Sprachlos von Catalyst ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Vorwort Hallo, einen schönen Tag wünsche ich allen zusammen. Entgegen meiner Schreibblockade habe ich mich entschieden endlich mal wieder ein neues Projekt in Angriff zu nehmen, das mir schon so lange in den Fingern brennt. Es geht um Chester und Mike (Bennoda). Wie in so quasi jeder Linkin Park-Slash-Fanfiktion hier. Wer dem Paaring also abgeneigt ist, der sei hier schon einmal gewarnt. Frei nach dem allseits beliebten : Don´t like, don´t read =D Konstruktive Kritik und sowohl positive als auch negative Kommentare werden meinerseits gerne angenommen. Ich bin bestrebt mich zu verbessern. Vielen Dank Catalyst P.S. : Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne für sich behalten XD Kapitel I - Chester... Bääm! Ein lauter Knall, eine zugeschlagene Tür. Mike war wieder da. Unwillkürlich war ich zusammengezuckt als Mike das Studio wieder betreten hatte und die Tür mit einer solchen Wucht hinter sich geschlossen hatte, dass kurzzeitig die Glasscheibe vor mir bebte. Offensichtlich war das Telefonat mit der Plattenfirma und den Produzenten nicht so verlaufen, wie wir es gehofft hatten. Mike lies sich auf dem Drehstuhl hinter dem Mischpult nieder, lehnte seine Ellenbogen darauf ab und vergrub sein Gesicht in den Händen. Ein langes Seufzen verließ seine Lippen. Er war gereizt und sauer, definitiv. Der Grund dafür war ich, da war ich mir sicher. Sehr sicher. Es gab nun also zwei Möglichkeiten für mich, die Erste war ihn anzusprechen und zu fragen was bei dem lautstarken Streit, den ich eben live verfolgt hatte, heraus gekommen war. Eigentlich eine ziemlich bescheuerte Idee, immerhin hatte ich so gut, wie jedes Wort und jede Beschimpfung mitgehört die er dem Typen am anderen Ende der Leitung an den Kopf geworfen hatte. Auch wenn er nicht im gleichen Raum war wie ich. Und die zweite Option, die sich mir bot war, so unauffällig wie möglich aufzustehen und mich leise zu verkrümeln. Einfach abzuwarten, bis sich die Laune meines Freundes wieder gebessert hatte. Da unauffällig und leise aber zugegeben nicht meine besten Eigenschaften waren, blieb mir nur die erste Möglichkeit übrig. Ich drehte mich nach links, griff nach Block und Bleistift die zwischen dem ganzen Zeug und Müll rumlagen und kritzelte etwas. Mein Blick ging wieder zu Mike, der saß noch genauso da wie vor ein paar Sekunden. Einen Moment zögerte ich, dann tippte ich ihm mit dem Radiergummi-Ende des Bleistifts leicht gegen die Schulter und legte den Block langsam vor ihn. Er hob den Kopf und las meine Frage. - Und was haben die gesagt? „Deine Stimme ist immer noch nicht wieder da, hm?“, fragte er ruhig, während er mich mit einem müden Blick musterte. Ich schüttelte eifrig den Kopf, gespannt auf seine Antwort, er aber lies den Kopf wieder sinken. Nein, meine verdammte Stimme war immer noch nicht wieder da. Naja jedenfalls nicht ganz und die wenigen Worte, die ich heraus gekrächzt bekam, schmerzten extrem in meinem Hals. Diese beschissene Grippe war an allem Schuld. Eigentlich war es doch nur eine einfache Grippe gewesen, kaum mehr als ein Husten und ein bisschen Schnupfen, aber diese machte uns jetzt nur noch Probleme. Und das Schlimmste war, sie verschwand einfach nicht. Seit wir vor drei Tagen das Konzert gegeben hatten, ging bei mir gar nichts mehr, ich bekam kaum noch etwas heraus, musste alles Aufschreiben, was ich sagen wollte oder mich sonst irgendwie mit Händen und Füßen verständigen. Manchmal funktionierte das, manchmal nicht. Ich hatte sogar daran gedacht mir selbst die Zeichensprache beizubringen. Das blöde an der Idee war nur gewesen, selbst wenn ich verstand, was ich von mir gab, Mike und die anderen sicher nicht. Somit hatte ich auch diesen Plan schnell wieder über Bord geworfen. Blieben mir also nur noch Stift und Zettel. Zugegeben krank war ich schon die Woche davor gewesen. Aber die Tatsache, dass wir bei Wind und starkem Regen 1½ Stunden draußen bei nur 11°C gespielt hatten und ich mir mal wieder die Seele auf dem Leib geschrien hatte, hatten die Sache nicht unbedingt besser gemacht. Vielleicht hätte ich doch auf den Arzt und Mike hören sollen und mich besser geschont. Andererseits wollte ich die Fans nicht enttäuschen, die hatten sich nun mal auch bei diesem Scheiß Wetter raus getraut um uns spielen zu sehen. Ich tippte mit meinem Finger auf den Block vor Mike. Dieser seufzte erneut, bevor er meine neue Frage las. - Was ist jetzt? „Diese Penner wollen uns nicht mehr Zeit geben, sie haben gesagt, wenn das Album nicht bis übermorgen fertig ist, känzeln sie den Termin.“, erklärte er monoton, sein Kopf sank wieder in Richtung Boden. Ich spürte das er, mit jedem Wort, das er sprach, wütender wurde und sich anspannte. Entschlossen griff ich nach dem Block und schrieb einen weiteren Satz. Mike stöhnte genervt, als er ihn las und seinen Kopf abermals hob, um mir zu antworten. - Hast du ihnen gesagt das nur noch die Vocals zum letzten Song fehlen? „Natürlich hab ich das, ich bin doch nicht bescheuert.“ - Auch das meine Stimme immer noch weg ist? „Ja.“ - Und? „Nichts und. Der Termin steht, wenn wir bis übermorgen nicht fertig sind, sind wir geliefert. Dann können wir die Release knicken.“, fauchte er wütend. Mike war aufgesprungen und lief jetzt unruhig im dunklen Raum auf und ab. Ich sah ihm nach, konnte fast beobachten wie seine Laune von Sekunde zu Sekunde, Schritt zu Schritt tiefer in Richtung Erdkern sank. Er war vollkommen in seinen Gedanken versunken und suchte fiebrig nach einer Lösung. Betroffen lies ich den Kopf sinken. Ich wusste genau, was er dachte, er war der Meinung, dass diese ganze Situation allein meine Schuld war. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Immerhin waren es nur meine Vocals die noch fehlten. Diese ganze Scheiße passierte nur, weil ich mal wieder nicht auf ihn gehört hatte, weil ich nicht an die Konsequenzen gedacht hatte, weil ich so ein verdammter Idiot war. Jetzt saßen wir hier, Mike hatte sich gerade wegen mir mit unseren Produzenten gestritten und ich konnte nichts anderes machen als ihm zuzusehen, wie er sich den Kopf darüber zerbrach. Ich griff nach dem Block und schrieb wieder. Dann hielt ich ihn so hoch, dass Mike es lesen konnte. - Vielleicht krieg ich es ja doch hin die Lyrics irgendwie runter zu leiern. Ich kann´s ja mal versuchen. „Und was zur Hölle soll das bitte bringen?! Du kannst ja nicht mal einen Satz raus bekommen ohne das deine Stimme versagt oder du wieder anfängst zu husten!“ Mike hatte sich zu mir umgedreht und schrie mich jetzt an. Seine Stimme bebte vor Wut und ich wich erschrocken auf meinem Stuhl zurück. So wütend hatte ich ihn schon lange nicht mehr erlebt. Er war stehen geblieben und rieb sich seine Schläfen. Ich mochte es nicht, wenn er schlecht gelaunt war und noch viel weniger, wenn ich der Auslöser dafür war. -Warum schreist du mich den jetzt so an? Ich mein das doch nur gut. Mike ballte die Hände zu Fäusten und sah mich mit einem Blick, an den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Es war der blanke Hass, der sich in seinen Augen spiegelte. Ich meinte es doch wirklich nur gut, warum war ich den jetzt plötzlich das Opfer seiner Wut? „Du meinst es gut? Gott verdammt, Chester, checkst du das nicht? Wenn wir das Album nicht fertigbekommen ist es aus! Wir verlieren den Vertrag mit der Plattenfirma, die ganzen Konzertauftritte werden abgesagt und am schlimmsten, wir brechen das Vertrauen der Fans. Da hilft es nicht, wenn du es irgendwie runter leiern willst!“, schrie er weiter. Ich saß da, wagte es nicht mich zu rühren, und noch bevor ich irgendwas erwidern konnte, mich verteidigen konnte, fuhr er fort. „Es ist immer das Gleiche, du kümmerst dich nicht darum, ob wir fest vorgegeben Termine haben oder etwas beschlossen ist. Du interessierst dich nicht für die Folgen deines Verhaltens und es ist dir, egal ob andere darunter leiden. Nicht jeder Mensch hat es so leicht wie du, andere müssen hart für ihren Erfolg kämpfen. Ich habe es langsam satt immer den Kopf für dich hinhalten zu müssen. Du gehst mir so was von auf die Nerven. Manchmal wünschte ich wirklich ich hätte dich nie kennengelernt und du würdest einfach verschwinden!“ Der letzte Satz halte in meinem Kopf wieder. War es das, was mein Freund von mir dachte? Waren wir überhaupt Freunde, wenn er so etwas dachte? Die Worte brannten sich in meinen Kopf ein. Sie schmerzten mehr als alles andere. Wieso sagte er plötzlich solche Sachen zu mir? Ich griff nach dem Bleistift und wollte etwas zu meiner Verteidigung aufschreiben, wurde allerdings von Mike daran gehindert, als er mir beides aus der Hand schlug. Stift und Block fielen zu Boden. Erschrocken sah ich auf, Mike stand direkt vor mir und sah mich finster an. „Wenn du mir was sagen willst, dann mach endlich den Mund auf!“, knurrte er. Noch nie zuvor war das passiert, ich hatte noch nie Angst vor ihm gehabt, aber ich hatte ihn vorher auch niemals so wütend erlebt. Sonst war Mike die Ruhe in Person. Was zur Hölle war den los mit ihm? Was hatte ich den falsch gemacht? Auch wenn ich gerade Angst vor ihm hatte, so konnte ich das doch nicht auf mir sitzen lassen. Wollte ich ihm doch nicht die Genugtuung geben sich mir gegenüber überlegen zu fühlen. Ich wollte ihm antworten, kostete es, was es wolle. Doch meine Stimme spielte mal wieder nicht mit. Kein Ton, kein Wort verließ meine Lippen. Stattdessen musste ich durch das Kratzen in meinem Hals schwer husten. Es fühlte sich fast an als würde meine Lunge gleich platzen, ich konnte mich kaum wieder einkriegen, krümmte mich vor Schmerzen. Meine Lunge, meine Brust brannten als würde sie jemand anzünden. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, drückte sie eng an meinen Oberkörper. Vielleicht half das ja. Meine Finger bohrten sich ungewollt in meine Oberarme. Ich hatte kaum mehr die Kontrolle über meinen Körper. So schlimm hatte ich das noch nie gehabt. Es tat weh, verdammt weh! Verzweifelt versuchte ich ruhiger zu atmen, nach einer gefühlten Ewigkeit gelang mir das auch. Ich beobachtete aus den Augenwinkeln, wie mich Mike abwertend musterte und sich von mir abwandte. Er hatte das letzte Wort gehabt, das war das Schlimmste an der Sache. Er entfernte sich von mir und ließ sich auf die schwarze Couch nieder, verlor mich dabei aber nicht aus den Augen. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Als wäre ich seine Beute und er würde nur auf einen neuen Grund warten, um mich fertigzumachen. Langsam kam ich wieder zur Ruhe. Meine rechte Hand lag immer noch auf meiner Brust, erschöpft ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen. Mein ganzer Körper schmerzte noch von dem heftigen Anfall, den ich gerade hinter mir hatte. Ich schloss die Augen, versuchte runter zu kommen. Mich zu entspannen. Nach einer Weile war meine Atmung wieder weitestgehend normal geworden, jetzt brachte mich mein Kopf um. Es fühlte sich an als würde ihn jemand mit einem Schraubstock bearbeiten. Ich musste raus, unbedingt frische Luft bekommen. Mike war mir gerade ziemlich egal. Sollte der doch wütend auf mich sein. Mir scheiß egal! Immerhin wünschte er sich ja eh das ich verschwand und ihn nicht nervte. Das konnte er gerne haben. Ich erhob mich langsam und stütze mich dabei am Mischpult ab, mir war schwindelig. Der Luftmangel schien sich doch bemerkbar zu machen. „Wo gehst du hin? Ich dachte du willst mir nach was sagen?“, hörte ich Mikes kühle Stimme hinter mir fragen. Ich wollte gar nicht darauf eingehen, war um ehrlich zu sein momentan auch gar nicht in der Lage dazu irgendwas zu erwidern. Das Einzige, an das ich noch denken konnte, war, so schnell wie möglich raus zu kommen, um frische Luft zu schnappen. Während ich mich mit der linken Hand immer noch an der Wand abstützte, legte ich meine rechte über meine Augen. Selbst das schwache Licht im Studio blendete mich und förderte das Hämmern in meinem Kopf nur noch mehr. Mir wurde von Sekunde zu Sekunde schwindeliger. Trotzdem hatte ich die Tür schon fast erreicht. Gleich war ich draußen. Nur noch ein kleines Stück. Immer mehr verschwamm meine Sicht, es wurde schwarz um mich. Alles schien sich zu drehen. Meine Beine gaben nach, sie konnten mein Gewicht nicht mehr halten und ich spürte den Boden schon näher kommen. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel II - Mike... Misstrauisch beobachtete ich unseren jungen Sänger. Er stand da, mit einer Hand abgestützt am Mischpult und der Anderen über den Augen. Er schwankte leicht, fast so als würde es ihm nicht gut gehen. Doch ich traute der ganzen Sache nicht. Chaz war ein schräger Typ, er stand auf Aufmerksamkeit und kam auf die bescheuertsten Ideen, wenn er sich in die Ecke gedrängt fühlte. So konnte ich mir also nicht sicher sein, ob er mal wieder nur simulierte oder es ihm wirklich nicht gut ging. Er taumelte ein Stück weiter in Richtung Tür. Vielleicht wollte er sich auch einfach nur aus dem Staub machen, damit ich ihm nicht weiter die Meinung sagen konnte. Das sähe ihm ganz ähnlich. Zugegeben, er konnte ja nichts dafür, dass er krank war. Immerhin hatte er es sich ja wohl kaum ausgesucht sich ausgerechnet jetzt eine Grippe einzufangen. Und das seine Stimme weg war, daran konnte er auch nichts machen, auch wenn er sie während der letzten Tage ziemlich strapaziert hatte. Es machte mich nur so wütend das es ihm scheinbar vollkommen egal war, was die Konsequenzen daraus waren. Aber so war er eben, schon seit ich ihn kannte. Er machte sich nie Sorgen um etwas. In dem Fall war er wie ein kleines Kind. Er begeisterte sich für tausend Dinge, auch wenn sie noch so unwichtig waren. Er war die meiste Zeit des Tages total überdreht, hüpfte hier und da rum und machte seine Mitmenschen verrückt. Fast so als hätte man ihm zu viel Koffein gegeben oder irgendwas gespritzt. Andererseits konnte diese Eigenschaft aber auch extrem nerven. Dinge wie Regeln, Vorschriften und dergleichen schienen ihn überhaupt nicht zu kratzen. So kam es mir jedenfalls vor. Ich lehnte mich leicht nach vorn, stützte mich dabei auf meinen Beinen ab und sah ihn prüfend an. Umso länger ich ihn beobachtete desto unsicherer wurde ich. So langsam bekam ich das Gefühl, das es ihm tatsächlich nicht gut ging. Sein Hustenanfall war heftig gewesen und er schien starke Schmerzen gehabt zu haben. Seufzend erhob ich mich von der Couch und nährte mich ihm langsam. „Chaz?“, ich erschrak selbst wie besorgt meine Stimme auf einmal klang. Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen, immerhin hatte ich ihn noch vor ein paar Minuten angeschrien. Chester schien mich jedoch gar nicht wahrzunehmen. Ich war mir nicht sicher ob das Ganze hier ernst oder nur ein schlechter Scherz von ihm war. Er lehnte mit der linken Schulter an der Wand, die Augen hatte er fest geschlossen und seine Atmung ging schnell. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Ich trat ein Stück näher an ihn heran, wollte ihn an der Schulter berühren, als er plötzlich vor mir zusammenbrach. Reflexartig fing ich ihn auf und sank mit ihm zu Boden. Bewahrte ihn somit vor schlimmeren Verletzungen. Jetzt saß ich hier auf dem Teppich, hatte einen bewusstlosen Chester in meinen Armen liegen und wusste nicht, was ich tun sollte. Vorsichtig ließ ich meine Hand über seine Stirn fahren. Seine Haut glühte, er hatte also wieder Fieber. Na toll. Was sollte ich jetzt mit ihm machen? Ich beschloss ihn auf die Couch zu legen und abzuwarten, bis er wieder aufwachte. Was anderes konnte ich ja eh nicht unternehmen. Meine Hand griff nach der Wolldecke, die auf dem Stuhl neben mir lag, ich legte sie über seinen Körper. Trotz seines Fiebers zitterte er leicht. Offenbar war er doch noch nicht wieder so fit, wie er behauptet hatte. Mittlerweile machte sich das schlechte Gewissen in mir breit. Ich machte mir Vorwürfe, hatte ich ihn eben noch so fertig gemacht. Er hatte es doch wirklich nur gut gemeint. Und ich, was hatte ich gemacht? Genau ihn angeschrien, super, ganz großes Kino. Am liebsten hätte ich mir selbst in den Arsch getreten. Ich saß auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken gegen die Couch. Meinen Kopf hatte ich auf das schwarze Polster abgelegt. Chesters Atmung war flach und unregelmäßig. Vielleicht sollte ich einen Arzt rufen oder ihn gar selbst ins Krankenhaus bringen. Obwohl, blöde Idee. Chaz mochte Ärzte nicht und Krankenhäuser waren erst recht nicht sein Ding. Das war nichts Neues für mich. Schon damals, als er sich das Handgelenk während eines Konzertes gebrochen hatte, musste ich ihn zwingen ins Krankenhaus zu gehen und sich versorgen zu lassen. Damals hatte er noch ein Paar weitere Songs mitgesungen, bevor seine Schmerzen zu stark geworden waren und ich ihn von der Bühne geschleift hatte. Ein lang gezogenes Seufzen verließ meine Lippen. Ich betrachtete meinen schlafenden Bandkollegen. Mit ihm hatte man es wirklich nicht leicht. Manchmal fragte ich mich wieso wird beide uns eigentlich so gut verstanden. Okay, es hieß ja Gegensätze zogen sich an. Aber wir waren so verdammt unterschiedlich. Auch wenn ich mir eingestehen musste, dass ich diese Unterschiede durchaus mochte. Wenn ich nicht gerade dabei war, das Chaos zu bekämpfen, das er hinterließ, machte ich mir Sorgen, das er sich irgendetwas antun könnte, ob nun absichtlich oder aus Versehen. Er war nun mal ein Freak, auf seine eigene Art total bescheuert aber irgendwie auch niedlich. Er war mein kleiner Freak. Und ich liebte ihn dafür, dass er so einzigartig war. Ich liebte es, wenn er durch die Gegend sprang, wie verrückt rum wirbelte und mir Witze erzählte, die er selbst nicht mal verstand. Wenn er mich überschwänglich umarmte und mir etwas ins Ohr hauchte, das nur für mich bestimmt war. Aber noch viel mehr liebte ich seine andere Seite. Die Seite, die raus kam, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Wenn er völlig verträumt vor sich hin sang oder, wie jetzt, seelenruhig auf dem Sofa schlief. Ich beobachtete ihn, lange, sehr lange. Wie lange genau wusste ich nicht. Es war mir auch egal. Diese Augenblicke, so selten sie auch waren, liebte ich besonders. Wenn wir beide alleine waren, ungestört von allen anderen, der Außenwelt. Leider hatte ich die dumme Eigenschaft diese seltenen, schönen Augenblicke durch meine Ungeduld Chesters Verhalten gegenüber zu zerstören. Genauso wie eben. Er hatte es doch wirklich nicht böse gemeint. Mein schlechtes Gewissen wurde immer größer. War es meine Schuld gewesen, dass er zusammengeklappt war? Hatte ich ihn überfordert? Ich ertappte mich dabei, wie ich ihm über die Wange strich. Seine Haut war so weich, aber auch kalt und blass. Er zitterte immer noch etwas. Meine Hand fuhr über seine Stirn. Das Fieber schien langsam zu sinken. Das war ja schon mal ein gutes Zeichen. Plötzlich spürte ich wie Chester sich leicht bewegte, er schien auf zu wachen. Schnell zog ich meine Hand zurück. Seine Augen öffneten sich und er sah mich direkt an. Gott, diese Augen. Sie machten mich jedes Mal aufs Neue wahnsinnig. Er setzte sich leicht auf und fuhr sich mit der Hand müde über die Augen. Dann blinzelte er mich verwirrt an, fast so als hätte er mich eben gar nicht bemerkt. Er öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch im nächsten Moment schloss er ihn wieder. Offensichtlich bereitete es ihm immer noch schmerzen zu sprechen. Sein Blick wurde trauriger. Ich sah, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten und über seine Wangen liefen. Er machte sich Vorwürfe, das sah ich in seinem Blick. Er schloss die Augen. Ich hob die Hand, zögerte aber. Zu gern wollte ich die Tränen von seiner blassen Haut wischen. Ihn in meine Arme schließen und einfach nur festhalten. Bis er sich beruhigte. Doch ich tat es nicht. Zu viel Angst hatte ich davor, wie er reagieren würde. Was wäre, wenn er mich von sich drücken würde? Das hätte ich wahrscheinlich nicht überstanden. Aber ihn so zu sehen brach mir ebenso das Herz. Was ich machte, ich machte es verkehrt. Chester für seinen Teil schien nicht zu wollen, dass ich seine Tränen sah. Er zog die Decke über seinen Kopf. Schottete sich somit von mir ab und schaffte eine Barriere zwischen uns. „Chester...“, meine Stimme war brüchig. Ich erhob mich vom Boden und setzte mich zu ihm auf die Couch. Er bewegte sich nicht. Zögernd ergriff ich die Decke und zog sie ein Stück weit zurück, sodass ich sein Gesicht wieder sehen konnte. Doch er zuckte heftig zusammen, verdeckte sein Gesicht mit den Armen und presste die Augen fest zusammen. Fast so als würde ihn das schwache Licht blenden. Ich startete einen zweiten Versuch. Dieses Mal mit mehr Sicherheit. Ich rutschte ein Stück näher an ihn heran und legte meine Hand auf seine Schulter. Er rührte sich kein bisschen. „Bitte sieh mich an, Chaz.“ Er schüttelte heftig den Kopf. Gut, hören konnte er mich also noch. Jetzt musste ich nur noch seinen Dickkopf brechen. Irgendwie. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien, wirklich.“ Keine Reaktion. Wäre ja auch zu schön gewesen. „Chaz...“ Noch immer nichts. Langsam kam ich mir blöd vor. Jetzt entschuldigte ich mich schon bei ihm und es war auch noch nicht richtig? Er hätte mich ja wenigstens mal angucken können. Entschlossen verstärkte ich meinen Griff an seiner Schulter und drehte ihn auf den Rücken zurück. Nahm ihm gleichzeitig jeglichen Fluchtweg. Er wehrte sich, wollte mich von sich drücken und aus meinem eisernen Griff entkommen. Doch ich ließ nicht locker. Mit meiner freien Hand packte ich seine Handgelenke und hielt sie über seinem Kopf fest. Es gelang ihm nicht sich zu befreien. Chester war schon immer schwächer gewesen als ich. Eine Tatsache, die ihm in der Vergangenheit oft zum Verhängnis geworden war. Um so mehr er sich gegen mich wehrte, desto fester hielt ich ihn und umklammerte seine Handgelenke. Ich bemerkte gar nicht das ich ihm damit wehtat. So sehr war ich darauf konzentriert ihn an der Flucht zu hindern. Seine Augen hatte er noch immer geschlossen. Wieso wollte er mich den nicht ansehen? Hatte ich ihm irgendwas getan? Warum war er plötzlich so abweisend mir gegenüber? Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Fragen, auf die ich mir selbst keine Antwort geben konnte. Plötzlich vernahm ich unter mir ein leises Wimmern. Der Widerstand meines Freundes hatte sich in Luft aufgelöst. Er lag völlig ruhig da. Seinen Kopf hatte er zur Seite gedreht, Tränen liefen aus seinen geschlossenen Augen und tropften auf das schwarze Polster unter ihm. Ich ließ ihn sofort los. Wich von ihm zurück. Erneut legte er die Hände vor sein Gesicht. Er zog die Beine an seinen Körper, machte sich so klein wie möglich. Wieder wurde sein Körper von einem heftigen Zittern erfasst. Yay! Und wieder hatte ich es geschafft. Zum zweiten Mal innerhalb dieses Tages hatte ich ihm wehgetan. Dieses Mal sogar körperlich. Die dünne Haut an seinen Handgelenken hatte sich rot gefärbt. Wahrscheinlich würden in den nächsten Stunden blaue Flecke daraus werden. Chesters Körper war ohnehin so zierlich. Bei der kleinsten Rangelei bekam er schon Hämatome und sah dann immer aus als hätte man ihn zusammengeschlagen. Ich wollte mir am liebsten selbst den Hals umdrehen. Hatte ich doch nur gewollt, dass er mich endlich ansah. Jetzt weinte er wieder. Wegen mir. Ich war so ein verdammter Idiot. Warum dachte ich eigentlich nicht nach, bevor ich etwas tat. Heute war es ganz besonders schlimm. Sonst war ich doch auch nicht so ungeduldig. Was war nur mit mir los? Lag es vielleicht daran das ich Angst hatte wir könnten das neue Album nicht rechtzeitig fertigbekommen? Gut möglich. Immerhin hatte ich Chester eben nicht alles erzählt, was die Produzenten während des Telefonats zu mir gesagt hatten. Sie hatten uns das Ultimatum gesetzt. Mir gedroht den Vertrag mit uns aufzulösen, wenn wir nicht fertig wurden. Zwangsläufig konnte das bedeuten, das wir die Band vielleicht sogar aufgeben mussten. Deswegen machte ich mir sorgen und deswegen versuchte ich den Frust, der sich in mir angestaut hatte, los zu werden. Dass ich diesen ausgerechnet an ihm ausließ, war nicht meine Absicht gewesen. Noch einmal nahm ich meinen Mut zusammen und wandte mich meinem Freund zu. Ich musste ihm sagen, was Sache war, das war ich ihm schuldig. „Es gibt, da noch etwas was ich dir eben nicht erzählt habe. Ich weiß, dass ich es dir nicht hätte verschweigen dürfen, aber ich wollte nicht dass du dir sorgen machst“, setzte ich an. Chester bewegte sich nicht. Ich war mir nicht mal sicher, ob er mir zu hörte. Nach allem, was ich ihm heute schon angetan hatte, konnte ich ihm das auch kaum übel nehmen. Aber ich musste es ihm sagen, vielleicht verstand er mich dann ja. Ich hoffte es zumindest. „Als ich mit den Produzenten telefoniert habe, haben sie mir noch etwas gesagt.“ Ich stockte, spürte wie es mir schwerer fiel weiter zu reden. Zu groß wurde der Kloß, der sich in meinem Hals sammelte. Ich schluckte hart. Mein Kopf sank nach vorn. Ich vergrub ihn in meinen Händen, mit meinen Ellenbogen stützte ich mich auf meinen Beinen ab. Ich schloss meine Augen. Atmete tief ein und aus. „Sie sagten sie würden unseren Vertrag auflösen. Das würde bedeuten, dass wir die Rechte an der Band verlieren und sie im schlimmsten Falle aufgeben müssten.“, ich war erleichtert, dass es endlich raus war. Mir war, egal ob Chester jetzt darauf reagieren würde oder nicht. Ich hatte ihm wenigstens endlich die Wahrheit gesagt. Einige Sekunden war es still im Raum. Ich hörte nur unsere Atmung, sonst nichts. Mir war klar, dass das keine Entschuldigung für mein Verhalten war. Vielleicht war es jetzt eh schon alles zu spät. Chester war wütend auf mich, bestimmt, und wenn er mich ab Morgen nie wieder sehen wollte, dann konnte ich ihm das nicht verdenken. Wieder überschlugen sich die Gedanken in meinem Kopf. Dann spürte ich plötzlich, wie sich von hinten zwei Arme um meine Brust legten und sich ein warmer Körper an meinen Rücken lehnte. Chester legte seine Stirn auf meiner Schulter ab. Ich wagte es nicht mich zu bewegen. Einen Augenblick lang saßen wir so da. Rührten uns nicht. Ich wandte mich zu ihm um und schloss ihn in meine Arme. Sein Körper war wieder so warm. Er drückte sich fest an mich, fast so als hätte er Angst ich würde ihn von mir stoßen. Sein Gesicht vergrub er in meiner Halsbeuge. Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut. War er doch nicht wütend auf mich? Hatte er mir etwa wirklich verziehen? Wie konnte er das einfach so? „Es tut mir so wahnsinnig leid. Ich wollte dich nicht verunsichern, deswegen hab ich dir nichts erzählt. Bitte hab keine Angst mehr vor mir. Ich kann es nicht ertragen, wenn du wegen mir weinst, Chazy. Es war nie meine Absicht dir wehzutun, glaub mir.“ Er hob seinen Kopf und lächelte mich sanft an. Dann lehnte er sich etwas vor und küsste hauchzart meine Stirn. Ich schloss abermals die Augen. Genoss seine Wärme, seine Nähe, einfach alles von ihm. Als er sich von mir löste, sah ich ihm direkt in die Augen. Sie glänzten noch immer leicht von den Tränen. „Du bist unglaublich, weißt du das? Wie kannst du mir einfach so verzeihen, nach allem was ich getan habe? Ich hab dir Angst gemacht und dir wehgetan.“ Ein erneutes Lächeln flog über sein Gesicht, während er über meine Wange strich. Trotz der Tatsache, dass er noch nicht wieder reden konnte, spürte ich genau was er mir mitteilen wollte. Ich war einfach nur froh das ich ihn nicht verloren hatte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)