Träume von Undine ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Träume Träume sind Schäume. Ein Spruch der nicht so einfach meinen Kopf verlassen möchte. Manchmal bin ich einfach froh, dann erfreue ich mich an meine verrückten Gedankenbildern, an meinen kreativen Einfällen, gar lasziven Abenteuern. Doch sie werden wohl nie Wirklichkeit werden, niemals wird ein anderer davon erfahren, außer ich erzähle es explizit. Doch das wäre mir im höchsten Maße unangenehm, beschämend gar. Es regnet. Ich kann die Tropfen wie bei einem sanften Trommeln gegen meine Fensterscheibe schlagen hören. Beruhigend, ich fühle mich wohl. Mein Notebook summt leise, während meine Finger über die Tastatur fliegen, Wörter in Sekundenschnelle eingeben um damit meine eigene Welt erschaffen. Erneut blicke ich hinaus, es dämmert, der Himmel ist zugezogen, doch es ist nicht nur die Umwelt welche mich fasziniert. In der rechten unteren Hälfte blinkt das Icon auf, welches mich seid gestern unaufhörlich in Versuchung bringt. Ein Klick, einmal öffnen, lesen und seufzen – das stelle ich mir zumindest vor. Wie wäre es, wenn ich dies wirklich tun würde? Risiko? Abenteuer? Oder mehr? Jannik. Das ist sein Name, verführerisch wenn ich nur daran denke. Zugleich wäge ich ab. Was ist das Richtige? Gibt es dies überhaupt? Vom Nachbarraum her tönen Geräusche, ein dunkles Lachen, das nun etwas verzehrt ist, er amüsiert sich, mein Freund und auch ich muss lächeln, während sich gleichzeitig ein mieses Gefühl einstellt. Schlechtes Gewissen, eine Grube ohne Boden, welche einen zu Boden reißt, mit sich zieht und in einen Schlund lauter Anschuldigungen wirft. Vier Jahre Beziehung. Vier Jahre Höhen und Tiefen. Man schafft dies. Kirche. Vertrauen, Liebe und vor allem Monogamie. Was ist, wenn dies nicht vollkommen reicht? Ich meinen Freund zwar Liebe, mir dennoch etwas fehlt? Bin ich glücklich? Ja schon. Nicht vollkommen, ist wohl normal. Doch nicht in allen Bereichen sind wir kompatibel. Ich koche, wasche, putze und gehe arbeiten. Er macht den Müll, übernimmt die Verantwortung und ich die Behördengänge. Wir unterstützen uns, wir lieben uns, genießen die Zweisamkeit, welche er abends im Bett einfordert, ich am Tag, mit Küssen und Zärtlichkeit, er mich an seiner Seite beim Einschlafen um Zwanzig Uhr. Vollkommenes Glück würden die einen sagen. Ich selbst, weiß es nicht genau. Ich mag dieses Gefühl von Zweisamkeit, Geborgenheit und Schutz. Und dann, ist alles falsch. Dann erfahre ich eine Menge über seine Familie, seine Mutter und Gepflogenheiten. Alles sachte, er liebt und akzeptiert mich schließlich, will mich dennoch verändern. Und im Bett, da herrscht Ebbe. Wie im toten Meer, lasse ich mich treiben, möchte das es ihm gut tut, wo er mich schon vor Jahren getötet hat. Aber ich sollte glücklich sein, schließlich liebe ich ihn und er mich, trotz meiner zahlreichen Kilos welche ich zugenommen habe. Aber er liebt mich auch so, auch wenn er sich freuen würde wenn ich abnehmen sollte. Ich bin froh, wir haben eine funktionierende Beziehung. Im Bett, da ist es still. Da schläft er ein oder sieht einen Film, unterbricht mich wenn ich sprechen mag, doch ich bin glücklich und warte, bis ich sprechen darf und sollte ich es doch tun, hole ich meine Schellte ab, jeder Mensch hat schließlich seine Macken. Abends, da liege ich wach. Greife nach seiner Hand, fühle seine Wärme, nähre mich an ihr, weil das Gefühl so unsagbar kostbar ist. Entweder schlafe ich traurig ein oder flüchte mich. So war es immer und wird es weiterhin sein, aber ich bin froh ihn zu haben, dass sagen alle. Wie gut ich es habe, wie er es mit mir hat. Allerhand hat er mitgemacht, ich bin nicht leicht, manchmal bereue ich mich selbst, weil ich nicht stino bin, doch ich beklage mich nicht. Irgendwann jedoch, da macht mein Kopf was er will, da manipuliert mich mein eigenes Unterbewusstsein und ich tue Dinge, die ich sogleich bereue. Das Symbol unten in der Ecke blinkt noch immer. Ich verharre Regungslos, halte sogar meine Luft an, starre mein Notebook an, vielleicht kann es mir helfen, schließlich hat es keinerlei Gefühle. Oder etwa doch? So, und nun, weiß ich nicht weiter. Der nächste Schritt. Ich zerpflücke meine eigenen Gedanken, schiebe ganz langsam das schlechte Gewissen beiseite und öffne die Nachricht. Feine Computerschrift, ein Smiley hier und dort – mein Herz hüpft. Es wird an mich gedacht, ich bin wichtig, ich bin begehrt und wir haben Gemeinsamkeiten. Bitte, bitte, lass mich die Nachricht löschen. Ich schließe meine Augen. Er ist hübsch, so begehrt und er hat nur Augen für mich. Er ist so nah, so heiß, ich schmelze gleich. Seine Küssen lassen meinen Atem vergessen, mein Keuchen legt sich über uns – mein Körper brennt. Ich hole mir meine Jahre zurück, ziehe an seinen Haaren, hole ihn zu mir, ich beherrsche ihn, ich bin endlich wieder frei, während ich süffisant Lächle und ihn langsam verführe. Immer und immer wieder Küssen wir uns. Einmal, da fesseln, dann beherrsche ich ihn vollkommen, dass andere mal Unterwirft er mich und liebt mich auf die raue Art wie ich es schon immer genossen habe. Ich seufze laut, öffne meine Augen und lösche die Nachricht. Samuel betritt das Zimmer, erkundigt sich nach meiner Sendung, lächelt mich an und küsst mir die Stirn. Ich vernehme sein Rülpsen, sein Lachen, nachdem ich mich auslasse. Es ist eine verdammt lange Zeit und manchmal frage ich mich wie unsere Eltern das geschafft haben. Ich scheiß auf Luft und Liebe, davon kann nichts beständig bleiben, aber ist dies wirklich der richtige Weg? Vielleicht ist die Geschichte vom Topf und dem Deckel nur eine Mär und es gibt sie gar nicht. Vorerst, werde ich weiter Träumen, vielleicht, wenn ich die Weisheit mit Löffeln essen kann, weiß ich es besser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)