Gefangen von yuura ================================================================================ Kapitel 5: Do you hurt me or yourself ------------------------------------- Ich habe eine Frage. Liebst du mich oder das Messer, das Cutter, die Rasierklinge oder was auch immer du verwendest um ES zu tun. Scharfes Metall schneidet in deine blasse Haut, tief, mal nicht so tief, doch immer fließt Blut. In kleinen roten Rinnsalen läuft es an deinem Arm hinab, tropft auf die kalten weißen Fliesen oder sickert in die Fasern des Teppichs in deinem Zimmer. Das was bleibt, sind weiße Narben und die wohltuende Leere in dir. Als ich dich das erste Mal so gesehen habe, mit der Rasierklinge in der Hand, kurz davor sie wieder ihr Werk verrichten zu lassen. Dein Arm schon längst blutverschmiert. Doch das was mich am meisten gefesselt hat, waren deine Augen so leer, gefühllos und ja beinahe tot. Ich stand da wie angewurzelt und du hattest mich nicht mal bemerkt, warst irgendwie weggetreten, so als wärst du an einem ganz anderen Ort. Nachdem ich mich gefangen hatte, ging ich zu dir und schlug dir die Klinge aus der Hand, was dich wieder in die Realität zurück holte und obwohl du zu mir aufsahst, mich wohl auch erkanntest, dauerte es eine Zeit bis du es realisiert hattest. Ich wollte von dir wissen, was das sollte, warum du das tust, doch du konntest mir die Frage nicht beantworten. Du meintest lediglich, du brauchst das. In diesem Moment dachte ich mir nichts dabei, denn ich verstand es nicht. Ich war sauer auf dich, weil du mir nicht erzählt hast und auf mich, weil ich es nie vorher bemerkt hatte, obwohl es bestimmt genügend Anzeichen dafür gegeben hatte. Ich stellte mir Fragen, warum hattest du mir nichts erzählt, vertraust du mir nicht, warum tust du das willst du mich testen, willst du mir weh tun, hasst du mich vielleicht sogar. Wenn ja warum. Fragen, Fragen, Fragen und keine Antworten. Was soll ich tun, kann ich überhaupt was tun? Ich hab versucht dich zu verstehen aber ich hab das Gefühl, du hast mir nicht alles erzählt. Nur dass es angefangen hat, als du 15 warst. Du hattest oft und viel Streit mit deinen Eltern, du warst einsam. Ich habe dich gefragt, warum du damit nicht aufhören kannst. Eine wirkliche Antwort bekam ich nicht, auch nicht, als ich dich gefragt habe, warum du mir nichts gesagt hast. Hast du eigentlich eine Ahnung wie ich mich fühle? Ich komme mir so unnütz vor. So hilflos, ich hab das Gefühl, ich kann nichts für dich tun, dabei würde ich das gerne. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Willst du mich überhaupt noch? Liebst du mich überhaupt noch? Vertraust du mir nicht? Hasst du mich? Jeden Abend liege ich in meinem Bett und weine. Das Kissen ist nach kurzer Zeit völlig durchnässt und meine Tränen sind ausgetrocknet. Ich weine mich leer. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Jedes Mal, seit dem Vorfall, wenn ich bei dir war, kamst du mir vor wie eine Fremde. Es schien so, als hättest du dich von mir abgewandt, wolltest dich distanzieren, als wolltest du nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Wir haben kaum miteinander gesprochen, du erzählst mir kaum noch was. Warum?...Warum?... Wir haben uns kennen gelernt und nach einiger Zeit stand für mich fest, du bist der Mensch dem ich alles anvertrauen kann, dem ich mein Herz schenken kann. Ich liebe dich. Ich habe dir alles von mir gegeben, einfach alles, als hätte ich es allein für dich aufbewahrt und nun trittst du es tatsächlich mit Füßen? Habe ich mich so sehr in dir getäuscht, muss ich es wirklich bereuen? Hast du die ganze Zeit nur so getan, als würdest du mich lieben, hast du nur mit mir gespielt? Warum? Ich habe aber auch immer noch Hoffnung. Ich möchte mit dir darüber reden. Ich möchte, dass du mir vertraust, mir erzählst, was dich beschäftigt. Ich möchte wissen warum du das mit dir tust. Ich will wissen, ob ich dir immer noch genauso viel bedeute, wie du mir. Ich habe mir noch nie wegen einem einzigen Menschen so viele Gedanken gemacht, habe mich noch nie bei jemanden so wohl und frei gefühlt, habe mich noch nie Jemanden so anvertraut, habe noch nie für Jemanden so intensiv empfunden. Ich würde einfach alles für dich tun, deswegen gebe ich nicht auf. Ich bereue es bis heute nicht. Ich bin stolz auf mich, dass ich so stark geblieben bin und nochmal mit dir darüber gesprochen habe. Nun weiß ich, warum du nichts sagen wolltest, warum du dich distanziert hast. Du hattest Angst, Angst, dass ich dich verabscheuen würde und wenn ich noch mehr von dir erfahren würde, dass ich mich von dir abwenden würde. Du dachtest, ich würde dich dafür verurteilen, mich vielleicht lustig machen, was ich aber nie machen würde, ich könnte das gar nicht. Du wolltest mich mit deinen Probleme nicht belästigen. Ich beichte dir, dass ich manchmal kurz davor stand, es selbst zu tun, um dich und deinen Schmerz zu verstehen aber ich war zu feige gewesen, worüber du sehr erleichtert und froh bist. Du willst nicht, dass ich das mache und ich könnte stolz auf mich sein. Ich solle stolz darauf sein, feige zu sein? Nein ich solle stolz darauf sein, dass ich so stark bin. Ich sei stark für uns beide. Du hattest die ganze Zeit die selben Ängste wie ich. Ich würde dich verabscheuen, dich nicht mehr lieben, dich hassen. Du sagtest, du tust es, weil du sonst nicht weißt, wie du all deinen Gefühlen vor allem den negativen entkommen kannst. Du tust es auch nicht ständig, nur wenn es einfach zu viel wird. Dir reicht es manchmal auch einfach aus, dort zu sitzen, mit der Klinge in der Hand, es gibt dir Sicherheit, auch wenn du gar nichts machst. Wir weinen beide. Denn nun wissen wir, dass wir keine Angst haben brauchen. Ich weiß nun, dass du mir vertraust, warum du es tust und warum du nichts gesagt hast. Du weißt, wie ich mich die ganze Zeit über gefühlt habe. Du bist froh, dass ich den ersten Schritt gemacht habe, du hättest dich das einfach nicht getraut. Ja auch ich bin froh, sehr sogar. Du hattest Angst mich zu verlieren und ich hatte Angst dich zu verlieren. Jetzt ist alles viel einfacher. Ich helfe dir, versorge deine Wunden, sowohl die körperlichen als auch die seelischen. Ich bin für dich da für immer, egal was kommen mag, denn ich liebe dich und ich weiß jetzt, dass auch du mich liebst. Mein Herz schlug schneller, als ich die drei Worte aus deinem Mund hörte, denn ich weiß, es ist ganz was Besonderes und du sagst es nur, wenn du es wirklich so meinst. Für mich war es der schönste Tag in meinem Leben. Ich werde ihn nie vergessen, genauso wenig wie den ersten Kuss, den ich von dir bekommen habe und auch nicht den Anblick deines von Narben übersähten Arm. ~Ich liebe dich~ The End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)