Die Ferne des Himmels von Midnight (Zurück auf los) ================================================================================ Kapitel 16: Sich kreuzende Gefühle... ------------------------------------- Jorden "Wie um alles in der Welt soll ich das denn vergessen? Wenn mir jemand...Wenn mir derjenige, den ich mag so etwas zu mir sagt?" Es platzte einfach so aus mir herraus, ohne das ich etwas dagegen machen konnte. Ich musste rot sein wie eine überreife Tomate und hielt mir vor Schreck den Mund zu. Wieso hatte ich das nur getan? Das wollte ich doch für mich behalten! Zumindest...noch eine Weile... Benjamin starrte mich an wie ein Außerirdischer, dessen Worte im weit entfernten All verloren gegangen waren. Kein Wunder. An seiner Stelle wäre ich auch geschockt gewesen. Schließlich war das so etwas wie eine indirekte Liebeserklärung. Ich hatte ihm gesagt, dass ich ihn mochte. Doch wie hätte ich anders reagieren sollen? Schließlich hatte er mir gesagt, ich solle vergessen, was er mir zu vorgesagt hatte. Das kam mindestens so überraschend wie meine Worte. . "Ich wollte dich halt wiedersehen verdammt! Ist das ein Verbrechen?!" Nein, das war kein Verbrechen. Solche Worte wollte ich doch schon immer von ihm hören. Nur war mir immer, als sei das was ich mir in dieser Hinsicht wünschte, unerreichbar wie der Himmel. Benjamin wich meinem Blick letzten Endes aus. Er wirkte beinahe...gequält und ein wenig verärgert. Als nächstes nahm er sich eine Zigarette und öffnete die Balcontür. Mein Blick folgte ihm. In diesem Moment war ich mir sicher, dass ich es hätte für mich behalten sollen. Denn ich hatte ihn beobachtet, wenn wir zusammen waren. Er rauchte immer, wenn irgendwas nicht stimmte, wenn ihn etwas beunruhigte oder aber etwas verärgerte und er sich beruhigen musste. Dieses Schweigen verunsicherte mich, erdrückte die Stimmung. Benjamin zog an der Zigarette und bließ den Qualm kurz darauf wieder aus "Bist du dir sicher?", kam es plötzlich aus seiner Richung. Er schaute immer noch nach draußen in den fernen Himmel. So wie er es schon früher immer getan hatte, wenn er alleine durch die Schulgänge zog und genauso einsam und allein aussah, wie ich mich oft fühlte. "Was meinst du?" "Bist du dir sicher, dass du mich magst?", wollte er wissen. Ich sah auf die Decke, die über meinen bewegungslosen Beinen lag, vergrub meine Finger in dem weichen Stoff. Was sollte ich ihm antworten? Die Wahrheit? Wenn ich log, wie sollte er mir dann noch glauben? Wenn ich die Wahrheit sagte...würde er mich dann...von sich stoßen? Dürfte ich dann nicht mehr bei ihm sein? "Bist du dir etwa so unsicher, dass du es nicht sagen kannst? Oder war das nur aus einem Reflex herraus?", sagte er mit einer erschreckend kühlen Stimme. Als ich wieder in seine Richtung sah, blickte mich ein ausdrucksloses und zugleich anklagendes Gesicht an. War er enttäuscht? Plötzlich schüttelte ich den Kopf und atmete tief durch. Das stimmte nicht, was er sagte! "Nein! Nein ich meine es wirklich ernst! Ich...ich mag dich wirklich!", versicherte ich ihm mit Ernsthaftigkeit in der Stimme. "Ach ja...und...wie sehr?", fuhr er fort, drückte seine Kippe aus und ließ sie im Aschenbecher zurück. Dann schloss er die Tür und kam wieder zu mir. Er setzte sich neben mich und fesselte mich mit seinem Blick, als wollte er auf etwas ganz Bestimmtes hinaus. Ich antwortete nicht, sondern starrte ihn einfach nur an. Seine Augen waren so trostlos und tief. "Wie sehr! Sag es!", forderte er die Antwort, die ich ihm nicht geben konnte. Ich konnte es ihm nicht sagen, weil es dafür keine Worte gab. Es war unbeschreiblich... Entschlossen verschrängte ich die Arme vor der Brust und schaute stur in die andere Richtung. "Verrat ich nicht! Das ist ein Geheimnis! Du musst doch nicht alles wissen! Wenn man immer alles sofort ausplaudert, wird es doch langweilig!", pledierte ich stur und auf einmal hörte ich ein Seufzen. War wohl nicht das, was er erwartete. "Schon klar...du hast vermutlich recht.", antwortete er schulterzuckend, als interessierte es ihn von der einen auf die andere Sekunde nicht mehr, doch auf einmal spürte ich seine Hand auf meinem Kopf, die durch meine Haare wuschelte. Es kam selten vor, dass er mich einfach so berührte, wenn es nicht zwingend erforderlich war. Meist beschränkte es sich auf das Nötigste, aber...seine Hand war so warm, obwohl er in der Kälte gestanden hatte. "Lass uns ins Bett gehen.", schlug er vor, schob den Tisch beiseite, den er zuvor über meine Beine gestellt hatte und zog mich in seine Arme. "Willst du vorher noch auf die Toilette?", fuhr er fort, und ich nickte einfach nur. So geschah es. Bis zumindest ich im Bett lag, lief alles schweigend ab. Das Licht wurde von Benjamin gelöscht. Danach legte er sich meinem Wunsch folgend neben mich. Es war gerade mal 20 Uhr. Trotzdem war ich müde und mir war kalt geworden. Durch die ganze Aufregung war mir gar nicht aufgefallen, das meine Beine sich ziemlich kalt anfühlten. Durch die Lähmung wärmten sie sich ja nicht durch Bewegung. Auch mein restlicher Körper kühlte dann schnell aus. Das Zimmer war auch leicht ausgekühlt, owohl die Heizung an war. Ich selbst war mit einer Decke und einer Wolldecke zugedeckt. Doch am liebsten wollte ich...sollte ich ihn fragen? Er war ja wieder in Schweigen verfallen. Vielleicht schlief er auch schon, aber so schnell? Bestimmt nicht. Also fasste ich all meinen Mut zusammen und wagte es. "Du Benjamin...nimmst du mich in den Arm? Mir ist so kalt.", fragte ich vorsichtig, um ihn nicht zu verärgern. Ein Rascheln erfolgte und ich wurde in seine Arme gezogen. Mit einem genervten Knurren, schob er auch meine Beine zurecht, so das sie nicht im Weg waren und trotzdem gut gewärmt wurden. "Sonst noch Wünsche?", brummte er. "Nein...", murmelte ich gegen seine warme Brust. Trotz allem was geschehen war, fühlte ich mich bei ihm wohl und wollte ihm nah sein. Hier in seinen Armen war ich wunschlos glücklich. Wenn es doch immer so sein könnte... In seinen Armen schlief ich ein. Es fühlte sich warm, gemütlich und sicher an. "Hm...", murmelte ich. Als ich mitten in der Nacht aufwachte rieb ich mir die Augen. Ich hatte das Gefühl, dass etwas fehlte. Kein Wunder, denn der Platz neben mir war leer. Wo war er denn nur? Er hatte sich doch nicht einfach davon geschlichen!? Plötzlich spürte ich einen kühlen Windhauch und hörte das Geräusch von prasselnden Regen. Langsam drehte ich mich auf die andere Seite und stützte mich auf die Unterarme. Ich sah in Richtung Balkon. Dort konnte ich einen Schatten erkennen und ein kurzes Glühen. Es war Benjamin, der an der offenen Tür stand und eine Zigarette rauchte. Konnte er nicht schlafen? "Benjamin? Kannst du nicht schlafen?" "Nein...der Regen...er will einfach nicht aufhören...", verriet er mir. "Hm, zum Glück bist du jetzt drin und nicht draußen. Sonst würdest du dich wieder über das Wetter beschweren.", griff ich eine der alten Gesichten auf, musste sogar leise lachen. Es war einfach zu komisch wie er sich darüber aufregte. "Willst du eine heiße Schokolade trinken?", fragte er plötzlich aus heiterem Himmel und überging meinen Kommentar damit einfach. "Ja, sehr gerne.", antwortete ich auf seinen Vorschlag. Das nahm er zum Anlass seine Kippe im Aschenbecher zu versenken und die Tür zu verschließen. Dann nahm er die Wolldecke vom Bett und schlug die Decke zurück. In der Wolldecke wickelte er mich ein. Dann zog er mich in seine Arme und wir verließen das Zimmer. Er wollte wohl nach unten, in die Küche. "Warum wickelst du mich so ein? So schnell kühle ich nun auch nicht aus.", merkte ich an. "Red nicht so einen Unsinn! Sogar vorhin waren deine Beine schon ganz kalt, obwohl du zugedeckt warst. Wenn du dir was wegholst, bringt Will mich um. Das ist dir schon bewusst ja?", nörgelte er. Irgendwie kaufte ich ihm das nicht ab. Klar, mein Bruder würde sicher meckern, weil er ihn nicht leiden konnte und sich immer um micht sorgte. Dennoch hatte mir ihr Unverständnis für einander nie das Gefühl vermittelt, dass Benjamin das wirklich viel ausmachte. Nein...eher gab er mir das Gefühl, dass er etwas überspielen wollte. Seine waren Gefühle...In Wirklichkeit, fürchtete er sich nicht vor meinem Bruder. Er fürchtete sich vor etwas ganz Anderem... "Oh keine Sorge, er meckert nur gerne.", da hatten sie wohl was gemeinsam. Das sagte ich ihm allerdings lieber nicht. "Aber ansonsten ist er ein sehr sympatischer Mensch. Ich muss es wissen, ich kenne ihn schon mein ganzes Leben." Benjamin murrte vor sich hin. Ich wurde in meinem Rollstuhl abgesetzt, der im Erdgeschoss des Hauses stand. Nun konnte ich mich wieder freier bewegen. Zumindest hier. Ich wollte nicht, das Benjamin zu viel schleppte, daher lehnte ich es oft ab in meinem Rollstuhl zu sitzen, wenn wir oben waren. Das veranlasste ihn, den Rollstuhl meistens unten stehen zu lassen. Er ging in die Küche. Ich folgte ihm. Dort holte er zwei Tassen hervor, die er mit Milch und Kakaopulver befüllte. Anschließend landeten beide Tassen in der Microwelle. Kurz darauf piepte es. Mein Gastgeber reichte mir eine der Tassen. "Danke." "Hm.", murmelte er. Benjamin war wirklich kein großer Redner, außer, wenn er schimpfte. "Der ist wirklich sehr gut und er wärmt so schön. Danach kann ich bestimmt gut schlafen." "Hm.", schon wieder. "Hilft dir Kakao auch beim Einschlafen?", versuchte ich ihn ein Gespräch zu verwickeln. Dazu musste ich zugeben, dass ich noch nie erlebte, wie er nachts Kakao trank. "Nicht wirklich. Aber es ist ein guter Zeitvertreib.", gähnte er. Er war müde, aber bekam oft kein Augen zu. So als quälte ihn irgendwas. "Weißt du, als ich noch klein war hat mein Bruder mich vor dem Schlafen gehen oft in die Badewanne geschickt. Danach konnte ich meist viel besser schlafen, als ohne. Das warme Wasser wirkte immer sehr entspannend auf die Muskeln. Besonders im Winter. Leider ist in unserer Wohnung keine Badewanne...aber probier das doch mal. Hier gibt es doch sogar eine riesige Eckbadewanne. Benutzt du die gar nicht?", steigerte ich mich wohl ein bisschen in die Sache hinein. Denn Benjamin verzog schon wieder leicht das Gesicht. Daraus war nicht ganz abzulesen, ob er nun verärgert war, oder ob es etwas anderes war. Als er plötzlich ganz zaghaft zu lächeln schien, war ich erstaunt. Dieses Lächeln stand ihm unheimlich gut und bereitete mir Herzklopfen. "Was starrst du mich so an...hab ich was im Gesicht?", sagte er mit einer erhobenen Augenbraue und fand zu seiner Ernsthaftigkeit zurück. Schade. Er durfte ruhig mehr lächeln. "Nein! Hast du nicht...ich wollte dich nicht...anstarren.", wieder sprach ich laut und wurde mit jedem Wort leiser. Irgendwie war mir das peinlich. Benjamin machte ein nachdenkliches Gesicht, das schon gleich darauf wieder zu einer monotonen Lage zurückfand. Dennoch hatte es etwas...erheitertes? "Sag bloß du willst mal in der Eckwanne baden?", platzte er herraus. Ich wusste nicht wieso, aber ich wurde rot. "Äh...nein...um ehrlich zu sein, habe ich da gar nicht drüber nachgedacht.", sagte ich Wahrheitsgemäß. Aber jetzt wo er es sagte...war die Idee gar nicht so schlecht. War bestimmt cool darin zu baden. So eine luxuriöse Badewanne hatte ich bisher nur in Möbelhäusern gesehen. So etwas würden wir uns niemals leisten können. "Wenn du willst kannst du sie mal ausprobieren.", meinte er und trank seinen Kakao aus. "Echt? Darf ich?", entfuhr es mir voller erfreuten Erstaunen. "Würde ich dich sonst fragen?", murrte er unzufrieden. "Dann gerne! Aber...", ohje. Bei all der Freude hatte ich nicht darüber nachgedacht, wie das am besten ging. Die Wanne war so riesig und der Boden so rutschig. Keine Haltegriffe und das Sitzen würde trotz Rückenlehne schwierig werden, da ich mich mit den Füßen nicht abstützen konnte. Ich müsste mich immer am Wannenrand festhalten. "Was ist jetzt? Etwa doch nicht?" "Naja also...es ist so..." Ich erklärte ihm mein Problem. "Hmmm...ich könnte eine Antirutschmatte in die Wanne legen.", überlegte er. Trotzdem waren immer noch keine Haltegriffe vorhanden. "Und wie wäre es wenn...", begann er und schaute dabei leicht zur Seite, als sei ihm der Vorschlag peinlich, was er sich natürlich nicht anmerken lassen wollte und überspielte es mit einem brummigen, ~Wenn dir das zu wieder ist, können wir es auch lassen.~ . Ich starrte voller Bewunderung auf die riesige Eckwanne, die sich nach und nach mit Wasser füllte und dank eines Badezusatzes, das Benjamin aus dem Hut zauberte in ein sanftes Blau färbte und herrlich duftete. Abgesehen davon, dass ich nie damit rechnete, dass er so etwas...feminines basaß, brauchte diese Wanne wirklich irre viel Wasser, um auch nur annähernd gefüllt zu sein. Sie war fast so etwas wie ein kleiner Minipool. Bei so viel Wasserverbrauch würde mein Bruder glatt durchdrehen. "Ist es so spannend der Wanne dabei zuzusehen wie sie sich füllt?", meldete Benjamin sich skeptisch zu Wort. "Ja, schon. Ich hab noch nie eine so eine luxuriöse Wanne in Aktion gesehen, geschweigedenn in so einer gebadet und...", plötzlich stockte ich, als ich Benjamin so halbnackt im Türrahmen stehen sah. So unbedeckt sah ich ihn höchst selten wirklich lange, da er sich ja wesentlich schneller umzog als ich und manchmal ging er auch ins Badezimmer. Im Grunde hatte er von mir schon mehr gesehen, als ich von ihm. Schon allein, weil er mich immer auf die Toilette bringen musste. Aber das war irgendwie noch anders als das hier... Er sah wirklich gut aus. Viel zu gut. Mein Herz klopfte schon wieder wie verrückt . War das wirklich eine so gute Idee? Schließlich...wollten wir zusammen...baden. So nah waren wir uns noch nie. Ich saß in meinem Rollstuhl, nur in seinem Bademantel bekleidet und schämte mich plötzlich. Nicht nur wegen der Nacktheit, sondern, weil er mich dann so sehen konnte wie ich war. Ganz ohne Kleidung war das noch mal anders, als wenn man noch was anhatte. Meine Beine waren so dünn und hatten kaum noch Muskelatur. Natürlich hatte er sie schon mal gesehen, aber so nackt...ohne jeglichen Schutz... Ob ihn das nicht abschreckte? Mein Gegenüber hatte seine Scham von gestern offenbar schon vergessen. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. "Hm? Was ist?" "Ach nichts..!", murmelte ich und sah nach unten. "Du bist ein Spinner! Genierst du dich etwa davor, dass wir uns nackt sehen?" "Nein! Tue ich nicht!", behauptete ich das Gegenteil. "Na dann ist doch alles in Ordnung.", antwortete er und stellte das Wasser aus, als die Wanne voll war. Er tat so, als seien meine Bedenken eine Belanglosigkeit, obwohl er genau wusste, dass ich das Gegenteil von dem meinte was ich sagte. "Dann mal los." Plötzlich hatte er den Bademantel geöffnet und mich davon befreit und ehe ich mich versah saß ich auch schon in der Wanne mit dem warmen Wasser. "Halt dich am Wannenrand fest, ich komm rein.", meinte er emotionslos. Schneller als ich gucken konnte, hatte er sich die Boxer ausgezogen und stieg hinter mich in die Wanne, in der er mich zwischen seine Beine zog, so dass sich mein Rücken an seine Forderseite lehnen konnte. Dann legte er einen Arm um meinen Bauch und sicherte mich vor dem Wegrutschen. Die Antirutschmatte, die er auf den Grund der Wanne geklebt hatte tat ihr übriges. Obwohl ich nun wirklich bombensicher saß, fühlte ich mich komisch. Bei dem Gefühl seine nackte Haut, seinen Körper in meinem Rücken, und seinen Arm um meinen Bauch zu spüren wurde ich innerlich wahnsinnig nervös. Dem Menschen, den ich so sehr mochte, dass ich ihm einfach alles verzeihen wollte...war mir so nah wie ich es nie für möglich gehalten hatte. Außerdem war das, was er hier tat sicher nichts, was er sonst tun würde. Jedenfalls nicht mit einem anderen Kerl. Ich schüttelte den Kopf. Statt mir hier so viele Gedanken zu machen, sollte ich mich lieber freuen, dass er das für mich tat. Das war schließlich keine Selbstverständlichkeit. Er hätte meine Begeisterung für das Baden in dieser Wanne auch einfach ignorieren können. Ich war doch sonst nicht so schrecklich unsicher! Zumindest nicht seid ich etwas selbstbewusster geworden war. Das hatte ich auch bitternötig. Trotzdem...war diese Situation nicht gerade normal. "Hey, kann es sein, dass du nervös bist?", bemerkte er. "Ein wenig...diese Situation ist schon komisch. Das hätte ich nie von dir erwartet.", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Hm, stimmt diese Situation ist wirklich nicht normal. Normal wäre es, mit einer Frau auf diese Weise zu baden und nicht mit einem Kerl!", brachte er deutlich zum Ausdruck. Dann seufzte er. "Aber was solls...jetzt ist es eben so. Was mich aber viel mehr wundert ist, dass du eine Sache scheinbar noch nicht in Erwägung gezogen hast, seid wir uns treffen.", spielte er mit undefinierbarer Stimme auf etwas an, das ich mir nicht zusammenreimen konnte. Was meinte er nur? "Was meinst du?", erwiederte ich und senkte meinen Blick zu seiner Hand, die flach auf meinem Bauch lag. Sie rührte sich kaum. Dafür aber sein Atem, der mein Ohr streifte und mir nackenwärts eine Gänsehaut bescherte. "Benjamin...?", murmelte ich leise. Erst jetzt wurde mir klar, worauf er anspielte. "Du bist einfach viel zu gutgläubig. Dir ist wohl nie in den Sinn gekommen, dass ich deine Situation auch gnadenlos ausnutzen könnte.", hauchte er gegen mein Ohr. Für einen Moment erschrak ich, spürte mein wildes Herz und faste mir reflexartig ans Ohr. Dann atmete ich einmal tief durch und beruhigte mich langsam wieder, als mir sogleich etwas bewusst wurde. Ja, er hatte recht, aber... Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen bekundete ich ihm meine Antwort. "So bist du aber nicht. Wenn du mir hättest etwas antun wollen, dann hättest du es schon längst getan. Du hattest genug Gelegenheiten dazu. Du würdest es zwar niemals zugeben, aber im Grunde, bist du kein schlechter Menschen. Daran habe ich immer geglaubt." So war es oder viel mehr, ich wollte immer daran glauben. Selbst wenn das im höchsten Maße kindisch war, an das Gute in diesem Menschen glauben, trotz dieser schrecklichen Dinge, die er mir angetan hatte. Doch wenn er nicht gewesen wäre...wäre ich nicht der, der ich heute war. Auch wenn ich mir manchmal wünschte wieder laufen zu können, so war nicht alles schlecht. Ich konnte ihm wieder begegnen und obwohl ich in diesem Rollstuhl saß, sah er mich...er sah mich auf eine ganz bestimmte Weise. Anders, als die anderen...wegen ihm...war ich nicht unsichtbar geblieben... Sein Atem zog sich zurück. "Ich bin also kein schlechter Mensch und das aus deinem Mund? Tja, da bin ich mir aber nicht so sicher. Vielleicht warte ich auch einfach nur eine günstige Gelegenheit ab, um dich dann in einem ganz bestimmten Moment zu verletzen. Das kann man vorher nie wissen.", versuchte er mir einzureden, doch zu gleich wurde ich das Gefühl nicht los, dass er selbst nicht an diese Worte glaubte. So wie ich sie nicht glaubte. "Nein, das glaube ich nicht.", flüsterte ich. Und auf einmal war es so still und dann...wurde ich plötzlich herumgezogen, so dass ich seitlich in seinen Armen lag. Meine Beine über seines gezogen. "Ah...Benjamin!...", entrückte es mir erschrocken. Er drückte mich so ungewöhnlich fest an sich und senkte seinen Kopf herunter, um mir fest in die Augen zu sehen. Sein Blick war so... verärgert und so furchtbar...so furchtbar...traurig. "Was macht dich da so sicher!? Bist du wirklich so naiv oder...", schimpfte er. "Weil du selbst nicht daran glaubst!", unterbrach ich ihn, was ihn dazu brachte mich entrückt anzusehen. Als würde etwas aufrechen, das ihn fesselte. "So ist es doch...dein Blick...ist oft so leer und traurig und deine Worte...wirken wie ein Selbstschutz...um deine wahren Gefühle zu verbergen.", er sah mich so ungläubig an, als falle er aus allen Wolken. "Jorden...", knurrte er leise. "Das hast du dir jetzt selbst zu zuschreiben!", sagte er rau und kam mir so nah, bis sich unsere Lippen berührten. Kurz zuckte ich zusammen und drückte mit meinen Händen gegen seine Brust. "Hm!" Doch er ließ sich nicht abhalten, hielt meinem Druck stand, drückte mich weiter an sich und küsste mich fordernd. Plötzlich war ich so atemlos, so durcheinander und gefangen. Meine Gefühle spielten verrückt. Das war mein erster Kuss...er hatte ihn mir gestohlen! Da war so ein Kribbeln, das meinen Oberkörper durchfuhr. Die Röte stieg mir in die Wangen. Ungeduldig leckte seine Zunge über meine Lippen, bis sie sich leicht öffneten. Benjamin fackelte nicht lange und schob sie vorwitzig zwischen sie und forderte meine Zunge zu einem Spiel auf. Ich war wie ferngesteuert und erwiederte einfach, wenn auch etwas unbeholfen. Um mich herum war alles so warm und verschwommen, dass die Realität auf einmal Nebensache war. Als seine Lippen von mir abließen lehnte ich atemlos gegen seinen Oberkörper. Ihm ins Gesicht zu sehen viel mir schwer, weil mir das alles so peinlich war und alles, was uns umgab war das warme Wasser. Mein Blick war nach unten gerichtet und ohne es zu wollen sah ich etwas, das mir noch peinlicher war, weil ich es in der Aufregung gar nicht bemerkte. Doch durch das klare Wasser war alles sichtbar. Benjamin war erregt und er hatte es mit keinem Wort erwähnt. "Benjamin du..." "Idnorier es...es ist nicht wichtig!", antwortete er brummig. "Lass uns noch die Haare waschen und dann schlafen gehen.", setzte er fort. Verdutzt sah ich ihn an. Ernsthaft!? Der hatte mir gerade meinen ersten Kuss gestohlen, was ihn offenbar nicht gerade kalt ließ, verpasste mir fast einen halben Herzinfakt und wimmelte meine Worte einfach mit dem Kommentar ab, dass wir uns die Haare waschen und ins Bett gehen sollten? "Ist das dein Ernst? Du stiehlst mir meinen ersten Kuss, bist erregt und willst dann einfach nur schlafen gehen, ohne irgendwas zu erklären, oder dich zumindest zu entschuldigen? Sag mal gehts noch? Hast du dir dabei auch nur eine Sekunde lang Gedanken über meine Gefühle gemacht?", schrie ich ihn wütend an. "Du versuchst schon wieder auszuweichen und dich selbst zu schützen, weil du dich selbst nicht verstehst nocht wahr?", führte ich ihm vor Augen. Mein Gefühlsausbruch schien etwas zu bewirken, denn er sah mich völlig entgleist an, als stürtzte gerade seine Fassade ein, die ihn schützen sollte. Doch seine Mimik veränderte sich schnell. Mit einem verärgerten Gesichtsausdruck, zusammen gepressten Kiefer und wütend verzogenen Mundwinkel schaute er erst zur Seite, dann wieder direkt in meine Augen. Seine Augen waren so plötzlich wieder kalt...so undurchdringlich... "Halt dich fest!", sagte er und löste sich von mir. Reflexartig hielt ich mich am Wannenrand fest, als er aufstand und das Wasser abließ. Es wurde kalt. Benjamin wickelte sich rasch ein Handtuch um die Hüfte, dann zog er mich in seine Arme, um mich kurz im Rollstuhl abzusetzen und mich wieder in seinem Bademantel einzuwickeln. Danach nahm er mich wieder in seine Arme und trug mich in sein Zimmer. Dabei redete er kein Wort. "Benjamin...was hast du vor?", erwiederte ich auf sein Handeln. Was ging nur in diesem Menschen vor? Er ließ mich auf sein Bett sinken und beugte sich über mich. Seine Gesichtsausdruck sah immer noch etwas verärgert aus, aber irgendwie war es abgemildert ...nicht mehr so kalt... "Was erwartest du von mir? Das ich dir jetzt meine "wahren Gefühle" offenbare, nachdem ich dich geküsst habe? Das vergiss mal ganz schnell wieder! Ich habe das ganz bestimmt nicht getan, weil ich dich so sehr mag! Das war nur, um dir zu zeigen, dass du dich irrst! Ich bin nähmlich nicht so ein guter Kerl, wie du dir das vorstellst! Du bist wirklich naiv Jorden! Naiv genug, um mir blind zu vertrauen, obwohl du mich doch abgrund tief hassen müsstest!", schrie er mich an und machte so ein angewiedertes Gesicht. War ich es, der ihn anwiederte, oder...war es etwas ganz anderes...nein...er kämpfte...mit sich selbst. Wie furchtbar...so ein trauriges Gesicht...so viel Angst und Einsamkeit... Das machte auch mich traurig, ich musste weinen. Diese Tränen waren nicht auf zuhalten. Wieso musste er nur mit aller Kraft beweisen was für ein schrecklicher Mensch er war. "Jorden...was...", entkam es ihm entrückt, als würde ihn das total aus der Bahn werfen. "Darf ich das denn nicht? Darf ich dir denn nicht vertrauen? Soll mich das hier etwa einschüchtern?!", ich presste die Lippen zusammen. "Wenn du so schlimm wärest wie du tust dann...dann hättest du nicht gesagt, dass es unwichtig ist,... dass du erregt bist!" Ganz sicher! Benjamin schaute entrückt und seufzte schließlich. Er entfernte sich von mir und ließ sich neben mir fallen. Eine Hand bedeckte seine Augen. "Ich verstehe dich einfach nicht...", sagte er seufzend. "Dann sind wir ja quitt...ich versteh dich nähmlich auch nicht...", erwiederte ich und wischte mir dir Tränen aus dem Gesicht. "Okay...", murmelte er. Wir trockneten uns ab,zogen unsere Schlafsachen an und beschlossen schlafen zu gehen. Das hatte uns sehr viel Energie gekostet. Zwar war noch nichts wirklich geklärt, aber ich hatte das Gefühl ihm ein kleines Stück näher gekommen zu sein. Ich durfte sogar ohne Murren in seinen Armen einschlafen. Wahrscheinlich war er zu erschöpft, zum meckern. Auch wenn es verrückt klang... fühlte ich mich... geborgen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)