There’s no one left I love… - Well, there are always exceptions von Fairyannie (A Finnick and Johanna Story) ================================================================================ Kapitel 13: New freedom ----------------------- 13. Kapitel: New freedom Finnick hatte gerade einmal die Tür erreicht des Trainingscenters erreicht, als er angefallen wurde. Sein erster Gedanke war, dass die Fans allmählich zu aufdringlich wurden und er versuchte sich den weiblichen Körper vom Leib zu halten, was sich als derart schwierig erwies, weil er sich regelrecht festklammerte und Finnick ja auch nicht unhöflich wirken durfte. Dann vernahm Finnick das Schluchzen und sofort hielt er in der Bewegung inne. „Jo?“, hakte er besorgt nach. Wie konnte sie ihn so erschrecken und aus dem Nichts auftauchen, um dann einfach zu weinen anfangen? In der Öffentlichkeit? Nun gut, beinahe Öffentlichkeit. Denn im Center selber waren wenig Journalisten. Finnick löste sich aus seiner Schockstarre und umfasste Johannas Taille, während die andere Hand durch ihre kurzen Haare strich und versuchte sie zu beruhigen. „Jo? Was ist denn?“, versuchte er herauszubekommen und sah sich hilflos um. Niemand in der Nähe, der ihm Auskünfte erteilen konnte… Ein paar Wochen waren seit dem Ende der 69. Hungerspiele vergangen und Finnick war bereits wieder ins Kapitol zitiert wurden. Johanna war anscheinend auch wieder mit von der Partie, allerdings war sie aufgelöst. Bereits jetzt, wo sie doch gerade erst angekommen sein konnte. Und das machte ihm Sorgen. „Johanna! Was ist los?“, verlangte Finnick zu wissen und schob sie schlussendlich doch von sich weg, um sie leicht zu schütteln. „Sprich mit mir!“ Seine Augen flackerten hin und her zwischen ihren, in denen er Panik erkennen konnte. War sie schon länger an diesem Ort? War ihr etwas zugestoßen? Welche schlechte Nachricht erwartete ihn? Angst schnürte Finnick fast die Kehle zu. Johanna war seine beste Freundin. Sobald sie litt, litt auch er. Und gerade jagte sie ihm einen gehörigen Schrecken ein. Wortlos hob Johanna ein weißes Blatt Papier, das reichlich zerknittert aussah. Die blühtenreine Oberfläche und der Duft ließen Finnick stark die Luft einziehen und er nahm den Brief aus Johannas Hand. Was auch immer in dem Schreiben an sie stehen mochte, konnte nichts Gutes bedeuten und war damit sicher kein normales Arrangement. Aber er hatte bereits zu viele solcher Schreiben erhalten, als dass er nicht genau wusste, von wem der Brief stammte. „Jo… was hast du angestellt?“, wollte er beklommen wissen und fingerte an dem Brief herum. Noch war Finnick unschlüssig, ob er ihn überhaupt öffnen sollte. Was, wenn er damit nicht umgehen konnte? Aber es hatte ja keinen Zweck, irgendwann und vor allem irgendwie musste er ja erfahren, was seine beste Freundin so aus der Bahn warf. Johanna schüttelte ihrerseits den Kopf. „Nichts“, schluchzte sie und rieb sich mit dem Handrücken sehr undamenhaft über die Nase. „Gar nichts, das ist es ja. Lies einfach.“ Und deswegen folgte Finnick ihrem Hinweis und faltete den knitterigen Brief auseinander. Miss Mason, sobald Sie dieses Schreiben erhalten, machen Sie sich unverzüglich auf den Weg zu mir. Ich erwarte Sie in einer dringlichen Angelegenheit. Richten Sie sich nicht häuslich ein. Ihr Aufenthalt wird nicht von langer Dauer sein. Führen Sie Ihr Gepäck sofort mit und suchen Sie den Fahrer auf, der vor dem Training Center auf Sie wartet. Verbindlichst Präsident Snow Finnick sah entsetzt zu Johanna auf, nachdem er die kurzen Zeilen zweimal gelesen hatte. Johanna wartete auf seine Reaktion und ihre rotgeränderten Augen starrten ihn unaufhörlich an. „Ist das schlimm?“, fragte sie mit unverkennbarer Panik in der Stimme und Finnick fehlten die Worte. Natürlich war das schlimm! Sie hatte ein Schreiben vom Präsidenten bekommen. Und zwar eines, in dem er sie sofort zu sich zitierte. Finnick hatte zwar keine Ahnung, was die Siegerin erwarten würde, aber es beunruhigte ihn. Nur wollte er Johanna seine Sorge nicht zeigen. Sie war ohnehin schon zu aufgewühlt. Also zog er sie wieder in seine Arme und zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich weiß nicht, Jo. Sag du es mir“, bat er seine beste Freundin. „Warum bekommst du so ein Schreiben? Denk nach, was du getan hast. Dann können wir rausfinden, wie du dich verteidigen kannst.“ Aber wenn Finnick ehrlich zu sich war, wusste er auch, dass eine Verteidigung vor dem Präsidenten so viel brachte wie vor einem ausgehungerten Löwen. Johanna schob ihn von sich weg und unter ihre Furcht mischte sich nun auch noch Wut. „Nichts! Hab ich doch gesagt! Ich habe nichts getan!“, fuhr sie Finnick an und wirkte dann wieder ausschließlich verzweifelt. „Wenn nicht mal du mir glaubst…“ „Nein, nein, warte, das hab ich so nicht gesagt. Ich glaube dir ja“, beschwichtigte er Johanna und hob dann vielsagend den Brief hoch. „Aber warum bekommst du dann so was hier?“ Grundlos passierte in Panem nichts. Und dass Finnick den Grund nicht kannte, machte ihn nervös. „Ich weiß es nicht! Das ist es ja! Seit Melo… Finnick, ich war wirklich brav“, beteuerte Johanna und Finnick nickte. Abgesehen von ihrem nächtlichen Schwimmausflug war Johanna wirklich zahm gewesen. Unglaublich zahm. Fast erschreckend zahm. Sie war immer noch traumatisiert wegen Melo, ihrem kleinen Bruder. Und Finnick glaubte ihr aufs Wort, dass sie sich nicht daneben benommen hatte. Und falls es um ihren Ausflug zum See ging, hätte er doch auch einen Brief erhalten. Also schloss Finnick das aus. „Ich hab Angst, Finn“, brachte Johanna so leise heraus, dass sogar Finnick, der unmittelbar vor ihr stand, sie fast überhört hätte. „Musst du nicht. Vielleicht ist es harmlos. Du musst jetzt nur hinfahren. Je länger du auf dich warten lässt, desto schlimmer wird es“, sagte er leise und fasste mitfühlend nach Johannas Hand. Sofort schlossen sich ihre Finger schmerzhaft fest um seine. „Ich kann nicht.“ Finnick seufzte innerlich. Johanna Mason konnte alles. Sie hatte keine Angst vor irgendetwas. Umso schlimmer, sie jetzt so zu sehen. „Du musst, Jo!“, flehte er sie fast an. Jede Sekunde , die verstrich, wurde der Präsident sicher wütender und wütender. Doch anstatt die Schultern zu straffen, presste Johanna die Lippen fest aufeinander. Es schmerzte regelrecht sie so zu sehen. „Okay, ich komme mit“, entschloss sich Finnick und sofort ruckte Johannas Kopf hoch, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. „Nein! Finn, nein! Das kann ich nicht verlangen“, entgegnete sie sofort und auf Finnicks Lippen schlich sich ein schwaches Lächeln. „Hast du auch nicht, ich habe es angeboten. Und ich bleibe dabei. Ich habe noch reichlich Zeit. Also komm jetzt“, bat er sie und zog Johanna einfach hinter sich her, um nach dem besagten Fahrer Ausschau zu halten. Alles in Finnick sträubte sich dagegen zum Präsidenten zu fahren. Er verabscheute und fürchtete diesen Mann. Aber Johanna alleine gehen zu lassen, kam ihm grausam vor. Er würde sich ohnehin Sorgen machen und fast verrückt werden deswegen. Außerdem, was konnte schon passieren, wenn er sie begleitete? Es hatte ja auch kein Verbot auf der Einladung gestanden… Während der Fahrt umklammerte Johanna seine Hand so schmerzhaft, dass Finnick dachte, dass sie jeden Moment abfallen musste. Aber er ließ das unkommentiert. Johannas Gesicht war angstverzerrt und er konnte ihr das nicht verdenken. Als sie das letzte Mal Ärger vom Präsidenten bekommen hatte, hatte sie die einzige Chance verspielt ihrem Bruder zu helfen. Wer wusste schon genau, was jetzt für Konsequenzen auf die Siegerin warteten? Dabei gab sie vor nichts getan zu haben. Und das machte Finnick nur noch stutziger. Allerdings waren Vorwürfe hier fehl am Platz und seine beste Freundin würde auch dann nicht mit der Sprache rausrücken, wenn er sie drängte. Erst mal war es sowieso wichtiger, für sie da zu sein. Denn egal, was passiert war und egal, was Johanna verschuldet hatte, wusste Finnick auch, dass die Grundschuld einzig und alleine bei Snow zu suchen war. Dieser Mann war Gift für das Land und Ursprung allen Übels. Der Wagen fuhr gemächlich, aber zielsicher durch die Stadt und Johannas Tränen hörten gar nicht mehr auf zu fließen. Es war extrem befremdlich für Finnick. Und sicher nicht so ratsam, so bei Snow aufzukreuzen. Deswegen beugte sich Finnick schließlich zu ihr hinüber, um ihr die Tränen abzuwischen und nach ihrer Tasche zu fassen. Johanna war zwar kein typisches Mädchen, aber ihr Stylist bestand darauf, dass sie eine Art Notfallset bei sich trug. Finnick wusste das, weil er schon gesehen hatte, wie es angewendet wurde und selber gar nicht so selten Make-up daraus verwendete um unschöne Flecken an seinem Hals zu verdecken. „Hör auf zu weinen, Jo. Sonst kann ich nicht arbeiten“, murmelte er und erhielt ein schwaches Schmunzeln dafür. Wenigstens ein kleiner Erfolg. „Das kannst du sowieso nicht“, hauchte Johanna und ließ zu, dass er einen Fleck Make-up auf ihre Nase tupfte. Finnick gab es ja nur ungerne zu, aber so oft wie er schon miterlebt hatte, wie Make-up verwendet wurde, kannte er sich tatsächlich aus und schaffte es wenigstens ein bisschen die roten Flecken auf Johannas Wangen zu beseitigen. „Besser?“, fragte Johanna schwach und Finnick schüttelte den Kopf. „Ich bin kein Meister, du hast immer noch dein Gesicht“, entgegnete er und fing sich einen halbherzigen Schlag ein. „Halt das mal auf deine Auge“, riet er Johanna und reichte ihr den Spiegel mit seiner kalten Oberfläche und seine Armbanduhr, deren Glas ebenfalls kühler war. „Du siehst aus, als hättest du Zwiebel reingelegt“, fand er und das sah gar nicht schön aus. Etwas kühlen konnte schließlich nicht schaden. „Du machst mir Angst. Langsam glaube ich, dass du schwul bist“, fand Johanna und gehorchte, was sie ein wenig lächerlich aussehen ließ. Finnick lachte auf. „Soweit ich weiß… nein, bin ich nicht. Sonst würde ich dich schließlich anziehender finden. Ich hab nur zu viel mit Frauen zu tun. Es färbt ab“, seufzte er und lehnte sich wieder in die Sitze zurück, während sie ihrem Ziel immer näher kamen. Als das Auto stoppte, reichte Johanna ihm den Spiegel und die Uhr zurück und bekam sofort wieder einen panischen Ausdruck und kaum, dass sich Finnick versah, lag sie wieder in seinem Armen. Immer noch überfordert tatschälte er den Kopf. Johanna Mason war nicht anhänglich. Niemals. Also ging es ihr wohl wirklich schlecht… „Nicht weinen, nur nicht weinen, Jo“, murmelte er und schob sie von sich fort. „Komm, wenn du dich verspätest, machst du es nicht besser“, forderte er, küsste Johannas Stirn und stieg als Erster aus dem Auto um ihr herauszuhelfen. Dann ließ er Johannas Hand artig wieder los, bevor noch jemand wieder das Gerücht in die Welt setzten konnte, dass sie ein Paar waren. Das würde in dieser Situation sicher nicht weiterhelfen, sondern Johanna nur noch mehr Ärger einbrocken. Trotzdem schlenderte Finnick mit den Händen in den Taschen neben ihr her und hielt ihr schließlich höflich die Tür auf, als sie auch schon von zwei Friedenswächtern in Empfang genommen wurde, kaum dass sie das Gebäude betreten hatten. „Miss Mason, wir erwarten Sie schon“, wandte sich einer der beiden Männer an Johanna, bevor er Finnick musterte. „Uns war nicht klar, dass Sie in Begleitung kommen würden. Mr. Odair, würden Sie bitte hier warten?“, wurde Finnick angewiesen und bekam mit, wie sich das Gesicht der Empfangsdame, die sicher nichts zu sagen hatte, weil das die Friedenswächter übernahmen, aufhellte und sie vielsagend auf die Sitzgruppe neben ihrem Tresen deutete. „Sir, wäre es möglich, dass ich mitkommen könnte. Der Präsident kann mich selbstverständlich jeder Zeit rauswerfen. Ich kann vor der Tür warten“, bat Finnick mit seinem üblichen Lächeln, das sicher bei der Empfangsdame mit den bläulichen Haaren besser geklappt hätte. Doch wenigstens zuckte der Friedenswächter mit den Schultern, um vom Schreibtisch der jungen Frau aus das Telefon zu benutzen und sie beide schließlich durchwinkte. Finnick nahm sich die Zeit der enttäuschten Dame zuzuzwinkern. Wer wusste schon, wofür es gut war? Die beiden Friedenswächter führten sie durch endlose Gänge, bis Finnick schließlich mit einem unsanften Hieb gegen die Brust gestoppt wurde. Was nun kam, wusste der Teenager. Er war immerhin auch schon einige Male in diesem Gebäude gewesen und hatte auch ein paar persönliche Gespräche mit Präsident Snow gehabt. Er kannte die Prozedur und war wenig überrascht, dass er abgetastet wurde. Mitleidig warf er Johanna einen Blick zu, bei der das Abtasten deutlich länger dauerte und sich Finnick fragte, was die Ausrede dafür war, solange ihre Brüste zu betasten. Immerhin war dort wohl kaum eine Schusswaffe oder ein Klappmesser versteckt, ganz zu schweigen von einer Axt. Aber er hielt wohlweißlich den Mund, bis man sie weiter winkte. Immer noch schweigend gelangten sie zu der Tür, hinter der sich der mächtigste Mann ganz Panems befand. „Ladys first“, wies der Friedenswächter sie an, nachdem er angeklopft hatte. Finnick konnte deutlich die Furcht in Johannas Augen sehen, als sie die Klinke sehr zaghaft herunter drückte und sich die Tür öffnete. Schnell folgte er ihr, damit sie nicht zu lange alleine in dem Raum bleiben musste und setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. „Miss Mason. Mr. Odair“, grüßte der weißhaarige Mann hinter dem Schreibtisch sie beide und Finnick nickte ihm höflich zu. Immerhin war er hier gar nicht erwünscht, worauf der Mann auch sofort zu sprechen kam. „Ich hatte nur mit Miss Mason gerechnet“, ließ Snow ihn wissen und zog die Augenbrauen hoch. „Ja, Sir. Entschuldigen Sie. Aber Johanna…“, begann Finnick, während Johanna fast zeitgleich beteuerte, dass es ihre Schuld war. Was so natürlich nicht ganz stimmte. Er konnte sich zwar schöneres vorstellen, als ein Besuch beim Präsidenten, aber es war doch Ehrensache, dass er Johanna nicht alleine ließ. Nach so einer Nachricht. „Nun, ich heiße es nicht gut, wenn sich jemand meinen Anordnungen widersetzt“, erklärte Snow und Finnick nickte artig. „Natürlich, Sir. Aber sehen Sie, nirgendwo stand etwas davon, ob sie alleine kommen soll oder nicht. Ich kann draußen warten“, bot Finnick beschwichtigend an. Denn noch mehr Ärger wollte er Johanna nicht einhandeln. Er wusste auch nicht, ob er erleichtert sein sollte oder nicht, als Snow abwinkte und ihnen beiden bedeutete sich hinzusetzen. Natürlich folgten sie stumm seiner Aufforderung und warteten dann darauf, dass er zur Sache kam. „Im Grunde ist es vielleicht sogar hilfreich, wenn Sie anwesend sind, Mr. Odair. Denn ich habe eine schlechte Nachricht zu übermitteln, Miss Mason“, begann das Staatsoberhaupt nach quälend langen Momenten endlich weiter zu sprechen. Finnick warf Johanna einen fragenden, besorgten Blick zu. Was hatte sie angestellt? Wenn der Präsident selber schon sagte, dass es sich um schlechte Nachrichten handelte, wie würden sie sie dann erst einstufen? Und wieso war er hilfreich? Der Mann hinter dem Schreibtisch schüttelte traurig den Kopf und Finnick fragte sich unwillkürlich, was diese Show sollte. Egal welche Nachricht er übermitteln würde, jemand der jährlich Schuld am Tod von 23 Kindern trug, konnte nicht so leicht bekümmert sein. „Miss Mason, es tut mir Leid, Ihnen die traurige Nachricht übermitteln zu müssen. Heute Morgen, kurz nach Ihrer Abfahrt, wurde Ihre Mutter tot aufgefunden. Die Nachricht hat mich vor wenigen Stunden ereilt, damit ich sie an Sie weiterleiten kann. Natürlich sind Sie Ihren Pflichten vorerst entbunden. Reisen Sie ab und kümmern Sie sich um das Begräbnis.“ Der Tonfall war leise und ruhig und Finnick fühlte sich in die Vergangenheit zurückversetzt. Damals hatte der Präsident genauso mit ihm gesprochen, als er von dem Schiffsunglück seines Vaters berichtet hatte. Er wagte kaum zu atmen, weil ihm selbst das in der Stille zu laut vorkam, während er den Blick senkte und das schwarze Holz des Schreibtisches anstarrte. Gedanken wirbelten in Finnicks Kopf umher. Er wusste nicht, was er sagen konnte oder sollte. Was er überhaupt tun durfte. Aber jetzt verstand er, warum er hilfreich sein könnte. Er konnte Johanna immerhin trösten. „Jo“, setzte er an, doch weit kam er mit seinem Bedauern nicht, da Johanna schon aufgesprungen war, und sich das nächstbeste Utensil des Schreibtisches schnappte, um damit auf den Präsidenten loszugehen. Entsetzt sprang nun auch Finnick auf und fasste nach Johannas Taille um sie wegzuzerren, was ihm einen schmerzhaften Schlag mit dem Ellenbogen einbrachte. „Lass mich los, Odair!“, schrie sie ihn wie von Sinnen an, während sie immer noch versuchte, den Schreibtisch zu erklimmen. Der Präsident war wohlweislich etwas weiter nach hinten gerückt, um dem Stift zu entkommen, den Johanna als Waffe einsetzen wollte. Allerdings wagte Finnick zu bezweifeln, dass sie den brauchte. Sie würde vermutlich auch mit ihren Händen genügend Schaden anrichten oder in Enobarias Fußstapfen treten und den Mann beißen. „Reiß dich doch zusammen!“, zischte Finnick, als ihn jemand an der Schulter packte und von Johanna wegzog, nur damit zwei Friedenswächter auf sie zu stürmen konnten und sie weit genug von dem Präsidenten fortzerren konnten. Johanna schrie wütend und schmerzerfüllt auf, als einer von ihnen ihr Handgelenk verdrehte, damit sie den Stift fallen ließ. „Das ist doch wirklich nicht nötig!“, wollte Finnick dazwischen gehen. „Es ist ein Stift, kein Messer!“ Allerdings schätzte man Johanna hier relativ gut ein. Denn auf seine Einwände hörte keiner, als sie gegen die nächste Wand gepresst wurde. Allerdings leistete sie nun keine Gegenwehr mehr, so dass Finnick einen Schritt nach vorne machte, dann aber inne hielt, als jemand eine Waffe auf ihn richtete. Instinktiv hob er die Hände. „Ruhig Blut, ich bin harmlos“, beteuerte er und warf dem Präsidenten einen Blick zu. Der Mann wusste ja schließlich ganz genau, dass er harmlos war. Nie hatte Finnick sich daneben benommen. „Ich will sie nur beruhigen. Nach dem Schock“, erklärte Finnick und war selber erstaunt, dass ihm sein Wunsch gewährt wurde. Er ließ es sich jedoch nicht zweimal bestätigen, sondern kniete schon neben Johanna nieder, die sich in einen menschlichen Ball verwandelt hatte, der auf dem Boden des Büros von Präsident Snow kauerte. „Jo… es tut mir so leid“, murmelte Finnick und legte die Arme um Johanna, was misstrauisch verfolgt wurde. „Ich hasse diesen Satz! Es ist nicht deine Schuld! Sondern seine!“, fauchte Johanna und sah zu Snow auf, der immer noch wie ein freundlicher alter Opa auf seinem Schreibtischstuhl saß und nicht mal die Miene verzog. „Jo… lass das… bitte“, warnte Finnick sie, weil er Angst hatte, dass sie sich gerade so sehr daneben benahm, dass Konsequenzen auf sie warteten. Niemand kritisierte den Präsidenten ungestraft. „Miss Mason, ich verstehe, dass Sie aufgewühlt sind, allerdings verbitte ich mir solche Bemerkungen. Mit dem Tod Ihrer Mutter hat niemand anders etwas zu tun, als sie selbst.“ Obwohl Snows Stimme immer noch ruhig klang, konnte Finnick den Unterschied heraus hören. Nun wurde er drohender. „Sir, was ist denn genau passiert?“, versuchte Finnick nun Klarheit in die Sache zu bringen, weil Johanna anscheinend die Fähigkeit zu sprechen verlernt hatte. Wer konnte es ihr nach so einer Nachricht verdenken? „Miss Masons Mutter wurde tot in ihrem Badezimmer aufgefunden. Zufällig, wie mir gesagt wurde. Von einem Nachbarn. Weil niemand auf sein Rufen geantwortet hatte, fand er sie schließlich in einer Blutlache im Badezimmer. Sie muss sich selbst die Pulsadern aufgeschnitten haben“, beantwortete Snow Finnicks Fragen, was Johanna einen erstickten Entsetzenslaut entlockte. Finnick selber zweifelte an der Aussage. Wieso sollte sich jemand die Pulsadern aufschneiden? Während er hilflos Johannas Rücken tätschelte, überlegte er, was sie angestellt haben mochte, um den Mord an ihrer Mutter provoziert zu haben. Stur schüttelte Johanna den Kopf. „Wieso? Wieso sollte sie das tun?“, fragte nun auch Johanna mit brüchiger Stimme und spähte wieder zum Präsidenten auf. „Sie können mir nicht länger etwas vormachen. Diese Unfälle… passieren nicht zufällig! Sie müssen uns für verdammt dämlich halten! Aber dieses Mal… wieso? Ich habe nichts Verwerfliches getan!“, beschwerte sich Johanna und Finnick seufzte. „Jo, nicht.“ Sie war auf dem besten Wege, alles nur noch schlimmer zu machen und Finnick wollte sie davor bewahren, sich selbst zu schaden. „Doch!“, widersprach sie ihm trotzig und Finnick konnte nur annehmen, dass Johanna an einem Punkt angelangt war, an dem es ihr egal geworden war. Immerhin… was hatte sie jetzt schon noch? „Sobald Sie zu Hause angekommen sind, finden Sie dort den Abschiedsbrief. Natürlich wurde er bereits von den ortsansässigen Friedenswächtern geöffnet. Aus Aufklärungsgründen. Das Motiv ist daraus klar ersichtlich. Ich denke, die Motivation Ihrer Mutter ist ausreichend erklärt“, fuhr Snow eisig fort und Finnick runzelte die Stirn. Der Mann schien nun doch wütend zu sein. Und Finnick konnte sich keinen Reim daraus machen. „Miss Mason, angesichts der schweren Lage sehe ich davon ab, Ihnen eine Strafe aufzuerlegen, dafür, dass Sie unsere Schweigepflicht verletzt haben. Aber sollte es noch einmal…“ „Oh nein“, wimmerte Johanna und unterbrach damit den Präsidenten, während sie sich unweigerlich fester an Finnick schmiegte und ihr Gesicht an seiner Brust vergab. „Was? Was?“, hakte er bestürzt nach. Anscheinend wussten alle Anwesenden mehr damit anzufangen als er… Nun, von den Friedenswächtern einmal abgesehen. „Ich hab’s ihr gesagt…“, brachte Johanna hervor und mehr musste Finnick nicht einmal hören. Es war klar, was genau Johanna ihrer Mutter endlich offenbart hatte. Sie hätte sicher auch nicht länger mit der Last leben können, dass ihre Mutter annahm, sie würde freiwillig im Kapitol von Bett zu Bett springen. Er selbst hatte noch Argumente dafür gefunden, dass Johannas Mutter von der Wahrheit in Kenntnis gesetzt wurde. Sofort übermannte ihn ein schlechtes Gewissen. „Es tut mir so leid“, murmelte Finnick wieder und Johanna schüttelte erneut den Kopf. „Ich weiß, warum…“, entgegnete sie gebrochen und schmiegte sich enger in seinem Umarmung, was ihn überraschte. War sie gar nicht böse auf ihn? Hätte er ihr doch bloß davon abgeraten! Finnick jedenfalls fühlte sich schrecklich schuldig. „Miss Mason, fahren Sie nach Hause und kümmern Sie sich um alles. Es ist unnötig zu sagen, dass Sie sie nicht begleiten werden, nicht wahr, Mr. Odair?“, ertönte Snows Stimme wieder und Finnick nickte mechanisch. Abgesehen von seiner Siegertour war es ihm noch nie erlaubt gewesen, andere Distrikte zu besuchen. Er war nicht davon ausgegangen, dass nun eine Ausnahme gemacht wurde. „Natürlich wird Ihnen Zeit zur Trauer gelassen. Wenn Sie irgendetwas brauchen, Miss Mason, lassen Sie es mich wissen. Das Kapitol steht in dieser schweren Zeit hinter Ihnen. Ich erwarte Sie vorerst nicht zu schnell zurück. Allerdings erwarte ich Ihren Besuch bei der Siegesfeier im Winter. Ich denke, die Zeitspanne bis dahin ist angemessen, um Sie wieder professionell arbeiten zu lassen.“ Obwohl Finnick versuchte, nicht zu genau zuzuhören, biss er die Zähne fester zusammen, als er Snows Worte vernahm. Johanna hatte gerade ihre Mutter verloren und er scherte sich darum, dass sie bald wieder verfügbar war? Der Sieger presste die Lippen aufeinander, damit ihm keinen Kommentar dazu herausrutschte. Doch die Rechnung hatte er ohne Johanna gemacht, die schon wieder aufsprang und ihm deswegen schmerzhaft mit der Schulter gegen das Kinn stieß. „Professionell arbeiten?“, äffte sie das Staatsoberhaupt nach und schritt auf den Schreibtisch zu. Sie blieb jedoch stehen, als die Friedenswächter sich ebenfalls bewegten. Mit großzügigem Sicherheitsabstand, stemmte sie die Hände in die Hüften. „Sie glauben ernsthaft, dass ich weiter für Sie arbeite? Meine gesamte Familie ist tot! Wegen Ihnen! Wie können Sie davon ausgehen, dass ich noch einen Finger für Sie krumm machen werde?“, fragte Johanna und reckte das Kinn. Obwohl sie wieder rote Augen bekommen hatte und Tränen über ihre Wangen liefen, konnte Finnick nicht umher, festzustellen, dass sie reichlich entschlossen wirkte. „Drohen Sie mir ruhig. Sie können mir nichts mehr anhaben. Was wollen Sie mir denn noch wegnehmen?“, fauchte Johanna. Perplex kam Finnick auf die Füße und starrte seine beste Freundin an. Das war sicherlich der mutigste und dümmste Auftritt, den sie je hingelegt hatte. „Miss Mason, nun werden Sie vernünftig…“, beschwichtigte Snow sie, doch Johanna stieß ein hohnvolles Lachen aus, das Finnick die Nackenhaare aufstellte. Sie wirkte unheimlich, fast ein wenig übergeschnappt. Aber er traute sich auch nicht, sie jetzt anzusprechen. „Sie können mir nichts mehr anhaben, verstehen Sie nicht“, wiederholte sie noch einmal. Sofort, als der Blick des Präsidenten zu Finnick flackerte, drehte sich diesem der Magen um. Er wollte hier nicht in den Fokus geraten. Gerade jetzt nicht. Doch auch das ließ Johanna reichlich kalt. „Ich bitte Sie, wir wissen beide, dass Sie das niemals tun würden. Finnick ist Gold wert für Sie. Und Sie brauchen ihn.“ Dem hatte Snow offensichtlich nichts entgegen zu setzen und Finnick konnte nicht abstreiten, dass er deswegen erleichtert war. Seine eigene Sicherheit wollte er nur ungerne auf’s Spiel setzen. „Also, war ich die längste Zeit Ihre Marionette. Ich bin raus!“, verkündete Johanna und machte auf dem Absatz kehrt um den Raum zu verlassen und alle Anwesenden sprachlos zurück zulassen. Während alle anderen sicher entsetzt waren, verspürte Finnick fast so etwas wie Neid. Hatte Johanna Mason sich gerade wirklich ihre Freiheit erkämpft? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)