Endosymbiontentheorie von Katta (RuffyxNami) ================================================================================ Kapitel 18: Von Experimenten und neuen Erkenntnissen ---------------------------------------------------- Nachdem ich beinahe zu spät zur Physik-Vorlesung gekommen wäre, schaffte ich es zum Glück noch einen Platz neben Zorro und Lysop zu ergattern, die trotz der Ausführungen des Professors über die Unmöglichkeit eines Perpetuum mobiles (was auch immer das war), heftig diskutierten und ihre Finger fast komplett verbogen, um auf irgendetwas auf einem Zettel hinzuweisen. „Wenn ich es dir doch sage“, hörte ich Zorro eindringlich sagen, als ich mich neben die beiden setzte und den Block aus meiner Tasche kramte, sie sich jedoch nicht von mir stören ließen, „15 Fragen, jede gibt einen Punkt, das heißt, du musst mindestens fünf richtig haben, um zu bestehen.“ „Aber das macht doch gar keinen Sinn, Zorro!“, feuerte Lysop zurück, hielt sich die Stirn und fuhr erneut eine Zeile mit dem Finger entlang. „Wie sollen 40 Vorlesungen in 15 Fragen gequetscht werden? Hast du dir die letztjährige Klausur angeguckt? Oder die Probeklausur? Das waren mehr als 30 Fragen!“ „Sollte nicht eigentlich der Stoff zur Diskussion stehen?“, machte ich den Fehler mich einzumischen, als beide plötzlich an einem Strang zogen und mich anfauchten: „Du hast dich doch noch nicht mal informiert!“ Womit sie natürlich nicht ganz Unrecht hatten, ich schob solche Information immer bis zum Schluss auf, schließlich sagte mir irgendjemand jedes Mal, wie die Lage aussähe. „Wenn die Herren in der letzte Reihe ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorne richten würden“, räusperte sich der Professor viel sagend und schenkte uns einen scharfen Blick, was Lysop in sich zusammensacken und Zorro verächtlich schnauben ließ, während ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte und fleißig mitschrieb, auch wenn ich nicht wirklich was verstand. Aber ich wollte nicht noch eine Prüfung wiederholen müssen. Chemie reichte mir voll und ganz und ärgerte mich zudem genug. Es war ja nicht so, dass ich absolut keine Ahnung vom Stoff hatte, nur war diese Klausur dermaßen fies aufgebaut gewesen. Tja, ich war definitiv zu leichtfertig daran gegangen, hatte gedacht, mit meinem Halbwissen und ein paar von Aces alten Aufzeichnungen würde ich das Kind schon schaukeln, aber habe dabei gnadenlos versagt. Dementsprechend groß waren meine Augen auch gewesen, als ich noch am selben Abend erfahren musste, dass ich mit Pauken und Trompeten durch gerasselt war – wenigstens die Zulassung zum chemischen Praktikum hatte ich noch bekommen. Das Schlimmste waren aber die Fragen, die Ace mir daraufhin gestellt hatte. Ob ich überfordert sei mit der Situation, ob es daran liege, dass er mich so oft um einen Gefallen bittet, oder ob ich noch immer so schlimmen Liebeskummer hätte. Meine aufrichtige Antwort, dass ich einfach zu wenig gelernt hatte, schien er nicht zu akzeptieren. Trotz der immer lauter werdenden Privatgespräche zog der Professor sein Programm durch, wurde nicht müde die stetig gleichen Formeln an die Wand zu projizieren und erinnerte uns an den Klausurtermin, der in drei Wochen anstand. Wir warteten den eiligen Hauptstrom nach Ende der Veranstaltung an der Treppe zum Ausgang ab, bis wir uns von unseren Plätzen erhoben und den Raum verließen. Nach einem kurzen Abstecher in der Mensa, gingen wir weiter zum Chemiegebäude und blieben einen Moment draußen stehen. „Mann, ich wünsche dir viel Erfolg bei Chemie“, sagte Lysop, kratzte sich am Hinterkopf und wirkte ernsthaft besorgt, vielleicht zweifelte er daran, ob ich es dieses Mal schaffte. „Hoffentlich läuft es gleich besser. Hast du denn noch viel gelernt?“ „Joa, kann man so sagen“, antwortete ich wahrheitsgemäß, immerhin hatte ich mehr getan als letztes Mal, und nippte an meiner Cola. „Hab ein paar Bücher von Ace bekommen und vieles nachgelesen.“ „Hat er dir denn ein bisschen unter die Arme gegriffen?“, fragte Zorro, schielte aus den Augenwinkeln zu mir herüber und hielt die Arme vor der Brust verschränkt. „Ist ja immerhin eine Sache, die er halbwegs drauf hat.“ Er trank etwas von seinem Kaffee und ein zynisches Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Ich konnte mir genau denken, worauf Zorro da anspielte: die zahlreichen missglückten Experimente, die Ace im Laufe der Schulzeit zum Besten gegeben hatte. Unvergessen und die ewige Nummer eins, war wohl der Tag, als er mit Schwung das Wasser auf die Salzsäure gekippt hatte und Nojiko und Zorro nur knapp den fliegenden Säurespratzern ausweichen konnten. Wie oft Dadans Küche oder ihr Haus nur knapp dem Schicksal entkommen waren, auf die Grundmauern niederzubrennen, war kaum in Zahlen zu fassen. Seine selbst gebastelten Feuerwerkskörper oder die Geschichte, als er als Kind aus einer Tischkerze mittels Servietten ein Lagerfeuer gemacht hatte, werde ich wohl bis ans Ende meines Lebens niemals vergessen. Ein Glück, dass Dogura und Magura fast immer so schnell mit dem Schlauch da gewesen waren. Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass ich bei jeder einzelnen Aktion von ihm mit leuchtenden Augen daneben gestanden hatte. Bloß einmal sind wir nur knapp Schlimmeren entkommen. Ich hab bis heute regelrechte Magenkrämpfe, wenn ich an den Augenblick denke, als Shanks uns den Böller aus der Hand geschlagen hat, nachdem er uns damit im Garten hatte hantieren sehen. Shanks hatte nur ein paar Jahre in unserem kleinen Dorf gewohnt, bis er mit Makino, einer jungen Frau, die damals Besitzerin der einzigen Kneipe im Ort (und somit Dadans Stammtränke) gewesen war, weggezogen war. Ace und ich hatten uns immer gut mit ihm verstanden, sehr gut sogar und ich würde lügen, wenn ich sagte, dass Shanks niemals mein Vorbild gewesen ist. Denn das war er, selbst heute noch. Seine ganze Art hatte mich fasziniert, wie cool er selbst in provozierenden Lagen blieb, mit welcher Hingabe er von seinen Reisen erzählt hatte. Erst Shanks hatte den Wunsch in mir geweckt, die Welt mit eigenen Augen zu sehen. Ja, manchmal war er mir vorgekommen, wie der Vater, den ich mir immer so sehr gewünscht hatte. Nur an diesem Tag war nicht viel von seiner sonstigen Gelassenheit übriggeblieben. Ich sehe seine winzigen Pupillen noch heute genau vor mir. Seine verzweifelten Worte, bis er schließlich das Ding aus Aces Hand gerissen hatte. Kein Augenaufschlag später war es explodiert und hatte dabei die Haut an seinem linken Unterarm und der Hand dermaßen verbrannt, das man beinahe auf die Knochen hätte schauen können. Weder Ace noch ich waren tagelang danach nicht imstande dazu, auch nur ein Wort zu sagen. Der Schock saß viel zu tief in unseren Gliedern und war um einiges schlimmer und strafender als die Brüllkonzerte von Dadan und Opa. Selbst die Schelle, die Opa jedem von uns verpasst hatte, war nichts im Vergleich zu dem schlechten Gewissen und der Panik, die dieses Erlebnis in mir hervorgerufen hatte. Nachdem Shanks aus dem Krankenhaus entlassen worden war, war Dadan mit uns zu ihm gegangen, damit wir uns bei ihm entschuldigten. Nie werde ich den Moment vergessen, als wir in Shanks' Wohnzimmer kamen und dicke Krokodilstränen über Aces Wangen kullerten, als er Shanks bandagierten Oberkörper sah. Er war uns beiden nie böse gewesen, obwohl er und Makino ihren Aufbruch um einige Monate verschieben musste, und hatte uns damals sogar noch umarmt und getröstet, während Dadan erneut zur Furie mutiert war. Heute weiß ich, dass sie sich einfach schreckliche Sorgen um uns gemacht hat und das nur so hatte ausdrücken können. Doch trotz der zahlreichen Unglücke hatte Ace sein Interesse für Chemie und Pyrotechnisches nie verloren, zumal allein seine Kochkünste fast ein Fall für die Giftküche sind. Zum Glück konnte Vivi dermaßen gut kochen, dass er das an den Nagel hatte hängen können. Ich musste abgeschweift sein, denn sowohl Zorro als auch Lysop erwarteten eine Antwort von mir. „Hm?“ Zorros linkes Auge schrumpfte, während das rechte wuchs. „Hast du schon wieder vergessen, was ich dich gerade gefragt hab?!“ Ich wich seinem Blick aus und fuhr mir durchs Haar, woraufhin ich ihn stöhnen hörte. „Na, das kann ja gleich was geben.“ „Wird schon klappen“, erwiderte ich optimistisch auf die misstrauischen Gesichter der beiden und kontrollierte die Zeit auf meinem Handy. „Muss jetzt auch los.“ Die beiden wünschten mir viel Erfolg, fragten nach eventuellen Ideen fürs Wochenende, wobei wir uns vorerst auf eine spätere Lerneinheit bei mir einigten, und Zorro schüttelte beim Weggehen den Kopf, als könnte er es einfach nicht fassen, dass ich die Frage vergessen hatte. Als würde ich so was mit Absicht tun. Manchmal überkamen mich einfach die Gedanken und lösten wahre Kaskaden in meinem Gehirn aus. Irgendwie schien jedes Wort bei mir tausend kleinere Verknüpfungen zu haben, die umgehend aufgerufen werden mussten und dabei die ersten verdrängten. Blieb mir nur zu hoffen, dass mir das auch bei der Klausur weiterhelfen würde. Meine Finger fühlten sich kalt an, obwohl ich mich eigentlich gut vorbereitet fühlte. Die Angst wieder zu versagen nagte unaufhörlich an mir und wurde nicht besser, als ich mit einer beachtlichen Zahl anderer Studenten vor dem Hörsaal auf Einlass wartete. Viele waren das letzte Mal durchgefallen, waren genauso aufgeregt wie ich und klammerten sich teilweise noch an ihre Notizzettel. Als würde das noch etwas ändern. Mein Blick wanderte zu der großen Uhr über der Tür. Noch zehn Minuten bis zum Einlass. Ich ließ mich gegen die Wand sinken, den Kopf leicht hängend, wie von selbst fischte ich mein Handy aus der Tasche und fand eine Nachricht von Ace vor. Die Oberlippe kräuselnd, öffnete ich sie und sah bereits die Bitte, ihn zurückzuhalten, damit er Kobra nicht zu Tode würgte, vor meinem inneren Auge erscheinen. Doch zu meiner eigenen Überraschung wollte er nichts von mir. Hey Ruffy, Tut mir leid, dass ich das Lernen vergessen hab! Hoffe, du hast den Stoff trotzdem gepackt. Drück dir ganz fest die Daumen! Ace Wann hatte er mir das letzte Mal etwas Vergleichbares geschrieben? In der Schulzeit? Ich verspürte den unbändigen Drang zu lächeln, obwohl ich nicht wusste weshalb. Im Grunde genommen war dies lediglich eine einfache Standartfloskel, doch bedeutete sie mir in diesem Augenblick so viel. Es ging einmal allein um mich. Rasch bedankte ich mich bei ihm, ehe ich das Handy ausschaltete und zurück in die Tasche steckte, als sich die Türen plötzlich öffneten. Das Zeichen, auf das alle – egal welche Bauchschmerzen ihnen diese Klausur auch bereiten mochte – gewartet hatten. Wie Lemminge in die Klippen, stürzten die Leute in den Saal, darauf bedacht zuerst die hinteren Reihen zu füllen. „Aber meine Damen und Herren, warum nehmen Sie denn nicht die energetisch günstigeren Plätze hier vorne ein?“, begrüßte uns der Chemieprofessor, grinste halbherzig und sorgte für Augenrollen unter den Studenten, die sich natürlich nicht von ihrem eigentlichen Vorhaben abbringen ließen. Erst nachdem die Assistenten die Klausurbögen ausgeteilt hatten und wir sie herumdrehen durften, beruhigte ich mich einigermaßen und wurde sogar locker, als ich die Aufgaben im Groben überflog. Ich hatte es mir viel schlimmer vorgestellt, wenigstens war ich nicht völlig ratlos. „Und? Wie lief es?“, überrannte Lysop mich, kaum dass ich den Saal verlassen hatte, was mehr schwebend und unbewusst als sonst wie geschehen war. „Hast du alles geschafft?“ „Ja und mein Kopf fühlt sich jetzt total leer an.“ „Als wäre das was Neues“, spottete Zorro, kassierte dafür von mir einen Knuff in die Seite, was er als direkt Aufforderung sah, mich in den Schwitzkasten zu nehmen und mir eine Kopfnuss zu verpassen. „Leute“, wollte Lysop schlichten und quietschte laut auf, als Zorro schlagartig von mir abließ und andeutete, ihn in seinen Griff zu nehmen. „Haha, Lysop, das wird wohl nichts“ lachte ich und sah ihm nach, wie er um die nächste Ecke rannte, nur um vorsichtig hinter ihr hervor zu spähen. „Die Luft ist rein, du Angsthase! Ich tue dir schon nichts!“ „Hör auf, Zorro!“, kreischte er zurück, nachdem Zorro erneut die Hände nach ihm ausstreckte, und bekam reihenweise befremdliche Blicke zugeworfen. „Lass uns zu dir gehen, bevor die Lysop noch einfangen“, sagte Zorro, gab mir einen Klaps auf die Schulter und machte eine schnelle Bewegung, die Lysop in seinem Versteck zusammenzucken ließ. „Verdammt, Mann, lass es!“ „Und gerade der hat vor kurzem noch so große Töne gespuckt“, witzelte ich in Anspielung auf den starken Lysop, der jeden auf die Matte schicken konnte, während ich mit Zorro das Gebäude verließ und Lysop uns wie ein Schatten folgte, bis er endlich davon überzeugt war, dass Zorro ihn in Ruhe ließ. „Hier ist es aber verdächtig still“, stellte Zorro fest, nachdem wir in der Wohnung angekommen waren, und sah sich prüfend um. „Keiner Zuhause?“ Das Piepsen von Karuh, das das einzige Hintergrundgeräusch darstellte, beantwortete seine Frage nur halb. Auch aufs Lysops Gesicht schlichen sich ratlose Züge. Ich schlug mir die Hand vor die Stirn. „Oh Mist, ich hab euch das ja gar nicht erzählt“, murmelte ich, woraufhin die beiden zunehmend neugieriger wirkten, selbst wenn Zorro das exzellent kaschieren konnte. „Was ist denn passiert, Ruffy?“, fragte Lysop und kam näher an mich heran, als wollte er mich stützen oder so, doch ich wich zurück. „Vivi ist seit gestern im Krankenhaus, weil sie einen Schwächeanfall hatte.“ Die beiden wirkten ehrlich bestürzt. Immerhin kannten sie Vivi solange wie ich, verstanden sich gut mit ihr und vor allem Lysop mochte sie besonders. Vielleicht oder gerade weil Vivi ihn nie mit irgendwas aufgezogen, sondern stets vehement verteidigt hatte. „Oh scheiße. Ist es was Ernstes? Wie geht es ihr denn jetzt?“ „Schon besser“, antwortete ich wahrheitsgemäß und ging in die Küche, um uns etwas zu trinken zu holen. „Es war einfach zu viel Stress für sie in letzter Zeit, aber die Ärztin meinte, wenn sie sich schont, dann ist sie bald wieder ganz die Alte.“ Zorro nickte dankend, als ich die Dose vor ihm abstellte, und öffnete sie sogleich, um einen Schluck zu nehmen. „War ihr Vater auch schon da?“ „Ja.“ „Oh, was hat Ace dazu gesagt?“, fragte Lysop, nestelte nervös an dem Verschluss der Dose und schaffte es sogar sich vollzuspritzen, was weder Zorro noch ich trotz des ernsten Themas ohne Grinsen beobachten konnten. Ich zuckte mit den Mundwinkeln, setzte mich zu den beiden an den Tisch und verschlang die Finger hinterm Kopf. „Ganz ehrlich, ich glaube, das war das Beste, was den beiden hätte passieren können.“ „Spinnst du? Wie kannst du so was sagen, Ruffy?“, keifte Lysop, während seine Hand in die Höhe flog und Zorro einen undefinierbaren Brummlaut abgab. Meine Worte mussten wenig Sinn auf sie machen und mir erginge es nicht anders, steckte ich in ihrer Haut. „Beruhig' dich, Lysop“, sagte ich nebenbei, nahm einen Schluck von meinem Eistee und schielte zu ihnen herüber, denn irgendwie gefiel es mir verdammt gut, sie so in der Hand zu haben und zu sehen, wie die Neugierde an ihnen zerrte, bevor ich weitersprach. „Dass Vivi das passiert ist, finde ich ganz und gar nicht gut! Bin auch gleich ins Krankenhaus gefahren, nachdem ich davon erfahren hatte. Aber wisst ihr, der Vorfall hat ihrem Vater und Ace endlich mal die Augen geöffnet. Wenn sie jetzt nicht kapiert haben, dass das ewige Herumreißen an ihr, Vivi kaputt macht, dann weiß ich auch nicht.“ „Die beiden haben sich vertragen?“ Ich hob die Schultern an, stellte die Dose wieder ab und lehnte mich leicht vor. „So wie es scheint, nähern sie sich langsam an. Den Hauptanteil daran wird Titi haben, die hat Kobra-sama nämlich gleich in ihren Bann gezogen.“ Zorro schüttelte den Kopf und sein schwaches Lächeln sprach Bände, während Lysop beinahe wie Dadan aussah, bevor sie vor Rührung losplärrte. „Hey, kein Grund sentimental zu werden.“ „Das bin ich doch gar nicht“, verteidigte er sich umgehend und wich unseren Blicken aus. „Ich freu mich bloß so für Vivi.“ „Na klar, Lysop“, lachte Zorro, klopfte ihm auf die Schulter, wobei dieser sich fast verschluckte und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Ich verkniff mir das Kichern, um Lysop nicht noch weiter in Verlegenheit zu bringen und verlagerte das Thema immer weiter in Richtung des ursprünglichen Treffgrundes: die Physikklausur. Wir schafften es tatsächlich einiges vom Stoff nachzuarbeiten, was nicht zuletzt an Lysops super Erklärungen lag. Man merkte einfach, dass er sich schon immer gerne mit solchen Dingen beschäftigt hatte. Andernfalls wären wohl viele seiner Erfindungen totale Reinfälle gewesen. Mit Freude erinnerte ich mich oft an seine Kartoffelpistole, mit der er Brook-sensei im Musikunterricht dutzende Kartoffelstückchen in den Afro geschossen und der es nicht mal bemerkt hatte. „Ruffy, nicht träumen“, ermahnte mich Zorro, dem es offensichtlich nicht entgangen war, dass ich mit meinen Gedanken ganz woanders, aber sicher nicht bei den elektromagnetischen Wellen, war. „Hm? 'Tschuldigung“, ich streckte mich und gähnte ausgiebig, „ich werde langsam müde. Immer so viel lernen...“ Theatralisch ließ ich meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und hoffte den Stein Zorro mit meinem Bambiblick zu erweichen, doch der packte mich am Kragen und zog mich unbeeindruckt nach oben. „Mann, piss dich nicht an!“ Er wollte gerade zum Gegenschlag ausholen, als die Tür aufgestoßen wurde und mit einem Mal das Chaos die Wohnung in Beschlag nahm. „Fighting evil by moonlight, winning love by daylight.Never running from a real fight!“ Lysops Verzweiflung stieg ins Unermessliche, sah jeglichen Funken Hoffnung aufs Fertigwerden dahinschwinden und geriet doch ins Strahlen, als kurz darauf Ace mitsamt Titi ins Wohnzimmer herein gestolpert kam. „He is the one named Luffy-kun“, beendete er seine Gesangeinlage, grinste mich viel sagend an und hob eine Augenbraue. „Jo, Ruffy, ich hab soeben erfahren, welche Heldentat auf den Konto gegangen ist…“ Zorro hob misstrauisch eine Augenbraue und musterte mich eingehend aus den Augenwinkeln heraus. Ich konnte mir schon genau denken, worauf er anspielte und es war eindeutig, dass die Nami-Vivi-Post mal wieder fleißig gearbeitet hatte. Mein Mund verzog sich zu einer Fratze und ich schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, dass er verstand und es einfach runterschluckte. Ich wollte Zorro und Lysop nicht auf diese Weise mit den neusten Veränderungen in meinem Leben vertraut machen. „Nicht so wichtig“, lachte Ace und setzte die strampelnde Titi vor uns ab. Kaum Boden unter den Füßen, kam sie rüber getapst und streckte die Arme aus. Sogar bei Zorro erspähte ich für einen Augenblick so etwas wie Rührung, bevor er seinen üblichen Ausdruck wieder annahm. Zum Glück besaß die Titi die Gabe, der umgehenden Ablenkung, die ich mehr als alles andere in diesem Moment gebraucht hatte. Dennoch faszinierte mich Zorros bröckelnde Fassade in diesem Moment mehr. Ich grinste in mich hinein, was sogleich Misstrauen bei ihm hervorrief. „Was soll das blöde Grinsen?“, fuhr er mich an, zog die Augenbrauen zusammen und betrachtete mich mit stechendem Blick. „Oi, Zorro, hast du dir die Falten eigentlich in die Stirn sticken lassen? Ein anderes Gesicht sieht man ja nie bei dir“, fragte Ace, nachdem er aus der Küche wiedergekommen war und sich aufs Sofa geworfen hatte. „Oder ist das wenigstens beim Sex anders? Deine Freundin sieht ja alles andere als schlecht aus.“ Die Vene auf Zorros Stirn hob sich in dezentem Blau von der braunen Haut ab, während er die Kiefer aufeinander presste und die Lider geschlossen hatte. Lysop wurde zunehmend unruhiger, hielt Titi fester im Arm und störte sich nicht einmal daran, dass sie wie verrückt an seinen Haaren zog. Zu sehr war er damit beschäftigt von Zorro zu Ace und wieder zurückzusehen. „Oh, du hast sogar was anderes drauf!“ Ace grinste, machte sich auf dem Sofa lang und legte die Beine über die Lehne, während ich krampfhaft versuchte die aufkeimenden Bilder meines Kopfkinos zu verdrängen. Zu viel Information! „Halt die Klappe, Portgas!“ „Mehr hast du mir nicht entgegenzusetzen?“, fragte er provokant, leerte die Dose und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Schade, ich hatte dich immer für einen ernst zu nehmenden Gegner gehalten.“ „Was willst du eigentlich, du Willy Wonka für Arme?“, konterte Zorro, nachdem er vom Stuhl aufgesprungen war und sich vor Ace aufgebaut hatte. „Kümmer' dich lieber um deine Schokolade!“ „Willy Wonka?“, wiederholte Ace, erhob sich und stellte sich vor Zorro, sodass er beinahe dessen Stirn mit seiner berührte. „Mir gehört die Fabrik nicht, ich packe nur die Riegel ein!“ Es dauerte keine Sekunde, bis er realisierte, was er da gerade verzapft hatte und entsprechend schnell wandelten sich die Gesichtszüge der beiden. Nun war es Zorro, der triumphierend grinste. „Denk jetzt bloß nicht, du hättest gewonnen“, versuchte Ace die Schmach abzuwenden, zerdrückte die leere Dose in seiner Hand und drängte sich an Zorro vorbei, aber nicht ohne ihn dabei anzurempeln. „Jetzt fällt dir wohl nichts mehr ein, Umbalumba. Pflück lieber noch ein paar Kakaobohnen.“ „Halt's Maul, Lorenor“, schallte es aus der Küche und brachte nicht nur Zorro zum Lachen. „Wenn hier jemand, wie ein Umbalumba aussieht, dann eindeutig du!“ „Ace, Titi hört alles“, rief ich, ehe ich Zorro auf die Schulter klopfte. „Haha, klasse gemacht, Zorro. Jetzt schmollt er gewiss.“ Tatsächlich hatte sich Ace in der Küche verschanzt, bis Zorro und Lysop gegangen waren und Titi lautstark verkündet hatte, dass sie hungrig war. Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, dass er die Zeit nicht bloß vertrödelt, sondern bereits zu kochen begonnen hatte. Es roch gar nicht mal so schlecht, obwohl ich noch genau in Erinnerung hatte, welche Abartigkeiten er in der Vergangenheit zustande gebracht hatte. Der Salat aus der Mikrowelle war noch das einzig Genießbare gewesen. Meine Hoffnung starb, als ich den klebrigen Brei im Topf erspähte, der sogar Titi zum Schaudern brachte. Zu meiner Überraschung versuchte Ace es gar nicht erst, uns vom Gegenteil zu überzeugen. Sein Blick sprach Bände. „Ace! Du kannst doch nicht den Topf in den Mülleimer werfen!“ Er zuckte die Schultern. „Warum nicht? Den kriegst du gewiss nie wieder sauber.“ Er drückte mir eine der Dosen in die Hand, die er aus dem Kühlschrank geholt hatte, und nahm einen Schluck aus der Eigenen. „Ich versuche nie wieder Geld zu sparen. Das endet ja doch nur im Chaos“, seufzte er und besah die Prospekte diverser Imbisse, die mittels Magneten an der Kühlschranktür befestigt waren. Wir hatten uns noch nicht auf einen Lieferservice geeinigt, als es an der Wohnungstür schellte. „Such du was aus, Ruffy. Ich geh mal nachsehen, wer da ist.“ Ich nickte, blickte ihm nach und schloss die Schiebetür der Küche bis auf einen Spalt. Ich hätte ja mit allen möglichen Leuten gerechnet, allen voran Zorro oder Lysop, die irgendwas hier vergessen hatten. Oder Nami, die dachte Ace sei Vivi besuchen. Meinetwegen auch Opa, der sich selber spontan für ein paar Tage eingeladen hatte. Aber gewiss nicht den Besucher, der von Ace soeben hereingebeten wurde. Wenngleich ich seiner Stimme anhörte, dass er alles andere als begeistert war. „Vivi-chwan ist also noch nicht wieder zu Hause?“ Normalerweise war ich nicht so neugierig, dennoch kam ich nicht umhin einen Blick durch den Spalt zu riskieren. Meine Vermutung bewahrheitete sich, es war wahrhaftig Sanji, den Ace ins Wohnzimmer führte. „Luffi, das haben“, blubberte Titi, deutete auf das Bild der XXL-Pizza und strahlte mich erwartungsvoll an. „Oh ja! Die will ich auch. Weißt du was? Wie bestellen sie uns auch gleich, ja? Aber mit Extra-Extra Käse!“ „Kääääse!“ „Nein, leider nicht“, hörte ich Ace währenddessen antworten. „Sie soll diese Nacht auf jeden Fall noch zur Überwachung bleiben. Ihre Ärztin meinte, sie geht nicht weg, bevor sie gesund ist...oder tot.“ „Haha, etwa die alte Lady mit der Krokodilshaut?“, fragte Sanji für einen Moment belustigt, bevor seine Stimme wieder einen ernsten klang annahm. „Hm. Aber es ist doch hoffentlich nichts Ernstes? Obwohl es schon recht dramatisch aussah, wie sie plötzlich umgekippt ist.“ Ace seufzte, zumindest hörte es sich so für mich an, denn ich musste mich ganz schön anstrengen, um die beiden zu verstehen. Titis Schwärmereien von der Pizza erschwerten mir die Sache nur zusätzlich. In groben Stücken hörte ich, wie Ace ihm von ihrer Diagnose erzählte, die im Krankenhaus gestellt wurde, davon, dass Vivi sich schonen sollte und noch mal mit dem Schrecken davon gekommen sei. Sanji hatte das Ganze wortlos angehört. „Oh, wie peinlich, jetzt habe ich glatt vergessen dich zu fragen, ob du etwas trinken möchtest“, sagte Ace verlegen. „Schon in Ordnung“, erfolgte sofort die Antwort, „ich wollte mich eh nur kurz nach Vivi-chwan erkundigen.“ Beide erschienen zurück in meinem Blickfeld und ich konnte aus dem Augenwinkel beobachten, dass Sanji den Knauf gerade erfasst hatte, als Ace sich offensichtlich nachdenklich am Kopf kratzte. „Bevor du gehst“, fing er an und es war allzu deutlich, wie sehr er momentan mit sich kämpfen musste, dass er seinen Stolz und alles, was ihm oft den Weg versperrte, herunterschluckte, „...wollte ich mich bei dir bedanken.“ Sanji ließ den Türknauf los und wirkte überrascht - soweit ich das deuten konnte, immerhin hatte ich mich nie mit seiner Mimik beschäftigt. „Vielen Dank, dass du dich um Vivi gekümmert hast!“, brachte Ace hervor. Meine Augen klebten plötzlich regelrecht am Türspalt und für eine Weile schien die gesamte Szene starr wie ein Gemälde, bis Sanji lächelte. Schwach, aber ehrlich. „Das war doch selbstverständlich. Ich tue schließlich alles für meinen persönlichen Streichelzoo. Nami-Mausi, Nojiko-Kätzchen und Vivi-Häschen stehen bei mir immer an erster Stelle. Außerdem ist es ein Verbrechen einer Lady in Not nicht zu helfen.“ „Du redest hier immer noch über meine Frau“, zischte Ace gespielt böse, erwiderte Sanjis Lächeln und verabschiedete sich bei ihm, ehe er zu mir in die Küche kam, den Kühlschrank öffnete und ohne sich etwas zu nehmen wieder schloss. „Vielleicht ist er gar nicht so schlecht, wie ich dachte...“ Seine Worte gingen mir eine Weile nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht sah ich das Ganze zu verkrampft und lebte eine Rivalität, die womöglich gar nicht mehr existierte. So schön es auch gewesen war, den Abend mit Ace zu verbringen und das letzte der Stück der von ihm bezahlten Pizza zu spachteln- es war alles fast haargenau wie früher gewesen, fehlte bloß noch Dadan, die alle fünf Minuten reinkam, um wegen irgendwas rumzumeckern und die Tür zu knallen-, so froh war ich am nächsten Tag, als Vivi endlich wieder zurück war. Es fehlte einfach etwas ohne sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)