Geheimnisse aus Malendyr von Veluna ================================================================================ Kapitel 3: Spurensuche ---------------------- *** Der Regen hatte aufgehört und die kalte Nachtluft ließ Loriena schwer atmen. Sie fühlte sich ausgelaugt und kaputt. Das Gespräch mit Morek hatte ihr nicht behagt, denn sie fühlte sich nun wie eine unzuverlässige und nichtskönnende Elfe, die noch dazu unerwünscht war. Farek hatte draußen auf sie gewartet und blickte betrübt zu ihr auf. »Das lief wohl nicht so gut.«, stellte er fest. Loriena schüttelte den Kopf und sah hilflos zu ihm hinab. »Ihr könnt in meinem Zelt schlafen. Hier ist genug Platz für alle. Wir werden uns um euer Pferd kümmern und es versorgen. Tazal hat es sich schon gut gehen lassen.« Während er sprach, zeigte er zur Mitte des Lagers. Dort standen zwei kleine Zwerge um Tazal herum und verwöhnten ihn mit Streicheleinheiten. Tazal genoss es und ließ sich von ihnen auch noch durchfüttern. Loriena schmunzelte, dann wandte sie ihren Blick wieder Farek zu. »Ihr sagtet etwas von einem Händler?« »Nenn mich ruhig Farek, kleine Elfe. Wir brauchen dieses Höflichkeitsgetue nicht.«, sagte er und schenkte ihr ein müdes Lächeln. Der noch eben so skeptische Zwerg verwandelte sich nun in einen freundlichen und hilfsbereiten. »Zum Händler geht es hier entlang.« Loriena folgte Farek zu einem der kleinen Zelte. Er öffnete es und beide traten hinein. Vor ihnen befand sich ein Zwerg, der ein Gewand trug und in einem Berg voller Dinge herumwühlte. Beinahe schien er darin unterzugehen. »Balduin, ich habe Kundschaft für dich.«, erklärte Farek. Der Händler drehte sich um und sah zu Loriena auf. Seine Augen wurden groß und er kraulte sich am Bart. »Welch hübsche Elfe ich vor mir sehe.«, sagte er. Balduins Stimme klang weder hart noch rau, eher weich und sanft. Sein Gewand hing ihm bis über die Schuhe und seine Haare hatte er zu einem Zopf gebunden. »Farek, warte draußen.«, befahl er dem Zwerg. Sofort verließ Farek das Zelt. Balduin ging auf Loriena zu und reichte ihr die Hand, welche sie daraufhin ergriff und schüttelte. »Was kann ich für dich tun, mein Kind?«, fragte Balduin. Seine Wortwahl gab Loriena das Gefühl ein kleines Kind zu sein, welches nach etwas Süssem verlangte. »Was könnt ihr mir denn anbieten?«, entgegnete Loriena. Grinsend drehte sich der Zwerg um und zeigte auf den Berg hinter ihm. »Hier liegt mein ganzer Plunder. Was das Herz begehrt. Brauchst du vielleicht einen Kamm?«, fragte er hoffnungsvoll. »Nein, den habe ich schon.«, gab Loriena zurück. »Nun, dann vielleicht einen ledernen Beutel? Wirklich erste Wahl, das Leder ist aus Drachenhaut und kommt aus dem Horatesgebirge. Für 3 Goldmünzen gehört er dir.«, sagte Balduin. »Leider brauche ich auch das nicht.«, antwortete Loriena ihm und sah daraufhin in die enttäuschten Augen des Zwergs. »Ich habe noch jede Menge andere Dinge.«, hörte Loriena ihn sagen. »Wisst ihr was ich wirklich gebrauchen kann?«, fragte sie ihn mit einem Lächeln auf den Lippen. Fragend sah Balduin sie an. »Ich bin eine Jägerin, wie ihr sicher seht. Meine Waffe ist mein Bogen. Im Nahkampf allerdings ist der Bogen eher nutzlos, daher brauche ich einen Dolch oder ein kurzes Schwert, oder etwas Dergleichen.«, erklärte sie. Nachdenklich sah Balduin sie an. »Ich wäre bereit, bis zu sechs Goldmünzen dafür zu zahlen unter der Bedingung, dass ihr mir etwas verkauft, was mich auch wirklich schützt.«, setzte Loriena nach. Balduin drehte sich um und kramte in seinem Berg herum. Er wühlte, suchte und verschwand nach einer Weile darin. Loriena hörte es nur noch poltern und wartete, dass er wieder zum Vorschein kam. »Ich glaube, ich habe etwas für dich gefunden, Kind.«, rief er und kletterte wieder aus seinem Plunderberg hinaus. In seinen Händen hielt er eine dunkle Holzkiste auf der schon eine dicke Schicht Staub lag. »Das hier müsste das Passende sein.«, erklärte er, während er die Kiste öffnete. Darin befand sich ein Dolch. Loriena sah ihn staunend an und betrachtete ihn. Sein Griff war aus Silber und hatte ein wunderschönes Muster eingraviert. Die Dolchspitze sah so scharf aus, als könnte sie Metall schneiden. Das Besondere an ihr war jedoch der rosa-orangene Schimmer der sie überzog. »Er sieht perfekt aus.«, sagte Loriena, während sie den Dolch noch immer bestaunte. Balduin grinste sie zufrieden an. »Nimm ihn in die Hand Kind, erst dann wirst du wissen, ob es der Richtige für dich ist.« Ohne zu zögern griff Loriena nach dem Dolch. Ein unglaubliches Gefühl der Stärke durchfuhr sie, als sie ihn in der Hand hielt. Es fühlte sich an, als würde Loriena von etwas durchströmt, einer Art Magie. Nachdem sie den Dolch wieder in die Kiste gelegt hatte, verschwand auch das Gefühl. »Ich nehme ihn.«, sagte sie entschlossen und schien sichtlich zufrieden mit ihrer Entscheidung. »Das freut mich, jedoch kann ich ihn dir nicht ohne einen Waffengürtel geben. Oder hast du einen?«, erklärte ihr der Zwerg. Nachdem Loriena den Kopf geschüttelt hatte, verschwand Balduin erneut in seinem Plunderberg und kam kurze Zeit später mit einem ledernen Gürtel zurück. »Hier, der sollte dir passen.« Als sie den Gürtel um ihre Hüfte gelegt und den Dolch in die Scheide gesteckt hatte, fühlte sie sich von einer inneren Wärme durchzogen. »Wieviel kosten mich eure Mühen?«, fragte sie ihn anschließend. »Der Dolch kostet sechs Goldmünzen und der Gürtel 80 Silbermünzen.« Während Balduin die Preise aufzählte, holte Loriena ihren kleinen Beutel mit Goldmünzen heraus, den Khaelon ihr gegeben hatte. Sie reichte dem Zwerg sieben Goldmünzen und erhielt 20 Silbermünzen zurück. »Vielen Dank.«, sagte sie zu ihm und wandte sich zum Gehen um. »Warte einen Moment.«, rief er Loriena nach und lief zu ihr hin. Fragend blickte sie ihn an. »Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich.«, erklärte er und wühlte in den Taschen seines Gewandes herum. Dann hielt er ihr einen kleinen, türkisen Stein hin. »Das ist ein Morlion. Ich fand ihn auf meiner letzten Reise. Du kannst ihn sicher besser gebrauchen wie ich und ich überlasse ihn dir gern. Verarbeite ihn in deiner Rüstung und er wird deine Ausdauer im Kampf stärken.« Ungläubig blickte Loriena ihn an. »Warum schenkt ihr ihn mir? Er ist doch sicher viel wert.« Balduin winkte das Gesagte mit einer Handbewegung ab. »Er ist sehr klein und daher nicht mehr wert wie eine Goldmünze. Auch kommt hier nur selten jemand vorbei, der Edelsteine kaufen möchte. Deswegen überlasse ich ihn dir gern.« Dankend blickte Loriena ihn an und verließ dann das Zelt. Draußen wartete Farek schon auf sie. »Du hast dir doch keinen Firlefanz andrehen lassen, oder?«, fragte er sie besorgt. »Nein, ich habe das bekommen, was ich dringend brauchte.«, erklärte sie ihm. Dann ließ sie sich von ihm zu dem Zelt führen, in dem sie übernachten durfte. Fareks Zelt war genauso schlicht wie die anderen, nur das in seinem Zelt mehrere Stapel von Büchern lagen. »Du kannst dich hier ausruhen. Und wenn du etwas brauchst, dann sag bescheid.«, erklärte er und verließ sie dann. Als Farek weg war, sah Loriena in das Zelt und fand dort ihre Taschen. Sie holte ein kleines Tuch heraus und wickelte den Edelstein hinein. Dann ließ sie sich auf das Bett fallen. Müde und erschöpft machte sie es sich gemütlich und deckte sich zu. Als sie gerade dabei war einzuschlafen, betrat Tazal das Zelt und legte sich ans Fußende des Bettes. Gemeinsam schliefen sie ein. *** Traumlos verging die Nacht und Loriena hatte einen ruhigen Schlaf. Dies sollte sich jedoch rasch ändern. Gegen vier Uhr morgens, wurde sie von Farek geweckt. Zuerst dachte sie, es wäre nur ein Traum. Nach einer Weile wurde ihr jedoch bewusst, dass es Wirklichkeit war und sie in dem Bett eines Zwerges lag. Aus ihren verschlafenen Augen erkannte sie Farek, der mit seiner Laterne am Bett stand und sie weckte. »Du musst aufstehen, Elfenmädchen.«, sagte er. Fragend blickte sie ihn an. »Was ist denn los?« Farek senkte den Kopf und seufzte. »Morek verlangt nach dir. Er sagte, er will dich sprechen und zwar sofort.« Loriena hob die Augenbrauen. Sie war keine Elfe, die ihre Missbilligung mit Worten ausdrückte. Wenn ihr etwas nicht gefiel, hob sie die Augenbrauen und das war es. Ohne weiteres stand sie auf und streckte sich. Dann richtete Loriena sich rasch ihre Haare und folgte Farek aus dem Zelt ins Freie. Draußen war es feucht und kalt. Es dämmerte am Himmel. Am Lagerfeuer saßen ein paar Zwerge und tranken Bier. Loriena betrat Moreks Zelt und sah ihn gespannt an. Morek drehte sich augenblicklich zu ihr um. »Ah, da seid ihr ja, Elfe.«, sagte er und der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören. Loriena schwieg und wartete darauf, was Morek zu sagen hatte. »Habt ihr gut geschlafen?«, fragte er sie. Loriena war eine recht geduldige Elfe, doch ließ sie sich auch nicht hinters Licht führen. »Ihr habt mich sicher nicht gerufen, um zu erfahren, ob ich gut geschlafen habe, Morek Sturmauge.«, sagte sie in ernstem Tonfall. Schnaubend blickte der grimmige Zwerg zu ihr auf. »Was ihr nicht sagt! Ich wollte das ihr zu mir kommt, damit ich euch meine Entscheidung mitteilen kann.« Erwartungsvoll sah Loriena ihn nun an und wartete auf seine Entscheidung. »Wisst ihr, da ihr mich in Punkto Pünktichkeit und Höflichkeit enttäuscht habt, habe ich mich dazu entschlossen, euch zunächst auf die Probe zu stellen.«, erklärte er ihr mit freudiger Stimme. Genervt sah Loriena ihn an, versuchte aber ruhig zu bleiben. »Und was bedeutet das nun?«, fragte sie ihn. Marek begann zu lachen. »Ihr sollt einen Auftrag für mich erledigen. Führt ihr ihn zu meiner Zufriedenheit aus, würde sich das sehr positiv auf meine Entscheidung auswirken. Danach entscheide ich, ob ich euch weiterschicke, oder ob ihr nach Flockenhain zurückkehren müsst.« Ungeduldig trat Loriena auf der Stelle. »Und was soll ich für euch tun?« »Hier in der Nähe gibt es einen Bären. Er hat nun schon öfter unser Lager angegriffen und unsere Vorräte gestohlen. Außerdem hat er zwei Zwerge schwer verletzt. Wir nennen ihn den Brummbären. Ihr sollt ihn für mich ausfindig machen und mir seinen Kadaver bringen.«, erklärte er ihr. Nachdem sie erfahren hatte, was sie tun musste, nickte sie Morek zu und drehte sich um. Als sie gerade das Zelt verlassen wollte, wurde sie von Morek zurückgerufen. »Loriena Windsucher?«, rief er. Mit gehobenen Augenbrauen drehte sie sich zu ihm um. »Ihr tragt einen schönen Dolch bei euch. Ich hoffe, ihr habt ihn auch verdient.« Seine Stimme klang ernst bei diesen Worten. Dann drehte der Zwerg sich um und Loriena verließ das Zelt. »Farek, lass doch bitte mein Pferd holen und satteln.«, murmelte Loriena zu Farek, der vor dem Zelt schon auf sie wartete. Rasch nickte er ihr zu und lief davon. Die Gastfreundschaft der Zwerge verblüffte Loriena. Sie hatte sie immer für grimmige Biertrinker gehalten. Nachdem das Pferd gesattelt und Loriena aufgesessen war,sah sie Farek dankend an. »Was hast du nun vor?«, fragte dieser. »Nun werde ich einen Bären erlegen.«, sagte sie entschlossen. Bewundernd blickte Farek zu ihr auf. »Viel Glück da draußen. Pass auf dich auf, Elfenmädchen.« Loriena grinste ihn noch einmal an, dann ritt sie los und Tazal folgte ihr. *** Als die Sonne schon am Himmel stand, befanden sich Loriena und ihre Gefährten schon in den Tiefen des Toranwaldes. Nadok trabte nur langsam durch das Dickicht, somit konnte Loriena nach möglichen Spuren Ausschau halten. Tazal hingegen schnüffelte den ganzen Wald ab und suchte ebenfalls nach einer Spur. Loriena glaubte etwas am Boden entdeckt zu haben und brachte Nadok zum Stehen. Nachdem sie abgestiegen war und Nadok an einem Baum befestigt hatte, eilte sie leise zu der Stelle, an der sie glaubte, etwas gesehen zu haben. Auf dem mossbedeckten Boden sah Loriena einen riesigen Tatzenabdruck, der unter ein paar Blättern halb versteckt war. Sie kniete nieder und legte den Abdruck frei. Dann untersuchte sie ihn eine Weile und stelle fest, dass er von einem großen Bären stammte. Der Tiefe des Abdrucks nach zu urteilen musste der Bär um die 400 Kilogramm wiegen. »Na, das kann ja lustig werden.«, murmelte Loriena vor sich hin. Schließlich winkte sie Tazal zu sich herüber und ließ ihn an dem Abdruck schnüffeln. Es dauerte eine Weile, bis Tazal die Fährte aufgenommen hatte und ihr folgte. Loriena schlich leise hinter Tazal her. Beide irrten eine Weile durch den Wald und Loriena glaubte schon, den Bären nie zu finden, bis Tazal schneller lief. Nun musste sie sich beeilen, um hinterher zu kommen. Schwanzwedelnd rannte Tazal durch den Wald und Loriena folgte ihm keuchend. Als er abrupt Halt machte, befanden sie sich unmittelbar vor einer Höhle. Stolz setzte Tazal sich an den Eingang und wartet auf Loriena. Diese zog sogleich ihren Bogen hervor und legte einen Pfeil an die Sehne. Schussbereit ging sie langsam ein paar Schritte näher. Durch die enorme Dunkelheit in der Höhle war kaum etwas zu erkennen. Loriena wandte eine ihrer gelernten magischen Fähigkeiten an. »Luna el Lumis!«, flüsterte sie. Ein kurzer Lichtschwall erhellte die Höhle und ließ sie für einen Moment sehen, was sich darin befand. Der Bär lag am Ende der Höhle, welche nur etwa fünf Meter lang war. Es schien, als würde er noch immer schlafen und hätte seinen Winterschlaf noch nicht beendet. Nun verstand Loriena auch ihren Auftrag. Morak wusste genau, dass der Brummbär bald wieder erwachen und sie dann erneuten Ärger mit ihm haben würden. Daher wollte er ihn beseitigen lassen. Loriena trat nun an den Bären heran. Zwischendurch wirkte sie immer wieder ihren Zauber um zu sehen, ob sie auch in die richtige Richtung lief. Dann stand sie über ihm und richtete ihren Pfeil auf seinen Kopf. In diesem Moment ertönte ein lautes Grollen und erschallte in der Höhle. * "Luna el Lumis" ~elfische Wörter für: "Licht erstrahle hier" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)