Bestienhandbuch für Anfänger von NaBi07 (Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie) ================================================================================ Kapitel 16: gegenseitiger Austausch ----------------------------------- Kapitel 3.4.1 – gegenseitiger Austausch „Der Züchter wird nicht nur Ihnen weiterhelfen, auch Sie können einen wichtigen Teil bei der Weiterentwicklung der Bestien beitragen. Teilen Sie ihre gewonnen Erkenntnisse mit ihrem Züchter, sodass auch die folgenden Generationen davon profitieren können.“ Ich staune über diese Theorie. Könnte es da tatsächlich möglich sein, dass Liam über ein menschenähnliches Gehirn verfügt, auch wenn er nicht so aussieht? Wenn er sprechen könnte, würde er sich dann genauso normal, wie Sophie und der General mit mir unterhalten können? Ich sehe sie an und merke, dass ihre diese Theorie wohl nicht schmeckt und sie mit ihrem Lehrer nicht einer Meinung ist. Wenn das wirklich möglich wäre, dann würde es ein ganz neues Licht auf die Bestien werfen. „Also könnten sich die Bestien vielleicht doch in uns verlieben“, stelle ich laut fest. „Nein. Das wäre absurd.“ Die junge Professorin schüttelt vehement mit dem Kopf und kann sich das einfach nicht vorstellen. Ich lasse locker und konzentriere mich auf mein eigentliches Anliegen. Auch mir überkommt bei diesem Gedanken eine Gänsehaut. „Können Bestien eigentlich ihre Gestalt verändern?“ Sophie sieht mich fragend an. Dann verhärten sich ihre Gesichtszüge. „Wie kommst du darauf?“ „Heute beim Training mit Liam hat General Blackthrone so etwas angedeutet.“ Sophie schüttelt den Kopf und seufzt. Mit einem Zug entleert sie ihr Glas und füllt es gleich wieder auf. Ihre Augen blicken mich nicht an, sondern fixiert stattdessen ein altes Foto an der Wand. Der Mann lächelt uns in seinem weißem Kittel entgegen. Seine Grübchen wecken meine Sympathie und wärmen merkwürdigerweise mein Herz. Er wirkt noch sehr jung und unerfahren, aber wissbegierig und schlau. Wer das wohl ist? „Caleb kann in deiner Nähe scheinbar seinen Mund nicht halten“ meint sie nach einer Weile des Schweigens leicht angesäuert. „Also gut, dann erzähle ich dir mal von einem anderen missglückten Experiment.“ „Noch mehr Experimente?“ Auf meiner Stirn zeigen sich kleine Fältchen. Mein Körper ist angespannt und wartet auf die nächste Enthüllung. „Ja. Eigentlich darfst du davon nichts erfahren, aber da ich deine Neugierige bereits kennengelernt habe, weiß ich dass du eh nicht aufhören wirst mich auszuquetschen. Außerdem habe ich dir sowieso zu viel verraten. Scheinbar kann auch ich meine Klappe dir gegenüber nicht halten.“ Sie lacht mich an und Erleichterung durchflutet mich. Sophie nimmt mir meinen Wissensdrang wohl nicht übel. „Es gab mal eine Abteilung die versucht hat mehr menschliche Gene zu verarbeiten als tierische. Ich habe dir ja erklärt, dass früher nur sehr wenig Prozente an humaner DNA verwendet wurden, wir aber heute mehr benutzen um mehr Kontrolle zu gewährleisten. Es gab aber auch einen wissenschaftlichen Zweig, der die humane DNA als Grundsubstanz verwendete und ihr nur einen kleinen Teil an animalischer DNA beifügte. Meistens wurde nur eine Spezies ausgewählt, die man mit menschlicher DNA kombinierte. Dann nahm man aus den Erbanlagen ungewünschte Eigenschaften heraus und pflanze die befruchtetet Eizelle einer Frau ein.“ Ich atme zischend ein. „Menschliche Experimente! Ich dachte die hättet ihr nicht gemacht. Das hast du heute Morgen noch behauptet!“, rufe ich empört. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Sie hat mich angelogen. Wie können die es wagen an uns Menschen herum zu pfuschen? „Beruhige dich. Dieses Thema ist Geschichte, da viele Sponsoren genauso reagiert haben wie du. Außerdem sind 95% der Föten vor der Geburt gestorben und der Rest ist kurz nach der Geburt gestorben. Also gibt es kein einziges lebendes Exemplar. Diese Experimente wurden eingestellt. Also stimmt es, dass wir nicht an den Menschen herummurksen.“ Ich trinke mein Glas leer und atme beruhigt auf. Gott sei dank besitzen diese durchgeknallten Ratsmitglieder doch noch etwas Menschlichkeit. „Aber was hat das mit der Gastaltveränderung zu tun?“ „Das hängt alles wieder mit einer Theorie meines Urgroßvaters zusammen. Er glaubte, dass sich die Bestien besser an ihren Lebensraum anpassen könnten, wenn sie mehr menschliche DNA besitzen. Er wollte eine Kreatur erschaffen, sie ihre Gestalt ihrer Umgebung anpassen kann.“ „Oha. Meinst du damit Liam?“, frage ich entgeistert. Kann er sich wirklich seiner Umgebung anpassen? „Nicht unbedingt. Mein Urgroßvater hat weit mehr als hundert Bestien erschaffen und seine Theorien an unterschiedlichen Exemplaren getestet.“ „Woher weißt du von den Theorien? Immerhin kannst du ihm nie begegnet sein. Und seine Unterlagen sind doch alle gelöscht.“ Sophie zwinkert mir verschwörerisch zu. „Ich habe sein altes Tagebuch gefunden.“ Ich mach große Augen. „Weiß dein Onkel davon?“ „Nein. Dieses Geheimnis habe ich für mich behalten.“ Ein weiteres Geheimnis, dass wir uns teilen werden. „Wo hast du es her?“ „Ich war nicht so brav wie alle denken. Meine Neugierde hat mich vor 7 Jahren in das alte Labor gezogen. Dort fand ich in einem noch gut erhaltenem Schrank das Tagebuch. Leider bin ich nicht überall herangekommen. Ich wette, dass es dort noch mehr zu finden gibt.“ „Warum hat bis jetzt keiner das Labor auf den Kopf gestellt? Wie könnt ihr euch dann so sicher sein, dass alle Daten deines Urgroßvaters verloren sind?“ „Es gab schon einige Expeditionen, aber du weißt ja am besten, wie es dort aussieht. Alles ist zerstört und man kommt nur sehr schwer an die einzelnen Etagen heran. Außerdem hat die Zeit alles sehr marode werden lassen und keiner glaubt, dass man noch brauchbare Dokumente finden kann, die noch nicht verrottet sind. Außerdem war mein Urgroßvater ein sehr gründlicher Mann. Er würde nie seine Ergebnisse unbeabsichtigt herumliegen lassen, wo er doch alles vernichten wollte.“ „Ich habe aber ein Büro mit Aktenordnern entdeckt in denen die Papiere noch gut erhalten waren. Immerhin hast du doch auch sein Tagebuch gefunden.“ „Er hat es eher hinterlassen, als vergessen. Es ist so geschrieben, dass seine Theorien zwar zu erkennen sind, aber keine genauen Details verraten werden.“ Sophie lehrt wieder ihr Glas und stellt es sanft auf den Tisch. Ich atme tief ein und lasse die Worte auf mich wirken. Also hat der Urgroßvater von Sophie dafür gesorgt, dass irgendeiner seiner Nachfahren an das Tagebuch herankommt. Das alles kommt mir wie ein geheimnisvoller Krimi vor. Ein beiläufiger Blick auf die Uhr verrät mir, dass es schon weit nach zwölf ist und ich mich langsam zu Bett begeben sollte. Morgen steht ein anstrengender Tag vor mir. Ich erhebe mich langsam und Sophie begleitet mich noch bis zur Tür. Ich sehe ihr nochmal tief in die Augen. Sie wirkt sehr müde und erschöpft. Das Gespräch scheint auch an ihr zu nagen. „Wir sehen uns dann morgen.“ „Ja gute Nacht. Und viel Spaß bei meinem Onkel.“ Sie zwinkert mir nochmal zu, dann begebe ich mich auf den kurzen Rückweg. Die ganze Nacht habe ich Probleme mein Gehirn zur Ruhe zu bekommen. Schon der Gedanke an die vielen Experimente mit den Tiergenen verursacht mir ein mulmiges Bauchgefühl. Wenn dann aber auch noch menschenähnliche Kreaturen entstehen, weiß ich echt nicht mehr was ich von dieser ganzen Sache halten soll. Bin ich zu engstirnig? Ich glaube kaum. Wenn die Menschen da draußen wüssten, was hier geschieht, dann würden sich bestimmt eine ganze Menge Tierschützer finden, die freiwillig vor dem Tor hocken würden, um dagegen zu protestieren. Warum zerbreche ich mir nur so sehr den Kopf? Sollte mir das alles nicht egal sein? Immerhin bin ich nicht diejenige, die sich aus einem Genkatalog die perfekte Zusammensetzung für die eigene Bestie besorgt hat. Ich habe meine Bestie gefunden. Die Menschen die in dieser Welt aufwachsen, finden meine Bedenken bestimmt lachhaft und skurril. Der Wecker klingelt viel zu früh. Ich hieve mich mit meinen tiefen Augenringen aus dem Bett. Selbst Liam fällt auf, dass mir der Schlaf fehlt. Ich zicke ihn an, wo ich nur kann. Er weiß nicht recht, wie er mit mir umgehen soll und tut das einzig richtige: er geht mir aus dem Weg. Schlurfend schleiche ich zu der Trainingshalle und gähne dabei geschätzte tausend mal. Am Anfang wirft mir mein pikierter Kater noch den einen oder anderen missbilligenden Blick zu. Doch da ich ihn geflissentlich ignoriere, gibt er schnell auf. Wir absolvieren das Training im vorgegebenen Zeitrahmen. Mit Hilfe des Tablet´s stoppe ich die neuen Rekorde und speichere sie ab. Liam lernt scheinbar besonders schnell. Heute braucht er zehn Minuten weniger als gestern. Die Fahnen wurden an neuen schwierigen Ecken versteckt. Auch heute befinden sich wieder zwei dieser Plagegeister im Wasser. Mein fleißiger Sammler ignoriert diese aber von Grund heraus. Ich glaube kaum, dass er sich jemals näher, als ein paar Meter an diese Todesfalle heranwagt. Ich kann es ja verstehen. Hoffentlich nutzt keiner diese Schwäche aus. Auf dem Rückweg fallen mir zum ersten Mal die vielen Offiziere mit ihren unterschiedlichen Dienstgraden auf, die durch den Verbindungsturm poltern. Durch meinen Cousin musste ich mich mit 18 sehr intensiv damit befassen, da er mir alles haarklein beschrieben hatte. So weiß ich dass eine Gold eingerahmte Schulterklappe mit Portepee und einem fischähnlichen Symbol auf einen Hauptfeldwebel hinweist. Viele von ihnen sind schwer bewaffnet. Einige sind sogar in Begleitung ihrer Bestien. Ich studiere jede einzelne die mir über den Weg läuft und unweigerlich drängt sich mir immer wieder die Frage in den Kopf, ob sie auch ein menschenähnliches Gehirn besitzen. Ob diese Bestien genauso sind wie Liam und uns Menschen besser verstehen, als wir glauben. Ob sie denken und fühlen wie ein Mensch. Das Mittagessen schlinge ich im Eiltempo herunter und dann schmeiße ich mich für zwei Stunden nochmal ins Bett. Endlich empfängt mich der Schlaf mit offenen Armen und es gelingt mir, mein Gehirn zur Ruhe zu bringen. Liam lässt sich träge zu meinen Füßen fallen und überwacht meinen dringend, notwendigen Schlaf. Am Nachmittag bin ich gut ausgeruht und fühle mich viel besser. Pfeifend schnappe ich mir meinen Stundenplan und muss leider feststellen, dass Professor Gillian in der 9. Etage auf mich wartet. Wie soll ich da nur jemals rechtzeitig ankommen? Ich blicke zu Liam, den ich zu meinem eigenen Schutz lieber mitnehmen werde. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg. Nach sieben Etagen qualvollem Aufstiegs kapituliere ich schnaufend. Mit rasselndem Atem lehne ich mich ans Geländer und verfluche die 9. Etage, die mich von oben herab hämisch angrinst. Liam beobachtet mich und scheint sich über meine Kondition zu amüsieren. Seine Augen grinsen mich frech an und wollen mir wohl sagen, dass ich den Nachtisch lieber hätte weg lassen sollen. „Wie wäre es mit einer extra Trainingsrunde“ schnaufe ich ihn an. „Du könntest doch bestimmt etwas Krafttraining gebrauchen. Also warum lässt du mich nicht einfach mal auf deinem Rücken nach oben reiten?“ Ernst gemeint sehe ich ihn an und deute auf sein breites Kreuz. Doch leider erntet meine Idee nur ein abfälliges Schnaufen. Liam dreht mir den Rücken zu und nimmt die nächste Etage in Angriff. Flink wie ein Wiesel sprintet er die Stufen nach oben und sieht mich herausfordern an. Wütend stampfe ich mit dem Fuß auf und stütze die Hände in die Hüften. „Angeber! Na warte du faules Tier!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)