風の記憶 (Kaze no kioku) von tarantye-no (Die Erinnerung des Windes) ================================================================================ Kapitel 4: Änderungen --------------------- Ungeduldig lief Akira auf und ab, sah immer wieder zur Tür, die aus seinen Gemächern führte und die sich jederzeit öffnen musste. Er hasste es, sich zu gedulden… Vor allem jetzt, da er seine zukünftige Ehefrau zum ersten Mal sehen würde. In diesem Moment öffnete sich die Tür und er hielt in seinem Laufen inne, stellte sich gerade hin. Die Diener schoben die Tür ganz auf und Sachi betrat langsam den Raum, mit einigen Hofdamen im Schlepptau. //Wow… Seiimei hat nicht zu viel versprochen. Sie ist wunderschön!// Er setzte ein leichtes Grinsen auf und ging langsam auf sie zu, verbeugte sich zusammen mit ihr. „Es freut mich, Euch endlich kennen lernen zu können, Akira-sama.“, sagte die junge Frau leise und sah ihn kurz an, schlug dann aber sofort die Augen nieder. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Sachi-sama. Ihr seht bezaubernd aus.“, erwiderte er und sah, wie sie errötete. „Dies ist meine Hauptkammerfrau, Kaya. Sie wird mit mir, ihrer Lehrerin und ihrer Dienerin zusammen einziehen.“ Akira sah leicht zur Seite und in diesem Moment trat Kaya schüchtern nach vorne und verbeugte sich tief, traute sich kaum, ihn an zu schauen. Fasziniert sah er zu ihr und biss sich leicht auf die Lippen. Hatte er Sachi gerade „bezaubernd“ genannt? Kaya war das schönste Mädchen, dem er je begegnet war. Die braunschwarzen Haare, die weiße weiche Haut… Akira konnte kaum die Augen von ihr nehmen. Und diese Stimme! Nicht zu tief und nicht zu hoch mit einem wundervollen Klang. Die meisten Frauen und Mädchen pressten ihre Stimmen höher, um graziler und reizvoller zu erscheinen, doch Kaya schien ganz darauf zu verzichten und das war ihm sofort sympathisch. Er mochte so etwas ganz und gar nicht. Doch schließlich verbeugte er sich ebenfalls und lächelte sie an. „Es ist mir eine Ehre, Euch kennen zu lernen zu dürfen, Kaya-sama. Ihr seid in meinen Gemächern willkommen.“ Die Zweideutigkeit dieses Satzes fiel ihm zwei Millisekunden danach ein. Kaya anscheinend auch, denn ihr Gesicht färbte sich hochrot und sie verbeugte sich nur wieder hastig, murmelte ein kaum hörbares „Ich danke euch“ und zog sich hinter Sachi zurück. Nur mit Mühe konnte Akira sich wieder Sachi zuwenden und konzentrierte sich jetzt auf sie und unterhielt sich mit ihr, auch wenn sein Blick immer wieder zu Kaya glitt. Ihre Lehrerin, die als Haruko-sama vorgestellt wurde und Taki-san, die Kammerfrau von Kaya, redeten immer wieder leise mit ihr und schienen viel zu erklären. Warum brauchte die Oberste Kammerfrau einer Edlen Dame eine Lehrerin? Es schien auch so, als hätte sie einen Palast oder ein edles Anwesen noch nie in ihrem Leben von innen gesehen. Seltsam… Akira runzelte bei dem Gedanken leicht die Stirn. Er musste sich über sie informieren. „…-sama? Akira-sama?“ Er blinzelte und sah Sachi an, seufzte leise. „Verzeiht mir bitte, Sachi-sama… Der Tag hat hektisch angefangen und ich bin mit meinem Kopf deswegen noch ganz woanders.“, entschuldigte er sich und die junge Frau schüttelte den Kopf, lächelte etwas. „Ich verstehe durchaus. Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen. Soll ich später noch einmal vorbeikommen? Ich würde mich sehr gern mit Euch unterhalten.“ „Ich… Oh… Nun, wenn es für euch nicht störend ist, dann gerne.“ „Aber natürlich nicht. Lasst einen Diener nach mir schicken.“ Sachi verbeugte sich und drehte sich um, Kaya und ihre Helfer folgten auf dem Fuß. Akira sah, wie Kaya sich zu ihm drehte, ihn kurz ansah, ehe sie sich mit geröteten Wangen wieder wegdrehte und das Zimmer hinter Sachi verließ. Der Kommandant und beste Freund Seiimeis war über sich selbst verärgert. Wie konnte er ein solches Verhalten nur zulassen? Sachi war seine zukünftige Gemahlin und war vom Shogun persönlich ausgewählt worden und alles, was er tat, war, ihrer Hauptkammerfrau nachzustellen! Er verließ sein Gemach ebenfalls und begab sich auf den Weg zu Seiimeis Privatgarten, von dem er wusste, dass man ihn zu dieser Tageszeit immer beim Mittagessen antreffen konnte. Die Wachen am Eingang salutierten, als sie ihn erkannten und öffneten die Türen, ließen ihn eintreten. Sofort legte sich eine Ruhe über Akira und er entspannte sich. Seiimeis Garten als „klein“ zu bezeichnen war absolut untertrieben. Ein breiter Weg führte über einen großen Teich hin zu einer großen Laube, in der der Shogun, wie jetzt, saß und aß oder las. Seiimei liebte Kirschbäume, deswegen war der Garten voll davon und da die Blütezeit war, war das Moos, das den Boden des gesamten Gartens überzog, sowie der Weg mit einem rosaweißen Blütenteppich überzogen. Langsam ging er den Weg entlang und verbeugte sich vor Seiimei. „Eure Majestät…“, sagte er leise und erhob sich mit einem Wink des Mannes, ließ sich gegenüber von ihm auf die andere Liege sinken. „Ich kann Sachi nicht heiraten.“, eröffnete er das Gespräch und erntete einen fragenden Blick. „Und warum nicht? Stehst du also doch auf Männer?“, fragte Seiimei nur und legte die Rollen, in denen er gelesen hatte, beiseite, bekam für seine Gegenfrage einen vorwurfsvollen Blick zurück. „Nein! Es ist… Ich meine, sie ist wunderschön und sehr höflich und würde mit Sicherheit eine gute und traue Ehefrau sein. Und ich bin dir auch sehr dankbar und ich schätze es, dass du sie für mich ausgesucht hast!“ „Aber?“ „Ihre Hauptkammerfrau…“ Seiimei lachte auf und sah ihn belustigt an. „Ist das dein Ernst?“ Akira seufzte genervt und nickte etwas. „Sachi ist perfekt… Bis sie mir ihre Oberste Kammerfrau vorstellte. Tja…“ Er hob die Schultern. „Ihr Name ist Kaya und sie scheint es nicht gewohnt zu sein, am Hof zu verkehren. Sie hat immer eine Lehrerin und ihre Kammerdienerin bei sich.“ „Ich verstehe.“ Seiimei nickte und richtete sich auf. „Du erwartest also von mit, dass ich einige Informationen über sie suchen lasse, ja?“ „Naja… Es wäre nett von dir.“ Er lächelte zerknirscht. „Es ist mir egal, woher sie kommt oder was sie vorher war. Ich will sie. Seiimei, glaube mir, sie ist perfekt. Perfekter als perfekt. So fragil, so zerbrechlich… Und ihr Gesicht! Ihr Mund, ihre Augen, ihre N-…!“ „Schon gut, schon gut!“, unterbrach Seiimei ihn und lachte erneut. „Ich habe verstanden. Nun aber etwas anderes. Dir ist hoffentlich klar, dass man Sachi nicht einfach zurückschicken kann, weil du dich für jemand anderen, noch dazu von niedrigerem Stand als sie, entschieden hast. Es würde sich sehr zu meinem Nachteil auswirken. Die Heirat zwischen dir und Sachi war ein politisches Bündnis, das ich eingegangen bin.“ Nachdenklich runzelte er die Stirn und seufzte. „Ich bin kein Unmensch. Ich werde sie nicht an jemanden hier am Hof geben, der es nicht gut mit ihr meint, aber alles muss wohl überlegt sein. Sachi kann man nicht einfach abschieben. Sie hat ihren Stolz und vor allem Vertrauen zu dir und mir als ihren Herrscher. Bevor wir nichts über Kaya wissen und bevor ich auch keinen Plan habe, wie ich dir helfen kann, darfst du kein Wort darüber verlieren, hast du verstanden?“ „Ja… Ich bin dir so dankbar, Seiimei.“, sagte Akira ehrlich. „Wärst du nicht mein Freund, würde ich sagen, du wirst damit leben müssen. Denn Heiraten gibt es kaum mit Gefühlen… Es geht nur um das Geschäft, über die Macht, die man ausbreiten kann. Aber… Jeder verdient ein wenig Glück.“ Seiimei grinste schief. Akira konnte sich auf Seiimei verlassen, egal, was war. Sie kannten einander schon, seit sie Kinder waren und Akira setzte auf Seiimei wie auf keinen anderen. Er war auch der einzige, der ihn ohne Titel anreden durfte, nicht einmal Seiimeis Frau war das erlaubt. Die Stellung des Kommandanten hatte er aber nicht bekommen, weil er sich so gut mit dem Shogun verstand, sondern wegen seinem guten Umgang mit Waffen und seinem strategischen Denken. Mittlerweile hatte er die Gewalt über eine große Anzahl von Truppen, die bereit waren, für Seiimei und ihn zu sterben. „Tu mir aber bitte den Gefallen und mache es weniger auffällig, dass du an dieser… Wie hieß sie nochmal? Ach ja, Kaya… interessiert bist. Ich will kein Drama im Frauenpalast.“, sagte Seiimei ernst und Akira nickte. „Ich verstehe es. Es wird nicht passieren.“, versprach er und der Shogun machte eine winkende Bewegung. Aus dem Schatten trat mit einem Mal ein junger Mann. „Goushujin-sama?“ „Geh zu Tachiba-sama und erteile ihm das, um das Akira-san gebeten hat.“ „Ja, Gosuhujin-sama.“ Der Diener verbeugte sich und verließ den Garten, während Akiras Blick dem Kurzschwert an dessen Hüfte nachsah. „Wer ist er?“, fragte er und lehnte sich zurück, schnappte sich eine kandierte Feige und knabberte daran. „Ich habe ihn zu mir genommen als meinen persönlichen Diener.“, antwortete Seiimei und schloss die Augen etwas. „Und als Leibwächter. Traust du mir nicht mehr? Mache ich meine Arbeit nicht mehr gut?“, jammerte der Kommandant und lachte, als sein Gegenüber die Augen verdrehte. „Aber nun mal ehrlich… Warum?“ „Es schadet nie, einen Leibwächter zu haben, der sich als Diener ausgibt. Und er schien mir der fähigste von den anderen, die neu als Palastwachen gekommen sind.“ „Und wohl auch am gutaussehendsten. Ich kenne dich doch. Der Kleine hat es dir angetan.“ Der Blick, der nun folgte, bestätigte Akiras Vermutung. Seiimei hasste es, Sachen zuzugeben, die mit Gefühlen zu tun hatten und auch sonst zeigte er ungern, was er empfand. „Deiner Frau wird das nicht gefallen.“ „Meine Ehefrau interessiert mich einen Dreck.“ Seiimei schnaubte und strich sich durch das lange Haar. „Vater hat mir Ukifune aufgedrängt, weil er hoffte, meine Vorliebe für Schwänze damit ersticken zu können. Hat aber nichts daran geändert, ich habe immer noch genug Lustknaben* zur Auswahl und sie lieben es, von mir gefickt zu werden. Ich frage mich sowieso, von welchem Dämonen der Alte besessen war, als er sie ausgesucht hatte. Sie ist egoistisch, dumm, ungebildet und selbstverliebt. Zudem bildet sie sich ein, ich hätte Gefühle für sie, was dazu führt, dass sie mehr Zeit mit mir verbringen will, als mir lieb ist.“ Er runzelte die Stirn. „Aber sie ist auch unberechenbar und gefährlich. Sie weiß natürlich von den Jungen und hat ein paar schon vergiftet. Bei den restlichen sind jetzt Vorkoster und zusätzliche Wachen postiert. Bei Hiko auch… Jetzt weißt du auch seinen Namen. Er weiß aber nichts davon, was auch besser so ist. „Schon mal darüber nachgedacht, sie… nun… verschwinden zu lassen?“, fragte Akira mit nahezu unschuldiger Stimme. Es war nicht unüblich, ungebetene Frauen oder Männer verschwinden zu lassen. „Einfacher gesagt als getan. Sie ist die Tochter einer meiner wichtigsten Verbündeten und er würde es sofort wissen, wenn sie unter nicht geklärten Umständen sterben würde und mir misstrauen.“ Sein Freund nickte etwas und seufzte leise. „Was machst du, wenn der Kleine nicht so ist, wie du denkst?“ „Oh, glaube mir, er ist. Es gab da schon ein paar Situationen, die ihm wahnsinnig peinlich waren, mich aber sehr amüsiert haben. Er ist eindeutig unberührt was es für mich nur noch verlockender macht, ihn zu meinem zu machen.“ Akiras Freund grinste etwas. „Und dann? Wird er ein weiterer-…“ „Auf gar keinen Fall. Er wird weiterhin bei mir bleiben. Ukifunes Kimonos werden im hervorragend stehen.“ Alarmiert richtete Akira sich auf und sah ihn an. „Du willst ihn zum Ersten Gemahl… Ich meine, zur Ersten Gemahlin** machen? Wie?“ „Er übernimmt Ukifunes Stellung. Sein Körper und seine Erscheinung sind sehr weiblich und ja, ich weiß, worauf du hinaus willst… Aber über Kinder will ich mir momentan keine Gedanken machen.“, antwortete Seiimei und Akiras Mund klappte zu, als seine ausstehende Frage bereits beantwortet wurde. Der Ältere sah ihn genau an. „Ich werde Hiko nicht mehr gehen lassen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)