No Kingdom without pain von Gadreel ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel --------------------- Magie – allein dieses Wort reichte aus, um meinem Vater in Angst und Schrecken zu versetzen. Zwei Emotionen, die er niemals zeigen würde, denn er versteckte sie unter Wut und Hass; jegliche Vernunft wurde von ihm gerissen und er schien nicht mehr klar denken zu können. Uther Pendragon, mein Vater, mein König – dennoch zweifelte ich oft daran, dass er mein Vorbild als Herrscher sein sollte. Ich sah so viel Ungerechtigkeit in diesem Königreich und dennoch wagte ich es nur selten mich gegen meinen Vater zustellen. Ich hörte sie flüstern… die Dienerschaft, Merlin und selbst Morgana, dass ich ein besserer König werden würde, als Uther. Dennoch fürchtete ich mich vor dieser großen Aufgabe, die so viel Verantwortung mit sich brachte. Stets hatte ich die Angst zu versagen und Camelot nicht gerecht zu werden – doch Merlin sprach mir stets Mut zu. Dieser kleine, nichts wissende Junge… und dennoch ein Mensch, der mir sehr viel in meinem Leben bedeutete. Ohne ihn wäre ich nicht der Arthur Pendragon, der ich nun war. Eine Tatsache, die ich diesem Tollpatsch niemals auf die Nase binden würde. Trotzdem erschreckte es mich manchmal selbst, wie viel ich bereit war für Merlin zu opfern und mich gegen meinen Vater zu stellen – wie heute. Ich wurde unter Arrest gestellt und durfte meine Gemächer nicht verlassen. Uther war außer sich vor Wut, als ich gegen seinen Befehl aufbrach, um mit Merlin dessen Dorf vor Banditen zu verteidigen. Noch immer bin ich mir nicht sicher, weswegen mein Vater so aufgebracht war – die Tatsache, dass ich dem König nicht Folge leistete, oder weil er sich um mich sorgte? Nach all diesen Jahren konnte ich ihn noch immer nicht einschätzen. Mein Vater verstand es sehr gut seine Emotionen hinter seiner strengen Maske zu verstecken. Seufzend starrte ich aus dem Fenster und beobachtete, wie die Sonne hinter den Türmen des Schlosses langsam verschwand. Die Nacht brach an und ich langweilte mich zu Tode – nicht einmal Merlin hatte die Erlaubnis zu mir zu kommen. Kein neckender Spruch kam mir heute über die Lippen, kein Lächeln erschien auf meinem Mund – dabei brauchte ich nur Merlins Gestalt zu erblicken, um zu lachen… aus so vielen Gründen. Seine tollpatschige Erscheinung, sein Lächeln, das sofort ansteckte und seine vorlauten ehrlichen Worte, die ich so sehr an dem Jungen schätzte. Tief in Gedanken versunken lehnte ich noch immer an der kalten Steinwand, um den Sonnenuntergang zu beobachten, als plötzlich die Tür zu meinem Gemach aufgerissen wurde und ein böse dreinblickender Uther den Raum betrat. Ich seufzte und bereitete mich bereits auf eine weitere Strafpredigt von meinem Vater vor, während ich mich ihm zuwandte. Wenigstens hatte Uther noch den Anstand zu warten, bis die Türen hinter ihm wieder geschlossen wurden. „Ich bin deine Ungehorsamkeit langsam Leid, Arthur.“ Begann Uther in einem strengen Ton und blickte mir eindringlich in die Augen, was mich dazu brachte auf den Boden zu blicken. Ich konnte diese Enttäuschung in seinen Augen einfach nicht mehr ertragen… wir hatten schon immer unterschiedliche Ansichten, wenn es darum ging etwas Gutes, oder Böses zu tun. „Du hättest verletzt, oder gar sterben können!“, fügte er hinzu, bevor er auf mich zukam. „Es standen so viele Menschenleben auf dem Spiel! Ich…!“ doch er ließ mich nicht ausreden – wie so oft. „Du bist mein Sohn! Du wirst einmal König sein! Keines dieser Leben ist so viel Wert wie deines! Ich verlange… nein ich, als dein König, befehle dir mir zu gehorchen!“, schrie Uther durch mein Gemach, sodass ich das Gefühl hatte, dass selbst die Wände vor ihm erzitterten. Nur kurz war ich zusammengezuckt, als ich mal wieder Zeuge des Zorns meines Vaters wurde. „Ich bin dein König und Vater und du solltest mir zum Teufel nochmal mehr Respekt entgegenbringen!“ Normalerweise nickte ich es stets ab und widersprach nicht, doch heute schien die Wut meines Vaters auf mich überzugehen. „Leben sind Leben, Vater, jedes hat seinen Wert, egal von welcher Stellung! Wenn ich die Chance habe sie zu retten, dann werde ich es tun! Egal ob ich der Sohn eines Königs bin, oder nicht!“, spie ich ihm wütend entgegen – womit er offensichtlich nicht gerechnet hatte, denn für einen Moment erschien Überraschung in seinen Augen… anschließend gefolgt von erneuter Wut. „Dann sperre ich dich solange ein, bis du zur Vernunft kommst, mein Sohn!“ Mit jedem weiteren Wort kam Uther bedrohlich auf mich zu, was mich dazu veranlasste meinen Rücken gegen die Wand zu drücken, um ihm zu entkommen – ein Versuch, der natürlich scheiterte. Noch immer verstand mein Vater in mir Ehrfurcht und Unbehagen auszulösen – Uther sollte man nicht unterschätzen; auch ich habe dies an eigenem Leib erfahren müssen. „Du kannst mich nicht ewig von allem fernhalten, Vater, ich bin nicht dein Gefangener.“, sagte ich aufgeregt und beobachtete Uther, wie dieser weiter auf mich zukam. „Ich tue das, was richtig ist und ich brauche nicht jedes Mal deine Erlaubnis dafür!“ Genau diese Worte schienen für den König wie ein Auslöser zu sein, denn innerhalb weniger Sekunden stand er direkt vor mir und nahm grob mein Kinn in seine Hand, damit ich ihm in die kalten, blauen Augen blicken musste. Ich wagte es nicht mich zu rühren, als er begann zu sprechen. „Du gehorchst mir, Arthur, oder ich werde es dir auf schmerzliche Weise lehren.“ Leise und bedrohlich kamen diese Wörter über Uthers Lippen und das Blut schien mir in den Adern zu gefrieren. Meine dunkelblauen Augen mussten meine Furcht widergespiegelt haben, denn ich konnte plötzlich einen zufriedenen Ausdruck im Gesicht meines Vaters erkennen. „Wir sind uns also einig, Arthur.“, stellte Uther für sich fest, bevor er mein Kinn los ließ und einen Schritt zurück machte, um mir ein wenig Raum zu lassen. Nennt es jugendlichen Wahnsinn, doch allein der zufriedene Ausdruck meines Vaters ließ mich erneut wütend werden und die Drohungen von ihm vergessen. Wie konnte er es wagen mich ständig klein halten zu wollen, wenn er doch immer behauptete, dass ich irgendwann als König Großes vollbringen müsste?! Wieso hatte er nur strafende Worte für mich, wenn ich der Meinung war etwas Gutes zu tun? Wieso wurde ich dafür bestraft, wenn ich unserem Volk helfen wollte? Was wäre Camelot denn ohne seine Bewohner? „Wenn es bedeutet, dass nur ein Tyrann über Camelot herrschen kann, dann wünschte ich niemals als dein Sohn geboren worden zu sein! Es wäre eine Scham für mich, wenn es jemals heißen würde, ich wäre dir ähnlich, Uther!“ Erst als ich es aussprach, nahm ich die Respektlosigkeit in den Worten wahr – ich hatte eine Grenze überschritten und nicht nur das – ich schien einen wunden Punkt getroffen zu haben. Obwohl ich ein sehr gutes Reaktionsvermögen hatte, sah ich den Schlag Uthers nicht kommen. Im Bruchteil einer Sekunde hatte mein Vater die Distanz zwischen uns überbrückt, holte aus und verpasste mir einen gewaltigen Schlag ins Gesicht, sodass ich seitlich auf den Boden landete. Noch immer war sehr viel Kraft in den alten Knochen, was mir soeben schmerzlich bewusst wurde. Meine Wange pochte und übertrumpfte sogar den Schmerz, den ich aufgrund des Aufpralls in meinen Rippen spürte. Uther gab mir keine Zeit, um mich einigermaßen zu erholen, denn schon hatte er sich über mich gebeugt und mich am Kragen gepackt. Nur verschwommen nahm ich sein vor Wut entstelltes Gesicht wahr, als er mein Gesicht näher zu seinem zog. „Ich sollte dich für diese Worte auspeitschen lassen, Junge!“, schrie er mich an, bevor ich plötzlich hörte, wie die Tür aufgestoßen wurde. Ich drehte nur leicht den Kopf und konnte Merlin erkennen, der vermutlich aufgrund des Geschreis mir zur Hilfe eilen wollte – doch er schien zu zögern, als er Uther sah. „Verschwinde! Raus!“, brüllte Uther außer sich, woraufhin Merlin mir nur einen besorgten Blick zuwarf und sich noch immer nicht von der Stelle rührte. „Raus, Diener, oder ich werde dich hinrichten lassen!“, setzte der König nach, während ich spürte, dass seine Wut nun den Höhepunkt erreicht hatte, denn seine Hände krallten sich fester in meinen Kragen. „Merlin…“, krächzte ich schließlich und spürte bereits wieder den Blick meines Vaters auf mir. „Bitte geh.“ Es war meine Respektlosigkeit, die mich in diese Situation manövriert hatte – ich wollte niemanden mithineinziehen – Merlin schon gleich gar nicht. Meine Worte schienen mehr erreicht zu haben, denn mein persönlicher Diener verließ widerwillig – mit einem letzten eindringlichen Blick, der mir galt – mein Gemach und schloss die Tür. Furcht breitete sich in mir aus, als mir wieder bewusst wurde, dass ich alleine mit Uther war – ihm völlig ausgeliefert. „Wie ich davor bereits sagte – ich werde dir auf schmerzliche Art und Weise beibringen mir zu gehorchen und mir nie wieder so respektlos gegenüber zu treten!“ Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust, sodass ich glaubte zu hören, wie das Blut schneller durch meine Venen schoss. „Vater…“, begann ich leise, mit der Hoffnung ihn wieder etwas beruhigen zu können, doch Uther zog mich grob mit einem Ruck wieder auf die Beine und drückte mich gegen die Wand, als er merkte, dass ich noch etwas wacklig auf den Beinen war. „Das ist schon mehr als überfällig, mein Sohn! Ich dulde keinen Ungehorsam mehr – zu lange habe ich es dir durchgehen lassen.“ Was auch immer mein Vater sich vorgenommen hatte, ich würde heute leiden müssen – ob ich es verdient hatte, oder nicht, es würde an der Tatsache nichts ändern, dass mein Vater sich zu etwas entschlossen hatte und bereit war dies auch durchzuführen. Das Zittern, das meine Hände befallen hatte, versuchte ich zu unterdrücken, indem ich meine Hände fest zu Fäusten ballte. Ich würde der Strafe mutig entgegentreten – so wie es sich für einen Prinzen gehörte, auch wenn dieser für den König, seinem Vater, eine Enttäuschung war. „Zieh dein Hemd aus, Arthur.“, befahl Uther, als er die Hand von meiner Brust nahm, als er zu bemerken schien, dass ich wieder sicher auf meinen Beinen war. Für einen Augenblick zögerte ich, doch sein strafender Blick war keiner weiteren verbalen Aufforderung mehr nötig – ich tat wie geheißen und zog mein Hemd über den Kopf, um es anschließend auf den Boden fallen zu lassen, doch Uther nahm es mir aus der Hand und sagte: „Nun geh zum Bett, knie dich davor auf den Boden und lege deinen Oberkörper auf die Laken.“ Erneut zögerte ich – die Angst kroch stärker als zuvor durch meine Knochen, als ich zu meinem Vater blickte und zusah, wie er fein säuberlich mein Hemd zusammenfaltete und auf den Fenstersims legte. Erst jetzt schien er zu bemerken, dass ich seiner Aufforderung noch nicht nachgekommen war, was ihn wütend und mit fester Stimme sprechen ließ: „Widersetzt du dich mir erneut?“ Ich wandte meinen Blick mit mulmigem Gefühl ab und schüttelte leicht den Kopf, bevor ich mich zum Bett begab und das tat, was er von mir verlangt hatte. Er war nun mal König und ich wagte es nicht mich ihm entgegenzustellen – noch nicht… All meine Sinne waren in Alarmbereitschaft – ich kniete mit dem Rücken zu meinem Vater, mein Oberkörper lag auf dem kalten Laken, meine Arme lagen ausgestreckt auf der Decke, während ich mein Gesicht seitlich gedreht hatte, um meinen Vater aus dem Augenwinkel beobachten zu können. Bei jedem Herzschlag hatte ich den Eindruck, dass das Bett sich im Takt mitbewegen würde. Doch ich horchte auf der Stelle auf, als ich plötzlich Kleider rascheln hörte – ich konnte es nicht unterbinden, als ich meinen Kopf aufrichtete und über meine Schulter hinweg zu Uther blickte. Er begann den Ledergürtel von seiner Hose zu lösen und klappte diesen schließlich einmal zusammen. Mir wurde gleichzeitig kalt und heiß, als ich ihn beobachtete – erst jetzt fiel mir auf, dass mein Vater seinen Blick kein einziges Mal von mir abgewandt hatte. Seine kühlen Augen verrieten nichts über seine Gedanken – dafür hasste ich ihn! Ihn und seine verdammte Undurchschaubarkeit! „Ich tue das nicht, weil es mir Freude bereitet, Arthur. Denk daran, dass das deine Schuld ist.“, sagte Uther, als er auf mich zukam – den Gürtel fest in seiner großen Hand. Ich biss fest die Zähne zusammen, als mir langsam aufkeimte, was der König vorhatte. Automatisch hatte sich meine Atmung beschleunigt und ich drehte ruckartig meinen Kopf nach vorne, um anschließend mein Gesicht in die Laken zu drücken. Meine Finger hatten sich fest in die Decke gekrallt, als ich an die bevorstehenden Schmerzen dachte. Die Schritte Uthers verstummten direkt hinter mir – nur ein Windzug verriet, dass er gerade ausholte, um mit gesamter Kraft den Ledergürtel auf meinen breiten Rücken peitschen zu lassen. Höllischer Schmerz durchfuhr meinen Körper und ich konnte mir ein schmerzhaftes Stöhnen nicht verkneifen. Bei jedem Hieb krallte ich meine Finger fester in die Laken, sodass meine Knöchel bereits weiß hervortraten – mein Körper brannte und ich konnte diese Schmerzen nicht mehr ruhig über mich ergehen lassen. Ich schrie, drückte mich in die Bettlaken und wünschte in diesem Augenblick meinem Vater den qualvollsten Tod, den sich ein Mensch nur vorstellen konnte. Ich hörte den König angestrengt schnaufen und ich hoffte, dass er vor Erschöpfung inne halten würde – doch er tat es nicht. War er wirklich so sehr verärgert, dass er mein Blut sehen wollte? Nach einiger Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, schien Uther die ausführende Hand gewechselt zu haben – jedenfalls ließ die Härte der Schläge etwas nach; was es natürlich nicht unbedingt erträglicher machte. Mein Rücken brannte, schien in Flammen zu stehen und meine Stimme war heißer vor Schreien. Ich konnte mich nicht entsinnen wie lange mein Vater mich bestrafte, denn ich stand bereits an der Schwelle der Bewusstlosigkeit – ich war nicht mehr fähig mich zu bewegen und so blieb ich mit meinem Oberkörper schlaff auf dem Bett liegen. Doch wann hatte Uther die Zeit gefunden den Gürtel wegzulegen und mir nun eine kräftige Hand auf eine unverletzte Schulter zu legen? Meine Sinne schienen wie benebelt, als ich spürte, wie mein Vater sich neben mich kniete, meinen Oberkörper an den Armen aufrichtete und mich in eine Umarmung schloss. Hätte ich die Kraft dazu gehabt, hätte ich ihn von mir geschubst und ihn mit tausend Flüchen zum Teufel gewünscht – doch nicht mal dafür war ich mehr in der Lage. Meine Stirn lag auf der kräftigen Schulter meines Vaters und erst jetzt nahm ich seine ständig wiederholten Worte wahr: „Es tut mir Leid, Arthur… es tut mir so leid…“ Mit letzter Kraft hob ich meinen Kopf, um Uther in die Augen blicken zu können – und wieder stellte dieser Mann mich vor ein Rätsel, welches seine Person betraf. Tränen? Uther Pendragon weinte? Ich war unfähig zu sprechen; meine Augen lagen in denen meines Vaters und ich konnte sie einfach nicht abwenden. „Ich will nur dein Bestes – ich will nicht, dass du an deiner selbstauferlegten Pflicht jeden zu retten zerbrichst. Jeden Weg, den ich dir zeige, umgehst du, jedes Wort, das ich an dich richte, stößt auf taube Ohren, jede Warnung, die ich an dich richte, ignorierst du. Ich würde es nicht ertragen, wenn du stirbst, Arthur. Ich liebe dich zu sehr…“ Jedes einzelne Wort brannte sich in mein Gedächtnis und ließ mich einen Augenblick lang die Schmerzen vergessen, die sich dennoch immer wieder pochend bemerkbar machten. Nun spürte ich die Hände meines Vaters, die sich um mein Gesicht legten und anschließend den Kuss, den er mir auf die Stirn gab. „Ich werde Merlin zu dir schicken.“, flüsterte er gegen meine Stirn, bevor ich mich in der Schwäche und somit in tiefe Schwärze verlor und nur noch die starken Arme meines Vaters spürte, die mich willkommen hießen. Kapitel 2: 2. Kapitel --------------------- Als ich die Augen öffnete, war ich anfangs relativ orientierungslos – dennoch versprach die weiche Unterlage, auf der ich mit dem Bauch lag, dass ich mich im Bett befinden musste. „Ihr seid wach!“, hörte ich sofort eine freudige Stimme, die ich nach einigem Blinzeln schließlich Merlin zuordnen konnte. Seine großen, blauen Augen starrten mich zugleich besorgt, als auch erleichtert an. „Nicht das, was ich sofort nach dem Aufwachen sehen will…“, nuschelte ich mit einem Schmunzeln in die Laken, bevor ich meine Augen erneut schloss, um mich ein wenig zu sammeln… Dennoch war mir das Grinsen von meinem persönlichen Diener nicht entgangen. Mein Rücken fühlte sich taub an – ein dumpfes Pochen machte sich immer wieder bemerkbar und nach und nach kamen in mir die Erinnerungen wieder hoch. Mein Vater… seine unendliche Wut und die anschließende Bestrafung. Dieser Mistkerl! Dieser arrogante, alte, sture Mistkerl! Wie konnte er mich nur so erniedrigen? Wie konnte er seinem eigenen Sohn…?! Wut stieg in mir auf und ich gab einen brummenden Laut von mir – zu Sorge Merlins, denn ich hörte, wie dieser wieder direkt an mein Bett trat. „Geht es Euch nicht gut? Ich habe bereits feuchte Tücher auf Euren Rücken gelegt, damit die gereizte Haut sich ein wenig beruhigt.“ Bei den Worten des Jungen, öffnete ich erneut meine Augen, um direkt in Merlins Gesicht zu blicken. Jedes Mal wenn ich ihn ansah, hatte ich den Eindruck dem Blick eines Welpen zu begegnen. So sehr spiegelten sich die Emotionen Merlins in dessen Augen – eine Tatsache, die ich sehr an ihm mochte. Er spielte mir nichts vor; er gab sich immer offen und ehrlich – im Gegensatz zu meinem Vater. „Es geht mir gut.“, krächzte ich schließlich nach einer Weile des Schweigens, doch Merlin glaubte mir nicht. Diesen Ausdruck kannte ich bei ihm nur zu gut… „Darf ich fragen, was genau den König so erzürnt hat, dass er seinem eigenen Sohn solch ein Leid zufügt?“ Nun war es an mir den Blick abzuwenden – ich wollte nicht, dass man meine Schwäche sah. Diese verdammte Schwäche, die mich unfähig machte meinem Vater die Stirn zu bieten. „Kümmere dich um deine Angelegenheit, Merlin! Und Gnade dir Gott, wenn dir nur ein Wort über dieses Ereignis über die Lippen kommt!“ Ich wollte meine Wut nicht an ihm auslassen, dennoch tat ich es so oft… Er hatte es mir nie übel genommen. Ich spürte plötzlich, wie das Bett neben mir nachgab und erblickte Merlin, wie dieser mit einer Schüssel voller Wasser und weiteren Tüchern neben mir Platz genommen hatte. „Ihr wisst, dass ich nichts sagen werde, Sire.“, hörte ich ihn in einem ruhigen Ton sagen, bevor er begann die Tücher auf meinem Rücken zu wechseln. Es war wirklich erstaunlich wie geschickt Merlin bei solchen Kleinigkeiten war – doch bei anderen sich dümmer anstellte, als ein Esel. Ging es nur um das Halten eines Schilds, oder eines Schwerts… Ich konnte ein wohliges Seufzen nicht unterdrücken, als ein neues kühles Tuch auf meinem Rücken platziert wurde. Dennoch brannte es an manchen Stellen, was mich folgendes fragen ließ, obwohl ich die Antwort bereits kannte: „Es blutet, nicht wahr?“ Merlin schien für den Bruchteil einer Sekunde innezuhalten, doch dann fuhr er unbeirrt mit seiner Tätigkeit fort. „Ja, Sire. Ich würde Euch abraten in den nächsten Tagen auf dem Rücken zu schlafen.“ „Dieser Drecksk-..“ ich musste meinen Worten Einhalt gebieten! Es durfte vor Untertanen nicht so über den König gesprochen werden – von seinem Sohn schon gleich gar nicht. „…erl.“, beendete Merlin trotzdem meinen Satz, was mich innerlich grinsen ließ. „So spricht man …“, doch mein Diener unterbrach mich: „… nicht über den König, ich weiß, Arthur.“ Auch wenn ich es nicht sah, ich wusste dass Merlin breit am Grinsen war! „Dummschädel!“, brummte ich schließlich, damit ich wenigstens das letzte Wort bei dieser Konservation hatte. Konnte man eigentlich spüren, wenn ein Grinsen noch breiter wurde? Ich behauptete ja! „Als der König mich rief, um mich um Euch zu kümmern, hatte er geschockt und fassungslos gewirkt. Soweit man das bei Uther natürlich beurteilen kann… Aber ich hatte den Eindruck, dass es ihm genauso wehgetan hat, wie Euch.“ Diese Worte ließen mich leise in die Laken lachen – ich hätte es laut getan, wenn nicht bei jedem Atemzug, den ich tat, mein Rücken geschmerzt hätte. „Ich will ihn natürlich nicht in Schutz nehmen!“, fügte Merlin eilig hinzu, doch ich wurde bereits wieder von Erinnerungen heimgesucht. Ja, richtig, ich hatte Uther’s Tränen gesehen und seine Worte gehört, die er unaufhörlich wiederholt hatte… ‚Es tut mir Leid‘ und ‚Ich liebe dich zu sehr‘ – oh ja, und wie er mir seine Liebe zeigte! Eines Prinzen und Königs würdig! „Er regiert sein Königreich mit harter Hand und mit Bestrafungen, wenn man ihm nicht gehorcht. Selbst sein Sohn wird davon nicht ausgenommen.“, murmelte ich gedankenverloren. Was kam als Nächstes? Der Scheiterhaufen? Merlin riss mich, wie davor auch schon, aus den Gedanken. „Hat er Euch bestraft, weil… Ihr mir geholfen habt mein Dorf zu retten?“ Stille kehrte in meinem Gemach ein – was sollte ich antworten? Dass Merlin zu meinen Freunden gehörte und ich ihm immer und überall zur Seite stehen würde, genau wie er es bei mir tat? Sicher, als nächstes könnte ich ihn dann umarmen und mich von ihm in den Schlaf singen lassen. „Arthur?“ Er wollte eine Antwort… natürlich wollte er die. “Ich will mich ausruhen – du kannst in der Zeit meine Sachen waschen und ein bisschen Ordnung schaffen.“, schnaufte ich genervt in mein Kissen und hatte ihm somit indirekt die ersehnte Antwort gegeben. Ich spürte, wie Merlin aufstand und mir anschließend durch das Haar wuschelte, als wäre ich ein Balg, das soeben etwas richtig gemacht hatte. „Natürlich, Sire!“, lachte er, als ich knurrend den Versuch startete nach ihm zu schlagen, doch ich konnte mich noch immer kaum rühren. „Verschwinde!“, keifte ich ihm nach, was den Jungen nur erneut laut lachen ließ. Auch wenn ich nur selten Zeuge davon wurde – Merlin konnte innerhalb einer Sekunde von Spaß auf Ernst schalten. „Ich danke Euch, Arthur. Solche Taten machen mir immer wieder bewusst, weshalb ich an Eurer Seite bleibe und davon überzeugt bin, dass Ihr ein großartiger König werdet – egal welche Zweifler das Gegenteil behaupten.“ Ich schwieg und hörte, wie Merlin leise mein Gemach verließ, um sich vermutlich an die Arbeit zu machen. Ein Kribbeln keimte in meiner Brust auf, welches von Merlins Worten ausgelöst wurde. Wie sehr wünschte ich mir, dass mein Vater derselben Meinung war – er mir offenkundig gestand, dass ich sein Erbe meistern würde... Dennoch bauten mich Merlins Worte immer wieder auf und bewiesen mir ebenfalls, weshalb ich mir keinen anderen Diener an meiner Seite vorstellen konnte. Der Junge wirkte in manchen Situationen beinahe weise – eine Tatsache, die ich niemals laut aussprechen und mit ins Grab nehmen würde. Wie oft war ich schon am Boden und hätte lieber ein normal bürgerliches Leben geführt, weil ich mich vor der Verantwortung fürchtete und die Enttäuschung meines Vaters nicht mehr ertrug… Merlin hatte immer die richtigen Worte gefunden und mich aufgebaut – er brachte mir so viel Vertrauen und Stolz entgegen, was mich des Öfteren fragen ließ, ob ich das überhaupt verdient hatte. Plötzlich spürte ich, wie meine Augenlider immer schwerer wurden und ich gab mich der Müdigkeit schließlich hin. Es kam mir so vor, als hätte ich erst vor wenigen Sekunden die Augen geschlossen, als ich eine Hand auf meinem Oberarm spürte, die sanft an mir rüttelte. „Arthur.“, hörte ich immer wieder eine ruhige Stimme sagen – eindeutig Merlins. „Ihr müsst aufstehen – Euer Vater möchte mit Euch und Morgana zu Abend essen.“ Was? Ich riss meine Augen auf und blickte direkt in Merlins, der sich zu mir runter gebeugt hatte. „Wie lange habe ich geschlafen?“, kam es irritiert von mir, während ich mich leichtsinnig aufrichten wollte – und anschließend einen stechenden Schmerz spürte, der mir durch den ganzen Körper fuhr. Mit einem Stöhnen ließ ich mich mit dem Bauch wieder auf das Bett fallen und hörte Merlin mich bereits ermahnen: „Seid vorsichtig, Sire – die Wunden haben sich erst geschlossen!“ Schnaufend blieb ich liegen und vergrub mein Gesicht in die Laken. Ich versuchte verzweifelt meinen Körper unter Kontrolle zu bringen, denn aufgrund der unüberlegten Bewegung erzitterte ich vor Schmerzen. „Ihr habt den kompletten Tag verschlafen, Sire – wartet, ich helfe Euch beim Ankleiden.“, sagte Merlin, als ich erneut sanfte Hände an meinen Oberarmen spürte und mich schließlich dank Merlin aufsetzen konnte. Es widerstrebte mir mich mit meinem Vater an einen Tisch zu setzen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich kannte Uther – er würde so tun, als wäre das Geschehene niemals passiert. Wenn ich an dem Abendessen nicht teilnahm, würde ich den Eindruck hinterlassen, dass mein Vater die Oberhand gewann und mich eingeschüchtert hatte. Allein dieser Gedanke trieb den Trotz in mir hoch, während Merlin vorsichtig begann mir mein Hemd überzustreifen. Erst jetzt viel mir auf mit welch Vorsicht und Sanftheit er dabei vorging und zufällig immer wieder meine Haut streifte. Beim Zuknöpfen des Kleidungsstückes berührte er auffällig oft meine Brust, doch ich tat es als Zufall ab – was hätte es sonst zu bedeuten gehabt? Jedoch hatte es den Anschein, dass Merlin sich zwang mir währenddessen nicht in die Augen zu sehen. „Eure Hose, Sire.“, rissen mich Merlins Worte plötzlich aus den Gedanken, als dieser bereits mit jener vor mir stand und auf mich hinabblickte. Noch immer saß ich auf dem Bett und ich wunderte mich mittlerweile über mich selbst, dass ich in meiner derzeitigen Verfassung nicht einmal mehr ein Zeitgefühl besaß. Die Bestrafung meines Vaters hatte wohl nicht nur körperliche Spuren hinterlassen, was Merlin offensichtlich ebenfalls nicht entgangen war – denn der Junge hatte bereits wieder seinen besorgten Blick aufgesetzt. „Ich mach das selbst!“, fuhr ich den Jungen ruppiger an, als ich eigentlich wollte und griff bereits nach dem Kleidungsstück, welches Merlin mir entgegenhielt. Für meinen Geschmack hatte ich die letzten Stunden bereits genügend Erniedrigungen über mich ergehen lassen müssen. So lächerlich wie es auch schien – selbst das Anziehen der Hose bereitete mir Schwierigkeiten. Nur beim geringsten Nachvornebeugen spannte und brannte meine Haut auf dem Rücken. Ich spürte regelrecht den strengen Blick Merlins, der sich das Schauspiel einige Sekunden lang ansah und offensichtlich dessen überdrüssig wurde, als er mit einer Dominanz – die er nur selten an den Tag legte – mir die Hose aus den Händen riss. „Ihr seid der sturste Esel, den ich kenne.“, fauchte er mich an, während er auf die Knie ging und begann mir die Hosenbeine überzuziehen. Ich wusste nicht, ob ich mich darüber ärgern oder amüsieren sollte – ehrlich gesagt war ich dankbar, dass Merlin diese Aufgabe übernahm. Nicht nur das Ankleiden. Er brachte mich öfters auf den Boden der Tatsachen zurück, oder öffnete mir in manchen Situationen die Augen und erleichterte mir somit einige Entscheidungen. Er schien immer zu wissen, was für mich das Beste war – darüber wusste er meist besser Bescheid als ich selbst. „Steht bitte auf.“, ertönte Merlins Stimme konzentriert und ich tat wie verlangt – fast gleichzeitig kamen Merlin und ich wieder auf die Füße, während mein Diener die Hose bis zu meiner Hüfte hochzog. Unsere Blicke trafen sich, als ich nun doch wieder die Führung übernahm und Merlins Hände mit meinen zur Seite drängte, um die Hose zu schließen. Hatte ich mich soeben getäuscht, oder wand Merlin verlegen den Blick zur Seite? Ich tat es einfach als Gehirngespinste meinerseits ab und lenkte meine Gedanken wieder auf das bevorstehende Abendessen mit meinem Vater. Für meinen momentanen Zustand hielt ich mich gut auf den Beinen, auch wenn Merlin die ganze Zeit wie eine besorgte Glucke um mich herum wuselte. Ich war fertig angekleidet und machte mich mit meinem persönlichen Diener bereits auf den Weg zum Speisesaal. „Wenn Ihr Rettung benötigt, sollten wir uns auf ein Zeichen einigen.“, witzelte Merlin und versuchte die angespannte Situation ein wenig zu lockern – ja, ich war mehr als nur angespannt. Es kam mir fast so vor, als würde ich zur letzten Mahlzeit meines Lebens geleitet werden. „Ja? Welches schwebt dir da vor?“, ging ich nur zu gern auf die Ablenkung ein und starrte wie gebannt auf die große Speisesaaltür, der wir uns näherten. „Ich dachte an das Umkippen Eures Weinkelchs über Uthers Schoß.“, sagte Merlin mit einem Grinsen, welches ich aus dem Augenwinkel erkennen konnte – mein Blick lag noch immer starr auf der Tür, vor jener wir nun direkt standen. Ich zögerte und schien für einen kurzen Augenblick wie versteinert zu sein, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spürte. „Ich werde Euch den ganzen Abend nicht aus den Augen lassen, Arthur. Seid Euch dessen sicher.“ Auch wenn mir der Grund verwehrt blieb, so beruhigte mich die Tatsache, dass Merlin bei dem Abendessen im Hintergrund anwesend sein würde. Nach einem letzten Seufzen öffnete Merlin schließlich die große Tür und gab den Blick auf Uther und Morgana frei, die bereits auf mich zu warten schienen. Ohne dass ich es hätte kontrollieren können, war mein Blick bei meinem Vater hängen geblieben. „Du bist spät, mein Sohn.“, gab Uther mit Etwas in der Stimme, was ich nicht deuten konnte, von sich und blickte mich mit starren Augen an. Die Spannung stieg und verbreitete sich im ganzen Raum, während Uther und ich keine Sekunde lang den Blick von dem anderen lösen konnten. Kapitel 3: 3. Kapitel --------------------- Ich war wie erstarrt. Bewegungsunfähig stand ich noch immer im Saal und blickte Uther an, der offensichtlich seinen Blick ebenfalls nicht abwenden wollte. „Setz dich.“, durchbrach mein Vater plötzlich die Stille und deutete auf den Platz neben sich, der bereits für mich eingedeckt worden war. Ich schien zu lange zu zögern, denn auf einmal konnte ich Morganas Stimme ebenfalls wahrnehmen. „Stimmt was nicht, Arthur?“, fragte sie leicht besorgt, während sie begann mich mit ihren eisblauen Augen zu mustern. „Alles bestens.“, gab ich schließlich von mir und war selbst erstaunt wie gefestigt meine Stimme klang, obwohl ich alles andere als gefasst war. Die Situation schien mich schlichthin zu überfordern, was mein Widerwille mich zu setzen offen zeigte. Eine sanfte Berührung an meinem Oberarm ließ mich kurz zusammenfahren und ruckartig drehte ich meinen Kopf zu der Person, die mich mithilfe des Körperkontaktes versuchte zu beruhigen. Merlin lächelte mich aufmunternd an und nickte zustimmend in Richtung des Stuhles, der für mich vorgesehen war. „Arthur, setz dich!“, sprach mein Vater – jedoch mit mehr Nachdruck in der Stimme und als ich erneut meine Aufmerksamkeit ihm zuwandte, hatte ich für einen kurzen Augenblick etwas Flehendes in seinen Augen erkannt. Oder hatte ich mich da etwa getäuscht? Ich biss fest meine Zähne zusammen, als ich mich schlussendlich auf den Stuhl zubewegte und setzte. Leise Schritte verrieten mir, dass Merlin sich in den Hintergrund zurück zog – ich musste dem Drang widerstehen mich umzudrehen und mich zu versichern, dass er tatsächlich noch in meiner Nähe war. „Arthur, wo warst du den ganzen Tag? Ich habe dich bis eben kein einziges Mal gesehen.“, begann Morgana mit einem Lächeln – offensichtlich wollte sie das Schweigen brechen und sich einem angenehmen Gespräch widmen. Wenn sie doch nur wusste, was sie damit anrichtete… Ich starrte meine Schwester an, die gegenüber von mir saß – Gott sei Dank, denn Uther hatte wie immer rechts von mir am Tischende Platz genommen und somit war es einfacher für mich ihn keines Blickes zu würdigen. „Ich… war jagen.“, kam es wenig überzeugend von mir, doch Morgana schien dies zu akzeptieren und fing an zu speisen. Rein aus Gewohnheit lehnte ich mich zurück, doch als die Stuhllehne meinen geschundenen Rücken berührte, schreckte ich aufgrund eines stechenden Schmerzes wieder nach vorne – was mir einen fragenden Blick von meiner Schwester einhandelte. „Ist wirklich alles in Ordnung?“ Ihre Stimme klang so voller Besorgnis, dass ich mich tatsächlich für ein kleines Lächeln erwärmen konnte. „Alles gut, Morgana. Während der Jagd war ich unvorsichtig und stürzte vom Pferd.“ Erneut wurde ich von mir selbst überrascht – ich log und war auch noch sehr gut darin. Dennoch war ich neugierig... auf die Reaktion meines Vaters. Deshalb brach ich meine eigene Regel, die ich mir für heute Abend aufgestellt hatte und schenkte Uther Beachtung, indem ich ihm direkt in die Augen blickte. Sein Gesichtsausdruck war emotionslos, doch seine stahlblauen Augen… Mein Vater starrte mich regelrecht an und hatte, so wie ich, das Essen kein einziges Mal angerührt. Es schien mir fast so, dass er auf etwas warten würde. Mit einem Mal wurde meine Gestalt noch verkrampfter – ich fühlte mich in der Gegenwart meines Vaters noch unwohler als sonst, doch nach jenen Ereignissen war dies kein Wunder. Je länger ich Uther anblickte, desto mehr schien mein Rücken zu schmerzen. Ich spürte wieder jeden einzelnen Schlag, jede Wunde auf meinem Rücken und jeden Bluttropfen, den ich vergossen hatte. Übelkeit kroch in mir hoch und mit einem erstickten Laut wandte ich den Blick von meinem Vater und starrte wie gebannt auf das Essen vor mir – was meinem Wohlergehen nicht unbedingt förderte. Ich war so in den Erinnerungen gefangen, dass ich erst jetzt bemerkte, dass Morgana eine gewisse Zeit lang schon mit mir sprach. „Das kommt nun mal, wenn man arme wehrlose Tiere jagt, Arthur, da geschieht dir ein Sturz auf deinen Hintern schon recht.“ Sie klang amüsiert und unbeschwert – etwas, was ich schon sehr lange nicht mehr war. „Wollt ihr zwei denn nichts essen?“, fragte meine Schwester sichtlich verwirrt – wenn ich nur ans Essen dachte… „Ich habe keinen Hunger…“, presste ich gequält hervor und schob demonstrativ meinen Teller von mir weg. „Aber Arthur, du siehst etwas blass aus, vielleicht solltest du doch etwas zu dir nehmen.“, protestierte Morgana, während ich noch immer auf meine Hände, die auf dem Tisch lagen, starrte und selbst erkannte das meine Fingerspitzen leicht bläulich schimmerten. „Nein.“, murmelte ich noch gequälter als zuvor. „Was ist bloß los mit euch? Ich habe versucht es zu ignorieren, aber zwischen euch ist etwas vorgefallen, stimmt‘s? Ich kann die Spannung fast mit den Händen ergreifen.“ Morgana schien nicht locker lassen zu wollen, doch ich würde mich selbst auf den Scheiterhaufen werfen, wenn jemand weiteres von meiner Erniedrigung erfahren sollte. „Arthur…“, die Stimme meines Vaters verursachte bei mir eine unangenehme Gänsehaut. „Du wirst etwas essen! Ich kann nicht zulassen, dass du dich selbst kaputt machst.“ Uther sprach in seinem üblichen Befehlston, welcher die tiefverstaute Wut wieder in mir hinauf trieb. „Nein, Vater, dafür sorgst du schon.“, erwiderte ich ruhig, während ich meinen Blick hob und den meines Vaters begegnete. Ich sah zu, wie er seine Lippen aufeinander presste, sodass nur noch ein dünner Strich von ihnen zu sehen war. „Mein Sohn, ich…“ Zum ersten Mal schienen dem König die Worte zu fehlen. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass wir nicht alleine waren, oder ob er ebenfalls mit der Situation überfordert war und sich nicht zu helfen wusste. Plötzlich beugte sich Uther vor und versuchte meine Hand mit seiner zu ergreifen – doch schon bei einer kurzen Berührung mit seinen Fingerspitzen auf meinem Handrücken, zuckten die Bilder vom letzten Abend durch meinen Kopf. „Fass mich nicht an!“, schrie ich, riss meine Hand zurück, als hätte ich mich verbrannt und sprang so ruckartig vom Stuhl auf, dass dieser mit einem lauten Geräusch umfiel. Ich zitterte – ob vor Wut oder Unbehagen wusste ich in jenem  Moment nicht. Meine Hände waren zu Fäusten geballt und erst jetzt registrierte ich, dass sich sowohl Uther, als auch Morgana  ebenfalls von ihrem Platz erhoben hatten. Selbst Merlin hatte sich von seinem Platz gelöst und stand direkt neben mir. „Ihr solltet Euch wieder in Euer Gemach begeben, Arthur.“, sagte Merlin streng, blickte jedoch zu Uther, der mich für keinen Moment aus den Augen ließ. „Mein Sohn geht, wenn ich es ihm erlaube!“ „Fahr zur Hölle!“, hörte ich mich selbst brüllen – es schien, als ob ich keine Kontrolle mehr über mich zu haben schien, denn ehe ich mich versah hatte ich bereits ausgeholt und schlug meinem Vater die Faust ins Gesicht. Allerdings steckte nicht viel Kraft hinter dem Schlag, denn die Erschöpfung meines Körpers machte sich stets bemerkbar. Ich hörte Morgana erschrocken aufschreien und Merlin Böses ahnend „Oh nein!“ sagen, während ich mit Genugtuung beobachtete, wie Uther einige Schritte zurück taumelte und sich anschließend fassungslos das Kinn rieb. Es dauerte einige Sekunden, bis der König von Camelot sich wieder gefasst hatte und seine zornigen Augen erneut auf mir lagen. Ich spürte Merlins Hand um meinen Oberarm, auf den er starken Druck ausübte – vermutlich wollte er mich zur Flucht animieren, doch ich blieb wie angewurzelt stehen, als Uther auf mich zukam. „Ich hasse dich.“, setzte ich unüberlegt nach, was offensichtlich Wirkung zeigte. Mein Vater konnte seine emotionslose Maske nicht mehr aufrechterhalten, denn nachdem er ruckartig stehen geblieben war, weiteten sich seine Augen geschockt. Eisige Stille breitete sich im Saal aus und ich spürte wie Merlins Druck an meinem Arm stärker wurde. Es steckte also doch Kraft in dem schmalen Körper… „Nein, nein, nein…“, gab Uther von sich und schüttelte leicht den Kopf. „Das tust du nicht, Arthur! Du bist mein Sohn, mein Fleisch und Blut!“ Mein Vater klang regelrecht panisch und im ersten Moment wusste ich nicht wie ich reagieren sollte. Mit allem hatte ich gerechnet – mit Wut, Zorn, sogar mit einer weiteren Strafe, doch nicht mit haltloser Panik. „Du kannst mich nicht hassen – ich habe so viel für dich geopfert!“, rechtfertigte sich Uther fassungslos und kam bereits auf mich zugestürzt, um mich in eine brutale Umarmung zu ziehen.  Merlin hatte mich aufgrund der unerwarteten Reaktion Uthers loslassen müssen. „Vater…!“, stöhnte ich gequält, als er seine kräftigen Arme um meinen Rücken schlang und mir somit erneute Schmerzen zufügte. „Bitte, lass mich los!“ Doch die Worte erwirkten eher das Gegenteil, denn Uther schlang die Arme noch fester um meinen geschundenen Körper, sodass ich dachte vor Schmerzen jeden Augenblick den Verstand zu verlieren. „Ich lasse dich nicht los! Ich beschütze dich vor dem Übel dieser Welt!“, murmelte Uther immer wieder, während ich versuchte mich gegen ihn zu wehren – doch mein Vater schien sich um mich herum in Stein verwandelt zu haben, denn ich konnte ihn nicht mal ansatzweise von mir fortstoßen. Je mehr ich mich wehrte, desto stärker wurde die Umarmung und somit auch die Schmerzen.  Messerstiche schienen durch meinen Körper zu fahren und ich konnte ein schmerzverzerrtes Stöhnen nicht mehr unterdrücken. „Lasst ihn los! Ihr tut ihm weh – denkt doch bloß an seinen Rücken!“, schrie Merlin und ich konnte aus dem Augenwinkel erkennen, dass er sich bereits an den Armen meines Vaters zu schaffen machte. Ich war wie betäubt – Schmerzen, Unverständnis und völlige Verwirrung prasselten auf mich ein, während mein Vater sich an mich klammerte, als hätte er Angst, dass einer ohne den anderen jeden Augenblick in die Tiefe stürzen könnte. „Morgana, bitte helft mir – Ihr bringt ihn eher zur Vernunft, als ich!“, hörte ich Merlin aufgeregt schreien und es dauerte nur wenige Sekunden, da erschien Morgana in meinem Blickfeld und redete beruhigend auf Uther ein. Mein Vater schien tatsächlich auf sie zu reagieren – obwohl er seinen Blick noch immer fest auf mich gerichtet hatte,  ließ die Umarmung etwas nach. „Er wird Euch nicht verlassen, Uther.“, hörte ich Morgana flüstern „Er ist Euer Sohn, natürlich liebt er Euch – Arthur braucht nur wegen dem Jagdunfall etwas Ruhe.“ Mein Atem ging stoßweise, während mein Herz versuchte sich durch meinen Brustkorb zu klopfen. Was war momentan nur in meinen Vater gefahren? Ich erkannte ihn nicht wieder! Endlich ließ Uther von mir ab, bevor Morgana ihn in eine Umarmung zog und Merlin mit einem Nicken befahl mich hinaus zu geleiten. „Kommt, Sire.“ Schon spürte ich Merlins sanfte Hände an meinem Arm, wie diese mich zum Hinausbewegen zwangen. Auch wenn ich meinem Vater den Rücken zudrehte, so spürte ich seinen bohrenden Blick, welcher in mir einen erneuten Schmerz auslöste. Als Merlin die Tür hinter uns schloss, schnaufte ich erleichtert aus. Mir war übel, weswegen ich mich mit dem Arm an der Wand abstützte und erst einmal tief ein- und ausatmete. „Was ist da drin gerade passiert?“, fragte ich deprimiert lachend und fuhr mir mit einer Hand durch mein blondes Haar. Ich konnte das Geschehene nicht einmal ansatzweise verarbeiten – es war einfach alles so grotesk.  Weshalb ich lachte wusste ich selbst nicht – vermutlich um Außenstehende meine längst überfälligen Tränen nicht zu zeigen. Der Prinz von Camelot weinte nicht! „Was ist nur los mit ihm…?“, flüsterte ich eher an mich selbst gerichtet, bevor Merlin an meine Seite trat. „Kommt, Arthur, gehen wir in Euer Gemach – ich will mir Eure Wunden nochmal ansehen.“ „Einen Moment.“, seufzte ich, während ich versuchte mich zu sammeln. „Ist Euch schlecht?“ Schon spürte ich Merlins Finger an meinem Kinn, welches er etwas anhob, um mich genauer inspizieren zu können. „Ihr seid ziemlich blass. Kommt.“ Schon hatte mein persönlicher Diener meinen Arm um seine Schultern gelegt, den anderen um meine Hüfte geschlungen und ohne auf einen Einwand von mir zu warten, machten wir uns bereits auf den Weg in meine Privaträume. Merlin führte mich zu meinem Bett, wo ich mich schließlich niederließ und zu dem Jungen aufsah. „Arthur, ich denke, dass Ihr Eurem Vater alles bedeutet – nur er weiß nicht, wie er es zeigen soll.“, sagte Merlin, bevor er begann mein Hemd aufzuknöpfen. „Hör auf, bitte, ich will nicht über meinen Vater sprechen, Merlin.“, erwiderte ich erschöpft. Ich war es einfach Leid – zumindest für heute. So viele Jahre hatte ich mit meinem Vater verbracht, doch innerhalb von zwei Tagen lernte ich Seiten an ihm kennen, die ich zuvor noch nie gesehen geschweige denn erlebt hatte. Was war geschehen? Was oder wer hatte solche „Emotions-Ausbrüche“ bei ihm verursacht? In erster Linie natürlich meine Person, aber er hatte doch sonst immer seine emotionslose Maske im Griff gehabt – weshalb begann sie nun so zu bröckeln? „Wie Ihr wünscht, Sire.“ Vorsichtig strich Merlin das Hemd von meinen Schultern, um sich anschließend neben mich aufs Bett zu setzen, nach hinten zu beugen und meinen Rücken zu begutachten. „Es ist nur gerötet. Ich werde von Gaius eine Salbe holen, die Euren Schmerzen etwas Linderung verschaffen wird.“ Nach diesen Worten hatte sich Merlin bereits wieder aufgerichtet und wollte den Raum verlassen, doch ich griff nach seinem Handgelenk. Der Junge schien zu stutzen und blickte mit seinen tiefblauen Augen auf mich fragend herab. „Merlin, bin ich ein missratener Sohn?“, fragte ich und wunderte mich selbst über den Schmerz in meiner Stimme. Ich wusste nicht, weshalb ich Merlin dies fragte – vermutlich weil ich mir sicher war, dass er stets die Wahrheit sprach. Hatte sich mein Vater die letzten Tage meinetwegen so verändert? War er meine Taten und meinen Ungehorsam so leid, dass er gar nicht mehr anders konnte, als so zu reagieren? War ich der Grund, weshalb Uther sich in ein… Monster verwandelte? Merlin begann sanft zu lächeln und ergriff meine Hand, mit der ich ihn festgehalten hatte, um anschließend mit dem Daumen über meine Fingerknöchel zu streichen – eine Geste, die mich leicht irritierte, jedoch nicht störte. „Arthur, Ihr seid ein warmherziger und guter Mensch. Ihr seid stark, diszipliniert, gerecht und sehr loyal gegenüber Euren Rittern und auch Eurer Dienerschaft. An Euch ist nichts, wirklich überhaupt nichts missraten.“, gab Merlin mit solcher Sanftheit von sich, wie ich selten erlebt hatte. „Ihr seid selbst ein gutgeratener Dummschädel.“, fügte mein Diener  mit einem neckenden Grinsen hinzu, was mich leise lachend den Blick abwenden und auf unsere Hände richten ließ. „Eure Hand ist leicht geschwollen – in Eurem Zustand müsst Ihr Uther trotzdem hart getroffen haben.“ Nach diesen Worten hob Merlin meine Hand an seinen Mund und fuhr vorsichtig mit seinen vollen Lippen über meine geröteten Fingerknöchel. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich, dennoch ließ ich den Jungen gewähren. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Arm und ich war fasziniert… Von Merlin, seiner Sanftheit und von den Dingen, die er sich traute, die ich in Gedanken nicht einmal wagen würde. Offensichtlich schien sich Merlin von seinen Gefühlen leiten zu lassen, denn seine Hände glitten plötzlich über meine Arme und bahnten sich ihren Weg zu meinen Schultern hinauf. Erneut hatte ich das Gefühl in etwas geraten zu sein, was ich nicht verstand. Dennoch war diese Situation weitaus… welches Wort würde es am besten beschreiben? Angenehmer? War es das wirklich? Als ich meinen Blick hob, sah ich in Merlins Augen – sie waren tiefblau… dunkler als sonst. Seine Wangen waren leicht gerötet und er wirkte völlig konzentriert. Jede Stelle, die Merlin berührte, folgte eine Gänsehaut, die sich mittlerweile von meinen Armen bis zu meinem Hals hinaufgezogen hatte. Mein Gesicht ruhte nun zwischen Merlins Händen und für einen kurzen Moment schien er zu zögern. Weshalb hatte ich ihm noch keinen Einhalt geboten? Mich störten seine Berührungen nicht, dennoch wusste ich auch nicht wie ich in dieser Situation am besten reagieren sollte. Schließlich beugte sich Merlin zu mir hinunter, sodass unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Ich spürte seinen beschleunigten Atem auf meiner Haut und noch immer rührte ich mich nicht – auch dann nicht, als er langsam begann die geringe Distanz zwischen uns zu überbrücken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)