Prisoner von Papierengel (gefangen in der Erinnerung) ================================================================================ Kapitel 1: Tears ---------------- „Schuldig.“ Als der Hammer des Richters auf den Tisch knallte, ergab sich ein schrecklicher Laut in Pains Ohren. Die ganze Gerichtsvollziehung hielt er den Kopf gesenkt und hatte gewartet, bis man ihn endlich verurteilen würde. Er wusste sowieso schon von Anfang an, schon ab dem Moment, als er das Ganze geplant hatte, das man ihn als schuldig erklären würde. Aber das war ihm mittlerweile egal, wie alles andere auch. Es gab nur noch ihn, ihn und den Schmerz, der ihn davontrug ins Nirgendwo, lautlos auf seinen Armen. Das schöne Land Nirgendwo... Ein paar Männer kamen auf ihn zu, nahmen ihn fest, legten ihm Handschellen um. Doch es war ihm egal. Er ließ es über sich ergehen, klagte nicht, schließlich war ja er es, der der Angeklagte war. Die Männer, 3 waren es an der Zahl, führten ihn nach hinten in einen dunklen Raum, Pain erkannte ihn als Gefängnisswagen. „Rein da“ grob schubste ihn einer der Polizisten in den Laster und brav, immer noch, ohne jemanden direkt anzusehen, hockte sich der Orangehaarige auf eine kleine Bank im Inneren des Wagens. Neben ihm war noch ein Mann, der anscheinend weinte. Er stützte sich mit seinen Händen an seinen Knien ab und schluchzte unaufhörlich. An seiner Wange war ein dicker roter Fleck zu sehen. Schnell lief der Junge schon, schnell wie der Blitz. Doch nicht so schnell wie Konan. „Mach’s gut! Wir sehen uns dann daheim!“ rief das Mädchen dem Orangehaarigen zu, als sie ihn gerade überholte. Dann dreht sie sich wieder um. In diesem Moment stolperte Pain über einen Stein, welchen er nicht gesehen hatte, da er Konan beobachtete. Mit einem „Wumm“ befand sich das Gesicht des Jungen direkt in einer kleinen Pfütze. „Was....“ Konan blieb augenblicklich stehen um zu sehen, was passiert war. „...Pain, geht es dir gut?“ Das fürsorgliche Mädchen kam sofort herbei gelaufen und kniete sich neben ihren Freund. Pain setze sich hin und fing an zu schluchzen. Ein großer roter Fleck zierte nun seine Wange. „Shht, alles wird wieder gut“ tröstete die Blauhaarige ihn. „Alles....“ „Alles....“ murmelte Pain vor sich hin, als ihr Transportmittel mit einem Ruck losfuhr. „Wissen sie, ich habe es doch für meine Kinder getan!“ fing plötzlich sein Nachbar an zu erzählen. Pain schaute auf. Die Tränen des ihm unbekannten Mannes waren mittlerweile versiegt. „Vor langer Zeit, 9 Jahren, starb meine Tochter an Hunger.... Sie erlitt Qualen bis zum Tod, und ich, ich tat nichts und schaute zu, wartete. Ich konnte einfach nicht meinen einzige Sohn auf die gleiche Art und Weiße sterben lassen wie sie! Aber... “ er legte eine dramatische Pause ein, „ich wusste mir zu helfen. Früher, als ich selbst noch klein war und um mein Überleben kämpfte, raubte ich Leute aus. Ist zwar nicht viel gewesen immer, aber gereicht hat es. Also brach ich eines Nachts still und heimlich in eine Bank ein, in der Stadt... ich hatte sogar Erfolg.“ Der Mann stockte. Seine Augen richteten sich auf einen Punkt in weiter Ferne, so weit weg, das Pain ihn nicht sehen konnte. „Aber als die Polizisten unser Stadtviertel erkundeten, wollten sie meinen Sohn fest nehmen.... ist das zu fassen? Obwohl ich doch die Schuld hatte.“ Er sagte das monoton, redete eigentlich mit sich selbst, oder eher, mit der Wand, die er fixiert hatte. „Mein Junge wusste nichts davon, dass ich eigentlich der Schuldige war. Er wäre enttäuscht von mir gewesen. Das könnte ich einfach nicht ertragen...“ redete er langsam weiter. „... und ich, was tat ich? Ich tat nichts, schaute zu und wartete. Kein Laut kam über meine Lippen. Ich kann mich jetzt noch an den Blick erinnern, der mir mein Sohn widmete, wie ein Alptraum verfolgt er mich, ein Schatten, der mich überall hin begleitet, seit die Nacht herein gebrochen ist und nur mehr der Mond scheint. Voller Unschuld schaute er mir ins Gesicht und sagte, mit Tränen in den Augen: ‚Es tut mir Leid Vater, ich musste es tun.’“ Kurz machte der Mann wieder eine Pause. Es schien ihn sehr anzustrengen, darüber zu reden, doch einerseits befreite es ihn auch. „So ein Feigling wie ich nun mal war, spielte ich mit bei seinem kleinen Spiel und tat so, als könnte ich es nicht glauben, dass er es wirklich getan hatte. Voller Entsetzen fragte ich ihn: „Wie konntest du nur? Ich bin sehr... enttäuscht von dir, mein Sohn.“ Daraufhin senkte er den Blick und sagte, während ihm ein paar Tränen seine Wange hinunter rannen: „Nenn mich nicht mehr Sohn, dadurch würde nur deine Ehre verletzt werden. Wir leben in einer Welt, in der es wichtig ist, was andere über einen denken... doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, in dem jeden von uns egal ist, was als Nächstes passiert. Man macht einfach irgendwas, hofft, es sei richtig, hofft, nichts Falsches gemacht zu haben. Ich lebe schon lange so, Und bis jetzt bereue ich nichts- keine einzige Tat, auch diese nicht.’“ Wieder machte er eine kurze Pause, doch bald erzählte er weiter seine kleine Leidensgeschichte. „Natürlich gingen die Polizisten, die immer noch in unserer jämmerlichen Wohnung standen, davon aus, das er von seiner angeblichen Straftat, dem Banküberfall, redete, doch ich wusste es besser. Er meinte damit sein Geständnis zu einer Tat, die er nicht begangen hatte.“ Den Rest der Fahrt verbrachten die Beiden schweigend, beide in ihrem eigenen kleinen Universum, bis der Wagen mit einem weiteren Ruck zum halten kam. Draußen hörte man gedämpft die Stimmen der Wärter, die sich unterhielten. „Hey, was heben wir denn diesmal an Bord?“ „Ach, einer der Beiden ist völlig durch gedreht, ist mit ’nem Messer auf Zivilisten losgegangen. Hat jetzt 5 Morde zu verbuchen. Warum, ist ungeklärt... aber so wie es aussieht, war er einfach verrückt geworden, als er erfuhr, dass sein Sohn kriminell geworden war.“ „Und der Andere?“ „Ach, der? Ein Niemand, im Gegensatz zu dem Massenmörder. Gerade einmal eine Frau hat er auf dem Gewissen.“ „Aber das ist doch gut?“ „Gut ist relativ.“ Mit einem Knarren öffnete sich die Tür. Das Sonnenlicht blendete Pain, und er kniff die Augen zusammen, bis diese sich an das Licht gewöhnt hatten. Murrend kletterte einer der Gefängniswärter in den Transporter und holte erst Pain heraus, bevor er auch dem Unbekannten aus dem Wagen half. Als Pain ausgestiegen war, sah er sofort das riesige, von Stacheldrähten umgebene, Gebäude, welches wohl für die nächsten Monate sein Zuhause sein sollte. „Willkommen daheim.“ Begrüßte einer der Wärter kühl die neu angekommen Gefangenen. „Daheim ist ebenfalls relativ.“ Flüsterte Pain. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)