Bis zum Ende... von ChiaraAyumi (...ein gemeinsamer Weg) ================================================================================ Kapitel 1: Eine Schneekugel voller Erinnerungen ----------------------------------------------- Draco stand mit einem Umzugskarton im Arm im Schlafzimmer. Astoria war nicht da, aber das überraschte ihn gar nicht. Ihre Ehe lag in Scherben und sie mussten nicht mehr so tun, als würde sie einander lieben, denn die Scheidung war gestern offiziell bestätigt worden. Die Wohnung in London war an sie gefallen und er musste nun all seinen Kram zusammenpacken. Ausgezogen war er schon vor ein paar Wochen, nachdem er seinen Eltern erklärt hatte, dass Astoria und er nun getrennte Wege gingen und er nun wieder nach Malfoys Manor zurückkehrte. Aber seine Sachen hatte er erstmal zurückgelassen und er hatte nach wie vor keine Lust sie zusammenzusammeln. Dieser Lebensabschnitt war endgültig vorbei und er wollte mit diesem Ballast nicht weitermachen. Als er nach einigen Minuten immer noch verloren im Schlafzimmer stand, beschloss er seinen Mann zu stehen und anzufangen. Danach konnte er den ganzen Karton in den Müll werfen, denn er hing bestimmt nicht an den Erinnerungen dieser unglückseligen Ehe fest. Draco sah sich im Raum um. Seine Klamotten aus dem Schrank hatte er schon beim Auszug mitgenommen, aber er öffnete trotzdem als erstes die Schranktür. Unten war ein Karton mit Fotos zwischen den Socken versteckt. Er griff kurz danach, besann sich dann aber eines anderen. Er war nicht sentimental. Er schaute in den Schubladen nach, ob er beim Auszug etwas vergessen hatte, doch er sah nur Frauenunterwäsche und Strümpfe. Dann machte er sich an den Nachtschrank auf seiner Seite des Bettes. Außer einer angefangenen Packung Kondome war in der ersten Schublade nichts. Draco ließ die Packung drin liegen. Daran konnte die ach so brave Astoria ihre Freude haben. Er selber war nur selten zum Zug bei ihr gekommen. Sie hatte ihm von Anfang klar gemacht, dass Sex für sie romantische Gefühle voraussetzte, aber in den drei Jahren ihrer Ehe hatte sie keine davon vorgefunden, womit das Ende besiegelt worden war. Er war auch froh, dass er nun die Chance hatte sich jemanden zu suchen, den er wirklich liebte, aber er wusste, dass seine Eltern enttäuscht waren, weil er es nicht wirklich versucht hatte. Astoria war zwar hübsch, klug und vor allem reinblütig gewesen, aber sie hatte ihn nie gereizt. Draco seufzte und machte sich daran die zweite Schublade zu durchsuchen. Und hier fand er etwas, das er längst vergessen hatte. Hinter einem Stapel von Papier – hauptsächlich Rechnungen – lag ein kleiner runder Gegenstand. Er zog ihn heraus und erkannte die Schneekugel wieder. Das Miniatur-Hogwarts wurde mit einem kräftigen Schütteln von Schneeflocken umtanzt. Draco starrte voll Erstaunen auf diesen kleinen Gegenstand, der plötzlich eine tiefe Sehnsucht in ihm weckte. Ein Heimweh überkam ihm nach dem Schloss, indem er seine Jugend verbracht hatte. Doch nicht nur das. Beim Anblick kamen Erinnerungen zurück, die er längst verdrängt hatte und er war überrascht, was ihm als erstes einfiel, was er am meisten aus der Zeit von Hogwarts vermisste. Ihr glockenhelles Lachen. Ihre tiefbraunen Augen, die ihn so herausfordern ansahen. Ihre widerspenstigen Locken durch die er seine Hände fuhr. Ihre zarten Lippen. Es konnte nicht sein. Er konnte nicht an sie denken. Draco versuchte die Bilder aus seinem Kopf zu bekommen, doch die Erinnerungen brachen über ihn zusammen und rissen ihn mit sich fort in einem Strudel aus tausend Bildern und Augenblicken. Und überall war Hermine Granger. „Was ist das?“, fragte Draco Hermine, als sie neben ihm lag. Normalerweise sprachen sie kein Wort miteinander und gingen so schnell auseinander, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen. Seiner Meinung nach war auch nichts vorgefallen, denn er wollte nie, dass jemand von dieser Sache erfuhr, von dieser kleinen Affäre. Nicht, das irgendjemand schlecht von ihm dachte, weil er sich auf ein Schlammblut eingelassen hatte. Er hielt die Schneekugel in der Hand, die aus ihrer Tasche gefallen sein musste, als sie sich die Klamotten vom Leib gerissen hatten und übereinander hergefallen waren. Ihr kleines Freitagsritual hatte sich schon eingebürgert ohne dass sie darüber sprachen. Warum auch ein Wort darüber verlieren? Es war ein rein körperliches Bedürfnis, dem sie erlegen waren. Außerhalb des Raums der Wünsche hassten sie einander weiterhin. Nur hier drin war es anders. Hier drin verschmolzen sie zu einer Einheit, einem Körper auf der Suche nach Geborgenheit und Zuneigung. Und dann brach ausgerechnet er das stille Abkommen, das sie hatten. Weil er wissen wollte, was diese kleine Schneekugel zu bedeuten hatte. Hermine schlug die Augen neben ihn auf und ihr Blick fiel auf die Kugel in seiner Hand. Er sah in ihrem Blick, dass das empfindliche Gleichgewicht gefährdet war. Aber seine Neugierde für diese kleine Kugel siegte. „Was ist das?“, wiederholte er seine Frage. „Eine Schneekugel. Du schüttelst sie und es fällt Schnee“, entgegnete Hermine knapp und wollte sie ihm aus der Hand ziehen, doch er konnte nicht anders als es einmal auszuprobieren und wirklich die kleinen Schneeflocken fielen auf das Hogwartsschloss nieder. Völlig fasziniert sah er dem Treiben in der Kugel zu, als Hermine lachte. Ein helles, klares Lachen, das er zuvor nie von ihr gehört hatte. Draco sah zu ihr hinüber und sie lächelte ihn an. Selbst ihre haselnussbraunen Augen lachten mit und er musste feststellen, wie schön sie dadurch wurde. Sie war atemberaubend schön. Er konnte nicht anders als sie an sich zu ziehen und zu küssen. Diese Art von Zärtlichkeiten war neu zwischen ihnen. Sonst waren es nur harte, fordernde Küsse, die keine Spur von Romantik enthielten. Dieser Kuss war viel echter und intensiver als alles andere, was sie zuvor miteinander geteilt hatten. Sie erwiderte den Kuss auf eine freundliche Art und Weise, aber sie schob ihn trotzdem nach einer Weile bestimmt von sich. „Nicht“, war alles, was sie sagte, bevor sie ihre Kleidung zusammenraufte, sich anzog und verschwand. Draco blieb überrascht sitzen und hatte noch immer die Schneekugel in der Hand. Plötzlich fühlte er sich ganz leer, als wäre da eben noch etwas gewesen, das jetzt verschwunden war. Doch er schüttelte nur den Kopf, packte die Schneekugel in seine Tasche mit der festen Absicht sie ihr wiederzugeben und zog sich selber wieder an. Dieses seltsame Gefühl würde bis zum nächsten Freitag wieder verschwinden und sie würden sich ganz dem Vergnügen hingeben, denn mehr verband ihn nicht mit der Gryffindor. Doch ihr fröhliches Lachen hallte in seinen Ohren wieder und strafte seinen Gedanken der Lüge. Etwas hatte sich verändert. „Draco“, riss ihn Astorias Stimme aus den Erinnerungen wieder heraus. Sie stand im Türrahmen und er musste feststellen, dass es bereits dunkel geworden war. Astorias Schicht im St. Mungo war längst vorbei und er hatte immer noch nicht seine Sachen zusammengeräumt. „Ich bin fast fertig“, antwortete er, um nicht anzuzeigen, dass er in Gedanken ganz woanders war. „Du musst dich nicht beeilen“, sagte sie trocken. „Ich schmeiß dich nicht sofort heraus. Möchtest du noch eine Tasse Kaffee mit mir trinken?“ Draco blinzelte gegen das Licht aus dem Flur, das in sein Gesicht fiel und setzte ein Lächeln auf. „Mach dir keine Umstände. Ich bin gleich weg. Du willst dich sicher gleich ins Bett legen und dich ausruhen. Da will ich nicht stören.“ Astoria zog überrascht die Augenbraue hoch, sagte aber nichts zu seinem seltsamen Benehmen, sondern zuckte nur mit der Schulter und ging in die Küche, um sich Kaffee zu kochen. Draco starrte auf die Schneekugel in seiner Hand. Warum hatte er sie eigentlich nie zurückgegeben? Er kannte die Antwort auf diese Frage, hatte sie aber aus seinem Kopf verbannt und für vergessen erklärt. Doch die Kugel in seiner Hand brachte die Erinnerung zurück. Er hatte die kurze Zeit mit Hermine nie vergessen. Ein Teil von ihm sehnte sich zurück nach diesen Stunden der Stille und der Lust. Nie hätte er gedacht, dass die Gryffindor einen so tiefen Eindruck auf ihn machen würde und ihn nicht mehr loslassen würde. Er hatte das Gefühl sie immer noch spüren zu können. Draco packte die Schneekugel in den Karton und versuchte sich von diesen Gefühlen zu befreien, indem er wild entschlossen sich daran machte seine Habseligkeiten aus den Regalen an der Wand und vom Schreibtisch zusammenzusuchen. Viel fand er nicht mehr vor. Den größten Teil konnte Astoria behalten oder wegschmeißen. Ihn interessierte es herzlich wenig, was damit geschah. Als er fertig war, nahm er den Karton und verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß von Astoria bevor er zur Tür hinausging. Er hätte sofort zurück apparieren können, aber er wollte noch ein bisschen spazieren gehen, um seine Gedanken zu ordnen. Der Gefühlwall, der ihn gepackt hatte, hatte ihn verwirrt. Seit Jahren hatte er nicht mehr an diese Affäre gedacht. Manchmal war es ihm vielleicht in den Sinn gekommen, wenn er wieder das Gesicht der ehemaligen Gryffindor im Tagespropheten gesehen hatte, wie sie von neuen Gesetzesvorschlägen berichtet hatte. Doch er hatte es wieder verdrängt und die nächste Seite aufgeblättert. Mit Granger verband ihn nichts mehr, hatte ihn nie etwas verbunden. Es war alles nie geschehen. Diese Sehnsucht, die ihn nun ergriffen hatte, hatte er noch nie verspürt. Doch jetzt loderte sie in ihm auf und packte ihn am ganzen Körper. Draco fühlte sich schrecklich, denn in ihm brannte der Wunsch Hermines Gesicht in den Händen zu halten, sie zu liebkosen und ihr Lächeln zu sehen. Das war nicht normal. Er musste krank geworden sein. In seinem Kopf war überall ihr Bild und die Erinnerungen wollten nicht abreißen. Es war ein Freitag, als Draco das erste Mal auf Granger im Raum der Wünsche traf. Er hatte sich hierher zurückziehen wollen, da er einfach nicht mehr konnte. Die Bilder des Krieges verfolgten ihn und ließen ihn kaum atmen. Das Schloss war noch immer nicht vollständig saniert und an einigen Stellen klafften immer noch Lücken in den Wänden. Warum er sich ausgerechnet in den Raum der Wünsche zurückziehen wollte, wusste er auch nicht genau. Mit diesem Raum verband er so viele schreckliche Erinnerungen an den Krieg. Hier hatte er die Todesser hereingelassen und dadurch Dumbledores Tod verursacht. An diesem Ort war Crabbe gestorben und Draco musste zugegeben, dass er sich ohne ihn einsam fühlte. Goyle hatte nicht vor das siebte Schuljahr zu wiederholen, daher waren beide nicht mehr an seiner Seite. Vielleicht suchte er einfach einen Ort, an dem er nicht so einsam war. Er wusste es nicht. Er wollte nur eins sich vor der Welt zurückziehen. Und mit diesem Gedanken war er nicht alleine, als er den Raum betrat. Er hörte das leise Schluchzen und sah den Berg an braunen Haaren von hinten auf einem Sofa in der Nähe der Tür. Er erkannte sofort Granger und wollte wieder umdrehen, aber etwas hielt ich ihn zurück. Sie wirkte so verletzlich und zerbrechlich in diesem Augenblick, dass es in ihm den Wunsch weckte sie zu zerbrechen und in tausend Scherben fallen zu lassen. Draco machte einen Schritt auf sie zu und sie schreckte hoch. Granger sah ihn an und er konnte die Spuren der Tränen auf ihren Wangen sehen. „Raus hier, Malfoy“, fauchte sie. „Lass mich in Ruhe!“ Lässig kam er ihr näher und genoss ihre Wut und ihre Trauer. „Das hier ist nicht dein Zimmer, Granger“, schnaubte er. „Du kannst mich gar nicht rausschmeißen!“ Sie zog ihren Zauberstab und hielt ihn ihm unter die Nase. Doch er ließ sich nicht abschrecken. Er wollte sie in dieser Zerbrechlichkeit verletzen. Jetzt konnte er sich für all ihre Demütigungen rächen. Und diesem Drang in ihm gab er nach und schlug ihr den Zauberstab aus der Hand, um sie mit der gleichen Bewegung zu packen und an sich zu ziehen. Seine Lippen prallten auf ihre. Er stellte sich auf Gegenwehr ein, doch es kam nichts. Sie ließ es geschehen, erwiderte mit der gleichen Härte den Kuss und drückte sich an ihn. Plötzlich war da nur noch Verlangen zwischen ihnen. Ihre Körper prallten aufeinander und ihre Küsse wurden fordernder. Draco tastete mit seinen Händen ihren Körper begierig ab und befreite sie von ihrer Kleidung, während sie ihm aus seinem Hemd half bevor er selbst die Hose aufknöpfte. Das Bett war plötzlich da und lud sie ein sich darauf fallen zu lassen, um dort weiter das Körper des anderen zu erkunden und sich ganz der Leidenschaft hinzugeben. Es hatte nichts mit Liebe zu tun, nicht einmal mit Sex, sondern es war nur aus dem tief verborgenen Wunsch nach Geborgenheit und der Flucht vor der Einsamkeit entstanden. Als sie einander hart und unbarmherzig geliebt hatten, fühlte Draco sich einfach besser. Keine Bilder vom Krieg, die vor seinen Augen tanzten. Nein, nur Stille und innere Ruhe. So gut hatte er sich seit Monaten nicht mehr gefühlt, aber er stand nach einigen Minuten trotzdem wieder auf, denn das hier war nur ein kleiner Ausrutscher, der ihm nicht wieder unterlaufen würde. Er griff nach seiner Kleidung und beschloss die Sache zu vergessen. Aber das wunderbare Gefühl, das er empfunden hatte, ließ ihn nicht mehr los. Es verzehrte ihn nach diesem inneren Frieden und so kehrte er am nächsten Freitag zurück. Und nicht nur sehnte sich nach Frieden, so begann ihr Spiel erneut. Draco stand mit dem Karton im Arm vor einer Mülltonne. Er sollte all diesen Ballast wegwerfen. Er brauchte nichts mehr davon. Bald würde er sich eine kleine Wohnung in London suchen und würde neu anfangen. Dann würde er eine neue Frau kennen lernen und sein Glück woanders versuchen. Wenn er alles wegwarf, gab es nichts, dem er nachtrauern konnte. Es würde alles vergessen werden. Bevor er zu lange darüber nachdachte, schmiss er den Karton in die Mülltonne hinein und drehte sich um. Bestimmt hatte seine Mutter etwas Leckeres gekocht und wartete damit schon auf ihn. Er sollte sich beeilen und disapparieren. Doch etwas hielt ihn zurück. Draco blieb stehen und dachte fieberhaft nach, was ihm fehlen würde, dann wurde ihm klar, woran er sich klammerte. Es war nichts aus der Zeit mit Astoria. Es war die Schneekugel von Hermine, die er nicht wegschmeißen wollte, also kramte er den Karton wieder hervor und holte die Kugel hinaus. Er konnte nicht anders und schüttelte sie, um sich durch den Anblick der umherwirbelnden Schneeflocken zu beruhigen. Draco steckte die Kugel ein und disapparierte. Im nächsten Augenblick stand er vor dem eisernen Tor von Malfoys Manor und schob das Tor auf. Hier erschienen ihm seine Erinnerungen an Hermine lächerlich. Sie war ein Schlammblut und zu viel mehr als körperliche Befriedigung reichte das nicht. Ein Malfoy hatte keine Gefühle für eine Muggelstämmige. „Draco, mein Schatz, wo warst du solange?“, begrüßte ihn seine Mutter und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, was ihm in der Öffentlichkeit peinlich gewesen wäre, hier aber völlig in Ordnung war. „War bei Astoria meine Sachen holen“, entgegnete er kurz und bündig, sah aber im Gesicht seiner Mutter, das sie mehr hören wollte. „Ich hab keinen Hunger und bin müde“, sagte er bevor sie Fragen stellen konnte. Er hatte gerade keine Lust über seine Exfrau und die Scheidung zu sprechen. Er wollte nichts davon hören, dass er sich nach einer neuen Frau umsehen sollte bevor die Leute anfingen zu reden, was sie sowieso schon längst taten. „Okay, dann leg dich hin“, meinte seine Mutter nur und ließ ihn in Frieden. Draco entschwand sofort in sein Zimmer und verstaute die Schneekugel in der Kommode, um dann eine Dusche zu nehmen im Versuch die Erinnerungen fortzuspülen. Doch nach der erfrischenden Dusche hatte er immer noch dieses Gefühl, das er nicht wirklich in Worten fassen konnte. Er holte die Schneekugel wieder aus der Schublade hervor und stellte sie auf seinen Nachtschrank. Vielleicht wurde er doch sentimental, dachte er. Und kurz vor dem Einschlafen schoss ihm noch ein weiterer Gedanke durch den Kopf. Vielleicht hatte er damals auch einen Fehler begannen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)