Der Geist der Weihnacht von Ran34 ================================================================================ Kapitel 1: Drivin` Home for Christmas ------------------------------------- Er saß an diesem Freitagmittag zu Hause, wie auf heißen Kohlen, während er aus dem Fenster sah. Seine letzte Klausur für dieses Jahr hatte er bereits hinter sich gebracht, doch die Zeit, zwischen der Klausur und seiner Abreise schien so unendlich lang zu sein. Er wollte wieder nach Hause. Seine Sachen hatte er schon vor einer Woche zu packen begonnen und jetzt? Jetzt hatte er nichts Besseres zu tun, als aus dem Fenster zu starren und auf Schnee zu hoffen, doch alles was er sah, war düster und trist. Der Himmel war wolkenverhangen, während der eisige Regen auf die Erde niederging. Wieder warf er einen Blick auf die Uhr, die an der Kreuzung vor dem Haus, in dem er lebte, aufgestellt worden war. Mist! Es waren immer noch drei Stunden, was sollte er jetzt tun? Seufzend entfernte er sich vom Fenster und sah sich in seiner Wohnung um. Sie wirkte kalt und einsam… Ja, Einsamkeit war es, die ihn in diesem Jahr in der Weihnachtszeit befallen hatte. Sein Mutterhaus war zu dieser Jahreszeit ein wahrliches Winter Wonderland, da seine Mutter dem Deko-Rausch anheimgefallen war. Jedes Jahr fanden neue Prachtstücke den Weg in ihre Sammlung, aber zum Glück hatte seine Mutter dabei Stil und kaufte keinen übermäßigen Kitsch, sodass er sich zu Hause noch wirklich wohl fühlen konnte. Der brünette Junge ging zu seinem Bücherregal, zog ein Fotoalbum hervor und setzte sich auf sein Bett. Wie konnte man seine Zeit besser verbringen, als in Erinnerungen schwelgend? Er hatte, bevor er ausgezogen war, ein paar Bilder mitgehen lassen, ohne seinen Eltern etwas davon zu erzählen. Auch Weihnachtsfotos waren darunter, die ihn zum Schmunzeln brachten. Ja, seine Schwester hatte er auch schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Sie war immer ein wenig verrückt, doch sie hielten zusammen, wie kein anderes Geschwisterpaar. Zusammen hatten sie schon so viel erlebt und auch durchgestanden, sodass auf sie der Spruch, dass Blut dicker als Wasser sei, wohl durchaus zutreffen dürfte. Vor ein paar Jahren hatte ihr Vater seinen Job verloren, doch die Weihnachtszeit wurde gefeiert, wie eh und je und auch ihr Vater schien wieder Kraft aus diesem gemeinsamen Fest schöpfen zu können, sodass er schon am Anfang des darauf folgenden Jahres eine neue Stelle fand. Foto um Foto kamen immer wieder neue Erinnerungen in ihm empor. Manches, von dem er sogar gedacht hatte, es gänzlich vergessen zu haben. Nun aber genug in Erinnerungen geschwelgt. Er legte die Fotos beiseite, stand auf und schaute wieder aus dem Fenster auf die Uhr. Manch anderer würde vielleicht auf sein Handy schauen, doch der Student hatte Gefallen an der Uhr gefunden und es war dadurch schon zur Gewohnheit geworden, sich nach ihr zu richten. Ein Glück, es war bereits eine halbe Stunde vergangen, doch die Zeit schien immer noch so zäh, wie Kaugummi zu sein. Seufzend ging der Brünette an seine Tasche und holte seinen Laptop wieder hervor. Sein E-Mail-Fach quoll mal wieder über von Spam-Mails, es war nichts Relevantes dabei, nur die alljährliche Weihnachtswerbung, die ihn wieder sehnsüchtig aufseufzen ließ. Schnell schloss er den Tab und schaute stattdessen mal bei Facebook ein, ob es da etwas Neues gab und ja… das gab es. Überall tauchten Posts auf, die verkündeten, wie sehr sich seine Freunde auf Weihnachten freuten, viele von ihnen waren sogar schon zu Hause angekommen und verkündeten dies mit Freude. Murrend schaltete er seinen Computer wieder aus und steckte ihn ein. Das konnte doch nicht wahr sein! Dieses Jahr schien sich die Zeit wirklich gegen ihn verschworen zu haben. Seinen letzten Ausweg sah er in seinem Fernseher. Der Student schnappte sich die Fernbedienung und schaltete die Matschscheibe an: Weihnachten mit Familie *zap* Weihnachten mit Familie *zap* Familie an Weihnachten *zap* Heimkehr an Weihnachten *zap* Der Bodyguard. Na endlich hatte mal etwas gefunden, was zwar indirekt etwas mit Weihnachten zu tun hatte, aber Gott sei Dank nichts Schnulziges, was ihn wieder daran erinnerte, dass er noch eines der letzten Zugtickets bekommen hatte, dafür nun aber ziemlich spät zu Hause einkehren würde. Der Fernseher versüßte ihm die Zeit merklich, sodass er freudig aufsprang, als sein Wecker klingelte und ihm verkündete, dass er nun das Haus verlassen dürfe und sich auf den Weg zum Bus machen konnte. Er schaltete seinen Fernseher wieder aus, schnappte sich seine Tasche und zog sich an, bevor er seine Wohnung verließ. Mit einem Regenschirm bewaffnet ging er zur Bushaltestellte und musste zu seinem Glück nicht allzu lange warten, bis der Bus endlich kam. Es war brechend voll. Überall Studenten und Familien mit Koffern. Ja, die liebe Weihnachtszeit oder auch Rushhour genannt, vielleicht sollte man so etwas, wie Rushday oder sogar Rushdays als Begriff einführen. Als im Bus die Durchsage kam, die verlautete dass sie gleich am Bahnhof waren, seufzte der Grünäugige erleichtert. Er war für einen Jungen nicht sonderlich groß, was ihm vielleicht einen Nachteil verschaffte, wenn er sich die beiden Hünen neben sich ansah, die ebenfalls mit Koffern bewaffnet waren. Als der Wagen zum Stehen kam und sich die Bustüren öffneten, strömte die frische, kalte Luft in das große Gefährt und ließ alle Insassen tief einatmeten, bevor auch schon das Gedränge begann. Irgendwie schaffte der Brünette es unbeschadet aus dem Mercedes und ging auch schon schnurstracks auf den Bahnhof zu, als er plötzlich von der Seite angesprochen wurde: „Kevin!“, verwundert drehte der Student sich zur Seite und sah ein Mädchen mit zauseligen Haaren auf sich zueilen. Schwer atmend kam sie bei ihm an, bevor sie gemeinsam den Bahnhof betraten: „Hätte ich gewusst, dass du auch zu dieser Zeit abfährst, hätten wir ja noch in der Stadt einen Kaffee trinken können.“, sagte Kevin schmunzelnd. „Aber da wir es beide nicht wussten, ist daraus nichts geworden.“ „Du wusstest auch nichts von deiner Abreise?“, fragte er lachend. „Nein… heute Morgen öffne ich meinen Briefkasten und finde ein Zugticket und einen Brief von meinen Eltern vor. Ich dachte ja, es wäre ihnen egal, ob ich an Weihnachten zu Hause bin oder nicht, aber scheinbar vermissen sie mich doch.“, diese Aussage verwunderte den Brünetten dann doch: „Natürlich vermissen sie dich, Mo.“, sein Tonfall klang leicht tadelnd und doch liebevoll. Sie war seine beste Freundin und hieß Monica, doch alle nannten sie Mo, weil sie selbst ihren Namen nicht mochte. Mo war schon etwas Besonderes. Sie war nicht außergewöhnlich hübsch, ihre blonden Haare machten meist, was sie wollten und ihr Kleidungsstil war auch etwas eigenwillig, aber sie war einer der herzensbesten Menschen, die er kannte und sie wusste immer, wie man ihn aufmunterten konnte und irgendwie schien Mo ein Gespür dafür zu haben, wenn es ihm schlecht ging. Kurz um: Sie war fast wie eine zweite Mutter für ihn. „Und ich werde dich vermissen, Kevin. Wir sehen uns im neuen Jahr wieder, vergiss nicht, mir an Silvester zumindest eine SmS zu schicken, ja?“ „Keine Bange, dich vergesse ich schon nicht, Mo.“, sagte der Student lachend und umarmte seine beste Freundin zum Abschied noch einmal, bevor er zu seinem Gleis eilte und einstieg. Endlich… in drei bis vier Stunden und nach zwei Mal Umsteigen würde er endlich zu Hause sein. Kevin hatte sich einen Sitzplatz am Fenster reserviert, er schaute gerne während der Fahrt aus dem Fenster, da verging die Reise, wie im Flug. Er holte seinen MP3-Player hervor und steckte sich die Stöpsel in die Ohren. Es mochte für manchen Kitschig klingen, doch selbst an ihm gingen die Weihnachtszeit und das schöne Gefühl nicht vorüber, sodass nun http://www.youtube.com/watch?v=aMpfIw2RAdk It`s December von Audrey Hannah durch die Kopfhörer dudelte. Das Wetter versuchte ihm zwar einen Strich durch die Rechnung zu machen, doch irgendwie wurde er das feine Lächeln auf seinen Lippen nicht los. Für die vielen gestressten Menschen sah es sicherlich ein wenig eigenartig aus, als dieser gut gelaunte junge Mann durch den Bahnhof eilte, um seinen nächsten Zug zu erwischen. Wenigstens hatte der Regen den Vorteil, dass die Züge, wie immer nur 5 Minuten zu spät waren, dennoch hatte er die Hoffnung auf Schnee noch nicht aufgegeben. Auf der anderen Seite waren es ja auch noch zweieinhalb Tage bis zum 24. Dezember, dennoch freute er sich jetzt schon, wie ein kleines Kind an Weihnachten, seine Liebsten wieder in die Arme schließen zu können. Auch im nächsten Zug sah er lächelnd aus dem Fenster. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen, sodass der Himmel lediglich noch grau war. Doch was nützte Kevin das? Es wurde ja schon so früh dunkel, dass man überall die Lichter angehen sehen konnte. Doch auch wenn es so dunkel war, wirkte alles immer vertrauter, je näher er seiner Heimatstadt kam. Am Anfang dieses Tages hatte er sich noch vorgenommen, zu schlafen, wenn er im Zug war, doch das konnte er einfach nicht, er musste nur noch ein Mal umsteigen und wäre dann seiner Heimat zum Greifen nahe. Die Zeit schien, wie im Flug zu vergehen, als er die Durchsage hörte, dass sein Ausstieg die nächste Haltestelle sei. Wieder einmal raufte er seine Sachen zusammen und stieg aus. Auf seinen nächsten Zug würde Kevin jedoch noch ein wenig warten müssen, doch auch das konnte ihm sein Lächeln nicht austreiben. Mit seinem Koffer am letzten Bahnsteig wartend, steckte er seine kalten Hände in seine Manteltaschen. Schon seit Tagen war es so kalt, dass auf jedem Gesicht rote Wängchen zu sehen waren, nicht einmal die härtesten Männer waren dagegen gewappnet. Kevin schmunzelte, als er feststellte, dass auf diesem Bahnhof, der definitiv größer war, als die anderen, auf denen er Station gemacht hatte, die typischen Weihnachtsjingles durch die Lautsprecher dröhnten. Viele Menschen schienen sie gar nicht wahr zu nehmen, aber nicht so Kevin. Den letzten Song, den er hörte, bevor sein nächster und vor allem letzter Zug für heute einfuhr, nahm er sogar summend mit. Noch eine dreiviertel Stunde und er würde endlich zu Hause sein. Jetzt schon begegneten dem Studenten überall bekannte Ortsnamen und er merkte, wie sein Gemütszustand von Minute zu Minute besserte. Diese letzten 45 Minuten kamen ihm wie eine Sekunde vor. Die Zeit verflog und ehe er es sich versah, stieg er zu Hause aus. --------------------------------------------------------------------------------------- Ein wenig verspätet, aber es ist jetzt endlich da!^^ DGdW ist meine diesjährige Weihnachtsff für euch. Erst war ich am überlegen, Snowflakelovin` fortzusetzen, aber ich denke, dass die Geschichte gut so ist, wie sie ist. Ich hoffe sehr, dass euch das erste Kapitel gefallen hat und die nächsten euch noch den Advent versüßen können. lg~ --------------------------------------------------------------------------------------- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)