Bitte keine Sahne von bumble ================================================================================ Kapitel 1: ----------- So liebe Leser, hier mal wieder was von mir zu Setos und Joeys interessanter Beziehung, jedenfalls in meiner Vorstellung^^ Diese Story kann als Fortsetzung zu meiner Geschichte "Erkenntnis" gelesen werden, muss sie aber nicht. Man versteht sie auch ohne Vorkenntnisse, denke ich. ^^ Ich hoffe, sie gefällt euch. *Wein einschenk* *(un)gesundes knabberzeug hinstell* allerliebste grüße, bumble^^ __________________________________________ Das Café „Erkenntnis“ lag in einer schmalen Seitenstraße inmitten von Domino City. Obwohl es von außen etwas unscheinbar wirkte, waren das gemütliche Ambiente und die geschmackvolle Ausstattung im Inneren mehr als einladend, weswegen das kleine Kaffeehaus auch stets gut besucht war. Das Klientel reichte aufgrund der fairen Preise, der großen Auswahl an vorzüglichen Speisen und Getränken und der zentralen Lage vom Studenten über die Kleinfamilie bis zum hochkarätigen Geschäftsmann im schicken Anzug. Das Personal war auffallend jung, was daher rührte, dass der Besitzer überwiegend Studierende der anliegenden Universität beschäftigte. Joey Wheeler, der einer von diesen Studierenden war, stand soeben hinter der Theke und räumte ein volles Tablett ab, während er sich selbst einen Becher Wasser einschenkte. Nachdem alle Gläser gespült und an ihren Platz geräumt waren, atmete er tief durch und genehmigte sich einen großen Schluck der kühlen Flüssigkeit. Dann ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Das Café war wieder einmal fast vollständig besetzt, nur ein Tisch schien noch frei zu sein, was allerdings daran lag, dass ihn jemand reserviert hatte. Oft geschah das zwar nicht, doch gelegentlich, falls ein Banker oder Anwalt oder wer auch immer einen Geschäftstermin in entspannter Atmosphäre wollte, genehmigte der Chef auch mal eine Reservierung. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er an sein Einstellungsgespräch dachte. Er hatte diesen Job wirklich gerne haben wollen (obwohl er kaum Erfahrungen in diesem Bereich besaß), da das Café so nah an der Universität lag, an der er damals gerade begonnen hatte zu studieren, weshalb die Aufregung regelrecht durch seine Adern gekrochen war. Doch er hatte Glück, da Karl, der Chef, sowieso überwiegend junge Leute suchte und ihn geduldig in alle Arbeitspunkte einwies. Außerdem genehmigte er ihm zudem immer wieder, seine Bilder im Kaffeehaus auszustellen beziehungsweise seine künstlerische Ader in die Gestaltung des Raumes mit einfließen zu lassen, wofür er wirklich dankbar war. Seit über einem Jahr besaß er nun schon diese Stelle und fühlte sich definitiv völlig wohl. Zusätzlich empfand er es als wunderbaren Ausgleich zu seinem Kunststudium, in dem der Theorieanteil doch größer war, als er anfangs geglaubt hatte. Dieser Gedanke brachte ihn zum Seufzen. Er war wirklich nicht so der theoretische Typ… Nachdem Joey das nun leere Wasserglas abgestellt hatte, fuhr er sich kurz durch die blonden Haare, die ihm immer noch, wie schon zu Schulzeiten, leicht ins Gesicht fielen, und wollte gerade sein Tablett wieder aufnehmen, als sich die Tür öffnete und niemand anderes als Seto Kaiba, der CEO einer der größten Spieleimperien überhaupt, den Raum betrat und auch augenblicklich auf den reservierten Tisch zusteuerte. Joey hielt sofort inne und musterte überrascht den nur allzu bekannten neuen Gast. So war das also… Sein Blick glitt automatisch über die Erscheinung des alten Klassenkameraden, der, wie gewohnt, völlig makellos aussah. Der eng geschnittene, schwarze Anzug kleidete ihn ausgezeichnet und betonte die große Statur ebenso gut wie den sehnigen Körper im Ganzen. Das braune Haar fiel wie immer leicht über die blauen Seelenspiegel, die ganz ihrer Farbe entsprechend einen kühlen und zusätzlich arroganten Ausdruck innehatten, was Joey trotz der Entfernung nicht entging und ihn leicht lächelnd den Kopf schütteln ließ. Seto Kaiba war eben Seto Kaiba. Das hatte sich seit ihrer Schulzeit kein Stück verändert. Sein Lächeln erstarb allerdings und machte einem skeptischen Ausdruck Platz, als er den jungen Mann eingehend betrachtete, der sich soeben an demselben Tisch wie Kaiba diesem gegenüber niedergelassen hatte. Er sah jung aus, besaß eine schmale Statur durchschnittlicher Größe, worin er Joey ähnelte, und zeichnete sich durch auffallend grüne Augen und wilde rote Haare aus, die sein Gesicht vorteilhaft umschmeichelten. Seine Kleidung, die aus einer engen, schwarzen Jeans und einem dünnen, khakifarbenen Pulli bestand und Joey daran zweifeln ließ, dass er geschäftlich mit Kaiba zu tun hatte, war schlicht und leger, stand ihm aber ausgezeichnet. Im Großen und Ganzen musste der blonde Kellner zugeben, dass er wirklich…attraktiv war. Was ihm nicht so recht gefallen wollte. Wobei es ihm im Grunde ja egal war, ob dieser Typ gut aussah. Der sollte aussehen, wie er wollte. Nein, das interessierte ihn nicht. Was ihm widerstrebte, war, dass dieser Kerl Kaiba ununterbrochen auf eine Art und Weise anlächelte, die eindeutig zweideutig zu sein schien. „Hey, Wheeler, würdest du den reservierten Tisch übernehmen? Er gehört zwar zu meinem Bereich, aber der Chef wollte mich sprechen und ich muss vorher noch zwei Bestellungen fertigmachen und, na ja…“, unterbrach Sam, einer seiner Kollegen, Joeys Gedankengänge, während er sich verlegen durch die Haare fuhr und einen übertrieben flehenden Blick aufsetzte. Und auch wenn Joey seinem Mitarbeiter diese Aufgabe sonst wohl nicht abgenommen hätte, da sein Chef ihm vor kurzem ausdrücklich verboten hatte, „ständig so beschissen nett zu sein und Arbeiten zu übernehmen, für die er nicht bezahlt wurde, verdammt“ (exakter Wortlaut seiner Standpauke, im Übrigen), sagte er in diesem Fall sofort zu und war bereits auf dem Weg zu besagtem Tisch, ohne die Dankesrede seines Kollegen abzuwarten. „Willkommen im „Erkenntnis“, haben sie schon gewählt?“, floss die routinierte Floskel über seine Lippen, während Joey ein freundliches Lächeln aufsetzte, das nicht mal annähernd seinem Gemütszustand entsprach. Denn irgendwie war er wütend. Er wusste nur noch nicht genau, wieso eigentlich. Doch dieser Gedanke wurde vorerst weggewischt, als die blauen Augen ihn direkt anblickten und seine Welt damit kurz ins Wanken brachten. Verdammt… „Ich nehme einen schwarzen Kaffee und mein Begleiter…“, verkündete der Geschäftsmann mit fester, monotoner Stimme, so, wie er früher für gewöhnlich seine prägnanten und stets korrekten Antworten zu schulischen Fragen gegeben hatte. „…äh, einen Kakao, bitte.“ Die stumme Aufforderung im Blick des CEOs hatte den jungen Mann sofort zu einer Entscheidung in der Getränkewahl bewegt, der bis dato anscheinend noch unschlüssig gewesen war, wie Joey vermutete. „Haben Sie sonst noch einen Wunsch? Das heutige Tagesgericht kann ich sehr empfehlen.“, verkündete der blonde Kellner mit ebenso aufgesetzter Freundlichkeit wie bereits zuvor die Getränkefrage, wobei er die blauen Augen regelrecht fixierte. Diese gaben jedoch nichts davon preis, was ihr Besitzer gegebenenfalls tatsächlich fühlte oder meinte, als er mit gleicher Stimmlage wie zuvor erklärte, dass dies alles wäre. Missmutig stampfte Joey mit einem kurzen Nicken zurück hinter den Tresen, um die gewünschten Getränke zuzubereiten, fuhr sich aber vorher erstmal genervt durch die Haare. Er wusste gar nicht, was ihn eigentlich so wütend machte. Die Tatsache, dass er Seto Kaiba mit jeder Faser seines Körpers begehrte, war nichts Neues für ihn. Schon während ihrer Schulzeit musste er betrübt feststellen, dass die Erscheinung und Art des anderen ihn schier um den Verstand brachten, und das nicht nur auf negative Weise. Und er wusste, dass Kaiba das ebenfalls wusste, schließlich hatte Joey es ihm selbst gesagt. Und es störte ihn auch nicht, dass er sich hatte verführen lassen, nein, eher im Gegenteil. Okay, anfangs schon, da hatte er sich selbst dafür verflucht, dass er derart schwach geworden war, aber später… Und es regte ihn auch nicht auf, dass der andere sich kühl und distanziert ihm gegenüber zeigte, obwohl sie seit über drei Jahren so etwas wie ein Verhältnis hatten, von dem Kaiba nicht wollte, dass jemand etwas darüber erfuhr. Joey wusste, worauf er sich eingelassen hatte, dass er einen Seto Kaiba nicht ändern würde. Jedenfalls nicht wesentlich. Nein, das war alles nicht das Problem. Beziehungsweise eines, an das er sich gewöhnt hatte. Das eigentliche Problem war dieser Typ, der dort seelenruhig saß und den CEO scheinbar mit Blicken auszuziehen schien, wie Joey zähneknirschend feststellte. Das war doch wirklich eine bodenlose Frechheit! Er seufzte. Er wusste, das wirkliche Problem war, dass es ihn ungemein eifersüchtig machte. Er kannte diesen jungen Kerl nicht, der so verdammt gut aussah und in dessen Gegenwart sich Kaiba anscheinend wohlfühlte, da sich soeben ein Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete, wie Joey nicht entging. Und das schmerzte. Weil er nicht sagen konnte, wann er den anderen das letzte Mal hatte lächeln sehen. Vor allem auch, weil die letzten Wochen zwischen ihnen schwierig gewesen waren… „Ey, der Kerl dort drüben, das ist doch dieser berühmte Geschäftsmann, oder? Wie hieß der noch gleich?“, durchbrach seine Kollegin Emma, die für die Gäste an der Bar zuständig war, plötzlich seine Gedanken. Joey warf ihr einen kurzen Blick zu, ehe er tief durchatmete und ihre Frage so ruhig wie möglich beantwortete. „Seto Kaiba, glaube ich…“ Dass dies nichts mit ‚glauben’ sondern eher mit ‚wissen’ zu tun hatte, verschwieg er lieber. Diese Frau war einfach zu neugierig. Wenn er ihr gestehen würde, dass er Kaiba aus der Schule kannte und auch schon die ein oder andere nicht jugendfreie Beschäftigung mit ihm unternommen hatte, wüsste es am nächsten Tag sicherlich die gesamte Stadt. Wenn nicht gar das Land. Oder eben einfach alle… „Ja, stimmt…“ Ihre Miene erhellte sich, dann zwinkerte sie ihm zu. „Den würde ich ja gern mal meine Bar plündern lassen, falls du verstehst. Aber soweit ich gehört hab, soll er nicht viel für Frauen übrig haben und zudem bereits vergeben sein.“ Sie seufzte theatralisch, ehe sie fortfuhr. „Meinst du, es ist der Typ, der ihm gegenüber sitzt? Der himmelt ihn ja schließlich an, als gäbe es kein Morgen mehr. Und ziemlich heiß ist er auch noch. Zusammen machen die schon was her. Aber na ja, vielleicht sind das alles auch nur Gerüchte.“, plapperte sie in einem Schwall herunter, was ihr in den Sinn kam, sodass Joey einen Moment brauchte, um die Informationen zu sortieren, dann weiteten sich seine Augen überrascht. „Wie meinst du das, er soll vergeben sein? Wo hast du das denn her?“ Emma kam ein Stück näher, als wollte sie ihm ein Geheimnis anvertrauen, und grinste ihn verschwörerisch an. „Na, vor ein paar Tagen, vielleicht auch vor einer Woche, so genau weiß ich das nicht mehr, da wurde Kaiba doch in dieser einen Show, wo immer unterschiedliche Gäste eingeladen werden, zu der neuen Duell-Monsters-Technik interviewt. Und der Moderator konnte es sich nicht verkneifen, ihn auf indirekte Weise ziemlich direkt mit der einen anwesenden Schauspielerin verkuppeln zu wollen. Was an sich ja schon eine recht blöde Idee ist, wenn man bedenkt, dass einige Reporter bereits ihren Job verloren haben, weil sie den großen Seto Kaiba auch nur auf sein Liebesleben ansprachen. Zum Beispiel das eine Mal, da..“ „Komm auf den Punkt, Emma.“, unterbrach Joey die junge Frau ungeduldig, die ihn einen Moment zögernd anblickte, ehe sie lächelnd nickte und fortfuhr. „Na, jedenfalls hat er da erzählt, -- mit einem Lächeln, ich sag dir, das war furchteinflößend und unwiderstehlich zugleich --, er hat erzählt, dass er nicht zum Interview erschienen wäre, um seine Zeit mit einem Gespräch über sein Privatleben, sondern mit einem über das Geschäft zu verschwenden,…“ Joey musste aufgrund dieser Ausdrucksweise kurz schmunzeln. „…und dass die Bemühungen des Moderators sowieso vergeblich wären, da er seine Entscheidung diesbezüglich bereits getroffen hätte.“ Joey fuhr sich nachdenklich durch die Haare, während er sich die Worte durch den Kopf gehen ließ, fand aber nichts Aufschlussreiches in ihnen -- schließlich wusste er, dass Kaiba in der Öffentlichkeit nie über Persönliches sprach, und dass die Bemühungen des Moderators ins Leere liefen, war sowieso klar…als könnte man Seto Kaiba verkuppeln, ts, Idiot…--, weshalb er Emma verständnislos ansah. „Und?“ Die junge Barkeeperin rollte mit den Augen. „Mann, seit wann bist du denn so schwer von Begriff? Er hat gesagt, dass er seine Entscheidung bereits getroffen hätte. Bezüglich seines Privatlebens. Und wenn er jetzt nicht gerade entschieden hat, einfach kein Privatleben zu haben, dann kann das nur bedeuten, dass er sich bereits für JEMANDEN entschieden hat, verstehst du?“ In Joeys Hirn ratterte es einige Sekunden, ehe die Information einen Sinn ergab. Überrascht und auch etwas skeptisch blickte er Emma an, ohne sie jedoch wirklich zu sehen. Geistesabwesend stellte er dabei den noch ausstehenden Kaffee auf sein Tablett, der soeben durch die Maschine gelaufen war. Warum hatte er dieses verdammte Interview nur nicht gesehen? Sonst saugte er doch auch stets alle Nachrichten auf, die die Medien über den CEO brachten. Und wenn er das tatsächlich gesagt hatte und es bedeutete, was Emma vermutete, konnte es dann sein, dass…? Nein, das glaubte Joey nicht wirklich. Diese Überlegung war nur wieder ein Trip in seine persönliche Phantasieblase. Er seufzte. „Äh, ich will dich ja nicht in deinen Gedankengängen unterbrechen, aber solltest du die Getränke nicht irgendwo hinbringen?“, merkte die redselige, junge Frau, die immer noch neben ihm stand, soeben an. Und da fiel dem blonden Kellner gerade wieder ein, dass er eben genau das, ein Kellner, war, woraufhin er seine Füße sofort in Bewegung setzte. Immer noch in Gedanken stellte er Kaiba und dem anderen Typen, wobei er sich nicht zügeln konnte, diesem einen abschätzigen Blick zuzuwerfen, die Bestellungen hin, worauf er sofort wieder kehrtmachen und hinter dem Tresen verschwinden wollte, was jedoch eine Hand an seinem Unterarm verhinderte. Ehe er sich dem Tisch wieder zuwandte, wusste er schon, wer ihn da festhielt, fühlte es, da zarte Schmetterlinge durch seinen Bauch zu flattern begannen. Nur einer schaffte es, dieses Gefühl in ihm hervorzurufen, seine Knie durch eine einzige Berührung weich werden zu lassen. Mit zusammengepressten Lippen drehte er sich um und zwang sich zu einem Lächeln, von dem er wusste, dass es ihm nicht so recht gelang. „Haben sie noch einen Wunsch?“, zwängte er die Worte hervor, während er versuchte den Augen des anderen möglichst auszuweichen. Die aufwallende Eifersucht in ihm war einfach zu präsent, auch wenn ihm klar war, dass er sie sich in gewisser Weise selbst eingeredet hatte. Und dass er sich gerade verdammt kindisch aufführte. Die Hand an seinem Arm verschwand plötzlich, als hätte ihr Besitzer sich verbrannt, woraufhin Joey nun selbst den Blick der durchdringenden blauen Iriden suchte, in denen er für eine Nanosekunde glaubte, einen fragenden Ausdruck zu erkennen, den er allerdings kurz darauf seiner Einbildungskraft zuschrieb, als Kaiba seine Augen senkte und ihm tonlos verkündete, es wäre nichts. Etwas verstört nickte Joey, ehe er sich nun wieder hinter den Tresen begab, wo er lediglich sein Tablett abstellte, um im nächsten Augenblick in Richtung Toilette zu verschwinden. In einer der Kabinen ließ er sich auf den Sitz sinken und fuhr sich seufzend über das Gesicht. Was war denn das bitte gerade gewesen? Drehte er jetzt völlig durch? Seit wann benahm er sich denn dermaßen lächerlich? Ein melancholisches Lächeln legte sich auf seine Züge, als er eine Stimme in seinen Gedanken hörte, Kaibas zum Verwechseln ähnlich, die ihm sagte, so wäre er doch immer. Und wahrscheinlich stimmte das auch. Joey war nicht unbedingt der Typ, der lange nachdachte, bevor er etwas sagte oder handelte, eher im Gegenteil. Und besonders geschickt war er auch nicht, geschweige denn geduldig. Er brauchte viel Beschäftigung und Aufmerksamkeit und konnte recht anstrengend werden, wenn er nichts davon bekam. Diese Feststellung ließ ihn tonlos auflachen, da sie zugegebenermaßen zu der Bezeichnung passte, die Kaiba ihm oft gab: Hündchen. Und dass er diesen Namen schon lange nicht mehr erhalten hatte, fiel ihm ebenfalls auf. Bereits einige Wochen nicht mehr. Seit Joey diesen verdammten Streit vom Zaun gebrochen hatte. Einen wirklich heftigen Streit. In dem er mal wieder völlig ausgetickt war. In einem einzigen Schwall an Worten hatte er seinem Frust Luft gemacht. Ohne Rücksicht auf irgendetwas. Und die Reue kam schon in dem Moment, in dem das letzte Wort seine Lippen verlassen hatte. Doch seine Sturheit und sein letztes Bisschen Stolz verboten es ihm, sich zu entschuldigen. Ebenso wie Ehre und Beharrlichkeit Seto Kaiba dazu bewegten, ohne ein weiteres Wort den Raum zu verlassen und nicht wieder aufzutauchen, bis sein Gast von dem privaten Anwesen des Geschäftsmannes verschwunden war. Seitdem hatten sie sich zwar dennoch regelmäßig gesehen, doch Joey wusste, dass ihr Verhältnis nun ein anderes war. Dass die Distanz wieder zugenommen hatte. Dass er seinen eigentlich verhassten Spitznamen verloren hatte. Den er nun irgendwie vermisste. Und er befürchtete, sein letzter Ausbruch könnte tatsächlich genau das sein, sein letzter. Da er womöglich keine weitere Gelegenheit mehr bekommen würde. Vielleicht hatte Kaiba ihn schlichtweg schon ersetzt. Durch diesen wirklich attraktiven jungen Kerl, mit dem er soeben im Café saß und der den Anschein machte, als würde er dem CEO am liebsten jeden Wunsch von den Augen ablesen. Und Widerworte waren sicher auch nicht so sein Ding. Und ihm würden sicherlich auch keine Gefühlsbekundungen herausrutschen, wenn es nicht erwünscht war. Seufzend fuhr Joey sich durch die blonden Haare. Er hasste sich manchmal selbst dafür, dass der andere einen solchen Einfluss auf ihn ausüben konnte, dass er ihm so wichtig war, dass er sich mehr für Kaiba interessierte als für sich selbst. Doch er konnte einfach nicht anders. Weil er ihn liebte. Weil er diesen verdammt sturen, eingebildeten, arroganten, kalten, viel zu intelligenten, viel zu attraktiven Mistkerl eben liebte. Mehr als jeden und alles sonst. Er liebte ihn… Und er wünschte, er könnte ihn behalten. Für immer behalten. Selbst wenn er es niemals jemandem erzählen dürfte, nicht mal seinen Freunden. Er würde es akzeptieren. Wenn er ihn nur nicht verlieren musste. Joey seufzte. Ihm war klar, wie erbärmlich das klang, doch manchmal wurde er einfach schwach. Zumindest vor sich selbst. Dann gestand er sich ein, wie sehr er den anderen brauchte, wie sehr er ihn wollte, ganz für sich und dennoch so, dass es alle wussten, alle wussten, zu wem er gehörte. Und dass das alles lediglich in seinen Träumen geschehen würde, war ihm ebenso bewusst. Für die Menschen in seinem Umfeld blieb er der immer fröhliche Joey, mit einem lockeren Spruch auf den Lippen, einem breiten Grinsen. Dennoch, es war meist nur noch eine Maske. Es erstaunte ihn selbst manchmal, wie viel er in der Hinsicht doch von Kaiba gelernt hatte, wie viel besser er im Lügen geworden war. Seufzend stand er auf, straffte seine Glieder und atmete tief durch, ehe er mit einem falschen Lächeln die Tür öffnete, da er nicht vergessen hatte, dass Arbeit auf ihn wartete. Doch als er aus der Kabine trat, erstarb sein Lächeln ebenso wie seine Bewegung. An der Wand gegenüber der WC-Zeile, zwischen den Waschbecken und der Tür, lehnte Seto Kaiba und betrachtete ihn aus ruhigen, blauen Augen. Einen Moment war Joey wie erstarrt, dann senkte er den Blick, ging zu einem Waschbecken und hielt die Hände unter die kühlende Flüssigkeit, nur um beschäftigt zu sein. Das hatte er einfach nicht erwartet. Immer noch spürte er die durchdringenden Iriden auf sich, die jede seiner Bewegungen verfolgten, was ihn regelrecht wahnsinnig werden ließ. „Was willst du, Kaiba?“, fragte er so emotionslos wie möglich, auch wenn in ihm alles danach schrie, den anderen an sich zu reißen. Oder zu schlagen. Je nachdem… Aber er konzentrierte sich weiterhin fest auf das fließende Wasser vor sich. „Du bist wütend. Wieso?“ Die Frage war monoton. „Ich bin nicht wütend.“, presste Joey nicht besonders überzeugend hervor, wie er selbst wusste. „Wheeler…“ Er konnte die unterschwellige Ermahnung sehr gut heraushören. Seufzend stellte er den Wasserhahn ab und blickte zur Seite, dem anderen direkt in die Augen. „Wer ist der Typ da draußen?“, hatte Joey die Worte schon ausgesprochen, bevor er darüber nachdenken konnte. „Niemand. Nur ein Geschäftspartner.“ Und wieder diese Monotonie. Kein einziges Gefühl. „Das glaubst du doch selbst nicht…“, flüsterte er mehr zu sich selbst, während er den Blick wieder senkte. Doch er wusste, dass der andere ihn gehört hatte, als er plötzlich Kaibas sehnigen Körper an seinem Rücken spürte, Hände auf seiner Brust, die ihn näher zogen, als er spürte, wie warmer Atem über seinen Nacken streifte, und es kostete ihn viel Kraft, sich zusammenreißen, nicht einfach nachzugeben. Er wusste, würde er nachgeben, sich fallen lassen, dann könnte er seine Gefühle nicht bei sich behalten und würde irgendetwas sagen, dass den anderen von ihm forttrieb, endgültig, weil es entweder zu wütend oder zu emotional wäre, oder beides. Und er war heute einfach nicht stark genug für Kaibas Spielchen. Seine Maske blätterte bereits. Wenn sie überhaupt noch da war… „Er ist niemand, Joey, nur ein Erfinder. Er hat mir einen Vorschlag für ein neues Spiel gemacht, den ich in Erwägung ziehe. Das ist alles…“, erklärte der CEO ruhig, während er den Blick des anderen im Spiegel suchte. „Wenn du das sagst…“ Er wusste nicht, ob der das glauben konnte. Ein Seufzen gegen seinen Hals ließ ihn die Augen schließen, ehe er sanft um 180 Grad gedreht wurde. Er hätte sich weigern können, aber…was würde ihm das bringen? „Sieh mich an.“ Die Stimme des anderen war weich, doch der Angesprochene wusste nicht so recht, ob er den blauen Augen jetzt schon standhalten konnte. „Bitte, Joey…“ Als er die letzten zwei Worte vernahm, war er sich kurzzeitig nicht ganz sicher, ob er sie wirklich gehört hatte, dann atmete er tief durch und hob den Blick. Es brachte ja doch nichts. Kaiba würde nicht gehen. Dafür kannte er ihn gut genug. Und für den Rest seines Lebens mit geschlossenen Augen durch die Gegend zu gehen, war wohl keine Alternative. Jedenfalls keine hilfreiche. Er seufzte. Kaibas Augen sahen ihn fest und ernst an, zeigten aber nicht die gewohnte Kälte. „Dieser Kerl ist nicht wichtig. Und er ist auch nicht wirklich der Grund für deine Wut. Du bist wütend…auf mich. Warum?“ Joey sah eine Weile in dieses unfassbar tiefe Blau, dann schüttelte er leicht den Kopf und versuchte zu lächeln. „Ich bin nicht wütend auf dich. Es ist nichts. Nur die Arbeit.“ Kaiba nickte schwach, ließ seine Hände von den Hüften des anderen gleiten, auf denen sie bis eben gelegen hatten, trat einen Schritt zurück und versenkte sie in seinen Hosentaschen. „Du lügst.“ Es war lediglich eine Feststellung. „Und wahrscheinlich habe ich es nicht besser verdient. Weil ich die Angewohnheit habe, dich wegzustoßen und zu verletzen, wenn du ehrlich zu mir bist.“ Joey schluckte. „Es ist nicht deine Schuld. Ich…“ „Das ist nicht wahr.“, unterbrach der andere ihn hart. „Das weißt du. Genauso wie du wusstest, wer und wie ich bin, als du dich auf mich eingelassen hast. Aber du brauchst viel mehr. Du verdienst viel mehr. Etwas, von dem ich nicht weiß, ob ich es dir je geben kann. Es…tut mir leid... Ich…“ Joey fühlte sich, als hätte ihm jemand direkt ins Gesicht geschlagen. Gleichzeitig war er wie betäubt. Nicht nur, dass Kaiba sich entschuldigt hatte, was er wirklich selten tat. Diese Entschuldigung hatte irgendwie etwas...Endgültiges. Er spürte, wie die Tränen langsam begannen, in ihm aufzusteigen. Dennoch versuchte er, dem Blick der blauen Augen standzuhalten, als er den anderen unterbrach. „Heißt das, dass…es hier endet? Das war’s? So einfach?“ Die Wut kroch allmählich zurück in seine Adern, was ihn seine Starre und die kurze Entfernung zwischen ihnen überwinden ließ, woraufhin er seine Finger in Kaibas Hemd krallte und ihn zornig ansah. „Du wirfst mich einfach aus deinem Leben? Hier? An diesem Ort? Ist es dir nicht mal ein Hotelzimmer wert? Nach allem? Bedeute ich dir denn wirklich gar nichts? Ist es dir so egal?“ Die Tränen, die im Lauf der Worte begonnen hatten zu fließen und nun seine Wangen benetzten, nahm er kaum wahr, auch nicht das überraschte Gesicht Kaibas. Resignierend schloss er die Augen und ließ seine Hände sinken. Es hatte keinen Sinn mehr zu kämpfen, denn er hatte bereits verloren. Sanfte Hände auf seinen Wangen, die vorsichtig die nassen Spuren fortwischten, zogen ihn näher, hielten ihn und er hatte einfach nicht die Kraft, sie wegzustoßen, Kaiba wegzustoßen, auch wenn er wusste, dass es nicht echt war. Zarte Finger strichen leicht durch sein Haar, während eine weiche Stimme Worte murmelte, deren Inhalt nicht wirklich von Bedeutung war, die nur den Zweck hatten, ihn zu beruhigen, was sie schließlich auch schafften. Doch als Joey sich von dem anderen lösen wollte, verstärkte sich die Umarmung lediglich. „Warte…ich…war noch nicht fertig. Als du mich unterbrochen hast…weißt du?“ Er spürte Kaibas Wange an seinem Haar, die Lippen nah über seinem Ohr. „Sag einfach nichts mehr, okay? Ich will es nicht hören…“, presste Joey mit belegter Stimme hervor. „Du bist ein Idiot, Wheeler.“ Die Worte, begleitet von einem Seufzen, ließen den blonden jungen Mann abrupt die Augen öffnen. „Was? Wie…“ „Halt die Klappe und hör einfach zu, okay?“ Joey wollte sich aufgrund der Worte empört von dem anderen lösen, worauf dieser aber nur mit einer stärkeren Umarmung reagierte, ehe er unbeirrt fortfuhr. „Du bist manchmal wirklich ein Idiot. Und laut. Und furchtbar anstrengend. Und du…erträgst mich, was nicht gerade für dich spricht. Und du bist immer noch da…. Und ich habe keine Ahnung wieso. Ich habe dir viele Gründe gegeben zu gehen, aber kaum einen zum Bleiben…“ Kaibas Stimme war ruhig und warm, und überhaupt nicht monoton. Und Joey konnte nicht anders, er lächelte. „Wenn du glaubst, es würde mir nichts bedeuten, dann liegst du falsch. Weil du mir alles bedeutest, Joey…“ Bei diesen Worten des anderen glaubte er, sein Herz würde stehen bleiben. Und irgendwie hatte er vergessen zu atmen. „Du und mein Bruder, ihr seid meine Familie. Und auch wenn ich nicht weiß, ob ich dir jemals all das geben kann, was du verdienst…ob ich dich glücklich machen kann. Ich…will dich nicht verlieren…Hündchen…“ Er wusste nicht, wann er Kaiba das letzte Mal soviel hatte sagen hören. Auch nicht, ob dieser so was überhaupt schon jemals gesagt hatte. Joey brachte etwas Abstand zwischen sie, um den anderen ansehen zu können, ohne sich jedoch wirklich von ihm zu entfernen. Die blauen Augen wirkten aufrichtig, warm und da war noch etwas in ihnen, das er nicht sofort zuordnen konnte. „Ist das dein Ernst?“ Er musste es einfach fragen, musste es wissen. Und als er den anderen nicken sah, erkannte er auch, was der Ausdruck in den tiefblauen Iriden bedeutete. Es war Angst. Eine Angst, die er nur zu gut kannte. Und als er entdeckte, dass er nicht allein damit war, konnte er es nicht verhindern, breit zu lächeln, ehe seine Hand in die braunen Haare glitt und den anderen in einen verzehrenden Kuss zog. Joey fühlte die weichen Lippen auf seinen, eine Zunge, die seine umschmeichelte, einen Kampf begann, zarten Atem auf seiner Haut. Er fühlte, wie sein Herz schneller schlug, als sich liebevolle Finger in seinem blonden Haar vergruben, ihn näher zogen, den Abstand verringerten. Er fühlte, wie die Welt um sie herum verschwamm, die Zeit stillstand. Und wie schon bei ihrem ersten Kuss, an den sich Joey erinnern konnte, als wäre er gestern gewesen, war sein Kopf völlig leer, während sein Herz jeden Moment zu platzen schien. Nach einer unzählbaren Weile löste Kaiba den Kuss und zog den anderen kurz in eine Umarmung, die dieser nur zu gern annahm, ehe sie sich voneinander lösten. „Sehen wir uns später zu Hause?“ Zuhause… Joey lächelte. Als der CEO ihm vor ein paar Monaten die Schlüssel zu seinem Haus gegeben hatte, hätte er sich nicht mehr freuen können. Doch ihm war immer klar gewesen, dass es nichts bedeutete, sondern nur…bequemer war. Jedenfalls hatte er das geglaubt. Doch in diesem Moment gestattete er sich, etwas weniger zu glauben und mehr zu hoffen. So insgesamt. „Ja, sicher…Seto…“ Kaiba küsste ihn kurz auf die Stirn, ehe er sich umwandte und in Richtung Tür ging, wobei er auf halber Strecke innehielt und sich wieder umwandte. „Ach, und…das nächste Mal bitte keine Sahne…“ „Was?“, entgegnete Joey perplex. „Mein Kaffee, Hündchen. Ich trinke ihn schwarz.“, erklärte der CEO mit einem ungewohnt sanften Lächeln. „Ich…weiß“, antwortete der blonde Kellner immer noch verwirrt. Natürlich wusste er das. „Gut.“ Nur ein Wort. Gepaart mit diesem seltenen Lächeln. Dann verließ Seto Kaiba den kleinen Raum. Kurz darauf folgte ihm auch Joey, der hinter der Theke eine einsame Tasse schwarzen Kaffee vorfand. Ups…Da hatte er wohl was verwechselt. Na, hoffentlich war ihm das heute nichts schon öfter passiert… Und als sein Blick an diesen einen reservierten Tisch wanderte, an dem er auf tiefe, blaue Iriden traf, kam er zu dem Schluss, dass es eigentlich egal war. Ihm könnte heute nichts mehr den Tag versauen, auch kein wütender Gast… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)