Der Stalker meines Herzens von XdramaX (Sesshoumaru xx ??) ================================================================================ Kapitel 1: Die Stellenanzeige in den Abgrund -------------------------------------------- Je länger dieser Flug dauerte, desto mehr hegte ich Zweifel daran, dass ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Eigentlich wusste ich nichteinmal, ob ich wirklich studieren wollte, aber leider hatte ich mich mal wieder von meiner Schwester so lange bequatschen lassen, bis sie mir ihre eigene Philosophie eingetrichtert hatte: Studiere, denn wer nicht studiert, dessen Leben führt zu nichts. Doch wollte ich tatsächlich studieren? War ich wirklich glücklich mit dieser Entscheidung? Lange Rede kurzer Sinn: Ich hatte mich schlussendlich für die Wirtschaft entschieden. Ich wusste noch nicht so ganz, was mich erwarten würde, doch dieses Thema interessierte mich sehr. Und mit dem Wissen, dass ich mir an dieser Universität aneignen wollte, stand mir am Ende jede Firma offen, vorrausgesetzt, dass ich nicht selbst eine gründen wollte. Was meine Schwester allerdings wohl nicht beabsichtigt hatte war, dass ich nicht einfach zuhause im guten, alten England geblieben war, sondern mit all meinem Hab und Gut die Reise nach Japan antrat, an die Universität des Fürsten des Westens, einem der vier großen Daiyoukai, unter dessen Herrschaft auch mein Vater Großbritannien regierte. Eigentlich - so war mir auf dem Flug klar geworden - benutzt ich das Studium eher dafür aus meinem Elternhaus zu verschwinden. Und als leckeren Nebeneffekt würde ich im Anschluss ausgesorgt haben, oder nicht? ... War das das richtige Motiv, um solch ein Studium zu beginnen? Nur: was sollte ich sonst mit meinem Leben anfangen? Und wer weiß, vielleicht stellte sich ja heraus, dass das Richtige für mich war... Immerhin wurde ich angenommen! Ich hatte auf den perfekten Notendurchschnitt zugearbeitet, um einen Platz zu bekommen und siehe da, nicht einmal auf eine Warteliste hatte man mich gesetzt. Die Universität nahm nur die Besten der Besten auf und daher fühlte ich mich geehrt, dass sie mich nicht abgewiesen hatten, denn als begabt sah ich mich nun wirklich nicht an, ganz im Gegenteil. Das Abitur hatte ich nur mit hartnäckigem Pauken überstanden, wenn ich nichts getan hätte, wäre ich vermutlich eine Schülerin des unteren Durchschnitts geworden. An dieser Stelle unterschied ich mich enorm von meiner perfekten Schwester, die nie etwas hatte tun müssen und der alles in den Schoß fiel. Der Höhepunkt war gewesen, als sie in den dämonischen Zweig des britischen Königshauses der Menschen einheiratete (auch wenn diese Familie in der Welt der Dämonen nichts bedeutete). Doch egal, um sie ging es nicht, das musste ich mir immer wieder sagen. Ich war so sehr damit beschäftigt gewesen ihr nachzueifern und sie vielleicht doch eines Tages zu übertrumpfen, dass ich alles andere aus dem Blick verlor, einschließlich meiner eigenen Person. Ich seufzte und sah aus dem runden Fenster des Flugzeugs. Verdammt, die ersten fünf Stunden hatte mir mein dämonischer Hundeschwanz so dermaßen wehgetan, dass ich beinahe ausgeflippt wäre – warum wussten die Menschen eigentlich immer noch nicht von uns? Ständig musste man sich verstecken! – und jetzt, nach 15 Stunden - wir würden bald landen - war ich mir nicht mal mehr sicher, ob er überhaupt noch mit meinem Körper verbunden war. So taub wie er war hätte ich es nicht mal geglaubt, dass es ihn noch gab, wenn ich ihn nicht um mich herum ausgebreitet hätte wie eine Decke. Zu allem Überfluss durfte ich mir auch die strafenden Blicke der Umsitzenden antun, da ich einen (für sie eindeutig) echten Pelz trug. Dazu kamen die Kommentare der Reisebegleiterinnen, dass ich doch bitte dieses – scheußliche – Fell in der Gepäckablage unterbringen sollte... Ich schlug mein Buch zu und griff umständlich nach dem Rucksack über mir. Der Signalton und das rote Lämpchen sprangen an und baten alle Passagiere darum sich hinzusetzen, anzuschnallen und die Tische für die Landung hoch zu klappen. Ein weiterer Dong und der Kapitän gab selbige Anweisungen auf Japanisch und auch auf Englisch noch einmal durch. Nun, die Sprache war wohl das Einzige, weshalb ich mir keine Sorgen machte. Dämonen verstanden von Natur aus alle Sprachen dieser Welt und konnten sie auch selbst sprechen. Verständigungsschwierigkeiten würde ich also nicht bekommen, doch was das Heimweh anging... Ich dachte schon jetzt an meine Airedaleterrier-Hündin Alisha, die ich hatte zurück lassen müssen. Dazu mein Vater, meine Mutter und meine Schwester... Die übrigens auch noch schwanger war... Und ich? Ich hatte nicht mal einen Verehrer oder der gleichen! Wie sollte ich bloß diese Maßstäbe, die sie mir setzte, aufholen? Ich seufzte und ließ die Schnalle des Gurtes einschnappen, blickte dann wieder unter mir aus dem Fenster. Die Wolken lichteten sich und der Flugplatz von Itami kam in Sicht. In wenigen Minuten würde ich da unten stehen – endlich wieder Boden unter den Füßen (!) – vermutlich kurz die wiedergewonnene Erde küssen und mich dann auf den Weg in die Berge weiter nördlich machen, in denen das Alte Schloss des Herrn der westlichen Dämonen stand. Auf einer gewissen Ebene musste ich gestehen, dass ich aufgeregt war an solch einen Ort zu gelangen. Es gab genau vier Großmeister unter den Dämonen: der Herr des Nordens, des Ostens, des Südens und des Westens. Sie repräsentierten außerdem die vier größten Dämonenrassen und hatten ihre Untergeordneten Fürsten überall auf der Welt. Mein Vater selbst, Fürst der Dämonen von Britannien, sprach von unserem obersten Fürsten nur in den höchsten Tönen und ich wurde auserwählt an seiner Universität zu studieren! Nicht meine Schwester, ich war es gewesen. Eine kleine Errungenschaft im ewigen Kampf gegen sie, wenn auch eine, die Segen und Fluch zugleich war. Ich schielte hinüber auf den Platz neben mir, wo eine Frau versuchte ihre Kinder zum Stillsitzen zu bewegen, dann ging auch schon ein Ruck durch das Gefährt und die Reifen setzten auf. Ich sah Gebäude an mir vorüber schießen - langsamer und immer langsamer wurden sie - dann Bog das Fahrzeug um eine Ecke und nahm seine Parkposition ein. Hier sah alles so viel anders aus als zuhause in Britannien. Es ging schon damit los, dass hier nicht Asiaten als Einwanderer und Touristen auffielen, sondern ich. Mit einem Mal wurde mir flau im Magen bei dem Gedanken, gleich einen Fuß hinaus setzen zu müssen. Ich war nur froh, dass ich nicht ohne jeglichen Kontakt hier her kam. Vor Jahren bereits hatte ich die koreanische Fürstentochter der Hundedämonen, Len, auf einer Auslandsreise mit meinem Vater kennen gelernt. Sie war ein paar Jahre älter als ich und mir damit im Studium um einige Semester voraus, doch ich liebte sie so sehr, wie meine Freundinnen, die ich in Europa zurückgelassen hatte. Endlich ließen die Stewardess uns gehen. Bevor ich aufstand schlang ich meinen rot-braun gelockten Schwanz um Schulter und Hüfte und holte dann mein restliches Handgepäck aus der Ablage. Mit einem überraschten, etwas verwirrten Blick stoppte ein europäischer Geschäftsmann und ließ mich vor sich in die Schlange treten, die hinaus drang. Unter den noch immer empörten Blicken der Stewardess – ihre Wut hatte sich wirklich über all diese Stunden gehalten – stieg ich die Stufen des Gangway hinunter, in einen Bus und fuhr mit diesem Shuttle hinüber zu dem Gate an dem ich ankommen sollte. Wortlos ignorierte ich die Blicke der Umstehenden und marschierte zur Gepäckausgabe um kurz darauf fluchtartig mit meinen drei Koffern zu entkommen. „Myleen!“, brüllte es mir bereits entgegen als ich noch gar nicht durch die Sicherheitsschleusen hinaus getreten war. Das war ein Fest! Wer sich bisher nur über mich gewundert hatte ergötzte sich nun an dem Anblick meiner Freundin Len, die ihren eigenen, schneeweißen Schwanz wie einen zweiten Mantel um beide Schultern trug. Sie rauschte auf mich zu und verneigte sich kurz, ehe wir uns in die Arme schlossen. „Ich finde es klasse, dass du endlich hier bist!“, verkündete sie voller Ernst und verdrängte mich auch schon von meinem Gepäckwagen – ich wusste gar nicht mehr wo ich den aufgegabelt hatte – und schob mich und eben diesen auf eine weitere junge Frau zu. Auf den ersten Blick hätte ich nicht sagen können ob sie ein Dämon war oder nicht, doch sie hatte definitiv eine ähnliche Ausstrahlung wie wir. Sie sah so wenig asiatisch aus wie ich, auch und ihre kleine Stupsnase zuckte kurz, als wir näher kamen. „Darf ich vorstellen: Alexia.“, stellte Len uns vor. Sie ist aus Kanada. Hat vor zwei Jahren das Stipendium bekommen, als ich anfing. „Freut mich!“, erklärte sie unsicher und reichte mir eine Hand. „Mich auch... Darf ich fragen was...“ Sie lächelte. Die Beklemmung schien sie langsam zu verlassen. „Ich bin ein Kaninchen.“ Ich lachte verstehend, sie blickte gespielt gequält. „Und deswegen sollten wir langsam weiter, mein Schwänzchen tut weh! Wenn es weiter so eingeklemmt wird, stirbt es ab und ihr könnt es pflücken wie einen Apfel.“ Len lachte leise und schob ihr einfach einen meiner Koffer zu, den Alexia bereitwillig annahm. Die anderen zwei teilten wir untereinander auf, brachten den Wagen dorthin, wo er auf weitere Benutzung warten sollte, und verließen den Flughafen. „Und wie kommen wir jetzt ins Gebirge?“, fragte ich Len weiter. Ich kannte mich hier immerhin nicht aus. „Wir nehmen den Bus dahinten bis zur nördlichsten Stadtgrenze und laufen von da an. Gerne auch etwas schneller, im Wald sieht uns ja keiner.“ Ich nickte. Natürlich, das war einleuchtend. Ich folgte also Alexia und Len zu dem Linienbus, der bereits an seiner Haltestelle stand und stieg mit ihnen ein. Wir suchten uns drei Plätze und machten es uns gemütlich. Die Fahrt würde lange dauern. „Aber weißt du was deine Anwesenheit toppt?“, fragte Len aufgeregt. „Ich bin zwar ein Dämon aber nicht allwissend.“ „Sollte das nicht eigentlich ein Widerspruch sein?“, fragte Alexia kichernd. „Schon möglich?“, ich grinste sie an. „Hey, ich habe immer noch was zu erzählen!“, fuhr Len uns mit einem lachend-empörten Tonfall dazwischen und sah wieder zu mir auf. „Unsere Analysis-Dozentin hat erzählt, dass der Herr des Westens in diesem Semester an die Universität zurückkehren wird!“ Die Türen schlossen sich und der Bus fuhr an. „Wie, zurückkehren?“ „Er hat wohl die letzten drei Jahre in Washington verbracht.“, erklärte Len mir. „Arbeit mit der Firma. Aber dieses Semester kehrt er zurück und wird sogar wieder einige Kurse übernehmen. Aber für die bist du noch nicht weit genug mit dem Studium.“, sie zwinkerte mir zu. „Hab ich kein Problem mit.“, versicherte ich ihr grinsend. „Was denn? Bist du kein bisschen neugierig auf unseren höchsten Fürsten? Hallo, Myleen, aufwachen! Gerade du als Prinzessin unter den Hundedämonen musst doch Interesse haben! Er ist die beste Partie in unseren Ländern.“ Ich schüttelte den Kopf über sie. „Lass gut sein, Len. Unser Herr hat beinahe das gesamte Mittelalter aktiv miterlebt! Wenn er eine Fürstin an seiner Seite haben wollen würde, dann hätte er sich bereits eine geholt.“ Meine Gegenüber zuckte nur mit den Schultern. „Dann halt nicht.“, meinte sie nur und beließ es bei diesem Thema. Etwa eine Stunde später liefen wir bepackt mit drei Koffern durch den Wald, abseits der Wege um möglichen Wanderern aus dem Weg zu gehen, und erreichten schließlich den Trampelpfad, den kaum ein Mensch fand und verschlungen zwischen den Bäumen zu der alten Festung des Herrn des Westens führte. Vor vielen Jahren, als der Meister begann sein Geld mit Geschäften in der Menschenwelt zu verdienen, baute er seine einstige Hochburg am Rand eines inaktiven Vulkans zu einer Universität für Dämonen aus, die unter seiner Herrschaft lebten; Sprich aus all jenen Ländern, in denen Hundedämonen als Fürsten in seinem Namen regierten. Wir blieben kurz stehen um den Anblick dieses Prachtbaus aus alter Zeit aus einiger Entfernung zu bewundern. Eine schwarze Wolke hing tief, es würde wohl bald regnen, doch es sollte keine fünf Minuten mehr dauern, bis ich in meinem Zimmer im Wohnheim stand. „Los jetzt! Ich will aus dieser Hose raus!“, zeterte Alexia und rieb sich ihren Steiß, wo vermutlich ihr Kaninchen-Schwänzchen saß. Len lachte leise und lief wieder los, wir folgten ihr. Die Tore standen weit auf, Wachen, wie sie früher üblich waren, gab es keine mehr. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass der Fürst noch nicht anwesend war. Auf dem Hof herrschte ein reges Treiben. Studenten und Dozenten, Professoren und Doktoranten liefen durcheinander, warum konnte ich nicht sagen. Ich wusste nichts über den Alltag an der Uni. Eine andere Dämonin lief an uns vorüber, scheinbar war sie auch gerade erst angekommen. Sie lief an dem Hauptgebäude vorbei, unter einem kleinen Torbogen hindurch in einen zweiten, angrenzenden Teil der Burg. „Zum Wohnheim bitte hier entlang.“, bat Len und lief schon wieder so schnell weiter, dass ich sie zwischen all den anderen Leuten fast aus den Augen verloren hätte. „Ist das hier immer so unruhig?“, fragte ich. „Nein, keine Sorge. Heute Abend ist die Begrüßungsfeier für die Erstsemester. Das ist alles.“ „Ah ja...“ „Ja, da werden lustige Spiele gemacht.“ Au weia, ich ahnte genau worauf das hinauslaufen sollte. Immer wenn Len etwas als lustig empfand, dann mussten sich andere zum Affen machen. Das hieß für mich: Ich würde an diesem Abend Kopfschmerzen vortäuschen und mich schön brav in meinem Zimmer verbarrikadieren. Wir betraten eine steile Wiese, die hinunter führte zu einem stillen See. Um ihn herum ragten Felsen in die Luft, in die Türen gehauen waren, verbunden mit Terrassen; Dies war das Wohnheim der Studenten. „Ich habe deinen Schlüssel schon geholt!“, erklärte Len triumphierend und stieg in einen Fahrstuhl, der uns hinauf brachte auf die höchste Ebene der Zimmer. Sie lief so schnell, dass mir gar nicht viel Zeit blieb die Aussicht von hier oben zu genießen. Dabei war das Bild des glitzernden Kratersees und des Gläsernen Speisesaals dahinter wirklich faszinierend. Len riss eine Tür auf. „Hier, das ist es.“, sie betätigte den Lichtschalter und gab so den Blick frei auf ein einfaches Bett – ohne Matratze, die musste ich mir noch besorgen – einen Schrank, ein Regal und einen Schreibtisch mit Stuhl. Die Einrichtung war sehr spartanisch, ganz anders als das, was ich von zu Hause aus unserer Villa gewohnt war. Rechts ging eine Tür ab zu einem kleinen Bad, daneben war ein Kühlschrank und eine Küchenzeile. „Entschuldige bitte, wenn ich so hetze, aber ich muss heute noch zum Büro des Präsidenten.“ Und mit Präsident meinte sie natürlich den Großfürsten. „Was willst du denn da? Ich dachte er kommt erst in den nächsten Tagen? So habe ich es verstanden.“ Sie hopste nervös von einem Fuß auf den anderen. „Ja schon, aber spätestens heute sollten die Bewerbungen bei ihm eingehen.“ „Bewerbungen? Für was?“ „Vor einigen Tagen kam eine Rundmail an die höheren Semester, dass er einen Protegé sucht. Jemanden aus dem Wirtschaftsbereich, den er sich für sein Firmenimperium heranziehen kann. Es gibt ein gewisses Gehalt, Praxiserfahrung... aber damit kannst du leider nichts anfangen. Ein Erstsemester hat nicht die nötige Erfahrung für den Job.“ Ich lächelte verstehend. „Ja, das denke ich auch.“, erklärte ich ganz ehrlich. „Ich muss mich vorerst einleben.“ Len grinste. Alexia sah zwischen uns hin und her, doch ihr liebes Lächeln brach niemals ab. Verschwiegen war sie jedoch auch weiterhin. Viel hatte ich aus ihrem Mund bisher nicht gehört. „Cool, dann bin ich mal wieder weg und lass dir deine Zeit zum Einräumen!“, sie winkte mit beiden Händen, dann sprang sie mich plötzlich an und klammerte sich an meinen Hals. „Ich freue mich ja so, dass du da bist!“ „Ich mich auch!“, das tat ich wirklich! Ich hatte mit einem mal ein verdammt gutes Gefühl bei dieser ganzen Studiengeschichte. „EIn herzliches Willkommen auch von mir. Ich freue mich, dass du da bist! Unbekannterweise...“, erklärte Alexia verlegen und stellte sich neben Len. „Danke!“ Wir schwiegen kurz, dann nahm Len wieder ihre Beine in die Hand. „Ok, ich muss dann. Kommst du, Alex?“ Das Kaninchen nickte brav und folgte ihr hinaus. Ich atmete zufrieden lächelnd aus und sah ihnen durch eine der beiden Scheiben neben der Eingangstür hinterher, bis sie bei dem Fahrstuhl waren. Sie drehten sich noch einmal um, als sie sich unterhielten, winkten mir noch einmal lächelnd zu und stiegen dann in die Kabine. Als die schweren Türen sich hinter ihnen geschlossen hatten drehte ich mich wieder herum und ging zurück zu meinem Gepäck. Mein erster Griff war so vorhersehbar, wie das Amen in der Kirche: Ich öffnete meinen Rucksack und zog den Laptop heraus, den mir meine Mutter zum Abschied geschenkt hatte, klappte ihn auf und schaltete ihn ein. Ein weiterer Griff in die Tasche und ich fischte das Lan-Kabel hervor. Kurz gewartet, alles eingesteckt und ich konnte mich über meine Universitätsdaten in das Internet einloggen. Ich war keine drei Sekunden drin, da klingelte bereits mein Skype-Account. Ich seufzte frustriert und sah auf den Bildschirm. Meine Schwester, also nahm ich an. „Hi, Marylou.“, begrüßte ich sie. „Weißt du wie spät es gerade bei uns ist?“ Ich sah auf die Uhr. „Etwa fünf Uhr morgens.“, verkündete ich. „War das alles, was du wissen wolltest? Dein Computer hat selbst eine Uhr, weißt du?“ Sie lachte. „Nein! Das wollte ich nicht von dir.“, sie kicherte weiter. „Ich will wissen wie es dir geht! Bist du gut angekommen? Hast du dich schon eingelebt? Wie ist dein Zimmer?“ „Wie soll ich mich denn schon eingelebt haben?“, fragte ich verwirrt amüsiert. „Ich habe gerade vor zehn Minuten das erste Mal mein Zimmer betreten!“ „Und da bist du sofort Online gekommen? Braves Mädchen!“ „Natürlich, ich habe doch gehofft, dass du mich um fünf Uhr morgens anrufst!“ „Weiß ich doch! Immerhin liebst du mich!“ Ich lachte. „Brauchst du deine Dosis an Liebesbekundungen?“ „Ich bin schwanger! Ich nehme alles an Zuwendung, was ich bekommen kann!“ Ich seufzte. „Ok, was willst du wirklich?“ „Meckern, weil du meinen PC angelassen hast bevor du gefahren bist.“ „Hab ich das? Entschuldige bitte. Aber konnte das nicht warten? Oder hättest du mir das nicht als E-Mail schreiben können?“ „Nein!“ „Nein?“, verwundert sah ich zu dem Computer, wenn wir auch keine Bildübertragung gestartet hatten. „Du hast außerdem dein Mailpostfach offen gelassen.“ „Na toll, hast du meine Post durchschnüffelt?“, das war ja mal wieder so klar. Ich liebte sie, natürlich, unendlich sogar, aber dass sie mich dauernd bemuttern musste seit sie schwanger war, war nervig. „Da war eine E-Mail von deinem Universitätspräsidenten, dem Meister selbst.“ „Was?“, sie hatte also wirklich meine Nachrichten durchwühlt. „Ja, er sucht nach einem Protegé für sich. Einen Studenten der Wirtschaft, der Wirtschaftsinformatik, Informationsmanagement... irgendwas in dem Dreh.“ Für einen Moment vergaß ich vollkommen die Empörung über ihr Verhalten. Wieso war diese Mail an mich gegangen? Len hatte doch gesagt, dass sie nur an ältere Semester ging... „Die habe ich nicht gesehen.“, erklärte ich. „Ja, sie war auch in deinem Spamfolder gelandet. Du solltest was an deinem Filter machen! Egal, jedenfalls hattest du doch erst überlegt ein Dualstudium zu beginnen. Der Fürst bietet so etwas an! Mit Aussicht auf einen festen Arbeitsplatz danach. Bewirb dich!“ Ich machte ein ablehnendes Geräusch und schüttelte überflüssiger Weise den Kopf. „Ich habe davon schon gehört, ja. Len hat es mir gerade erzählt. Aber sie meinte, dass dieses Stellenangebot explizit an höhere Semester gerichtet war.“ „Hier in der Mail steht nichts davon. Mach sie doch mal auf!“ Ich seufzte und setzte mich an den Schreibtisch um dieser Aufforderung nachzukommen. „Ich würde es an deiner Stelle einfach mal versuchen! Pfeif drauf, was Len sagt! Die will vermutlich nur die Stellung ihrer Familie hinauf treiben. Ihr Vater hat in letzter Zeit viel an Respekt verloren.“ „So? Das wusste ich noch gar nicht!“ „Ja, es ging wohl darum, dass er Geld unterschlagen hat oder so. Egal. Bewirb dich! Bis heute Abend... Also bei Euch heute Abend.“ Ich seufzte unschlüssig. „Ich glaube nicht, dass ich eine Chance habe! Ich habe doch keinerlei Erfahrung!“ „Gerdas das wollen die meistens. Einen Zögling, den sie formen können! Vertrau mir! Oder was meinst du, warum teilweise überaus begabte Schüler nicht an einer Schauspielschule angenommen werden? Viele von ihnen haben schon ihren eigenen Stil gefunden und das wollen diese Schulen nicht. Sie wollen Leute, die sie Formen können! Und Len... Len wird nur ihre Stellung retten wollen.“ „Jetzt Zweifel mal nicht an Len, ja? Die wird die Stelle ja wohl nicht wollen, um sich an den Meister ranzuschmeißen!“ Marylou schwieg. „Du weißt genauso gut wie ich, dass es einem Dozenten verboten ist etwas mit seinem Studenten anzufangen. Und Len freut sich bereits auf die Kurse mit ihm, die sie dieses Jahr belegen wird.“ Marylou schwieg weiter. „Na gut.“, fauchte sie mich da plötzlich an. „Du musst wissen was du tust! Ich wollte dir ja nur helfen!“ Augenblicklich hatte ich ein schlechtes Gewissen sie so abgesägt zu haben. „Mary...“ „Nö, kein Bock mehr! Mach was du willst.“ „Ist gut, ich werde...“, weiter kam ich nicht. Sie legte einfach auf. Super, jetzt hatte ich es wieder geschafft, dass sie sich aufregte. Dabei war sie doch schwanger... Ich seufzte, schloss Skype und öffnete die E-Mail des Großfürsten. Sie hatte Recht. Die Rundmail war adressiert an alle Studierende. Und nirgendwo war eine Eingrenzung in der Anzeige mit Bezug auf die Semesteranzahl. Ich seufzte. Sie hatte mich wieder soweit. Ich tat wieder das was sie wollte. Ich bewarb mich für diese Stelle. Ich tat es wie immer für sie, damit sie zufrieden mit mir war. Wie sie das nur immer schaffte... Doch bis heute weiß ich nicht, ob ich ihr dafür danken soll, dass sie mich wieder dazu brachte zu tun was sie verlangte, oder nicht. Die Folgen waren eine Mischung aus Horror und absoluter Hingabe an Gefühlen... Hosted by Animexx e.V. 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