Bloodcage - Teil 1 - Blutmond von DemonhounD (Vampir-Roman) ================================================================================ Kapitel 8: Blutmond (Siren) Wesen wie er tragen den Hauch des Verderbens in sich -------------------------------------------------------------------------------- Wesen wie er tragen den Hauch des Verderbens an sich, der das Schicksal Anderer beeinflusst und sie in die Dunkelheit stürzt. Mit meinem, dem Blut eines Vampires, in sich und nur dadurch noch lebendig, war er endgültig ausgeschlossen vom Schicksal. Er durfte von der Unsterblichkeit der nächtlichen Jäger kosten. Das war eine Sünde, denn ich glaube fest daran, dass den Menschen ihr Schicksal von Geburt an gegeben ist. Sie sind Teil des göttlichen Planes und wir, als Zerstörer, gehören zumindest nicht als lebensspendende Kraft in ihr Schicksal hinein. Er wurde ein Wesen des Nichts und mir doch so teuer, als trüge er meine letzten Erinnerungen an mein Leben als Sterblicher in sich. Auch ich war um mein Schicksal betrogen worden und oft frage ich mich, was aus dem Sterblichen Shay geworden wäre, der nun schon seit Jahrhunderten im Grab und Staub wäre. Ich habe ihn verfolgt. Ich habe ihn unbewusst gejagt, was mir erst spät wirklich klar geworden ist. Ich habe mich gegen die Ratschläge Priests gewandt, der mir jeden Abend dieser kräftezehrenden Woche aufs Neue klar zu machen versuchte, ich solle weniger Maßstäbe an die Wahl meiner Opfer setzen und endlich trinken. Die Wahrheit war, dass ich mittlerweile Blut brauchte. Ich brauchte seine Nähe – und ich hatte keine Zeit für Beides, denn auch Winternächte können kurz sein, wenn man unvorsichtig ist. Hätte eine Frau es jemals gewagt mir ihr Herz auf die Weise zu schenken in der ich nun meine Seele an Askian übergab, hätte ich es ihr aus der schwanenweißen, verräterischen Brust gerissen. Wie glücklich wäre ich doch gewesen zu wissen, dass ich, und nur ich, seine ganze Welt ausmachen könnte. Wie hätte ich, nachdem ich ihn sah, die Haut einer Frau berühren können, ohne mich nicht zeitgleich schuldig an diesem kostbarsten aller Gefühle zu wissen, selbst wenn am Ende all dieser Zärtlichkeit der Tod jeder Frau gewiss ist? Denn keine Frau würde je wieder meine Nähe genießen dürfen und leben. Ich wusste nur noch nicht genau, was ich in dieser Situation mit einem Mann, mit ihm, tun sollte. Sollte ich ihn töten für die Sündhaftigkeit, die er für mich verkörperte? Ich hatte panische Angst vor meinen eigenen Taten, wenn ich darüber nachsann. Seit ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte reifte in mir der Wunsch ihn zu ändern. Er sollte ein vollkommenes Wesen werden. Ich wollte seine Seele für mich formen, weil ich ihn so hätte lieben können ohne Scham dafür zu empfinden, wer er war: Ein Mensch und noch nicht einmal ein Wichtiger. Ob ich ihn nun vielleicht gerade deswegen liebte, weil er nicht Teil meiner Welt war, war letztendlich nicht mehr von Belang, als die Worte meines treuen Dieners und die Stimme meiner Vernunft, die mich von meiner eigenen Torheit überzeugen wollten. Die Sonne ging gerade über einem trügerischen Horizont auf, als ich das Anwesen betrat. Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt und ein Blick in den prunkvollen Spiegel nahe der Eingangshalle reichte vollkommen aus, um zu erkennen, dass dies für jedermann offensichtlich sein musste. Die Ränder unter meinen Augen hatten beinahe schon ein tiefes Schwarz angenommen. Ich schüttelte den Kopf in einer fast resignierenden Geste. Priest erwartete mich bereits an der Treppe und kam mir entgegen, um meinen Mantel ab zu nehmen. „Wie fühlt Ihr Euch, Herr?“ Ich sah ihn aufmerksam an. Normalerweise hielt Priest sich nicht mit belanglosen Begrüßungsfloskeln auf, demnach vermutete ich, dass er einen triftigen Grund hatte mich abzufangen. „Es ging mir schon besser. Mir ist kalt.“, sagte ich wahrheitsgemäß und verfluchte mich innerlich für diese Zurschaustellung meiner eigenen Schwäche. Ich wusste genau, dass Priest erwartete, dass ich weiter reden würde und ihm meine Sorgen beichten würde, damit er mich trösten und mich in den Arm nehmen könnte. Eine Weile spürte ich nichts als Verachtung für seine närrische Anhänglichkeit. Ich zwang mich an ihm vorbei zu sehen, als habe ich Angst, er könne meine Gedanken erraten. Es war immerhin seine Hinwendung, die mir mehr als einmal das Leben gerettet hatte. „Ihr habt derzeit selten Erfolg bei der Jagd.“, bemerkte Priest. „Ich jage nicht.“, kam es postwendend zurück, als seien seine Worte eine Beleidigung an meine Fähigkeiten. „Ich habe derzeit keinen Sinn für Blut. Außerdem habe ich erst gestern einer Frau meine Gastfreundschaft erwiesen.“ Den letzten Satz hatte ich mit einer gewissen Ironie in der Stimme gesprochen. „Ich hätte sie niemals herbringen sollen!“, setzte ich hinzu. Priest hob eine Augenbraue. „Ihr seid wirklich ein Prinz.“, meinte er in einem vorwurfsvollen Ton. „Nur Ihr selbst könnt glauben, dass nach fast einer Woche ohne Blut eine einzige Frau Euren Durst stillen kann.“ Ich winkte ab, wortlos, denn ich hatte weder die Kraft noch den Drang dazu seinen Worten zu widersprechen. „Euer Fehler war nicht, diese Frau hier herzubringen, sondern den Jungen. – Er hat erkannt was Ihr seid und dann habt Ihr ihn laufen lassen. Warum nur habt Ihr ihn nicht einfach umgebracht?“ „Ja, warum eigentlich nicht?“, murmelte ich und sah an Priest vorbei. „Wen ich töte und wen nicht liegt noch immer in meinem Ermessen, also vergiss deinen Platz nicht.“ Hätte ich es lauter ausgesprochen, wäre dieser Tadel vielleicht sogar ernstzunehmend gewesen. So wie ich es betonte hatte ich selbst Mühe meinem eigenen Ausflucht glauben zu schenken. Ich wollte gerade an Priest vorbei die Treppe hinauf gehen, als seine Hand mich unerwartet entschieden am Handgelenk griff. „Tut das nicht!“, forderte er und in seiner Stimme hörte ich einen leisen Hauch von bestimmter Aggression, die mich zwang innezuhalten und insgeheim meine Möglichkeiten durchzugehen, wie ich ihn im Ernstfall überwältigen sollte. „Was soll ich nicht tun?“, fragte ich schneidend und gewillt ihm jedes Körperteil einzeln auszureißen wenn nötig, angefangen mit seinem letzten, verbleibenden Auge. Seine Hand lockerte sich nicht. „Ich lasse nicht zu, dass Ihr Euch aufgrund irgendeiner Laune kaputt macht.“, stellte Priest klar. „Ich habe Euch einen Straßenjungen mitgebracht und ihr solltet mein Angebot annehmen.“ Die Überraschung war mir deutlich anzumerken. „Ein Junge?“ Priest nickte. „Er ist aus den Slums und ich habe ihm gesagt, er kann hier als Stallbursche anfangen. Er wartet im Gesindezimmer.“ Eine Weile starrte ich Priest an, als habe er den Verstand verloren. Ich töte eigentlich keine Menschen in dem Haus, das ich bewohne und nun, da ich einmal damit angefangen hatte, wollte ich es eigentlich nicht weiter führen. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, hier jemanden sterben zu sehen. Ich neige nur nicht dazu mein eigenes Heim mit Sünde zu beschmutzen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Außerdem... „Ich töte keine Knaben!“, sagte ich entschieden den letzten Teil meiner Gedanken laut. Priest geriet in Erregung und mir gefiel die Situation immer weniger. „Dann rufe ich Euch eine Dirne, oder was auch immer Ihr wünscht.“, rief er fordernd. Ich löste mein Handgelenk mit einer kurzen Drehung aus seinem Griff und ging an ihm vorbei. „Ich will Euch nicht zwingen müssen.“, kam es von Priest, dessen eines, funktionierendes Auge mich nicht aus dem Blick verlor. „Sonst bringe ich den Jungen um.“, setzte er hinzu, als würde das einen Unterschied für mich machen. Ich schnaubte und mein Blick wanderte Richtung Boden. Dann sah ich ihn mit aller Verachtung in mir an. „Was soll ich tun Priest? Einen Knaben beißen? Ihn berühren, - ihn töten? Soll ich ihn halb lebendig zurück lassen, damit du noch deinen Spaß hast, oder ihn zerfetzten, damit du dich an seinem toten Körper vergehen kannst?“ Er stutzte, offenbar verwirrt, über den plötzlichen Angriff. Ich nutze es, um meine Gedankengänge scheinbar lässig weiter zu führen und bemerkte kaum, wie ich drohend auf ihn zu schlich. „Glaube nicht, dass ich nicht weiß, was du mit den toten Frauen tust, die ich dir anvertraue. Tust du es nur mit ihnen, weil dich keine Andere nimmt, oder liegt es vielleicht daran, weil sie nach mir riechen?“ In diesem Moment griff Priest mich an den Schultern und schleuderte mich grob gegen die nächstgelegene Wand. Ich wölbte meinen Körper vergeblich und grub meine Finger in seine Flanke. Die Hände ließen mich nicht los. „Du vergisst dich!“, zischte ich ihm entgegen, hörte jedoch auf mich zu wehren.. „Nein.“, versetzte Priest. „Das ist genau das, was Ihr gerade tut.“ Seine Lippen waren so nah an meinen. Ich konnte sein Herz schlagen hören, den rauschenden Zorn in seinen Adern, und sein Schritt presste sich unangenehm gegen den Meinen. Dieses Mal versetzte es mich in Panik zu erkennen, wie sehr meine Nähe ihn anzog. „Trinkt von mir!“, hauchte er bittend, als glaube er tatsächlich, dass allein Blutgeschmack mich nun dazu bringen würde, mich zu vergessen und mich zum Spielball seiner ungezähmten Gier machen würde. Seine Halsschlagader kam in verführerische Nähe, doch so tief war mein Stolz noch nicht gesunken. „Das wirst du bezahlen.“, versprach ich und meine Zähne klappten automatisch aufeinander und ins Leere, als ich ihnen den ersehnten Biss nicht gönnte. Ich atmete tief durch. „Gut, ich nehme dein Geschenk an, um dir einen Gefallen zu tun, aber wenn du mich noch einmal anfasst, dann werde ich alles an dir verstümmeln, was du an mir interessant findest.“ Dass meine Drohung seine Wirkung nicht verfehlte, verwirrte mich selbst, doch in Priests Gesicht spiegelte sich Betroffenheit wider. Dann ließ er mich los und ich brauchte mich nicht nach ihm um zu drehen, um zu wissen, dass er mir nachsah, als ich die Treppe hinauf in Richtung Gesindebereich stieg. Erst, als ich außer Sichtweite war, erlaubte ich meinem Körper zu zittern und meinem Atem sich zu beschleunigen. Ich lehnte mich gegen die Wand des Flures und atmete heiser einige Male ein und aus, bevor der kurze Panikanfall vorüber war. Immerhin hatte mein Blutdurst nun etwas anderes als Kraftlosigkeit in mir geweckt. Als der Blutgeruch dieses Kindes zu mir herüber drang, begann ich mit all dem Hass in mir zu jagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)