Der Schrein der Himmel von Seelenfinsternis (Sess x Kag) ================================================================================ Kapitel 20: 20 – Liebe spannt einen Bogen ----------------------------------------- Sesshoumaru wusste danach nicht mehr wie lange er so demütigend vor den Göttern kniete. Es kam ihm wie Stunden vor. Die närrischen Götter gestatteten ihm schließlich gönnerhaft sich zu erheben und ihre Gabe zu empfangen; sie hatten merklich Spaß daran ihn so vorzuführen. Er fragte sich, was ihm die Kraft gab all dies zu ertragen und er kam nicht umhin festzustellen, dass es seine Liebe zu Kagome war. Liebe… vor einiger Zeit hatte er noch abgestritten, dass er im Stande war so etwas zu empfinden und nun trieb sie ihn dazu selbst dem Schicksal zu trotzen. Langsam begann er zu ahnen, was Kagome und Rin meinten, wenn sie ihm von dieser Macht erzählten, die alles in ihren Schatten stellen konnte. Und wenn dies die Macht war, die Kagome durchströmte, sinnierte er weiter, dann war sie in der Tat weitaus mächtiger als jeder Dämon. Wenn die Liebe selbst ihn auf die Knie bringen konnte. Er würde definitiv aber niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen von dieser Begegnung mit den Himmlischen berichten. Sein Stolz war zwar einmal geschlagen worden, aber er war nach wie vor da. Selbst Kagome würde niemals erfahren, was er den Göttern geopfert hatte. Mit diesen Erinnerungen und Gedanken lief er weiter durch die Schlucht, immer weiter auf den riesigen heiligen Baum. Je näher er kam, desto angestrengter war er; er schnaufte und war völlig außer Atem, jeder Muskel in seinem Körper schmerzte. Er fühlte sich wie nach einem harten Kampf gegen einen übermächtigen Gegner, doch wusste er, dass dies die Auswirkungen der heiligen Aura des Ortes war. Als er schließlich das Ende der Schlucht erreicht hatte, brannte seine Haut fürchterlich. Er musste diesen Ort so schnell wie möglich wieder verlassen, um nicht geläutert zu werden. Jeder andere Dämon hätte an diesem Ort sein gesamtes Youki verloren, doch selbst er hatte nur noch einen kleinen Rest dämonische Kraft, die ihn aufrecht hielt. Ein Wind zog durch die Krone des Baumes und brachte seine zahllosen Blättern aufgeregt zum Tuscheln. Einen solchen Besucher hatte die alte Weide noch nie in ihrem langen Leben. Ein Daiyoukai, der eine Miko liebte und sein Leben riskierte, um ihre Kraft zu erhalten. Ein unerhörtes Vorkommen. Doch die Weide tat wie ihr von den Göttern aufgetragen wurde und ein langer, gebogener Ast fiel Sesshoumaru vor die Füße. Das kleine Stück Holz hatte dieselbe Ausstrahlung wie der gesamte Ort, daher war es Sesshoumaru unmöglich es zu berühren. Aber irgendwie musste er das heilige Holz transportieren! Er wusste genau, was er daraus machen wollte. Er würde Kagome einen Bogen fertigen lassen aus dem heiligen Holz, so dass sie weiterhin mit göttlicher Kraft kämpfen konnte. Er würde den Bogen vom besten Waffenschmied Japans anfertigen lassen. Nur musste er ihn irgendwie dorthin bekommen. Er überlegte fieberhaft, was er tun konnte. Berühren konnte er ihn nicht ohne das er schwerste Verletzungen. Entschlossen nahm er Tenseiga und rammte es in das Stück Holz. Die dämonische Aura flammte auf und schrie, focht einen Kampf Youki gegen Reiki aus. Plötzlich war wieder alles still. Scheinbar hatten die beiden mächtigen Gegenstände sich auf einen Waffenstillstand geeinigt, da Tenseiga nicht geläutert wurde. Er schulterte sein Schwert mit dem Holz und machte sich auf den Weg. Nach langem Marsch erreichte er schließlich eine ihm nur zu gut bekannte Gegend. Die grüne Berglandschaft war wie zerteilt von einem großen Vulkan, dessen felsige Ausläufer die Landschaft wie Adern durchzogen. Sesshoumaru steuerte zielstrebig auf den Vulkan zu und erklomm dessen Spitze. Direkt an dem glutheißen Krater lag eine kleine Hütte, die im Wesentlichen aus dem Schädel eines riesigen Youkaiskeletts bestand. Lauts Klirren von Eisen war aus der Hütte zu hören. Vor dem Schein eines Schmiedefeuers sah man eine hagere Gestalt auf dem Boden sitzen. „Totosai“, sprach Sesshoumaru den Schmied monoton an. Kaum angesprochen, zuckte der Alte erschreckt zusammen. „Sess…Sesshoumaru, welch Freude euch zu sehen. Unglücklicherweise muss ich gerade weg, Kundschaft besuchen und so…“ Hektisch kramte der Schmied nach verschiedenen Werkzeugen und stopfte alles in einen großen Rucksack. „Tja, so ein Pech aber auch, Sesshoumaru, aber…“ „Ich habe einen Auftrag für dich.“ „Oh, das ehrt mich, aber wie gesagt, das Geschäft…“ „…kann warten“, beendete Sesshoumaru den Satz. Er sah Totosai einmal fest in die Augen und gab ihm damit zu verstehen, dass es keinen wichtigeren Auftrag gab als seinen gab. Der Schmied erstarrte vor Angst vor dem mächtigen – und für seine Ungeduld bekannten – Daiyoukai und gab seinen Widerstand auf „Was kann ich für euch tun, Meister Sesshoumaru?“ „Du wirst mir einen Bogen fertigen“, sagte er und warf Totosai Tenseiga zusammen mit dem Holz des heiligen Baumes vor die Füße. „Aus diesem Holz.“ „Das ist wahrlich ein sehr mächtiges Material, aber wie wollt ihr den Bogen führen, wenn ihr das Holz schon jetzt nicht berühren könnt?“, lachte der Alte. Er bemerkte sofort den fatalen Fehler, den er begangen hatte und verkroch sich hinter seinem Amboss, um Sesshoumarus strafendem Blick auszuweichen. „Er ist nicht für mich“, antwortete Sesshoumaru barsch. Er hätte Totosai schon vor Jahren für seine Frechheiten den Kopf von den Schultern geholt, wenn dieser nicht so ein begnadeter Waffenschmied wäre. So überging er auch diesmal die frevelhafte Bemerkung. „Ah, also für die kleine Miko, die ihr nun bei euch habt“, grinste der Alte schelmisch. „Treib es nicht zu weit…“, knurrte Sesshoumaru bedrohlich. Nach dem üblichen Spiel wurde Totosai wieder ernsthaft. „Ich nehme an, der Bogen soll eine Art Hochzeitsgeschenk werden, richtig?“ Stummes Nicken folgte. „Ich sehe dabei nur ein Problem; sie wird einen Teil eures Youkis in sich tragen in Form eures Mals. Die Frage ist, ob sie dann noch in der Lage sein wird einen derart reinen Gegenstand zu berühren.“ Dies war in der Tat ein Aspekt, den Sesshoumaru nicht bedacht hatte. Selbstverständlich würde er Kagome als die seine markieren, darauf würde er unter keinen Umständen verzichten. „Was schlägst du vor?“ „Eure Miko wird beide Kräfte in sich vereinen, Youki und Reiki, das Mensch gewordene Gleichgewicht Ying und Yang. Die Waffe muss also sich ihr anpassen und die gleiche Balance besitzen, sonst wird eine der beiden Mächte Besitz von ihr ergreifen. Neben dem reinen Holz brauchen wir auch dämonisches Material.“ Sesshoumaru verstand das Problem. Ihm wurde nun klar, was eine Miko, die die Gefährtin eines Dämons war, bedeutete in der Welt. Aber war Kagome nicht wie dafür geschaffen? Sie lebte dieses Gleichgewicht jeden Tag, also wäre der Bogen ideal für sie. „An was für dämonisches Material hast du gedacht Totosai?“ „Naja, da es ja ein Hochzeitsgeschenk werden soll, dachte ich an was Persönliches. Ich könnte eine Strähne eures Haares als Bogensehne verarbeiten. Euer Youki sollte mächtig genug sein um mit ein bisschen Geschick meinerseits dem heiligen Holz zu widerstehen.“ Wortlos zog Sesshoumaru Tokijin und ließ eine Strähne seines silbernen, endlos langen Haares darüber gleiten. Das Haar bot der scharfen Klinge keinerlei Widerstand und fiel langsam zu Boden. „In drei Tagen werde ich wieder hier sein.“ Damit kehrte er dem alten Waffenschmied den Rücken und verließ die kleine Hütte wieder. Während all dieser Ereignisse um Sesshoumaru lag Kagome noch immer in ihrem Krankenbett im Tempel und sehnte sich nach der Rückkehrt ihres Daiyoukais. Dank der liebevollen Pflege Rins und Jinenjis machte sie schon bald gute Fortschritte und konnte nach einigen Tagen wieder die ersten Schritte gehen. Sie hasste es anderen zur Last zu fallen und setzte daher alles daran mit zusammengebissenen Zähnen ihren Alltag wieder aufzunehmen. Rin versuchte sie zwar immer davon zu überzeugen, dass sie keine Last war, aber Kagomes Sturkopf war nicht zu überwinden. Abends saß Kagome immer unter dem Baum, den Sesshoumaru bewohnt hatte und blickte traurig in die Sterne. Wo er jetzt wohl sein mag, dachte sie, ob es ihm gut ging? Und über allem schwebte stets die Frage, wann er wieder zu ihr kommen würde. Sie ahnte, dass er solange Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, bis er eine Lösung für ihr Problem gefunden haben würde; vorher würde er ihr nicht wieder unter die Augen treten, das gebot sein Stolz. Aber sie würde warten, hier im Tempel auf ihn warten egal wie lange es dauern sollte. In der kurzen Zeit, die sich nun näher gekommen waren, hatte sie erkannt, dass der kalte Herr des Westens ihr Gegenstück war, dass sie füreinander geschaffen worden waren. Zum ersten Mal in ihrem Leben war das Glück für sie in greifbare Nähe gerückt. Solange musste sie darauf warten, war schon in tiefer Hoffnungslosigkeit versunken. Dann kam Sesshoumaru und gab ihr neue Hoffnung und machte sich auf eine einsame Schlacht gegen das Schicksal auf, um ihr endlich das Glück zu beschaffen nach dem sie sich immer gesehnt hatte. Die Gedanken an ihren Dämon vertrieben die Gedanken an ihre momentane Einsamkeit und gaben ihr jeden Tag aufs Neue die Hoffnung, dass er schon bald wieder im Tempel auftauchen würde. Der Glaube an ihn und ihre Liebe war wie ein Regenbogen in der Dunkelheit, er verbreitete Lebensfreude wo sonst graue Depression herrschte, vertrieb die dunklen Wolken des Zweifels und füllten ihr Herz mit Hoffnung. Und wenn sie eines Tages das Ende ihres Regenbogens erreicht haben würde, würde sie ihren persönlichen Topf voller Gold finden; Sesshoumaru, Daiyoukai des Westens und ihr Gefährte. Wie Totosai versprochen oder angedroht – je nach Perspektive –kam Sesshoumaru pünktlich am dritten Tag nach seiner Bestellung wieder zu der sonderbaren Behausung des Schmiedes, um den Bogen abzuholen. Die Sonne versank bereits hinter den Bergen und das Licht der Dämmerung schickte ihm einen langen Schatten über das Vulkanfeld voraus. Aus der Schmiede war der Lärm harter Arbeit zu hören, das Klirren von Metall und das Zischen des Schmiedefeuers. Sesshoumaru trat wortlos ein und sah den alten Schmied erwartungsvoll, aber dennoch gefährlich lauernd an. „Ah, Sesshoumaru, ihr kommt wegen des Bogens, sehr schön.“ Der Alte verschwand in einer Ecke seiner Werkstatt und holte einen mit einem Lumpen umwickelten Gegenstand. „Das ist er, der Weltenbogen, wie ich ihn nenne. Er verbindet Reiki und Youki in sich, wie du es gewünscht hast.“ Während er diese Worte sprach, holte er den Bogen aus seiner schäbigen Ummantelung. Das Holz war so bearbeitet, dass die Maserung gut sichtbar geworden war und der Waffe ein natürlich gewachsenes Ornament bot. Durch sorgfältiges Ölen des Holzes erhielt es einen zarten und seidigen Schimmer, der von dem mit naturfarbener Seide umwickelten Griff weitergetragen wurde. Der Bogen sah zart und filigran geschwungen aus, zu schön als das man glauben konnte eine tödliche Waffe in den Händen zu halten. Doch das Schönste an dem Bogen war seine Sehne, die silbern funkelte wie gewobenes Sternlicht. Der Bogen sah rein und zerbrechlich aus, doch Sesshoumaru spürte seine verborgene dämonische Seite. Nur wer genau hinsah, erkannte, dass die so mystisch strahlende Sehne das Haar eines Youkai war. Die Aura des Gegenstandes war bemerkenswert, die perfekte Balance von Ying und Yang. Er wagte es nicht den Bogen zu berühren, denn er besaß noch immer die läuternden Kräfte des heiligen Holzes, auch wenn ein Teil von ihm darin verarbeitet war. „Eins müsst ihr aber noch wissen, Sesshoumaru. Der Bogen ist aus eurem Haar gefertigt und dank mir mit dem reinen Holz verbunden. Ein Pfeil von einer Person mit reiner Kraft abgeschossen, wird euch sofort läutern, eure dämonische Kraft hat diesem speziellen Reiki nichts mehr entgegenzusetzen. Bedenkt das gut! Eure Miko wird euch mit einem Pfeil töten können.“ Schweigend nahm Sesshoumaru die Warnung zur Kenntnis, während er zufrieden den Weltenbogen betrachtete. Vorsichtig hüllte er ihn wieder ein, um ihn nicht zu berühren und verließ den Schmied ohne ein weiteres Wort. „Naja, wie sagt man so schön, nicht gemeckert ist schon genug des Lobes“, murmelte der Alte in seinen grauen Bart. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)