Amputiert von kleines-sama (CrocodileXDoflamingo) ================================================================================ Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Crocodile kam es vor wie ein Deja-vu, als er irgendwann wieder aufwachte. Da waren die vier weißen Wände und die Decke. Da war das große Erkerfenster, durch das ein wenig Sonnenlicht in den Raum fiel. Da waren die beiden Sklaven, die an der Türe wache standen. Da war das Krankenbett, in dem er lag. Und da war der Schemel, der unbesetzt daneben stand. Ein furchtbar schreckliches Gefühl, das Crocodile nicht so recht beschreiben konnte -vielleicht eine ungleiche Mischung aus Hass, Verzweiflung und Resignation- brach über ihn herein wie eine heftige Welle, die den ganzen Strand überspülte. Ich bin gefangen, dachte er, und ließ den Blick über die weiße Leere schweifen. Ganz gleich, was ich tue, ich lande immer und immer wieder genau hier in diesem Raum, genau hier in diesem Bett. Ich kann nicht entkommen. Ich bin genauso gefangen wie damals in Impel Down. Nur, dass dieses Mal nicht Magellan, sondern Doflamingo mein Gefängniswärter ist. Crocodile presste die Augen zusammen und die Lippen aufeinander. Am liebsten würde er jetzt losheulen oder zumindestens laut schreien. Nein, das war gelogen. Am liebsten wäre tot. Erlöst von seinem schwächlichen, verkrüppelten Körper und befreit von Doflamingos Fürsorge. Crocodile tat weder das Eine noch das Andere. Stattdessen drehte er sich auf die Seite und vergrub sein Gesicht im weißen Kopfkissen. Wenn er ehrlich war, dann hatte er sich noch niemals ernsthaft Gedanken darüber gemacht, was nach dem Tod geschah. Crocodile war niemals ein religiöser Mensch gewesen. Die Frage, ob er an Gott glaubte oder nicht, könnte er aus dem Stehgreif nicht so leicht beantworten. Aber jetzt, wo er darüber nachdachte, gefiel ihm die Vorstellung, seinen schwer beschädigten Körper einfach hinter sich zu lassen. Wie ein gestaltenloser Geist frei herumzuwandern und dahinzugehen, wo der Wind ihn hinwehte. Auf jeden Fall wäre das deutlich angenehmer als in diesem Bett zu liegen und darauf zu warten, dass Doflamingo sich auf den nebenstehenden Schemel setzte. Denn das der Shichibukai ihm demnächst einen Besuch abstatten würde, dessen war Crocodile sich sicher. Einer der Wachen hatte Bescheid darüber gegeben, dass er aufgewacht war. Selbstverständlich hatte er das. War es nicht immer so? Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, ehe er sich mit Doflamingo auseinandersetzen musste. Crocodile wollte sich überhaupt nicht ausmalen, was jetzt geschehen würde. Er war sich dessen bewusst, dass er eine Grenze überschritten hatte. Er hatte Doflamingo alles entgegengespieen, was ihm schon seit Wochen auf der Zunge gelegen und keine Ruhe gelassen hatte. Und das hatte Doflamingo verletzt. Heftiger verletzt, als er es zugeben wollte. Und um sich selbst zu schützen und um seine übertrieben Fürsorge nicht in Frage stellen zu müssen, hatte er ganz einfach Crocodiles Geisteszustand heruntergespielt. In den Augen seines Partners war er nunmehr nicht mehr bloß ein Kind, das man bevormunden konnte wie man wollte, sondern ein unzurechnungsfähiger Patient, auf den man achtgeben musste, damit er sich nicht aus Versehen selbst verletzte. Sein Partner. Er hatte Doflamingo in Gedanken häufig "seinen Partner" genannt. Das war eben der Platz, den der Andere in seinem Leben einnahm. Oder eingenommen hatte. Crocodile gefiel dieses Wort. Es klang nicht kitschig oder übertrieben, aber auch nicht kalt ode gefühllos. Doch traf diese Bezeichnung überhaupt noch zu? Konnte er Doflamingo tatsächlich noch guten Gewissens als seinen Partner bezeichnen? Gleichberechtigt waren sie schließlich nicht mehr, seit er medizinisch von ihm versorgt wurde. Hatten sie nicht erst gestern darüber gestritten? Crocodile konnte sich daran erinnern, dass Doflamingo behauptet hätte, es bestünde in ihrer Beziehung keine Gleichberechtigung mehr. Zumindestens derzeit nicht. Bedeutete das also, dass er nicht mehr sein Partner war? Was war Doflamingo dann? Sein Erzieher? Sein Psychologe? Sein Pfleger? Crocodile seufzte. Warum nur war alles so schwierig geworden? Waren seine fehlenden Hände nicht schon Schwierigkeit genug? Crocodile verfluchte, jemals auf auf Eustass Kid getroffen zu sein. Das Geräusch der Zimmertüre, die sich leise öffnete, riss ihn aus seinen Gedanken. Crocodile kniff die Augen zusammen und verzog das Gesicht, sodass man meinen könnte, es läge irgendein widerwärtiger Geschmack auf seinen Lippen. Er wartete ab, bis Doflamingo mit langsamen Schritten den Raum durchquert und sich auf den Schemel neben seinem Bett niedergelassen hatte, und erst dann öffnete Crocodile wieder seine Augen. Doflamingo trug eine rosafarbene Hose mit schwarzen Querstreifen und ein weißes, offenes Hemd; auf seine Nase saß eine Sonnenbrille mit violett getönten Gläsern. Crocodile wusste nicht recht, was er sagen sollte, doch das war auch gar nicht nötig, denn schnell ergriff Doflamingo das Wort: "Wie geht es dir?" Crocodile zögerte für einen kurzen Moment, ehe er schließlich erwiderte: "Körperlich sehr gut, zumindest den Umständen entsprechend." Die Antwort war nicht gelogen. Obgleich er während ihrer Auseinandersetzung gestern -oder wie lange auch immer sie nun her sein mochte- zusammengebrochen war, fühlte er sich in körperlicher Hinsicht recht gut. Er hatte keine starken Schmerzen und fühlte sich noch nicht einmal sonderlich müde. Crocodile deutete dies als ein gutes Zeichen. Es bedeutete, dass sein Körper widerstandsfähiger und robuster wurde. Seine Erholung hatte in den letzten Wochen gute Fortschritte gemacht. "Das freut mich", sagte Doflamingo und kreuzte die Beine übereinander. "Du hast noch nichts gegessen, nehme ich an?" Crocodile schüttelte den Kopf und richtete sich in seinem Bett auf. Er hatte bereits früh gelernt, sich aufzurichten, auch ohne das Körpergewicht auf die Hände stemmen zu können. Inzwischen bereitete es ihm gar keine Umstände mehr. "Dazu hatte ich noch keine Gelegenheit. Ich bin ja eben erst aufgewacht." Er stockte für einen Augenblick und fragte dann: "Wie lange habe ich geschlafen?" "Neunzehn Stunden." "Tatsächlich? Dann war ich ja gar nicht so lange weg wie ich befürchtet hatte. Das ist gut." "Du hättest gar nicht erst weg sein dürfen", gab Doflamingo spitz zurück. "Du weißt wie ich das meine. Es hätte schlimmer sein können. Ich mache Fortschritte, was die Heilung angeht." "Dann solltest du diese Fortschritte weiter unterstützen, indem du jetzt erst einmal frühstückst. Dein Körper braucht Nährstoffe; du bist schon wieder so blass im Gesicht geworden. Die Mädchen, die ich geschickt habe, sollten jeden Moment hier sein." "Frühstück klingt gut", meinte Crocodile. Die nächsten zwei Minuten, die es dauerte, ehe sein Frühstück eintraf, verbrachten sie schweigend. Crocodile wusste nicht recht, was er von der ganzen Situation halten sollte. Zwar verhielt Doflamingo sich überfürsorglich, doch das kannte er schließlich von dem Shichibukai. Tatsächlich schienen seine schlimmsten Befürchtungen nicht eingetreten zu sein. Oder zumindest noch nicht. Bisher verhielt Doflamingo sich noch tolerabel, entschied Crocodile. Hoffentlich würde das auch so bleiben. Drei Mädchen brachten auf Tabletts eine große Auswahl an verschiedenen warmen und kalten Köstlichkeiten herbei. Da waren Brote mit Aufschnitt, Müsli, Eier (hart gekocht, weich gekocht, gebraten). Da waren Salat, eingelegtes Gemüse, Suppen, verschiedene Sorten Fleisch und Fisch. Da waren Wasser, Milch, Saft, Kaffee und Tee. Darüber, wie viel Mühe dahinter steckte, so viele Speisen so hübsch und verzehrbereit anzurichten, machte Crocodile sich keine Gedanken. Was die Ernährung anging, war er bei Doflamingo stets verwöhnt worden. Vor allen Dingen seit er körperlich so stark angeschlagen war und darum viel essen und trinken musste, um sich so gut wie möglich wieder zu erholen. Der Shichibukai war schließlich sehr einflussreich und extrem reich, da gab es einfach keinen Grund, um bescheiden oder genügsam zu sein. Nachdem die drei Mädchen alle Teller, Schüsseln, Krüge und Tassen ordnungsgemäß abgestellt hatten, verbeugten sie sich zuerst vor Doflamingo, dann vor ihm und verschwanden schließlich fast geräuschlos wieder aus seinem Krankenzimmer. "Was möchtest du als erstes essen und trinken?", fragte Doflamingo. "Zuerst die Suppe. Dann Fisch und das eingelegte Gemüse. Dazu grünen Tee. Ungesüßt." Die Suppe schmeckte hervorragend. Crocodile schloss für einen Moment die Augen, um den Geschmack zu genießen, als Doflamingo ihm sanft den Löffel in den Mund schob. Da er ohne seine Hände stark eingeschränkt war und sich auch ansonsten aus medizinischen Gründen nicht zu stark verausgaben durfte, hatte Crocodile meistens den ganzen Tag lang nicht viel zu tun. Nicht einmal Sport durfte er treiben. (Nur zu gut erinnerte Crocodile sich noch daran, wie katastrophal sein Versuch zu joggen, fehlgeschlagen war.) Von Tätigkeiten wie Malen und Schreiben ganz zu schweigen. Also verbrachte er viel Zeit damit zu lesen, spazieren zu gehen und sich mit Doflamingo zu unterhalten. Und natürlich zu essen. Ansonsten gab es nur wenig, was ihm dabei half, den Tag irgendwie herumzubekommen. Manchmal erinnerte dieses Leben Crocodile an das der Bananenkrokodile, die er sich früher gehalten hatte. Damals, in Alabasta, als er selbst noch ein Shichibukai und die Welt in Ordnung gewesen war. Er hatte viel Freude an seinen Haustieren gehabt und sie ständig verwöhnt. Sie hatten keine Pflichten und auch keinen Nutzen gehabt, schwammen einfach bloß den ganzen Tag lang in ihrem Aquarium herum und wurden regelmäßig gefüttert. Bei diesem Gedanken verging Crocodile plötzlich der Appetit und als Doflamingo ihm ein Stück Fisch in den Mund schieben wollte, drehte er seinen Kopf abweisend zur Seite. Ich befinde mich in einem goldenen Käfig, schoss es Crocodile plötzlich durch den Kopf und diese Erkenntnis stimmte ihn wütend und traurig. Doflamingo hielt ihn genauso wie er sich früher seine Bananenkrokodile gehalten habe. Ich bin für ihn kein Kind oder Patient, sondern ein Haustier, dachte er. "Was ist auf einmal los mit dir?", drang Doflamingos Stimme wie durch einen dicken Schleier zu ihm durch. "Hast du jetzt schon keinen Hunger mehr? Oder ist dir vielleicht schlecht geworden? Soll ich den Arzt holen lassen?" Und von der einen Sekunde auf die andere fühlte Crocodile plötzlich, wie kalter Hass durch seinen Körper strömte. Er konnte fühlen, wie er durch seine Adern floss und auch wenn er wusste, dass es unmöglich war, spürte er wie die Finger seiner rechten Hand zu zucken begannen. Was war nur aus ihm geworden? Wie tief war er gesunken? Er war doch kein Haustier, das man füttern musste! Er war Sir Crocodile, ehemaliger Shichibukai, ehemaliger Mister Zero der Baroque Works, ein großer Pirat! Er hatte beinahe einen gesamten Staat unterworfen! Ihm war die Flucht aus Impel Down gelungen! Er hatte an der Schlacht um Marine Ford teilgenommen! Sein Kopfgeld betrug einundachtzig Millionen Berry verdammt nochmal! In einem plötzlichen Ausbruch von Panik, Hass und Hysterie holte Crocodile mit seinem rechten Arm aus und fegte das gesamte Geschirr und Besteck von seinem Krankenbett. Er konnte hören, wie es krachend auf dem Fußboden landete und der Inhalt auslief. Das Brot, der Aufstrich, das Müsli, die Eier, die Salate, das eingelegte Gemüse, das Fleisch und der Fisch, die Getränke. Alles landete auf dem perfekt gereinigten Fußboden und besudelte diesen. Der Anblick verschaffte ihm eine seltsame Art von Genugtuung. Dann schlug Crocodile die Bettdecke zur Seite -das gelang ihm auch ohne Hände recht gut-, stieg aus dem Bett und steuerte die Tür an. Er trug noch immer seine weiße Schlafkleidung, das bedeutete, er trug weder Schuhe noch Socken. Doch dass ihm die auf dem Boden verstreut liegenden Scherben die Füße aufschnitten, störte ihn nicht im geringsten. Er bemerkte es kaum. Crocodile hatte noch nicht einmal die Zimmertüre erreicht, als Doflamingo von seinem Schemel aufsprang. Bis eben noch schien er völlig überfordert mit Crocodiles plötzlichem Stimmungsumschwung gewesen zu sein und hatte es ihn, überrascht und perplex wie er war, durchgehen lassen, doch nun war er aus seine Starre erwacht. Nach nur drei großen Schritten war er bei ihm angelangt und packte ihn grob am Arm. Crocodile versuchte sich aus dem harten Griff zu befreien, doch Doflamingo war deutlich stärker als er und dachte nicht im Entferntesten daran, ihn loszulassen. "Fass mich nicht an! Lass mich los! Verdammt nochmal! Doflamingo! Du Bastard!" "Was zur Hölle ist los mit dir? Eben warst du noch völlig ruhig und nur eine Sekunde später rastest du hier total aus!" "Lass mich los! Verdammt! Lass. Mich. Los!" "Wenn du versprichst dich zu beruhigen, dann lasse ich dich los." "Doflamingo!" "Versprich es! Du musst es nur sagen und ich lasse dich sofort los." "Du tust mir weh!" Diese Worte erzielten eine noch viel bessere Wirkung als das Versprechen sich zu beruhigen. In sofort dem selben Moment, in dem er sie aussprach, ließ Doflamingo ihn los und trat einen Schritt zurück. Crocodile holte tief Luft. Dass Doflamingo ihm wehgetan hatte, war nicht gelogen gewesen. Zwar konnte Crocodile seine Ärmel nicht hochschieben, doch wenn er seine Unterarme nach oben hob, rutschte der leichte Stoff nach unten und entblößte sie. Auf seiner blassen Haut waren überdeutlich mehrere dunkle Hämatome zu erkennen. Auf beiden Unterarmen. "Das wollte ich nicht!" Crocodile presste die Zähne aufeinander und starrte Doflamingo wütend und entsetzt an. "Du hast es aber getan! Und dass du es nicht wolltest, macht es eigentlich nur noch schlimmer. Das bedeutet nämlich, dass du die Kontrolle über dich verloren hast! Langsam bekomme ich ernste Zweifel, wer von uns beiden labil ist, Doflamingo!" Wenn Crocodile ehrlich war, dann machte ihm dieses Verhalten Sorgen. Er hatte noch niemals zuvor erlebt, dass Doflamingo die Kontrolle über sein eigenes Handeln verlor. Zwar war er häufig sadistisch und blutrünstig, zumindest Feinden gegenüber, doch der springende Punkt bei der Sache war der, dass Doflamingo dabei niemals seine Selbstkontrolle verlor. Er entschied sich in diesen Situationen lediglich ganz bewusst dagegen sie einzusetzen. Selbst, als Doflamingo ihn geohrfeigt hatte, weil er sich von Maja einen Blowjob hatte geben lassen, hatte er sich selbst absolut unter Kontrolle gehabt. Er hatte ihn bestrafen wollen, weil er ihn verletzt und eifersüchtig gemacht hatte. Genauso wie damals in der Schlacht von Marineford, als er ihn mit seinen Teufeskräften enthauptet hatte. Eben jedoch hatte Doflamingo für eine kurze Zeit lang die Kontrolle über sich und sein Handeln verloren. Und ein Donquixote Doflamingo, der sich selbst nicht mehr zügeln konnte, war definitiv gefährlicher als die zwar sadistische, doch disziplinierte Variante. Gefährlich vor allen Dingen für Crocodile. Schließlich war er ohne seine Teufelskräfte und ohne seinen Goldhaken nicht dazu in der Lage, sich zu verteidigen. Crocodile schluckte. "Es tut mir leid. Hörst du, Crocodile? Es tut mir leid. Ich entschuldige mich nicht oft. Das weißt du. Ich hasse es, mir Fehler einzugestehen und mich zu entschuldigen. Genauso wie du. Aber jetzt tue ich es: Es tut mir leid!" Crocodile schüttelte langsam den Kopf. Nicht, um Ablehnung auszudrücken, sondern einfach bloß, weil er gerade ein wenig gedankenverloren war. Dann sagte er in einem möglichst versöhnlichen Tonfall: "Ist schon gut. Ich denke, wir sind beide in letzter Zeit nicht ganz wir selbst. Wir sollten uns gegenseitig einfach ein bisschen in Ruhe lassen. Von mir aus können wir gerne heute zusammen zu Abend essen, aber jetzt brauche ich ein bisschen Ruhe." Doflamingo nickte ohne erkennen zu lassen, was er dachte. "Einverstanden." Der Shichibukai ging zur Türe hinüber, an der die beiden Wachen standen, die bisher völlig kommentar- und regungslos das Schauspiel beobachtet hatten, das ihnen geboten worden war. Er wandte sich an einen von ihnen und befahl: "Ruf ein paar Mädchen her, die die Sauerei auf dem Boden wegmachen.Und ein paar, die für Crocodile ein neues Frühstück mitbringen. Sie sollen auch an Pflaster und Verbände denken. Er hat sich an den Scherben die Füße aufgeschlitzt. Und mach schnell!" Die Wache nickte, verbeugte sich und verschwand einen kurzen Augenblick später, um den Befehl auszuführen, der ihm aufgetragen worden war. Dann wandte sich Doflamingo ein letztes Mal zu Crocodile um, der zu seinem Bett zurückgekehrt war und sich darauf niedergelassen hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Crocodile, dass er ihm noch irgendetwas sagen wollte, ihm irgendetwas auf der Zunge lag. Anstatt es auszusprechen, schluckte der Shichibukai es jedoch hinunter und verschwand ohne ein weiteres Wort aus dem Krankenzimmer. Kaum war die Türe ins Schloss gefallen, seufzte Crocodile laut auf und schlug die Arme über den Kopf zusammen. Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut. Doflamingo ist der Verrückte von uns beiden, dachte er. Und wenn das so weiterging, würde es mit ihnen beiden noch ein böses Ende nehmen. Crocodile war sich dessen bewusst, dass der Shichibukai extrem gefährlich war und man ihn nicht unterschätzen durfte. Vor allen Dingen er, in seinem erbärmlichen Zustand, nicht. Doch was sollte er tun? Er konnte sich gegen Doflamingo nicht zur Wehr setzen. Er konnte sich nicht selbst umbringen. Und von Dressrosa fliehen konnte er auch nicht. Er war ein Gefangener. Crocodile bekam kaum mit, wie sich die Türe zu seinem Krankenzimmer erneut öffnete und gut ein Dutzend junger Sklavenmädchen eintrat. Sie verbeugten sich allesamt kurz vor ihm und machten sich dann an die Arbeiten, die ihnen aufgetragen worden war. Einige räumten das zerbrochene Geschirr und die verschütteten Lebensmittel vom Fußboden auf, einige deckten ihm das neue Frühstück und zwei weitere machten sich daran, seine Füße zu versorgen. Crocodile schreckte erst auf, als die beiden Sklavinnen ihm die Scherben aus der Haut zogen und die kleinen Wunden desinfizierten. Es war zwar nicht Ernstes (schließlich hatte nicht einmal Doflamingo es für nötig gehalten, den Arzt herzubestellen), nur eine einzige Scherbe hatte sich relativ tief ins Fleisch gebohrt, doch seit Crocodile keine Hände mehr besaß, hatte er das Gefühl, an seinem restlichen Körper umso empfindlicher geworden zu sein. Vor allen Dingen an den Füßen. Wie ein Blinder, der besser hören oder riechen konnte als jeder Sehende. "Verzeiht mir bitte, Sir Crocodile!", bat das Mädchen unterwürfig, das gerade Desinfektionsmittel auf diese eine, größere Wunde verteilt hatte und ihm damit einen scharfen Zischlaut entlockt hatte. Crocodile machte eine kurze Kopfbewegung, die in etwa die selbe Bedeutung hatte, wie wenn jemand mit seiner Hand abwinkte. Crocodile war Schmerzen in letzter Zeit mehr als gewohnt. Das Böse an Desinfektionsmittel war lediglich, dass es höllisch brannte. Irgendwann waren alle Sklavinnen verschwunden bis auf zwei Andere, die ihm beim essen halfen. Dieses Mal aß Crocodile artig, obwohl er keinen großen Hunger mehr verspürte. Seine Füße brannten vom Desinfektionsmittel und seine Unterarme schmerzten unangenehm. Die Zeit bis zum verabredeten Abendessen mit Doflamingo brachte Crocodile hauptsächlich mit Nachdenken zu. Er las Zeitung, er aß zu Mittag, machte einen Spaziergang im Garten und badete, doch während er all diese Dinge tat, dachte er angestrengt nach. Er befand sich gerade in einer sehr schwierigen und gefährlichen Situation. Doflamingo geriet langsam, aber sicher außer Kontrolle. Er hatte sich schrecklich verändert, mehr noch als er selbst. Crocodile seufzte leise. Wie lange war es her, seit er Doflamingo das letzte Mal lachen gehört hatte? Früher hatte ihn das exzentrische Gelächter seines Partners meistens furchtbar genervt; jetzt würde er eine Menge hergeben, um es noch einmal zu hören. Doflamingo lachte nicht mehr, er grinste nicht mehr und nahm nichts mehr auf die leichte Schulter. Die ganze Zeit über war er bloß schlecht gelaunt und besorgt um ihn. So ging das nicht weiter! Wenn Crocodile nicht bald eine Lösung für ihr Problem fand, würde ihre Beziehung völlig den Bach hinunter gehen. Und wenn er ehrlich war, dann wollte er das nicht. Er wollte sich nicht von Doflamingo trennen. Auf welche Art und Weise auch immer. Er wollte bloß, dass alles wieder so wurde wie früher. Crocodile schloss die Augen. Er lag gerade in der Badewanne; genoss das warme und wohlriechende Wasser, das seinen Körper umschloss und die zarten Finger einer Sklavin, die ihm Shampoo ins Haar einmassierte. Mit Doflamingo zu streiten, nützte nichts. Zwar war es danach nicht so schlimm gekommen, wie Crocodile es ingsheim befürchtet hatte, doch genützt hatte es ihm auch nicht. Streiten und Schreien brachte sie hier nicht weiter. Das hatte Crocodile inzwischen begriffen. Doch was sollte er sonst tun? Irgendwie musste man Doflamingos Verhalten doch ändern können! Irgendeine andere Möglichkeit musste es doch noch geben! Er musste ihn davon abbringen, ihn weiterhin als Patienten und Haustier zu sehen; stattdessen musste er dafür sorgen, dass Doflamingo ihn wieder als gleichberechtigten Partner ansah. Doch wie sollte er das anstellen? Crocodile richtete sich in der Badewanne langsam auf. Das Sklavenmädchen, das ihm das Shampoo in die Haare einmassiert hatte, ließ ihn augenblicklich los und senkte schüchtern und ängstlich den Blick. "Hey du, Mädchen", sprach Crocodile es an. Die Sklavin zuckte ängstlich zusammen. Wahrscheinlich glaubte sie, sie hätte irgendetwas falsch gemacht. Ihm mit einem spitzen Fingernagel vielleicht zu fest über die Kopfhaut gestrichen oder zugelassen, dass ihm ein Tröpfchen Shampoo in die Augen lief. Crocodile nahm sich nicht die Zeit, um ihr zu erklären, dass weder das eine noch das andere der Fall war. Er hatte Wichtigeres zu tun. "Lasst das Abendessen heute nicht in meinem Krankenzimmer, sondern im Speisesaal anrichten. Stellt auch ein paar Kerzen und Blumen auf den Tisch. Und bringt einen guten Wein! Wenn ihr den Tisch gedeckt habt, sollen alle Sklaven verschwinden. Sorgt auch dafür, dass alle Telefongespräche für Doflamingo abgesagt werden; auch die dringenden. Ich will den Abend ganz ungestört mit ihm verbringen! Legt für mich schicke Kleidung zurecht, die ich nach dem Bad anziehen kann. Nicht die Sachen, die ich sonst immer im Krankenbett trage. Ich will ein richtiges Hemd und Schuhe haben! Und denkt auch an meinen Schal!" Das verschüchterte Sklavenmädchen wirkte ein wenig überrascht und überfordert, doch nickte gehorsam und gab den Befehl weiter, ehe es sich wieder seinen Haaren zuwendete. Crocodile lehnte sich zurück und schloss die Augen. Bald hatte der angenehme Duft des Badewassers seine Sinne benebelt. Er fühlte sich so entspannt und motiviert wie schon seit Wochen nicht mehr. Vielleicht würde ja ein romantischer Abend Doflamingo daran erinnern, dass er nicht nur ein Patient und Haustier war, um das man sich kümmern musste. Sondern ein Mann, mit dem man sich gut unterhalten und lachen konnte. Und der gewisse Bedürfnisse hatte. Ein Grinsen schlich sich auf Crocodiles Lippen. Wenn Streit und Gebrüll zu keiner Lösung führten, dann würden es vielleicht Blumen und Kerzen tun. Als er aus der Badewanne stieg, fühlte Crocodile sich siegessicher. bye sb Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)