Amantes amentes von _Delacroix_ (Eine One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Rufus ----- Rufus mochte den 14'ten Februar nicht sonderlich, denn er bedeutete Ärger. Nicht nur, dass er früher immer der Dumme gewesen war, der am Ende dieses Tages die Überreste seiner Mitschüler vom Boden eines Ganges gekratzt hatte, jetzt war er auch noch der Dumme, der sich mit den verunglückten Valentinsdates in ganz Großbritannien herumschlagen musste. Und davon gab es heute faszinierend viele. Da war der Magier gewesen, den seine aktuelle Flamme mit einem Dauerklebefluch ans Bett gefesselt hatte, um sein Herz – oder etwas was sie für selbiges hielt – irgendeinem Gott zu opfern von dem zumindest Rufus noch nie im Leben gehört hatte. Er glaubte übrigens, dass sie ihm eine Niere entnommen hatte, aber genauer würde er das wohl erst erfahren, wenn die Heiler im St. Mungos aufgehört hatten über den armen Kerl zu lachen. Dann war da die Hexe gewesen, die versehentlich ihren eigenen Liebestrank geschluckt hatte und daraufhin im Laden für magische Zauberspiegel aller Art Amok gelaufen war. Gar nicht so einfach Jemanden zu verhexen, der sich zwischen hunderten von sprechenden Spiegeln versteckte, die laufend darauf hinwiesen, wie zerbrechlich sie doch waren. Nun, wenigstens hatten sie ihn nicht fett genannt, so wie eine gewisse Kollegin, der er es verdankte, dass er in den Einsatzbericht noch ein paar weitere kaputte Spiegel hatte eintragen müssen. Neben all jenen, die zwischen ihm und dem entscheidenden Stupor gestanden hatten. Und dann war da noch die Sache im Park gewesen, mit dem Herz aus hundert fliegenden Eulen. Harmlos? Wäre es vielleicht gewesen, hätten die Tiere ihre angestammte Größe behalten dürfen. Aber nein, größer war besser war toller und zu allem Überfluss hatte die Hexe am Ende auch noch „Ja“ gesagt. „Ja, ich heirate den Idioten, der mich fast an hundert übergroße Eulen verfüttert hätte! Ja, ich heirate den Mann, der einen Aurorengroßeinsatz ausgelöst hat! Ja, klar! - Wie blöde war die eigentlich?“ Rufus schnaubte, während er in den Fahrstuhl stieg. Er wollte jetzt nur noch ins Atrium, in den Kamin und dann ab nach Hause, bevor noch irgendein liebestoller Idiot das Ministerium mit menschenfressenden Schokoladenpralinen überflutete. Und im nächsten Jahr würde er am 14'ten freinehmen oder krank werden oder sich von einer pinken Karte erschlagen lassen. Ganz egal, Hauptsache er bekam nicht wieder diese schreckliche Schicht. Es ruckte als der Fahrstuhl hielt, aber Rufus bekam es kaum mit. Er musterte angewidert den Fleck, den eine der Eulen auf seiner Uniform hinterlassen hatte. Übergroße Eulen machten übergroße Scheißflecken, dafür war er momentan der lebende Beweis. Hoffentlich half da ein normaler Reinigungszauber überhaupt noch weiter. Nicht das er den auch noch in XXL sprechen - „Rufus?“ Nur langsam löste sein Blick sich von seiner verschandelten Uniform. Hatte er da gerade seinen Namen gehört? Musste er wohl, denn als er aufsah, entdecke er, dass er nicht mehr alleine im Fahrstuhl stand. Klar, jemand musste zugestiegen sein als er angehalten hatte und dieser Jemand war - „Rufus!“, wiederholte die junge Frau strahlend und machte ein paar Schritte auf ihn zu. Vielleicht wollte sie ihn umarmen, doch der Anblick des überdimensionalen Scheißflecks auf seiner Uniform ließ sie innehalten. Sie sah ihn angeekelt an, dann murmelte sie ein leises „Kif int?“ und wenn er sich nicht sicher gewesen war, wen er gerade vor sich hatte, jetzt wusste er es wieder. „Mary“, stellte er fest und zwang sich zu so etwas wie einem Lächeln. Oh ja, wie hätte er sie auch vergessen können? Das Mädchen, das völlig unkontrolliert von einer Sprache in die andere fiel, besonders wenn es aufgeregt war und damit wieder und wieder dafür sorgte, dass andere Menschen völlig überfordert reagierten. Früher hatte sie sich hinter ihm versteckt, heute hätte er sich am liebsten hinter ihr verkrochen. „Entschuldige, ich bin ein wenig müde“, gab er zu und das Leuchten in ihren Augen verriet ihm, dass er wohl mehr oder minder auf ihre Frage geantwortet haben musste. Ein Glückstreffer, wie so oft bei ihr. „Mis juhtus? On sinuga kõik korras?“, fragte sie weiter, doch dieses Mal konnte er nur hilflos mit den Schultern zucken. Er hätte nicht mal sagen können welche Sprache sie gerade sprach geschweige denn darauf antworten. Ja, für einen Moment war es wirklich wieder so wie damals in der Schule, wenn sie aufgetaucht war um unverständliches Zeug zu heulen, das er und seine Freunde erst einmal irgendwie hatten entschlüsseln müssen. Zum Glück weinte sie jetzt nicht. Im Gegenteil, sie wirkte auf eine positive Art aufgeregt. Leider viel zu aufgeregt um ein ordentliches Wort herauszukriegen. „Atme mal tief durch“, forderte er und nutzte die Zeit, die sie zur Umsetzung seines Vorschlags brauchte, um sie einmal von oben bis unten zu mustern. Das Ministerium schien ihr gut zu tun, zumindest besser als die Korridore von Hogwarts, wo sie immer ein wenig verloren ausgesehen hatte. Ihre Haare hatten ihre natürliche, dunkle Farbe, ihre Augen waren nicht geschwollen und die Akne war wohl auch Vergangenheit. Machte einen guten Eindruck. Zumindest einen besseren als er gerade machen dürfte. „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“ Ha! Sie hatte es geschafft! Sie hatte tatsächlich einen Satz auf Englisch herausbekommen und er war... ernüchternd. „Ja, ja. Alles gut“, wiegelte er eilig ab, „Nur ein paar übergroße Eulen, die mich mit einer Maus verwechselt haben. Nichts ernstes.“ Mary schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. „Ville du spise en kage med mig?“ War ja klar, dass ihr sprachliches Glück nicht lange anhalten würde und zu allem Überfluss teilte auch noch der Fahrstuhl mit einem leisen Klingeln mit, dass sie im Atrium angekommen waren. Eigentlich musste er jetzt aussteigen, uneigentlich kam er nur bis zum Gitter. Er hatte keine Ahnung was Mary hatte sagen wollen. Aber konnte er einfach gehen und sie hier im Fahrstuhl stehen lassen als hätte er die Frage nicht gehört? - Nein, das konnte er nicht machen. Nicht mit Mary, die ja nichts dafür konnte, dass die Welt heute verrückt geworden war und die auch nichts dafür konnte, dass er sie eben nicht verstand. Langsam drehte er sich wieder zu ihr um: „Was meinst du, wollen wir deinen letzten Satz bei einem Kaffee entschlüsseln?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)