Lover To Keep von CaitLin ================================================================================ Kapitel 3: Gyros und Ganymedes ------------------------------ „Hast du nicht gerade noch gesagt, du würdest nichts annehmen?“ Meine Stimme war belegt. Ich fixierte Michael scharf und hätte ihm am liebsten dieses verlegene Lächeln aus dem Gesicht gespachtelt. Wenn der sich ständig von seiner angreifbaren Seite zeigte, war es doch kein Wunder, dass die ganzen Typen darauf ansprangen! Mich eingeschlossen. Und das war es, was mich am meisten ankotzte. Ich sah Michael an und wusste ganz genau, was die Meute dachte. Wie konnte man Michael auch betrachten, ohne sich dabei versaute Gedanken zu machen? Und dieses Lächeln, das man jederzeit missverstehen konnte, auch wenn er es nicht so meinte. Es gab Leute, die zu viel in so etwas hineininterpretierten, auch wenn es einen relativ harmlosen Hintergrund hatte. Ganz besonders Männer. Hier oben auf der Terrasse war diese Art von Lächeln eine Einladung zum Ficken. Michael zuckte schwach mit den Schultern. „Ich sagte, ich würde keine Drinks annehmen, ja.“ Was war denn das jetzt bitte? Wo war der süße, stille Mickey hin? Der Mickey, der bei jedem Kompliment rote Ohren bekam und sie erfolglos hinter den Locken versteckte? Nicht, dass dieser hier nicht bezaubernd war, ganz im Gegenteil. Er war hinreißend. Und genau das war ja mein Problem, verdammter Scheißdreck! Die gaffenden Blicke wurden wieder mutiger, als Michael die eine oder andere Einladung überflog. „Bist du fertig?“ Das ertrug doch kein Schwein! „Dann lass uns langsam aufbrechen!“ „Wir haben doch noch gar nichts gegessen …“ Seine Augen wurden größer. Ich schob meinen Stuhl zurück und winkte Avel, den Kellner, herbei. Dieser miese Hund, der konnte demnächst was erleben! „Die Drinks gehen auf mich!“, knurrte ich, ohne Widerworte zu akzeptieren. „Da ist ein kleines Restaurant, oben in Plaka. Die machen richtig gutes Gyros, ich hab da gerade tierisch Lust drauf!“ War nicht gelogen, echt nicht! Das Essen war wirklich gut und außerdem wären wir dort vor diesen Gaffern in Sicherheit. Avel, seltsamerweise noch beschäftigter als sonst, nickte mir von weitem zu. Ein Signal, das ich zu gut kannte. Ich bin zu beschäftigt, aber du kannst das Geld gerne auf den Tisch legen! Ich nickte zurück und zückte mein Portemonnaie, legte ihm einen Zehn-Euro-Schein unter den Teller. Trinkgeld konnte er sich ab jetzt in den Arsch schieben! Davon hatte er heute sicherlich genug bekommen, für das übermitteln dieser anstößigen, kleinen Nachrichten. „Komm!“, brummte ich und streckte die Hand nach Michael aus. Kaum war er aufgestanden und an meine Seite getreten, schlang ich den Arm um seine Schulter. Fest, unnachgiebig. „Eigentlich fand ich es ganz nett hier …“ Darauf hätte ich gewettet. Michael warf noch einen Schulterblick zurück und lachte. Ich wusste, sie starrten schon wieder! Ein ganzes Rudel nymphomanischer Wölfe! Wenn ich mich jetzt umdrehte, würde ich zum Mörder werden. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Terrasse, zusammen mit dem Lämmchen im Gepäck, fluchtartig zu verlassen. „Der Service lässt heute zu wünschen übrig, ist mir zu voll“, gab ich zurück und schob ihn aus dem Laden raus. Wenn man aus der Stadt nach oben lief, wirkten Plakas Lichter gleich völlig anders. Besonders im Sommer hatten sie eine ganz andere, fast magische, Wirkung. Obwohl die ganzen Häuser im Schatten der hell erleuchteten Akropolis lagen, wirkten sie nicht weniger faszinierend. „Das ist ja voller als letzten Sommer!“ Mickey schnappte hörbar nach Luft. Jeder Millimeter der Cafés und Restaurants war besetzt. Stimmengemurmel wehte uns immer kräftiger entgegen, je weiter wir hineinliefen. Michael warf sehnsüchtige Blicke in die Restaurants, ein kräftiger Duft nach gegrilltem Fleisch und Fisch strömte durch die engen Gassen. Fast hätte ich losgelacht. Der arme Knirps, sein Magen hing ihm sicher schon in den Kniekehlen. „Tut mir leid, das hier ist nicht unser Ziel.“ Erst hier fiel mir auf, dass ich noch immer meinen Arm um seine Schulter gelegt hatte. Natürlich störte es Michael nicht, ganz im Gegenteil. Verdammt, seit wann schmiegte er sich schon so an mich? Das war mir gar nicht aufgefallen … also zog ich schnell meine Hand zurück und schob sie mir in die Hosentasche. „Warum denn nicht …?“ Galt diese total enttäuschte Frage der Sache mit dem Essen oder vielleicht doch meinem Arm? Egal, ich wollte mir nichts anmerken lassen. „Hier unten ist alles völlig überteuert“, erklärte ich ganz fachmännisch. „Weiter oben und in den engeren Gassen gibt’s das gleiche tolle Essen, für weniger Geld.“ Knausrigkeit gehörte nicht zu meinen Stärken, doch warum zu viel Kohle ausgeben, wenn wir woanders nicht nur dieselbe Qualität bekamen, sondern auch fernab Schaulustigen friedlich unser Essen genießen konnten? „Ach so“, erwiderte er darauf nur und folgte mir brav weiter. Mir fiel zwischendurch auf, dass ich ihn ständig anstarrte und wenn ich mich dabei erwischte, dann verfluchte ich mich dafür. Verdammt, ich konnte echt nichts dafür! Michael hatte sich einfach so sehr verändert, dass ich ihn anstarren musste. „Da vorne, um die Ecke.“ Ich deutete mit einem Nicken in eine enge Gasse. Hier konnten wir gerade noch nebeneinander herlaufen, als wir dann nach rechts bogen, wurde die Straße auch schon breiter. Also Restaurant war vielleicht zu viel gesagt, der Laden war ziemlich klein. Drei Tische und ein paar Stühle standen davor, verteilten sich auf den Stufen, die direkt neben dem Laden wieder abwärts führten. Über die typisch weißen Fassaden gossen sich wahre Wasserfälle von Grünzeug, Blumen und Lichterketten. Abends empfand ich Plaka als besonders angenehm. Keine Ahnung woran es lag, die Stimmen waren noch immer laut, die Straßen noch immer belebt und die Gerüche nach leckerem Essen hingen wie eine schwere Wolke in der Luft. Mich störte es ja nicht, ich mochte den Geruch nach kräftig gewürztem Fleisch und frisch Gebackenem selbst dann noch, wenn ich vollgefressen war. Oh, ich konnte ein richtiger Nimmersatt sein. Und wenn wir den Fitnessraum nicht angelegt hätten, dann sähe ich jetzt vermutlich ungefähr so aus, wie das Michelin Männchen. „Wenn du mich jetzt wieder woanders hinschleppst, begehe ich einen Mord!“, drohte mir Michael mit einem bitterbösen Blick, der mein altes, verrostetes Herz aufhüpfen ließ. Mist. Mein Lachen klang so dumpf in meinen Ohren, was zum Henker war nur los mit mir? „Eduardo!“, rief eine Männerstimme. Gott, wie ich es hasste, wenn man mich bei meinem vollen Namen rief. Auch, wenn ich bei Alexandros kaum störte. Er war Ende vierzig, ein toller Saufkumpane und ihm gehörte der Laden hier. „Alex, mein Freund!“ Wir berührten uns am Unterarm und umarmten uns herzlich, auch wenn wir uns erst vor ein paar Tagen gesehen hatten. Alexandros klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und lachte, wie immer. Seine hellen, blauen Augen konnte ich sogar im seichten Licht noch funkeln sehen. Er war ein großer Bursche, richtig stattlich mit breiten Schultern und muskulösen Armen. Das lag daran, hatte er mir mal erzählt, dass er vor kurzem noch Bauer gewesen war. Der Mann hatte sein ganzes Leben lang geackert wie ein Bulle, damit er und seine Familie hier einen Laden erwerben und bis ans Ende ihres Lebens friedlich davon leben konnten. Das lange, weiße Haar war von einzelnen, dunklen Strähnen durchzogen und hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. „Du hast meine Tochter gerade verpasst!“ Er zwinkerte mir verschwörerisch zu und drückte mir seinen Ellbogen in den Bauch. Ich grinste. „Du weißt, ich kann mit Frauen nicht viel anfangen, Alex. Auch wenn sie bestimmt eine Schönheit ist.“ Alex verschränkte die Arme und nickte ernst. „Das ändert sich, wenn du sie erst einmal kennenlernst, Junge!“ Er schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Ich wünschte du würdest mein Schwiegersohn werden!“ Dann fiel sein Blick aber auf Michael, der halb hinter mir stand und seine grauen Augenbrauen schossen nach oben. Michael hatte nichts verschwanden, unser Wortwechsel hatte auf Griechisch stattgefunden. „Alex, das ist Michael.“ Ich schob den Kleinen ein wenig nach vorne, damit Alexandros ihn sich genauer ansehen konnte. Die beiden reichten sich die Hände, von Michael kam ein schüchternes: „Kalispera!“ Der alte Grieche, dieser Hund, erwiderte den abendlichen Gruß und runzelte die Stirn, Langsam ließ er die Hand sinken, musterte Michael eindringlich weiter und starrte mich wieder an. „Du hast noch nie jemanden mitgebracht …“ In diesem Moment war ich froh, dass Michael kein Wort verstand. „Stört es dich?“ Alex‘ Kopf ruckte hoch, er gab mir einen harten Klaps auf den Hinterkopf. „Bist du verrückt?“, fuhr er mich an. „Setzt euch, setzt euch! Ich bringe euch etwas zu trinken!“ Er schob die Stühle zurück, ließ uns Platz nehmen und warf immer wieder einen Blick zurück zu Michael. „Was hat er denn?“, flüsterte Michael, beugte sich dabei vertraulich zu mir rüber. Er erschien mir etwas ängstlich, aber kein Wunder. Alexandros‘ harte Blicke konnte man schnell missverstehen, wenn man ihn nicht kannte. „Nichts.“ Michael fixierte mich mit seinem Blick. „Warum hat er mich dann so komisch angestarrt?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Er hat dich hier noch nie gesehen und sich gewundert, mehr nicht.“ „Gewundert? Worüber denn?“ „Weil er mit einem Blick sagen kann, woher du kommst. Bei dir musste er jetzt lange überlegen.“ Das entsprach ebenfalls der Wahrheit! Also dass Alex mit nur einem Blick bestimmen konnte, aus welchem Teil der Erde man kam. Klar, der Rest war erstunken und erlogen aber so etwas konnte ich ihm ja wohl nicht sagen. Da kam Alex auch schon zurück und servierte uns zwei riesige Teller. Frisch gebackener Fladenbrot mit herrlich duftendem Fleisch, Zwiebeln und hausgemachten Tsatsiki. Dann nahm er sich einen Stuhl, drehte ihn um und verschränkte die Arme auf der Rückenlehne, legte das Kinn darauf ab und ließ den Blick von mir über Michael gleiten. „Gehst du mit ihm ins Bett?“, wollte er unverblümt wissen. „Nein!“, knurrte ich zurück. „Aber du meinst es ernst mit ihm! Du bringst sonst nie jemanden mit!“ Michaels Blicke hefteten sich sofort an mich. Ich versuchte ihnen so gut wie möglich auszuweichen. „Er ist noch ein Kind, Alexandros!“ Aber der alte Grieche gab einfach nicht nach. „Er sieht gar nicht aus wie ein Kind.“ Am liebsten hätte er Michael bestimmt dazu aufgefordert aufzustehen und sich nackt zu präsentieren, damit er sehen konnte, ob er schon ganz ausgewachsen war. „Wir sprechen hier von neun Jahren Unterschied!“ Alex lachte schallend auf und schlug mir hart auf den Rücken. Der Bursche war so stark, dass mir die Luft wegblieb. „Verdammt, Eduardo! Was sind denn schon neun Jahre, du dummer alter Hund!“ Er schüttelte den Kopf und legte den Arm um mich. „Meine Frau ist fast zwölf Jahre jünger als ich!“ Seine Stimme wurde zu einem Flüstern. „Und solange sie mir noch wie ein junges Mädchen an die Wäsche geht, steht mein bester Freund noch jederzeit stramm, falls das deine Sorge sein sollte!“ Natürlich war das nicht meine Sorge! Um meine Potenz brauchte ich mir keine Gedanken zu machen und das würde ich auch niemals tun! Verdammt, durfte ich jetzt endlich mal Essen? Michael hatte es gut, der aß gerade wie ein hungriger, junger Wolf. Einer, der tat als würde er sich auf das Futter konzentrieren, jedoch die Ohren spitzte, um hier oder da etwas aufzuschnappen. „Darum geht’s doch gar nicht!“, blaffte ich zurück und starrte ihn wütend an. „Er ist viel zu jung und ich …“ Alex‘ Augenbrauen hoben sich. Er klopfte mir gegen den Kopf und rief mir ein langgezogenes „Hello?“ ins Ohr. Michael lachte laut auf und verschluckte sich so schlimm, dass ihm die Tränen in die Augen schossen. Der Junge japste nach Luft und bevor ich handeln konnte, schoss Alex aus seinem Stuhl hoch und schlug ihm auch schon hart auf den Rücken. „Niko! Bring ein Glas Wasser!“, rief der Mann laut und kurz darauf schoss sein dreizehnjähriger Enkel aus dem Laden und drückte Michael das Glas in die Hand, hüpfte besorgt von einem Bein auf das andere. „Opa, wird er sterben?“ „Das hoffen wir doch nicht!“ Er achtete haargenau darauf, dass Michael das Glas leer trank und schickte den Jungen noch einmal rein, damit er ein weiteres Glas holte. „Geht’s dir gut?“, fragte ich und hätte ihm am liebsten die Tränen aus den Augenwinkeln gestrichen. „A…lles… ok…“, krächzte er mit einem Lächeln, blinzelte schnell, um wieder klar sehen zu können. Alexandros schnaubte amüsiert. „Er scheint dich ja sehr zu mögen.“ Mein Kopf fuhr ruckartig in Alex‘ Richtung. Dieser komische Kauz, mit seiner verdammt scharfen Beobachtungsgabe, ließ sich wieder in seinem Stuhl nieder und stützte diesmal das Kinn auf der Rückenlehne. „Darf ich jetzt was essen?“ Eine großzügige Handbewegung ließ mich gewähren. Wenn nur dieses Grinsen nicht wäre. Gott sei Dank verlor er kurz darauf das Interesse an mir und lächelte Michael freundlich an. Der Knirps erwiderte es scheu und aß weiter. „Der ist ja ein kleiner Ganymedes.“ Ich stoppte mitten in der Bewegung, auch Michael wurde aufmerksam. „Was bedeutet das?“, wollte Michael sofort wissen. „Was hat er gesagt?“ „Er ist ein alter Mann, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat!“ Schnell wich ich einem Hieb aus, der von rechts angeflogen kam. „Ich weiß sehr wohl was ‚old man‘ bedeutet, damit du es weißt!“ Alex drohte mit seiner Faust und schnappte mir den Teller vor der Nase weg. „Übersetze es ihm!“ Empört wollte ich mein Essen zurück erobern, aber Alex sprang auf die Beine. Er stützte das rechte Bein auf dem Stuhl, hielt meinen Teller wie eine glorreiche Trophäe in die Luft. „Du übersetzt jetzt alles was ich sage oder du kannst für den Rest deines Lebens auf mein Essen verzichten!“ „Oh Mann, Alex!“, rief ich laut und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Du blöder Kauz, er wird noch denken, dass du ihm den Hof machst!“ Aber Alexandros blieb unbeeindruckt. „Übersetz‘ oder stirb!“ Demonstrativ hob er den Teller noch höher. „Edy, hast du ihn etwa beleidigt?“ Michael schaute mich besorgt an. Oh, guck bloß weg du kleiner Mistkäfer! „Er sagt du siehst aus wie Ganymedes.“ Am liebsten hätte ich Alexandros verprügelt. „Auch der Schönste aller Sterblichen genannt“, fügte der Alte hinzu. Mensch, da wurde selbst mir ganz schlecht! Aber ich übersetzte wieder und konnte deutlich sehen, dass Michael ganz verlegen wurde. Dieser Knirps hatte zwar den Körperbau eines unbeschreiblich sexy Mannes, aber offensichtlich fehlte ihm noch die nötige Erfahrung, um mit schmierigen Komplimenten umzugehen. „Wer ist Ganymedes …?“ Michael hob neugierig und verzückt zugleich den Kopf, blickte von mir zu Alexandros, der mir einen Happen von meinem Teller in den Mund schob. „Er war der Mundschenk der Götter, erkoren von Zeus selbst.“ Na, jetzt gab der Alte auch noch mit seinen mickrigen Kenntnissen an, so weit kannte ich die Story auch schon. „Er war ihr gottverdammte Kellner, jetzt gib mir meinen Teller wieder oder ich vergraul dir die Kundschaft für die nächsten fünf Jahre!“ Aber Alex ließ sich nicht beleidigen und trat gegen meinen Stuhl. „Übersetze so, wie ich es dir vorgebe, klar?“ Jetzt sprach er, ohne mich anzusehen, sein Blick heftete sich auf Michael. Er sprach auf Griechisch und war sich sicher, dass ich übersetzte. „Zeus raubte den jungen Ganymedes aufgrund seiner atemberaubenden Schönheit und machte ihn zum Mundschenk der Götter, auf dem Olymp.“ Genervt fing ich an zu erzählen, verdrehte ihm allerdings ein paar Worte im Mund. „Ganymedes war ein Kerl, der so schön war, dass Zeus ihn entführt hat. Auf dem Olymp hat er den armen Teufel, wegen seiner Schönheit, zum Oberkellner ernannt. Und so durfte er den Göttern bis an sein Lebensende Wein einschenken. Und sie alle lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.“ Ich sprang auf und riss ihm meinen Teller aus der Hand, kehrte ihm den Rücken zu und begann so schnell wie möglich zu Essen. Na super, es war schon kalt geworden! Michael prustete sofort los, auch ich musste lachen und spürte bereits die Regung hinter mir, doch diesmal war ich schneller. Sofort sprang ich mit dem Teller auf die Beine und hüpfte ein paar Stufen hinunter. „Du hast falsch übersetzt!“, blaffte Alexandros. Scharfsinnig wie immer. „Dann geh Englisch lernen!“ Ich schluckte ein Stück Pita mit dem Fleisch runter, ohne wirklich zu kauen. Wir standen einander gegenüber, Alexandros war ein paar Stufen über mir und sah aus wie ein Wrestler, der sich gleich auf mich stürzen würde. Oder wie eine Furie, je nachdem. „Wovor hast du Angst?“, fragte er plötzlich eiskalt. „Was ist los mit dir, ich dachte du wärst mein cooler Schwiegersohn in spe?“ Er hob langsam eine Augenbraue. „Kann es sein, dass dich dieser Junge da erschüttert hat, Braveheart?“ Das einzige, englische Wort, das er aussprechen konnte und dann nutzte er es in einem Satz wie diesem! Verfluchte Scheiße, härter konnte man mich nicht mehr treffen! „Das einzige was mich erschüttern kann, ist dein Bifteki, das du ständig anbrennen lässt!“ Dann sah ich etwas, das mir gar nicht gefiel. Alexandros Blick wurde weich, ein sanftes Lächeln zeigte sich auf den väterlichen Lippen, die vor langer Zeit Männer und Frauen gleichermaßen verführt haben müssen. „Ich kenne dich viel zu gut, Eduardo. Bisher hast du niemanden mit hierher gebracht. Natürlich hat mich das überrascht. Aber weißt du, was mich noch überrascht hat?“ Sein Lächeln wurde noch viel breiter. „Diese Furcht in deinen Augen, wenn du den Jungen ansiehst.“ Michael bemerkte den Umschwung in unseren Stimmen und hatte aufgehört zu grinsen. „Edy…?“ Mein Blick huschte zu Michael rüber. „Da ist es wieder“, meinte Alex gelassen. „Siehst du, genau das meine ich. Du willst mehr, aber du traust dich nicht, weil du glaubst er wäre zu jung, zu schade für dich.“ Warum mochte ich diesen Kerl nochmal? Ich hatte es schon fast wieder vergessen. „Willst du wissen, was ich in den Augen des Ganymedes sehe, Eduardo?“ „Nein!“, entfuhr es mir. „Ich will es nicht wissen! Behalt deine altklugen Sprüche für dich! Ich sehe nichts und ich will auch nichts sehen! Er ist zu jung, Alexandros, da gibt es nichts schön zu reden!“ Alexandros begann zu lachen und schüttelte den Kopf. Ein paar weiße Strähnen flogen ihm dabei ins Gesicht. „Du bist ein armer, verzweifelter Mann.“ „Das sagt der Richtige!“, blaffte ich zurück und spürte, wie mir die Hitze wieder in die Wangen schoss. Mir war der Appetit vergangen. „Du bist ein guter Mensch, Eduardo. Aus diesem Grund hätte ich dich gern zu meinem Schwiegersohn erwählt. Auch wenn mir das Schicksal diese Option verwehrt hat, hat es mir einen wunderbaren Freund geschenkt. Also denk nicht er sei zu gut für dich, denn der Mensch, der an deiner Seite sein darf, der kann sich wirklich glücklich schätzen.“ Warum sagte er das …? Warum sprach er genau das aus, was ich nie hören wollte? Ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest, dieser Blödmann hatte zu viele griechische Theaterstücke gesehen … obwohl, den Hang zur Melodramatik und Tragödien hatten diese Menschen ja schon seit jeher im Blut. Alexandros drehte sich um und verschwand im Laden. Ich stand noch einen Moment lang da, unfähig mich zu bewegen. „Edy?“ Michael war aufgestanden und betrachtete mich besorgt. „War das jetzt Spaß oder ernst …? Mensch, ich versteh doch kein Wort von dem was ihr da geredet habt!“ Irgendwie konnte ich mich noch immer nicht rühren, stand saudämlich da, mit dem Teller in der Hand und starrte zu Michael hoch. Er sah aus, als würde er von hunderten kleinen Glühwürmchen umschwärmt werden, so wie er da unter der Lichterkette stand und wie sie das unschuldige Gesicht in warmes Licht tauchte. Ein kleiner Engel, mit loderndem Haar … Okay, ich vertrug keinen Kitsch, ich konnte selbst nichts damit anfangen … aber es kam einfach so über mich. Und je länger ich ihn betrachtete, umso mehr begann etwas tief in mir zu schmelzen. Michael war zu jung, zu unschuldig und ich wollte ihn nicht mit meinen Händen beschmutzen. Und ich brauchte auch keinen Alexandros, der mir sagte, welche Bedeutung in den Blicken lag, er hatte mir schon einmal seine Liebe gestanden. Ich hatte es doch bemerkt, seit er das erste Mal nach Athen gekommen war. Ich ließ den blöden Teller sinken und strich mir mit einer Hand durch das Haar. „Edy …?“ „Was willst du, Michael?“ Er erstarrte. Natürlich wusste er sofort was ich meinte. „Ich …“ „Du bist noch jung, Michael. Du solltest feiern gehen, dich ordentlich austoben! Du kannst nicht einmal ein beschissenes, schmieriges Kompliment annehmen, ohne dabei rot anzulaufen.“ Das wollte ich nicht, wirklich nicht. Denn das letzte was ich wollte war, Michael zu verletzen. Das hatte er nicht verdient. „Auch wenn du jetzt älter bist, bist du noch immer dieser naive, liebe, kleine Kerl …“ Ich ging eine Stufe nach oben, dann noch eine. „Aber weißt du, was das schlimmste an der ganzen Sache ist?“ Noch ein Schritt und ich stand nur noch eine Stufe unter ihm, er war jetzt nur ein kleines bisschen größer als ich. „Ich komme mir vor, wie ein dreckiger, alter, perverser Sack, weil ich nicht zulassen will, dass andere dich beschmutzen.“ Ich holte tief Luft und blickte ihm geradeheraus in die Augen. „Ich will es selbst tun.“ Seine Lippen bebten, ein verstörtes Lächeln kräuselte seine Mundwinkel. Er wusste nicht wohin mit seinen Händen, ballte sie mal zu Fäusten, oder wischte sie an seiner löchrigen, aufreizenden Hose ab, bevor er wild mit dem Fingern gegen seine Oberschenkel trommelte. „Also?“ Da ich noch keine Antwort bekommen hatte, fragte ich nochmal. „Was willst du?“ „Hast du das vorhin ernst gemeint?“, kam es stattdessen zurück. Ich erstarrte. Verstand der Junge doch Griechisch? „Als du gesagt hast, ich gehöre dir …“ Himmel, Arsch und Zwirn, er meinte die Sache von der Dachterrasse! Dieser Mistkäfer hatte mich also doch gehört! Oh, eigentlich war das Gyros doch gar nicht so schlecht, kalt schmeckte es genauso gut! Schnell stopfte ich mir etwas davon in den Mund. „Edy!“ „Die wären dir fast an die Wäsche gegangen!“, verteidigte ich mich mit vollem Mund. Michaels Mundwinkel zuckte wieder schwach. „Und in Mykonos … da hast du mich zurückgeküsst …“ Jetzt brachte er mich in eine unangenehme Lage, das gefiel mir ganz und gar nicht. „Himmel Herrgott, darf ich erst einmal essen, bevor ich mich dem Gericht stelle oder muss ich die ganze Nacht hier rumstehen und meinen vollen Teller anstarren?“ Zugegeben, mein Ton wurde hin und wieder etwas schroff. Aber so war ich eben, wenn mir etwas peinlich wurde. „Nein, natürlich nicht …“, kam es etwas leiser zurück und Michael senkte den Kopf, drehte sich weg und ließ sich wieder am Tisch sinken. Als ich das sah, hätte ich mir am liebsten in den Arsch gebissen. Aber na gut, die Entschuldigung konnte ich mir sparen. Langsam wagte ich mich die Stufen wieder hoch und setzte mich zu ihm. Ohne mir etwas anmerken zu lassen aß ich weiter, nur drehten sich meine Gedanken gerade allein um Michael. Sollte ich es wirklich wagen? Der Junge schwieg tatsächlich so lange, bis ich gegessen hatte. Alexandros roch es scheinbar, wenn ein Teller leer war. Jetzt kam er mit einer Platte, gefüllt mit Oliven, Käse, etwas Joghurt und Brot. In der anderen Hand hielt er eine Flasche seines besten Ouzos. Zogen die heute alle gegen mich in die Schlacht, oder was? Hinter ihm kam Nikos herbeigelaufen, trug einen Krug Wasser und die Gläser auf einem Tablett mit sich. „Jetzt hör auf so ein Gesicht zu ziehen!“ Alexandros schenkte mir einen seiner tadelnden Blicke, die er sich sonst nur für den kleinen Nikos aufhob. „Wir wollen trinken und uns erfreuen! Wer dich sieht glaubt noch, dass wir zu einer Beerdigung wollen!“ „Wollen wir auch.“ Alexandros winkte seinen jungen Enkel zurück in den Laden. Und bevor ich noch etwas sagen konnte, krallte sich eine riesige Pranke in meinen Nacken. Alex zwang mich ihn anzusehen, sein Griff war verdammt stark. So musste sich jemand fühlen, wenn er am Pranger hing. Ich konnte meinen Kopf nicht mehr bewegen, kam aus dieser geduckten Haltung, in die er mich zwang, nicht mehr raus. „Du wirst es dein Leben lang bereuen, wenn er einen anderen findet.“ Alex‘ blaue Augen durchdrangen mich auf sehr unangenehme Weise. „Wenn sich jemand in dich verliebt, sei stolz. Aber vergiss nicht, dass falscher Stolz diese Art der Zuneigung schnell zerstören kann! Also reiß dich zusammen und tu, was du tun willst.“ Endlich ließ er mich los, beleidigt rieb ich mir den Nacken und begegnete wieder Michaels Augen. „Also bei euch weiß man nicht ob ihr euch gleich schlagen oder umarmen wollt …“ Vorsichtig tastete sich sein Blick über Alexandros. „Würden wir uns prügeln wollen, würdest du es merken.“ Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf. Vermutlich würden wir voreinander stehen, uns als erstes anschreien, dann anpöbeln und dann wild aufeinander einschlagen. Das hier waren nur freundschaftliche und fast schon väterliche Ratschläge, die ich in den Kopf geprügelt bekam. Plötzlich lachte Alexandros heiter und begann uns Ouzo einzuschenken. Wir beide tranken ihn pur aber ich kam nicht umhin, Michael etwas Wasser hineinzugeben. Sofort verfärbte sich der sonst so klare Alkohol, nahm einen milchigen Ton an. „Hey, ich kann den auch pur trinken!“, schimpfte Michael. Ich musste grinsen. „Heute Nacht nicht.“ Ich schloss das blaue Tor auf und hielt Mickey an der Hüfte fest, damit er mir nicht aus den Latschen kippte. Von wegen, er könne das Zeug pur vertragen! Der war nach dem zweiten Glas schon ins Delirium gefallen. „Edy …“, stöhnte er dicht an meinem Ohr. Eine richtige Gänsehaut zog sich an meinen Armen hinauf, bis in meinen Nacken. Ob ich wollte oder nicht, mein Kopfkino lief auf Hochtouren und bevor ich es verhindern konnte, sah ich schon deutlich vor mir. Nackt, unbeschreiblich sexy und schwitzend, wie er sich unter mir räkelte … „Edy … ich … kotz gleich …“ Es gab nichts deprimierendes, als das platzende Geräusch einer Traumblase. „Wehe du kotzt in den Flur!“, knurrte ich bedrohlich, denn gerade hatten wir es über den schmalen Weg ins Haus geschafft. Irgendwo zwitscherten bereits die ersten Vögel, der Himmel begann sich zu erhellen. Michael begann zu würgen. Alarmiert hob ich ihn auf die Schulter und versuchte, so gut es ging, mit ihm nach oben zu rennen. Scheiße, warum hatte ich ihn nicht in den Garten kotzen lassen? Michael schlug sich die Hände auf den Mund, gerade stieß ich die Tür zum Bad auf, da hörte ich ihn auch schon kotzen und spürte, wie es mir heiß den Rücken runter lief. Angewidert blieb ich stehen und wartete einfach. Es war ohnehin zu spät. „Es tut mir so leid …“, jammerte Michael, hockte im Schneidersitz auf dem Boden in der Dusche. Ich hatte die Sauerei weggemacht und riss mir jetzt das Shirt vom Kopf, pfefferte es in eine Ecke. „Komm, steh auf.“ Ich packte ihn an den Armen, der Knirps war ganz schön schwer. Und rammte mir fast den Kopf in den Bauch, als er taumelnd auf die Beine kam. „Entschuldige …“ „Jetzt hör schon auf damit!“ Mensch, wie oft wollte er sich noch entschuldigen? „Komm, zieh das aus!“ Ich war kein Heiliger. Absolut nicht. Darum konnte ich auch nicht verhindern, dass mir sündige Gedanken kamen, als ich den Jungen auszog. Wie er da vor mir stand, mit entblößtem Oberkörper und der zerfledderten Hose … Sollte ich ihm die Hose ausziehen? Verdammt, dann würde ich mich gar nicht mehr zurückhalten können! Also schob ich ihn vor mir langsam in eine der Duschkabinen, drehte das Wasser auf. Michael zischte laut auf, stolperte nach hinten und stieß gegen meine Brust. „Gott, Edy! Ich hab doch noch meine Hose an!“ Dass er das in seinem Zustand noch bemerkte, war beachtlich. Ich schlang einen Arm um seinen Bauch, stützte die andere an den Kacheln ab und drängte ihn zurück. Sein Arsch presste sich so wundervoll gegen meine Lenden, das Wasser lief an uns hinunter und spülte einen Teil des beißenden Geruchs davon. Michaels Hände umklammerten meinen Arm, er hatte den Kopf ein wenig gesenkt. Sein Nacken war die reinste Verführung ... Das Wasser lief ihm über das Haar, strömte über den schönen Rücken und verschwand in seinen Jeans. Noch während Engelchen und Teufelchen auf meiner Schulter wild aufeinander einschlugen, wurde mir die Entscheidung, ob ich es wirklich tun sollte, von Michael genommen. Er begann meine Hand zu führen, sie auf seiner Brust auf und ab zu bewegen. So aufgeregt war ich das letzte Mal, als mein Vater mir als Jugendlicher verkündet hatte, dass es in Ordnung war, wenn ich nicht weiter studierte, um stattdessen an seiner Seite arbeiten zu dürfen. Ich biss mir richtig gequält auf die Unterlippe und kniff die Augen zu, als Michael meine Hand zu seinem Schritt führte. Der Stoff fühlte sich so unheimlich schwer an, hatte sich mit Wasser vollgesogen. Aber da war etwas anderes, das mich erregte. Diese Härte, die sich gegen meine Hand drängte. Michael ließ eine Hand zu meinem Arm wandern, der sich da noch an den Kacheln abstützte, um uns beiden Halt zu verschaffen. Die streichelnden Finger waren zu viel für mich. Sie wanderten meinen Arm auf und ab, glitten höher und berührten mein Haar. Und hätte er sich nicht an mich gelehnt, hätte er seinen Kopf nicht zurückgelegt, um mich zu küssen, hätte ich es getan. „Ich will nur dich …“, flüsterte er gegen meine Lippen. Oh Himmel, er war so anschmiegsam, wie beim letzten Mal … bei diesem kleinen Kuss, zu dem er mich verführt hatte, als er in Mykonos ins Wasser gefallen war und ich ihn hinaus gefischt hatte. Es war nur ein kleiner Kuss gewesen und doch hatte er mich aus der Bahn geworfen. So sehr, dass ich es kaum noch in seiner Gegenwart ertragen konnte. Auch, wenn mir mein Stolz sagte, dass das was ich hier tat, alles andere als moralisch war, konnte ich mich nicht mehr abwenden. Moral war für mich ein sehr dehnbarer Begriff gewesen, ich konnte mit diesem Wörtchen spielen, meine Grenzen austesten. Und jetzt? Jetzt war ich ein armer, verzweifelter Mann der sich nach diesem Knaben hier sehnte. Einen Knaben, den ich besitzen und vor dem Rest der schmutzigen Welt abschirmen wollte. „Obwohl ich schon alt und runzelig bin?“ Michael lachte. „Du bist nicht alt und runzelig bist du schon gar nicht!“ Er drehte sich halb zu mir um, seine Hände erkundeten meine Brust, folgten den Spuren des Wassers. „Irgendwie geht mir das jetzt viel zu einfach …“, hörte ich ihn leise sagen. Seine Worte ließen mich grinsen. „Ich kann es dir auch schwerer machen, wenn du das möchtest?“ Ich packte ihn an den Hüften, riss ihn nach oben und spürte, wie er sofort die Beine um mich schlang. Wieder presste ich meine Lippen auf seine, küsste ihn hungrig, richtig leidenschaftlich und drängte ihn dabei gegen die Kabinenwand. Seine Hände krallten sich in meinem Nacken fest und dieser süße Seufzer war es, der mein System vollkommen abstürzen ließ. Sorry Leute... in letzter Zeit brauche ich leider etwas länger für die Kapitel... hoffentlich pendelt sich das bald wieder ein. Jedenfalls hab ich aber auch ein paar News im Gepäck! Nächsten Monat erscheint eine Anthologie, in der ich mitwirke! Es werden sich ein paar recht bekannte Namen zusammenfinden und wenn alles glatt läuft, wird die Anthologie im Juni auf Amazon erhältlich sein. Es wird also meine erste Geschichte sein, die ich veröffentliche... *tot umfall* *zitter* Vielleicht hat ja der/die eine oder andere Interesse und möchte mal reinlesen... es gibt schon einige Kurbeschreibungen und Lesepröbchen zu erschnuppern :D Wer also Interesse hat, kann auf diesen Seiten vorbeischauen https://www.facebook.com/Kuschelgangkreationen ODER: https://www.facebook.com/CaitlinDaraySchreiberling Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)