GOD CHILD - The Celtic Cross von Silly-Sama (Das keltische Kreuz (mit Kapitel 6 abgeschlossen - wird aber von Sandy25 fortgesetzt)) ================================================================================ Kapitel 5: 5 ------------ 5 Draußen hatte es inzwischen zu dämmern begonnen und der einsetzende, heftige Regnen ließ die Luft in einer schwülen Hitze keimen. Ein Sturm zog erneut über London hinweg und verwüstete alles. Das Blattgrün, das von den Bäumen nicht mehr getragen werden konnte, flog durch die Luft und suchte sich neuen Halt in den zahllosen Zäunen, die im starken Wind zu schaukeln begonnen, so als brachen sie bald auseinander. Ein Mann mit ins Gesicht gezogenem Trenchcoat lief mit hastigen Schritten über die breite Straße und eilte, sobald es ihm in dem Wetter möglich war, in einer schützenden Haltung zum Eingang des großen, auffälligen Hauses ganz am Ende der regennassen Straße. Es war ihm anzusehen, dass er seinem Aufenthalt sichtlich wenig Elan und Freude zumaß und lieber zu Hause auf seinem Sofa vor einem warmen Kamin sitzen würde, wenn möglich noch mit einem warmen Tee und einer Times in den Händen. Doch sein zeitaufwendiger Beruf verlangte es nun einmal, dass er an einem solchen heiß-regnerischen Sommertag den Sitz der Hargreaves aufsuchte und das noch nach Feierabend in den frühen Abendstunden. Wieder einmal! Der Schauder lief ihm über den Rücken, als er klopfte und der hoch gewachsene Butler, Rivere, öffnete. „Ah, Inspector, so schnell?“ fragte er irritiert, ließ ihn aber mit einem kleinen Lächeln hinein. Ohne Zweifel spielte Riff auf den Vorfall vor drei Tagen an, als der alte Inspector Challenger beinahe durch ein genaschtes Bonbon aus dem Foyer gestorben wäre, da Master Cain es präpariert hatte. Howard Challenger lächelte künstlich zurück und zog seinen nassen Mantel aus, um ihn Riff zu geben. „Ich hoffe doch sehr, dass ihr Meister Antworten hat und ich nicht umsonst hergekommen bin!“ knurrte er mürrisch und setzte das ungeduldigste Gesicht auf, was er zu bieten hatten. Riff erkannte, dass dies nur gespielt war und lächelte wieder. Challenger war durchaus ein netter Mensch, aber auf seine alten Tage etwas ‚seltsam’. Nichtsdestotrotz ein fähiger Polizist, auch wenn Cain noch daran zweifelte! „Dieses Wetter ist nichts für mich und ich wäre zehnmal lieber zu Hause, als hierher zu kommen!“ ergänzte er noch, um sein Unwollen zu bekräftigen. „Keine Angst, Inspector Challenger, ich werde ihre kostbare Zeit nicht zulange in Anspruch nehmen,“ hörten beide Männer plötzlich eine Stimme vom oberen Treppengeländer. Dort stand er, in gewohnt hochnäsiger Pose: Count Cain C. Hargreaves. Er grinste den Inspector von Scottland Yard an, eine Art Anspielung auf das Geschehene vor ein paar Tagen, doch dieser räusperte sich nur und verzog abfällig das Gesicht. „Geht es ihnen wieder besser, Count Hargreaves? Ich hörte, sie hätten einen Schwächeanfall gehabt, nachdem ich das Haus verlassen hatte?“ erkundigte sich der Inspector und Cain war durchaus bewusst, dass etwas Schadenfreude in seiner Frage lag. Er grinste nur und winkte ab. „Was uns nicht umbringt, macht uns für gewöhnlich stärker, nicht Inspector?“ entgegnete er schnippisch und beendete das Thema. Der Inspector begriff diese Antwort schnell und lenkte auf seine durchaus berechtigte Anwesenheit um. „Sie sagten, ich solle schnell kommen, also was ist so dringend und wichtig, dass es nicht Zeit bis morgen hat?“ fragte er ungeduldig und kam auf die Treppe zu. Riff gab der Haushälterin Anita den regennassen Mantel des Inspectors und folgte diesem zum Treppenansatz. „Ich habe herausgefunden, was das Gift aus der Schatulle beinhaltet, sie werden es nicht glauben, Inspector Challenger! Kommen sie, ich zeige es ihnen!“ Der alte Polizeiinspector schaute angespannt und überrascht die Treppe zu Cain hinauf, der auf dem Absatz kehrt machte und in die Bibliothek ging. Dann maß er Riff mit einem fragenden Blick, doch dieser zeigte nur zur Treppe und lächelte freundlich. „Die Jugend versteh’ einer!“ maulte er unzufrieden und stapfte die breite und lange Treppe in die erste Etage hinauf. Riff folgte ihm. Oben angekommen verschnaufte er etwas und betrat dann wieder die Bibliothek, in der Cain eine Art Apparatur aufgebaut hatte, mit der er Giftmixturen untersuchen konnte. Außerdem lagen zahllose Bücher auf dem Boden und den Tischen verstreut, alles medizinische Lehrbücher. Der junge Count stand an dem seltsamen Gebilde aus Fläschchen, Röhrchen und anderen Behältnissen und betätigte soeben einen Schalter, der eine rote Flüssigkeit durch die dünnen Röhrchen des Apparates fließen ließ. „Erinnern sie sich noch an unser Gespräch vor drei Tagen?“ fragte Cain den alten Inspector, der daraufhin nickte. „Als ich ihnen sagte, dass ein so komplexes Verbrechen von keinem Psychopathen begangen werden könnte?“ erinnerte er ihn. Der Inspector kam näher und hob eines der Bücher auf dem Boden auf. Auf der Seite des medizinischen Buches war der menschliche Körper dargestellt mit seinem Muskeln, Organen und Nervensträngen. Einige der Nervenbahnen hatte man mit grüner Farbe gekennzeichnet. „Worauf wollen sie hinaus?“ fragte der Inspector von Scottland Yard skeptisch und beäugte die Zeichnung genauer. Nun erkannte er plötzlich, dass die grün markierten Stellen diejenigen Nervenstränge darstellten, die der Körper brauchte, um seine Bewegungen zu koordinieren. Würden sie gelähmt oder ausgeschaltet werden, dann könnte sich der Körper nicht mehr bewegen, er wäre taub! „Das Gift, was sie ebenfalls vor drei Tagen unbewusst eingenommen haben, basiert auf der gleichen Grundlage, wie das Serum, das in der kleinen Manschettenschatulle war, Inspector!“ meinte Cain und schüttelte ein kleines Fläschchen. Er starrte ihn ungläubig an. „Ein lähmendes Gift?“ fragte er unsicher nach, doch Cain nickte zustimmend. Der Inspector schlug wütend mit der Hand auf den Schreibtisch. „Das hätten sie mir auch am Telefon sagen können, Count Cain! Sie beanspruchen meine kostbare Zeit!“ keifte er ihn an, doch fast im selben Moment, wie die von ihm im Zorn gesprochenen Worte seinen Mund verließen, bereute er ihre Wahl, da er genauso gut wie Cain wusste, dass seine kostbare Zeit nichts weiter war wie ein Vorwand und eine unglaubwürdige Erklärung! Er schaute dennoch wütend zu Cain hinüber, der das Glas mit der grünen Tinktur abstellte und zum Schreibtisch ging. „Das war bei weitem nicht alles, Inspector, weshalb ich sie persönlich so schnell wie möglich sprechen wollte!“ meinte er ruhig und kramte unter einem Stapel Papieren, die bis zum Rand mit Zeichnungen und wirrem Gekritzel voll geschrieben waren, ein altes, eingebundenes Buch hervor. Challenger schaute ihn fragend an, bis Cain ihm eine Seite aufschlug und das aufgeklappte Buch reichte. Eine alte Zeichnung, ein Kupferstich, einer keltischen Druidenzeremonie war dargestellt. Auf dem Bild befanden sich drei Personen, wie der Inspector erkannte. Trotz mangelndem Wissen, was er auf diesem Gebiet leider zugeben musste, erkannte er, dass es sich um einen alten, bärtigen Druiden und zwei Ritter handelte. Der Druide wurde von einem der Ritter mit einem Schwert enthauptet. Der zweite Ritter trug eine Art Flasche, die er dem Druiden in den Rachen kippte. „Das ist . . .“ begann der Inspector seine Überraschung kundzugeben, „ . . . bemerkenswert, Count Hargreaves!“ Cain sah ihn verwundert an, doch dann gab er dem Inspector das Vergrößerungsglas und zeigte auf die Hand des Druiden. „Sehen sie noch einmal genauer hin!“ empfahl er ihm. Der Inspector nahm die schwere Lupe und schaute die Konturen der Zeichnung entlang, bis er plötzlich stoppte und sich seine Augen enorm vor Schrecken weiteten. Der Druide hatte tatsächlich in seiner rechten Hand eine Art Medaille mit einem Kreuz, das durch keltische Symbole und ornamentale Verzierungen umschlungen war. „Ein keltisches Kreuz!“ hauchte er. Cain nickte. „Tja, sie sagten doch, dass sie es zwar nicht gänzlich ausschließen, aber auch nicht bekräftigen können, dass es sich augenscheinlich bei den Morden um das Werk einer Sekte handelt. Hier haben sie den Beweis, Inspector Challenger!“ Er schaute ihn fragend an. „Das beweist gar nichts, Count Hargreaves!“ meinte er störrisch und gab ihm die Lupe zurück. „Das könnte alles purer Zufall sein, oder ein Fanatiker, der sich auf keltische Riten beruft!“ Cain blieb ernst. „Glauben sie das wirklich, Inspector?“ Der Angesprochene maß den jungen Count eines wütenden, aber festen Blickes. „Das sind keine Beweise, Count, nur Vermutungen!“ behauptete er noch einmal und der Schweiß stand ihm erneut auf der Stirn. Cain seufzte enttäuscht und nahm dem Inspector das Buch wieder aus den Händen. „Nun gut“, sagte er schließlich und legte es resignierend auf den Schreibtisch zurück, um sich dann dort abzustützen. „Es könnte wirklich purer Zufall sein . . .“ schloss er die Vermutungen des Inspectors in seine Schlussfolgerungen mit ein. Dieser nickte sichtlich zufrieden und wandte sich an Riff, der mit undurchschaubarer Miene hinter ihm stand und seinen Herren gleichermaßen erschrocken, wie entsetzt ansah. „Ich möchte ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen, Count Hargreaves. Sollten sie noch etwas Anderes herausfinden, was sich auch beweisen lässt, dann lassen sie es mich, oder einen anderen Mitarbeiter im Revier wissen. Im empfehle mich nun. Guten Abend!“ und er verließ das Zimmer hastigen Schrittes und ging zur Treppe, die ihn hinunter zurück ins Foyer führte. Riff stand immer noch steif an der Tür der Bibliothek und schaute Cain an. Diesem entging der Blick keinesfalls, doch er lächelte matt und setzte sich auf den Lesesessel. Auch Cain stand der Schweiß auf der Stirn. Erneut schien er einem Schwächeanfall zu erliegen, doch als Riff näher kommen wollte, hob er abweisend die Hand und lächelte gekünstelt. „Geht gleich wieder! Bring den Inspector zur Tür!“ Riff nickte, auch wenn es ihm nicht recht war, doch er befolgte die Anweisung seines Herren und eilte dem Inspector hinterher. Challenger hatte soeben von Anita den inzwischen etwas getrockneten braunen Trenchcoat in Empfang genommen und umständlich angezogen, wobei sie ihm noch helfen musste. Als er Riff die Treppe herunterkommen sah machte er eine abfällige Geste und öffnete die Tür nach draußen. „Passen sie auf den Jungen auf, Riff! Er sieht Gespenster! Der verrennt sich in was!“ und dann zog er den Mantel tiefer ins Gesicht und ging. Anita schloss die Tür hinter ihm und schaute Riff fragend an. „Was meinte er?“ fragte sie beunruhigt nach, doch als plötzlich ein gellender lauter Schrei von oben zu vernehmen war, eilte Riff ohne zu antworten hinauf zurück in die Bibliothek, dicht gefolgt von Anita, die vor Schreck das Putztuch hatte fallen lassen. Oben saß Merryweather neben ihrem Bruder, der auf dem Boden in der Bibliothek zusammengebrochen war. Riff kauerte sich ebenfalls neben dem bewusstlosen Cain und fühlte seinen Puls. Beunruhigt schaute er zu Merry, die weinte und dann zu Anita, die mit bleichem Gesicht im Türrahmen stehen geblieben war. „Holen sie Doktor Richardson und schaffen sie die junge Lady in ihr Zimmer!“ befahl er ihr scharf und riss sie so aus ihren Gedanken. Merry sah ihn aus großen, verweinten und angsterfüllten blauen Augen an und weigerte sich, als Anita ihre Hand nehmen wollte. Sie klammerte sich an ihrem Bruder fest und schrie. Doch Riff legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte in sanfter, aber sehr bestimmter Tonlage, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Merry war daraufhin bereit auf ihn zu hören und verließ mit Anita den Raum. Er nahm Cain in den Arm und befühlte seine Stirn. „Wieso habt ihr es selbst eingenommen?“ fragte er irritiert, als er die Viole auf dem Boden neben dem Versuchstisch liegen sah und das kleine Fläschchen öffnet und Cain in den Mund tröpfelte, dass dieser ihm wenige Minuten zuvor gegeben hatte. Cain lächelte und öffnete langsam wieder die Augen. „Um es zu testen!“ meinte er bestimmt und schaute Riff zufrieden grinsend an. „Dieser Trottel von Scottland Yard weiß doch gar nicht, was uns noch bevorsteht!“ Riff half ihm hoch, als Cain versuchte allein aufzustehen. Er maß seinen Herren mit einem vorwurfsvollem Blick. „Das haben sie sich aber selbst zuzuschreiben, Master Cain, schließlich sind sie nicht gerade sehr beliebt in den hiesigen Polizeigefilden!“ Er grinste Riff an. „Mag zwar sein, aber dennoch ist es doch eine arge Zumutung, dass er es gleich völlig ausschließt, dass es sich um eine fanatische Sekte handeln könnte!“ Er lief um den Schreibtisch herum und kramte unter dem Stoß von Papieren ein paar Skizzen hervor. „Trottel, sagte ich ja!“ Plötzlich stürmte Merry wieder ins Zimmer hinein und erkundigte sich sehr besorgt und im immer noch weinerlichen Tonfall nach dem Befinden ihres Bruders, der sie liebevoll anlächelte und gleich wieder aufzog. Sie blickte ihn erst fragend an, doch dann begriff sie seinen Witz und bäumte sich wütend vor ihm und Riff auf. Als sie ihn angeschrieen hatte, stapfte sie wieder aus dem Zimmer und eilte die Treppe hinunter. Cain lachte, doch Riff blieb nachdenklich und verharrte auf dem Gesicht seines Meisters. „Was werden sie jetzt machen?“ fragte er sehr gedankenverloren und wartete sichtlich auf seine Antwort. Cain blickte ihn irritiert an. Das war wohl die einzige Frage, die Riff selten so konkret stellte. „Nun, da ich mit der Unterstützung von Scottland Yard nicht mehr rechnen kann, werde ich diesem Mörder wohl selbst das Handwerk legen!“ Er kratzte sich dabei verlegen, denn so eine konkrete Antwort hatte er Riff auch noch nie gegeben. Dieser nickte nur. „Ich helfe ihnen dabei, Master Cain.“ Wie er diese Worte gesagt hatte, gefiel Cain irgendwie, er lächelte ihn freundlich an und Riff erwiderte dieses schelmenhafte Grinsen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)