Im kalten Licht des Mondes von Chibara-sama ================================================================================ Kapitel 11: Prüfung unter Bäumen -------------------------------- Der Wald des Schreckens, in dem der zweite Teil der Prüfung stattfinden sollte, war ein umzäuntes Gebiet von üblem Ruf, und Yuna empfand überhaupt kein Bestreben, es näher zu erkunden. Anko schürte die Angst noch mit schauerlichen Beschreibungen, sodass in den Augen der Hasenherzen schon bald die Furcht geschrieben stand. Evelyns Augen dagegen begannen zu leuchten. „Wer weiß, welch seltene Pflanzen man unter all dem Getier finden kann, das unsere Sensei gerade so bildgewaltig heraufbeschwört.“ Sie prustete, als sie Yunas befremdeten Gesichtsausdruck sah. „Guck nicht so, Yuna. Es gibt wenig, das einen Stich durchs Herz überlebt. Du hast dich doch lange genug mit dem Körperbau der verschiedensten Kreaturen befasst, um es zu finden.“ Die Dunkelhaarige setzte zu einer Erwiderung an, doch Evelyn gebot ihr Schweigen, um Ankos Worten zu lauschen. „Jede Gruppe erhält eine Schriftrolle.“, erklärte diese gerade. „Entweder eine Himmels- oder eine Erdschriftrolle. Ziel ist es, das Gegenstück zur eigenen zu erringen. Das heißt im Klartext: Die Hälfte von euch kleinen Würmern fällt eh schon mal durch. Die Schriftrollen werden verdeckt ausgeteilt, somit werdet ihr nicht wissen, welches Team die Schriftrolle hat, die ihr braucht. Diese Schriftrollen bringt ihr zum Turm im Zentrum des Waldes. Fünf Tage sind das Zeitlimit. Jede Gruppe startet von einem anderen Tor. Noch Fragen?“ Anko erntete undeutliches Gemurmel. Nur Naruto musste sich unbedingt noch einmal wichtig machen, als er, großspurig wie immer, seine eigene Furchtlosigkeit zum Besten gab. Ein dummer Fehler, wie er begreifen musste, als Anko ein Kunai in seine Richtung warf. Erschrocken stolperte er zurück. Blut perlte aus dem unschönen Schnitt auf seiner Wange. Doch Anko war noch nicht fertig mit dem Großmaul. Schneller, als er reagieren konnte, tauchte sie hinter ihm auf, legte die Hände auf seine Schultern und schleckte das Blut von seiner Haut. Yuna erstickte ihren Lachanfall in einem Prusten, als sie Narutos Gesicht sah. Der absolute Gefrierbrand. Evelyns Blick ruhte nicht auf der Szene, sondern behielt die Gruppe Grasninjas im Auge. Unvermittelt tauchte einer von ihnen hinter Anko auf. Seine lange Zunge schnellte vor und wickelte sich um den Kunai ihrer Sensei. „Hier, Ihr Kunai.“ „Oh, danke!“, sagte Anko grinsend. Evelyn trat einen Schritt zurück. Diese Geste, sie kannte sie aus unzähligen Beschreibungen. Man wurde geradezu mit der Nase auf die Wahrheit gestoßen. Doch niemand sonst nahm davon wirklich Notiz. Auch Anko nicht. Die Teams stellten sich schließlich recht geordnet an den hölzernen Ständen an, um ihre Schriftrolle zu erhalten. Evelyns Team war dabei eines der ungewöhnlichsten, denn Aurora hielt sich dicht an ihrer Seite und sträubte jedes Mal drohend die Nackenhaare, wenn jemand ihr zu nahe kam. Die angehenden Chunin beäugten einander misstrauisch. Jeder suchte die Fähigkeiten der anderen einzuschätzen. Yuna war unbehaglich zumute, denn Evelyn hatte sie dazu genötigt, alle ihre Waffen mit Gift zu bestreichen. „Denke also daran, keine Früchte mit deinem Kunai aufzuschneiden.“, hatte die Hellhaarige ihr eingeschärft. Seelenruhig saß Evelyn auf dem Boden, während Yuna vor lauter Nervosität rastlos auf und ab lief. Die Zeit vor Prüfungsbeginn zog sich quälend in die Länge. Nur manchmal schaute Evelyn träge zur Uhr über dem geschlossenen Tor. „Hör endlich auf, einen Graben zu laufen, Yuna.“, brummte sie unwillig. „Wie kannst du nur so ruhig sein?“ „Es geht doch nur gegen andere Genin, und die wirklich gefährlichen Typen meiden wir einfach. Kein Grund zur Panik.“ Yuna spielte nervös mit ihrem Stab, stellte aber ihre Wanderschaft ein. „Für dich vielleicht nicht...“ Plötzlich stand Evelyn hinter ihr. Die Dunkelhaarige zuckte erschrocken zusammen. Wie hatte sie das gemacht? Sie legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ruhig, Yuna. In der Aufregung macht man Fehler.“ Yuna schlug das Herz bis zum Hals. Warum hatte sie nicht gesehen, wie sich ihre Teamgefährtin bewegte? Evelyn schaute ihr über die Schulter, zog ihre Hand zurück und trat vor das Tor. Die Türflügel schwangen mit einem metallischen Schaben auf. Die Hellhaarige nahm auf Auroras Rücken Platz und winkte ihrer Teamgefährtin. „Na komm.“ Das gemächliche Schritttempo, mit dem sie in die Schatten der Baumriesen eintauchten, machte Yuna noch unruhiger. „Sollten wir uns nicht etwas beeilen?“ „Wozu? Wir haben fünf Tage, und die Anderen werden ohnehin zu uns kommen. Wir machen beide nicht gerade einen gefährlichen Eindruck.“ Die Dunkelhaarige musste zugeben, dass das stimmte. Im Schatten eines großen Baumes bedeutete Evelyn Yuna anzuhalten und prüfte die Umgebung mit ihrem Byakugan. Niemand war in ihrer unmittelbaren Nähe, obwohl sie entfernt ein starkes Chakra wahrnahm. „Wir müssen Vorkehrungen treffen für den Fall, das jemand unsere Gestalt annimmt, um uns zu täuschen.“ „Du hast recht. Das ist ein ziemlich einfaches Jutsu. Ein Codewort?“, schlug die Dunkelhaarige vor. „Nein, wir müssten es jedes Mal ändern, wenn wir uns damit ausgewiesen haben. Es ist zu einfach auszuspähen. Ein Zeichen wäre günstiger. Etwas das so unscheinbar und unwichtig aussieht, um es zu berücksichtigen... Halt mal still, Yuna.“ Plötzlich trat Evelyn an sie heran, strich ihr das Haar aus dem Nacken und legte ihre Lippen auf eine Stelle am Hals kurz unter ihren Ohr. „Uääh! Evelyn! Was soll das denn?!“ Die Hellhaarige trat belustigt über diese Reaktion zurück. „Die Lösung des Problemchens.“, erklärte sie, während sich Yuna eine Hand auf den dunklen Fleck auf ihrer Haut presste. „Ich nehme an, das ist angenehmer als ein Schnitt.“ „Du hättest mich wenigstens vorwarnen können.“, grummelte die Dunkelhaarige. „Schimpf nicht. Du bist dran.“ „Du hast Nerven!“, knurrte Yuna, tat aber wie geheißen. Es war ein eigenartiges Gefühl, Evelyn einen Kuss auf den Hals zu drücken, und sei er noch so zweckmäßig. „Überlebensregel Nummer eins: Tu das Unerwartete.“, flötete die Hellhaarige. Yuna trat zurück, betrachtete ihr Werk und war zufrieden damit. „So, war das jetzt so schlimm?“, neckte Evelyn. „Manchmal bist du echt unausstehlich.“ „Ich..“ Der Silberschopf stockte mitten im Satz, schlang Yuna einen Arm um die Taille und zog sie tiefer in den Schatten zwischen den riesigen Baumwurzeln. Sie legte ihr eine Hand über den Mund, drückte sie fest an sich und wob ein Jutsu, das sie in dichtem Schatten verbarg. Aurora legte sich zu ihren Füßen flach auf den Boden. Evelyn hielt den Atem an, und Yuna konnte spüren, wie ihr Herz hämmerte. Die Hellhaarige schien wirklich Angst zu haben. Panik griff nach der Dunkelhaarigen. So hatte sie ihre Teamgefährtin noch nie erlebt. Über ihnen stürmte ein einzelner Grasninja durch die Baumkronen, ohne sie zu bemerken. Erst nach einer ganzen Weile entspannte sich die Hellhaarige wieder und ließ ihre Teamgefährtin los. „Evelyn?“, fragte Yuna vorsichtig. „Das eben war Shiore. Leg dich niemals mit ihm an. Niemals. Das ist ein Feind, gegen den auch ich nicht bestehen kann.“ Die Dunkelhaarige fröstelte ob der Eindringlichkeit in Evelyns Stimme. „Verstanden.“ „Gut, dann lass uns weitergehen. Steig hinter mir auf.“ Sie schwang sich auf Auroras Rücken und hielt Yuna die Hand hin. Diese kletterte hinter sie. Die Füchsin schien sich am zusätzlichen Gewicht nicht zu stören. In den nächsten Stunden sollte Yuna feststellen, dass es gar nicht so einfach war, wie es aussah, sich auf Auroras Rücken zu halten. Zwar presste sie die Knie an die Flanken der Füchsin und klammerte sich an Evelyn fest, doch trotzdem fand sie nicht so recht Halt bei den geschmeidigen Bewegungen des schnellen Laufs. Bald war sie vollkommen verkrampft, während die Hellhaarige sich scheinbar mühelos Auroras Bewegungen anpasste. Das sieht man es mal wieder, dachte Yuna. Erfahrung siegt über guten Vorsatz. Verborgen hinter dichtem Gestrüpp lagen sie auf der Lauer, denn Evelyn hatte ein Team erspäht, das durch einen Kampf versprengt war. Der Ninja aus Kumogakure, den sie beobachteten, war nur von mittlerer Größe, hatte filzige, braune Haare, und schon jetzt zogen sich Narben durch sein Gesicht und über die Arme. Er trug ein breites Schwert auf dem Rücken, das mehr wie eine Keule wirkte. Wahrscheinlich ein Typ brachialer Gewalt, dachte Yuna und warf Evelyn einen kurzen Blick zu. Ihre Teamgefährtin nickte und sprang mit gezückter Waffe aus ihrem Versteck. Ohne ein Wort der Warnung attackierte sie ihren vollkommen überraschten Gegner. Yuna hielt sich in Reserve, um eingreifen zu können, wenn es nötig war. Wild hieb er um sich, doch das brachte ihn bei Evelyns vorsichtigen Angriffen nicht weiter. Wie ein Schakal schlich sie um ihn herum und wartete geduldig auf eine Blöße seinerseits, ohne sich die Mühe zu machen, die brachialen Hiebe zu parieren. Sie wartete den richtigen Augenblick ab, dann trat sie ihm die Waffe aus der Hand. Zwanzig Meter weiter bohrte sie sich in einen Baum. Unerreichbar. Er versuchte ihr mit bloßen Händen beizukommen, doch sie flutschte ihm wie ein Aal ständig durch die Finger und trieb ihn immer weiter zurück, bis er an einen Baum stieß. Das war Evelyns Chance, und sie vergeudete sie nicht. Ohne viel Federlesens trieb sie ihm ihr Katana durch den Oberschenkel, bis sich die Klinge in das Holz bohrte und nur noch das Heft herausschaute. Er brüllte vor Schmerz. Die Hellhaarige trat einen Schritt zurück. Er griff nach dem Schwertgriff. „Das würde ich nicht tun. Zieh die Klinge heraus, und du verblutest schneller, als du dich entscheiden kannst, wie du mich verfluchen kannst.“, sagte sie kalt. „Verdammte Hexe!“, zischte er, nahm aber die Hände vom Heft. Mit einer blitzschnellen Bewegung stach sie ihm ihren Dolch in die Schulter und entlockte ihm einen erneuten Aufschrei. „Hast du die Schriftrolle?“ Der Ninja presste die Lippen fest zusammen. Evelyn ruckte den Dolch in der Wunde umher. Blut spritzte ihr ins Gesicht, und er jaulte vor Pein. „Nein!“ „Siehst du, es geht doch.“, sagte sie mit weicher Stimme. „Ist es eine Himmels- oder eine Erdschriftrolle?“ Als wolle sie ihren sanften Ton Lügen strafen, drehte sie die Klinge in seiner Schulter. „Erd!“, quiekte er unwürdig schrill. Mit dieser Antwort zufrieden zog sie den Dolch zurück, strich das Blut an seinem Hemd ab und schob sie zurück. Sie legte ihm mit seinem Gürtel, einem Stock und einem sauberen Tuch eine behelfsmäßige Aderpresse an, erst dann zog sie ihr Schwert aus seinem Bein und säuberte die Klinge. Er sank zu Boden. Plötzlich war Aurora über ihm und drückte ihn auf die Erde. Ein Biss in den Nacken würde genügen, um seinen Kopf vom Körper zu trennen. Yuna wurde speiübel. War das noch eine Prüfung, oder schon bitterer Ernst? Evelyn schob das Schwert zurück und setzte sich neben Aurora auf einen Baumstumpf. „Komm her, Yuna. Wir warten.“ Kreidebleich kam sie hinter dem Busch hervor. „Worauf?“, fragte sie, als sie, als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte. „Auf sein Team. Laut genug gebrüllt hat er ja.“ Yuna schluckte ob Evelyns Kaltblütigkeit. Sie fragte sich, was ihre Teamgefährtin durchgemacht hatte, um so zu werden. Evelyn schloss die Augen und lauschte auf die Geräusche des Waldes. Die Melodien der Natur: das Rauschen des Laubes im Wind, das Trippeln kleiner und großer Kreaturen und das Knarren der Bäume. Da – ein Misston. Sie öffnete die die Lider. „Sie kommen.“, raunte sie Yuna zu und drückte dem Gefangenen den Dolch an die Kehle. Yuna spannte sich und nahm den Stab vom Rücken. Plötzlich standen die beiden Ninjas da. Ein roh aussehender, junger Mann und eine Frau, deren Miene etwas zwischen Sorge und Wut ausdrückte. Gerade wollte sie zum Angriff ansetzen, als ihr Blick auf die Klinge an der Kehle ihres Teamkollegen fiel. Sie erstarrte. „Ich mache euch ein Angebot.“, unterbreitete Evelyn. „Die Schriftrolle gegen euren Gefährten.“ „Und wenn nicht?“ Der Provokation des Shinobis zum Trotz wirkte seine Stimme eher unsicher. „Dann töte ich ihn und habe nur noch zwei Gegner.“, erwiderte die Hellhaarige gelassen. Yuna war geschockt. Das würde sich doch nicht wirklich tun! Sie konnte hier doch nicht zur Mörderin werden! Allerdings belehrte sie die Erinnerung an Assif eines Besseren. Sie konnte durchaus, doch schien es nicht nötig zu sein. Die Frau zog mit nervös flackerndem Blick die Schriftrolle aus dem Wams. „Yuna.“ Evelyn bedeutete ihr, die Schriftrolle zu holen. „Nein!“, empörte sich die Frau. „Erst ihn.“ „Dieser Handel läuft nach meinen Bedingungen. Mich bedrückt sein Tod nicht sonderlich, bringt mir aber auch keinen Vorteil, und die Schriftrolle kriege ich auch so, also...“, sagte die Hellhaarige frostig und machte eine fordernde Handbewegung. Die Kumonin biss sich auf die Lippen, nickte zögernd und übergab Yuna die Schriftrolle, die sich sofort wieder an Evelyns Seite zurückzog. Wie versprochen stand Aurora auf, die Hellhaarige packte ihn am Kragen und zog ihn auf die Beine. Sie gab dem geschwächten Ninja einen Stoß, der ihn zu seinem Team taumeln ließ. „Lasst die Finger von der Aderpresse, sonst verreckt er innerhalb kürzester Zeit. Für ihn ist die Prüfung gelaufen.“, meinte Evelyn und erntete wütende Blicke. Die Genin sahen aus, als wollten sie sich auf sie stürzen, doch der Verwundete hielt sie zurück. „Nein! Lasst sie! Die sind ne’ Nummer zu groß, wenn die Schwarzhaarige auch so stark ist.“ „Ist sie. Verlass dich drauf.“, sagte Evelyn kühl und legte eine Hand an den Schwertgriff. Die Drei ergriffen die Flucht. Evelyn seufzte zufrieden. „Sehr gut, Glück gehabt.“ „Sag mal, hättest du ihn wirklich umgebracht?“, fragte Yuna vorsichtig. „Nein, das war ein Bluff. Ich bin froh, dass es geklappt hat. In einer Prüfung sollte man nicht so weit gehen. Ich glaube nicht, dass der Hokage angetan wäre. Komm, lass uns einen Fluss suchen. Ich will baden.“ „Verständlich.“, erwiderte Yuna. Haar und Gesicht ihrer Teamgefährtin war voller getrocknetem Blut des Bedauernswerten. „Gehen wir dann zum Turm?“ „Ja, aber langsam und vorsichtig. Ich habe beschlossen, dass hier ein paar Leute herumhüpfen, denen ich nicht allzu gern in die Finger stolpern möchte.“ „Wie der Typ von eben? Shiore?“ „Exakt. Außerdem will ich noch ein paar Pflanzen mitnehmen.“ „Lieber Himmel, du hast Probleme!“, rief Yuna aus. Evelyn streckte schmunzelnd die Hand aus. „Komm gib mir die Schriftrolle. Ich höre Wasser.“ Sie tat wie geheißen und reichte ihr die Beute. Die Hellhaarige ließ das Schriftstück unter ihrem Oberteil verschwinden. „Es erstaunt mich jedes Mal wieder, wie du so viel Krempel unter deinen Pulli stopfen kannst, ohne, dass man es von außen sieht.“ „Alles eine Frage des Einstapelns.“, gab Evelyn schalkhaft zurück und ging voran, sodass Yuna nichts anderes übrig blieb, als hinter ihr herzulaufen. Hinter einem dichten Gebüsch aus ineinander verwobenen Dornenranken stießen sie auf eine Stelle am Fluss, wo sich das glitzernde, klare Wasser in einer Art Steinbecken fing und so einen kleinen See bildete. Am Ufer erstreckte sich ein schmaler Grasstreifen, der von schier undurchdringlichem Unterholz gerahmt wurde. Ein perfekter Lagerplatz. Evelyn nahm Aurora die Taschen ab und stellte sie auf den Boden. „Etwas Besseres werden wir so schnell nicht finden.“, meinte Evelyn. Und ich will wirklich baden. Blut ist widerlich.“ Yuna nickte nur und half ihr, ein paar Fallen aufzustellen, die sie warnen würden, sollte sich jemand nähern. „Hältst du Wache, Yuna?“ „Klar.“ Die Dunkelhaarige setzte sich auf einen Stein, während Evelyn die Kleider abstreifte und etwas aus ihrem Rucksack zog. Die Haut der Hellhaarigen war nicht eben makellos, wie Yuna bemerkte. Weiße, kaum sichtbare Striemen, längst ausgeheilte Narben legten Zeugnis ab von überstandenen Verletzungen, von denen einige ziemlich schwer gewesen sein mussten. Schnell löste sich das geronnen Blut von ihrer Haut, doch die verklebten Haarsträhnen davon zu befreien, war schon ein umständlicheres Unterfangen. Das Flusswasser spülte die Schaumkronen davon. Als Evelyn aus dem Wasser stieg und sich mit einer Salbe einrieb, verbreitete sich der Duft von Orchideenblüten auf der Lichtung, nur ganz schwach konnte Yuna das Aroma eines Insektenschutzmittels wahrnehmen. Shino hätte im Kampf gegen sie beide einen echten Nachteil. Yuna kannte den Geruch von der Salbe, die sie inzwischen selbst herstellte. „Na, Yuna, worüber denkst du nach?“, fragte Evelyn unvermittelt, als die Gedanken der anderen abschweiften. „Hast du mal darüber nachgedacht, ob du später eine Familie und Kinder haben möchtest?“ „Huch, wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Keine Ahnung. Einfach so.“ „Ich weiß nur eines mit Bestimmtheit: Eigene Kinder werde ich keine haben.“, sagte Evelyn. „Warum nicht?“ Yuna klang verwundert. „Ich kann keine bekommen.“ „Wie...?“, fragten die Dunkelhaarige verwirrt nach. „Ein Schwerthieb von einer Seite des Beckens bis zur anderen. Meine Mutter konnte nicht wieder alles so herrichten, wie es war. Ich habe nur knapp überlebt. Das war als ich acht war. Ich hatte Glück. Die meiste Zeit meiner Genesung war ich ohne Besinnung.“, meinte sie. „Und du Yuna? Wie steht es mit dir?“, fragte Evelyn als sie sich die Kleider überstreifte. „Ich weiß nicht. Vielleicht, wenn ich den Richtigen gefunden habe.“ „Danach suchen manche ein Leben lang.“, merkte die Hellhaarige an. „Und Manche, die den richtigen Partner finden, verlieren ihn wieder. Aber genug davon. Lass uns eine geschützte Stelle für die Nacht finden.“ Während sie gingen, pflückte Evelyn immer wieder Blätter und Blüten von ihr unbekannten Pflanzen ab und steckte sie in einen Beutel auf Auroras Rücken. So kamen sie nur langsam voran, während die Kronen der riesigen Bäume das schwächer werdende, rote Licht des Abends zu verschlingen schienen. Manchmal begegneten sie übergroßen Insekten und Kriechtieren, doch die Kreaturen flüchteten vor ihnen. „Also ohne die Insektenschutzsalbe wäre das hier wohl echt ungemütlich.“, merkte Yuna käseweiß im Gesicht an, als eine ponygroße Spinne ihren Weg floh. Darüber mussten beide Lachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)