True Story von Night_Baroness (How I Met Your Mother & Detektiv Conan Crossover) ================================================================================ Kapitel 1: Ein legendärer Job ----------------------------- Als der junge Mann, die etwas heruntergekommene Bar mitten in New York City betrat, ahnte er nicht, dass dies sein Leben für immer verändern würde. Er hatte den Tipp von einem zwielichtigen Kerl bekommen, um den vermutlich jeder vernünftige Mensch einen Bogen gemacht hätte, aber die Neugierde hatte ihn doch dazu getrieben, einen flüchtigen Blick hineinzuwerfen. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Womöglich war dieser Schuppen randvoll mit wunderbaren jungen Mädchen, die nur auf ihn warteten? Auf Barney Stinson, den König des erfolgreichen Single-Lebens. Außerdem gab es da ja noch diese Sache, die einer gewissen Klärung bedurfte. Also schlüpfte er wie jeden Tag in einem seiner Anzüge, die zwar nicht teuer, aber immerhin elegant geschnitten waren und verließ sein kleines Appartement, das ihm das Gefühl gab, es wollte ihm die Luft abdrücken, so klein und verschachtelt war es. Bald schon werde ich Geld ohne Ende haben, dachte er, bald schon werde ich sie alle übertreffen. Das wird legendär. Drinnen schlug ihm ein leicht modrig-schwefeliger Geruch in die Nase, gemischt mit Marihuana und diversen anderen Drogen, die er nicht genau benennen konnte. Auch hatte man beinahe das Gefühl, der Alkohol hätte die Luft durchtränkt und man müsste nur ein Glas in die Höhe halten und warten, bis es voll war, obgleich man auch ohne diese lächerlich absurde Geste schnell betrunken werden würde. Etwas verunsichert sah er sich um, fing sich aber schnell wieder, als er eine hübsche Blondine an der Bar sitzen sah, die ihm mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den rotbemalten Lippen zuwinkte. Lässigen Schrittes ging er auf sie zu und setzte sich neben sie, den Mund zu seinem typischen kecken Aufreißer-Grinsen geformt. „Na? Tat es weh, als du vom Himmel gefallen bist?“ Nur nichts anbrennen lassen. Die Frau verzog keine Miene und steckte sich nur mit einer langsamen, geschmeidig-katzenhaften Bewegung eine Zigarette an, deren Rauch sie mit herausfordernder Eleganz in die verruchte Luft des Nachtclubs blies. „Du bist also tatsächlich gekommen.“ Er nickte. Woher kam ihm diese Frau nur bekannt vor? Hatte er sie etwa schon mal angebaggert? Aus Angst seine Chancen zu mindern, verkniff er sich die Frage lieber und lächelte nur. „Selbstverständlich. Also, was ist das für ein Job, von dem du am Telefon gesprochen hast?“ Wieder war da dieses kokette Lächeln, das ihr ein aufregendes und gleichzeitig gefährliches Aussehen verlieh. Sie gefiel ihm. Woher kenne ich dich bloß? „Nun ja, wie ich bereits angedeutet habe, arbeite ich für eine bestimme Organisation.“ Auf einmal schien die Luft im Raum noch ein bisschen dicker zu werden, sofern es überhaupt möglich war und Barney hatte das Gefühl, als würden ihn tausend wissende Augen anstarren, doch er ignorierte es wagemutig und folgte weiterhin den Worten der jungen Frau, weshalb er auch nicht die scharfen Augen eines älteren Mannes bemerkte, der etwas abseits von ihnen saß und mit starr gemeißeltem Gesicht herübersah. Nachdem sie sich diskret geräuspert hatte – vielleicht auch nur, um die seltsame Anspannung zu unterbrechen – fuhr sie fort. „Und wie du weißt, will ich etwas Bestimmtes loswerden. Und da das dein Job ist…“ Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu und nahm einen Martini von einem adretten jungen Barmann entgegen, den sie trotz seiner Flirtversuche jedoch nicht beachtete. Sie war ganz auf ihn konzentriert. Unter normalen Umständen hätte Barney sich gefreut, da er bei ihr leichtes Spiel zu haben schien, doch jetzt wurde ihm langsam unwohl. Was meinte diese Frau mit Job? Wieso sollte er ihr dabei helfen können, etwas loszuwerden? Jetzt fiel ihm auch wieder ein, dass das Telefongespräch schon ähnlich merkwürdig verlaufen war. War er am Ende in eine Sache reingeraten, der nicht mal er, der legendäre Barney Stinson, gewachsen war? „Hallo, wer dran?“ „Ich bin es. Wir hatten uns ja unterhalten, weshalb Sie schon über die Umstände informiert sein dürften. Für die Einzelheiten würde ich Sie gerne im Black Dragon treffen, geht das für sie in Ordnung?“ Das Black Dragon. Hatte ihm davon nicht ein irgendein Typ erzählt? Sollte ja ein richtiger Verbrecherladen sein, voll mit bewaffneten Mafiosi und heißen Gangsterbräuten. Genau das richtige für ihn also. Außerdem war die Frau am anderen Ende der Leitung dem Klang ihrer Stimme nach zu urteilen jung und scharf. Also, warum sollte er es nicht riskieren? Er konnte das mit der Verwechslung immer noch aufklären… nachdem er sie genagelt hatte. „Ja klar, genau… Treffen wir uns dann heute Abend um 23 Uhr?“ „Einverstanden.“ Ohne ein weiteres Wort legte sie auf und ließ nichts als brodelndes Verlangen und darunter vollkommen verschwindendes Unbehagen zurück. Ich habe mich gar nicht mit meinem Namen gemeldet. Dieser Gedanke schoss ihm plötzlich durch den Kopf. Sonst waren seine ersten Worte, sobald er den Telefonhörer abgenommen hatte, doch immer „Barney Stinson hier“ gewesen. Wieso hatte er es diesmal nicht getan? Barney glaubte nicht an Vorhersehung oder Schicksal, auch wenn er sich später immer wieder bei dem Gedanken daran ertappte, so eigenwillig sollte das sein, was gleich geschehen würde. „Was genau soll ich jetzt nochmal für dich machen?“ Ein Runzeln verunzierte ihre jugendliche Stirn und sie blies den Rauch ihrer halb verglühten Zigarette haarscharf an seinem Gesicht vorbei. Wobei der Gestank in dieser Suppe an giftigen Gerüchen vermutlich auch keinen Unterschied mehr gemacht hätte. „Du sollst meinen Boss umlegen, habe ich mich das letzte Mal nicht klar ausgedrückt?“ Im nächsten Augenblick hatte die Frau eine Waffe im Nacken. „So ist das also.“ Der alte Mann, der bis eben noch an einem etwas entfernten Tisch gesessen hatte, war aufgestanden und hatte viel zu schnell für seine gebrechliche Statur eine Waffe gezogen. Entsetzt stellte Barney fest, dass er ihn nicht einmal hatte kommen sehen. Wie war das möglich? „Du kleine Schlampe willst mich also tot sehen, wie? Willst du am Ende selbst die Organisation übernehmen, du Närrin? Gin hatte recht, als er sagte, ich solle dich besser überwachen.“ Mit einem Klicken entsicherte er die Waffe. Gin? Oh mein Gott, wo bin ich hier bloß hingeraten? „Äh… ja, ich geh dann mal, danke für den schönen Abend und so. Adiós Muchachos!“ „Hier geblieben, du Köter!“ Barney spürte, wie die Kugel an seinem Ohr vorbeizischte und neben ihm in der Wand einschlug. Die anderen Gäste, die nun bemerkt hatten, was vor sich ging, schrien und hetzten panisch auf den Ausgang zu. „Komm sofort zurück.“ Mit erhobenen Händen ging Barney zitternd auf den Mann zu, der nun überhaupt nicht mehr gebrechlich und alt, dafür aber umso bedrohlicher wirkte und verfluchte innerlich seine Naivität. „Bitte, ich hab mit der Sache nichts zu tun, ich kenn die da gar nicht!“ Er nickte mit dem Kopf in Richtung der Frau, die dafür nur ein Schnauben übrig hatte. „Na schön, dann machts dir sicher nichts aus, wenn ich sie zuerst töte und du zusehen darfst.“ Er legte die Waffe erneut zum Schuss an, doch die Frau war darauf vorbereitet und trat mit halsbrecherischem Mut mit einem ihrer High Heels nach seinen Weichteilen. Der Mann jaulte auf und ging zu Boden, nicht allerdings, ohne dabei die Waffe zu heben und einen Schuss in Richtung der Frau zu feuern. Diese duckte sich weg, doch der Mann schoss erneut und Barney wusste, dass er handeln musste. Ohne Nachzudenken, griff er nach einer Bierflasche, die ein Gast wohl an der Bar stehen hatte lassen und drosch sie dem Mann mit voller Wucht über den Kopf. Dieser sah ihn überrascht mit schreckensgeweiteten Augen an, als hätte er gerade eine göttliche Offenbarung und könne nicht glauben, was er gerade sah. Dann ging er zu Boden und blieb voll kommen regungslos liegen, während sich von seinem Kopf ausgehend ein kleines, blutiges Rinnsal ausbreitete und seinen Weg durch den mittlerweile leeren Raum suchte. Einen Moment lang starrten er und die Frau sich fassungslos an, dann lächelte sie. Bevor er reagieren konnte, kam sie auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange. „Gute Arbeit.“ „Wie, aber ich… Ich bin nicht der, für den du mich hältst. Es sei denn, du willst mit mir schlafen, dann natürlich schon.“ Sie lachte laut und glockenklar. „Mittlerweile habe ich auch eins und eins zusammengezählt. Es ist wohl so gekommen, dass ich die falsche Nummer bekommen habe und dich dadurch mit unserem neuen Auftragskiller verwechselt habe. Ich hatte ihn noch nie zuvor getroffen und wusste nur, dass er Amerikaner war. Eure Stimmen klangen sehr ähnlich.“ „Auftragskiller? Teufel, was seid ihr für ein kranker Verein?“ Sie seufzte. „Nun, wir sind etwas speziell.“ „Ihr seid Verbrecher!“ „Ja.“ Sie sah erst ihn an und ließ ihren Blick dann auf den Boden zu ihrem ehemaligen Boss wandern, der inzwischen ziemlich tot aussah. „Und du jetzt auch.“ Auch das noch. Soviel zu, wer nichts wagt, der nichts gewinnt. „Und... Was machen wir jetzt?“ Er machte sich nicht einmal mehr die Mühe die Verzweiflung in seiner Stimme zu verbergen. Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob er diese verrückte Frau überhaupt ins Bett kriegen wollte und das war schon etwas Außergewöhnliches. Genauso außergewöhnlich wie dieser bescheuerte Tag. „Zunächst sollten wir wohl verschwinden, weil sicher jemand die Polizei gerufen hat, die wohl gleich hier sein dürfte.“ Sie verschwand kurz in die Küche und kam einen Augenblick später mit einem Lappen zurück, den sie dazu verwendete, alles was sie berührt hatten, akribisch abzuwischen. Dann steckte sie ihn ein und warf die Reste der Glasflasche in den Mülleimer. „Los jetzt.“ Bevor er protestieren konnte, griff sie nach seiner Hand und zog ihn nach draußen. Die kühle Nachtluft dort bildete einen angenehmen Kontrast zu dem stickigen Brei, der das Lokal erfüllt hatte. Jetzt konnte er sogar ihr zart nach Lilien duftendes Parfum wahrnehmen – und Polizeisirenen, die sich langsam und bedrohlich durch die Reste des abendlichen Verkehrs schlängelten. Allerdings blieb ihm nur ein kurzer Moment zum Verschnaufen, denn sie zog ihn unerbittlich weiter, bis sie schließlich eine kleine Seitenstraße erreichten, die weit genug weg war, um der Polizei nicht mehr aufzufallen. Barney keuchte. Ob vor Anstrengung oder vor Schock, hätte er wohl selbst nicht sagen können. „Was hast du jetzt mit mir vor? Du willst mich doch nicht zum Schweigen bringen? Bitte, ich hab eine Frau und Kinder, die brauchen ihren Daddy!“ Er schluchzte gespielt. Außer du willst mit mir schlafen, natürlich. Doch seine schauspielerischen Glanzleistungen schienen sie nicht im Geringsten zu beeindrucken. Sie setze nur wieder dieses geheimnisvolle Lächeln auf und ihre blauen Augen blitzten amüsiert. Keine Spur von Verzweiflung, die Frau war die pure Ruhe. Eiskalt, schoss es ihm durch den Kopf. „Keine Sorge, ich töte dich nicht.“ Sie ging einen Schritt auf ihn zu. „Aber ich brauche dich noch.“ „Wofür?“ Er wich zurück, doch hinter ihm war nur eine Wand, sodass er sich schließlich entschied stehen zu bleiben. Die Polizei war gleich um die Ecke, er konnte immer noch um Hilfe rufen. Ja, tu das Barney und was dann? Du hast einen Menschen umgebracht… „Mein Boss ist tot und jetzt muss jemand seinen Platz einnehmen, ist doch klar.“ „Was in aller Welt soll das heißen?“ Er sprach so laut, dass eine Krähe, die bis eben im Müll herumgepickt hatte, aufgescheucht wurde und laut krächzend davonflog. „Ich habe noch einen Job für dich.“ Kapitel 2: Was Frauen wollen ---------------------------- „Das ist ein Traum… Das ist ein Traum… Das ist ein Traum…“ „Ey, sei bitte mal fünf Minuten still, ja? So schlimm ist das nun auch nicht, ich meine klar, du bist hier ein wenig reingeworfen worden, aber die Bezahlung ist gut, du hast eine Menge Macht und Einfluss, deine Identität bleibt geheim… Kein Grund dich zu fürchten.“ Vermouth seufzte und begann damit, ihre Stirn mit den Fingerspitzen zu massieren, bis das schmerzhafte Pochen darin etwas abflaute. Normalerweise war sie resistent gegen jegliche Art von Stress und auch den Druckunterschied, den ein solcher Flug nun einmal mit sich brachte, doch heute hatte sie das Gefühl, dass noch eine Menge Ärger auf sie zukommen würde, was ihr ganz und gar nicht behagte. „Bist du verrückt? Das ist das Geilste, was mir jemals passiert ist!“ Sie unterbrach die Kopfmassage einen Moment lang, um ihm einen verständnislosen Blick zuzuwerfen. „Bitte was?“ „Naja, schau, wenn ich das richtig verstanden habe, bin ich bald stinkreich, unglaublich einflussreich und noch dazu unantastbar mit einer scharfen Blondine an meiner Seite, die mir die Spielregeln dieser netten Organisation beibringt?“ Er grinst anzüglich und zwinkerte in ihre Richtung. „Das muss ein Traum sein, denn solche unglaublichen Chancen passieren einem im wahren Leben einfach nicht.“ „Doch, schätze schon.“, erwiderte die Blondine, die sich als „Vermouth“ vorgestellt hatte, trocken und griff nach ihrem Whiskey. Aus irgendeinem Grund verspürte sie plötzlich das dringende Bedürfnis, sich zu betrinken. „Hier soll ich wohnen?“ Mit offenem Mund sah er sich in dem geräumigen Appartement um, das mit Sicherheit keine Wünsche offen ließ, dafür aber tausende an neuen Sehnsüchten weckte, die man sich nicht einmal zu erträumen wagte. „Wenn du möchtest.“ Die junge Frau streifte die hohen Schuhe elegant ab und stellte sie ordentlich auf den hölzernen Fußboden. Er tat es ihr nach und betrat den geräumigen Wohnraum mit nur mit Strümpfen bekleideten Füßen. „In Japan ist das so üblich, oder?“ Sie nickte und folgte ihm nach drinnen. „Diese Wohnung habe ich für dich gemietet. Ich dachte, es wäre sinnvoll dir als Boss eine neue Residenz zu verschaffen, die niemand außer uns beiden kennt.“ Sie lachte verschlagen. „Das erste, was man in diesem Business lernt, ist niemandem zu vertrauen, nicht mal seinen eigenen Leuten.“ „Ich soll also nicht einmal dir vertrauen?“ „Du hast es erfasst. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser, also achte darauf jeden anzuzweifeln und niemals jemandem mehr Macht über dich zu geben, als notwendig ist.“ Die beiden setzten sich auf ein beinahe peinlich großes Ledersofa und blickten einen Moment lang stumm auf die Skyline Tokyos hinaus, die mit ihren grellen Reklamen mit der sterbenden Abendsonne um die Wette leuchtete, als kämpften sie darum, wem das letzte Licht des Tages vergönnt sein sollte. „Wobei du mir dennoch bis zu einem gewissen Grad vertrauen musst, fürchte ich. Immerhin bin ich deine einzige echte Verbindung zur Organisation und es wäre besser, wenn es auch so bleibt.“ „Warte mal!“ Er unterbrach sie forsch, um seinen Blick für einen kurzen Moment aus ihrem Ausschnitt zu lösen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. „Was genau sind jetzt eigentlich meine Aufgaben als Boss? Ich muss doch niemanden mehr umbringen, oder?“ Er wirkte fast ängstlich, wie er sie so durch das Licht der verblassenden Abendsonne ansah, dass sie glaubte, eine Sekunde lang den wahren Barney Stinson zu sehen, den Mann, der unter all diesen Sprüchen und der aufgesetzten Coolness lebte, der Mann, der wie sie selbst ständig maskiert zu sein schien. Aus irgendeinem Grund erschreckte und faszinierte dieser Gedanke sie gleichermaßen. Das ist dumm, Sharon, du kennst ihn gar nicht. Hör auf falsche Schlüsse über ihn zu ziehen. „Nicht persönlich.“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, auf dem das goldene Licht noch tanzte. „Eigentlich musst du nur da sein, einfach existieren und wie ein Phantom im Hintergrund wachen. Die Geschäfte der Organisation würde ich weitgehend regeln, es geht nur darum, dass die anderen glauben sollen, dass ihr Boss noch existiert.“ Der letzte Hauch des sonnigen Tages erlosch und ließ ein schattenhaftes Spiel aus künstlichem Licht und nächtlicher Finsternis zurück. „Du willst einfach nur so tun, als würde dein Boss noch leben, nicht wahr? Es soll einfach nur so aussehen, als gäbe es ihn noch.“ Sie nickte. „Und warum sollte ich die Identität eines anderen annehmen wollen? Ich meine, ich könnte doch einfach umgebracht werden, wenn das jemand erfährt, oder?“ Er stand auf und zupfte sein Jackett zurecht. „Tut mir leid, so verlockend das hier auch sein mag, aber Sterben ist nicht mein Ding.“ Er wandte sich zur Tür. „Hier geblieben.“ Obwohl er es erst einmal gehört hatte, erkannte er das Klicken der Waffe sofort wieder. „Du willst mich doch nicht erschießen, oder?“ Mit erhobenen Händen stand er in der Tür und sah Vermouth besorgt an. Diese war ebenfalls aufgestanden und bedrohte ihn mit einer unverschämten Lässigkeit mit der Waffe, die sie ihrem toten Boss scheinbar abgenommen hatte. „Keine Sorge, ich brauch dich noch.“ Sie steckte sie behutsam zurück in ihren Ausschnitt. Das war also die komische Ausbeulung gewesen. Insgeheim ärgerte er sich, dass er nicht draufgekommen war. Hätte ihm seine Erfahrung mit Frauen doch einmal wirklich nützen können. Erfahrung? Na gut, sagen wir theoretische Erfahrung. Auch wenn Barney es hasste, es zuzugeben, in letzter Zeit lief es gar nicht beschaulich, was dieses Thema anging. Frauen standen eben nicht auf irgendwelche Typen ohne Geld und ohne Arbeit. Sie logen zwar immer von der wahren Liebe und den inneren Werten, aber tief im Innern waren sie noch schlimmer als alle Männer dieser Welt zusammen, denn die waren doch wenigstens ehrlich, während sie ihre Oberflächlichkeit hinter liebenswürdiger Unschuld und anderen, noch viel gemeineren Waffen verbargen. „Und du brauchst mich auch.“ Lächelnd holte sie eine kleine Folie hervor. „Weißt du, was das ist?“ Er schluckte, als ihn die böse Vorahnung ergriff. „Genau. Das sind deine Fingerabdrücke. Wenn ich die der Polizei zuspiele, ebenso wie die Tatwaffe, werden sie wissen, dass du es getan hast. Dann brauche ich nur noch ein bisschen was zu erfinden und du hast ganz schnell einen Mordprozess am Hals.“ „Das ist Erpressung!“ „Ich weiß. Herzlich willkommen in der Verbrecherwelt.“ Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Seufzend ließ er sich zurück aufs Sofa fallen. „Na schön, dann werde ich also für dich den Boss spielen. Habe ich sonst noch irgendwas zu beachten?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Du kannst sogar zurück in die USA. Im Prinzip muss ich dich nur ständig erreichen können.“ Scheinbar amüsiert richtete sie ihren Ausschnitt wieder, wodurch sein Blick sofort wieder fokussiert wurde. Warum hatte er sich doch gleich so aufgeregt? „Aber das ist nicht alles, natürlich kannst du auch auf die Finanzen der Organisation zugreifen. Eine kleine Gefälligkeit meinerseits, damit ich mich auf dich verlassen kann.“ Barneys Augen wurden größer. „Wie viel genau umfassen denn diese Finanzen?“ Er räusperte sich unauffällig. „Nun, ein paar Millionen dürften es schon sein.“ Okay, es ist definitiv der geilste Job der Welt. „Hey Süße, hat es wehgetan, als du vom Himmel gefallen bist?“ Die Japanerin sah ihn verständnislos an. „Der Spruch ist billig.“ „Ach wirklich? Wie schade, ich wollte dich gerade fragen, ob ich dich falls du wieder mal runterfällst, mit meinem Privatjet auffangen soll.“ Der Gesichtsausdruck der Frau wurde augenblicklich zu einem offenherzigen Lächeln und sie gab ihm die Hand. „Ach so ist das. Ich bin übrigens Mae.“ „Zwei Martini bitte.“ Frauen waren ja so einfältig. Ein einziger Satz hatte ausgereicht, um sie um den Finger zu wickeln und ein einziges lächerliches Versprechen würde genügen, um sie dazu zu bringen, alles zu tun, was er wollte. Dieser Abend ließ keinen Zweifel daran, dass das hier der beste Tag werden sollte, den er seit langem erlebt hatte. Barney Stinson, Frauenheld und lebende Legende, war wieder im Spiel. Kapitel 3: Mögen die Spiele beginnen ------------------------------------ Ein schwarzgefiederter Vogel ließ sich auf dem Dach der kleinen Kneipe nieder, in der zwei ebenso düster und unheilverheißend gekleidete Männer mit grimmiger Wachsamkeit einen Scotch zu sich nahmen. Rauchschwaden stiegen von ihren Zigaretten auf und hüllten alles in einen gespenstischen Schein. „Ich traue ihr nicht.“ Der eine der beiden, der etwas korpulent, nicht aber unbedingt fett war, hob den Kopf und blickte sein im Gegenzug sehr hochgewachsenes Gegenüber überrascht an. „Wieso das? Ich meine…“ „Mich interessiert nicht, was du meinst.“, schnitt er ihm ärgerlich das Wort ab und drückte den immer noch glühenden Zigarettenstumpen etwas energischer als nötig im milchig weißen Aschenbecher aus, der schon einige Sprünge davongetragen hatte und perfekt zu der mit rustikal noch sehr wohlwollend beschriebenen Atmosphäre der Bar passte. „Vermouth haut in die USA ab, während der Boss aus geschäftlichen Gründen ebenfalls dorthin aufbricht. Nach ihrem Aufenthalt dort ändert er plötzlich komplett seinen Kurs und will nur noch mit ihr Kontakt aufnehmen? Für meinen Geschmack stinkt das doch zum Himmel.“ Er spuckte auf den glimmenden Stummel, der sofort ausging und zischenden Rauch in die ohnehin eher stickige Luft blies. „Du meinst also, Vermouth und der Boss haben irgendwas zusammen ausgeheckt?“ Trotz der Sonnenbrille schienen seine Augen größer zu werden. Gin nickte, wirkte aber immer noch alles andere als zufrieden. „Entweder das oder es ist allein auf Vermouths Mist gewachsen, zumindest ist sie die einzige, die wirklich davon zu profitieren scheint. Immerhin hat sie inzwischen eine Art Favoritenstatus, was dir auch schon aufgefallen sein sollte, Wodka.“ Er knirschte mit den Zähnen, wie er es immer tat, wenn er sich über etwas ärgerte und trank einen Schluck Scotch, um das lästige Geräusch abzuwürgen. „Dann glaubst du also, sie hat die Organisation verraten?“ Auch Wodka war nun eine gewisse Anspannung anzumerken, schließlich war selbst er in der Lage Eins und Eins zusammenzuzählen. Gin beobachtete die klare Oberfläche seines Getränks, als ließe sich dort eine Antwort finden. „Ich bin mir nicht sicher. Verraten hat sie uns vermutlich nicht, nein, aber irgendein abgekartetes Spiel scheint zweifellos begonnen zu haben.“ „Und wie werden wir jetzt vorgehen?“ Er lächelte und schüttelte das Glas in seiner Hand ein wenig, sodass die Flüssigkeit in Bewegung geriet und einen kleinen Strudel bildete. „Wir werden unserer Freundin ein wenig auf den Zahn fühlen.“ „Und Sie sind wirklich der erste Mann auf dem Mond?“ Die junge Frau sah ihn aus großen, braunen Kulleraugen an. „Wie können Sie dann so jung sein?“ Oh, sie denkt mit, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Er lächelte charmant. „Weißt du, im Weltraum läuft alles ein bisschen anders. Dort gibt es keine Zeit, weshalb man nicht älter wird, das perfekte Mittel gegen den demographischen Wandel.“ Er zwinkerte verschwörerisch, was sie gleich in ein hohes Kichern ausbrechen ließ, welches eher nach einer Dreizehnjährigen auf einem Robbie Williams Konzert klang, als nach einer erwachsenen Frau. „Du bist ja so witzig.“ „Ich weiß. Jetzt hol ich uns erst mal zwei Drinks und dann kann ich dir ja meine Rakete zeigen.“ An der Bar war einiges los, sodass er eine Weile anstehen musste und Zeit hatte, die ausführliche Cocktailkarte zu studieren. Dabei war es eigentlich vollkommen egal, was sie tranken, Hauptsache die Kleine war betrunken genug, um ihre versaute Seite zum Vorschein zu bringen und sie alle – vermutlich sowieso nicht vorhandenen – Bedenken vergessen zu lassen. Seit er diesen grandiosen Job hatte, war er daran gewöhnt, dass die Frauen ihm zu Füßen lagen. Er musste nur seine Kreditkarte zücken und schon schnurrten sie alle wie brave Kätzchen, bereit zu allem, was meistens sogar seine Lügengeschichten überflüssig machte. Allerdings behielt er es aus nostalgischen Gründen bei, mal abgesehen davon, dass es einfach Spaß machte und dem Ganzen einen gewissen Kick verlieh. „Zwei Martini, bitte.“ Wirklich ein Jammer, dachte er. Die einzige Person, die derzeit meinen Erfolg verfolgen kann, ist selbst eine Frau und somit auch nicht mehr als eine reife Frucht, die nur darauf wartet, gepflückt zu werden. Jetzt, wo er beinahe alles hatte, was er sich kaum zu erträumen wagte, als er noch arbeitslos und unscheinbar war, stellte er fest, dass selbst seine kühnsten Träume ihn nicht befriedigen konnten. Natürlich war er glücklich, sein Leben war immerhin fantastisch, genial, legendär, ja, das war es zweifellos. Allerdings fehlte ihm jemand, mit dem er das alles teilen konnte. Wonach er sich sehnte, war dieser furchtbar klischeehafte, aber dennoch notwendige Kumpel, ein Freund, vor dem er angeben konnte, ein Ko-Pilot, mit dem er auf die Jagd gehen konnte, kurz gesagt wollte er jemanden, dem er seinen Erfolg unter die Nase reiben konnte. „Würden Sie bitte bezahlen, Sir?“ „Oh ja, natürlich.“ Barney drückte dem grimmigen Barkeeper etwas Geld in die Hand und wollte gerade zu seinem Platz zurückkehren, auf dem die heiße Braut auf ihn wartete, als er ihn sah. Wenn es im Lexikon ein Bild unter der Überschrift „durchschnittlicher Typ“ gegeben hätte, so wäre wohl zweifelsohne das Foto dieses Kerles darunter zu finden gewesen. Er sah nicht schlecht aus, aber auch nicht überragend, hatte einen etwas zu struppigen Bart, der ihn ungepflegt wirken lassen und zu lange Haare. Seine Kleidung machte nicht unbedingt einen besseren Eindruck auf Barney. Warum zur Hölle verstanden manche Männer nicht, dass Anzüge das einzig wahre Kleidungsstück waren? Für andere Menschen wäre dieser erste Eindruck wohl ein Grund gewesen, schleunigst das Weite zu suchen, doch Barney sah in ihm die Herausforderung auf die er gewartet hatte. Warum sollte er diesem armen Schlucker nicht zeigen, was er bislang erreicht hatte, ihm eine Tür in seine schillernde Welt öffnen, die auch ihm immer noch beinahe wie ein Traum erschien? Er würde ihm zu seinem besten Freund machen, zu seinem Bro und ihm vor Augen führen, wie ein Mann von Welt zu leben hatte. Aber zuerst muss der Bart ab, so viel steht fest. „Hey, ich bin Barney Stinson, wie geht’s?“ Ohne seine Reaktion abzuwarten, setzte er sich ihm gegenüber und schob ihm einen der beiden Martinis hin. Der Mann blinzelte verwirrt hinter seiner für das Gesicht etwas zu breiten Brille. „Ähm… Ted Mosby, sehr erfreut, aber was genau wollen Sie von mir? Also verstehen Sie mich nicht falsch, ich fühle mich geschmeichelt, falls Sie Interesse an mir haben, aber…“ „Sehe ich für dich aus, als wäre ich schwul?“ Barney warf ihm einen vernichtenden Blick zu, worauf Ted Mosby schluckte und zu einer Entschuldigung ansetzte, die jedoch jäh unterbrochen wurde. „Aber ich verstehe natürlich, wenn du dich fragst, warum ich hier bin, Ted.“ Er stützte die Arme vor sich auf den Tisch und verschränkte die Hände ineinander, da es ihm, wie er glaubte, einen seriösen, aber gleichzeitig etwas mafiahaften Touch verlieh. „Es ist so, du bist ein unscheinbarer Typ, auf den die Frauen vermutlich nicht wirklich abfahren.“ Ted schnappte empört nach Luft, doch Barney wischte seine Proteste wie eine lästige Fliege weg und setzte die kleine Rede, die er sich zurechtgelegt hatte, unbeeindruckt fort. „Aber das ist nicht schlimm, da die meisten Männer dieses Problem haben. Schau mal nach dahinten.“ Er zeigte auf einen Tisch am anderen Ende des Lokals, wo das blonde Dummchen, das er sich geangelt hatte, immer noch mit naiver Engelsgeduld auf ihn wartete. „Die kleine da habe ich gerade abgeschleppt, genauso, wie ich es jede Nacht mit solchen Frauen tue.“ Er grinste selbstgefällig. „Und wie schaffe ich das? Komm schon, ich weiß, dass du dich das jetzt fragst! Und genau deshalb will ich dir helfen. Ich mache dich zu meinem Ko-Piloten und sorge dafür, dass du auch jede Nacht so eine heiße Braut abkriegst, na, wie findest du das?“ „Vollkommen absurd! Ich meine, ich kenne Sie ja nicht einmal. Außerdem komme ich sehr gut alleine klar und wirke sehr anziehend auf Frauen, vielen Dank für das Angebot.“ Die letzten Worte trieften vor beleidigtem Sarkasmus, doch Barney glaubte auch, eine gewisse Neugierde herausgehört zu haben. „Mit dem Bart?“ „Ich sollte besser verschwinden.“ Der Mann stand auf und wandte sich Richtung Tür. „Warte, komm, gib mir eine Chance.“ Barney warf ihm einen Hundeblick zu, den er sonst nur für seine Bettgeschichten reserviert hatte, da der Typ aber die Launenhaftigkeit einer Diva an den Tag legte, verzieh er sich diese Maßnahme. „Ich stelle sie dir auch vor.“ Teds Blick wanderte zum Tisch, wo die hübsche junge Frau immer noch wartete und langsam etwas verunsichert in immer kürzeren Abständen auf ihre Armbanduhr zu schauen begann. Er seufzte. „Na schön.“ Wenig später saßen die beiden sich lachend gegenüber und unterhielten sich bis tief in die Nacht hinein, während Barney geduldig an der Bar wartete und die beiden beobachtete. Nachdem sie sich verabschiedet und Telefonnummern ausgetauscht hatten, kam Ted zu ihm herüber. „Neil Armstrong, ehrlich jetzt?“ Er hob die Augenbrauen. Barney lachte. „Tja, das ist es, was Frauen hören wollen.“ „Ach ja? Sie wollen nur Lügen? Ich habe sie nämlich zufälligerweise auch ohne Lügen dazu gekriegt, mich zu mögen.“ „Sie mögen dich vielleicht, wenn du ihnen die Wahrheit sagst, aber ins Bett kriegst du sie so nie. Frauen schlafen nur mit Männern, die sie aufregend finden, zumindest solche, die es wert sind, um ihre Gunst zu buhlen.“ „Du bist ein komischer Typ.“ „Danke.“ Barney prostete ihm mit einem überlegenen Lächeln zu. „Ach ja, einen Tipp hätte ich noch für dich.“ Ted musterte ihn schon etwas weniger skeptisch, als er es noch zu Anfang getan hatte. „Und der wäre?“ „Rasier den grausamen Bart ab und kauf dir ein paar gottverdammte Anzüge.“ Kapitel 4: Eine Dusche für einen guten Zweck -------------------------------------------- „Bitte!“ „NEIN! Zum letzten Mal: N-E-I-N! Was ist daran so schwer zu verstehen?“ „Aber…“ Sie ließ ein frustriertes Schnauben hören. „Barney. Ich bin mit Marshall zusammen, ich kann dir meine Brüste nicht zeigen.“ Sie sprach ruhig und gelassen, als versuchte sie, einem ihrer Kindergartenkinder zu erklären, dass es seinem Kameraden den Ball nicht wegnehmen durfte. „Na gut.“, seufzte er und nahm einen Schluck von seinem Scotch. „Aber falls du irgendwann…“ „Nein!“ „Lass es mich einfach wissen.“ Lily verdrehte die Augen und bemerkte erleichtert, dass Marshall mit zwei Bierflaschen zu ihrem Tisch zurückkehrte. Seit sie die Wohnung über der Bar bezogen hatten, war das schon ihr Stammplatz gewesen, daran hatte auch nichts geändert, dass Ted ihnen vor einigen Wochen Barney vorgestellt hatte. „Es ist wirklich nett hier.“ „Das hast du jetzt schon ein paar Mal gesagt.“, erwiderte sie trocken und trank einen großen Schluck Bier. Sie brauchte jetzt dringend Alkohol – streng genommen beinahe jeden Abend, seit sie Barney kennengelernt hatte. „Ich weiß.“, er zupfte seine Krawatte zurecht. „Aber guck dir mal die Bräute hier an! Da kann man das gar nicht oft genug betonen.“ Nachdem er ihr verschmitzt zugezwinkert hatte, entschied sie sich dazu, dass sie noch einen größeren Schluck vertragen konnte. Immerhin war ein voller Mund die beste Entschuldigung, nicht auf seine Sprüche zu reagieren. „Aber die Richtige ist doch nicht dabei…“, seufzte Ted und nahm seinerseits einen Schluck Bier, wobei er allerdings viel weniger euphorisch wirkte als Lily. „Geht das schon wieder los! Wie kann man nur seine Zeit damit vergeuden nach der Einzigen zu suchen? Ich meine, seriously, wenn du ALLE haben kannst?“ „Du verstehst das nicht.“ „Ich weiß!“ Seine Augenbrauen zuckten. „Liegt daran, dass es schwachsinnig ist.“ „Ach komm.“, meldete sich Marshall zu Wort. „Es ist doch schön, wenn man noch an die wahre Liebe glauben kann. Unsere Welt braucht solche Menschen, Idealisten.“ Lily warf ihm einen verträumten Blick zu, ohne ihr Bier abzusetzen. „Na schön. Ich helfe dir, aber nur, wenn du dann endlich Ruhe gibst.“ Barney stand auf. „Du willst mir helfen?“ Ted musterte ihn so irritiert, dass es schon Richtung verstört ging. „Jepp. Dazu spielen wir ein Spiel, komm mit.“ Immer noch leicht verunsichert, stand Ted auf und folgte Barney, der sich seinen Weg zur Bar bahnte. Dort stand eine hübsche, dunkelhaarige Frau, die scheinbar auf einen Drink wartete. „Lass uns die nehmen.“ „Bist du verrückt? Die kann ich doch nicht ansprechen!“ „Warum nicht?“ Er runzelte die Stirn. „Weil sie… wow ist! Und zwar richtig. Diese Frau spielt in einer ganz anderen Liga.“ „Ted, sieh mich an.“ Barney spreizte seine Finger und bedeutete Ted, ihn anzusehen. „Kannst du sie dir als die Mutter deiner Kinder vorstellen? Als deine Ehefrau? Als die Frau, mit der du dein ganzes Leben verbringen willst, bis das der Tod euch scheidet?“ „Ja…“ „Fein.“, er schubste ihn an die Bar. „Hey, kennen Sie Ted? …Und schon war er weg. Ted starrte ihm fassungslos nach und versuchte, der Frau, die ihn sicher für total bescheuert hielt, nicht in die Augen zu sehen. „Lass mich raten… Ted, oder?“ „Schätze schon.“ Jetzt tat er es doch und bereute es fast, als er merkte, wie schön sie wirklich war. Ihr Anblick von der Ferne war nichts gegen das, was er jetzt sah. Diese Frau war nicht nur wow, sie war mega-wow. Sie lächelte. „Ich bin Robin.“ „Robin… äh… hey! Möchtest du vielleicht etwas trinken?“ Oh mein Gott, ich habe sie tatsächlich gefragt. Und es war gar nicht mal so schwer. „Ich würde gerne, aber…“ Bitte kein „Aber“! „Weißt du, meine Freundin ist gerade von ihrem Freund verlassen worden und jetzt reagieren alle etwas empfindlich auf Männer.“ Sie deutete auf einen Tisch am Ende der Bar, von dem aus ihm eine Gruppe junge Frauen grimmige Blicke zuwarf. „Was dauert denn da so lange?“ Robin zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Du könntest mir einen Drink ins Gesicht schütten!“, rutschte es ihm in seiner Verzweiflung heraus. „Das fänden sie sicher toll.“ Sie musste grinsen. „Ja, wahrscheinlich schon… Du bist irgendwie süß.“, fügte sie dann schmunzelnd hinzu. „Ja, deshalb solltest du mir deine Nummer geben! Sagen wir als Entschädigung für den Drink?“ Lachend hob sie das Glas, das ihr der Barkeeper gerade überreicht hatte. „In Ordnung.“ Mit ordentlichem Schwung schüttete sie ihm das Getränk ins Gesicht. „Arschloch!“ Ted hatte gerade noch die Augen schließen können, um zu verhindern, dass der Alkohol hineinkam, doch er kam nicht umhin, von oben bis unten nass zu werden. Komischerweise machte es ihm nichts aus, im Gegenteil, er hätte vor Freude jauchzen können, als Robin so tat, als würde sie zahlen, in Wahrheit aber eine Nummer auf einen Zettel kritzelte und ihm diesen immer noch grinsend zuschob. „Gute Nacht, Ted.“ Nach diesem leisten Flüstern war sie ebenso plötzlich verschwunden, wie sie gekommen war und ließ ihn klitschnass und vollkommen ungläubig zurück. Wow. „Haha, du hast es sowas von verkackt!“ Barney klopfte ihm auf die Schultern. „Aber mach dir nichts draus, ich bin sicher, wir finden eine andere, mit der du Spaß haben kannst. Wenn ich es recht bedenke, war sie sowieso eine Nummer zu groß für dich, eine Neun sicher, vielleicht sogar eine Zehn…“ Bevor Barney weitersprechen konnte, hielt Ted ihm den Zettel vor die Nase. „Das würde ich nicht unbedingt sagen.“ Der Mann war ihr sofort aufgefallen, als er das Gebäude betreten hatte. Er war groß für einen Japaner, ein richtiger Hüne mit finsterem Blick und einer Zigarette im Mundwinkel. Anstatt sich lange umzusehen oder sich gar damit aufzuhalten, seine Zigarette auszumachen, ging er zielstrebig an dem großen „Rauchen verboten“-Schild vorbei und kam auf sie zu. „Guten Tag.“, es war ihr noch nie so schwer gefallen, sich ein Lächeln aufzuzwingen. „Dürfte ich Sie bitten, Ihre Zigarette auszumachen? Rauchen ist in diesem Bereich untersagt.“ Ihre Stimme klang nicht halb so selbstbewusst, wie sie es sich wünschte. Im Gegenteil, sie klang wieder wie das kleine Mädchen, das Angst hatte, dem Lehrer eine falsche Antwort zu geben. Einen Moment lang glaubte sie, die giftig grünen Augen würden sie durchbohren und sie könnte dem Blick keine Sekunde länger standhalten, doch dann lächelte der Mann spöttisch und drückte die Zigarette auf ihrem Tisch aus. „Natürlich.“ Den Schock immer noch verdauend, schwieg sie zunächst, dann riss sie sich jedoch zusammen und versuchte sogar, wieder zu lächeln. Bloß nichts provozieren. Lass ihn einfach machen, sollen sich doch die Sicherheitsleute mit ihm rumärgern. „Wo soll es denn hingehen, mein Herr?“ „New York. Direktflug wenn möglich.“ „Sehr gerne, ich nehme an, Sie haben nicht im vornherein online eingecheckt?“ „Würde ich sonst nach einem Flug fragen?“ Er reichte ihr seinen Pass. „Natürlich nicht, entschuldigen Sie bitte.“ Ohne aufzusehen, tippte sie hastig die erforderlichen Daten in ihren Computer und druckte schließlich ein Ticket aus. Ihre Finger zitterten, als sie ihm seine Papiere zurückgab. „Guten Flug.“ Erst als der Mann gegangen war, fiel ihr auf, dass er gar kein Gepäck bei sich gehabt hatte. „Was ist denn los?“, gähnte Barney ins Telefon. Nachdem er sich den ganzen Abend Teds Schwärmereien hatte anhören müssen, war er mehr als müde und hatte nicht einmal mehr die Muße gehabt, eine Frau abzuschleppen. „Ich rufe an, um dich zu warnen.“ Und schon beginnt der Job wieder anstrengend zu werden. „Warum denn? Taucht hier bald die Mafia auf und will, dass ich Schutzgeld zahle oder so ein Quatsch? Ich dachte, ich bin hier die große Nummer.“ Er lachte. „So ähnlich. Ein anderes Mitglied ist äußerst misstrauisch. Ich glaube, er ahnt unter Umständen etwas von Anokatas Verschwinden.“ Er setze sich ein wenig auf. Auf einmal fühlte auch er sich etwas unwohl. „Willst du damit sagen, dieser Kerl weiß wer ich bin?“ „Nein, das noch nicht zum Glück. Aber er weiß, dass etwas nicht stimmt und das ist auch alles andere als gut für uns.“ „Was schlägst du vor?“ „Halte dich bedeckt und hab auf keinen Fall Kontakt zu Fremden.“ „Klar, Mama.“, spottete er. „Das ist nicht komisch.“ „Ich weiß, mach dir keine Sorgen. Ich habe alles im Griff.“ Nachdem Vermouth aufgelegt hatte, ging er auf den Balkon und betrachtete nachdenklich die Silhouette von New Yorks nächtlicher Skyline. Obwohl er sich noch nicht so bedroht fühlte, wie Vermouth geklungen hatte, so behagte es ihm doch gar nicht, dass dieses Spiel plötzlich Ernst zu werden schien. Er hatte die Aufgabe auf sich genommen in dem Glauben, dass sie ihm keine Nachteile bieten würde, sondern er so nur Ruhm und Ansehen erreichen würde. Diese Prophezeiung hatte sich auch schon bald erfüllt, er war reich, erfolgreich, beliebt bei der Damenwelt und mittlerweile sogar mit einem richtigen Freundeskreis gesegnet, was vielleicht nicht direkt damit zusammenhing, aber trotzdem irgendwie awesome war. Das alles aufzugeben, wäre nun mehr als unschön. „Ach, was soll schon passieren.“ Lachend prostete er den düsterten Gebäuden mit einem imaginären Sektglas zu. Was soll schon passieren? Kapitel 5: Oh mein Gott! ------------------------ „Danke, stimmt so.“ Er drückte dem Taxifahrer willkürlich einen Geldschein in die Hand und stieg aus dem Wagen. Ein Blick auf sein Handy zeigte ihm, dass er 43 Anrufe verpasst hatte. 43!? Was war diese Frau, eine Stalkerin? Genervt steckte er es zurück in die Tasche und betrat das mehrstöckige Gebäude, in dem sie derzeit logierte. Die Einrichtung war spartanisch, aber modern, zielstrebig ging er auf den verchromten Aufzug zu und fuhr hinauf zum Penthouse. 43. Das muss ich mir nun wirklich nicht bieten lassen. Ist ja nicht so, dass die Welt untergehen würde, wenn ich nicht ans Telefon gehe. Gerade wollte er die Klingel verschmähen und besonders energisch an die Mahagoni-Tür klopfen, wie sie das in diesen alten Western immer taten, doch zu seiner Überraschung war die Tür nur angelehnt. Neugierig lugte er in den hellen Flur. Als er dort schemenhaft zwei Personen wahrnahm, die gerade das geräumige Wohnzimmer verließen, drückte er sich hastig an die Wand neben der Tür. Glücklicherweise konnte in dieser Position immer noch durch den schmalen Spalt linsen, was wirklich praktisch war, da von den beiden entdeckt zu werden vermutlich alles andere als angenehm gewesen wäre. Meine Neugierde zu zügeln und einfach zu gehen allerdings ebenso wenig, dachte er und musterte die beiden Personen eingängig. Vermouth, Chris oder wie auch immer sie sich gerade nannte, sah wie immer bezaubernd aus. Ein kurzes, rotes Cocktailkleid umschmeichelte ihren schlanken Körper, zu schade, dass sie achtlos einen Morgenmantel darüber geworfen hatte. Ihr grimmiger Gesichtsausdruck trug auch nicht gerade förderlich zu ihrem Äußeren bei, sodass der Eindruck etwas gemindert wurde. Die Person ihr gegenüber erschien ihm jedoch ebenfalls nicht uninteressant. Sie war groß, mindestens 1,80 m – vielleicht ein Model? – und hatte langes, wallendes hellblondes Haar. Mehr konnte er nicht erkennen, zum einen, weil sie einen schwarzen Mantel trug und zum anderen, weil sie mit dem Rücken zu ihm stand, aber er bildete sich ein, sie sei durchaus wohlproportioniert. Soll das die Gefahr sein, von der du gesprochen hast? Warum stellst du mich nicht mal vor? Er lächelte. Vielleicht sollte ich die Party doch mal crashen. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“, zischte Vermouth. „Es ist besser, wenn du jetzt gehst.“ Jetzt höre ich gleich ihre glockengleiche Stimme, freute sich Barney, als er plötzlich merkte, wie es ihn in der Nase kitzelte. Oh nein. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihm, sich in den Aufzug zu retten, wo er bei nahe einer äußerst pikiert wirkenden älteren Dame ins Gesicht nieste. Der Pekinese auf ihrem Arm knurrte ihn an. So ein Mist und ich war so dicht dran! Sie muss sie mir vorstellen, ganz gleich, wie gefährlich sie angeblich ist. Die Bad Girls sind eh die schärfsten. „Du hast sie also nicht geküsst?“ Lily und Marshall starrten Ted fassungslos an. „Wen hat er nicht geküsst?“, Barney ließ sich neben sie auf die rotgepolsterte Bank fallen und bestellte einen Scotch. Sie wegzutrinken war immer noch der beste Weg gegen Frustration. „Robin.“, antworteten sie wie aus einem Mund. „Ach, die Kleine ist noch aktuell?“ „Natürlich ist sie das.“ „… oder auch nicht.“, Ted vergrub das Gesicht in den Händen. „Wir hatten ein Date und es verlief alles super, ehrlich. Wir sind komplett auf einer Wellenlänge, es ist fast schon unheimlich. Robin ist so eine großartige Frau…“ „Komm zum Punkt.“, unterbrach Barney ihn energisch. „Okay, okay. Jedenfalls habe ich sie dann noch zu ihrer Wohnung begleitet und dann standen wir da und ich dachte, es sei noch zu früh, aber Lily und Marshall meinten, es wäre genau richtig gewesen.“ „Sie wollte, dass du sie küsst und du bist abgehauen? Autsch, selbst für dich.“ „Nein!“, Teds Stimme wurde lauter und etwas zittrig, wie immer, wenn er aufgeregt war. „So war es nicht, sie wollte nicht geküsst werden, ich kenne die Signale und sie hat sie nicht ausgesendet, sie…“ „Schon gut.“, beruhigte Marshall ihn. „Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät. Du solltest sie anrufen.“ Lily schüttelte den Kopf. „Nein, geh zu ihr. Sag ihr, es tut dir leid und du willst sie nochmal ausführen. Mach irgendwas Verrücktes, etwas total Romantisches, dann sagt sie sicher ja.“ „Natürlich, das ist die Idee!“ Er sprang auf. „Ich weiß jetzt, wie ich noch einmal eine Chance bei ihr bekommen kann.“ Beinahe stolperte er über einen Tisch, als er aus dem Lokal stürmte. „Oh je…“, seufzte Lily „Ob das mal gut geht?“ „Wir sollten ihn besser begleiten.“ Eilig folgten sie Ted. Während sie wenig später alle zusammen in einem Taxi saßen, klingelte sein Handy zum 44. Mal. Hastig hob Barney ab. „Hallo, Barney Stinson am Apparat.“ „Mein Gott, endlich erwische ich dich.“ „Ah, hey Chris. Was geht?“ Lily, die offensichtlich dachte, es handelte sich um eine seiner Eroberungen, verdrehte die Augen neben ihm. Er ignorierte es. „Was geht? Wir haben ein großes Problem. Jemand, der es auf dich abgesehen hat, ist hier. Du musst sofort verschwinden.“ Er lachte. „Wie stellst du dir das vor? So einfach geht das nicht.“ „Lass dir was einfallen, wenn du als Boss aufliegst, sind wir beide dran, das schwör ich dir.“ „Keine Sorge, ich werde schon nicht auffliegen. Ich hab alles im Griff. Ich werde diese Person treffen und sie davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist.“ „Hast du den Verstand verloren?“, fauchte sie ins Telefon. „Das wirst du schön bleiben lassen.“ „Hey, inzwischen weiß ich alles über Anokatas Geschäfte, wir werden deiner kleinen Bedrohung einfach erzählen, dass ich sein Assistent bin und jetzt, wo er krank ist, alles für ihn regle, weshalb er auch in die USA musste, um mich zu instruieren, bevor er abtauchte. Ich bin einfach ein alter Freund und ein langjähriges Mitglied…“ Er dachte nach. „Scotch, ja wohl, ich bin Scotch.“ Stille am anderen Ende der Leitung. „Tolle Idee.“, erwiderte sie schließlich trocken. „Ach komm schon. Stell uns vor, das wird alle seltsamen Vorkommnisse, die deinen Kollegen aufgefallen sein könnten, erklären.“ Sie seufzte. „Na gut, ich denk drüber nach. Aber mach keine Dummheiten!“ Grinsend legte er auf. „Natürlich nicht.“ „Anhalten!“, brüllte Ted und der Taxifahrer legte eine Vollbremsung hin. Verdattert blickten sie ihn an. „Hier wohnt Robin?“ Misstrauisch musterten sie das Restaurant, vor dem sie angehalten hatten. „Nein, nein, wartet.“ Er sprang aus dem Auto und lief in das Lokal. Der Fahrer drehte sich neugierig zu ihnen um. „Wasch ischt dem Jungen losch?“, seinem Akzent nach zu urteilen, schien er indischer Abstammung zu sein. „Isch bin Ranjit, freut mich.“ „Hallo Ranjit, ach er ist nur verliebt.“ Ihr Fahrer lachte. „Ja, wenn man verliebt ischt, macht man komische Sachen, sonst Liebe nischt echt.“ Mit einem Satz war Ted wieder im Wagen, in der Hand ein irritierend blaues Instrument, das wohl ein Horn darstellen sollte. „Schnell, geben Sie Gas!“ Gerade, als sie losfuhren, folgte ein wutschnaubender Kellner aus dem Restaurant, der sofort die Verfolgung aufnahm, jedoch aber schnell abgeschüttelt wurde. Barney hob eine Augenbraue. „Du hast das Ding geklaut?“ „Es musste sein.“ Ranjit und Lily tauschten einen vielsagenden Blick. Der nächste Halt war nun wirklich Robins Zuhause, hastig stieg Ted aus und klingelte. Oben ging ein ohrenbetäubendes Bellkonzert los, das ihn dazu veranlasste, wie ein aufgeschrecktes Huhn panisch zum Taxi zurückzulaufen. „Der ist ja völlig von der Rolle.“ Barney schüttelte den Kopf. „Ted? Bist du das?“ Um das Spektakel komplett zu machen, erschien nun auch noch Robin zusammen mit ihren Hunden, die das Bellkonzert kurz unterbrachen, am Fenster. „Was machst du hier?“ Sie lächelte leicht amüsiert. „Robin! Ich, hi, ähm…“, stotterte er. „Was ist los?“ Er hielt ihr das Horn entgegen. „Darf ich raufkommen? Ich hab auch ein Gastgeschenk dabei.“ Nun lachte sie endgültig. „Na gut, aber nur ausnahmsweise, weil du den Schlumpfpimmel dabei hast.“ Die Unbeteiligten, die alles vom Taxi aus beobachteten, tauschten fragende Blicke. „Er ischt verliebt.“, meinte Ranjit schulterzuckend. Barneys Handy klingelte zum 45. Mal. „Ich habe es mir überlegt.“ „Ach wirklich?“, Barney bemühte sich, seine überquellende Freude über diesen Triumph zu verbergen. Cool bleiben ist angesagt, da werden die Frauen schwach. Immerhin bestand ja vielleicht sogar die Chance, dass sie sich zu dritt irgendwie arrangieren würden… „Wir treffen uns in einer Stunde im Night-ART, einer neuen Kneipe. Weißt du, wo sie ist?“ „Ja, ich bin gleich da.“ Er steckte das Handy weg und zupfte seinen Anzug zurecht. „Gentleman, ich muss los.“ Bevor irgendjemand etwas erwidern konnte, hatte er ihnen schon zugezwinkert und das Taxi wesentlich eleganter als Ted verlassen. Das Night-ART hatte, wie der Name schon sagte, durchaus den Anspruch künstlerisch zu wirken. Im Gegensatz zu den meisten zweitklassigen Spelunken und Clubs, die in dieser Gegend zu finden waren, wirkte er modern und futuristisch, als würden Lichter und Farben eine völlig neue, fremde Welt erschaffen, die es zu erkunden galt. Kaum hatte er einen metallverkleideten Gang durchschritten, fand er sich in einem Raum wieder, der wirkte wie das innere eines Raumschiffs, zumindest, wenn man sich die zahlreichen abstrakten Gemälde, die die dunklen Wände zierten, wegdachte. Vermouth und die Frau saßen an einem Tisch, der leicht separiert von den anderen stand und offenbar von Gästen angemietet werden konnte, die ihre Ruhe haben wollten. Leider drehte sein neuster Hoffnungsschimmer ihm wieder den Rücken zu, sodass es ihm unmöglich war, zu sagen, wie ihr Gesicht aussah. Als Vermouth in bemerkte, stand sie auf und kam auf ihn zu. „Da bist du ja.“ Er nickte und schob sich an ihr vorbei. „Es ist mir wirklich eine Ehre, Sie endlich kennen zu lernen, die gute Vermouth hat schon so viel erzählt. Dürfte ich vielleicht Ihre Hand…“ Als sie sich umdrehte, gefror die Welt auf einen Schlag und er war sich sicher, dass sein Herzschlag einen Moment lang aussetzte, als wollte seine Pumpe sich weigern, auch nur eine Sekunde weiter zu arbeiten. Die Liebe ischt verrückt, echote es in seinen Ohren und er hatte das Bedürfnis, sich selbst ins Gesicht zu schlagen. „Oh-Mein-Gott!“ Er blickte direkt in die Augen eines Mannes mit blonden, langen Haaren, der ihn aus grünen Stielaugen finster musterte. Kapitel 6: "Mission ImBROssible" -------------------------------- Alles geschah wie in Zeitlupe. Er war sich sicher, dass ein Mann, der kurz vorm Ertrinken war oder ein Mann, auf den eine Pistolenkugel zuschoss, sich so ähnlich fühlen mussten, starr vor Schreck und umschlossen von den eisigen Fängen des erbarmungslosen Schocks, der ihnen jede Rationalität raubte. Sein Gegenüber zog fragend die Augenbrauen hoch und musterte ihn skeptisch. „Scotch?“ Ach du Scheiße. Vermouth warf ihm einen warnenden Blick zu, der keine Fragen offen ließ bezüglich dessen, was sie von ihm erwartete. Doppelte Scheiße. „Ja, genau…“ Er lachte etwas zu laut und setzte sich zu den beiden. „Sehr erfreut.“ Eine hübsche, junge Asiatin mit einem perfekten Zahnpasta-Werbespot-Lächeln kam auf sie zu. „Guten Tag, was möchten Sie bestellen?“ „Alkohol.“ Barney schluckte. „Viel Alkohol… Haben Sie Absinth da?“ Das charmante Lächeln blieb wie gemeißelt, als die Frau versprach, zu tun, was sie konnte und mit wackelndem Hintern davoneilte. Der Mann, der von Vermouth als Gin vorgestellt worden war, warf seiner Kollegin einen keineswegs freundlichen Blick zu. „Was genau mache ich eigentlich hier?“ Sie fuhr sich zum gefühlt hundertsten Mal durch die langen, blonden Haare, die dadurch bereits ein vollkommen zerzaustes und etwas klägliches Bild abgaben, was wohl auch zu ihrer Gefühlswelt passte. Sie seufzte. „Ich habe das auch erst kürzlich erfahren, ich wusste zwar, dass Anokata etwas kränklich ist, aber anscheinend ist seine Verfassung nun sehr viel schlechter geworden, sodass er einen Sprecher braucht…“ „Willst du mich verarschen?“ Er zeigte auf Barney, der gerade sehnsüchtig in Richtung Bar blickte, in der Hoffnung bald etwas serviert zu bekommen, das seine Sinne lähmen würde. „Anokata weiß, was er tut.“, zischte sie scharf und trank einen Schluck von ihrem Wasser. Ganz im Gegensatz zu Barney schien ihr der Sinn keineswegs nach etwas Härterem zu stehen. Vielleicht wollte sie auch nur einen klaren Kopf bewahren – das war sicher noch besser, als bald gar keinen Kopf mehr zu haben. Nachdem sie sich geräuspert hatte, sprach sie mit etwas kräftigerer Stimme weiter. „Scotch entstammt einer Spezialeinheit, die Anokata zu seinem persönlichen Schutz rekrutiert hat. Bislang hat er sie aus Sicherheitsgründen geheim gehalten, immerhin wäre es doch dumm, einen Feind im Vornherein zu alarmieren?“ Die Skepsis war immer noch nicht vollkommen aus Gins Gesicht gewichen. „Wieso braucht jemand, der sich nicht einmal hochrangigen Mitgliedern blicken lässt eine Leibgarde? Nicht einmal ich kenne ihn persönlich!“ „Nun ja…“ „Weißt du, er ist einfach sehr vorsichtig, Bro. Wie soll den unsereins das durchschauen, was die großen Köpfe dieser Zeit denken? Anok… der Boss weiß genau, was er tut, er denkt alle Möglichkeiten durch und hat alles im Blick.“ Er deutete mit zwei Fingern erst auf seine Augen und ließ sie dann zum sichtlich genervten Gin wandern. „Er beobachtet seine Feinde genau und du machst dich gerade ziemlich verdächtig, so genau, wie du nachfragst, mein Freund.“ Vermouth verschluckte sich an ihrem Wasser und wandte sich hustend ab, was sie aber nicht davon abhielt Barney noch einmal einen absolut tödlichen Blick zuzuwerfen. Vollidiot. „Bro? Freund? Jetzt hör mir mal zu.“, knurrte er, während seine Augen nukleare Funken sprühten. „Ich bin weder dein Bro, noch dein Freund und ich bin mir verdammt sicher, dass Anokata das auch nicht ist. Momentan kannst du dich sicher fühlen, aber…“, er lachte verächtlich und drückte die Zigarette, die er bis eben geraucht hatte, betont langsam im gläsernen Aschenbecher aus. „… aber lass dir lieber Augen in den Nacken tätowieren, denn ich werde dich beobachten und wenn ich merke, dass irgendwas nicht stimmt, dann bist du schneller tot, als du „B-R-O“ sagen kannst!“ Wütend stand er auf, wobei er sein langes Haar etwas unmännlich zurückwarf, doch Barney sparte sich einen Kommentar. Obwohl ihn normalerweise nichts aus der Ruhe bringen konnte, war er sich doch darüber im Klaren, dass eine Morddrohung von einem Hünen mit einer Knarre im Gürtel kein Grund zur Freude war. Als der schwarze Riese durch die Tür gerauscht war, hatte sich auch die verzweifelte Blondine neben Barney wieder gesammelt und schlug ihm kurzerhand mit der flachen Hand auf den Arm. „Aua!“ Beleidigt rieb er sich die Stelle. „Was in aller Welt ist in dich gefahren? Du hast gesagt, du wolltest ihn davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist, ihn nicht gegen dich aufbringen!“ Endlich kam die junge Kellnerin zurück und stellte ein winziges Glas Absinth vor ihm ab. „Sie sollten das besser langsam trinken, es haut ordentlich rein.“ Sie zwinkerte ihm zu und stöckelte erneut davon. Na Gott sei Dank. Doch gerade, als er danach greifen wollte, nahm ihm Vermouth das Glas weg und leerte es selbst. „Hey!“ „Ich glaube, ich brauche das jetzt dringender.“ „ICH habe gerade eine Morddrohung bekommen, was hast du für ne Ausrede?“ Langsam nervte diese Frau ihn wirklich. Was bildete sie sich eigentlich ein, ihn ständig zu kritisieren? Schließlich war er doch dieser Anokata, wegen dem alle so ein lächerliches Tänzchen aufführten? „ICH darf jetzt irgendwie deinen Hintern retten, reicht dir das? Oder hast du etwa einen Plan? Wenn nicht, dann stecken wir nämlich richtig in der Tinte, Gin wird nicht locker lassen, bis er dafür gesorgt hat, dass wir beide unter der Erde liegen.“ Na hoffentlich nicht zusammen, sonst muss ich mir das bis in alle Ewigkeit anhören. „Beruhig dich.“ Er mühte sich ein Lächeln ab. „Bald schon wird dein Freund lammfromm sein, keine Sorge, ich habe auch schon einen Plan.“ „Dann hoffen wir mal, dass er gut ist.“, fauchte sie, knallte als theatralische Untermalung ihrer Worte das Glas auf dem Tisch und stürmte aus dem Lokal. Okay, wunderbar, jetzt brauche ich nur noch einen Plan. „Ich liebe dich? Echt jetzt?“ Sie hatten sich alle am gewohnten Tisch im MacLaren’s Pub versammelt und straften Ted erneut mit einer Mischung aus Unglauben und Entsetzen in der Stimme. „Du hast „Ich liebe dich“ gesagt? Beim ersten Date?“ „Eigentlich war es das zweite.“, Ted schluckte und blickte betreten auf sein noch unberührtes Bier. „Und das macht es irgendwie besser?“ „Jetzt lass ihn doch mal in Ruhe.“ Marshall legte einen Arm um Teds Schulter. „Das wird schon, Kumpel.“ „Aber ich bin sein bester Freund, ich muss ihn doch auf seine Fehler aufmerksam machen, von alleine klappt das ja anscheinend nicht.“ „Marshall ist mein bester Freund.“, knurrte Ted und nahm nun doch einen Schluck Bier zu sich. „Siehst du, was ich meine?“ Marshall setzte zu einer Erwiderung an, doch Lily warf ihm einen warnenden Blick zu, der ihn schlagartig verstummen ließ. Sie griff nach Teds Hand und strich sanft darüber. „Hey, mach dir keinen Kopf, das wird schon. Ich bin mir sicher, du siehst diese blöde Ziege eh nie wieder, sie war ohnehin nicht dein Typ, ich meine…“ „Äh… Lily…“, Ted rollte mit den Augen und zuckte beinahe unmerklich mit seinem Bierglas, als hätte er einen nervösen Tick. Sein Gesicht wirkte dabei zunehmend blasser. „Was ist denn...?“ Barney gab ihr wesentlich deutlicher als Ted mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie sich umdrehen sollte. „Oh.“ „Hey.“ Robins Lächeln war etwas unsicherer als sonst, ob nun aufgrund der angespannten Atmosphäre oder Lilys unbedachter Beleidigung, ließ sich nicht genau sagen, aber dafür war es umso unverkennbar, wie unwohl sie sich fühlte. Nervös knetete sie die kleine Tasche, die sie in der Hand hielt und versuchte, Ted nicht anzusehen. „Können wir reden?“ „Hättet ihr das nicht schon gestern tun sollen?“, spottete Barney, worauf Lily ihm einen Ellenbogen in die Rippen rammte. „Ja… ich war etwas…“ „Schon gut, lass uns nach draußen gehen.“ Ted stand auf und begleitete die schon wieder ein wenig selbstbewusster wirkende Robin vor die Tür. Offenbar erleichterte sie der Gedanke, den vorangegangenen durchaus etwas missglückten Abend noch einmal aufzubereiten, etwas, das Barney beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte. Wer isst schon gern Reste vom Vortag? Dennoch kam er nicht umhin zuzugeben, dass diese Frau etwas hatte. Sie war nicht nur hübsch, nein, sie hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, die eigentlich viel zu schade für Ted war. Sie machte den Eindruck einer Frau, die genau wusste, was sie wollte und mit allen Wassern gewaschen war, sogar im… Nein, sie war mit Ted zusammen, somit ist sie tabu. Du wirst doch nicht auf deine alten Tage den Bro-Code hinterfragen? , witzelte er in Gedanken nicht ohne Bedauern und wartete gespannt auf das, was er über das Fiasko hören würde, dass sich mit ziemlicher Sicherheit gerade abspielte. „Was macht sie denn immer noch hier?“ Ted warf ihm einen bösen Blick zu. „Sie heißt Robin und steht neben mir, weshalb du vielleicht mit ihr selbst sprechen solltest, aber da du schon mal fragst, wir haben geredet und uns entschieden, dass wir zusammen sein wollen, aber nicht so.“ „Und was heißt das? Sex-Freunde?“ Barney grinste selbstgefällig. Jaaaackpot. „N-nein, nein, wirklich nicht.“ Ted hob abwehrend die Hände. „Wir sind einfach nur Freunde, wie wir, ich dachte, Robin könnte in nächster Zeit vielleicht ein bisschen mit uns abhängen.“ „Klar, das ist ne gute Idee.“, sagte Lily, die sichtlich zerknirscht war und es geschickt vermied Robin in die Augen zu sehen. Marshall lächelte ihr zu. „Teds Freunde sind auch meine Freunde.“ „Klar, tolle Idee.“ Barney stand auf und drückte Robin behutsam auf seinen Platz. „Probier das Bier hier, das ist klasse.“, lachte er augenzwinkernd, bevor er Ted packte und ihn sehr viel weniger behutsam wegzerrte. „Von Liebespaar zu Freunde? Geht’s noch armseliger? Wie soll das überhaupt funktionieren? Alles, was du danach noch mit ihr machen kannst, ist verzweifelter Verlass-Mich-Nicht-Sex, aber alles andere ist wirklich zu verzweifelt.“ „Barney…“ „Schlaf mit ihr und vergiss sie!“ „Das werde ich nicht tun! Ich mag Robin wirklich, zwar ist nicht alles so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe, aber das heißt nicht, dass ich sie aus meinem Leben verbannen muss. Robin ist vielleicht einfach nicht die Eine, aber das heißt nicht, dass sie keine gute Freundin werden kann.“ „Man macht keine Betthäschen zu Freunden, da könnte man ja gleich seinen Erzfeind zum Bro machen, das ist einfach lächerlich.“ „Ist es das?“ Ted kniff die Augen zusammen und wirkte, als wollte er noch etwas erwidern, ließ es dann aber bleiben und entspannte sich sichtlich. „Barney, hör zu, ich werde meine Meinung wegen Robin nicht ändern. Entweder du arrangierst dich damit oder du lässt es bleiben, aber ich werde nicht mit dir darüber diskutieren.“ Kopfschüttelnd wandte er sich ab und ging zurück zum Tisch, wo die anderen mittlerweile in ein angeregtes Gespräch vertieft waren. Barney fiel auf, dass Robin wieder genauso strahlte, wie in dem Augenblick, als sie sie das erste Mal gesehen hatten. Sie wirkte glücklich und zufrieden, nicht wie eine Außenseiterin, nein, wie ein Teil der Gruppe, fast so, als hätte sie immer dort gesessen. Als wäre es so bestimmt, dass sie dort sitzt. Hatte Ted am Ende Recht? Gab es einen Weg zurück? Konnte man ausrangierte Geliebte zu Freunden machen? Konnte man aus Feinden wirklich Bros machen? Aus Feinden Bros… „Oh mein Gott, das ist es!“, rief er begeistert. „Wie konnte ich so dumm sein?“ Ein besoffener Typ, der neben ihm an der Bar lehnte, glotzte ihn irritiert an. „Häh?“ „Ach vergiss es.“ Noch während er aus der Bar stürmte, griff er nach seinem Handy und wählte Vermouths Nummer. Dass ich da noch nicht früher darauf gekommen bin, ich muss ihn einfach zu meinem Bro machen. Wenn ich ihn erstmal dazu kriege, mit mir abzuhängen, kommt sicher alles von ganz allein, das ist der ultimative Plan! Kapitel 7: Batman und Robin --------------------------- „Nein!“ „Jetzt hör mir doch erstmal zu.“ Die grünen Augen verengten sich, wie sie es immer zu tun schienen, wenn ihr Besitzer langsam die Geduld verlor. Barney schluckte. „Hör du zu, Scotch.“, sagte er mit gefährlich ruhiger Stimme, wobei er sich Mühe gab, das letzte Wort besonders abschätzig zu betonen. „Ich habe keine Ahnung, wie du mich gefunden hast, auch wenn ich mal stark vermute, dass Vermouth ihre Finger im Spiel hat. Wie auch immer, ich weiß nicht, was sie dir für ein Bild von unserer Organisation vermittelt hat, aber wir beide haben gar nichts, ich wiederhole, gar nichts miteinander zu tun.“ „Naja, wir sind immerhin in der gleichen Organisation, also könnten wir vielleicht von Kollegen…“ „Nein.“, würgte er ihn erneut ab, während sein Blick noch etwas gefährlicher wurde. Es hätte Barney nicht gewundert, wenn sich seine Pupillen verschmälert hätten und er auf einmal in die Auge einer wütenden Schlage geblickt hätte, die ihn zu ihrer Beute auserkoren hatte. Glücklicherweise geschah nichts dergleichen. „Ich habe keine Ahnung wie du in die Organisation gekommen bist, aber ich verspreche dir, dass du nicht mehr sehr lange bleiben wirst. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich herausfinde, was wirklich mit Anokata passiert ist.“ Barney fühlte, wie ihm ein Schweißtropfen über die Stirn rann, hastig wischte er ihn ab und versuchte, die plötzliche Trockenheit in seiner Kehle mit einem Drink hinunterzuspülen. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß… oder? Vermutlich war es wirklich eine dumme Idee gewesen, herzukommen, das hatte ihm Vermouth zumindest mehrmals versichert. Letzten Endes hatte sie aber wohl beschlossen, dass es wichtigere Dinge gab, als Dummköpfe davon abzuhalten, ihren Galgenstrick zu drehen und hatte aufgelegt. Aber jetzt war er schon einmal hier und sicher nicht gewillt, diese Chance verstreichen zu lassen, nicht, nachdem er sich den ultimativen Plan zurechtgelegt hatte – es wurde Zeit, dass er dieser Blondine zeigte, wo es lang ging. Pardon, wohl eher diesen Blondinen. „Jaah, das wirst du sicher.“ Er lächelte etwas gequält. „Aber komm schon, jetzt bin ich schon mal da. Wollen wir nicht wenigstens einen Drink zusammen nehmen?“ Er machte eine ausladende Geste. „Uns nach ein paar Ladys umsehen? Komm schon, was zwei Junggesellen eben so machen.“ Da er sich ohnehin schon dazu herabgelassen hatte, zu betteln, war Barney sich nun auch nicht zu schade, seinen treusten Hundeblick aufzusetzen. Bei Frauen funktionierte sein Repertoire an reumütigen bis verführerischen Gesichtsausdrücken immerhin einwandfrei. Leider schienen die Haare aber keine Hommage an eine gut behütete feminine Seite zu sein, denn Gin stand wortlos auf und schob sich an ihm vorbei. Barney überlegte kurz, ob er ihm folgen sollte, aber Gin, der seinen Gedanken selbst ohne Augenkontakt zu erahnen schien, zog unauffällig seine Waffe ein Stück weit aus der Jackentasche, sodass sie für ihn gut sichtbar war. Okay, vielleicht auch nicht. „Einen Gin bitte.“, sagte er wenig später grinsend zu einem mürrischen Barmann und dachte hämisch, dass es diesem goldgelockten Riesen sicher gar nicht gefallen hätte. Auch erschien es ihm herrlich symbolisch, beinahe einer Kriegserklärung gleich, da er keineswegs vorhatte, aufzugeben. Gin war wie eine Frau, die man rumkriegen musste, ein besonders hartnäckiges Exemplar, bei dem es sich lohnte, es zu jagen, denn der Preis war die Sache zweifellos wert. Und diese Jagd ist mein Spezialgebiet. Immer noch gedankenverloren nippte er an seinem Gin. Am besten er fragte Vermouth noch einmal nach ihm, auch wenn die beiden sich nicht ganz grün zu sein schienen, so kannten sie sich doch und womöglich wusste sie, wie man am ehesten Zugang zu ihm fand. Nur so würde er ihm schließlich beweisen können, dass an der ganzen Sache nichts faul war und somit auch ihre Haut retten. „Barney?“ Überrascht drehte er sich um. Er war sich sicher, diese Stimme schon einmal gehört zu haben, konnte sie aber nicht recht zuordnen und befürchtete schon eine Ex-Geliebte vor sich zu sehen, die vermutlich nur darauf wartete, den Inhalt ihres Drinks in sein Gesicht zu entleeren. Als sich ihre Blicke trafen, wusste er nicht, ob er erleichtert oder verblüfft sein sollte, er erkannte die hübsche junge Frau mit den dunkelbraunen Haaren sofort wieder. Heute bleibt mein Gesicht wohl trocken. „Robin, oder?“ Er rutschte einen Hocker weiter, sodass sie sich setzen konnte. Mit gut durch ein Lächeln verborgener Unsicherheit strich sie sich eine lose Strähne aus der Stirn. „Ja genau, Teds… Ex-Freundin.“ Offenbar war sie sich nicht ganz sicher, wie sie sich nun am besten vorstellen sollte. „Was führt dich denn hierher?“ Er nahm erneut einen Schluck von seinem Gin und musterte sie neugierig. „Ist nicht gerade eine glamouröse Ecke hier.“ Tatsächlich war das noch eine sehr gnädige Beschreibung der heruntergekommenen Bar, in der sie sich befanden. Die Decke war so voller Spinnweben, dass Barney seinen Drink zur Sicherheit noch einmal auf Staub und Krabbeltiere untersucht hatte und auch die Hocker knarzten bedrohlich. Nachdem sie sich auch etwas zu trinken bestellt hatte, wandte sie sich wieder ihm zu, das Gesicht schon deutlich entspannter – sie war wahrlich kein kleines Mäuschen, das an solch zwielichtigen Orten die Nerven verlor. „Naja, wir haben in der Nähe einen Außenbericht gedreht und ich wollte nach der Arbeit was trinken gehen. Als ich dann schon mal hier war, dachte ich mir, was soll‘s, vielleicht täuscht der erste Eindruck ja.“ „Du hast gedreht? Bist du Schauspielerin oder so?“ Sofort spielte sein Kopf alle möglichen Bilder von ihr in heißen Kostümen ab und Barney fragte sich unwillkürlich, was Ted wirklich zu seinem überstürzten Ich liebe dich bewogen hatte. „Einen Außenbericht.“ Sie hob skeptisch die Augenbrauen, als wüsste sie ganz genau, was er gerade gedacht hatte. „Ich bin Fernsehmoderatorin.“ „Oh, wow.“ Er lächelte zerknirscht. „Und wo? Bei CNN?“ Sein Grinsen erholte sich wieder etwas. „Nicht ganz.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Momentan arbeite ich bei Metro News 1.“ „Oh… jaah… wow.“ Was in aller Welt ist das denn bitte? Aber gut, selbst wenn sie nur vor circa 3 Leuten moderiert – denn bekannter kann dieser seltsame Sender wohl kaum sein – ist sie trotzdem noch scharf. Er wusste natürlich, dass sein eigener Bro-Code sie tabu machte, da dieser besagte, dass die Ex-Freundinnen seiner Bros verbotene Früchte waren, aber bei ihr fühlte er zum ersten Mal einen kleinen Stich, wenn er daran dachte. So ein Mist, hätte ich sie doch zuerst angesprochen. Aber Regeln waren nun einmal Regeln und er wusste, dass sein ganzer Code seine Glaubwürdigkeit verlieren würde, wenn er sie brach. Etwas, das er um jeden Preis verhindern musste. Einige Augenblicke lang herrschte verlegenes Schweigen zwischen ihnen, dann ergriff Robin auf einmal das Wort. „Guck mal die Kleine dahinten an. Die ist doch süß, oder?“ Irritiert folgte er ihrem Blick und sah eine hübsche Rothaarige an einem kleinen Tisch gar nicht weit von ihnen sitzen und in einer Zeitschrift blättern. Sie wirkte irgendwie fehl am Platz, als wäre sie von einem netten kleinen Café in diese Bar gezaubert worden und hätte den Irrtum noch nicht bemerkt. Überrascht wandte er sich wieder Robin zu. „Bist du…?“ Sie lachte. „Oh Gott, nein. Ich dachte da eher an dich, oder stehst du nicht auf Rothaarige?“ „Also bitte. Ich gehe nach Kriterien wie Alter oder Oberweite, nicht nach so etwas Oberflächlichem wie Haarfarben.“ Immer noch verdattert über sein plötzliches Glück zupfte er seine Krawatte zurecht, leerte seinen Gin in einem Zug und setzte sich in Bewegung, allerdings nicht, ohne seiner Sitznachbarin ein lautloses Danke ins Ohr zu Hauchen. Wenig später saß er wieder am Tresen, das Gesicht tropfend nass, während Robin verzweifelt versuchte, immer wieder aufkeimende Lachanfälle zu unterdrücken. So viel zu, mein Gesicht bleibt trocken. „Normalerweise endet das nicht so.“, murmelte er und war ihr einen etwas beleidigten Blick zu. Sie lächelte versöhnlich. „Ach komm, Schwamm drüber. Ich fand deine Anmache eigentlich richtig witzig, sie hatte wohl einfach keinen Humor.“ Sie hob ihre Haare in die Höhe, um den Pferdeschwanz der Rothaarigen anzudeuten und zog einen übertriebenen Flunsch. Nun war es an Barney zu lachen. „Du bist echt in Ordnung. Wie kommt es eigentlich, dass du mal eben den Wing-Man für mich spielst?“ „Ach, das ist etwas kompliziert. Ich bin nicht gerade typisch mädchenhaft, wie dir sicher schon aufgefallen ist.“ „Machst du Witze? Ted ist ja mehr Mädchen als du.“ Sie runzelte die Stirn. „So war das nicht gemeint.“, fuhr er hastig fort. „Du bist eine wirklich atemberaubende Frau, ich meine wow. Was ich sagen wollte, war nur, dass Ted weniger Kerl ist als du, also eher mehr…“ „Du meinst, ich bin cooler?“ Er nickte hilflos. Fast erwartete er, dass sie ihn gleich schlagen würde oder er erneut einen Drink ins Gesicht bekam, doch stattdessen lächelte sie nur. „Da muss ich dir zustimmen, ich bin schon ziemlich cool.“ Als sie aus der Bar traten, stellten sie überrascht fest, dass es schon dunkel war, sie mussten Stunden in dieser schrecklichen Spielunke verbracht haben – und hatten sich dabei auch noch köstlich amüsiert. Etwas unschlüssig blieben sie stehen und blickten einen Moment lang auf die immer noch dicht befahrende Straße, die sich mit ihren Lichtern in den dunklen Schaufenstern der gegenüberliegenden Straßenseite spiegelte. „Wir sind eigentlich echt ein gutes Team, oder? Wie Batman und Robin oder so, klingt doch nicht schlecht, oder? Lust öfter mal abzuhängen?“ Er lachte laut über seinen eigenen Witz, irgendwie gefiel ihm der Vergleich sehr. Als sie ihn daraufhin anlächelte, spürte er auf einmal ein merkwürdiges Gefühl im Magen, das er nicht ganz benennen konnte. Es war gleichzeitig zerrend und irgendwie einengend, aber durchaus nicht unangenehm, eher so wie der Drang nach einem üppigen Abendessen noch etwas Süßes oder einen Schluck Wein zu genießen. „Klar.“ Ihr Blick wanderte zu den schwarzen Wolken über ihnen, die ein düsteres Grollen verlauten ließen, als wollten sie ihre Pläne schon jetzt verurteilen. „Jetzt sollte ich aber lieber los, bevor der Himmel seine Schleusen bricht. War nett, dich mal näher kennengelernt zu haben.“ Als sie davoneilte und der Regen langsam auf sie hinunterzuprasseln begann wie ein sehr unrhythmisches Klavierstück, blickte ihr noch lange nach und fragte sich unwillkürlich, was für Geheimnisse wohl noch in dieser außergewöhnlichen Frau steckten. Während er sich bedächtig in Bewegung setzte, um ihr in Richtung des Taxistandes zu folgen, schienen seine Pläne zu Gin plötzlich in weite Ferne gerückt zu sein. Kapitel 8: Robin Undercover --------------------------- „Hey, das ist echt schräg.“ „Was ist schräg?“ Barney starrte irritiert auf sein Handy. Eigentlich hatte er sich darauf gefreut, sich zur Abwechslung einmal einen ruhigen Abend zu machen, um etwas Bier und vor allem neue Ideen zu tanken, wenn man die beachtliche Sammlung an neuen Schmutzfilmchen bedachte, die er genüsslich vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Er hatte höchstens einmal mit dem Gedanken gespielt, Vermouth anzurufen, um sie auf seine Party einzuladen, obwohl ihm inzwischen natürlich klar war, dass sie vollkommen irre war. Das letzte, womit er gerechnet hatte, war ein Anruf von Robin gewesen. Er konnte selbst nicht sagen, warum, aber aus unerfindlichen Gründen freute er sich sogar ein bisschen darüber. „Was ist schräg?“, wiederholte er seine Frage, da sie nicht geantwortet hatte. „Ach, ich bin nur gerade im MacLaren’s, da ich mich eigentlich mit Lily treffen wollte, aber sie und Marshall scheinen zu beschäftigt zu sein…“ Sie räusperte sich, Barney glaubte beinahe, ein schelmisches Lächeln herauszuhören. „Wie auch immer, hier sitzt ein echt schräger Typ, den müsstest du sehen.“ Plötzlich wurde er hellhörig. „Wie schräg? Wie sieht er aus? Los, beschreib ihn mir!“ „Seit wann bist du denn auch an Kerlen interessiert?“, spottete sie. „Bin ich nicht, nun mach schon!“ Robin seufzte am anderen Ende der Leitung theatralisch, konnte aber nicht verbergen, dass sie immer noch amüsiert über den mysteriösen Mann und seine Reaktion auf ihn war. „Also schön, ich glaube er ist Asiate, aber Gott, ist der groß, mindestens zwei Meter oder so und lange Haare wie eine Frau.“, sie kicherte. „Ich überlege die ganze Zeit, ob das ein Rockstar oder ein Schauspieler ist, aber mir fällt niemand ein. Verrückt ist auch, dass eine ziemlich scharfe Blondine bei ihm sitzt, keine Ahnung, wie sich so ein Typ so eine angeln kann…“ Asiate. Lange Haare. Heiße Blondine. Verdammt. „Robin, was machen die beiden gerade?“ „Naja, sie reden und trinken etwas, was sollten sie sonst in einer Bar tun?“, entgegnete sie verdutzt. Einen Moment lang fragte sich Barney, ob Robin das Ganze vielleicht nur als Vorwand benutzt hatte, ihn anzurufen, doch er schüttelte den Gedanken hastig ab. Das war wirklich zu albern. Und dennoch ist es ein Geschenk des Himmels. „Kannst du dich unauffällig in die Nähe der beiden setzen? Ich möchte wissen, worüber sie reden.“ Er wusste nicht, ob es klug war, Robin auf zwei Schwerverbrecher anzusetzen, aber andererseits machte es Batman ja nicht anders und bei ihm funktionierte das meistens ziemlich gut. „Ohhkay.“, sagte Robin langgezogen, während sie, wie er anhand der Geräusche zu hören glaubte, quer durch das Lokal ging und sich setzte. „Wie geht es dir heute denn so?“ „Mit mir ist alles in Ordnung, ich kenne die beiden nur.“ Sie wirkte sichtlich überrascht. „Tatsächlich? Bei der Blonden könnte ich das noch verstehen, aber bei dem Kerl…“ „Wir sind sowas wie Bros.“, sagte Barney selbstzufrieden, wohlwissend, dass Gin ihn für diesen Satz getötet hätte. „Und warum sprichst du dann nicht einfach selbst mit ihn?“ „Nein, warte! Okay, wir sind eher Fast-Bros.“ „Was denn nun?“ War der Robin in den Comics auch immer so lästig neugierig gewesen? Vermutlich nicht. „Ich möchte erst mal, dass du leiser sprichst, Teufel, die hören sicher jedes Wort. Ich werde dir später alles erklären, aber jetzt hör den beiden bitte zu und merk dir genau, was sie sagen, es ist wichtig.“ „In Ordnung.“ Robin schien seine Aufregung zu spüren, denn sie klang verdächtig nach einem Kind, das gerade seine Spionage-Brille aus dem Micky-Maus-Heft ausprobierte. Gin blickte Vermouth grimmig an, die sich gerade scheinbar unendlich langsam eine Zigarette ansteckte. Seine eigenen waren alle. Das war nicht das einzige, was ihn nervte, vermutlich wurde er alt, aber er begann zunehmend, überfüllte Bars zu hassen. Vielleicht lag es aber nur an den Leuten hier, zumindest hatte er gute Lust, der lauthals telefonierenden Frau am Nachbartisch den Hals umzudrehen. „Was willst du?“, fragte sie und blies den Rauch in die Luft, wo die Schwaden asynchron zur lauten Musik zu tanzen begannen. „Es geht um sie.“, sagte er und warf ihr dabei einen durchdringenden Blick zu. „Es könnte sein, dass sie in die USA zurückgekehrt ist, immerhin ist sie hier aufgewachsen und glaubt vielleicht, es wäre leichter, sich hier vor uns zu verstecken.“ Sie hob die Augenbrauen. „Oh, ich verstehe, dann bist du also nicht nur hierhergekommen, um mir nachzuspionieren?“ Seine Augen verengten sich. „Im Gegensatz zu lege ich Wert darauf, meine Pflichten der Organisation gegenüber zu erfüllen. Außerdem hasse ich Verräter, wie du weißt.“ Sie schmunzelte. „Ist das der einzige Grund, warum Sherry sterben muss?“ Er ignorierte ihre Frage und fuhr unbeirrt fort, wobei weder ihm noch Vermouth auffiel, dass die Brünette, die einen Tisch weitersaß, sich neugierig zu ihnen herüberlehnte. „Es ist noch nicht klar, ob sie tatsächlich stirbt, ihre Forschungsarbeit ist durchaus relevant für uns. Mein Auftrag lautet erst einmal sie zurückzubekommen, wobei ich natürlich nicht versprechen kann, dass sich nicht zufällig eine Kugel löst.“ Er grinste böse und trank einen Schluck von seinem Drink, um das schmerzende Verlangen nach einer Zigarette im Zaum zu halten. „So viel zu den Pflichten der Organisation gegenüber.“ „Sie hat es nicht anders verdient, sie hat uns verraten.“ „Schon gut, schon gut.“ Sie hob beschwichtigend die Hände, nachdem Gin sich ein Stück aufgerichtet und sie hasserfüllt angefunkelt hatte. „Ich weiß ja, dass ihr eine sehr spezielle Beziehung habt. Ich werde mich jedenfalls umhören und ein paar Kontakte spielen lassen, wenn Shiho Miyano in den USA ist, finden wir sie.“ Gin lehnte sich etwas zufriedener, aber immer noch sichtlich angespannt zurück. „Dann hoffen wir mal, dass du dein Wort halten kannst. Aber vergiss nicht, wenn wir sie finden, dann gehört sie mir.“ Er leerte sein Glas in einem Zug. „Barney Stinson am Apparat“ „Barney, ich klingle seit zehn Minuten, lass mich gefälligst rein.“ „Oh Robin, du bist es, tut mir leid, ich dachte, es sei Ted.“ Oder Schlimmeres. Eilig packte er seine Pornosammlung weg und öffnete die Tür. Robin verschränkte die Arme und stolzierte an ihm vorbei. „Erstens: Hast du nicht so ein Kamera-Dingsbums? Zweitens: Was hast du für ein Problem mit Ted? Und drittens: Mit was für seltsamen Leuten hast du bitte zu tun?“ „Erst mal hallo, Robin, möchtest du vielleicht ein Bier?“ Ohne eine Antwort nahm sie es ihm aus der Hand und kippte einen großen Schluck. „Cheers.“, meinte er trocken und führte sie zur Couch, von der er hastig noch ein paar Erdnussflips und eine DVD mit dem Titel „heißer Ritt durch Mexiko“ wischte. „Um deine Fragen zu beantworten, ja, ich habe so etwas, aber manchmal ist mir eben nicht danach hindurchzusehen und eine hässlich verzerrte Visage zu erblicken und Ted… möchte ich gerade eben nicht sehen.“ Er trank selbst von seinem Bier. „Du hast den unheimlichen Hünen erwartet, oder?“ „Jup.“, schluckte Barney. „Also gut.“, seufzte sie. „Ich hab das Gespräch der beiden belauscht und es war echt schräg, sind die von der Mafia oder so?“ „So ähnlich.“ Sie runzelte die Stirn. „Fantastisch. Naja, jedenfalls scheinen sie jemanden zu suchen, beziehungsweise der Mann scheint ganz versessen darauf zu sein, diese Person zu finden.“ Barney spitzte die Ohren. War das seine Chance endlich an ihn heranzukommen? „Hast du mitbekommen, wen sie suchen?“ „Nun, anscheinend eine Frau, Japanerin nehme ich an, sie ist aber in den USA aufgewachsen. Sie nannten sie Shiho Miyano oder Sherry, ein seltsamer Spitzname, vielleicht war sie Alkoholikerin.“ Toll, noch so eine Irre also. „Ja, wahrscheinlich. Genau deshalb müssen wir sie finden und sie beschützen.“ Sie musterte ihn nachdenklich und etwas besorgt. „Vor diesen Leuten?“ „Äh, ja, das sind alles Alkoholiker, eine Sekte um genau zu sein. Sie wollen sie dazu zwingen noch mehr Alkohol zu trinken um äh… die Erleuchtung, genau, die Erleuchtung und so zu kriegen, Asiaten halt.“ Er lachte auf. Robin schien wenig überzeugt. „Du willst sie also finden, um sie vor einer Sekte zu retten, die Alkohol trinkt, um die Erleuchtung zu erlangen und sich auch danach benennt.“ „Jo.“ Er setzte zu einem weiteren Schluck an, um sich zu beruhigen, doch Robin nahm ihm die Flasche weg. „Ich denke, du hattest genug.“ „Ach komm schon, Robin.“ Er wusste, dass er klang wie ein bettelndes Kind, doch das war ihm egal. „Vertrau mir, es ist alles nicht so kompliziert und seltsam, wie du denkst, wir müssen nur das Mädchen finden.“ „Oh, das ist kompliziert und seltsam, glaub mir.“ Er warf ihr einen treuherzigen Blick zu. „Bitte hilf mir.“ Sie seufzte, diesmal noch gequälter. „Na schön, diese Typen scheinen ja wirklich nichts Gutes im Sinn zu haben.“ Natürlich hätte Barney jetzt anmerken können, dass sein eigener Plan keineswegs so heroisch war, wie er es ihr erläutert hatte, im Gegenteil, über das Mädchen würde es ihm sicher gelingen an Gin heranzukommen, vielleicht würde er sie vorher einmal kurz flachlegen, wenn sie einigermaßen hübsch war, aber dann würde sie ihm gehören und er würde zum Dank sein Bro werden, so wie es von Anfang an geplant war. Leider würde Robin diesen genialen Plan nicht zu schätzen wissen, vermutlich würde sie eher ihn an Gin abliefern, als irgendein scheinbar unschuldiges Mädchen. Aber deshalb ist sie eben Robin und nicht Batman, dachte er selbstzufrieden. Außerdem, wie unschuldig kann ein Mädchen schon sein, das mal bei denen mitgemacht hat? „Na dann gehe ich mal.“, sagte Robin und wandte sich zum Gehen, doch Barney musste plötzlich daran denken, wie er gern er ihre Stimmer früher am Abend gehört hatte und hielt sie am Arm fest. „Hey, bleib doch noch ein wenig, wenn du schon mal da bist. Wir könnten einen Film gucken.“ Sie musterte ihn skeptisch. „Was zum Beispiel?“ Er schielte wieder in Richtung „Ritt durch Mexiko“, verwarf den Gedanken aber wieder. „Wir könnten auch ein Brettspiel spielen?“ Ihre Augenbrauen schnellten in die Höhe. „Was, wieder Schiffe versenken?“ Er schnaubte. „Ach komm, jeder, wirklich jeder weiß, wofür das steht, deine Reaktion war vollkommen übertrieben. Aber nein, ich dachte eher an Mensch-ärgere-dich-nicht oder so.“ Er lächelte schief. „Du bist doch mein Wing-Man, da spielen wir nur ehrliche Männerspiele.“ Robin sah einen Moment lang aus, als wollte sie fragen, warum in aller Welt Mensch-ärgere-dich-nicht ein Männerspiel war, ließ es dann aber bleiben und half ihm dabei, das Spielbrett aufzubauen. Während sie die Spielsteine aufstellten, dachte Barney darüber nach, dass er diesen peinlichen Abend schon fast vergessen hatte, oder hatte er ihn bewusst verdrängt? Nach ihrer Begegnung in der Bar, hatten er und Robin ein paar Mal etwas miteinander unternommen, wobei ihm aufgefallen war, dass sie für eine Frau wirklich ein erstaunlich guter Bro war. Sie hatte ihn zu heißen Mädels gelotst, hatte mit ihm getrunken, geraucht, Laser-Tag gespielt und schließlich war er eines Abends noch mit zu ihr nach Hause gekommen, was in einem Fiasko geendet hatte. Wie hatte er auch ahnen können, dass sie wirklich Schiffe versenken spielen wollte? Teufel, sie waren doch keine zwölf Jahre alt. Leider gab es noch eine weitere unangenehme Wahrheit, die Robin ihn an diesem Abend offenbart hatte: Sie war in Ted verliebt. Er wusste immer noch nicht, ob er belustigt, schockiert oder verzweifelt sein sollte, schließlich war es ein gerade lächerlich absurder Gedanke, nachdem sie ihn abserviert hatte, eben weil er sie liebte, aber aus unerfindlichen Gründen ließen ihn diese Worte nicht mehr los und sorgten dafür, dass sich immer öfter ein seltsam bitterer Geschmack in seinem Mund breit machte, wenn er Ted ansah. Robin schien bislang nichts davon bemerkt zu haben, denn auch heute Abend war sie zu seiner Erleichterung wieder die lockere Robin, die er kannte, die Bro-Robin, mit der er zu gerne Mensch-ägere-dich-nicht, statt Schiffe versenken spielte. Dummerweise schien das Universum diese Meinung nicht ganz zu teilen, denn als sie sich nach einigen Spielrunden und mindestens doppelt so vielen Bieren, in die Augen sahen, war er nicht einmal mehr in der Lage, darüber nachzudenken. Zum ersten Mal war er in so einer Situation nicht mehr Herr seiner Lage, sondern etwas anderes, größeres, das ihn zu leiten und an unsichtbaren Fäden zu Robin, die ebenso sprachlos war, wie er selbst, zu ziehen. Als ihre Lippen sich berührten, glaubte er zum ersten Mal zu spüren, wie das Universum tatsächlich schmeckte. Als er einige Stunden später im Bett lag, dachte er über Karma nach. Vielleicht hatte ihn das Gerede über asiatische Sekten darauf gebracht, aber das spielte wohl keine Rolle, denn er war sich in diesem Moment sicher, dass es so etwas nicht geben konnte. Wie sonst war es möglich, dass nachdem er bekundet hatte, ein Mädchen zu suchen und an einen bis unter die Zähne bewaffneten Killer auszuliefern, um seine eigene Haut zu retten, eine unglaublich heiße Frau in seinem Bett gelandet war? Tja Karma, wie sagt man so schön…? In your face! Während er so dalag, gingen ihn aber nicht nur diese Gedanken durch den Kopf. Normalerweise, wenn er nach einer heißen Nummer nicht so ausgepowert war, dass er die Nacht durchschlief, befummelte er vielleicht noch ein bisschen das heiße Ding neben sich und döste dann benebelt von Selbstzufriedenheit und Stolz wieder ein, doch heute Nacht war es anders. Er wusste selbst nicht warum, aber ihm war danach sie anzusehen, einfach nur ihr Gesicht zu betrachten, auf dem die Schatten der niemals ruhenden Stadt spielten und dabei an nichts zu denken. Vermutlich sah er beinahe zärtlich dabei aus, ja, vermutlich wollte er ihr sogar über die Haare streicheln und sie am nächsten Morgen sehen, wie sie zerzaust und leicht verschämt an den Frühstückstisch kam, nur um ihn dort strahlend anzulächeln, einfach, weil er noch da war und sie ebenfalls. Weil etwas, das der Nacht gehörte, im Licht nicht immer abscheulich aussah oder verblasst war wie ein alberner Traum, manchmal konnten die Dinge vielleicht sogar schöner sein, wenn man ihnen das Heimliche und die bedrohlichen Schatten nahm. Verdammt, wieso müssen diese Karma-Typen immer Recht behalten? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)