Tenebras Meas von TheMeanMachine (Meine Dunkelheit) ================================================================================ Kapitel 1: Oneshot ------------------ Du strichst dir die Haare aus dem Nacken, der unangenehm schmerzte. Es war eine Qual, den ganzen Tag lang den Weizen zu schneiden, aber du warst es gewohnt. Jeden Morgen, wenn die Sonne aufging schickte Mutter dich auf das kleine Feld hinter der Hütte, um das Gemüse und Getreide zu bewässern und zu ernten. Durch die anstrengende Arbeit schmerzte dein Rücken wie Feuer, aber Jammern war sinnlos. Deine Mutter war nicht der Typ Mensch, der in Dingen wie Arbeit mit sich reden ließ. Du sehntest dich nach deinem Bett, das Laken gefüllt mit herrlich duftendem Heu. Die Bewohner des Dorfes waren durchaus reicher als du und deine Mutter. Ihr hieltet euch mit dem Verkauf von Medizin und Salben über Wasser, doch es reichte nicht für Luxus wie echte, weiche Decken oder eines dieser mit Federn gefüllten Kissen. Es störte dich nicht, dass ihr so wenig Geld hattet. Viel schlimmer war es für dich, dass du gemieden wurdest. Deine Mutter sei eine Hexe, riefen die Kinder dir nach und warfen manchmal sogar mit Steinen. Dass du älter warst störte sie nicht, sie schikanierten dich trotzdem. Mit einem leisen Murren zogst du deinen Ärmel über deine Unterarme, die von Narben überzogen waren. Jede einzelne davon brachtest du mit einer schmerzhaften Erinnerung in Verbindung. Jeder hier hasste dich, selbst deine eigene Mutter. Du verurteiltest sie nicht für ihr Verhalten, was sollte sie denn auch tun, als Frau die nur wegen ihres Wissens über Kräuter geduldet wurde. Gegen fast jede Krankheit kannte sie ein Gegenmittel, ihre Salben heilten jede Schramme und der Nesseltee den sie brühte stärkte an kalten Wintertagen. So viel sie auch über Heilkräuter wusste - sie trank viel zu oft. Jeden zweiten Tag tauschte sie in der Brauerei der größeren Stadt ihre Salben gegen zwei Flaschen Apfelwein, die sie schon auf dem Heimweg öffnete und in sich hinein kippte. Aber was sollte es, zumindest hattest du oft das Häuschen ganz für dich allein, wenn deine Mutter wieder betrunken in der Gosse oder unter einem Mann lag. War dies der Fall, dann kuscheltest du dich friedlich in die wärmste Decke im Haus und beobachtetest den Mond vor dem Fenster. Friedlich schillerte er dir entgegen, hüllte dich liebevoll in sein silbernes Licht. Der Trost dieses Himmelskörpers war wie Balsam für deine Seele und ließ dich die Sorge und den Schmerz in deinem Leben vergessen. Du liebtest diesen kurzen Moment vor dem Schlaf, wenn deine Gedanken sich in schönen Dingen verloren. Aber sobald du schliefst, war es ganz anders. Albträume suchten dich Nacht für Nacht heim, jagten dich durch dunkle Wälder in deinen Träumen und rissen dir das Fleisch von den Knochen. Ob es am Traum lag wusstest du nicht, doch du warst dir sicher im Schlaf ein leises Lachen hören zu können, ein kaltes und schadenfrohes Lachen. Aber sicher irrtest du dich, wer sollte denn schon in deinen schlechten Träumen lauern? Jede Nacht war es der selbe Traum den du durchlebtest: Ein Wald, jede Pflanze schwarz wie Kohle und angesengt. Berührte man die Blätter, zerfielen sie zu Staub und wurden vom Wind in alle Richtungen geweht. Stunden irrtest du durch diese Wälder, fröstelnd und mit kleinen Atemwolken vor dem Gesicht. Noch dazu wurdest du das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Aber jedes mal, wenn du dich umdrehtest, war dort nichts außer Staub und Zerstörung. Hin- und wieder huschte ein Schatten hinter dir vorbei, doch das machte dir keine Angst. Du wusstest dass das, was dich beobachtete, dir nichts tun würde. Außerdem war dies nur ein Traum und seit du klein warst hatte dir deine Mutter erzählt, dass der schwarze Mann in die Träume der Menschen kam um Angst darin zu säen. Du glaubtest an ihn, aber wirklich Angst konnte man das nicht nennen – eher Respekt. Du wachtest schlagartig auf, als du ein ungewöhnliches Geräusch wahrnahmst. Das Quietschen des Gartentores und – war das ein Wiehern? Es gab hier keine Wildpferde und die nächste Stallung war am anderen Ende des Dorfes! Ruckartig schwangst du dich aus dem Bett und sahst aus dem Fenster. Ein Schatten, wie in deinem Traum, huschte über das Kürbisfeld und verschwand am Waldrand. Konnte es sein...? Hastig griffst du nach deinen Schuhen, doch die waren nicht am Bettende zu finden! Deine Neugierde trieb dich voran und so liefst du barfuß die Holztreppe hinunter und sahst deine Mutter im Alkoholrausch mit dem Oberkörper auf dem Küchentisch schlafen. Ein Stich im Herzen hielt dich eine Sekunde lang auf, aber das schobst du beiseite. So leise wie möglich öffnetest du die hintere Haustür und standest im Garten, der vom fast gänzlich gefüllten Mond erleuchtet wurde. „Hallo?“, riefst du hoffnungsvoll und wie erwartet kam keine Antwort. Aber du warst dir ganz sicher hier etwas gesehen und gehört zu haben, zu einhundert Prozent! Da! Hatte da nicht etwas unter der Eiche gefunkelt? Du kniffst die Augen zusammen und gingst mit zögerlichen Schritten näher an den Baum heran, bis du die Hand zur Rinde ausstrecken konntest, die dir Sicherheit vermittelte. Und dort, im Schatten der Eiche, stand er. Der große Mann sah dich an, mit seinen durchdringenden Augen, direkt vor dir. "Wer bist du..." Deine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als der Mann sich aus dem Schatten lehnte und dich fasziniert anstarrte. Seine Augen waren voller Verwunderung über dich, seine weißen, farblosen Augen. "Wer bist du?", fragtest du nun mit mehr Nachdruck. Er war unglaublich, so unwirklich! Seine Haut war leichenblass, sein Haar schwarz und wild gewachsen. Es war der Mann aus deinen Träumen, da warst du dir sicher. Aber wie konnte das sein? Wie konnte er vor dir stehen? Sicher war er eine Halluzination, ein Trugbild deiner Fantasie. "Fürchtest du dich vor mir...?" Seine Stimme war kühl, gefasst, aber hatte einen gewissen überraschten Tonfall. Er trat ganz aus dem Schatten, in einen schwarzen Mantel gehüllt. Vorsichtig ging er einen Schritt auf dich zu, Misstrauen in seinem Blick. "Ich- Nein, ich habe keine Angst." In deinen Träumen hattest du dich ein ganz klein wenig vor ihm gefürchtet, vor der Vorstellung an den bösartigen Schwarzen Mann, doch wie er so vor dir stand, aus Fleisch und Blut, war die Angst wie weggewaschen. Etwas war an ihm, etwas was dich faszinierte. Zugegeben, sein Äußeres ließ ihn sehr skuril wirken. Aber das störte dich nicht, wenigstens bewarf er dich nicht mit Steinen. "Du hast keine Angst? Warum nicht?" Er schien garnicht verstehen zu können dass du ihn nicht fürchtetest, so wie er vor dir Stand und die blasse Hand nach dir ausstreckte. Solltest du es wagen ihn zu berühren? Der leise Verdacht, dass er dir etwas tun könnte, pochte in deinem Hinterkopf. Aber was wärst du für ein Mensch wenn du anderen dein Vertrauen verwehren würdest, selbst ihm. Deine Fingerspitzen näherten sich seiner ausgestreckten Hand und du zucktest kurz zusammen als er sehr plötzlich nach deiner Hand griff. Sein Griff war fest, doch er tat dir nicht weh. So ruckartig diese Bewegung gekommen war, ließ er dich auch schon wider los. Ihr starrtet euch ungläubig an, sein fassungsloser Blick traf deine Augen. Du konntest so unglaublich viel in ihm lesen, so viel Schmerz, so viel Einsamkeit. Ihr wart euch so ähnlich... "Keine Angst in dir...", flüsterte er verwirrt und ehe du dich versahst, war er mit dem Schatten des Waldes verschmolzen und du warst wieder ganz allein. War das grade wirklich passiert? Oder träumtest du immer noch...? Deine nackten Füße trugen dich zurück in dein spärliches Zimmer, wo du dich auf dein Heugelage sinken ließt und aus dem Fenster dem Mond entgegen starrtest. Was für eine seltsame Erfahrung. Der Fremde hatte dir nichtmal seinen Namen verraten. 'Schwarzer Mann' konnte ja nicht sein wirklicher Name sein! Mit einem ungeduldigen Grummeln warfst du dich zur Seite und schlosst die Augen, mit der Hoffnung wieder zu träumen. In der darauf folgenden Nacht wandertest du wie gewohnt durch die Wälder deiner Träume, lauschtest den Eulenschreien und entkamst den Qualen der Realität. Gerade als du über die Blätter eines schwarzen Farns strichst, sahst du aus dem Augenwinkel den Schatten und erkanntest den Mann von voriger Nacht. Erstaunt bewegtest du dich keinen Millimeter, bis er auf dich zukam und einige Meter von dir entfernt stehen blieb. „Du hast mir deinen Namen nicht verraten.“, sagtest du lächelnd. „Mein Name ist-“ „Ich kenne deinen Namen.“, unterbrach er dich und beäugte dich voller Faszination und Misstrauen. „Und du kennst mich auch, aus den Sagend die Eltern ihren Kindern erzählen, damit sie sich gut benehmen. Ich bin das Monster, das sich unter dem Bett versteckt, im Schatten jeder Gasse und im Dunkel der Nacht.“ Du konntest nicht umhin, seine elegante Art zu bewundern, wie er vor dir stand, in seinem schwarzen Mantel, der ein Stück seiner Brust freigab und bis zum Boden reichte. Lautlos bewegte er sich noch einen Schritt auf dich zu und verengte die Augen. „Du bist der Schwarze Mann.“, stelltest du nüchtern fest und triumphiertest innerlich. Dein Verdacht war also richtig gewesen, er war der Schrecken aller Kinder und Erwachsenen, die Angst selbst. „Wie kommt es dass du mich nicht fürchtest?“, fragte er und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, er schien sich überlegen vorzukommen. Aber du lächeltest nur sehr sanft und zucktest mit den Schultern. „Meine Realität ist so schmerzhaft, dass sogar Albträume ein willkommener Ausweg daraus sind.“, antwortetest du und sahst amüsiert, dass er das wohl nicht ganz verstand. „Je weniger Zeit ich in der Realität verbringe, desto besser.“ „Du hast also wirklich keinerlei Furcht? Nichts?“, fragte er nach und du musstest leise Lache. Seine Beharrlichkeit war amüsant, er war wirklich mit Leib und Seele dabei Angst und Schrecken unter die Menschen zu bringen. „Du solltest das ganz positiv sehen.“, erklärtest du ihm vorsichtig. „Ich laufe wenigstens nicht schreiend vor dir weg!“ Er runzelte erneut die Stirn und schien abzuwägen, ob das für ihn etwas Gutes oder Schlechtes war... „Es ist eine sehr angenehme Abwechslung dass du keine Angst vor mir hast.“, sagte er eines Nachts, als er mit dir zusammen auf dem Rücken eines Schattenpferdes durch den Wald preschte. Die Bäume flogen geradezu an euch vorbei, verschwanden nach einigen Metern in einem dicken Nebel und machten neuen Weiten der Traumwelt Platz. „Man kann sehr einsam sein nach so langer Zeit.“ Du nicktest verstehend und klammertest dich etwas enger an ihn, um nicht in der Geschwindigkeit des Reittieres zu stürzen. „Ich kenne das einsam-sein.“, antwortetest du mitfühlend und genosst den Wind, der seinen Geruch in deine Nase wehte. Jede Nacht nahm er dich mit sich, zeigte dir die Möglichkeiten der Träume und erklärte dir die Beschaffenheit des Träumens. Wie etwas durch bloße Angst manipuliert werden konnte, beeindruckte dich sehr. Kriege wurden durch Albträume und Ängste entfacht, neue Herrschaften entstanden und dass nur durch Pitchs Einfluss auf die Menschen. Seine Gabe war es, in jedem Menschen zu erkennen was dieser am meisten fürchtete. Andere hätten ihn als böse bezeichnet, doch für dich gehörte die Angst zum Leben wie alles andere auch. Angst war natürlich, sie schützt uns vor Dummheiten oder lenkt uns in die richtigen Bahnen, solange man sich nicht von ihr beherrschen ließ. Selten erzählte Pitch etwas von sich selbst, etwas persönliches, aber auch das war vollkommen in Ordnung für dich. Du hattest in ihm einen Weggefährten gefunden, jemanden der es verstand zu zweit einsam zu sein. Mit jedem Traum, den ihr zusammen verbrachtet, gewöhntet ihr euch immer mehr aneinander. Oft war er sehr still, sagte kaum etwas und du redetest dafür viel zu viel. Natürlich löchertest du ihn mit Fragen über das Träumen, bis er es leid war und aufhörte, sie dir zu beantworten – in erster Linie wohl weil deine Fragen immer verrückter wurden. Er begann nach einigen Wochen, dir zu zeigen wie man seine eigenen Träume steuern und selbst beeinflussen konnte, womit er dir viele spaßige, aber auch ernste Träumereien bescherte. In einer Nacht schaffte er es sogar, dir etwas Angst einzujagen, indem er drei wilde, zähnefletschende Hunde auf den Hals hetzte. Als Rache dafür hattest du drei Nächte lang kein Wort mit ihm gesprochen. Aber das wohl schönste war, dass du dank ihm Nachts sein konntest was du wolltest und vor allem: wer du wolltest. Eine Prinzessin, eine begabte Jägerin oder einfach nur die Schönste Frau am Hofe eines Kaisers! Immer wieder fragtest du dich ernsthaft, warum jemand, der so mächtig war wie er, sich mit dir abgab. Viele male fragtest du ihn danach, doch eine eindeutige Antwort gab er dir nie. Trotzdem freutest du dich nun jede Nacht auf den Schlaf, es war jedes mal etwas ganz besonderes. So kuscheltest du dich nach zwei Jahren allnächtlichen Träumens wieder in deine kratzige Wolldecke und lächeltest, da du wusstest dass er diese Nacht wieder nur darauf wartete, dass du im Schlaf versankst. Du schlugst die Augen auf und sahst dich um.Um dich herum wucherten wilde Pflanzen, die du noch nie zuvor gesehen hattest. Schwarze Tannen wuchsen hoch in den Himmel, du konntest kaum ihre Spitzen erkennen. Der aufdringliche Geruch von Nadelgehölz stieß dir in die Nase und ein Eulenschrei durchdrang das stete Rauschen des Windes. Neugierig gingst du durch den dichten Wald, stolpertest kurz über eine aus der Erde ragende Wurzel und fielst ungeschickt ins weiche Moos. Der Wind fuhr spielerisch durch dein Haar, als du einen vertrauten Geruch wahrnahmst. "Pitch.", flüstertest du und ein Lächeln legte sich auf dein Gesicht. Der schwarze Nebel, der sich auf dem Wind bewegte, umschmeichelte sanft deine Wangenknochen und fuhr über die weiche Haut an deinem Hals. Lautlos tauchte er neben dir auf und griff sofort nach deiner Hand, um dir aufzuhelfen. "Es ist schön dass du hier bist.", flüsterte er dir ins Ohr und eine Gänsehaut kroch über deinen Nacken. So nah war er dir selten, er distanzierte sich auch sofort wieder von dir, zu deinem Bedauern. Dir war schon vor Monaten klar geworden, dass du Pitch sehr mochtest, dass du verliebt in den Meister der Angst warst. Dein ganzes Leben lang hatte die Einsamkeit dich regiert, die Trauer und der Schmerz. Pitch Black war das erste Wesen dem es ähnlich ging, er war der erste der wusste wie du dich fühltest! Und du wolltest es ihm endlich gestehen, nach den Wochen des inneren hin- und hers wolltest du es ihm heute sagen. Er zog dich an der Hand durch den Wald, hinter euch stapften die schwarzen Albtraumpferde über das Moos und hinterließen eine Spur aus schwarzem Sand. "Ich fürchte ich muss dir etwas gestehen.", begannst du und Pitch sah ahnungslos zu dir, deine Hand noch immer in seiner. Er führte dich mit solcher Eleganz durch den Tannenwald, du kamst dir beinahe vor wie eine Kaiserin. Kaum hattest du den Gedanken gehabt, merktest du begeistert, dass dein zerfetztes Schlafkleid sich zu einem edlen Gewand gewandelt hatte. Träume waren etwas wundervolles, schmunzeltest du in dich hinein und nahmst das Gespräch wieder auf. "Du hast mir eine fabelhafte Welt gezeigt, hier in den Träumen. Hier kann ich eine gütige Königin sein und im nächsten Moment Welten zerstören mit meinem Willen, ich muss es mir nur vorstellen." "Das ist der Sinn von Träumen. Nur bist du seltsamerweise ausgesprochen immun geworden gegen meine Albträume." E setzte wieder diesen Blick auf, dieser Blick der dir zeigte wie ihm diese Tatsache Kopfzerbrechen bereitete. Er schien sich wirklich zu fragen wie du das hinbekommen hattest, nicht mehr auf seine Magie anzuspringen. "Nun, das liegt wohl ganz eindeutig an der realen Welt. Sie ist so viel schrecklicher als alle Albträume zusammen...", seufztest du resignierend und ein Stich machte sich in deinem Herzen bemerkbar. Aber nun genug drum herum geredet, du wolltest ihm doch deine Liebe gestehen! "Pitch... Ich verbringe gern Zeit mit dir." Sein Gesicht hellte sich auf und er lächelte sein gruseliges Lächeln, zeigte seine spitzen Zähne. "Das weiß ich doch! Ich bin auch ausgesprochen gern in deinen Träumen, sie sind doch sehr... dunkel." Das letzte Wort sprach er mit kindlicher Begeisterung aus und er drückte liebevoll deine Hand. "Du bist das erste Wesen, für das ich so etwas wie Freundschaft empfinde. Und vorher fand ich Dinge wie Freunde oder Liebe immer zum Lachen." "Ja, also, die Liebe... Wie stehst du denn dazu?", fragtest du mit wachsendem Unmut nach. Erst nachfragen, sonst würdest du dich bis auf die Knochen blamieren... "Oh. Liebe?" Pitch blieb stehen und schien ernsthaft nachzudenken. "Also... Versteh mich nicht falsch, ich bin der Meister der Angst. Mit Liebe hatte ich bis jetzt nicht allzu viel zu tun. Sie ist mir fremd und ich bin nicht an ihr interessiert." "Nicht interessiert... Ich verstehe." Nur mit Mühe konntest du die Tränen aus deinen Augen verbannen. Du hättest es dir denken können! Er war kein Traumprinz, er war der Mann der über dunkle Mächte herrschte. Es war selbstverständlich dass er nicht an sowas interessiert war. Pitch beugte sich ein Stück herab, um dir ins Gesicht sehen zu können. Er sah deinen traurigen Gesichtsausdruck und zog nachdenklich die Brauen zusammen. Nach einem kurzen Denkprozess schien es 'Klick' zu machen. Er begriff was dich bedrückte. Peinlich berührt räusperte er sich und ließ deine Hand augenblicklich los. "Mh. Hör zu, ich glaube ich weiß was los ist." sagte er mit etwas krächzender Stimme und seufzte kurz. Pitch blieb stehen, was dich ebenfalls zum anhalten brachte. Er sah geradezu hilflos aus, wie er vor dir stand, dieser todernste Blick in den Augen, die ihre Farbe zu einem stechenden gelb gewechselt hatten. Das war eines dieser sonderbaren Dinge an ihm, die du so bewundertest. Die meiste Zeit waren seine Augen kalt, berechnend und von einem strahlenden weiß, wie die Wolken an einem Sommertag. Doch wenn er emotional wurde, waren sie fast gelb, warm und wunderschön wie zwei funkelnde Bernsteine. Ja, seine Augen waren etwas ganz besonderes. Nur an seinen Augen sah man, dass in ihm immer noch ein Mensch ruhte. „Ich denke du solltest da nicht zuviel hinein interpretieren.“ Erwartungsvoll sah er dich an, schien gespannt zu sein auf deine Reaktion. Ein Dolch rammte sich in dein Herz, als er es sagte. Das war doch zu erwarten gewesen, sagtest du dir selbst und setztest ein nicht sehr überzeugendes Lächeln auf. „Du hast sicher recht.“ Deine Stimme war gegen deinen Willen brüchig und schnell wandest du dich ab, dass er nicht sah wie traurig dich die Situation stimmte. „Ich werd dann jetzt gehen.“ Mit festen Schritten stapftest du über das Moos und eine Träne rann heiß über deine Wange. Wut kochte in dir hoch, obwohl du wusstest dass sie nicht berechtigt war. „Warte!“, rief Pitch dir nach, doch du hörtest nicht auf ihn. Deine Schritte trugen dich immer weiter durch den schwarzen Wald, der nach und nach immer mehr in Nebel versank. Du würdest bald aufwachen. Und der Gedanke, Pitch in der nächsten Nacht wiederzusehen machte dich wahnsinnig vor Wut und Enttäuschung. Nach gefühlten mehreren Stunden kamst du außer Atem zum Stehen. Der Wald war noch fülliger geworden, dicht an dicht schmiegten sich die Tannen aneinander. Nur mit Mühe konntest du dich durch die unteren Äste, das Unterholz und die Brombeerranken kämpfen, die am Stoff deines Kleides zogen und zerrten. Tränen liefen dir über die Wangen, zum Teil aus Schmerz, zum Teil aus purer Traurigkeit. Ein tiefer Schluchzer erschütterte dich, als du auf eine kleine, mondbeschienene Lichtung stolpertest und auf die Knie fielst. Zum Glück fing dich das weiche Sternenmoos auf, so dass deine Landung nicht sehr schmerzhaft war. Deine Unterarme waren übersät von Kratzern der Ranken und es schmerzte höllisch. Der Nebel um dich herum wurde immer dichter, wie eine Suppe schwamm er über dem Boden. Pitch hatte sich wie immer lautlos genähert, doch du spürtest seine Gegenwart. „Du hast Gefühle für mich, nicht wahr?“, fragte er leise und mit sehr ernstem Tonfall. Mit dem Handrücken wischtest du deine Tränen fort und funkeltest ihn wütend an. Tatsächlich hatte er es auch endlich bemerkt, nach all den Wochen die ihr miteinander Zeit verbracht hattet! „Ja, Pitch. Das habe ich.“, bestätigtest du trotzig. „Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig.“ Du standest vom Boden auf und rafftest dein Kleid zurecht. Mit eisernem Blick sahst du ihn a und gingst auf ihn zu. Pitch öffnete leicht den Mund, er schien erstaunt zu sein über deinen Trotz ihm gegenüber. „Warum ist es egal? Ich sehe das anders.“, erwiderte er und beugte sich etwas zu dir herunter, um dir in die Augen sehen zu können. „Das ist mir egal. Pitch Black, ich will dich nicht mehr in meinen Träumen haben! Halte dich fern!“, befahlst du in einem Tonfall, der keine Widerworte zu dulden schien. Bestürzt zog er die Augenbrauen zusammen und streckte die Hand nach dir aus, doch du schlugst ihn zornig weg. „Ich verstehe ja dass du wütend bist, aber du solltest mich ausreden lassen!“ redete er aufgebracht auf dich ein. „Ich habe nie gesagt dass ich nicht-“ „Halt den Mund!“, fuhrst du ihm in die Parade und spürtest das Gefühl vom freien Fall, welches das Aufwachen begleitete. „Bleib fern von meinen Träumen!“ Das letzte, was du von diesem Traum sahst war Pitchs Gesicht, er sah dich mit traurigem Blick verschwinden. Wütend bisst du in dein trockenes Brot mit steinharten Käse und fluchtest vor dich hin. Verdammter Pitch, grummeltest du in dich hinein und verzogst das Gesicht beim Geschmack des alten Brunnenwassers. Drei Monate waren ins Land gezogen und du hattest nicht ein Wort mehr mit Pitch gewechselt. Auch deine Träume waren leer, nicht einmal hattest du ihn gehört, gesehen oder gespürt. Das enttäuschte dich sehr und du begannst ihn wirklich zu vermissen. Ohne ihn waren das keine richtigen Träume, es fehlte etwas, etwas wichtiges. Säuerlich hörtest du ein Klopfen an der schweren hölzernen Hintertür und standest auf, um zu öffnen. Als du den Riegel zurück geschoben hattest und die Tür nach außen aufschwang trautest du deinen Augen kaum. Dort, inmitten der Nacht, stand dir Pitch gegenüber. Ehe du dich versahst, hatte er dich an einem Arm gepackt und schwungvoll auf eines seiner Schattenpferde gezogen. Wütend versuchtest du dich zu wehren, ihn zu schlagen und zu schreien, aber er ignorierte das geflissentlich. Das Pferd warf den Kopf hoch und wieherte triumphierend, als es noch etwas schneller lief, so dass du deine Arme um Pitchs Brust schlingen musstest um nicht hart auf dem Boden zu landen. Er sah dich nicht einmal an, sprach kein Wort, sondern starrte nur nach vorn, bis ihr einen Platz im Wald fandet, der ihm gefiel. „Pitch!“, fauchtest du, als das Pferd hielt und er dir vom Rücken des wilden Tieres half. „Du hast mich grade entführt!“ „Ja, ich weiß!“, erwiderte er und irgendetwas an ihm war merkwürdig. „Aber es war mir wichtig dich zu sehen und dich um etwas zu bitten.“ Zornig, aber doch etwas neugierig verschränktest du die Arme vor der Brust und spürtest deine Wut etwas schwinden. Verdammter Kerl, fluchtest du innerlich, du konntest ihm wirklich nicht mehr allzu böse sein... Erwartungsvoll zogst du die Brauen hoch, woraufhin er sich die Worte zurecht zu legen schien. Pitch schien mit sich zu ringen, er ging auf und ab, schien ein bisschen nervös, was du garnicht von ihm kanntest! Er fasste einen Entschluss und trat nah an dich heran. So nah wie er dir kam, schnapptest du kurz nach Luft und deine Wangen wurden rot. Noch nie war er dir so nah gekommen und als Pitch die Hand auf deine Wange legte, hattest du das Gefühl zu verbrennen unter seiner sanften Berührung. Seine Augen hatten eine wundervolle goldene Farbe angenommen und du ahntest, was das zu bedeuten hatte. „Pitch...“, flüstertest du, ahnungslos wie du darauf reagieren solltest. „Bitte lass mich wieder in deine Träume.“, wisperte er dir zu, so leise dass du es selbst kaum verstehen konntest. Ohne ein Wort nicktest du, vollkommen überrascht von dieser zärtlichen Geste die er da vollbrachte. Er lächelte, erleichtert über deine Zustimmung, ließ die Hand von deiner Wange sinken und steckte dann beide in seine Manteltaschen. Der Entschluss kam ganz plötzlich und du winktest ihn zu dir herunter. Verwirrt folgte er deinem Winken und beugte sich zu deinem Gesicht herab. Er wehrte sich nicht, als du sein Gesicht in deine Hände nahmst und ihn kurz anstrahltest. „Das will ich schon sehr lange tun.“, flüstertest du und überbrücktest den letzten, winzigen Abstand zwischen euren Lippen. Pitch regte sich kaum, er schien perplex zu sein. Als du dich nach zwei viel zu kurzen Sekunden wieder von ihm löstest, starrte er dich wortlos an. Sein Mund war leicht geöffnet und du konntest dir ein Kichern nicht verkneifen. Das schien ihn wieder aus seiner Trance zu holen, denn er packte dich am Oberarm und zog dich an sich. Ein weiterer, viel intensiverer Kuss folgte dem ersten und genüsslich seufztest du seinen Lippen entgegen. Gegen nichts in dieser Welt würdest du das eintauschen wollen! „Träume ich etwa?“, fragtest du ihn und ein kurzes Lachen kam von ihm. „Nein, du träumst nicht.“ Es waren keine weiteren Worte nötig, sein Blick, die Farbe seiner Augen sagte alles was du wolltest. Ein Lächeln zuckte über deine Lippen, als du den Gedanken ganz klar fasstest. Verliebt in den Meister der Angst, in Pitch Black, den Herrn der Dunkelheit. Doch seine Dunkelheit war nun auch deine Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)