Skifahren für Anfänger von Juju ================================================================================ Kapitel 1: Von Prinzessinnen und Skisocken ------------------------------------------ Mimi bekam immer alles, was sie wollte. Na ja, fast immer. Schon als Kind wurde sie verwöhnt von ihren Eltern und als sie mit ihnen zusammen im zarten Alter von elf Jahren in die USA gezogen war, hatte sich dies noch verstärkt. Ihre Eltern hatten ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie ihr einziges Kind – ihre Prinzessin – von ihrem Zuhause und ihren Freunden weggeschleppt hatten und gaben sich deshalb alle Mühe, Mimis Wünsche von ihren Augen abzulesen. Wenn Mimi einmal traurig war und ihre Freunde vermisste, ging ihre Mutter sofort mit ihr shoppen. Wenn sie wieder einmal keinen Hunger auf das seltsame japanische und doch nicht japanische Essen hatte, das man in den USA bekommen konnte, griff ihr Vater zum Telefon und bestellte ihr eine Pizza. Als ihr Computer kaputt ging, kaufte ihr Vater ihr ohne zu zögern einen neuen. Als sie eines Tages feststellte, dass ihr Handy im Vergleich zu denen ihrer Mitschüler ungefähr aus der Steinzeit stammen musste, kam ihre Mutter am nächsten Tag rein zufällig mit dem neuesten Samsung-Modell nach Hause. Und schließlich, nach knapp drei Jahren Aufenthalt, waren sie doch wieder zurück nach Japan gezogen. Nicht nur, weil Mimi ihren Eltern ständig damit in den Ohren lag, wie sehr sie ihre Freunde vermisste, sondern auch, weil ihre Eltern feststellen, dass die USA doch nicht so toll waren wie sie es sich erhofft hatten. Also hatten sie alle drei die Sachen gepackt und waren Hals über Kopf zurück nach Japan geflogen. Zunächst lebten sie in einem Hotel in Tokio, bis Mimis Vater eine passende Wohnung ausfindig gemacht hatte. Und nun saß Mimi in ihrem rosafarbenen Mädchenzimmer vor dem Kleiderschrank auf dem Boden und musste wieder einmal einsehen, dass sie nichts zum Anziehen hatte. Schon gar nicht für einen kalten Winter mit Schnee in den Bergen. „Mama!“, rief sie aus ihrem rosafarbenen Zimmer. „Ich hab nichts zum Anziehen!“ Satoe Tachikawa steckte ihren Kopf zur Tür herein. „Ist das dein Ernst?“ „Natürlich ist das mein Ernst. Wie soll ich mit diesem Kleiderschrank einen Winter in Österreich überstehen?“ Satoe runzelte die Stirn und kam auf Mimi zu. Sie stellte ich vor Mimis Kleiderschrank. Ein großer weißer Schrank in einem Zimmer mit rosafarbenen Wänden. „Mimi, manchmal glaube ich, du willst mich veralbern.“ Sie griff nach ein paar Wäschestücken und warf sie vor Mimi auf den Boden. „Was ist das bitte?“ Mimi durchstöberte die Klamotten. Darunter befanden sich zwei Wollpullover, eine dicke Strumpfhose, ein warmer Rock und eine mit Kunstfell besetzte Mütze. Mimi zog eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete die Klamotten kritisch. Die waren doch schon alt. Die hatte sie ewig nicht mehr angezogen. „Wenn ich noch ein paar Sekunden weiter suche, kann ich dir noch mehr zeigen“, behauptete Satoe mit verschränkten Armen. „Das bezweifle ich“, murmelte Mimi. „Mimi, reiß dich bitte zusammen“, forderte Satoe sie auf. „Ja ja“, stöhnte die Angesprochene und packte die warmen Sachen widerwillig in ihren pinkfarbenen Koffer. „Es gibt gleich Abendbrot“, verkündete Satoe, während sie Mimis rosafarbenes Mädchenzimmer verließ. Mimi suchte noch ein paar andere Sachen aus ihrem Schrank, die zwar schon alt, aber wenigstens warm waren. Ihr blieb ja nichts anderes übrig. Am Ende setzte sie sich auf ihren Koffer, um ihn zu schließen. Nach dem Abendessen griff sie nach dem Telefon und verschanzte sich in ihrem Zimmer. Mit flinken Fingern wählte sie die Nummer, die sie fast jeden Tag wählte. „Hallo, Takenouchi?“, meldete sich die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Hallo, hier ist Mimi. Könnte ich bitte Sora sprechen?“, fragte Mimi höflich. „Na klar. Warte kurz, sie ist gerade noch mit Packen beschäftigt.“ Es knackte und rauschte in der Leitung und schließlich meldete sich Soras Stimme. „Hi, Mimi.“ Sie klang ein wenig genervt. „Hey! Ist alles okay bei dir?“ „Na ja, ich finde meine Skisocken nicht. Ich hab mir vorgestern erst welche gekauft, aber sie sind weg“, erklärte Sora und hörte sich verzweifelt an. „Vielleicht hat deine Mutter sie irgendwohin geräumt?“, überlegte Mimi laut. „Das wäre mal wieder typisch. Aber sie hat sie auch nicht gesehen.“ „Oh je, hoffentlich findest du sie noch, sonst kriegst du ja kalte Füße!“ „Die kriege ich bestimmt sowieso. Hast du eigentlich angerufen, um mit mir über meine Skisocken zu reden?“ Mimi kicherte. „Nein. Ich wollte nur noch mal hören, was bei dir so los ist.“ „Ach, komm schon. Sag schon, was du hast.“ Sora hatte sie natürlich durchschaut. „Ich habe Angst vor morgen“, gestand Mimi schließlich. „Warum? Wegen des Fliegens?“ „Genau.“ „Brauchst du doch nicht. Erinnerst du dich denn nicht mehr an Jamaika? Da haben wir es doch auch geschafft.“ „Ja, aber das ist jetzt auch schon wieder über ein Jahr her.“ „Mach dir keine Sorgen, das wird schon. Hast du Reisetabletten?“ „Puh, weiß ich gar nicht. Muss ich noch mal nachschauen.“ „Fällt dir ja früh ein. Ich bring dir morgen welche mit.“ „Bist die Beste.“ „Bleibt es morgen eigentlich dabei, dass ihr mich abholt?“ „Was? Matt wollte dich doch abholen.“ Mimi konnte sich Soras entsetztes Gesicht vorstellen. „Was?! Aber du hast doch gesagt, ihr nehmt mich mit zum Flughafen. Matt müsste doch einen riesigen Umweg fahren.“ „Reg dich ab, war nur ein Witz. Natürlich bleibt es dabei.“ „Oh Mann. Erschreck mich doch nicht so!“ Mimi lachte. „Du, Mimi, ich muss jetzt Schluss machen. Muss ja noch meinen Koffer fertig packen.“ „Okay. Nicht vergessen, um elf sind wir morgen bei dir.“ „Nein, das vergesse ich schon nicht. Also, dann bis morgen.“ „Mach's gut. Viel Glück noch, dass du deine Skisocken findest.“ „Danke“, murmelte Sora und die beiden Mädchen legten auf. _____________________________________________________________________________ So, da ist das erste Kapitel auch schon vorbei. Das nächste wird länger, versprochen. :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)