Amputiert von kleines-sama (CrocodileXDoflamingo) ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 15 ---------------------- Normalerweise war Crocodile kein ängstlicher Mensch. Ganz im Gegenteil: Er war seit jeher eine Person gewesen, die mit beiden Beinen fest auf dem Erdboden stand und sich von nichts und niemanden unterkriegen ließ. Und falls doch etwas Unvorhergesehenes oder Gefährliches geschah, dann reagierte Crocodile nicht mit Angst oder Panik, sondern mit Wut und Verdruss. Angst zu fühlen hatte er sich zu einem unbestimmten Zeitpunkt in seinem Leben einfach abgewöhnt. Als Pirat konnte man es sich nicht leisten, ängstlich zu sein und sich einschüchtern zu lassen. Piraten, die zur ängstlichen Sorte Mensch gehörten, überlebten nicht lange auf der Grandline, falls sie diese überhaupt auch nur erreichten. Trotzdem konnte Crocodile nicht verhehlen, dass er sich Sorgen machte. Zu jeder Tages- und Nachtzeit dachte er an seine Prothese und an die Forscher, die diese bauen sollten. Er fragte sich, wie gut sie wohl vorankamen und mit welchen Schwierigkeiten sie bereits hatten fertig werden müssen. Hoffentlich würde sich kein Problem ergeben, vor dem sie resignierten und schlussendlich kapitulierten. Crocodile wünschte sich, mehr Informationen zu diesem Thema zu erhalten. Plötzlich kam er sich selbst sehr töricht und naiv vor, weil er sich niemals zuvor genauere Fragen zu dem Bau seiner Prothese gestellt hatte; obwohl es sich hierbei doch eigentlich um die allerwichtigste Sache in seiner derzeitigen Lebenslage handelte. Von seiner Prothese hing schließlich seine gesamte Zukunft ab. Die Frage, wann sie endlich fertiggestellt war und wie gut sie funktionierte, beeinflusste seine Existenz maßgeblich. "Ist alles in Ordnung mit dir?" Es war die skpetisch klingende Stimme seines Freundes, die Crocodile aus seinen Gedanken riss und ihn ganz zerstreut aufblicken ließ. Es war ein warmer Nachmittag und sie saßen beide auf gemütlichen Stühlen im weitläufigen Garten der Villa; der runde Gartentisch, der zwischen ihnen beiden stand, war im Augenblick noch leer, doch bald schon würden ein paar Sklavinnen auftauchen und das Mittagessen anrichten. Crocodile verspürte zwar absolut keinen Hunger, nicht einmal ein klein wenig Appetit, doch er hatte artig zugestimmt, als Doflamingo gemeint hatte, es wäre ein guter Zeitpunkt für eine warme Mahlzeit. "Du wirkst ganz nervös und fahrig", fuhr ebenjener fort, ohne den durch die getönten Gläser der Sonnenbrille verhüllten Blick von seinem Partner abzuwenden. "Fühlst du dich unwohl?" "Mir geht es gut", erwiderte Crocodile sofort, obwohl er sich ertappt fühlte. "Mach dir keine Sorgen um mich. Ich war nur ein wenig gedankenverloren, nichts weiter." Um diese Aussage zu untermauern, fügte er nach kurzem Schweigen noch hinzu: "Hattest du nicht erst vor kurzem einmal gesagt gehabt, ich würde in letzter Zeit sehr häufig mit offenen Augen träumen? Wahrscheinlich hast du Recht mit dieser Vermutung. Genau das habe ich eben nämlich getan." Auch wenn Crocodile sich darum bemühte, möglichst authentisch zu klingen, schienen seine Worte seinen Partner nicht zu überzeugen. Crocodile konnte den misstrauischen Blick Doflamingos zwar nicht sehen, doch er spürte ihn so deutlich wie unangenehm kribbelnde Sonnenstrahlen auf der Haut. "Du warst nicht gedankenverloren oder hast im wachen Zustand geträumt", hielt Doflamingo dagegen. "Ganz im Gegenteil: Du wirkst unruhig. Vielleicht beunruhigt. Du zeigst es nicht offen, doch ich merke es deutlich. Was ist denn in letzter Zeit nur los mit dir?" Crocodile biss sich auf die Unterlippe und anstatt seinem Partner ins Gesicht zu sehen, sah er an diesem vorbei; sein Blick war auf einen Rosenstrauch mit hellrosa Blüten gerichtet, während er sprach: "Mit mir ist gar nichts los." Wenn Crocodile ehrlich war, dann fühlte er sich in diesem Gespräch sehr unwohl, fast schon in die Ecke gedrängt. Es sah Doflamingo nicht ähnlich, ihn so deutlich mit seinen Argwohn zu konfrontieren. Zumindest in letzter Zeit hatten sie beide kaum gestritten oder unangenehme Gespräche geführt. Dazu hatte es auch keinen Grund gegeben: Schließlich hatte Crocodile stets den nachsichtigen und gehorsamen Patienten gespielt; jeden Ärger, der ihm auf der Zunge lag, hatte er selbstlos hinuntergeschluckt, anstatt ihm freien Lauf zu lassen. Nun allerdings sah die Situation völlig anders aus: Anscheinend fing Crocodiles Maskerade zu bröckeln an. Sich über einen so langen Zeitraum hinweg rund um die Uhr zu verstellen und immer den verständnisvollen Gast zu mimen, hatte ihm nicht gut getan. Sein Geduldsfaden begann allmählich zu reißen. In letzter Zeit hatte es öfter kleine Ausrutscher seitens Crocodile gegeben: Patzige Bemerkungen oder einen unwilligen Gesichtsausdruck. Und scheinbar waren diese Anzeichen auch Doflamingo nicht entgangen, der sich nun wieder um ihn zu sorgen begann. Dabei hatte er diese Minenspiel doch nur zu dem Zweck, seinen Partner ein wenig zu entlasten, überhaupt erst begonnen! Die ganze Situation schien Crocodile aus den Händen zu gleiten. Plötzlich begann Crocodile an seinem Vorhaben zu zweifeln: Ob es eine gute Idee gewesen war, sich zu verstellen? Vielleicht sollte er diese Farce endlich beenden? Um seiner selbst willen und um Doflamingo willen. Es hatte seinem Partner gut getan, sich ein paar Wochen lang nicht um ihn kümmern zu müssen, entschied Crocodile, doch genug war genug. Nach einigen Überlegungen beschloss er schließlich, seine Maske nicht ganz abzulegen, doch sie zumindest ein wenig zur Seite zu schieben und einen kleinen Teil seines echten Selbst preiszugeben; einen ehrlichen Einblick in seine Gefühlslage. "Ich weiß, dass irgendetwas los ist", meinte Doflamingo, als Crocodile so lange schwieg. "Irgendetwas nagt an dir und beunruhigt dich. Und ich möchte endlich wissen, worum es sich dabei handelt." Er zögerte für einen kurzen Moment, ehe er fortfuhr: "Eigentlich dachte ich, dass du es mir sofort mitteilen würdest, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Ich habe gewartet, aber du bist nicht zu mir gekommen, um mit mir zu reden. Ich weiß, dass ich in letzter Zeit sehr beschäftigt bin und nur wenig Zeit für dich...." "Das ist es nicht!", lenkte Crocodile rasch mit energischer Stimme ein, auch wenn dies nicht ganz der Wahrheit entsprach. Tatsächlich fühlte er sich in letzter Zeit vernachlässigt, weil sein Partner ständig Dinge zu tun hatte, die angeblich wichtiger waren als ihm Gesellschaft zu leisten. Trotzdem wollte er nicht, dass dieser sich Vorwürfe machte. "Haben wir nicht schon einmal über dieses Thema gesprochen? Ich habe dir bereits gesagt, dass ich Verständnis für deine Situation habe. Schließlich bin ich selbst einmal Shichibukai gewesen. Ich möchte dir keine Vorwürfe machen. Außerdem geht es sowieso um etwas völlig Anderes." Angesichts letzterer Aussage wurde Doflamingo hellhörig. "Also ist tatsächlich irgendetwas nicht in Ordnung!", sagte er ernst. "Schon", gab Crocodile zu und überlegte sich, wie er seine Sorge am besten in Worte fassen könnte. "Aber es hat nichts mit dir zu tun. Nicht direkt jedenfalls. Es geht, naja...", er stockte und war erst nach zwei tiefen Atemzügen dazu in der Lage weiterzusprechen, "es geht um den Bau meiner Prothese." "Deine Prothese?" Verwundert zog Doflamingo beide Augenbrauen zusammen. Mit dieser Aussage schien er nicht gerechnet zu haben. "Aber wieso denn das?" "Erinnerst du dich daran, wie du mir letztens mal gesagt hattest, dass du sehr oft mit dem Forscherteam telefonierst, das meine Prothese konzipieren soll?", fuhr Crocodile fort. "Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen!", warf Doflamingo sofort ein und schien bereits zu bereuen, diese Aussage im Beisein seines Partners getätigt zu haben. "Ich habe mich ungünstig ausgedrückt. Es gibt nämlich keinen Grund zur Beunruhigung. Bisher läuft alles nach Plan. In etwa zweieinhalb Monaten wirst du bereits den ersten Prototyp der Prothese erhalten. Also mach dir bitte keine Sorgen, ja?" "Wie soll ich mir denn keine Sorgen machen?!", entgegnete Crocodile und die Worte klangen deutlich aufgebrachter als beabsichtigt. "Bisher läuft alles nach Plan. Du kannst so etwas leichthin sagen! Ich kenne den Plan noch nicht einmal! Ich weiß weder, was das für ein Forschungsteam ist, das du zusammengestellt hast, noch wieweit es inzwischen gekommen ist. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, wo diese Forschungsarbeit stattfindet: In einem Labor hier auf Dressrosa? Oder vielleicht hunderte Kilometer entfernt? Ich weiß über nichts Bescheid! Und diese Unwissenheit gibt mir ein furchtbares Gefühl von Hilfslosigkeit und Abhängigkeit. Ständig mache ich mir Gedanken darum, was passieren wird, wenn beim Bau irgendetwas schief läuft. Immerhin ist noch niemals eine Prothese gebaut worden, die eine Hand wirklich hundertprozentig ersetzen kann; geschweige denn eine, durch die Teufelskräfte hindurch geleitet werden können. Von dieser Prothese hängt meine Zukunft ab! Aber du vetröstest mich immer bloß mit Phrasen wie Alles läuft nach Plan und Alles wird wieder gut. Ich bin kein kleines Kind, dem man irgendwelche Lügen auftischen muss, damit es nicht anfängt zu weinen. Ich will endlich echte Informationen zum aktuellen Forschungsstand erhalten! Kannst du das denn nicht verstehen?!" Mit diesem unerwarteten Gefühlsausbruch schien Crocodile seinem Partner den Wind aus den Segeln genommen zu haben; der Shichibukai wirkte ganz verdattert und brachte ungefähr eine halbe Minute lang kein Wort über die Lippen. Das Schweigen, das sich zwischen ihnen beiden ausbreitete, wurde schließlich so furchtbar unangenehm, dass Crocodile es beinahe schon bereute, diese Beichte vorgebracht zu haben. In letzter Zeit hatte er stets den nachsichtigen und gehorsamen Gast gespielt, und dass er nun so unerwartet aus seiner einstudierten Rolle schlüpfte, überraschte seinen Freund zweifellos. "Tut mir leid", warf Crocodile rasch reumütig ein. "Es war nicht meine Absicht, dich anzufahren. Aber diese Frage macht mir wirklich sehr zu schaffen." "Ist schon gut", erwiderte Doflamingo und seine Stimme klang sanfter, als Crocodile es erwartet hätte. "Und natürlich kann ich gut verstehen, dass du dir Informationen zum Bau deiner Prothese wünscht. Allerdings ist mir nicht ganz klar, wieso du dich so plötzlich für dieses Thema interessierst; in den letzten Wochen und Monaten hast du nur sehr selten den Anschein erweckt, dass du gerne über den Forschungsstand informiert werden möchtest. Ich habe nicht beabsichtigt, dir Neuigkeiten vorzuenthalten: Ich hatte bloß immer das Gefühl, dass du dich nicht sonderlich dafür interessierst." Diese Äußerung seitens seines Partners nahm nun wiederum Crocodile den Wind aus den Segeln. Verunsichert senkte er den Blick und versuchte die Worte, die Doflamingo eben gesprochen hatte, zu verarbeiten und zu bewerten. Wenn er ehrlich war, dann lag ihnen eine Logik zugrunde, gegen die er nicht ankam. Tatsächlich hatte er seit seinem Erwachen aus dem Koma nur recht selten nach dem Stand der Dinge gefragt, was seine Prothese anging. Nur am Rande bekam Crocodile mit, dass ein paar Sklavinnen aufgetaucht waren und den Tisch mit verschiedenen warmen Speisen deckten. "Du hast nicht Unrecht", lenkte Crocodile ein, nur um anschließend erneut auf Konfrontationskurs zu gehen: "Aber seit du mir gesagt hast, dass du oft mit den Forschern telefonierst, geht mir diese Sache einfach nicht mehr aus dem Kopf. Tag und Nacht mache ich mir Gedanken darum." "Aber ich habe dir doch eben schon erklärt, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt", entkräftete Doflamingo das Argument seines Partners. "Die Aussage war bloß blöd von mir formuliert worden. Es ist alles in bester Ordnung." "Das sagst du so leicht!" "Diese Diskussion dreht sich im Kreis!", entgegnete Doflamingo scharf und lehnte sich anschließend seufzend in seinem Gartenstuhl zurück. Er legte seine rechte Hand an die Stirn und dachte für eine Weile nach, ehe er schließlich sagte: "Dass du meine Worte falsch verstanden hast, tut mir leid. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten; das ich das letzte, was ich möchte. Und um diese Diskussion endlich zu beenden, will ich dir ein Angebot machen: Wenn du unbedingt wissen möchtest, wie es mit dem Bau deiner Prothese vorangeht, dann lasse ich für dich einen Bericht anfertigen, in dem alle wichtigen Informationen stehen; natürlich inklusive dem aktuellen Forschungsstand. Kannst du dich damit anfreunden?" "Ich denke schon", antwortete Crocodile, obwohl er sich mit diesem Angebot eigentlich überhaupt nicht anfreunden konnte. Er wusste nicht wieso, doch aus irgendeinem Grund hatte er keine Lust, diese Diskussion schon zu beenden, auch wenn sie sich im Kreis drehte, wie Doflamingo sagte. Doch anstatt dies zu äußern, biss er die Zähne zusammen und ließ seinen Blick über die vielen Speisen gleiten, welche die Sklavinnen angerichtet hatten. Der Gedanke daran, gleich wieder essen zu müssen, obwohl er nicht das allerwinzigste Hungergefühl verspürte, steigerte seine Wut noch weiter. In Crocodile kam das unbändige Verlangen auf, sich zu streiten; und am besten zu prügeln. Er besaß zwar keine Hände mehr, mit denen er zuschlagen könnte, doch noch immer hatte er ein gut funktionierendes Gebiss und ein Paar Beine, die inzwischen wieder recht kräftig geworden waren. Er wollte schreien und beißen und treten und all seine angestaute Wut an seinem Freund auslassen. Und gleich danach wollte er heißen und leidenschaftlichen Sex mit diesem haben. Seltsamerweise war es genau dieser Gedanke, der Crocodile wieder zur Vernunft brachte. Was dachte er hier denn überhaupt? Er wollte sich zuerst mit Doflamingo prügeln, nur um danach Geschlechtsverkehr mit diesem zu haben? Woher kam dieses unsinnige Verlangen? Und wohin nur sollte es führen? Plötzlich fühlte Crocodile sich von seinen eigenen Gedanken eingeschüchtert. Es war sehr untypisch für ihn, die Kontrolle über seinen Verstand zu verlieren. Normalerweise war er nämlich ein sehr rationaler und vernünftiger Mensch. Wurde er nun verrückt? Hatte das anstrengende Minenspiel der letzten Wochen aus ihm eine Art Psychopathen gemacht? "Du wirkst schon wieder beunruhigt", warf Doflamingo ein und riss seinen Partner damit erneut aus dessen Gedanken. "Was ist denn jetzt schon wieder los? Ich dachte, wir hätten das Problem gelöst." Er klang ungeduldig und ein wenig genervt, was nur sehr selten vorkam. Vermutlich hatte ihm die mühsame Diskussion eben den letzten Nerv geraubt. "Es ist nichts", erwiderte Crocodile. Er kam sich vor wie in einem Déjà-vu; allerdings mit dem Unterschied, dass sich seine Stimme diesmal kräftig und überzeugend anhörte. Crocodile beschloss, dass es womöglich doch besser war, die Maske noch für eine Weile länger zu tragen. Dieses bizarre Verlangen, das eben in ihm aufgekommen war, als er sie abgelegt hatte, hatte ihm selbst einen Schrecken eingejagt. Die Lebenslage, in der er sich derzeit befand, schien also nicht nur Doflamingo, sondern auch ihn selbst zu zermürben und Dinge ans Tageslicht zu bringen, die lieber verborgen bleiben sollten. "Wollen wir jetzt endlich essen?", meinte Crocodile, um sich von seinen eigenen Gedanken abzulenken. "Um ehrlich zu sein, habe ich inzwischen großen Hunger bekommen", log er. "Und dieses gebratene Huhn sieht wirklich köstlich aus." Einige Tage später lag Crocodile spätabends in seinem Krankenbett und starrte aus dem großen Erkerfenster hinaus, ohne wirklich irgendetwas zu sehen. Da er sein Gesicht von der Türe abgewandt hatte, gingen die beiden Sklaven, die dort Wache standen, sicherlich davon aus, dass er tief und fest in schlief; in Wirklichkeit allerdings war er sehr gedankenverloren und träumte mit offenen Augen vor sich hin. Auf seinem Nachttisch lag ein etwa fünfzehnseitiger Bericht, der detaillierte Informationen zum Bau seiner Prothese enthielt. Doflamingo hatte tatsächlich Wort gehalten und ihn ihm nur wenige Tage nach ihrem virulenten Gespräch im Garten zukommen lassen. Crocodile hatte nicht auch nur ein einziges Mal einen Blick hineingeworfen. Genauso rasch wie das Verlangen, mehr Informationen zu erhalten, aufgetaucht war, hatte es sich auch wieder verflüchtigt. Plötzlich konnte er gar nicht mehr nachvollziehen, wieso er sich überhaupt so stark für dieses Thema interessiert hatte. Doflamingo war ein intelligenter und überaus mächtiger Mann: Crocodile vertraute darauf, dass dieser ein kompetentes Forschungsteam zusammengestellt hatte, das mit allen Problem zurechtkommen und seine Prothese rechtzeitig fertigstellen würde. Hatte der Shichibukai nicht irgendwann einmal erwähnt gehabt, dass die Forscher sogar besser als gedacht vorankamen? Es gab also absolut keinen Grund, um sich Sorgen zu machen. Nun, da dieses Thema für Crocodile nicht mehr interessant war, wandte er sich wieder anderen Fragen zu: Mit welchen Dingen beschäftigte Doflamingo sich, wenn er sich nicht in seiner Nähe aufhielt? Mit welchen Menschen telefonierte er? An welcher großen Sache war er gerade dran? Noch immer wurde Crocodile das unangenehme Gefühl, dass sein Partner ihm irgendetwas verheimlichte, nicht los. In den letzten Tagen war er viel zu beschäftigt gewesen mit der Frage, wie der Bau seiner Prothese voranging, als dass er an diese Begebenheiten Gedanken verschwendet hätte; nun allerdings kehrte die Neugierde wieder zurück. Denn das Verhalten des Shichibukais hatte sich nicht im geringsten verändert: Noch immer wollte er nicht über seine Geschäfte sprechen; wechselte jedes Mal das Thema, wenn Crocodile danach fragte. Tatsächlich benahm Doflamingo sich sehr verdächtig. Nur zu gerne wüsste Crocodile, was sein Freund vor ihm verheimlichte, und wieso. Während Crocodile über das seltsame Verhalten des Shichibukais sinnierte, drehte er sich im Bett um. Eine überaus schlechte Entscheidung, wie er gleich darauf feststellen musste. Sofort spürte er starke Schmerzen im Bereich des Unterbauchs und des Bauchnabels. Da er mit dem Gesicht nun in Richtung der Tür und somit der beiden Wachen lag, bemühte Crocodile sich darum, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. Er presste seine Zähne so heftig aufeinander, dass sie zu schmerzen begannen, und vergrub sein Gesicht möglichst unauffällig in dem anschmiegsamen Kopfkissen. Wenn die Wachen mitbekamen, dass er Schmerzen hatte, dann riefen sich mit Sicherheit gleich den Arzt. Und diesem fürchterlichen Mann wollte Crocodile in nächster Zeit lieber nicht wieder begegnen. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie ihr letztes Aufeinandertreffen eskaliert war. Die Wiederholung einer solchen Erfahrung konnte er sich getrost sparen, fand Crocodile. Außerdem würde Doflamingo sich unnötig sorgen, wenn wegen ihm mitten in der Nacht der Arzt alarmiert werden würde. Also lieber auf den Arzt verzichten und die Schmerzen wie ein Mann ertragen. Es war Crocodiles Glück, dass Doflamingo am folgenden Tag kaum Zeit für ihn erübrigen konnte: Weder zum Frühstück noch zum Mittag- oder Abendessen erschien sein Partner, ließ sich stattdessen mal wieder wegen wichtiger Telefongespräche entschuldigen und durch Sklaven vertreten. Unter anderen Umständen hätte Crocodile sich über dieses rücksichtslose Verhalten sehr geärgert, doch heute war es ihm ausnahmsweise einmal Recht. Die Schmerzen in seinem Bauch waren zwar nicht ständig da, doch kehrten in unregelmäßigen Abständen immer wieder zurück und wurden jedes Mal ein wenig heftiger. Zumindest kam es Crocodile so vor. Dazu gesellte sich bald Übelkeit. Um auf die Sklaven, die sich ersatzweise um ihn kümmerten und ihn pflegten, nicht verdächtig zu erscheinen, nahm Crocodile zu den Mahlzeiten ein wenig zu sich, auch wenn er (wie üblich) überhaupt keinen Appetit hatte. Was sie allerdings nicht wussten, war, dass er sich jedes Mal gleich danach auf der Toilette erbrach. Alles, was er gegessen hatte, landete beinahe völlig unverdaut im Abfluss. Erst gegen Abend, als Crocodile bereits wieder im Bett lag, ließ sein Partner sich blicken. Unangekündigt öffnete dieser die Türe zu seinem Krankenzimmer und sofort bemühte Crocodile sich darum, einen unbefangenen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Er war sich absolut dessen bewusst, dass, wenn er nun verdächtig wirkte, das Minenspiel, das er heute den ganzen Tag über betrieben hatte, völlig umsonst gewesen sein würde. Doflamingo allerdings schien gar nicht zu bemerken, dass sein Freund sich unwohl fühlte. Ganz im Gegenteil: Er wirkte selbst so euphorisch, dass er für solche Details überhaupt kein Auge hatte. Unweigerlich fragte Crocodile sich, was bloß in den Shichibukai gefahren sein mochte. Zwar war Doflamingo ein Mensch, der häufig grinste und kicherte, doch so unfassbar begeistert wie in diesem Augenblick wirkte selbst er selten. „Was ist denn los mit dir?“, fragte Crocodile mit hochgezogener Augenbraue, während er sich den rechten Armstumpf möglichst unauffällig gegen den rechten Unterbauch drückte. Noch waren die Schmerzen nicht zurückgekehrt, doch er spürte deutlich, dass sie im Kommen waren. Ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt. „Ist dieses Wochenende Jahrmarkt in Dressrosa oder wieso wirkst du so enthusiastisch?“ „Viel besser“, entgegnete Doflamingo breit grinsend. „Ich habe eine Überraschung für dich! Komm schon, steig aus dem Bett!“ Aus dem Bett steigen? Wenn Crocodile ehrlich war, dann glaubte er nicht, dass er eine solch anstrengende Bewegung schaffen würde, ohne aufzufliegen. Die Schmerzen in seinem Unterbauch wurden mit jeder Sekunde heftiger. „Eine Überraschung?“, meinte Crocodile darum und versuchte, ihr Gespräch in eine andere Richtung zu lenken: „Du meinst damit nicht zufällig die Tatsache, dass du dich erst gegen zweiundzwanzig Uhr das erste Mal heute bei mir blicken lässt, oder??“ Wenn er einen Streit mit Doflamingo begann, war seine Überlegung gewesen, dann rückte diese Überraschung, die dieser für ihn vorbereitet hatte, sicherlich in den Hintergrund und für ihn selbst bestünde kein Grund mehr, um aus dem Bett zu steigen. Um zu streiten, musste man schließlich nicht aufstehen. Leider ließ Doflamingo sich überhaupt nicht darauf ein. Er winkte ab und meinte: „Stell dich nicht so an, Crocodile. Es gibt keinen Grund, um sauer auf mich zu sein. Ich habe heute nämlich den ganzen Tag lang an dieser Überraschung für dich gearbeitet. Und ich bin mir sicher, dass, wenn du siehst, was ich für getan habe, du deine Wut ganz schnell wieder vergessen wirst.“ „Worum handelt es sich denn bei dieser Überraschung?“ „Wenn ich es dir vorher verraten würde, dann wäre es doch keine Überraschung mehr.“ „Ich bin müde“, log Crocodile. „Es ist schon spätabends. Ich will jetzt nicht noch einmal aus dem Bett steigen. Kann diese Überraschung denn nicht bis morgen warten?“ „Auf keinen Fall! Los, komm schon!“ Zu Crocodiles Pech erwies sich sein Partner als äußerst widerspenstig. „Ich helfe dir auch, aus dem Bett zu steigen, wenn du dich wirklich so schwach fühlst.“ Und ehe er etwas dagegen tun konnte, griff Doflamingo auch schon nach seinen Unterarmen und lotste ihn in eine aufrechte Position. Crocodile musste sich ernsthaft zusammenreißen, um nicht laut loszuschreien, auch wenn die Bewegung recht sanft und vorsichtig gewesen war. „Ist ja schon gut!“, meinte er und befreite sich aus dem Griff seines Freundes. Nun hatte er wohl oder übel keine Wahl mehr. Langsam und schwerfällig stieg Crocodile aus seinem Krankenbett und bemühte sich dabei, keinen offensichtlichen Schmerzenslaut von sich zu geben. „Wohin soll es denn gehen?“ „Bevor wir losgehen, solltest du dich anziehen“, wendete Doflamingo ein und ging zum Kleiderschrank hinüber, aus dem er eine dunkle Hose und ein grünes Hemd ans Tageslicht beförderte. Anschließend ging er zurück zu seinem Partner und begann damit, eifrig das Pyjama-Hemd, das dieser trug, aufzuknöpfen. Crocodile seufzte unwillig. Sich aus seiner Schlafkleidung herauszuschälen und in das Hemd und die Hose, die Doflamingo für ihn bereithielt, zu schlüpfen, würden eine Menge Schmerzen bedeuten. Doch hatte er eine Wahl, wenn er vor seinem Freund nicht auffliegen wollte? Also fügte Crocodile sich schließlich in sein Schicksal und glitt mit vorsichtigen Bewegungen in die Kleidung, die sein Partner ihm hinhielt. „Bist du jetzt zufrieden?“, fragte Crocodile mürrisch nach, als sie endlich fertig waren. „Ich verstehe überhaupt nicht, warum ich zu dieser Uhrzeit aus meinem Bett soll. Ich bin hundemüde. Was ist denn eigentlich los?“ „Das wirst du gleich schon sehen“, war die einzige und äußerst unbefriedigende Antwort, die er seitens Doflamingo erhielt, ehe dieser nach seinem rechten Armstumpf griff und ihn sanft in Richtung Zimmertüre zog. Sie verließen das Krankenzimmer, liefen den Korridor entlang und die Treppe im Foyer hinunter, ehe sie schließlich bei der geschlossenen Flügeltüre ankamen, die zum Wohnzimmer im Erdgeschoss führte. Jeder einzelne Schritt, den Crocodile gegangen war, hatte ihm unsägliche Schmerzen bereitet. Sein Unterbauch fühlte sich an, als tobte ein Feuer darin. Nur mit viel Mühe gelang es ihm, laute Schmerzensschreie zu unterdrücken. Seine Laune war auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt. An der Überraschung, die Doflamingo ihm bereiten wollte, hatte er inzwischen nicht mehr das allergeringste Interesse. Sein Partner wiederum schien Crocodiles schlechte Laune entweder gar nicht erst zu bemerken oder er war zuversichtlich, dass die Überraschung, die dieser für ihn geplant hatte, sie sogleich in Luft auflösen würde. Crocodile bezweifelte dies zwar, doch ließ sich wohl oder übel auf die kommende Situation ein. Er wehrte sich nicht einmal, als Doflamingo ihm von hinten seine Hände über die Augen legte und somit die Sicht nahm, auch wenn ihm persönlich dieses Verhalten unangebracht und ein wenig kindisch vorkam. Schließlich handelte es sich bei ihnen beiden um erwachsene Männer. Trotzdem nahm Crocodile es leise seufzend hin und gönnte seinem Partner den Spaß. Je früher sie mit dieser Überraschung (worin auch immer diese bestehen mochte) fertig waren, desto eher konnte er sich wieder in sein Bett legen und endlich ein wenig erholsamen Schlaf finden. Crocodile hörte, wie die prächtige Flügeltüre vor ihnen (vermutlich von zwei Sklaven) geöffnet wurde. Doflamingo lotste ihn mit langsam und vorsichtigen Schritten -immerhin wurde Crocodiles Sicht noch immer durch zwei große Hände blockiert- in das Wohnzimmer hinein und blieb schließlich nur wenige Meter vor der Couchgarnitur in der Mitte des Raums stehen. Zwar konnte Crocodile die Couch nicht sehen, doch er wusste, dass sie auf einem flauschigen Teppich stand, den er eindeutig erfühlen konnte, während der Rest des Zimmers mit teurem Parkett ausgelegt war. Obwohl Crocodile bisher kein starkes Interesse an dieser Überraschung gezeigt hatte, von der sein Partner anscheinend ganz begeistert war, spürte er nun sehr deutlich, dass sein Herz plötzlich heftig zu schlagen anfing und ihm ein Schauer prickelnd über den Rücken lief. Unweigerlich fragte er sich, was ihn erwarten würde. Wieso war er zu dieser fortgeschrittenen Uhrzeit in das Wohnzimmer der Villa gebracht worden? Wer oder was befand sich auf der Couch, die er zwar nicht sehen konnte, doch von der er wusste, dass sie nicht weit von ihm entfernt stand? Um sich ein wenig zu beruhigen, nahm Crocodile einen tiefen Atemzug... und hatte plötzlich einen überaus bekannten Geruch in der Nase. Und jäh in diesem Augenblick wurde ihm klar, worin die Überraschung bestand, die Doflamingo ihm bereiten wollte, und auch, wieso dieser in den letzten Tagen und Wochen so viele geheime Telefongespräche geführt hatte. „Überraschung!“, sagte Doflamingo mit vergnügter Stimme und entfernte seine beiden Hände vom Gesicht seines Freundes. Und obwohl Crocodile wusste, was ihn erwartete, wer ihn erwartete, konnte er es doch einfach nicht fassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)