doch auch sie war eine Mutter. Und wenn es eins gab, was sie über alles liebte, dann waren es ihre Jungen. In Panik verfallen rannte sie völlig kopflos von einem Brandherd zum Anderen. Es fiel ihr nicht leicht einen Weg zum Königsfelsen zu finden, der ihr nicht die Pfoten verbrannte, doch als sie zwischen all den hochschellenden Flammen endlich mehr erkennen konnte, fiel ihr Augenmerk für ein paar Momente auf etwas ganz anderes. Nämlich auf einen Löwen. Eigentlich sah er äußerlich nicht besonders aus, aber eine Sache an ihm ließ Zira das Blut in den Adern gefrieren: Sein Gesicht. All seine Gesichtszüge, die Mähne, seine Farbe, einfach alles an ihm erschreckte sie. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie gesagt, dass da Mufasa am Königsfelsen stand. Doch sie wusste genau dass das nicht der Fall war, er war tot. Doch sie kannte dieses Gesicht, sie hatte keine Ahnung woher, aber sie kannte ihn. Die Augen vor allem kamen ihr so bekannt vor. Zira wusste, dass sie gerade wertvolle Zeit vergeudete, die sie mit diesem Nichtstun, diesem Starren, dem nachdenken verbrachte, aber sie bekam diese Frage nicht mehr aus ihrem Kopf. Also, der Löwe war goldbraun, kräftig, hatte eine satte, rote Mähne. Und plötzlich dämmerte es Zira. Das war Simba! Ja, ganz sicher, sie war sich absolut sicher, dass er es war, es konnte niemand anderes sein, niemand sonst kam infrage, bei niemandem sonst konnte sie sich eine solche Ähnlichkeit zu Mufasa vorstellen. Simba lebte… Er lebte? Er lebte?! Sie versuchet nochmal einen Blick zu erhaschen, doch die Sicht wurde ihr jäh genommen, da die hohen Flammenwände Zira ständig der Sicht beraubten. Sie verstand die Welt nicht mehr. Simba sollte eigentlich tot sein, das war er doch, oder? Wer also war dieser Löwe, spielte ihr ihr Verstand jetzt schon Streiche, hatte sie zu viel Rauch eingeatmet? Es war doch gar nicht möglich, dass Simba leibhaftig... Nein. Nein, nein, nein! Was zur Hölle tat sie hier eigentlich noch?! Sie musste jetzt zu Vitani und Kovu, sofort! Sie brauchten sie, was erlaubte sie sich nur ihre Zeit mit Denken zu verschwenden? Zira lief panisch an einer Flammenwand entlang. Was ihr wie Stunden vorkamen waren jedoch nur wenige Sekunden gewesen. Sie versuchte so sehr einen Weg zu der Höhle, auf den Königsfelsen zu finden, doch das Feuer versperrte ihr jegliche Chancen auf ein Vorankommen. Und da kam die Panik eines eingeengten Tieres wieder in ihr hoch. So hoch und intelligent Löwen sich auch vorkommen mochten, so waren sie letztendlich doch auch nur Tiere, die genauso leicht zu verängstigen waren, wie jedes andere Wesen auch. Doch eine Sache riss ihre Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes, auf etwas, was ihr fast genauso wichtig war wie ihre Jungen. Scars Stimme. Und ein Funken verzweifelte Hoffnung wurde in ihr wach. Ein verzweifelter Funken, dass er die Jungen möglicherweise bereits in Sicherheit gebracht hatte. Sie klammerte sich so sehr an diesen Glauben, dass sie ihren eigentlichen Impuls völlig beiseite warf. Wenn Scar die Jungen nicht hatte, könnte sie immer noch einen Weg in die Höhle suchen, vielleicht gab es ja hinter dem Königsfelsen, von dort kam ja auch Scars Stimme, einen Weg nach oben. Doch als Zira die Kurve hinter sich gelassen hatte, wäre sie um ein Haar wieder in meterhohe Flammen gelaufen. Dass ihre Pfoten sowieso schon von der ganzen Asche, in die sie getreten war, völlig wund waren, musste sie wohl nicht weiter erwähnen. Sie stellte sich auf die Hinterbeine, während sie sich auf einem Felsen abstützte, um was zu sehen. Tatsächlich erkannte sie Scar durch das Feuer, wie er am Boden lag, doch von Vitani und Kovu war keine Spur zu sehen. Doch die beiden waren sowieso von einer Sekunde auf die andere aus ihrem Kopf verschwunden. Um wen sie sich plötzlich viel mehr Sorgen machte, was sie mit einem Mal so viel mehr beängstigte, war die Situation die sich direkt vor ihren Augen abspielte. Es war nicht einfach die Tatsache, dass Scar so verletzlich am Boden lag, es war viel mehr das, dass um ihn herum die Hyänen standen. Nicht nur ein paar, sie sprach hier von dem ganzen Clan. Und wenn Zira sich nicht irrte, dann hatte sie die ganze Horde noch nie als so… beängstigend empfunden. Zira sich nicht irrte, dann hatte sie die ganze Horde noch nie als so… beängstigend empfunden. „Sag mal… Sagtest du grade eben „FREUNDE“?! Also wenn ich das richtig verstanden habe, waren wir doch eben noch die FEINDE!“ Das war Shenzis Stimme, ganz sicher. Zira erkannte sie bestens, auch wenn das Lodern des Feuers in ihren Ohren rauschte wie das Toben eines Sturms. „Ja, so hab ich das auch verstanden…“, bestätigte eine weitere Stimme. Banzai. „Ed?“, fragten die beiden nun gleichzeitig. Obwohl Zira Ed von ihrer Position aus nur von hinten sehen konnte, erschauderte sie bei dem sadistischen Lachen, was er hervorbrachte. Ihr stellten sich die Haare auf. Noch nie hatte sie sich vor Eds Gelächter irgendwie gegruselt, sie war ja kein Angsthase, aber diesmal machte es ihr zum ersten Mal angst. Berechtigter weise. Zira sah wie die Hyänen immer näher kamen und Scar wie, wie… ja, wie Beute umzingelten. BEUTE. Ihre Panik, von der sie dachte sie halbwegs unter Kontrolle zu haben, brach wieder in ihr aus. Ihre Panik machte sie zu dem was sie nicht seien wollte, sie machte sie zu einem kopflosen, instinktgesteuerten Biest, Panik nahm ihr die Fähigkeit zu denken, sie nahm ihr jegliche Kontrolle über den Körper, sie zwang sie dazu wegzurennen, sie nahm ihr sogar die simple Fähigkeit Dinge in ihrer Umwelt zu hören. Und genau das wollte sie doch eben nicht. Doch sie schaffte es nicht völlig durchzugehen und hörte stattdessen, durch das Knistern der Flammen, Scars Stimme. Und was er sagte gefiel ihr gar nicht. „Nein, nein, es war nicht meine Absicht, nein, nein, nein!“ Panik. Da war sie wieder, auch in Scars Stimme war sie zu hören. Obwohl, war das reine Panik? Nein. Da war auch Angst. Er war ängstlich. Seine Angst war ja so viel größer als seine Schmerzen, die er von dem Sturz erlitten hatte. Der Blick aus seinen grünen Augen konnte nicht aufhören zu zittern, zu flackern wie der eines kleinen Jungens, welches soeben in große Schwierigkeiten gerutscht war, aus welchen es allein nicht mehr raus kam. Er hatte ein Bündnis aus...Verrätern. Obwohl, war es nicht Scar gewesen, der die Hyänen verraten hatte? Oh, welch Ironie. Von ihm, wo er doch selbst wusste wie unberechenbar sie waren. „NEIN!“ Sein Betteln brachte überhaupt nichts, im Gegenteil, es heizte sie wahrscheinlich nur noch mehr auf. Es war die Bestätigung dafür, dass sie die Art wie sie ihn zur Strecke bringen wollten genau richtig machten. Es stachelte sie regelrecht dazu an jetzt endlich all ihre angestaute Wut herauszulassen, ihn noch mehr leiden zu sehen. Zira konnte durch die Flammen und deren Rauschen nur sehr schlecht etwas hören oder sehen, aber es war immer noch genug. Mehr als sie jetzt gerade eigentlich ertragen konnte. Zu sagen, dass sie ihn vorhatten zu verletzen, war untertrieben. Sie wollten ihm nicht wehtun, sie hatten eine ganz klare Tötungsabsicht. Sie stürzten sich auf ihn, griffen ihn rücksichtslos an, beißten, kratzten ihn und all das kombiniert mit ihrem kranken Lachen, war… Das war keine Art wie man sterben wollte. Das alles machte es zehnmal schwerer als es ohnehin schon für Scar war, das alles war als ob sie ihn für jedes einzelne Leiden, welches ihnen jemals widerfahren war büßen lassen wollten. Sie sahen die Angst in seinen Augen aufsteigen und es war eine solche Befriedigung für sie, eine solche Genugtun von der sie nie genug bekommen würden. Und sie hatten einen solchen Spaß daran, zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatten die Hyänen an irgendwas, was im Geweihten Land passierte Freude. Ja, sie hatten ein solches Vergnügen an seinem Leiden. Es war nicht allein das umbringen was ihnen im Sinn lag. Sie wollten einfach, dass er WUSSTE, dass er sterben würde, dass er die ganze Zeit mit dieser scheußlichen, endgültigen Angst leben musste. Doch sein Weg bis dahin würde verdammt lange dauern. Ja, die Hyänen würden versuchen das so lange wie möglich heraus zu zögern. Hyänen waren schließlich Spezialisten in so was, wer kannte nicht die Geschichten von einer Gruppe Hyänen, die ihre Beute lebendig in Stücke riss? Ob er Schmerzen hatte? Selbstverständlich, war diese Frage nicht völlig überflüssig? Doch er hatte mindestens doppelt so viel Angst. Zira war wie in einer Starre gefangen. Die Feuerwand hatte sich wie ein Vorhang vor ihre Augen gelegt und ließen die Brutalität, die sich dahinter abspielte viel weicher, fast schon harmloser aussehen. Die flimmernde Luft, das intensive Rot der Flammen ließ es auf einmal so verzerrt aussehen, die Unmengen an Blut die strömten registrierte Zira irgendwie gar nicht mehr. Einzig und allein zu sehen was die Hyänen da machten, gleich hinter dieser unüberwindbaren Feuerwand, reichte ihr um ihr Herz scheinbar zum Stillstand zu bringen. Der Schock saß ihr so tief in den Knochen und was für sie wie Minuten wirkten, in denen sie nicht gehandelt hatte und nur nutzlos dagestanden war, waren in Wirklichkeit nur ein paar Sekunden gewesen. Es waren nur ein paar Sekunden gewesen, die reichten um Scar an einen unumkehrbaren Punkt zu bringen, in dem er dem Tod näher war als dem Leben. Zira hatte nicht mal das Brüllen aus der Ferne bemerkt oder dass es plötzlich wie aus Kübeln zu regnen begonnen hatte. Erst als die Flammen innerhalb von Sekunden erstickt wurden und ihr den Weg zu Scar freimachten, bekam sie wieder die Kontrolle über sich. „Tja Scar, es war uns eine Ehre mit dir zusammenzuarbeiten!“, lachte Shenzi gehässig und leckte sich das Maul vom Blut sauber. Sie würden Scar unter keinen Umständen vollständig töten, das überließen sie der Zeit! Den finalen Gnadenstoß wollten sie ihm nicht gönnen, sie wollten nicht, dass er es so leicht haben würde. Er sollte einfach qualvoll verbluten, er sollte leiden! Er sollte in seinen letzten Minuten nur noch Leid und Schmerzen erfahren, nicht den geringsten Funken Gnade hatte dieser vermaledeite Verräter sich verdient! Und verbluten… Ja! DAS war ein langer, schmerzvoller Tod. Er sollte auf eine so erbärmliche Art und Weise sterben, dass sogar Ahadi jetzt Mitleid mit ihm hätte, er sollte es selbst in deinen letzten Atemzügen zu spüren bekommen, wie minderwertig er doch war, was es bedeutete sie, die Hyänen, zu hintergehen! Er würde einfach ganz langsam und schmerzhaft sterben, seine Überlebenschancen waren, bei dem Ausmaß, welches die Metzeleien der Hyänen angenommen hatte, sozusagen Null. Zira war innerhalb von ein paar Augenblicken, die der Regen nun schon auf sie und die Flammen niederprasselte, klatschnass geworden. Doch irgendwie merkte sie das gar nicht und rannte augenblicklich, sobald der Regen einen einen Weg durch die Flammen eröffnet hatte, los, stürmte zu Scar. Sie realisierte die Hyänen im ersten Augenblick um ehrlich zu sein gar nicht, ihre Aufmerksamkeit galt nämlich nur dem blutendem Löwen, der sterbend am Boden lag. Scar. Sterben. Was für ein grausames Wort das war, wenn man es mit jemandem verband, den man so unfassbar liebte. Doch natürlich sah Zira auch Shenzi. Und Shenzi sie. Und als Shenzi Zira erblickte, wie sie dastand, so gebrochen, so verschwand das triumphale Grinsen kurz aus ihrem Gesicht. Nicht wegen Reue, viel mehr wegen einem Funken Mitleid, den sie für Zira empfand. Sie wusste, dass Zira so viel besser war als Scar, sie hatte schließlich nie derartigen Mist fabriziert wie er. Sie war einfach immer nur neben ihm gesessen, war das geworden, was jede Königin doch war: Das stille Anhängsel. Das, was Shenzi immer gehofft hatte, was Zira nie werden würde, das was sie selbst nie sein wollte. Luft. Ein unwichtiges Schmuckstück, welches einfach da war um nett auszusehen und männliche Erben in die Welt zu setzen. Vielleicht war das auch der Grund, warum sie Ziras Art früher so gemocht hatte. Doch das war schon lange vorbei. „Warum?“, war alles was Zira rausbrachte. Wenn sie mehr gesagt hätte, wäre sie wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen oder auf Shenzi losgegangen. Oder beides. Und eigentlich war Shenzi noch nicht mal so richtig hieran Schuld. Zira kannte sie, den ganzen Clan, sie waren alle so unberechenbar. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen bis das hier passiert wäre, oder? Zira wollte ihnen irgendwie gar nicht die Schuld geben, sie konnte sie sogar irgendwie verstehen, sie wäre doch auch rebelliert wenn man mit ihr so umgegangen wäre wie Scar es getan hatte, aber vielleicht wollte sie ihren Hass auch nur für später aufheben, vielleicht wollte sie ihn jemand ganz anderem widmen und wusste es nur noch nicht mal. Vielleicht mochte sie die Hyänen im Unterbewusstsein noch immer viel zu sehr, um sie zu hassen. „Zira, es tut uns Leid um dich, DU hast das alles hier nicht verdient, aber ER schon.“, sprach plötzlich Shenzi leise. Grade laut genug um ihre Stimme nicht im prasselnden Regen untergehen zu lassen. Zira sah auf. Und plötzlich erinnerte sie sich an die ‚guten, alten Zeiten‘, damals, als sie alle noch so jung, so dumm waren, als das Leben noch so viel bunter, so viel vielversprechender war. Sie waren sogar zusammen jagen gegangen, sie hatten so viel Spaß gehabt zu viert, sie und die Hyänen. Warum musste es so enden? Warum hatten sie ihr das hier nicht ersparen können, wenn ihnen doch was an ihr lag. Warum taten sie ausgerechnet ihr das an? Jeden Löwen hätten sie töten können, von Sarabi bis zu einer der anderen Löwinnen, aber warum musste es ausgerechnet den Löwen treffen, der ihr am meisten bedeutete? Ziras Gehirn schaltete sich langsam wieder ein, jetzt wo das Feuer erlöscht war und die Panik sich legte. Und das hieß Lebensgefahr für die Hyänen, denn Zira konnte wieder denken. Sie konnte wieder Gefühle zulassen. Sie konnte Hass zulassen. „Shenzi, verschwindet… Verschwindet… Ich will euch nie wieder sehen. Ich warne euch, tut euch selbst einen Gefallen und geht an einen Ort, an dem ich euch nie finden werde. Sucht euch was Besseres als den Elefantenfriedhof. Ich frag mich sowieso, warum ihr das nie getan habt.“, brachte Zira schwach hervor, wobei sie ihre Krallen jedoch bereits ausfuhr. Shenzi starrte einige Sekunden in Ziras Richtung, auch wenn es ihr nur recht war gehen zu können. Sie wollte nicht mehr kämpfen, zumindest nicht mit Zira. Sie hatten alle schon viel zu viel gekämpft, heute Nacht. Dann spürte sie ein Stupsen an ihrer Schulter. Ed. Er sah ungewohnt ernst aus. Ein ernst aussehender Ed, wann hatte sie das schon mal gesehen? „Shenz‘, sie hat recht. Komm, lass uns bitte einfach gehen. Irgendwo hin, ist mir egal wo, aber lass uns jetzt einfach von hier gehen.“, meinte Banzai flehend an sie gewandt. Er hatte Recht, das wusste jeder. Sie konnten es sich nicht erlauben länger als nötig auch nur im näheren Umfeld des Geweihten Landes zu bleiben, zu gefährlich war es für sie geworden. Natürlich, sie hatten Scar umgebracht, aber das würde nie als Rechtfertigung reichen hier zu bleiben. Shenzi nickte kaum merklich und wand sich ab. Sie würden ja sehen wo das Schicksal sie hinführen würde, jetzt würden sie einfach nur gehen. Sie würden all das hier hinter sich lassen müssen, ein für alle Male. Sie waren immer im Elefantenfriedhof gewesen, weil das Geweihte Land so nah war, wo man doch super wildern konnte. Aber jetzt, nein, jetzt konnten sie sich das nicht mehr leisten, sie konnten sich überhaupt nichts mehr erlauben. Ein Fehltritt, ein Moment zu lang im Geweihten Land und Simba würde das Rudel dazu bringen auch noch den jämmerlichen Rest des Clans auszulöschen. Den jämmerlichen Rest, der übrig geblieben war. Dieser jämmerliche Rest, der zum einen Scars Regime und zum anderen diesen Brand und diese gnadenlose Metzelei der Löwen überlebt hatte. Und ebendieser Rest, zu dem glücklicherweise Shenzi, Banzai und Ed sich zählen durften, war ein Bruchteil von dem, was der Clan mal gewesen war. Wortlos stimmte Shenzi Banzais Bitte zu und machte allen umstehenden Hyänen klar ihr zu folgen. Und wie sie doch lachen mussten über das, was eben geschehen war. Außer Shenzi. Nicht dass sie bereute was sie getan hatte, aber so erfreut wie die anderen war sie plötzlich einfach nicht mehr. Shenzi sah sich, als sie kurz anhielten, nach den überlebenden Hyänen um, insbesondere nach ihren Geschwistern, von denen sie wirklich hoffte, dass sie noch alle da waren. „Shen- Shenzi…“ Saja, ihre kleine Schwester stand plötzlich tränenüberströmt neben ihr und sah sie hilfesuchend an „Komm schnell!“, brachte sie unter größten Anstrengungen, um nicht jeden Moment in Tränen auszubrechen, hervor. „Was ist? Wir haben keine Zeit um umzudrehen, was ist so wichtig, dass-“ Doch Shenzi kam nicht dazu auszusprechen. „Bitte komm doch einfach!“, flehte Saja und lief in eine Richtung vor. Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend folgte Shenzi ihrer Schwester, gab Banzai und Ed davor jedoch mit einer Geste zu verstehen, dass sie ihr nicht folgen sollten und lieber schon mal mit dem Clan ein Stück vom Königsfelsen weglaufen sollten. Saja stockte nördlich des Königsfelsens, in einigem Abstand und gab den Blick auf etwas frei, was Shenzi sich gerne erspart hätte. Shenzi war beim Besten Willen niemand, der sentimental war oder bei jedem Scheiß zu weinen anfing, so wie es ja manche dieser dummen Löwinnen waren und auch war sie kein übersensibles Naivchen, aber das was sie da blutüberströmt, vom Regen und Dreck verunreinigt, liegen sah, brachte sie dazu etwas zu tun was sie seit Ewigkeiten nicht mehr getan hatte. Sie weinte. Völlig unverhofft, spürte Shenzi wie die Tränen aus ihr herausbrachen. Ein sehr ungewohntes, ihr fremd gewordenes Gefühl. In einem Augenblick hatte sie noch gedacht der Druck, der von einem Moment auf den anderen auf ihrer Brust ruhte würde sie ersticken und jetzt brach es einfach aus ihr raus. Asake lag da. Sie lag einfach nur da, mit einer aufgerissenen Kehle und einem angsteinflößenden, starren, stur gerade aus gerichteten Blick. Ihr Blick generell machte Shenzi Angst, ob es nun daran lag, dass den Augen ihrer Mutter jegliches Leben fehlte oder einfach an dem ganzen Blut, welches ihren Anblick so unertragbar machte. Shenzi wusste es nicht. „Nein…“ Shenzi war einen Moment erschrocken über die unglaubliche Brüchigkeit ihrer eigenen Stimme, schubste Saja dann jedoch zur Seite und lief auf ihre Mutter zu. Ihre Geschwister, die sich um Asake getummelt hatten, machten sofort platz. Sie hatten alle größten Respekt vor ihrer älteren Schwester und Shenzi wollte man sich nicht in den Weg stellen, wenn sie wütend oder traurig war. Oder beides. Und auch wenn Shenzi nicht das beste Verhältnis zu ihnen hatte, sie liebten sich doch irgendwie alle. „Wa… Warum habt ihr mich nicht früher gerufen?“, heulte Shenzi sah hilflos zu ihrer Mutter herab, ehe sie die Schnauze winselnd gegen ihren Kopf drückte. „Wir… wir waren zu sehr mit ihr beschäftigt, wir hatten keine Ahnung wo du warst!“, stotterte ihr großer Bruder Jami, während er weitere Tränen unterdrückte. Doch Shenzi konnte es einfach nicht glauben. Sie hatte ihre Zeit damit vergeudet Scar den Nacken aufzureißen, und jetzt DAS?! Das war also Asakes Ende, nicht Krebs? Kein langsamer, dich von innen zerstörender Tod, der dich Stück für Stück aus der Welt riss, der Shenzi die Zeit gegeben hätte sie gehen zu lassen? Dabei hatte sie doch so sehr geglaubt, sie würde Zeit haben sich auf den Tod ihrer Mutter vorzubereiten, sie würde Zeit haben um ihr zu sagen wie viel sie ihr immer bedeutet hatte, egal wie ungeliebt sie sich manchmal doch gefühlt hatte. Und obwohl sie weinte, obwohl sie zum ersten Mal nach Ewigkeiten so viel weinte und mit den Nerven völlig blank lag, dazu noch inmitten ihrer Geschwister stand, so empfand sie keinen Hass, Neid oder derartiges für sie oder ihre Mutter. Im Gegenteil: Sie fühlte sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten geborgen in ihrer Familie. Und plötzlich fiel ihr Blick, auch wenn ihr Sichtfeld nur sehr verschwommen wahrnehmbar war, auf Asakes zerfetztes Ohr. Sie hatte ihr Ohr damals, vor Jahren verloren, als sie Shenzi vor einem angreifenden Löwen beschützen wollte, damals als sie so dumm und klein gewesen war und sich zu weit ins Geweihte Land getraut hatte. Asake hatte es damals auch tatsächlich geschafft ihre Tochter zu retten, aber sie verlor eben ihr Ohr. Nein, Asake hatte Shenzi wirklich nicht gehasst. Und Shenzi hatte ihre Mutter ebenso wenig gehasst. Sie war sich manchmal einfach nur nicht wichtig genug vorgekommen. Was konnte Asake eigentlich dafür, dass sie eben acht Mäuler zu stopfen hatte? Shenzis Geschwistern erging es doch auch nicht anders. Und die? Hatten die je einen Hass gegen ihre Mutter gehegt? Nein. Egal was Shenzi je gesagt hatte, sie hatte ihre Mutter doch geliebt, immer schon. Mehr als alles andere, auch wenn es nicht danach aussah. Und es tat ihr so leid, dass sie das nie gesagt hatte. Es tat ihr so unglaublich weh, dass sie sterben musste, ohne jemals so was wie ein simples ‚Ich hab dich lieb‘ oder ähnliches von ihrer Tochter zu hören. Es tat Shenzi leid, sie bereute es so sehr das nie gesagt zu haben, sie hasste sich regelrecht dafür! Wieso hatte sie nie gemerkt wie wichtig ihre Mutter ihr war, warum hatte sie sie immer als so selbstverständlich angesehen, warum konnte sie ihr nie sagen wie viel sie ihr doch bedeutete? Und warum platzte ihr Kopf grade vor Fragen? Wimmernd ließ Shenzi von Asake ab und schluckte ein paar trockene Schluchzer herunter. Dann war es für einige Sekunden still. Nichts zerriss diese verdammte Stille. Diese unangenehme Stille die Shenzi gerade nicht ertragen konnte. Bis sie plötzlich wieder aufschluchzte. Und so saßen sie da, acht Hyänen tummelten sich um eine Tote, nur um zu trauern, nur um ein letztes Mal ‚auf wiedersehen‘ zu sagen, nur um sich ein letztes Mal all ihre Gesichtszüge, jeden einzelnen Fleck auf ihrem Rücken einzuprägen. Nur um sie nie mehr zu vergessen. Denn das war eines der Dinge, die sie alle am meisten fürchteten: Das Vergessen. Sind wir doch ehrlich, niemand will vergessen und niemand will vergessen werden. Doch wie viel Zeit blieb ihnen schon? Sie mussten weiter und das wussten sie doch ganz genau. So ziemlich zeitgleich durchlebte jemand Anders einen weitaus grausameren und schmerzvolleren Todeskampf. Scar. Ach, er sah so erbärmlich aus. Mit gebrochenen Knochen und einem Rinnsal von Blut auf den Lippen, lag er da, im Schlamm. Nicht grade der sauberste Ort wo man sich niederlassen sollte, wenn einem teilweise die Haut fehlte und man Fleischwunden hatte, so groß wie Büffelhufe. Die Hyänen hatten wirklich alles gegeben um ihn möglichst viel zu verstümmeln. Die Haut hatten sie ihm einfach abgerissen, die Fetzten hingen entweder noch an ihm oder wurden ganz abgezogen. Selbst seinem Schwanz fehlte an einer Stelle so viel Haut, das man den Knochen sah. An einer anderen Stelle am Schwanz hatten sie ihm die Knochen sogar dermaßen zertrümmert, dass im Grunde sein Schwanz nur noch von einem einzigen Hautfetzen zusammengehalten wurde. Und überall hatte er diese unglaublich tiefen Fleischwunden, die bei jedem Atemzug wie Feuer brannten. Selbst seine Pfoten waren, als er versucht hatte sich gegen die Übermacht an Hyänen zu wehren, in starke Mitleidenschaft gerissen wurden. Er wusste nicht wie, aber sie hatten es sogar geschafft seine Pfoten zu brechen. Von seinem zertrümmerten Vorderbei fing er gar nicht erst an. Sie hatten sich zu dritt an seinem Bein festgebissen und er konnte auch ohne darauf zu schauen sagen, dass man durch die Wunde auf seinen zersplitterten Knochen sehen konnte. Und überall, in jeder einzelnen Wunde, wusch der Regen das Blut aus. Für jede normale Jagdverletzung wäre das von großer Hilfe gewesen, aber bei ihm hatte es nur den Effekt dass umso mehr Blut nachlief. Der Regen tat ihm nur den Gefallen, schneller zu verbluten. Sonst nichts. Sogar der Regen schien ihn so schnell wie möglich tot sehen zu wollen. Doch es konnte ihm nur recht sein, es konnte ihm gar nicht schnell genug gehen. Er konnte einfach nicht mehr. Man konnte diesen unerträglichen Schmerz, der jede Faser seines Körpers durchfuhr, nicht beschreiben, es war zu qualvoll. Sowohl es zu erleiden als auch darüber zu sprechen. Beim besten Willen, Scar hatte sich schon ein paar Mal in seinem Leben in irgendeiner Form weh getan, aber das was er gerade durchlitt war auf so vielen Ebenen das schlimmste was er je verspürt hatte. Zira, die bisher nur unter der gewaltigen last, die sich über ihr aufbaute, geschwiegen hatte, glaubte beinahe an dem unterdrückten Schluchzen zu ersticken, welches so dringend herausbrechen wollte. Doch sie durfte das jetzt einfach nicht zulassen, also schluckte sie kräftig, versteifte sie ihre Gesichtszüge und machte einen zögerlichen, finalen Schritt auf Scar zu. Sie konnte nicht direkt sagen warum sie sich nicht getraut hatte sich direkt zu ihm zu setzten, sondern stattdessen einen kleinen Abstand zu ihm gehalten hatte. Vielleicht lag es an all dem Blut, welches von dem Regen in solchen Mengen weggespült wurde, was Zira so verängstigte. Sie konnte es einfach nicht wirklich sagen. Scar hatte die Augen halb geschlossen, den Blick ins Nichts gerichtet. Entweder hatte er nicht bemerkt, dass sie die ganze Zeit da war, oder er wollte sie ganz bewusst nicht ansehen. Da Zira schwieg, konnte sie ganz genau jeden seiner schwerfälligen Atemzüge hören, konnte regelrecht sehen wie das Blut ihm aus dem Maul und der Nase floss, bei jedem Atemstoß ein bisschen mehr. Er sah so erschöpft aus. Noch nie hatte Zira geglaubt, gehofft, ihn jemals in einer solch erbärmlichen Verfassung sehen zu müssen. Wie falsch sie doch gelegen war. Vorsichtig ließ sie sich langsam zu ihm herab und spürte eine Art Würgreiz in sich hochkommen, als sie all das Blut, vermischt mit dem Regen, der auf sie prasselte, an ihrer Haut, ihrem gesamten Bauch, den Beinen, kleben spürte. Sie saß sozusagen direkt in seiner Blutlache, etwas, was ihr nicht mal in ihren schlimmsten Albträumen je in den Sinn gekommen war. Sie schluckte mehrmals, musste kurz wegsehen, durchatmen, bevor sie vorsichtig ihre warme Pfote auf Scars erschreckend kalte legte. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass Scar sehr viel wärmer gewesen war als sie selbst. Jedes Mal wenn sie sich an ihn geschmiegt hatte, ihm irgendeine Art von körperlicher Zuwendung gegeben hatte, wenn sie nur für sich waren und all die Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten, die sie in der Öffentlichkeit nie zeigen wollten, da war es Zira immer so vorgekommen, dass Scar wärmer war als sie. Das war eine solch schlichte Erinnerung, die da in ihr hochkam, doch im Augenblick erschien sie Zira plötzlich ganz und gar nicht mehr so simpel wie sie gedacht hatte. Im Gegenteil, mit einem Mal nahm sie für sie eine ganz neue Wichtigkeit ein, plötzlich erschien sie ihr so wertvoll. „Scar… Sie… sie sind weg. Du kannst wieder aufstehen.“, flüsterte Zira liebevoll in sein zerbissenes Ohr und versuchte so stark wie möglich zu klingen. Sie wollte etwas gesagt haben, denn sie saß nun schon seit einigen Minuten schweigend neben ihm und wartete nur darauf, dass er jeden Moment aufstehen würde. Doch wenn sie ehrlich war, so erwartete sie nicht wirklich eine Reaktion von ihm. Wenn ihm bereits das Atmen so schwer fiel, wie sollte er dann irgendwas zu ihr sagen? Es zerstörte Zira mit jeder Sekunde die verstrich, Scar so sehen zu müssen. Nach all den Jahren, die sie ihn schon kannte, nach all den Dingen, durch die das Schicksal die beiden geprügelt hatte, nach allem was sie für ihn getan hatte, nach all dem machte all das hier Zira mit jedem Atemzug kaputter. Sie hatte Scar immer als einen sehr starken Löwen, zumindest was seine Emotionen und seine Intelligenz anging, gesehen. Sie lächelte unweigerlich, als sie daran dachte, wie viel Spaß sie doch in so manchen lauen Nächten gehabt hatten, wenn die Welt einfach mal ruhig war, niemand etwas von ihnen wollte, wenn Scar einfach mal seine Ruhe hatte und er nur für sie da sein konnte. Doch dieses kurze Lächeln war augenblicklich wieder verschwunden, als sie von der Kälte seiner Pfote wachgerüttelt wurde. „Scar… Komm, steh auf.“, flehte Zira nochmals. Doch Scar rührte sich nicht und sah stattdessen aus seinen grünen Augen, in denen sich all sein Schmerz widerspiegelte, zu ihr. Wie ein kleines Junges, welches zum ersten Mal von seiner Mutter länger allein gelassen wurde. Nichts an ihm, weder seine zerrissenen Ohren, noch sein Schwanz zeigten irgendeine Art von Emotion. Er lag einfach nur wie ein nasser Sack Kartoffeln da. „Nein Zira“, brachte er schließlich mit großer Anstrengung hervor „Ich wurde ein für alle Mal geschlagen.“ „Nein“, kam ein verzweifelter Versuch des Widerspruchs von ihr „Hör auf sowas zu sagen! Du brauchst nur Futter, ich hab da was für dich gejagt, nur für dich! Steh auf, steh einfach auf, dann zeig ich es dir!“, fiel Zira ihm ins Wort und kämpfte immer stärker gegen die Tränen an. Aber sie blieb, da er nicht reagierte, wo sie war, nämlich in seinem Blut liegen und sah ihm tapfer in die Augen. Er würde schon nicht sterben. Doch er reagierte nicht mal auf ihren Blick. Er brach den Blickkontakt immer wieder ab, er sah immer irgendwo hin, aber nie konnte er den Mut aufbringen ihr in die Augen zu sehen. Er konnte es einfach nicht ertragen, er fürchtete sich vor dem was er in ihrem Blick sehen würde. Doch sie gab nicht so schnell auf, sie bleib bei ihrer Überzeugung, dass er jeden Augenblick aufstehen würde, es zumindest versuchen würde. „Scar, was soll das?“, wimmerte sie, als er nach einigen Minuten, die wieder von dieser Stille gefüllt waren, immer noch nicht aufstand. Ihr kam es wie Stunden vor, die er nun schon am Boden lag. Ihr kam es auch so vor, als ob das Prasseln des Regens ihr das Trommelfell zerreißen würde. „Zira… ich werde sterben.“, keuchte Scar. Und plötzlich sah Zira etwas in seinen Augen, was sie noch nie wirklich an ihm, an ihrem großen, mutigen Scar gesehen hatte, nämlich Angst. Unendliche Angst. Zira wollte immer schon einen Weg finden ihm in allen Einzelheiten klar zu machen, was und vor allem wie viel sie für ihn empfand, doch sie hatte es nie geschafft die Worte zu finden, die alles ausdrücken konnten, was sie sagen wollte. ‚Danke, für alles was du mir gegeben hast, ich liebe dich… so viel mehr als du denkst.‘ Und nun sollte sie Tschüss sagen? Jetzt sollte sie sich für immer von dem Einzigen verabschieden, der ihr je im Leben das Gefühl von Zuneigung, von wirklicher Liebe geben konnte? JETZT sollte sie- das war so absurd. „Nimm das nicht so schwer. Du kommst drüber hinweg.“, erreichte Scars sehr leise und keuchende Stimme Ziras Ohren. Sie konnte sogar so was wie die Andeutung eines gequälten Lächelns auf seinem Gesicht sehen. Es war so schmerzhaft offensichtlich, dass er litt und trotzdem versuchte er zumindest ein Lächeln aufzusetzen. Es war nicht das breite, durchtriebene Lächeln, welches Zira so gerne gesehen hätte, aber es war besser als nichts. Scar drehte die Pfote, auf der Zira ihre hatte ruhen lassen und drückte sie sanft. Schwach. Ja, das traf es besser. „Du kannst d- … D-du…“ Ziras verzweifelter Versuch irgendwas zu sagen, in der Hoffnung ihn dann nicht zu verlieren, ging in ihrem Kampf gegen die Tränen unter. Sie wollte einfach nur seine Anwesenheit genießen, sie wollte sich nicht eingestehen, dass das hier das letzte Mal sein sollte, zu dem sie die Gelegenheit dazu haben sollte. Inzwischen konnte Zira die Tränen kaum noch zurückhalten. Doch sie schaffte es doch irgendwie, nicht loszuheulen. Sie sah hilflos zu ihm und sagte einfach nichts mehr. Jetzt war Zira diejenige, die seinem Blick nicht standhalten konnte. Jetzt war sie die, die das nicht mehr ertragen konnte. Jetzt war sie die, die nicht reden konnte. Scar seufzte bei ihrem Anblick. Zira hasste es, wie resigniert und geschlagen es klang. Sein Seufzen, sie interpretierte… Ach, was war nur los mit ihr? Was sollte Scar denn dagegen tun? „Ich kann das nicht.“, brachte er zittrig hervor. Zira presste ihre Lippen mit aller Kraft zusammen, drückte ihre Zunge gegen den Gaumen und wünschte sie könnte Scar einfach sagen, dass er es schaffen würde, dass er bald wieder auf den Beinen sein würde und die paar Narben die übrig bleiben würden nichts an ihrer Liebe zu ihm ändern würden. Doch dafür müsste sie es doch erst mal selbst glauben. Sie war schrecklich darin Scar anzulügen. Bei jedem anderen Löwen war es kein Problem, aber bei Scar war es unmöglich. Und so lag sie in Stille neben ihm, ohne eine Ahnung was sie hätte tun oder sagen können, um diese schreckliche Situation irgendwie ein bisschen anzuheben. Einzig und allein der Regen war zu hören. Sie hatte keine Ahnung. Aber sie wusste dass sie diese wertvollen Augenblicke, die ihr jetzt noch blieben ausnutzen musste. Sie wollte irgendwas tun, irgendwas was ihm die Schmerzen nahm, aber was war das? Was konnte ihm das Leiden nehmen? Sollte sie ihn etwa umbringen? Nein, das würde sie nicht tun. Das Schweigen hielt an und sie drehte den Kopf wieder. Ihr Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt, was ihr erster Gedanke war, war wohl nicht schwer zu erraten. Vorsichtig leckte sie ihm über die Lippen, um etwas Blut wegzuwischen. Immer wieder. Unaufhörlich, es kam ihr fast schon wie ein Zwang vor. Vielleicht weil sie so das Gefühl hatte etwas Gutes für ihn zu tun, ihm zu helfen. Doch was brachten ihre kleinen Anstrengungen schon? Glaubte sie wirklich ihn so zu retten? Sie platzierte ihre zweite Pfote, welche nicht unter Scars‘ lag, vorsichtig auf seinem Rücken. Sie fuhr damit fort ihm über das Maul zu lecken, auch wenn das ganze Blut welches sie schmeckte, allein schon aufgrund der Menge, in ihr den Drang auslöste sich zu übergeben. Sie hatte natürlich schon mal Scars Blut geschmeckt, wann auch immer er sich mal an einem scharfkantigen Felsen oder ähnlichem wehgetan hatte, hatte sie ihm natürlich auch mal die Wunde geleckt, aber das hier war doch etwas ganz anderes. Hier konnte sie sein Blut, bei den Mengen wie es aus ihm floss, ja fast schon trinken. Doch sie stockte, als er sich plötzlich unter ihr bewegte und den Kopf anhob. „Du bist die Einzige, von der ich das akzeptiere…“, kam es schwerfällig von ihm „Aber du kennst mich, ich bin zu stolz. Ich hab sogar meinen Bruder getötet und doch…“ Er drehte ihr den Kopf zu und ließ den Blick einige Sekunden auf ihr ruhen „…hast dich aber nie darum geschert. Ich habe so ein Glück mit dir, weißt du das?“ Er zog ihre Pfote noch ein Stück näher an sich und legte seinen Kopf auf sie. Es hatte etwas unglaublich angenehmes ihre warme Pfote auf seiner Wange zu spüren. Sie war sowieso schon immer wärmer gewesen als er selbst. Zira schwieg und blinzelte sich verzweifelt Tränen aus den Augen. „Ich hätte nie gedacht, dass mich mal jemand bedingungslos lieben würde. Weißt du wie viel mir das bedeutet?“ Noch mehr Tränen stiegen auf, die Zira eilig weggeblinzelte. „Du bist die einzige, die… der ich je all meine Pläne anvertrauen konnte. Und egal wie verwerflich es war, dir war es egal“ Schweigen „Danke, dass du noch für mich da bist.“ Zira hätte in diesem Moment wirklich losheulen können. WARUM tat er ihr das an? Warum ließ er sie durch diese Hölle gehen, warum sagte er ihr all diese Dinge, warum ausgerechnet JETZT? Jetzt, wo sie stärker als je sein musste, jetzt wo sie sich ein einziges Mal zusammenreißen musste, jetzt wo sie nicht schwach sein wollte? Sah er denn nicht wie schwer er es ihr machte? Natürlich wusste er das. Sie war noch immer voll und ganz damit beschäftigt zum einen die Kälte in Scars Wange zu ignorieren und zum anderen ihre Tränen weiterhin wegzublinzeln, wobei Scar sie jedoch genau beobachtete. Er sah jede einzelne Träne die sie erfolgreich wegblinzelte, er sah jeden Schimmer in ihren Augen, er sah jede einzelne nasse Wimper. Und er war sich ganz sicher, dass sie nicht nur vom Regen nass waren. Ach, sie und ihre wunderschönen Augen. Sie hatte wirklich schöne Augen, schöner als die der meisten anderen Löwinnen. „Zira, ich hab dir-“ Er zog scharf Luft ein und stockte, da er den Schmerz seines zerschmetterten Kiefers ertragen musste „… ich hab dir… Wichtiges zu sagen.“ Der Griff um Ziras Pfote wurde mit einem Mal enger, jedoch auch zittriger und er drückte den Kopf stärker dagegen. Zira ließ ihre andere Pfote währenddessen auf seinem Rücken liegen, auch wenn sie nicht wirklich sagen konnte, ob er ihre Berührung überhaupt als angenehm empfand, immerhin war es eine unvermeidbare Sache, dass sie zwangsweise direkt in seine Wunden fassen musste. „Ruhig… Du kannst nicht reden…“, mahnte Zira ihn und presste sanft die Nase auf Scars Maul. „Nein“, wand er sofort ein und zog seinen Kopf weg „Ich muss…“ Für diese paar Worte hatte sie so viel Selbstbeherrschung aufbringen müssen wie nur möglich, während ihr Blick auf Scars müde Augen traf. Hatte sie jemals das Gefühl gehabt, dass ihr das Herz wortwörtlich gebrochen wurde? Dass, wenn man in ihre Brust gesehen hätte, man tatsächlich ein auseinandergerissenes Herz vorgefunden hätte? So in etwa fühlte sie sich, als sie die Resignation in seinen grünen Augen sah. Er wusste, dass seine Zeit um war, dass es keinen Ausweg mehr gab, dass es vorbei war. Und das allerschlimmste daran war nicht, dass er das wusste. Er hatte es schon geahnt als die Hyänen ihn umzingelt hatten, da war Zira sich sicher. Das allerschlimmste war, dass sie es nun endlich auch langsam einsah. Sie hatte der hässlichen Wahrheit endlich entgegengesehen. Also ließ Zira ihn doch reden. Sie hatte doch gar keine andere Wahl, als ihn reden zu lassen. Er schenkte ihr ein kurzes, angedeutetes Lächeln und stieß einen langen, schmerzhaften, rasselnden Seufzer aus. „Ich weiß, dass ich nicht überleben kann. Ich möchte dass...“ Er stockte und versuchte seinen Atem wiederzufinden „...mach dir keine Sorgen, ich werde schon wieder, hörst du? Lass es doch einfach passieren.“ „Ich weiß nicht, ob ich kann.“, war ihre leise Antwort. Schweigen. ,,Wir sind nicht sehr…“ Er ließ den Blick an ihr herunterwandern „… emotional, was manche Themen angeht.“ Zira zuckte zusammen, als Scar einen ruckartigen Atemzug ausstieß und drückte sich instinktiver näher an ihn. „Aber, ohne dass das jetzt irgendwie seltsam klingt...“ Er ließ den Blick wieder kurz auf ihr ruhen „…ich hab dich immer auf allen Ebenen als durchweg reizvoll empfunden. Als du noch eine Junglöwin warst, mit deiner unreifen Art und deinem kindlichen, unüberlegten Verhalten und mir jemand gesagt hätte, dass du und ich mal…“ Er schmunzelte „…ich hätte denjenigen gefragt wie alt zur Hölle das Fleisch war, das er gefressen hatte. Und als du dann älter wurdest… Ich sag mal, dass so ziemlich alles an dir mehr als begehrenswert war.“, gab Scar zu. Zira spürte zum einen wie ihr das Blut in den Kopf schoss, da sie sich, so schrecklich diese Situation auch war, durchaus geschmeichelt fühlte und zum anderen musste sie sofort wieder schlucken, um diese Kloß in ihrem Hals los zu werden. „Du… Hm. Du warst echt manchmal dämlich zu Anfang, wenn ich dich mit Sarafina und Sarabi zusammen sah. Doch auf einmal verging ein Jahr und du warst so völlig anders. Einfach so. Und mir hat gefallen was rausgekommen ist. Mir hat alles an dir gefallen, dein Gesicht, dein Fell, deine gelegentlich so grantige, reizbare Art… Sogar das Stück von deinem Ohr, welches fehlt. Und deine Augen… Hab ich schon mal gesagt wie sehr ich die mag?“ Sie schüttelte den Kopf und musste kurz nach Luft schnappen um nicht doch in Tränen auszubrechen. Sie wollte es nicht mehr hören, sie wusste nicht wie sie mit all diesen süßen Worten, die er von sich gab umgehen sollte. Sie hatten doch sonst auch nie solche Gespräche geführt… Zumindest nicht in dem Ausmaß. Zira machte einen schwachen Versuch ein kurzes Lächeln hinzubekommen, wobei sie doch nur wieder gegen die Tränen anzukämpfen versuchte. Sie blinzelte schon wieder wie wild und legte den Kopf zurück. „Scar, bitte…“ Zira spürte wie er seinen Griff versteifte, was wohl die leichteste Möglichkeit war, sie zum Schweigen zu bringen. „Du hast schöne Augen. Die schönsten die ich kenn, jetzt weißt du’s.“ Schweigen. „Du wurdest wichtig für mein Leben“, fuhr er fort „Ich wusste nicht wie lange diese ganze Sache mit uns halten würde, aber als du zum ersten Mal Junge erwartest hast, da war das einzige woran ich denken konnte, wenn du jagen warst, ob es dir gut ging. Und ich war ziemlich erleichtert wenn das der Fall war“ Er schmiegte die Wange enger an ihre Pfote „Und immer wenn du auch nur mal von einem Felsen abgerutscht bist oder dir die Pfote verstaucht hast, habe ich mir immer schon das schlimmste ausgemalt. Ich weiß gar nicht ob du weißt wie oft du mich schon wahnsinnig wegen solchen Kleinigkeiten gemacht hast.“ Zira zwang sich zu einem Lächeln, welches irgendwie komisch ausgesehen haben musste, da es mehr eine Mischung aus ehrlichem gerührt sein und einer inneren Zerreisprobe gegen die Tränen war. Sie ließ ihre Stirn gegen seine ruhen und versuchte sich jedes Detail seines Gesichtes merken zu können, von den hohen Wangenknochen bis hin zu dem helleren Fell um sein Maul. Sie nahm jedes Wort welches er sagte auf, in der Hoffnung sie nie mehr zu vergessen, dass ihr Gedächtnis sie für immer behalten würde, obwohl sie nur zu gerne aufgesprungen wäre und ihm ins Gesicht geschrien hätte, dass er endlich ruhig sein sollte, dass sie es nicht mehr ertrug, dass sie nur noch heulen wollte und zwar sofort! Doch natürlich bemerkte Scar ihre Anspannung, natürlich bemerkte er das Zittern ihrer Augenbrauen, als sie ihre Stirn gegen seine drückte und er spürte auch das beben ihrer Lippen, als sie sie mit aller Macht aufeinanderdrückte. Er überlegte was er ihr sagen sollte. „Zira… Du weißt, dass ich nicht auf ewig hier bleiben kann“ Sie drückte den Kopf noch stärker an ihn „Aber lern damit zu leben. Versprich es mir... Dann verspreche ich dir auch was.“ Zira konnte nur stumm nicken. Was sollte sie auch sonst tun? „Egal wo du bist, ich werde immer bei dir sein, ja? Denk immer an die besseren Momente, die wir zusammen hatten. Und denk an deine Sternengeschichte, die du jedem erzählt hast. Nicht dass ich je an irgendwelche von den Geschichte geglaubt habe, aber deine… deine Geschichte war so viel aufbauender als das, was man sonst hört. Bei denen klingt es so als ob man vergessen wird, wenn man nicht grade als König geboren wird. Aber bei deiner Gesichte-“ Und da passierte es zum ersten Mal, dass er einer schmerzhaften Hustenattacke verfiel und dem Tod plötzlich noch ein paar Schritte näher war, als er daraufhin begann Blut zu spucken und nicht daran zu ersticken versuchte. Diesmal war sie es, die den Griff um seine Pfote verstärkte. Zira erschrak so sehr, sie wäre fast aufgesprungen. „Scar, bitte, tu mir das nicht an“, flehte sie mit brüchiger Stimme „…nicht sterben… Ich will nicht dass-“ Sie musste stocken um nicht wegzubrechen „Nicht jetzt! Ni-“ Es war schwer für sie, sich auszudrücken, da die Tränen ihr ständig die Worte abschnitten. Doch sie musste stark sein und hörte einfach auf zu reden,was ihr grade nach der besten Lösung schien. „Ich hab das Gefühl, dass ich dich grade für immer verliere… und…“ Sie schwieg. Okay,kein Reden mehr, verdammt, sie würde das sonst nicht mehr aushalten. Der Regen hatte inzwischen aufgehört. Wortlos begann sie ihm das Maul vom Blut zu säubern, während sie versuchte die aufsteigende Panik in sich abzuschütteln. Sie musste JETZT sagen was sie sagen wollte, denn soeben war ihr bewusst geworden, dass Scar schneller starb als ihr recht war. Sie sah auf, erhob den Kopf in einem armseligen Versuch sich zu sammeln und ihm endlich zu sagen, was ihr grade in den Sinn kam, doch sobald sie das Maul aufriss war es vorbei mit diesem letzten Tropfen Selbstbeherrschung, die sie gehabt hatte. Es war als ob ihr Kopf und all ihre Emotionen, die dabei waren zu platzen, müde davon waren ein Kämpfer zu sein. Es war als ob jemand diese Wand gegen die Tränen, die sie in sich nur mit größtem Druck aufgebaut hatte, ein für alle Mal eingetreten hatte. Es war endgültig zu viel für sie. Sie war stark, keine Frage, aber das was sie gerade durchmachte konnte man in keine Relation setzen. Sie konnte nicht mehr! So viel Schmerz zu spüren, fühlte sich als würde ihr jemand einen Dolch mitten durch das Herz rammen. Sie ertrug das alles nicht mehr, sie konnte dem Druck in ihrem Kopf nicht mehr standhalten, sie brauchte endlich Luft zum Atmen. Sie konnte nicht immer nur stoßweise atmen, nur um ihre Barrikade aufrecht zu erhalten, sie musste es einfach rauslassen. Und als es nun endlich soweit war, war sie so erleichtert, dass die Tränen endlich diesen Kampf gewonnen hatten und ihr Gesicht hinabströmten. „Scar, ich… i-“ Sie wimmerte und biss die Zähne zusammen, als Schluchzer ihren Körper zu durchschütteln begannen. Augenblicklich vergrub sie ihren Kopf, wenn auch nur sehr vorsichtig, in Scars blutverklebter, durchnässter Mähne. Erst überraschte es sie, dass sie, obwohl sie doch gerade all ihrer Trauer Platz gemacht hatte, gar keine Laute von sich gab, doch aufgrund der Tatsache, dass sie erst mal sekundenlang nach Luft schnappen musste, erklang ihr Schluchzen umso keuchender und unregelmäßiger. Zira war fertig mit der Welt. Sie wollte am liebsten nie mehr aufsehen. Sie wollte nur noch bei ihm liegen und diesen Moment einfangen, ihn nie gehen lassen. Sie sog seinen Geruch ein, etwas was sie noch ein letztes Mal tun wollte, jetzt wo sie noch die Chance dazu hatte, jetzt wo sein Geruch noch vorhanden war und sich nicht in Luft auflösen würde. Normalerweise roch Scar so ein bisschen nach Moschus, doch momentan roch Zira nur Angst und Blut. So unglaublich viel von seinem Blut. Panisch umklammerte sie seine Pfote, fester als sie eigentlich sollte und Scar konnte ihre Verzweiflung regelrecht spüren. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, es war ihr egal wie sehr er litt, er sollte bei ihr bleiben! Diese Verzweiflung war egoistisch und gierig, das war es doch, oder? Aber wer denkt denn nicht so, wenn er jemand Geliebtes verliert? ‚Geh nicht, egal wie sehr du leidest, bleib bloß bei mir‘ – Egoismus pur. „Ich… Scar, ich…“, schluchzte Zira und der Schmerz in ihrem Herzen, der gerade Überhand gewann, zog sie mit sich in einen fast schon verstandraubenden Zustand. Und da tauchte er vor ihrem geistigen Auge auf, der Scar wie sie ihn lieber gesehen hätte. Gesund, immer ein bisschen faul, mit dem ständig-gleichen zynischen Ausdruck auf dem Gesicht. Sie wollte einfach wieder den Scar, den sie seit den letzten fünf Jahren gekannt hatte. „Bitte geh nicht…“ Sie wollte die Augen nicht aufmachen. Sie wollte nicht das genaue Gegenteil von all dem sehen, was sie so sehr liebte. Aber die harte, schreckliche Wahrheit ließ sich nicht einfach verleugnen. Denn die Realität ist das, was bleibt, wenn man aufhört daran zu glauben. Und Zira wollte WIRKLICH nicht an das glauben, was da zu ihren Pfoten lag. Zira musste husten, da ihre Tränen und ihr Schluchzen sie fast erstickten. Sie konnte sich nicht daran erinnern jemals so schwer geweint zu haben als genau jetzt, wo sie mit all diesem Schmerz und Trauer erfüllt war. Sie war dabei Scar zu verlieren. Scar, ihren Scar, den Löwen für den sie mehr opfern würde als für sich selbst, den Löwen den sie mit ihrem Leben beschützen würde… Wenn sie es doch nur gekonnt hätte. Sie wollte nicht mal aufhören zu weinen, sie wollte nicht mal sprechen. Sie wollte einfach das tröstende Gefühl seines warmen Fells spüren, wollte ihre Pfote zwischen seiner eigenen und seiner Wange spüren, wollte seine Atmung, egal wie ruckartig sie war, für immer unter sich spüren. Denn es war nun mal die letzte Möglichkeit dazu. Für immer. Für alles. Sie war sich langsam sicher, dass sie hyperventilieren würde. Das ruckartige steigen und fallen ihrer eigenen Brust, als ihr schmerzerfüllte Atemzüge schneller entwichen, als sie Luft einatmen konnte, gab ihr ein Gefühl des Erstickens. „Zira... Mir tut das alles so Leid…“, seufzte er, bereute es jedoch im nächsten Moment. Also das Seufzen. Das tat nämlich weh. Fast so sehr wie atmen. Er hob den Kopf an und sah zu ihr. „Dich so zu sehen...“ Ohne ihr irgendwas zu sagen, fuhr er ihr mit der Zunge über die Schnauze und wischte ihr mit der Nase einige Tränen weg, was jedoch nicht viel brachte. „Hey... Es wird mir gut gehen…“ Ein verzweifeltes Nicken von Ziras Seite. „Ich weiß dass du mir nicht helfen kannst aber… Bitte… Es tut weh dich so zu sehen…“ „Scar...“ „Ich liebe dich, weißt du das eigentlich? Vergiss das nicht. Ich hab es dir viel zu selten gesagt.“, flüsterte Scar und leckte ihr schwächlich über die Pfote, ehe seine Augenlider zu schwer wurden und er sie schließen musste. Zira sah auf, doch eigentlich machte es das nur noch schlimmer. Diese Worte brannten wie Feuer, einfach weil sie wusste, dass es genau damit bald vorbei sein würde. Sie fuhr ihm liebevoll über die Stirn, putze etwas Blut von seinem Pelz, um Beschäftigung zu haben. Und doch war sie völlig hilflos. Sie war nicht mehr die starke, große Löwin. Momentan fühlte sie sich wie ein kleines, hilfloses, schwaches Junges. Sie fühlte sich wie damals, als ihre Mutter starb. Ja. Genau SO. Eigentlich konnte Zira sich glücklich schätzen, das ihre Brüder und ihre Mutter damals einem solch schnellen Tod zum Opfer fielen. Wer weiß, sonst hätte sie wohl eine Schädigung fürs Leben bekommen. Zira schluckte und riss kurz die Augen auf, nur um sie einen Moment später wieder zu schließen und die Stirn gegen Scars zu drücken. Das Zittern, welches ihr durchs Rückgrat schoss, war nicht zu vergleichen mit irgendeiner Art von physischem Schmerz, den sie in ihrem Leben bereist durchgemacht hatte. Lass es doch einfach alles einen Albtraum sein. Warum konnte sie nicht einfach in ihrer Höhle aufwachen und alles war so wie immer? Lass es doch nichts als ein Albtraum sein. Zerstöre diese Realität und mach etwas aus ihr, was ihr nicht so das Herz brechen würde, etwas was nicht so wehtat. Warum konnte sie nicht einfach das erleichternde Wissen haben, dass das ein Albtraum war, dass sie Scar nicht verlor und sie jeden Augenblick aufwachen würde? Warum konnte man ihr nicht einfach einen Teil ihres Lebens zurückgeben?! Warum nahm man ihr den Löwen, der ihr so unfassbar viel bedeutete, der ihr alles bedeutete! Nichts hiervon war fair! Sie würde tausende Meilen zurücklegen, wenn es sein musste und sie würde jeden Elefanten Afrikas persönlich umbringen, wenn es nötig wäre um Scar hier zu behalten! HIER, bei ihr, bei seinen Jungen, Hier her, wo er hingehörte! Das hier alles war doch viel zu früh für ihn, er war doch noch gar nicht so weit. Doch sie konnte die Augen nicht länger schließen, die Wahrheit war nun mal, dass Scars Herz das hier nicht mehr lange mitmachen würde. Diese spitzen, grünen Augen würden irgendwann leer und trüb und sein Körper würde irgendwann schlaff und kraftlos werden. Er würde sie ganz allein lassen, nur sie und ihre Erinnerungen. Er ließ sie allein. Normalerweise würde sie ihn dafür hassen, würde ihm die Augen auskratzen, wenn er das wagen würde, das hatte sie sich mal geschworen, aber wie es eben doch so oft war… war es eben nur dummes Gerede. Akzeptanz war möglicherweise die Schwerste Sache in Scars langsamen Tod. Zira wusste nicht wie lange es dauern würde bis sie es völlig glauben würde, aber wahrscheinlich würde sie es nicht mal merken wenn er tot war. Ziras Verstand war so stur wie ihr Herz es grade war, er hielt an dem fest was er glauben wollte und zwar so lange, bis das unumkehrbare, definitive Gegenteil einbrach. Und noch lebte er ja noch. Wir haben doch alle mal dumme, kindische Meinungen, es liegt in der Natur. Und Zira konnte den dringenden Drang nach Kontrolle eben nicht bekämpfen, sie wollte einfach dass… Ja, dass Scar auf magische Art und Weise irgendwie geheilt wird! Das war erbärmlich, war es das nicht? Vor allem jetzt, wo sich sein Griff merklich lockerte. Ein weiterer Schwall Tränen brach aus ihr heraus und sickerte direkt auf Scars Nasenrücken, und mit einem Mal schien ihr alles zu Laut um sie herum! Ihre eigene Atmung, das kaum merkliche Wehen des Windes, Scars leises Röcheln, einfach alles war viel zu laut geworden! „Du warst das Beste was mir je hätte passieren können. Du warst vielleicht nicht der Erstgeborene oder weiß die Hölle was, aber du bist absolut perfekt für mich. Und mir war diese ganze Königsein-Sache eigentlich nie wirklich wichtig.“, wisperte Zira und biss verhasst die Zähne zusammen, als sie schon wieder glaubte, dass ihr Schluchzen sie wieder niederzuringen versuchte. Sie sank neben ihm völlig zu Boden, die Stirn unter seinen Kopf drückend. Scar öffnete für einen kurzen Moment die Augen, ehe sie wieder zufielen und gab kurz ein fast schon amüsiertes, jedoch kaum hörbares Lachen von sich. Zira konnte regelrecht das Leben aus ihm weichen sehen. Sie konnte regelrecht hören, jetzt wo sie den Kopf an seine Brust gedrückt hatte, wie seine Herzschläge und Atemzüge immer weniger wurden. Es war so als ob alles an ihm einfach wegzuschmelzen begann, als ob sein Körper nur noch ein immer leerer werdendes Gefäß war. Zira hatte schon Angst gar keine Reaktion mehr von ihm zu sehen, da hob er plötzlich den Kopf, jedoch nur um ihn genau da, wo er bereits war, wieder abzusetzen. Sie wollte das nicht mehr wahr haben, sie wollte endlich dass er wieder ins Leben fand, sie wollte nicht allein gelassen werden. Sie hatte doch niemanden sonst. Und wie Zira Scar da so liegen sah, dem Tod so unglaublich nahe, da geschah etwas sehr gefährliches. Aus ihrer Trauer wurde plötzlich Hass. Hass auf denjenigen, der für das hier verantwortlich war, Hass auf den, der Scar erst von dort oben runter geworfen hatte. Hass auf Simba! ER war es doch der Scar in den sicheren Tod geschmissen hatte, alles war Simbas Schuld! Und Zira war nicht dumm, wenn sie einen Hass auf etwas hatte oder sich wirklich eine Lösung zu etwas überlegen musste, dann war sie da durchaus verbissen. Manchmal kamen Einfälle auch einfach so. Und momentan hatte sie einen solchen Einfall. Aber nicht einen dieser guten Einfälle, nicht einer von denen, die sich leicht durchführen ließen und die effektiv waren, es war einer von denen, auf die man nur kam wenn man sich in einer Situation befand, in der einem etwas sehr wichtiges genommen wurde und man die Entsprechende Wut verspürte. „Scar, hör mir zu, bitte hör mir zu“, begann sie unter Tränen, auch wenn sie nicht wusste ob es sich bei um Tränen der Trauer oder Wut handelte „Scar, ich verspreche dir, Ich werde dich rächen! Ich werde es Simba zurückgeben, alles, ich würde alles tun, alles! Ich-“ Sie brach ab und musste sich einen Augenblick zu sammeln, um den Druck, den diese Situation auf sie ausübte, auszuhalten „Ich werde Kovu zum Mörder trainieren, wirklich…“ Sie stockte wieder um unter dieser Situation nicht wegzubrechen „Ja, das würde ich tun!“Das klang vielleicht unmoralisch, aber sie würde es tun. Sie würde doch alles für Scar tun, war das etwa was Neues? Ob Scar das wollte? Man weiß es nicht. Er war geistig schon so weit bei den großen Königen, dass die Geräusche um ihn herum jegliche Bedeutung verloren und er auch nicht sagen konnte was Zira denn eigentlich gesagt hatte. Er hörte noch ihre zittrige Stimme, er spürte noch, ganz lau, ihre tröstende Wärme und spürte natürlich dieses Leid durch das sie sich zwang, doch er hatte absolut keine Ahnung was sie sagte. Er hörte plötzlich Worte, denen er keine Bedeutung zuordnen konnte und sah Dinge verschwinden, die eigentlich noch da sein sollten. Das Blut in dem Zira saß zum Beispiel. Es verschwand einfach. Genau wie sie selbst. Ach bitte nicht. Er wollte zwar dass sie ihn gehen ließ, aber plötzlich wollte er von ihr nicht mehr ablassen. Plötzlich war er es, der sich nach ihr sehnte. Dabei war er doch auch der, der ging. Er schaffte es irgendwie die Nase soweit gegen ihr Bein zu drücken, dass er noch ein letztes Mal ihren vertrauten Geruch einsog, dass er diesen noch ein letztes Mal auf sich wirken lassen konnte, ehe auch dieses Sinnesorgan von ihm ging. „Ich… ich liebe dich, hörst du?“, wisperte Zira plötzlich in sein Ohr. Keine Reaktion. „Scar?“ Sie bewegte kurz ihre Pfote und als sie spürte wie schlaff seine geworden war, wie locker sein Griff sich anfühlte, da brach ihre Welt endgültig für sie zusammen. Nein. Es herrschte Stille als Zira das Ohr gegen Scars Brustkorb presste und kurzzeitig hatte Zira die Kraft sich derartig gewalttätig in Scars Pfote zu krallen, dass sie sich sicher war, dass er, wenn er denn bitte noch lebte, wieder zu Bewusstsein kommen musste durch den Schmerz. Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen. „Nein, bitte nein…“, brach es aus ihr raus und wenn sie es nicht besser wüsste, so war sie sich ganz sicher, brach ihr das Herz grade ein zweites Mal in dieser Nacht. Der Schmerz schellte augenblicklich mit einer solchen Heftigkeit durch ihre Seele und ihre Augen versanken in den Tränen, die ihr wieder die Sicht nahmen. Seltsamerweise konnte sie ihre Stimme nicht finden, egal wie gerne sie denn geschrien hätte. Und das war alles was sie tun wollte. Sie wollte schreien. Nicht einfach weinen, sie wollte sich die Seele aus dem Leib schreien. Doch alles was sie zustande bekam war ein zittern. Alles was sie konnte war, die Zähne zusammenbeißen und ihren Tränen wieder freien Lauf lassen, während sie den Kopf irgendwo in Scars dunkler Mähne vergrub und nichts anderes hörte, außer ihr eigenes Keuchen. Er war tatsächlich tot, er, er… er hatte es sich erlaubt sie einfach allein zu lassen. So viele Emotionen schwammen Zira durch den Kopf, so viele verschiedene Gefühle, Angst, Hass, Trauer, Wut, Verzweiflung, Panik, wollten gleichzeitig herausplatzen, woraufhin Zira sich in einer Art Starre wiederfand. NICHTS konnte grade durch, sie hielt den Atem an und nichts schaffte es aus ihr heraus zu kommen. Es war als ob es sie gleich zerreißen würde. „Mutter? Vater?! Wo seid ihr?!“, schrie plötzlich eine Stimme, die es wagte sie aus ihrer Starre zu reißen. Nuka! Er hatte wohl das Feuer gesehen und war in seiner Angst zum Königsfelsen gerannt. Wahrscheinlich waren die anderen Löwinnen auch mitgekommen,jedoch erst mal zu Sarabi gegangen, um sich das alles erklären zu lassen. Egal was war, ihrem Nuka ging es gut! Sie hatte ihn fast schon vergess- „Nuka! Wo sind Vitani und Kovu?!“, rief sie aus und konnte nun die erste Emotion rauslassen: Panik. „I-ich hab sie in eine kleine Höhle unter dem Königsfelsen gebracht, der neue Löwe hat mir Angst gemacht.“,antwortete ihr Sohn ängstlich. „D-du hast… Gut gemacht Nuka, gut gemacht, komm her.“ Zira sprang augenblicklich auf und lief eilig auf Nuka zu. Sie wollte nicht dass er seinen Vater sehen musste und wenn sie ganz ehrlich war, so konnte sie es gerade auch nicht länger ertragen. „Nuka, komm, wir zwei gehen jetzt in die Höhle zu deinen Geschwistern, das hast du so gut gemacht ich…“ Sie schwieg nun, packte Nuka am Kragen, auch wenn sie noch immer am ganzen Körper zitterte und lief mit ihm so schnell es ihre Beine zuließen in die kleine Höhle. Diese dumme, kleine Höhle, in der sie und Scar früher immer so oft ihre Zeit verbracht hatten. Zira setzte Nuka am Boden ab und legte sich zu Kovu und Vitani, welche beide ruhig schliefen. Ihnen war zumindest nichts passiert. „Mutter…“, meldete sich Nukas piepsige Stimme plötzlich kleinlaut und er setzte sich vor sie, auch wenn er irgendwie Angst hatte sie zu fragen was los war. Sie hatte geweint, das ließ sich gar nicht bestreiten und Nuka wusste nicht wie er darüber denken sollte. Seine Mutter hatte noch nie geweint. „J-ja?“, gab Zira zittrig von sich und spürte plötzlich wieder alles in sich hochkommen. Nuka war vorhin eine hilfreiche, aber nur kurzweilige Ablenkung gewesen, aber die angestauten Gefühle waren noch immer alle da. „Wo ist denn…“ Nuka hatte noch nicht mal zu Ende gesprochen, da platzten einfach alle anderen Emotionen aus Zira raus. Ohne jegliche Vorwarnung drückte Zira ihren Sohn gegen sich und brach ihm dabei aber wahrscheinlich fast das Genick. Nuka war völlig überrumpelt von der plötzlichen Zuneigung die ihm zuteil wurde und wenn die gesamte Situation ihm nicht so viel Angst gemacht hätte, wenn seine Mutter nicht so schrecklich viel geweint hätte. Vielleicht hätte er diesen Moment dann sogar genießen können, vielleicht hätte er sich über die Zuwendung freuen können. Doch momentan hatte er ganz einfach Angst. Seine Mutter weinte und das hatte er noch nie gesehen. Und mal ehrlich, Nuka war einfach nur ein kleines Junge, ein kleines Junge was in seiner Mutter immer die stärkste Löwin auf Erden gesehen hatte. Wen also verwunderte es, dass ihre plötzliche Schwäche ihn beängstigte? Zira jedoch war es absolut egal. Sie brauchte einfach jemanden der bleiben würde. Sie brauchte genau jetzt jemanden der einfach nur für sie da war. Nuka musste nicht mal was sagen, sie wollte einfach nur, dass er blieb wo er war, wie er war, dass er am besten nie groß werden würde. Sie brauchte einfach jemanden um sich herum, der die sichere Bestätigung war, dass es weitergehen musste und dass man sie brauchte. Sie hatte Nuka unglaublich lieb, das wusste er, aber in grade eben war Zira bewusst geworden WIE wichtig er ihr eigentlich war. Sie durfte weder ihn noch Vitani jemals verlieren, das war ihr grade auch wieder klar geworden. Sie wusste, dass sie sie liebte, aber jetzt wurde sie schmerzhaft daran erinnert wie sehr eigentlich. Sollte sie auch nur einen der beiden jemals verlieren, würde sie sich das nie verzeihen. Einige Stunden später sah Zira mit glasigem Blick und einem verräterischen Glitzern in den Augen in den endlosen Sternenhimmel, der sich am Höhleneingang aufmachte. Die Wolken hatten sich inzwischen völlig verzogen, es regnete gar nicht mehr. Sie bemerkte dabei nicht, wie Nuka und Vitani sich im Schlaf an Zira klammerten und sie bemerkte auch nicht den hellen, einsamen Stern am Nachthimmel, Zira hatte einzig und allein einen Gedanken im Kopf herumschwirren: Scar rächen. Sie sah zwischen ihre Pfoten und leckte dem schlafenden Nuka vorsichtig über die Wange. Seit Nuka vor ein paar Stunden eingeschlafen war, nachdem sie sich endlich wieder gefasst hatte, schwirrte ihr nur noch ein Gedanke durch den Kopf. Sie hatte noch immer Kopfweh und sie zitterte leicht, doch sie hatte nicht mehr die Kraft auch nur noch eine einzige Träne zu weinen. Es war als ob all ihre Tränen aufgebraucht wären. Und sie würde ihr Versprechen halten. Kovu würde Simba töten, früher oder später. Dafür würde sie höchstpersönlich sorgen. Es gab nur eine Sache die sie besser machen musste: Sie müsste kälter werden. Sie wusste dass sich diese bestialische Gefühllosigkeit bei der Jagd auf Beutetiere voll und ganz bezahlt machte, warum sollte es nicht auch helfen Simba zu töten. Kovu würde sie es schon beibringen, schließlich hatte sie selbst das Zeug dazu! Und zumindest sie würde KEINE Schwächen mehr zeigen, nie mehr! Heute Abend war das letzte Mal, dass sie geweint hatte. Danach war es vorbei mit Angst, mit Trauer, mit… Liebe. Sie würde es sich für eine gewisse Zeit nicht mehr leisten können. Es gab nur einen den Zira liebte und der war weg. Der war einfach gegangen. Aber gut. Simba wollte Gerechtigkeit? Die konnte er haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)