Die Ferne des Himmels von Midnight (Zurück auf los) ================================================================================ Kapitel 17: Planänderung ------------------------ . . . Billy staunte nicht schlecht, als ich ihm von meinem Ferienabenteuer mit Jorden erzählte und sah mich an wie eine Kuh die auf dem Eis ausrutschte. Als traute er der Sache noch nicht ganz. "Was ehrlich? Dann hast du dir also wirklich ein Herz gefasst und bist zu ihm gegangen?" "Ja, habe ich. Und schau nicht so ungläubig!", nörgelte ich. Billy grinste, "Und? Was ist da noch so passiert? Ihr habt doch keine unanständigen Sachen gemacht..." Ich musste unaufhörlich zusammenzucken. Bei dem Gedanken musste ich an diesen Kuss denken. Für mich gehörte so etwas aber nicht wirklich zu den unanständigen Dingen, die man so anstellen konnte. Unanständig wäre doch eher wenn wir...nein, was dachte ich mir da nur zusammen...Außerdem konnte ich Billy ja wohl schlecht erzählen, das ich Jorden geküsst hatte und das mich das scheinbar auch noch anmachte. Dabei wollte ich ihn nur bestrafen. Für seine Naivität. Zumindest dachte ich das für einen winzigen Moment, bis ich die Kontrolle über mich verlor und mich für kurze Zeit in diesem Gefühl des Verlangens verlor. Und das aus gerechnet vor ihm! "Du zögerst ja, also ist da doch irgendwas gelaufen. Komm schon, sei nicht so schüchtern.", versuchte er mich zu tritzen. "Haben wir nicht! Für wen hälst du mich?!", erwiederte ich genervt. Billy kicherte. Was um drei Teufels Namen war denn jetzt so komisch? Da meldete sich wohl sein altbekanntes Lieblingshobby wieder... "Na ich halte dich für Benjamin. Tja und wenn du endlich mal ehrlich zu dir selbst wärst, würdest du dir eingestehen, das du mehr an Jorden hängst, als du zugeben magst.", erklärte er mir. Als Antwort grummelte ich vor mich hin. "So ein Unsinn!" Pah! Hatten wir das nicht bereits?... wenn überhaupt...nur ein ganz winziges bisschen. Das war gar nicht erwähnenswert. Oder? Billy kicherte wieder. "Jetzt hör schon auf so blöd rum zu lachen!", motzte ich. "Lass mich doch, du alte Meckertante." Meckertante?! "Wer ist hier eine Meckertante?" Billy ignorierte meinen kleinen Wutanfall und richtete seinen Blick hinter mich. "Oh, hallo Yui, lange nicht gesehen." Kaum hatte er den Satz zu ende gesprochen, machte ich mir schon Gedanken wie ich am besten von hier verschwinden konnte. Neben meiner Exfreundin, war sie die Person, die ich jetzt am wenigsten sehen wollte. Wenn ich sie sah, weckte das sofort meine Erinnerungen an diesen einen abend, den ich am liebsten vergessen wollte... Mir war bereits klar, dass sie sich mehr erwartete, aber das konnte ich ihr nicht geben. Das Schlimmste an der Sache war aber, dass ich mich Jorden gegenüber immer noch so schrecklich schuldig fühlte. Mal wieder. Das mürbte so unangenehm an meinem Stolz. Keine Minute später war sie an mir vorbeigelaufen und stand nun neben Billy.Sie stimmte ihm zu. Ihr Blick, ging an ihm vorbei zu mir. So etwas hatte ich bereits befürchtet. Konnte sie nicht wo anders hinsehen? Am besten, ich beachtete sie einfach nicht. Also beschloss ich weiter an meinem Chappuchino zu nippen und in eine andere Richtung zu schauen. "Willst du dich nicht zu uns setzen, wo du schon mal hier bist?", meinte Billy. Nicht das auch noch! "Ach, und beachte Benjamins stillschweigenden Protest einfach nicht, der hat nur ein bisschen schlechte Laune.", meinte er. Wahrlich, so jemanden nannte ich meinen besten Kumpel! Ich brummte zurück. "Ja, mal ehrlich Benjamin. Du könntest wenigstens so höflich sein, mal hallo zu sagen.", meinte eine Stimme zu meiner Linken, die ich erst nach kurzer Überlegung zuordnen konnte. Zwar kannte ich sie, aber ich hatte sie schon lange nicht mehr gehört. Also wand mein Blick sich in die Richtung aus der sie kam. "Felix! Was machst du denn hier?", fragte ich erstaunt. "Oh und dein Wachhund ist auch da.", ergänzte ich spöttisch. Felix kicherte leise, wärend sein Wachhund, der übrigens sein fester Freund war und mit richtigen Namen Janek hies, mir ein kurz angebundenes, "Hallo.", bot. Ja wir konnten uns nicht leiden. Schon seid wir uns das erste Mal begegnet waren. Damals hatte ich Felix wegen seiner Anhänglichkeit zu Janek oft ausgelacht und ihn als Baby beschimpft, weil er nichts ohne ihn machte, oder auf die Reihe bekam. Außerdem war er so ungeschickt, dass er ständig stolperte, selbst über die kleinsten Hindernisse und fiel andauernd hin. Manchmal schubste ich ihn auch absichtlich, weil ich das so lustig fand. Janek spielte sich immer als sein großer Aufpasser auf und wir prügelten uns andauernd. Irgendwie war mir schon damals klar, dass er ein bisschen zu sehr auf den jüngeren aufpasste und kaum waren sie älter, waren sie zusammen...damals wusste ich noch nicht, dass ihre Anhänglichkeit an einander und Felix Ungeschicklichkeit durchaus einen plausieblen Grund hatten. Das hatte jedoch weniger mit ihren Gefühlen für einander, als mehr mit etwas ganz anderem zu tun. Felix, der vier Jahre jünger war als sein Wachhund, tastete sich mit seinem Blindenstock zu einem der freien Plätze an den Tisch. Felix war nähmlich so gut wie blind. Dies hatte er einer Augenkrankheit zu verdanken. Diese war auch der Grund für seine Ungeschicklichkeit, die er mitlerweile aber sehr gut überwunden hatte. Manchmal vermittelte er einem das Gefühl, dass er gar nicht blind war. "Dürfen wir uns setzen?" "Aber klar doch. Je mehr Leute desto besser!", erwiederte mein bester guten Mutes. "Danke, dass ist sehr nett, Billy.", antwortete Felix. "Klar, ich bin immer nett.", grinste er. Schleimer! Von wegen! "Ah, wo bleiben denn meine Manieren. Wenn ihr schon da seid, kann ich euch ja auch eine Mitschülerin von uns vorstellen. Yui, komm doch mal her.", rief er sie zu sich. Yui, die sich mir gegenüber gesetzt hatte, tat was er sagte und kam einmal rum. "Yui, das ist Felix, Felix das ist Yui.", sie gaben sich die Hand. Das war manchmal schon ein bisschen riskant, da er an dem Händedruck eines Menschen erkennen konnte wie es einem gerade ging. Er war zwar fast blind, hatte dafür aber seine anderen Sinne extrem geschäft. Dabei wand sich mein Gesicht automatisch leicht in ihre Richtung. In Felix Gesicht war tatsächlich eine kleine Regung abzulesen. So als entdeckte er etwas, was allen Anderen verborgen blieb. Doch diese kleine Regung verflog auch gleich wieder und wich einem, "Schön dich kennen zu lernen Yui. Mein Freund hier heißt übrigens Yanek. Der ist auch nicht immer der Gesprächigste. Fast wie Benji.", kicherte er. Doch nicht herrablassend. "Vergleich mich nicht mit dem Idiot da!", meckerte Yanek. Ich knurrte. "Felix, könntest du bitte deinen Wachhund zurückpfeifen, er jault mir zu viel!", konterte ich genervt Billy stellte sich zwischen uns, als wir schon fast auf einander losgehen wollten. "Hey, jetzt mal ganz ruhig, beruhigt euch mal wieder! Wir sind hier in meinem Lieblingskaffee, ich habe keine Lust hier rausgeschmissen zu werden!", belehrte er uns. Wir erstachen uns noch einmal mit unseren Blicken, knurrten uns noch einmal an und wichen unseren Blicken dann aus. Dann setzten wir uns jeweils auf einen Platz. Yanek streckte seine Hand nach Felix aus und zog ihn auf seinen Schoß. "Yanek!", stieß Felix empor, als genierte er sich etwas davor. Ganz schön besitz ergreifend der liebe Yanek...als ob hier jemand wäre, der sich seinen Typen krallen würde... "Darf ich...euch mal eine Frage stellen?", fragte Yui und sah dabei ebenfalls ein bisschen geniert aus. Sie war leicht rot im Gesicht. "Hm? Meinst du uns?", wollte Felix wissen, weil er ja nicht sehen konnte in welche Richtung sie schaute. "Ja." "Klar." "Kann es sein das...ihr zusammen seid, oder so?", haarscharf erkannt und ja sehr offensichtlich, so wie Yanek an Felix klebte. Der knurrte ja bereits wenn man seinen Freund nur komisch anschaute. Im Gegensatz zu eben genierte er sich jetzt kein bisschen, sondern lächelte sehr glücklich. Jetzt hatten sie auch Billys volle Aufmerksamkeit. Welch ein Segen, dass er sich mit seinen Kommentaren zurückhielt. Zumindest noch. "Ja, sind wir! Und es ist einfach toll.", erklärte er ihr freudestrahlend. In Janeks Gesicht machte sich etwas wie Überraschung breit und er drückte seine Hand fester. Felix streichelte sanft über die Hand seines Freundes. Yui hingegen schien nicht sehr glücklich darüber. Was hatte sie denn nur? Auch Felix, der ihre Reaktion darüber ja gar nicht sehen konnte bemerkte, wie ihre Stimmung kippte. "Aber du scheinst nicht sehr glücklich zu sein." Für einen kurzen Moment reagierte Yui mit Entgleisung im Gesicht. Sicher verstand sie nicht wieso Felix das so schnell merkte. "Ich...nein es geht mir gut.", murmelte sie leise in sich hinein. Lügnerin...so wie es aussah...war sie einfach nur schwer Enttäuscht. Nur aus welchem Grund wollte sich mir nicht erschließen. Vielleicht sollte ich Billy ja nachher fragen, der hatte ja meistens für fast alles eine passende Erklärung. "Ist schon gut, du musst nichts sagen.",sagte er mit seiner sanften Stimme und lächelte sie einfach nur bestätigend an. Yui wurde leicht rot. Ich schätzte vor Überraschung. Dann nickte sie einfach. Komisches Mädchen. "Felix ist echt ein super Typ was? Viel netter als Benjamin oder Yanek. Was für eine Verschwendung.", lachte Billy. Idiot! Völlig synchron, drehten wir uns in seine Richtung, "Wie oft denn noch?! Vergleich mich nicht mit diesem Typen!", knurrten Yanek und ich um die Wette. Billy und Felix amüsierten sich darüber. Auch Yui machte Anzeichen eines kleinen Lächelns. Anschließend seufzte Billy. "Ist doch wahr. Die Guten verlieben sich eben immer in die Idioten. So ist der Lauf des Lebens und des Schicksals nun mal.", ergänzte Billy schulterzuckend, auch auf die Gefahr hin eine verpasst zu bekommen. So war er schon immer. Gerade herraus sagte er, was er dachte. Jedoch niemals im Bösen. Eine Ehrliche Haut...so etwas gab es nur selten. Aber ob es nun Schicksal war, oder einfach nur eiskalte Berechnung...tja wer wusste das schon. Da kam mir in den Sinn das ..."Schicksal"... im Grunde ein ziemlich grausames Wort war. Einfach, weil das Schicksal so unberechenbar war und immer und überall zuschlagen konnte ohne Rücksicht auf Verluste... Felix schüttelte den Kopf und lächelte wieder. "Stimmt, Yanek schlägt wirklich manchmal über die Stränge, aber er ist kein schlechter Mensch und Benjamin ist ganz bestimmt auch kein schlechter Mensch. Ist doch so.", erklärte er wissend, was auch Yui zu interessieren schien. So wie fast alles was mit mir zu tun hatte. Das erinnerte mich ein Gespräch mit Jorden letztens. "Hmm kann schon sein. Benjamin scheint in letzter Zeit wirklich so etwas wie eine weiche Seite zu entwickeln.", lachte Billy . Während Yanek nur ungläubig in meine Richtung starrte, fühlte Felix sich da in seiner Vermutung wohl ziemlich bestätigt. "Das ich nicht lache. Der hat doch nur Idiotische Seiten!", meldete sich Yanek zu Wort. Kaum das Felix das Wort ergreifen konnte, funkte Yui ihm dazuwischen. "Nein...nein das stimmt nicht! Benjamin hat auch gute Seiten! " Yanek knurrte zur Antwort. "Typisch Mädchen! Wer kann dem tollen Benjamin schon wiederstehen! Gib es doch zu, du stehst doch voll auf ihn. Du bist schon die ganze Zeit so komisch und das liegt bestimmt nicht an Felix, oder an mir und auch nicht an Billy...", er machte eine abschätzige Handbewegung in ihre Richtung. Das war das erste Mal das ich Yui so wütend sah. "Yanek!", ermahnte Felix seinen Freund, was aber auch nicht mehr half. Yui stand bereits wutentbrand vor Yanek und gab ihm eine gehörige Backpfeife. Aua, dass dampfte bestimmt ordentlich. "Arsch! Was weißt du schon von mir oder von den Gefühlen eines Mädchens oder von Benjamins guten Seiten!? Hast du schon mal daran gedacht, dass sich Menschen auch ändern können?! Also spiel dich nicht auf, als wüsstest du alles!", schrie sie ihn an und machte auf dem Absatz kehrt, direkt in Richtung Tür. Ich konnte es mir auch einbilden, aber ich war der Meinung, dass sie noch kurz zu mir zurückschaute...verletzt...dann schloss sich die Tür. Felix, der mitlerweile auf den Platz neben seinen Freund gerutscht war schaute direkt in die Richtung in die Yui floh. "Yanek! Das hätte wirklich nicht sein müssen!", strafte er seinen Freund. "Du solltest dich sobald wie möglich bei ihr entschuldigen!", "Von mir aus!", knurrte Yanek verärgert und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. "Wow! Das Mädchen ist wirklich stark.", schmiss Billy in die Runde. "Stimmt und ich glaube ihre Reaktion hatte tatsächlich etwas mit ihren wahren Gefühlen zu tun.", merkte Felix an und leider wusste ich auch, dass das der Wirklichkeit entsprechen musste. Wieso hätte sie sonst so reagieren sollen und...sie war immerhin ein Mädchen... "Das lässt nur eine Schlussfolgerung zu.", meinte Billy und Felix nickte. "Das ist alles deine Schuld Benjamin!", betonten beide im Duet. Wtf!? Und dazu gab ausgerechnet Yanek noch sein überlegenstes Grinsen zum Besten. Dabei war er doch schuld daran! "Bitte was? Yanek war doch hier der Idiot!", motzte ich gegen an. "Benji, Benji, wenn es um Gefühle geht ist dir wirklich nicht mehr zu helfen...", meinte Billy. "Ja. Yanek hat Mist gebaut, dass ist nicht mehr zu leugnen aber...Dieses Mädchen hat dich wie eine Löwin verteidigt!", ergänzte Felix. "Und das obwohl du das gar nicht verdienst, so untätig wie du dagestanden hast, als sie beleidigt wurde... ", fügte Billy hinzu. "So wie sie ausgesehen hat, hat sie ganz bestimmt gehofft, dass du in irgendeiner Form tätig wirst..." "Was? Sagt mal gehts noch? Ich bin doch nicht ihr Babysitter!", murrte ich wütend. "Was sie tut ist doch wohl ganz allein ihre Sache!" Felix lächelte mild. "Ja schon...aber weißt du wie das ist, wenn man verliebt ist und alles für den anderen geben würde...diese Gefühle aber nicht erwiedert werden? Obwohl sie das ganz bestimmt weiß, hat sie dich verteidigt und war zutiefst verletzt, als du ihr nicht geholfen hast." "Darum ist es auch an dir dich bei ihr zu entschuldigen! Also lauf ihr gefälligst nach und hol sie zurück!", forderte Billy mich mit Nachdruck auf. Ich knurrte verärgert, weil ich es hasste mich zu entschuldigen. Vor allem bei Menschen die ich nicht sonderlich mochte...Trotztdem schafften es die Beiden mir jetzt auch noch Yui gegenüber ein schlechtes Gewissen zu verkaufen. Das war doch der reinste Wahnsinn! Die Sache mit Jorden genügte mir voll und ganz! Also zögerte ich störrisch. Nun war es allerdings an Yanek, der sich bis eben aus dem Gespräch rausgehalten hatte, aus seiner untätigen und äußerst desinteressierten Starre zu erwachen. Kaum das ich mich versah war er aufgestanden und zerrte er mich an meinem Jackenkrangen zur Tür. "Janek du Idiot! Was soll die Scheiße!?Lass mich gefälligst los!", fauchte ich und befreite mich. So langsam aber sicher bemerkte ich, wie unsere kleine Runde doch einen ziemlichen Aufruhr verursachte. Überall tuschelte es. Manchmal hasste ich Menschen! Yanek schubste mich vor die Tür. "Benjamin! Ich kann dich wirklich überhaupt nicht leiden!", verkündete er mit verschränkten Armen vor der Brust und einem verärgerten Gesicht. "Du bist nämlich der größte Idiot, dem ich je begegnet bin!", mit jedem Wort wurde er aufbrausender, bis er sich langsam wieder beruhigte."Trotzdem...scheinen Felix und Billy dich irgendwie zu mögen...was ich nicht nachvollziehen kann! Allerdings haben sie recht! Auch wenn du ihre Gefühle nicht erwiederst, hättest du eingreifen müssen...also bleibt dir nur die Option dich zu entschuldigen...und ich ...werde es auch tun. So etwas gemeines hätte ich nicht sagen dürfen...", offenbarte er mir so ehrlich, dass ich schlucken musste. So wenig ich das auch glauben wollte,...aber der Typ hatte wohl doch so etwas wie eine gute Seite. Sicher würde ich ihn nie aufrichtig leiden können, aber ein schlechter Mensch war er in keinem Fall. Das musste ich mir eingestehen. Und was war ich für ein Mensch? Ein unsympatischer Idiot, würde Billy antworten... Schließlich begaben wir uns beide auf die Suche nach Yui. So weit konnte sie ja noch nicht gekommen sein. Viel Zeit war noch nicht vergangen. Eine halbe Stunde suchten wir die Umgebung ab und fast verlor ich schon die Lust, als wir sie fanden. Auf einem Spielplatz. Sie saß auf einer Schaukel und starrte auf ihre Füße. Ein leichter Wind wehte durch ihre bunten Haare. "Yui!", rief ich ihr zu. Sobald sie meine Stimme hörte drehte sie ihren Kopf in meine Richtung. Dann widmete sie sich wieder ihren Füßen. Scheinbar waren ihe Füße doch interessanter als ich. So blieb uns nur die eine Möglichkeit auf sie zu zugehen. "Yui..", begann ich wieder. Noch eine gefühlte Ewigkeit schwieg sie, bis sie uns Missmutig anschaute. Außerdem sah es so aus, als hätte sie eben noch geweint. "Was wollt ihr noch?!" Yanek war der Erste, der seinen ganzen Mut zusammen nahm."Naja...Ich wollte mich entschuldigen...Ich habe etwas ziemlich blödes gesagt, das hätte ich nicht tun dürfen. Schließlich habe ich wirklich keine Ahnung von deinen Gefühlen. Also...Entschuldigung Yui!", meint er und schaut ihr dabei in ihr Gesicht. So dass es gar keinen Grund mehr geben dürfte seinen Worten keinen Glauben zu schenken. Nur...wie sah es mit mir aus? Ich war noch nie ein sonderlich reuemütiger Mensch. Dennoch musste ich mich entschuldigen. "Mir tut es auch leid...du hast dich für mich eingesetzt und ...ich habe gar nichts getan...Ich hätte Yanek Einhalt gebieten müssen." Mein Stolz knackste mit jedem Wort... Yui seufzte tief, als traute sie meinem Worten noch nicht ganz, lenkte aber ein. "Schon gut...ich hätte auch nicht so austicken müssen. Aber ich war einfach so wütend...", meinte sie und starrte in den fernen Himmel. Er war wolkenverhangen. Als beschwörte er etwas hinauf... Ich sah zu Yanek und dieser zuckte mit den Schultern, dann schaute er auf seine Uhr. "Ich sollte langsam zurückgehen, Felix macht sich bestimmt schon gedanken wo ich bleibe und du solltest dich auch bei Billy melden.", ich nickte. "Geh nur...könntest du Billy ausrichten, dass ich nach Hause gegangen bin?" "Klar. Also dann machs gut Yui, vielleicht sehen wir uns mal wieder.", noch einen kurzen Blick tauschten sie einander aus, dann verschwand er. Yui und ich blieben allein zurück. Schweigen umhüllte uns. "Du hast geweint oder?", unterbrach ich die hereinbrechende Stille. Ich hasste es mit jemandem so da zu stehen, wenn man sich nichts zu sagen hatte. Yui schüttelte entschieden den Kopf. "Hab ich nicht!", wehrte sie ab. Ihr war anzusehen dass sie log, da die Spuren in ihrem Gesicht unübersehbar waren. "Und selbst wenn! Das kann dir doch egal sein. Du interessierst dich doch gar nicht wirklich für mich!", schnauzte sie mich an. Sie hatte Recht. Ich interessierte mich wirklich nicht für sie und tat das Alles hier auch nur weil Billy mir das sonst noch ewig vorgehalten hätte. Alles könnte so einfach sein, wenn ich Billys Vorhaltungen ignurierte und mich nicht weiter damit beschäftigte. Mein Weg sollte mich einfach nach Hause führen. Zurück in meine kleine Welt, in der nur ich existierte und alles andere ausblendete. So wie früher...so wie...bevor Jorden wieder in meine Leben getreten war... Yui rieb sich nervös am Unterarm. "Benjamin...hast du eine Ahnung, wie unfassbar grausam du bist?", wollte sie von mir wissen und ich wusste die Antwort nur zu genau. "Ja.", sagte ich gerade heraus. Ich war ein grausamer Mensch. Schon immer. Das änderte aber nichts an meinen Gefühlen. Das wusste auch Yui nur zu gut. Sie sah mich mit einer Mischung aus Wut und Entäuschung an. Etwas sagte mir, dass sie sich mit dieser Gewissheit nicht zufrieden geben wollte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Für einen Augenblick presste sie auch ihre Lippen fest auf einander. Dann lächelte sie bitter und sah wieder in den Himmel. "Fast so wie der Himmel...", murmelte sie. "Der ist auch grausam und unerreichbar, obwohl er so nah erscheint...", das waren ihre letzten Worte, bevor sie mich noch einmal traurig, kühl...und verbittert ansah...Dann trennten sich unsere Wege. Irgendwie apruppt...und seltsam. Kaum das ich mich versah...hatte ich das Befürfnis ihn...zu sehen. War da etwa schon wieder dieses Schuldgefühl...? Eigenartig...alles um mich herum ergab immer weniger Sinn. * "Benjamin, was ist denn los? Wieso hast du es so eilig? Wir wollten uns doch erst morgen Mittag treffen. ", wollte Jorden wissen, den ich von seinem Training abholte und mit sammt seinen Sachen eilig vor mir her schob. "Weil ich beschlossen habe eine kurzfristige Planänderung vor zu nehmen." Ausnahmsweise mal ohne ihn zu fragen. Milan war gerade wieder dabei gewesen ihn voll zuquatschen, was mir ja tierisch gegen den Strich ging. Ständig diese Lobpreisungen wie toll und ...süß er doch sei. Verdammter Schleimer! Ich konnte ihn mit jedem Mal, den ich ihn sehen musste weniger leiden! Blöd geguckt hatte er, als ich ihm Jorden einfach entführte. Sogar geschimpft hatte er, das Training sei noch nicht ganz vorbei. Zu schade für ihn, dass er uns deshalb nicht folgen konnte, weil er sich ja noch den Anderen widmen musste. Für meine kleine Planänderung war ich sogar bereit Wills Gemecker in Kauf zu nehmen. "Einfach so?", erwiederte er. Auf halber Strecke hielt ich an. Beugte mich zu seinem Ohr. "Soll das heißen...du willst heute Abend lieber allein zu Hause gammeln?", Jorden drehte seinen Kopf leicht in meine Richtung, ein bisschen rot, was mir sehr impiniert. Mich innerlich siegessicher zum Grinsen brachte, "Aber nein...Milan hat angeboten zu kommen...", begann er und ich konnte nur leise vor mich hinbrummen. Diese Obtion gefiel mir gar nicht. "Brumm nicht so. Milan ist echt ein netter Kerl. ", versuchte er mir weiß zu machen. Na dass ich nicht lachte. Was der wirklich wollte war doch längst klar...! "Lass mich doch...so bin ich eben...", grummelte ich. "Meinst du dein Bruder ist einverstanden, wenn du schon heute zu mir kommst? Heute ist doch wieder Freitag.", schlug ich für meine Verhältnisse fast ein wenig hastig, ja ungeduldig vor. Was war nur aus mir geworden...? Früher wäre mir so etwas nie in den Sinn gekommen. Ganz langsam bemerkte sogar ich, wie sich tief in mir etwas bewegte, was noch vor gar nicht alt so langer Zeit kalt, starr...ja unbeweglich war. Ich wollte ihn nicht mögen, wollte ihn ablehnen, ihn von mir fernhalten...jetzt konnte ich es nicht mal mehr ertragen, wenn er sich mit anderen abgab, wenn er jemand anderem sein Lächeln und seine unerschütterliche Zuversicht schenkte...all die Dinge...die ich doch am liebsten zerstören wollte... In meiner Zerstörungswut erkannte ich erst gar nicht, dass ich das nur aus einem Grund wollte...damit es wieder so war wie früher...denn ein Teil in mir konnte nicht aus dieser Haut. "Ich denke schon...", murmelte er kaum hörbar, als sei er sich gar nicht so sicher, ob er wirklich mitkommen wollte. "Oder willst du nicht?", entgegnete ich innerlich murrend, wärend ich ihn bereits weiterschob, die Wohnung seines Bruders ansteuernd. "Hm? Doch, natürlich möchte ich. Ich freue mich schon.", erwiederte er. Allerdings nicht sehr überzeugend. Fest presste ich die Lippen auf einander, ehe ich sie wieder löste. "Und wo ist dann das Problem? Du wirkst irgendwie so gar nicht überzeugend." Normalerweise strahlte er doch über das ganze Gesicht, wenn ich ihn mit meiner Anwesenheit beglückte. Heute hatte er mir noch kein einziges Mal eines seiner strahlenden Lächeln gezeigt. Von meiner Position aus sah ich, wie er nervös seine Hände knetete. Was hatte es damit auf sich? Für Jorden war das eher untypisch. Er brauchte einen Moment, bis er dann doch seine Stimme wiederfand. "Doch! Ich freue mich wirklich! Aber...irgendwie bin ich auch nervös! Weißt du, seid letztens...geht mir da etwas nicht mehr aus dem Kopf!", plapperte er plötzlich wieder lauter. Nun benötigte auch ich einen Moment um zu überlegen was das sein konnte, was ihm solches Kopfzerbrechen bereitete. Da fiel mir ein, dass es nur eine Sache gab, die ihn so sehr beschäftigen konnte. Diese eine Sache von der ich zunächst angenommen hatte, dass er sie ganz gut weggesteckt hatte. Jedenfalls machte er keinen eingeschüchterten oder unsicheren Eindruck auf mich nachdem das geschehen war. Jorden erschien mir immer als ziemlich soliede... Vielleicht hatte es sich ja doch viel mehr in seine Gedanken gebrannt, als ich zunächst dachte. Bei mir hausierte dieser Gedanke allerdings auch in jeder Ecke meines Gehirns...und wollte sich aufs gerate Wohl nicht fort bewegen, sondern bleiben. Wollte mir immer wieder dieses Gefühl der Lust einbläuen, die mich spontan überkommen war, als ich ihn küsste. Der Kontrollverlust...der mir aufzeigte was für ein primitiver, einfach gestrickter Mensch ich doch war. Was aber noch viel extremer war, war nicht einfach nur mein primitiver, menschlicher Instink, sondern die Tränen, die er wegen mir weinte...und die Frage, ob er mir nicht vertrauen dürfe. Die Antwort lautete, das ich es selbst nicht mehr wusste...zumal ich so oder so nie verstanden hatte, warum er sich mir annäherte...in allen erdenklichen Weisen... "Beschäftig es dich so sehr?", gab ich mit monotoner Stimme wieder. "Ja, natürlich beschäftigt es mich! Ich kann an nichts anderes mehr denken!" Mir kam der Gedanke, dass mich das beunruhigen sollte, aber viel mehr beunruhigte es mich, das es gerade das nicht tat...oder so ähnlich...denn in Wahrheit...wollte ich es doch. Ich wollte, dass er darüber nachdachte, dass er an mich dachte. "Was würdest du denn tun wenn...?", er hielt inne. "Was würde ich tun wenn...was?", fragte ich entgegen. Er schüttelte den Kopf. "Nichts weiter...vergiss es einfach!", forderte er. An was hatte er nur gedacht? Warum wollte ich es nur so gerne wissen? Verdammt! "Jetzt sag schon!" "Nein! Ich will nicht!", beharrte er. Wie nervig! Wieso konnte er nicht einfach mit der Sprache rausrücken, wenn er schon damit anfing!? Alles Nachharken brachte rein gar nichts und schließlich kamen wir bei ihm zu Hause an, wo sein Bruder bereits in der Tür stand. "Will! Du bist ja da!", strahlte er sofort wieder. "Jorden...Ja bin ich. Aber sag mal, hast du nicht eigentlich noch Training?", fragte er ihn, wärend er das Objekt allen Übels böse anstarrte. Mich. Ich hob einfach nur die Hand zum Gruß. Will schob die Tür weiter auf und wir traten ein. Das war bereits das zweite Mal, das ich diese kleine Wohnung betrat. Viel verändert hatte sich nichts. "Ja, eigentlich schon...", murmelte Jorden. Will hob nachdenklich eine Augenbraue. "Lass mich raten...und dann kam Benjamin und riss dich einfach mit sich." Eines musste man Will lassen, gut raten konnte er durchaus. Jorden sagte nichts dazu, sondern rollte bereits in die Richtung seines Zimmers, ohne Will zu fragen, ob es denn in Ordnung sei, schon heute bei mir zu übernachten. Will schien es schon zu ahnen und stand an die Wand gelehnt und starrte mich missmutig an. "Wenn du schon hier bist nehme ich an, dass er bereits heute bei dir übernachten soll?", ich nickte. Warum sonst hätte ich mich auch in feindliches Gebiet begeben? Verstohlen grinste ich. "Natürlich nur, wenn das für den großen Bruder in Ordnung ist.", gab ich überlegen wieder. Will schnaufte verächtlich. Vermutlich weil er wusste, dass jede Gegenwehr zwecklos war und so lange sein kleiner Bruder glücklich war, würde er es wohl oder übel zulassen. "Ich nehme das als stummes "ja" an.", antwortete ich auf seine stummen Gesten. Jorden kam mit einer kleinen Reisetasche aus seinem Zimmer. "Will, das ist doch in Ordnung oder? Ich meine, wenn ich schon heute...", strahlte er, entgegen seiner eher nachdenklichen Stimmung von vorhin, glücklich vor sich hin und wurde in seinem Redeschwall von seinem Bruder unterbrochen. Dieser legte ihm eine ruhige Hand auf den Kopf und streichelte diesen. "Was soll ich dazu sagen...Wenn du das unbedingt willst, kann ich es wohl nicht verhindern. Tja und arbeiten muss ich heute Abend so wieso wieder...dann bist du wenigstens nicht allein...", meinte das Arbeitstier, das im Übrigen ziemlich müde aussah. "Oh, danke! Aber...ruh dich ein bisschen aus bevor du wieder losgehst ja? Du hast in den letzen Tagen sehr wenig geschlafen.", erkannte auch Jorden. Will nickte. Meinem Gefühl nach tat er das nur, um ihn zu beruhigen. Ich konnte es mir schon vorstellen, wie es in seinem Gehirn ratterte und klickte. Ständig in irgendeiner Form von Hochspannung. Von einem Job zum Nächsten und zwischendurch der Liebevolle Bruder. Das war Will. Es war doch immer wieder erstaunlich, was für ein ruhiger Mensch er trotz allem war. "Tu das auch wirklich ja?", harkte Jorden noch einmal nach. "Ja, werde ich.", versicherte ihm Will noch ein mal und warf mir noch ein mal einen missbilligen Blick zu, bevor er uns verabschiedete. Wir begaben uns auf den Heimweg zu mir und kauften wie gewohnt unterwegs ein. Jorden freute sich bereits auf das Abendessen. Lassange, die er mit mir zusammen selber machen wollte und Obst zum Nachtisch. "Ich hab schon ordentlich Kohldampf!", meldete er sich, "Schon der Gedanke daran macht mir hunger." Ich konnte nur mit den Schultern zucken. Mein Hungergefühl hielt sich in Grenzen. Daran hatte sich nicht viel geändert. Es würde sein wie immer. Wir kochten zusammen, Jorden strahlte dabei glücklich vor sich hin und aß mit Genus, das Essen das wir zusammen zubereiteten. Ich hingegen blieb überwiegend stumm und aß nur wenige Happen. Es schmeckte nicht schlecht. Trotzdem wollte sich der Hunger und auch der Appetit nicht so wirklich einstellen. Jorden schaute etwas besorgt zu mir rüber. "Schmeckt es dir nicht? Du isst ja kaum was." "Doch, es schmeckt schon...aber ich habe keinen Appetit...", antwortete ich. "Wie schade, dabei ist die Lassange so gut geworden. Dann lass uns den Rest doch für morgen aufheben. Ist ja noch genug da. Will sagt immer, Essen sei zu schade zum wegschmeißen. Ich finde damit hat er auch recht.", meinte er schmollend. Na da hatte sein Bruder ja wieder mal große Worte von sich gegeben. Ich nickte stumm und fing mit dem Abräumen an, als wir fertig waren. Die Lassange stellte ich abgedeckt in die Microwelle. Jorden wartete, bis ich abwusch und nahm dann das nasse Geschirr entgegen. Leider war die Spühle zu hoch für Jorden und nicht unterfahrbar. Das war ziemlich unpraktisch. Trotzdem half er wo er konnte. Plötzlich polterte es. "Verdammt!", fluchte Jorden. Erschrocken schaute ich auf den Boden neben mir, wo der zerdeperte Teller lag. Mom würde jetzt laut, verärgert schreien, wenn sie das sehen würde und wenn wir den Schaden schnell verschwinden ließen, würde sie es hoffentlich nie bemerken. Sie hatte so viel unwichtiges Zeug und eindeutig zu viel Geld. So einen Teller würde sie schon verkraften, dachte ich. "Tut mir Leid, war keine Absicht.", beteuerte Jorden. "Schon gut. Ist doch nur ein Teller. Ich fege die Scherben schnell auf.", antwortetete ich ruhig und schnappte mir Handfeger und Schaufel. Ich bemerkte wie Jorden jeder meiner Bewegungen folgte. In solchen Situationen konnte man ihm ansehen wie hilflos er sich manchmal fühlte. "Eigentlich hätte ich die Scherben auffegen müssen...", murmelte er. Ich ließ die Scherben in den Mülleimer fallen und sah dann aus meiner Hockstellung zu ihm auf. " "Eigentlich"- ist kein Wort.", bemerkte ich knapp und rieb mir den Hinterkopf. "Was?" "Vergiss es...mach dir einfach nicht zu viele Gedanken. Du kannst rein gar nichts dafür. Was bringt es dir schon dir den Kopf darüber zu zerbrechen. Gar nichts." Ich erhob mich wieder und schob den Mülleimer mit meinem Fuß in seine Ecke zurück. Jorden wirkte auch nach meiner kleinen Ansprache nicht gerade glücklicher. "Hey, jetzt lächel mal wieder. Es ist seltsam, wenn du so bedrückt guckst.", erklärte ich ihm. Das war wirklich seltsam. Auch wenn es mich erst total auf die Palme brachte, dass er dauernd so vor sich hinstrahlte, so machte es mich jetzt halb wahnsinnig, wenn er es nicht tat. Erst schaute er mich verdutzt an, dann bließ er seine rosigen Wangen auf und schaute mich mit verschränkten Armen vor der Brust und eingeschnappt an. "Na und? Ich bin eben auch mal bedrückt. Schließlich bin ich nur ein Mensch. So wie du auch. Du solltest übrigens auch mal mehr lächeln. Täte dir bestimmt mal gut! Deine Gesichtsmuskelatur ist bestimmt schon total eingerostet.", argumentierte er erstaunlich scharf. So Spitzzüngig kannte ich ihn gar nicht. So etwas würde sonst eher zu Billy passen, oder zu Yanek. Nicht mal Will argumentierte so. Der war da eher von der Wortkargen Sorte. Trotzdem...hatte er recht...mit allem... Ich seufzte kurz, dann ergab ich ihm auch schon. Gegen seine Stärke war ich einfach machtlos und... Mir war nicht nach wilden Diskusionen. Ich wuschelte ihm kurz durch seine hellen, weichen Haare und drückte ihm dann einen weiteren Teller in die Hand. "Lass uns weiter machen. Sonst werden wir nie fertig." Noch bevor ich meinen Satz beendete wurden seine Gesichtszüge wieder weicher und erhellten sich. Brav nahm er den Teller entgegen und trocknete weiter ab, bis wir mit allem fertig waren und ich die Sachen wieder an ihren Platz stellte, die höher lagen und er die, die niedriger lagen. "Sollte dein Schweigen bedeuten, dass du mir recht gibst?", wollte er plötzlich wissen, als ich ihn schon aus Gewohnheit fest an mich drückend die Treppe rauf in mein Zimmer trug. In einer Hand hielt er einen Apfel, den er oben noch essen wollte. "Was denkst du denn was es bedeutet?" "Milan meinte mal, das ein Schweigen oft ein stilles Einverständnis ist...ah...", sein Satz wurde unterbrechen, als ich ihn etwas unsanft auf mein Bett fallen ließ, weil mich der Name Milan in seinen Worten so ärgerte. Auch mein Gesicht entgleiste sicher leicht. Meine Hände, die rechts und links neben seinem Kopf lagen und entlang meiner Arme meinen Oberkörper über ihm hielten, drückten meine Fingerspitzen leicht in die Matratze. Wieso benutzte er die Floskeln eines Anderen? Von Milan...ausgerechnet die von ihm!? Die brauchte er doch gar nicht...nein, nicht Jorden... "Benjamin?" "Ich meinte, was meinst DU was es bedeutet." Er schaute überrascht zu mir hoch und lächelte dann auf seine Jorden-typische Art. Viel zu vereinnahmend und hell... "So wie du geguckt hast, hast du bestimmt nicht mit so einer Antwort gerechnet..", meinte er. "Und so...wie du eben reagiert hast...warst du bestimmt sauer...", erfasste er leise. Auch wenn mein Kopf mir da noch nicht so ganz grünes Licht geben wollte, so musste ich es zugeben. Ich hatte es mir ja längst eingestanden, dass es mich ärgerte...wenn er andere anlächelte...oder nur deren Namen in einem Satz erwähnte.... Eine Weile lang sah ich ihn einfach nur an und sah, wie er vermehrt rot wurde und sein Gesicht abwenden wollte. Er fing an, an seinen hübschen Lippen zu knabbern. Er würde sie noch blutig knabbern...und wieso wand er sein Gesicht ab. Schämte er sich? Musste er sich denn vor mir schämen? Dieser Junge raubte mir jeglichen Verstand, jegliche Nerven...die Beherrschung...einfach alles... "Sieh nicht weg...so hässlich bin ich auch nicht...", murmelte ich und schürzte leicht verärgert meine Lippen. Jorden schien diese Bemerkung seine Anspannung zu nehmen, denn plötzlich lächelte er wieder...so schrecklich süß, wie es nur Zuckerwatte sein konnte. Ein bitteres Gefühl... "Stimmt...so hässlich bist du wirklich nicht.", lachte er wie die Sonne, die alle Schatten vertrieb. Wie wehrlos ich doch war. So schrecklich wehrlos... "Benjamin..." Ich ließ mich dicht neben ihn auf die Matratze sinken und streichelte ihm die Haare aus dem Gesicht. "Sie sind ziemlich lang geworden.", bemerkte ich. Jorden nickte. "Ja schon...aber deine reichen auch schon bis zum Kinn.", murmelte er und hob seine Hand um an den langen Strähnen zu spielen. "Willst du sie wieder kürzen lassen?", fragte er leise. "Ja vielleicht..." Er verzog leicht das Gesicht. "Aber mach sie nicht zu kurz, das lange steht dir ziemlich gut!", bestimmte er. Mein Gesicht verfinsterte sich gespielt. "Soll das heißen, das ich vorher hässlich war?" Jorden grinste. "Das hast du jetzt gesagt." Dieser Kleine...wie er so grinste...als triumpfierte er...Meine Beherrschung...sakte auf den Tiefpunkt...Wie konnte mich ein Mensch, den ich noch bis vor kurzem so wenig leiden konnte, nur so weit treiben...? Mein Gesicht senkte sich herab. Ich musste ihn einfach küssen...ich wollte über ihn triumpfieren...ihm nicht die Oberhand behalten lassen... "Ben...hm...was tust du...",er schob mich weg und versperrte mir den Zugang zu seinen Lippen indem er seine Hände auf seinen Mund drückte. "Ich will dich küssen...", raunte ich dann gegen sein Ohr und biss ihm neckisch in sein Ohrläppchen. Er stöhnte leise auf und presste sich erschrocken wieder seine Hände auf seinen Mund. Die Röte in seinem Gesicht konnte er daruch aber nicht verbergen und ich meinen Urinstinkt nicht abschalten...ganz zu schweigen von meinem wild pochenden Herzen... Ich erinnerte mich an unseren letzten Kuss, den er schließlich zugelassen hatte...ich wollte ihn für seine Naivität betrafen. Zumindest dachte ich das... und als er mich schließlich auf meine Erregung hinwies tat ich es mit einer Ausrede ab. Mit einer ziemlich schlechten Ausrede. Er wurde wütend...weil ich ihm seinen ersten Kuss gestohlen hatte und eben wegen dieser schlechten Ausrede...trotzdem hatten wir uns wieder vertagen...und ich musste wissen was er wirklich darüber dachte... Ich seufzte leise und zog langsam seine Hände von seinem Mund. "War es so furchbar...als wir es das letzte mal getan haben?", stießen meine Lippen hervor. Jorden sah mich immer noch rot und mit mitlerweile zusammengepressten Lippen an. "Hast du eine Ahnung..." "Was für eine Ahnung?", erwiederte ich. Jorden zögerte einen Moment. Sein Ärger war deutlich in seiner Stimme abzulesen. "Ich habe es schon mal gesagt...du hast mir einfach so meinen ersten Kuss gestohlen, ohne mich zu fragen...und jetzt...tust du es schon wieder. Du fällst einfach über mich her...und willst mich küssen. Denk doch mal darüber nach, was mit meinen Gefühlen ist! Und ob mir das auch recht ist! Machst du dir überhaupt Gedanken über so etwas?", polterte er mir laut entgegen. Mein Blick musste ganz schön verdutzt gewesen sein. "Was schaust du so? Ist es so komisch auch mal zurückgewiesen zu werden?!"presste er wütend zwischen seinen Lippen hervor. Die Antwort war nein. Ich hatte mir nicht wirklich Gedanken um seine Gefühle gemacht. Die Gefühle anderer...ich hatte gelernt sie auszublenden...und abgewiesen zu werden war für mich auch nichts neues...auf mehreren Ebenen. Aber von ihm abgewiesen zu werden...war das der Preis für meine abweisende Art ihm gegenüber? Für meine Ignoranz? Aber nein. Ich hatte es nie darauf angelegt von ihm gemocht zu werden. Ich schüttelte den Kopf und löste mich von ihm. "Tut mir Leid. Ich habs übertrieben.", gestand ich ein und stand auf. "Wo willst du hin?" "Nur darüber. Eine Rauchen.", deutete ich auf die Balcontür. "Oder darf ich das jetzt auch nicht mehr?" Jorden seufzte. "Was ist?" "Was soll schon sein? Immer wenn es bremslich wird gehst du mir aus dem Weg! So wie jetzt auch. Jetzt wo du mir wieder nicht die Wahrheit sagen kannst!", warf er mir vor. Und warum zum Teufel stimmte nur alles was er sagte?! Und warum war ich nicht in der Lage ihm einfach alles zu erzählen? War das mein Stolz, der sich da wieder meldete, oder war es diesmal etwas anderes? Ein mulmiges Gefühl,...unangenehm...in meiner Magengegend fühlte sich alles so flau an. Plötzlich fiel das Wort, "Unsicherheit!", das aus seinem Mund herrausplatzte," Du bist unsicher oder? Du gehst immer als erstes eine rauchen, wenn dich etwas verunsichert oder beunruhigt, Sorgen bereitet und so..." Verwirrt starrte ich erst ihn und dann die Kippe in meiner Hand an. "Was.." "So wie du guckst, scheinst du es gar nicht zu bemerken...oder du hast gedacht, dass es keiner bemerkt...", stellte Jorden fest. Von der einen auf die andere Minute wurde er immer direkter. Das war schon fast angsteinflößend...und hatte nichts mehr mit dem kleinen, verängstigten Jorden von früher zu tun. Scharf zog ich die Luft ein und ging wieder auf ihn zu. Dann setzte ich mich neben ihn aufs Bett, starrte aber seinem Blick ausweichend zum Fenster. So ratlos,... "Um ehrlich zu sein habe ich noch nicht so recht darüber nachgedacht,...ob es irgendjemand bemerkt...aber jetzt wo du es sagst...es stimmt schon. Ich rauche zur Ablenkung und es beruhigt mich. Tja und in letzter Zeit..brauche ich immer mehr dieser Ablenkung...ich bin verwirrt und verstehe mich selbst nicht mehr.", antwortete ich wahrheitsgemäß. Mit einer Hand strich ich mir die langen Stränen meiner Haare aus dem Gesicht. Dann legte ich meine Hand wieder zurück auf meinen Schoß wo sie locker liegen blieb. "Was mich aber am meisten verwirrt...bist du Jorden..." "Ich?" "Ja, du...deine unfassbare Stärke die dir die Flügel verleiht, die ich niemals haben werde...deine ganze Art...Du bist plötzlich so furchtlos und du lächelst andauernd...so habe ich dich gar nicht in Erinnerung...und ich wollte...dich zerstören Jorden...weil ich es nicht ertragen konnte wie du vor dich hinstrahltest, weil ich gefühlt habe, dass, das oft nur eine Fassade war um deine Einsamkeit zu verstecken.", offenbarte ich ihm. "Und weil ich wollte, dass du mich hasst!" Jorden sagte zunächst kein Wort und da ich auch sein Gesicht nicht sehen konnte blieb mir nicht viel Möglichkeit sein Verhalten zu interpretieren. "Warum wolltest du, dass ich dich hasse...?", erwachte seine Stimme. "Ich schätze, weil ich dachte, dass es mir leichter fallen würde dir aus dem Weg zu gehen, als wenn du mir zu nahe kommst und meine ganze Welt auf den Kopf stellst...Tz...dabei hast du das schon damals getan...als wir noch Kinder waren...an mir hat sich rein gar nichts geändert. Ich bin immer noch der gleiche Mistkerl wie früher...der Einzige der sich weiter entwickelt hat bist du und damit konnte ich nicht umgehen..." Ich verstummte...was sollte ich noch sagen? Ich wusste es nicht. "Stimmt schon. Manchmal bist du wirklich ein Mistkerl...", bestätigte er mir. "Aber trotzdem bist du kein schlechter Mensch! Und ob du es willst oder nicht, ich vertraue dir! Ich mag dich! Ich mag dich wirklich sehr! Und...ich will nicht das du mir aus dem Weg gehst! Niemals!", sprudelte es immer lauter aus ihm herraus. "Jorden! Bitte sag das nicht! Sonst...kann ich mich nicht mehr beherrschen! So wie vorhin...ich könnte dich verletzen!" Er war schon viel zu tief vorgedrungen...in meinem Körper spürte ich ein Verlangen. Das Verlangen ihn an mich zudrücken...vor der Welt zu verbergen und alle mit meinem Blick zu zerstören die ihm zu nahe kamen. "Ich weiß...aber das ist es mir wert, wenn du mir nur nicht mehr aus dem Weg gehst...", antwortete er, was mich dazu brachte mich zu ihm um zu drehen und ihn fassungslos an zu sehen. Er lag immer noch auf dem Rücken und schaute mich aus diesen unergründlichen...wunderschönen Augen an in denen ich drohte zu ertrinken. Meine Hand bewegte sich auf sein Gesicht zu und legte sich auf seine Wange. "Bist du sicher, dass du das riskieren willst?" All diese Grausamkeiten...würden sie ein jehes Ende finden? "Ja...das will ich." "Klingt wie ne Einwilligung zur Hochzeit...", murmelte ich nüchtern. Jorden errötete augenblicklich... "Idiot! So weit...sind wir noch lange nicht!", schimpfte Jorden sanft. Ich grinste. "Na dann würde ich mich fürs Erste auch mit einem Kuss zufrieden geben." "Von mir aus...", murmelte Jorden leise. "Das mir nachher keine Klagen kommen!", brummte ich. "Quatsch nicht so viel...sondern küss mich endlich!", forderte er mich auf. So Beschloss ich seiner Forderung nach zugehen und machte es mir wieder auf dem Bett gemütlich. Ganz nah bei ihm, zog ihn in meine Arme und küsste ihn. Das war wie ein Rausch, der mich trunken machte und mich dazu brachte immer mehr davon zu wollen. Unsere Körper waren sich so nah. Seine Arme drückten mich an ihn herran und ließen keinen Raum mehr für eine Lücke zwischen uns. So dachte ich in jenem Moment. Immer fort erwiederte er den Kuss aufs Neue. Selbst die Atemlosigkeit störte uns nicht. Seine Fingerkupen vergruben sich in mein Shirt und zerrten immerzu daran. "Alles klar?", fragte ich atemlos in den Kuss. Jorden nickte zögerlich. "Ja." "Dann...sieh von nun an nur noch mich an..." . . . Und so...ergab sich eine Planänderung mit der niemand gerechnet hatte... . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)