L'Amour à trois von Anemia (Darkly, darkly, Venus Aversa) ================================================================================ Kapitel 3: I. Season - Gebaut wird in der Manufaktur! ----------------------------------------------------- Todesmutig trat ich der schwarzen Gestalt entgegen, wobei ich doch noch auf Nummer sicher gegangen war und den Kochlöffel vom Boden klaubte, denn man wusste ja, dass auch Menschen zu wilden Tieren mutieren konnten. Aber der Typ mit den langen Haaren, die im Winde zu flattern begannen machte keine Anstalten, mich Würstchen, welches schon längst im eigenen Saft badete, anzugreifen. Ich fand sowieso, dass es unfair wäre, einem Besoffenen den Garaus zu machen, schließlich vermochte sich ein solcher nicht angemessen zu verteidigen. "Boah, was ziehst du für 'ne Show ab, Mütze. Ist ja peinlich..." Jetzt, da die vampirische Gestalt die Stimme erhob und mich zu verspotten begann, wich die Angst aus meinen müden Knochen und meine Schritte endeten erst, als ich direkt vor dem großgewachsenen Mann stand und ihm herausfordernd in die Augen blickte. Man konnte ein leichtes Funkeln in den seinen sogar des Nachts erkennen, und ich war mir sicher, dass er sich köstlich über meine übertriebene Aktion amüsierte. "Was hättest du denn gemacht, wenn - oh!" Die Schimpftirade konnte ich mir sparen, denn das Geheimnis um den Finsterling lüftete sich allmählich und mir fiel ein, wann ich mich an dem Anblick dieser spitzen Eckzähne, welche der andere hämisch bleckte, zuletzt hatte laben können. Sascha in Böse stand mir gegenüber und auch wenn ich seinen ach so tollen amerikanischen Namen auf der Autogrammkarte lesen durfte, so erschien er mir des Aussprechens unwürdig. "Was machst du denn hier, Bleichgesicht?" "Dich besuchen, siehst du doch. Und meine Axt wollte dich auch unbedingt kennen lernen." Axt? Gegen so einen Kaliber konnte mein armseliger Kochlöffel nicht anstinken. Schwanzvergleich 1:0 verloren. Shit. "Aber keine Panik, sie tut dir nichts", beschwichtigte mich der Grufti mit seiner tiefen, zu seiner äußeren Erscheinung passenden Stimme, bevor ich mir noch vor Angst in die Hose machte. "Jedoch nur, wenn du dich von Lilly fernhältst, ist das klar?" Ach nee, da hatten wir es ja. Hier schlüpfte tatsächlich jemand in die Rolle des betrogenen Ehemannes, aber war es denn mein Problem, wenn er es im Bett nicht brachte und sich seine Schnalle nach jemand anderem umschaute? Leider wagte ich es nicht, Tyler diesen Spruch ins Gesicht zu pfeffern, denn auch wenn ich mir einredete, dass erwähnte Axt sicher nur ein Spielzeug war, wollte ich jene nicht zu spüren bekommen. "Und was geht dich das an? Das ist ein freies Land, ich kann mich abgeben, mit wem ich will", wollte ich unklug wissen, aber mein großes, betrunkenes und leicht lallendes Maul wurde mir zugleich gestopft, indem Tyler seine schlanke und von Todeskälte erfüllte Hand um meinen kostbaren Hals schlang und seinen Zeigefinger drohend auf meine Pulsschlagader drückte. Sein Gesicht näherte sich meinem, sodass mir jeglicher Hilferuf in der Kehle stecken blieb und ich nur noch in diese fast schon gierig wirkenden Augen des anderen starrte. "Ich bin ihr Freund", hauchte er leise gegen meine Lippen, was meinen Atem vor Angst vibrieren und mein Herz in die Hose rutschen ließ. "Also halte dich daran, wenn du an deinem Leben hängst, Süßer." Mit diesen Worten drückte er mich unsanft auf den Boden und verschwand in der Dunkelheit, bis es so schien, als sei er niemals an Ort und Stelle gewesen. Nur mein geschundener Körper erinnerte sich noch genau an seine Anwesenheit. ***** "Und er hat dich wirklich 'Süßer' genannt? Wie gay ist das denn! Und sowas will ne Freundin haben, da lachen ja die Hühner!" Keine Ahnung, wann Kai den Weg der Homophobie eingeschlagen hatte, zumindest bewies er just in diesem Augenblick, dass auch in ihm ein Arschloch steckte. 'Arschloch, wo ist das Arschloch?', imitierte ich Eisi mal freundlicherweise an dieser Stelle, der mitsamt dem Rest der Clique mit Abwesenheit glänzte. Was aber hatte mir Yoshi zum Thema sexuelle Präferenz eingebläut: Verurteile niemanden aufgrund einer Sache, die er sich nicht selbst ausgesucht hat. Weises Sprüchlein, nur schwer in die Praxis umzusetzen bei verdammten Arschlöchern. Denen zielte man doch nur zu gerne direkt unter die Gürtellinie. Besonders nach so einer alkoholreichen Nacht. Die ekelhafte Mittagssonne schien das Zelt in einen Schwitzkasten zu verwandeln, in dem Sauerstoff nicht mehr vorhanden war und der doppelt brummende Schädel, der mit dicken, geschwollenen Augen einherging machte mir das Leben auch nicht leichter. "Soweit ich mich erinnern kann, hat er das. Aber außer diesem Wort und seinem Aussehen ist an dem absolut nichts schwul. Er ist ein Sklave seines Testosteronspiegels!" "Als wenn der Gothic-Style gay wäre", beschwerte sich Kai daraufhin nur und reichte mir Todkranken liebenswerter Weise die Wasserflasche, damit ich mir anstatt zu trinken beinahe die Hälfte über den Latz schüttete und leise winselte. "Und du bist dir sicher, dass du in diesem Zustand deine Lilly treffen willst?", meinte Kai mit mütterlicher Besorgnis in der Stimme, sowie er mich aus seinen ungeschminkten Augen musterte, die ihn gleich zu einem ganz anderen Menschen mutieren ließen. "Ja", krächzte ich. "Und wenn sie fragt, wieso ich so aussehe, wie ich aussehe, erzähle ich ihr haarklein, was ihr bekloppter Lover mit mir gemacht hat." Das hatte ich wirklich vor! Nur leider wurde mir wie so oft in diesem Leben ein Strich durch die Rechnung gemacht. Fuck this fuckin' Fate, Bitch. ***** Mit einem Kater als Untermieter und einem schwulstigen Auge humpelte ich von beinahe schon schockierten Blicken begleitet über den Zeltplatz, was mich aber nicht davon abhalten konnte, mitten im Getümmel Lilly zu erwarten. Voller Sehnsucht und mit einem vor Ungeduld kribbelnden Magen lehnte ich meinen geschundenen Leib an eine dicke Eiche und begann innerlich zu feiern, als das Mädchen so fröhlich wie ich es kennenlernte auf mich zuschlenderte, die Hand kurz zum Gruße hob, dann jedoch schnell zu einer ernsten Miene hinüberwechselte. Und auch ich konnte nicht mehr strahlen wie ein Atomkraftwerk. Nicht, weil ich etwa Schmerzen hatte, nein, sondern weil gemeinsam mit meinem eigentlichen Date eine weitere Person erschienen war, die sich mir bereits ausführlich vorgestellt hatte in einer Nacht und Nebel Aktion. So wie ich die lange, schwarze Mähne erblickte, so erinnerte ich mich an diese eisig funkelnden Augen, den festen Griff um meinen Hals und diese hexenhaften, spitzen Fingernägel, die sich in mein Fleisch zu bohren versuchten. Hallo, der Typ wollte mich ermorden und nun schleppte Lilly ausgerechnet den an, obwohl sie doch sicher eine Ahnung von unserem Hahnenkampf hatte, besser gesagt von Tylers nicht ganz unbegründeten Eifersucht. Klar war es falsch, sich an ein vergebenes Mädchen ranzuwerfen, aber was konnte ich dafür, dass es im Grunde Lilly war, welche mir so großzügig ihre Nummer hinterlassen hatte und sich unbedingt mit mir treffen wollte. Zu so einem unplatonischen Quatsch zählten schließlich immer zwei Leute. Nicht mehr und nicht weniger. "Was macht'n der hier?", war meine erste Frage an die schöne Rothaarige, noch ehe sie ein Wort des Grußes oder des Bedauerns hervorbringen konnte, weil ich ja optisch Frankensteins Monster Konkurrenz machte. Zum Glück nahm Lilly mir meinen saloppen Spruch nicht übel - ich mochte solche gechillten Frauen - und wendete sich viel mehr an Tyler, welchen sie fast schon flehend ansah. Da dieser aber den Mund nicht aufbekam und nur schief vor sich hin grinste, während ich seinen fetten Stiefeln einen ehrfurchtsvollen Blick zuwarf, lag es an Lilly, für ihn zu sprechen. "Tyler möchte sich für die letzte Nacht entschuldigen", klärte sie mich auf, ich lauschte gespannt ihren Worten. "Er hat eingesehen, dass seine Eifersucht dumm und Gewalt keine Lösung ist. Deswegen lädt er dich auch zu einem Eis ein..." "Was?", zischte daraufhin nur der andere erschrocken und riss die Augen auf. Mit einer Einladung hatte er wohl nicht gerechnet, wahrscheinlich begleitete er Lilly sowieso nur, damit er mir noch einen vor den eh schon halb toten Latz hauen konnte. "Du hast schon richtig gehört", stellte Lilly überlegen klar und nun wusste ich, wer von dem zweifelhaften Pärchen die Hosen anhatte. "Komm mit, ähm..." "...Darin!", kam ich nun endlich mit meiner Vorstellung zum Zuge und erntete einen erfreuten Blick von Lilly. Im Eiscafé musste ich dann haarklein alles über die Herkunft meines Namens berichten, auch wenn mir die Fresse wegen diesem Kunden da weh tat, welcher gelangweilt seinen Strohhalm in dem Getränk vor sich kreisen ließ und sich null an unserem Gespräch beteiligte. Nicht, dass ich scharf darauf gewesen wäre, Informationen über ihn einzuholen, was zu einem Kennenlernen geführt hätte, nein, ich war nur gewillt, dass die verdammte Stimmung ein bisschen lockerer wurde, wenn er uns wohl oder übel Gesellschaft leisten musste. "Deine Eltern sind also Italiener", nickte Lilly und schob sich einen Löffel mit Schlagsahne zwischen die vollen Lippen und gab dann ein Geräusch von sich, das wohl einen plötzlichen Einfall signalisierte. Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Knuff in Tylers Seite, woraufhin dieser unwillig murrte, eröffnete sie mir etwas, das mich so sehr interessierte wie die Gewissheit, dass in China mal wieder ein Sack Reis umgefallen war. "Tyler hat auch italienische Wurzeln. Sein Opa kommt aus diesem wundervollen Land. Und du sprichst doch auch ein paar Brocken Italienisch, nicht?", wendete sie sich an den Grufti, welcher das freizügige Netzhemd vom Vortag trug, nur diesmal in einer Kombi mit einem langen Rock, welcher auf einer Seite so hoch geschlitzt war, dass man seinen Hüftknochen mühelos erkennen konnte und zudem das, was er unter der Kutte trug. Mehr als ein Stringtanga konnte es nicht gewesen sein... "Magst du uns nicht mal 'nen kleinen Crashkurs geben?", plapperte das quirlige Mädchen weiter, aber Tyler ließ sich von ihrer Euphorie keineswegs anstecken. "Nee, danke", wehrte er ab und soff abwesend seinen Eiskaffee aus, die in tiefes schwarz getauchten Augenlider gesenkt haltend. "Aber du kannst das 'R' so sexy rollen. Fänd' Darin bestimmt auch scharf." "Bestimmt nicht", stellte ich augenblicklich richtig und wollte gerade darüber nachdenken, ob mir Lilly denn Bisexualität andichten wollte, aber ihr Lächeln signalisierte mir, dass sie nur gescherzt hatte. "Kommt schon, Jungs. Macht doch mal ein bisschen Stimmung! Nicht viel los hier mit euch, alte Langweiler. Muss man euch erst Alk geben, damit ihr munter werdet?" "Haha, der wird doch aggressiv, wenn er getrunken hat", lachte ich gestellt und deutete mit dem Kinn auf Tyler, der mir zugleich einen eiskalten Blick zuwarf, der meinen Übermut strafte. Dann erhob er sich langsam, legte einen Geldschein auf den Tisch und drückte Lilly einen kurzen Kuss auf die Lippen auf, welchen das verdutzte Mädchen nicht erwiderte. "Netter Versuch, Lilly, aber dem will ich mich nicht mehr auf unter 30 Metern nähern. Beklopptheit färbt nur ab, deswegen verpisse ich mich besser. Tut mir sorry, Babe. Und lass dich nicht von dem angraben." Ich war drauf und dran, meine Klappe für einen bösen Spruch zu öffnen, was die Beklopptheit und das Abfärben anging, aber ich schluckte ihn besser runter. Noch so einen netten Besuch wie gestern Nacht sollte mir der Finsterling nicht abstatten, das stand fest. "Och", machte Lilly langgezogen und traurig zugleich. "Dabei war ich gerade dabei, eine Freundschaft zwischen euch aufzubauen. Und ihr reißt alles ein." "Gebaut wird in der Manufaktur!", ließ Tyler noch tough verlauten und dann verschwand er aus dem kleinen, gemütlichen Café, wo er uns beide allein zurückließ. Und ich konnte euch sagen, über diesen Zustand war ich nicht böse, im Gegenteil. Schließlich blieben mir und Lilly bloße drei Tage, um meiner Jungfräulichkeit den Garaus zu machen und besonders nahe gekommen waren wir uns bisher leider nicht. Zudem hatte es dieser arrogante Vogel verdient, dass er mal betrogen wurde. Und wenn er mich dann verkloppen oder umbringen wollen würde, wäre ich bereits wieder in meinem trauten Heim, von dem er nicht wusste, wo es wohnte. Leider entwickelte sich nichts Großartiges zwischen Lilly und mir. Sie gab mir lediglich Tipps, wie ich das geschwollene Boxerauge wieder kleiner bekam, plauderte über das Leben auf Tour, die Fans und darüber, wie sie sich am Klavier versucht hatte, aber kläglich scheiterte. Zudem sei erst vor ein paar Wochen ihr Debütalbum erschienen und ich versprach, es mir schnellstmöglich zuzulegen. "Du kannst auch eins kostenlos kriegen. Wir haben noch ein paar Kopien da. Ich könnte dir morgen eine mitbringen, wenn du lieb bist." Wer hier lieb war und wer nicht, das fragte sich noch. Artig bedankte ich mich für diese Großzügigkeit und spuckte nun das aus, was mir diesbezüglich auf dem Herzen lag. "Wie komme ich überhaupt zu der Ehre, mit dir abhängen zu dürfen, wo du doch ein Rockstar bist?" Ja, wahrscheinlich klang die Frage ziemlich ehrfürchtig und ich kam mir mal wieder wie ein kleiner Bottom vor, besonders, als Lilly zu schmunzeln begann und ganz geheimnisvoll tat, während sie an dem Strohhalm ihres bestimmt dritten Getränkes nuckelte. "Ich fand dich eben ganz niedlich mit deiner schüchternen Art", äußerte sie sich nach einer Weile und schaute mich aus ihren blauen Augen an. "Du bist mir schon während des Gigs aufgefallen." "Ach, echt?", staunte ich, Lilly nickte und die hübschen Grübchen in ihren Wangen traten zutage. "Jap. Und eigentlich empfand es auch Tyler so, glaub mir. Er steht auf solche Jungs wie dich. Nur wird er ein bisschen komisch, wenn jemand anderes Interesse an mir zeigt." What the Fuck? Hatte ich mich verhört oder hatte mir Lilly gerade indirekt zu verstehen gegeben, dass Tyler dem eigenen Geschlecht ebenso wenig abgeneigt war wie dem anderen? Und dass er zu aller Entsetzen auch noch auf meinen Typ abfahren sollte - das bereitete mir irgendwie Angst. Wie gesagt, ich hatte nichts gegen Homo- oder Bisexuelle, aber dass gerade der Goth, welcher mir bereits mit dem Tode gedroht hatte, Interesse an mir besitzen sollte, schien geradezu unglaublich. Klar, er hatte mich 'Süßer' genannt, aber das war blanke Ironie, oder irrte ich mich? Das musste ich erstmal setzen lassen. Irgendwann hatte wohl die Logik in dieser Geschichte das Haus verlassen. ***** Diesmal war es nicht Kai allein, der am Abend vor dem Lagefeuer von den neuen Erkenntnissen berichtet bekam. Auch Yoshi, Eisi und Sascha lauschten neugierig meiner abenteuerlichen Erzählung und selbst sie schüttelten ungläubig den Kopf. Wenn sogar Eisi still schwieg und kein fröhlich-böses Liedchen anstimmte, musste die Lage wahrhaftig ernst sein. "Ey, da musste aufpassen", warf Sascha Rauch ausblasend ein, nachdem er einen kräftigen Zug an seiner Shisha genommen hatte. "Wenn der dich schlägt und dich gleichzeitig geil findet, steht er auf Sadomaso!" Ich fand, dass Kais Augen ein merkwürdiges Glänzen bei diesen Worten aufwiesen, welches sich jedoch schnell wieder verflüchtigte, als ich ihn mahnend ansah. "Ach, wer weiß, vielleicht hat Lilly da irgendwas falsch verstanden oder etwas fehlinterpretiert", versuchte ich die nun aufgeregt diskutierende Meute zu beschwichtigen und zudem meine eigenen Nerven zu beruhigen. "Vergessen wir es einfach. In drei Tagen sind wir eh abgezogen, von daher..." Doch so cool, wie ich tat, war ich bei Weitem nicht, im Gegenteil. Eine leise Angst um meinen Arsch schlich sich doch ein, denn die Vorurteile sitzen tiefer als jegliche Aufgeklärtheit über die verschiedenen Formen der Sexualität. Entjungfert wollte ich werden, um jeden Preis - und das von Lilly, keinem anderen Mädchen oder gar einem Typen! Erfreulicher Weise fand morgen ein erneutes Treffen zwischen meiner Angebeteten und mir statt. Doch auch dieses lief anders als geplant. Ganz anders... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)