Laterna Magica von Night_Baroness ================================================================================ Kapitel 7: Hinter den Spiegeln ------------------------------ Just being honest, we’re playing for both sides. It’s easy to deceive but it’s hard When the trust that’s broken is mine. For better, or for worse, For the happy, for the hurt. Es zuckt und zittert, windet sich und wimmert, fleht in einer fremden Sprache, einem hysterischen Piepsen, das deinen Ohren ebenso inhaltlos wie nervtötend erscheint. Am liebsten würdest du dem Ganzen gleich ein Ende bereiten – nur, um deine Ruhe zu haben – aber du weißt, dass das nicht geht. Vorsichtig packst du es an den Ohren und drängst es zurück an seinen Platz. Mit weit aufgerissenen, blutroten Augen, sieht es dich an. Die weiche Schnauze schnüffelt hektisch und du glaubst beinahe zu sehen, wie das kleine Herz bei seinen panischen Schlägen immer wieder gegen den Brustkorb donnert. Reiß dich zusammen. Was wäre das für eine absurde Geschichte, in der das weiße Kaninchen getötet wird, bevor es Alice erreichen kann? Das fände wohl nicht einmal der Hutmacher komisch. Du lachst über deine gelungene Metapher, mit Worten konntest du schon immer umgehen. Von neuem Ehrgeiz ergriffen, machst du dich daran, das Kaninchen zu skizzieren, fein säuberlich setzt du zarte Linien auf das alte, leicht vergilbte Papier und beginnst dann damit, sie mit einem Kohlestift zu schattieren, ihnen Leben und Tiefe einzuhauchen, bis man das Gefühl hat, das Wesen auf dem Papier ist das Lebendige und nicht das elende blutende Bündel, das vor dir auf dem Boden kauert. Bald schon, denkst du, bald schon kann sie dein ganzes Manifest bewundern, sie wird von deiner Magie umschlungen werden und ins Wunderland gehen, wo sie ihr Wahnsinn auffrisst, denn das hat sie wahrlich verdient. Zufrieden lehnst du dich zurück und betrachtest dein Werk. Arme, kleine Alice, bald schon wirst du erkennen müssen, dass wir alle verrückt sind. „Es gibt ein neues Opfer.“ Camel und Jodie starrten beide fassungslos auf Mel, die mit verschränkten Armen vor ihnen stand, das dunkle Gesicht seltsam blass. „Ist das wahr?“, fragte Jodie. Bislang hatte sie vermieden mit Mel zu sprechen und wenn waren nur ein paar kalte, flüchtige Worte aus ihrem Mund hervorgekrochen, doch nun konnte sie weder Angst noch Neugierde verbergen. „Wo haben sie es gefunden?“ „In einem Hotel etwa eine Meile von hier. Es handelt sich um Jeff Sanders, einen Geschäftsmann aus New York, der für ein paar Tage in L.A. war. Er wurde scheinbar willkürlich ausgewählt, wie die anderen Opfer auch.“ „Wie wurde er umgebracht?“ „Wieder das gleiche Spiel. Der Mann wurde erschossen und in seinem eigenen Blut zurückgelassen, daneben stand einer unserer magischen Freunde.“ Jodie schluckte. Es gab also eine neue Laterna Magica. Eine neue, schreckliche Bildfolge, die sie sich bald ansehen mussten, wieder und wieder. Was hat sie diesmal mit mir zu tun? „Ich habe bereits dafür gesorgt, dass wir die Aufnahmen bekommen, wir können sie uns gleich im Konferenzraum 3 näher unter die Lupe nehmen.“ Immer noch sichtlich angespannt, fanden sie sich wenig später zusammen mit ein paar anderen Mitarbeitern aus ihrem Team im Konferenzraum wieder. Der Projektor surrte bereits bedrohlich, als könne er es nicht erwarten, ihnen gleich die scheußlichen Bilder an den Kopf zu werfen. Mel stand direkt daneben, in der Hand eine Fernbedienung. Ihre Augen glitten ruhelos durch den Saal und blieben einen kurzen Moment an Jodie hängen, dann blinzelte sie und begann die Besprechung. „Hier sehen Sie zunächst ein paar Bilder des Tatorts. Der Mord fand im Costa Blanca statt, einem noblen und bei Geschäftsleuten sehr beliebten Hotel. Das Opfer heißt Jeffrey Sanders, ist 47 Jahre alt und Geschäftsführer einer Computerfirma.“ Die Bilder wechselten unter stetigem Klicken, man sah verschiedene Ansichten der Leiche und konnte hinter ihm schon den unheimlichen Apparat erahnen, den der Mörder auch diesmal zurückgelassen hatte. Der Tatort schien eins zu eins dem zu entsprechen, was man vom Laterna-Magica-Killer erwarten würde, doch auf einmal stutze Jodie. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck und auf Mels Gesicht erschien ein zynisches Lächeln. „Wie Ihnen an diesem Foto auffallen sollte, gibt es eine Abweichung.“ Eine Mischung aus entsetztem Aufstöhnen und verblüfftem Raunen ging durch den Raum. „Ein Kaninchen.“, flüsterte Camel entrückt. Direkt vor der Laterna Magica, die ein munter hüpfendes Kaninchen zeigte, lag ein eben solches, allerdings war es nicht halb so lebendig, wie das Pendant auf der Leinwand. Es lag direkt vor dem Gerät, alle Viere von sich gestreckt, als wäre es eine humoristische Karikatur eines schlafenden Tieres. Sein Bauch war auf groteske Weise aufgerissen worden, als hätte ein Hund das arme Geschöpf erlegt und die Organe quollen in einer schleimig verknoteten Masse heraus. Das Abbild des Kaninchens begann auf einmal auf den Hinterläufen zu tanzen und griff mit den kleinen Pfoten nach dem eigenen Bauch. Wie in Zeitlupe schien es diesen langsam an unsichtbaren Nähten aufzuziehen und etwas herauszuholen. Jodie versuchte mit aller Kraft den Blick abzuwenden, doch sie konnte es nicht. Zu fesselnd war das makabre Szenario, zu fesselnd der grausige Todestanz des bemitleidenswerten Tieres. Kurz bevor die Aufnahme sich wiederholen sollte, zog es eine goldene Taschenuhr hervor und grinste verschmitzt. Don’t be late, don’t be late, oh Alice. Look at the rabbit, he’s running out of time. Do you know who can defy? Without an answer, you should run. I don’t know a thing that won’t be done. Won’t vanish like a rotten tree, Like the paper getting mellow And the rivers getting shallow. Progress’s changing old words’ sound, But not the People they are bound. You want to save a lonely heart, It’s at a brave early world, where you start. Mad Hatter Auf einmal schien es schrecklich kalt geworden zu sein. Mel legte den Zettel behutsam zur Seite und richtete ihren Blick erneut auf Jodie, die immer noch krampfhaft versuchte, das Gehörte irgendwie zu verarbeiten. „Wie Ihr wisst, teile ich mir die Leitung der Ermittlungen mit Agent Starling und Agent Camel, Jodie, was sagst du zu diesem Statement des Laterna-Magica-Mörders, oder besser gesagt des verrückten Hutmachers, wie er sich nun zu erkennen gegeben hat?“ Alle Augen sahen nun gespannt auf sie, Jodie räusperte sich unsicher. Will sie mich wieder testen? Mel hatte sich vor der Konferenz nicht die Mühe gemacht, sie zu informieren, sodass sie keine Chance gehabt hatte, sich vorzubereiten. Das schrie beinahe danach, dass sie sie bloßstellen wollte, doch sie würde ihr diese Freude ganz sicher nicht machen. Lächelnd stand sie auf. „Nun, ganz offensichtlich handelt es sich hier um eine Anspielung auf Lewis‘ Carrolls bekanntes Werk „Alice im Wunderland“. Hier kommen sowohl eine Alice, als auch ein weißes Kaninchen und ein Hutmacher vor. Das Kaninchen wird logischerweise von dem toten Albino-Kaninchen am Tatort symbolisiert, für den Hutmacher hält er sich selbst.“ Was bedeutet, die Botschaft richtet sich an Alice. Sie ist es, die er herausfordert, nicht Salamander, wie wir annahmen. „Bravo.“, Mel lächelte spöttisch. Jodie kniff ärgerlich die Augen zusammen, ganz gleich, was sie sich geleistet hatte, Mel hatte kein Recht, sie vor ihren Kollegen zu demütigen – schon gar nicht, wenn es um ein solch ernstes Thema ging. „Wir glauben nicht, dass es sich bei Alice um Salamander handelt. Das Gedicht thematisiert eindeutig die Vergänglichkeit, weshalb wir glauben, dass das Feuer für den Prozess des Verfalls steht. Vermutlich ist der Täter davon fasziniert und tötet deshalb.“ „Aber warum wendet er sich dann direkt an Alice?“, warf Camel ein. „Findest du nicht, es wirkt wie eine Herausforderung?“ „Oder eine Drohung, ja... Wir glauben, bei Alice könnte es sich um eine Geliebte oder ein Familienmitglied handeln, eine Verbindung zur Außenwelt, die der Killer kappen muss. Unsere Psychologen meinen, er sieht sich als eine Art Kunstfigur und will so eine Vollkommenheit erreichen, die über den Verfall und die Vergänglichkeit erhaben ist. Dazu darf aber Alice, die ein Teil der normalen Welt ist, nicht mehr existieren.“ „Du meinst, Alice soll das wahre Opfer sein? Die anderen Morde sollen das nur verschleiern?“ Jodies Stimme klang zunehmend belegter, während sie ihre Gedanken weiterspann. Der Killer jagt Alice, das Mädchen auf den Bilder, das Mädchen, das ihrem Vater Orangensaft brachte, das Mädchen, das in den Flammen hätte sterben sollen… „Aber das ist doch nicht gesichert, nicht wahr? Findest du nicht, wir interpretieren hier sehr viel hinein? Womöglich soll uns Alice nur verwirren.“ Sie deutete auf den Bildschirm, auf den der Brief mittlerweile in riesigen Lettern projiziert wurde. „Die letzten beiden Sätze erscheinen mir ebenfalls sehr interessant.“ „Nun, wir wissen, dass er ein Künstler ist und seine Taten stets mit Pathos ausgeführt werden, was es somit nicht abwegig macht, dass er auch derart romantische und filmreife Motive hat. Er ist ein Künstler, der sich inszeniert.“ „Wir sollten uns trotzdem nicht zu sehr auf Alice fixieren. Findest du nicht, die letzten beiden Sätze klingen irgendwie gekünstelt im Vergleich zum Rest?“ „Findest du?“ Sie hob die Augenbrauen. „Meiner Meinung nach passen sie perfekt ins Bild der Vergänglichkeit, ein einsames Herz, das in einer frühen, besseren Welt auf Rettung wartet. Womöglich bezieht er sich hier auf sein altes Ich.“ „Könnte es ein Hilferuf sein?“, wandte ein Agent ein. „Womöglich will er unterbewusst aufgehalten werden.“ „Vielleicht, das psychologische Gutachten ist gerade in Arbeit, seine Botschaft spricht aber auf jeden Fall dafür, dass er uns herausfordert oder mit uns spielen will. Zunächst hat er es nur angedeutet, doch jetzt ist es offiziell – er mordet, um unsere Aufmerksamkeit zu bekommen.“ „Wie gehen wir jetzt weiter vor?“ Mel, die inzwischen wieder die Kontrolle an sich gerissen hatte, nickte Camel gönnerhaft zu. Dieser begann mit seinem Bericht, allerdings nicht, ohne ihr einen etwas pikierten Blick zuzuwerfen. Offenbar gefiel ihm ihre Arbeitsweise genauso wenig wie Jodie, was ein gutes Zeichen war. So konnte sie sich immerhin auf einen Verbündeten verlassen. „Nun, mittlerweile haben wir die Listen mit den Einkäufen, sie sollen eingängig überprüft und die Leute befragt werden. Außerdem haben wir unsere besten Psychologen, sowie die kryptologische Abteilung auf den Brief angesetzt, da wir es nicht ausschließen können, dass es sich hierbei um einen Code handelt. Sonst werden wir die Buchreihe von Lewis Carroll auf Parallelen zu Tatorten und den Inhalten der Bildern untersuchen, um der Vorgehensweise des Täters etwas näher zu kommen.“ „Ich möchte auch, dass ihr eine potenzielle Alice sucht, das hat oberste Priorität. Diese Person kennt mit ziemlicher Sicherheit die Identität des Mörders, ich bin mir sicher, dass es sich bei den Laterna Magica um Hinweise für sie handelt.“ Sie warf Jodie einen eigenartigen Blick zu, der ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Sie weiß es, dachte sie plötzlich. Das ist der wahre Grund, warum sie mich hasst. Sie glaubt, dass ich Alice bin. „Das dürfte sich etwas schwierig gestalten.“, meinte Camel inzwischen sichtlich verärgert. „Solange wir die Identität des Mörders nicht kennen, können wir vermutlich auch diese Alice nicht finden, alle Personen auf der Liste zu überprüfen dürfte eine Ewigkeit dauern, Zeit, die wir vielleicht nicht haben.“ „Dann fangt besser schnell damit an.“, fauchte sie. „Nehmt euch zuerst die Personen vor, die die größten Mengen an Material erworben haben, sowie die, die es am häufigsten taten, auch wenn wir davon ausgehen sollten, dass er es an verschiedenen Orten tat und regelmäßig seine Identität änderte. Ich verlasse mich auf euch.“ Camel nickte widerwillig und verließ mit ein paar Leuten, die ihm zugeteilt wurden, den Saal. Sie hatten nun vermutlich endlose Zeugenbefragungen vor sich, wofür ihn Jodie nicht gerade beneidete. Nun war auch für die restlichen Teilnehmer die Besprechung beendet, doch Jodie war kaum in der Lage, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Vor ihrem inneren Auge tanzte immer wieder der selbstmörderische Hase, der untermalt von einem monotonen Gackern das obskure Gedicht in einer Endlosschleife aufsagte. Don’t be late, don’t be late, oh Alice. We’re running out of time… Die Dunkelheit in der Gasse fühlte sich seltsam an, irgendwie unnatürlich, wie ein schwarzer Vorhang, den man zwischen den Häusern gespannt hatte, um alle Lichter der Stadt auszusperren. Die vereinzelten Laternen vermochten es nicht einmal ansatzweise, sie zu durchdringen. Behutsam legte sich seine Hand um seine Waffe, der kalte Stahl gab ihm ein Gefühl der Sicherheit. Das Risiko unbewaffnet aufzutauchen, hatte er sich nicht leisten wollen, dafür kannte er sie zu gut. Diese Frau war mit allen Wassern gewaschen, das hatte er schon bei ihrer ersten Begegnung schmerzhaft feststellen müssen. Angespannt blickte er in Richtung der größeren Straße, von der sich das kleine Gässchen abzweigte. Ein Auto hatte er schon länger nicht mehr fahren sehen, offenbar war die Stadt langsam dabei, ihre nächtliche Ruhe zu finden. „Wartest du schon lange?“ Erschrocken wirbelte er herum, die Hand am Abzug seiner Waffe, bereit dem Angreifer zuvorzukommen. Als er jedoch eine hübsche, blonde Frau in einem schwarzen Stoffmantel erblickte, ließ er sie wieder sinken. „Schön, dich wiederzusehen, Vermouth.“ Sie lachte glockenklar. „Die Freude ist ganz meinerseits. Ich war schon etwas überrascht, als die gute Akemi mich darum bat, mich mit dir zu treffen. Reichlich riskant, wenn man bedenkt, dass du mir so gewisse Verbindungen aufzeigst.“ Ihre Stimme hatte einen lässigen Plauderton, als wären sie zwei alte Freunde, die sich gerade in einem Café auf einen Plausch getroffen hatten. Ohne Eile zündete sie sich eine Zigarette an, wobei sie ihn beinahe übertrieben offensichtlich aus den Augen ließ. Ich habe keine Angst vor dir. „Möchtest du auch eine?“ Als sie seinen misstrauischen Blick bemerkte, hielt sie ihm mit einem etwas amüsierten Ausdruck in den Augen die Schachtel hin. „Nein danke. Was Akemi angeht, musst du dir keine Sorgen machen, ich werde dafür sorgen, dass sie keinesfalls gefährdet wird.“ „Inwiefern? Willst du mich etwa beseitigen, da ich die einzige bin, die weiß, wer du wirklich bist, Shuichi Akai?“ Sie lachte wieder, diesmal lauter. Ärgerlich biss er sich auf die Lippe, um wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen und seine Gedanken klarer werden zu lassen. Momentan war alles von dem Wunsch beseelt, dem Aas eine Kugel in den Kopf zu jagen. Glaub mir, ich täte nichts lieber als das. „Ganz im Gegenteil, ich möchte dir einen Handel anbieten, er betrifft auch Akemi.“ Sie hob erwartungsvoll die elegant geschwungenen Augenbrauen. „Ja?“ „Zuerst muss ich dir eine Frage stellen. Du wusstest auch damals schon, dass ich gegen die Organisation ermittle und dennoch hast du mir geholfen. Warum?“ In der für eine Großstadt ungewöhnlichen nächtlichen Stille vergingen ein paar stumme Augenblicke, bevor sie antwortete. „Weißt du, ich bin kein Mensch, der anderen Leuten Loyalität schwört, das passt einfach nicht zu mir. Du solltest mich wie eine Katze sehen, bekommt sie das richtige Futter und ihr Wünsche erfüllt, wird sie bleiben, behandelt ihr Herrchen sie schlecht, so unterwirft sie sich nicht wie ein Hund, sondern geht erhobenen Hauptes.“ „Etwas Ähnliches hast du damals schon gesagt.“ „Ja und deshalb bist du hier, nicht wahr?“ Sie hat mich von Anfang an durchschaut, dachte er nicht ohne Bewunderung. Vermouth hatte offensichtlich schon längst geahnt, in welche Richtung dieses Treffen gehen würde. „Ich hab dich unterschätzt.“ „Beinahe wie ein Déjà vû, nicht wahr?“, schmunzelte sie. „Vermouth.“, begann er erneut und ging einen Schritt auf sie zu. Würde jemand das hören, was er zu ihr sagte, konnte das fatale Folgen haben – für alle Beteiligten. „Ich möchte dir einen Handel vorschlagen. Du weißt, mein Ziel ist es, die Organisation zu zerstören und du weißt auch, dass ich die Mittel und die Gerissenheit habe, die dazu benötigt wird.“ „Ist das so, Silver Bullet?“ Ärgerlich kniff er die Augen zusammen. „Du sollst mich nicht so nennen.“ „Schon gut, sprich weiter.“ Sie blies etwas Rauch in seine Richtung, der im fahlen Licht einer fernen Straßenlaterne gespenstisch waberte. „Du weißt aber auch, dass ich das nicht allein schaffe, ich brauche jemanden, der für mich aussagt.“ „Ich habe dir schon gesagt, dass ich nicht aussagen werde.“, schnitt sie ihm kühl das Wort ab. „Du verschwendest deine Zeit, ich will nichts mit der Polizei zu tun haben.“ „Darum geht es nicht.“, zischte er. „Ich kenne deine Prinzipien gut, aber du bist auch nicht mein Ziel. Ich möchte selbst ein Teil der Organisation werden, so kann ich mir ein hochrangiges Mitglied angeln.“ „Eine gefährliche Art zu fischen.“ „Genau deshalb brauche ich deine Hilfe.“ Für einen Moment erhellte ein vorbeifahrendes Auto ihr Gesicht und enthüllte ein eigentümliches Lächeln, was ihm aus irgendeinem Grund augenblicklich ein äußerst unbehagliches Gefühl verlieh. Sie sieht aus wie eine Raubkatze. Aber auf wen will sie sich stürzen? „Na gut. Gehe ich richtig in der Annahme, du willst, dass ich dich in die Organisation schleuse?“ Ihre Stimme hatte nun auch einen schärferen Unterton als zuvor. Er nickte. „Ich werde dir helfen, aber nur unter einer Bedingung, ich will vollständige Immunität. Sobald du hast, was ich will, bin ich raus aus der Sache, niemand befragt mich, niemand nimmt mich fest und sollte die Organisation zerschlagen werden, bin ich eine freie Frau, die nichts und niemand damit in Verbindung bringt.“ Er lächelte. Sie war nicht die Einzige, die den Verlauf der Dinge vorhersehen konnte, auch ihm war es nicht sonderlich schwergefallen einzuschätzen, wie sie sich verhalten würde. Immerhin kannten sie sich schon eine Weile und mit den Ratten verhielt es sich immer gleich – wenn das Schiff sinkt, sind sie die ersten, die springen und den Kapitän in seinem falschen Stolz ertrinken lassen. Zwar schmeckte ihm der Gedanke nicht, doch sie hatte recht, es war eine gefährliche Art zu fischen. Wer so etwas auf sich nahm, konnte sich nicht leisten, alles wegen ein paar kleineren Fischen aufs Spiel zu setzen. Rette dich nur, Vermouth. Du hast deine Strafe ohnehin schon erhalten. „Einverstanden. Bring mich sobald wie möglich in die Organisation.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)