Bestienhandbuch für Anfänger von NaBi07 (Lektion 1: Wie erziehe ich meine Bestie) ================================================================================ Kapitel 20: Aufträge -------------------- Kapitel 4.2 – Aufträge „Bevor Sie einen Auftrag erfüllen können, ist es wichtig sich gut darauf vorzubereiten. Kalkulieren Sie sämtliche Möglichkeiten ein und überlassen Sie nichts dem Zufall. Greifen Sie dafür auf ihre Ausbildung beim Militär zurück. Auf diese Weise garantieren Sie ihre sichere Rückkehr und die Erfüllung des Auftrages.“ Ich fahre mit den Handballen über das kühle Metall und frage mich das gleiche. Wie bin ich hier nur reingekommen? Das Letzte woran ich mich erinnern kann, ist dass mich eine der Wespen angreifen wollte. Meine Knie haben nachgelassen und ich habe mich mit dem Rücken an die Stahlwand gelehnt. Dabei hat die Wand plötzlich nachgegeben und ich bin hier gelandet. Aber egal wie gründlich ich die Stelle absuche, durch die ich hier hereingekommen bin, ich kann den Öffnungsmechanismus einfach nicht finden. Die Zeit wird auch langsam knapp. Scheinbar hat sich über die Jahre etwas Sauerstoff angesammelt und wurde hier eingeschlossen, aber jetzt verbrauche ich den kläglichen Rest. Meine Lungen saugen gierig die verbrauchte Luft ein, aber viel ist nicht mehr übrig. Panik macht sich in mir breit wie ein gefräßiges Untier, dass alles und jeden verschlingen will. „Sophie! Hol mich hier raus!“ kreische ich ihr entgegen. „Beruhige dich Tamara, eine Panikattacke bringt dich nicht weiter.“ Die feste Stimme des Generals rettet mich vor meiner Angst. Wie an einem rettenden Seil klammere ich mich daran fest. Ich versuche meinen Herzschlag zu beruhigen und den Nebel aus meinem Gehirn zu vertreiben. Denk nach Tam! Denk nach! „Sieh dich um. Gibt es wirklich keinen Weg nach draußen?“ Mein Blick irrt über die Tische, den Aktenschrank, die Kästen an der Wand und bleibt schließlich an dem Lüftungsschacht hängen. „Hier ist ein Lüftungsschacht.“ „Sehr gut. Sieh ihn dir an!“ Ich überwinde die kurze Distanz zu dem gammeligen Schacht und spähe Angewidert ins Innere. Das Gitter, welches wohl einst die Öffnung versiegelt hatte, liegt verbeult auf dem Boden. Scheinbar hat irgendwer das Ding in größter Eile aus der Verankerung gerissen und achtlos fallen gelassen. Gähnende Dunkelheit empfängt mich und der Geruch nach altem Schimmel juckt mir in der Nase. Ich halte angespannt den Atem an und versuche irgendetwas zu erkennen. „Ich klettere mal hinein“, brülle ich zu der Wand, hinter der meine Freunde warten. „Sei aber vorsichtig!“, antwortet sie besorgt. Mit den Armen gehe ich voran und grusle mich vor dem, was sich darin wohl verbergen mag. Aber lieber scheuche ich ein paar Spinnen auf, als dass ich hier langsam und qualvoll ersticke. Mit den Händen taste ich den Eingang ab um einen eventuellen Widerstand aufzuspüren. Der Weg ist aber zum Glück frei. Also halte ich mich an einer Kante fest und ziehe die Beine hinterher. Auf Knien rutschend wage ich den Erkundungsausflug. Staub und Spinnweben stellen sich mir in den Weg. Angewidert wische ich sie fort und krieche weiter. Die Muskeln in meinem Rücken spannen sich an. Immer wieder muss ich aufpassen, dass ich nicht an der Decke anstoße. Ich kann die Hand vor den Augen nicht sehen, wie soll ich da einen Ausgang finden? Ich taste mich immer weiter nach vorne und habe das Gefühl, als ob die Luft immer dünner wird. Unter mir knarrt das alte Metall und protestiert gegen mein Gewicht. Mein Herz pumpt lautstark um den verbleibenden Sauerstoff in meinem Körper herumzuführen. Immer wieder wirble ich Staub und Dreck auf. Die Luft wird stickiger und es kratzt in meinem Hals. Ich huste und knalle dabei mit einem lauten Donnern mit dem Kopf an die Decke. Mein Schädel dröhnt. Na toll. Das gibt bestimmt eine mächtige Beule. Trotz der Umstände will ich nicht aufgeben! Ich strecke meine Hände wieder aus und will mich weiter vor tasten, doch es geht nicht mehr weiter. Der Schacht scheint in sich zusammengefallen zu sein. Meine klammen Finger ertasten die Dellen, Beulen und das verbogene Gehäuse des Luftschachtes. Das war es wohl dann mit meinem Fluchtversuch. Wieder rinnen mir diese lästigen Tränen die Wange herab. Verzweiflung packt mich am Nacken. Ich bin ja so dumm. Wäre der Luftschacht noch offen, dann hätte ich doch keine Probleme mit der Sauerstoffversorgung! Mir bleibt also nichts anderes übrig, als mich rückwärts wieder der einzigen Öffnung entgegen zu schieben. Trotzig schüttle ich die nervige Verzweiflung ab und zwinge meinen Körper sich wieder in Gang zu setzten. Als ich mit den Knien weiter rutsche, ertaste ich auf einmal etwas ledernes unter mir. Verwirrt nehme ich es in die Hand. Eine Tasche? Warum ist sie mir nicht schon vorher aufgefallen? In der Dunkelheit kann ich es nicht genau erkennen, also nehme ich das Fundstück einfach mit nach draußen. Ungeschickt lande ich auf meinen lädierten Hintern und fluche Lauthals. „Tamara, alles in Ordnung?“, fragt Sophie besorgt. Ich nicke. Dann fällt mir wieder ein, dass sie mich ja nicht sehen kann. „Ja. Aber der Lüftungsschacht ist eine Sackgasse.“ Ich kann hören, wie sich der kleine Trupp draußen unterhält. Scheinbar suchen sie nach einer Lösung meines Problems. Ich ziehe die Aktentasche an mich heran und staune nicht schlecht. Das helle Leder ist zwar ausgeblichen, aber ansonsten sehr gut erhalten. Ich öffne die Schnalle und werfe einen Blick hinein. Vorsichtig ziehe ich einige Papiere heraus, einen alten Kalender und ein Diktiergerät aus Omas Jugendzeiten. Das es so etwas damals schon gab? Ich runzle verwirrt die Stirn. Auf den Papieren erkenne ich eine Zeichnung. Mein Herz schlägt wie wild. Das ist …. Liam! Mein Partner sieht mich mit leuchtenden Augen an und hat sein Fell, wie zum Angriff, aufgestellt. Ich durchsuche die anderen Blätter und muss feststellen, dass das endlich einzelne Seiten aus Liams Akte sind. Scheinbar hat der Flüchtling von vor 70 Jahren diese Blätter gestohlen und wollte sie über den Lüftungsschacht nach draußen bringen. Was aber passiert ist, weiß ich nicht und eigentlich will ich es mir auch nicht vorstellen. Ich entdecke einen alten Lebenslauf von Liams erster Herrin. Oben in der Kopfzeile steht mit dicken Buchstaben der Name: Magdalena Ashtray. Das verblichene Bild sieht mich klagend an. Und wie ich es geahnt habe, ist sie auch die Frau von dem ersten Foto. Streng und irgendwie arrogant. Schnell blättere ich um. Auf den andern Seiten finde ich einzelne Trainingsberichte. Alle wurden sie von Magdalena persönlich verfasst. Ihre Handschrift ist sehr akkurat und wirkt streng und unnahbar. Leider fehlt das Blatt mit der genauen Zusammensetzung. Aber anhanden von Magdalenas Aufzeichnungen sollten wir neue Hinweise gewinnen. Ich nehme mir vor das alles in Ruhe zu sichten, wenn wir wieder im Institut sind. Aufgeregt wühle ich in der Tasche und fische ein weiteres Foto an die Oberfläche. Dieses mal erkenne ich Magdalena sofort. Ihre militärisch zusammengebundenen Haare, ihr stählerner Blick und die gebügelten Hosen zeigen, dass sie eine sehr strenge Frau gewesen sein muss. Sie sitzt an einem Tisch und vor ihr liegt wohl Liams Akte. Neben ihr lächelt eine junge Frau in die Kamera. Auch vor ihrer Nase liegt eine dicke Akte und in der Hand hält sie einen alten Füller. Jetzt weiß ich, wer diese Frau ist, die mir auch schon von dem anderen Foto bekannt vorkam. Rosalinde. Waren Magdalena und Rosalinde einst Freunde gewesen? Ich hole das andere Bild aus meiner Hosentasche und stecke es mit dem neuen Fund wieder in die Aktentasche zurück. Von draußen kann ich schon wieder das Donnern hören. Liam hat scheinbar die Geduld verloren und mit seiner Befreiungsaktion von vorne angefangen. Ob er in der Lage ist diese Wände einzureißen? Meine Lunge krampft sich plötzlich zusammen und mir wird kurz schwindlig. Kleine schwarz Punkte tanzen in der Luft. Schnell räume ich alles wieder in die Tasche zurück. Dann stehe ich vorsichtig auf und schnappe mir den dicken Ordner von Rosalinde. Die losen Papiere aus dem Schrank stopfe ich lieblos in eines der vielen Fächer der Aktentasche. Dann suche ich mir noch zwei leichtere Ordner, die ich tragen kann und kehre so bepackt an meine Eingangswand zurück. Erschöpft lehne ich mich an und ziehe die Knie an meinen Körper. Ich umklammere die Akten und drücke sie an meine Brust. „Beeilt euch bitte. Mir geht die Luft aus.“ Meine Stimme entweicht mir nur noch als flüstern. Mein Körper gibt plötzlich zu schnell nach. Ich schließe die Augen und kämpfe um mein Bewusstsein. Verdammt. Warum muss immer ich in solche Situationen geraten. Dabei bin ich doch nur eine einfache Erzieherin aus einer Kleinstadt. Liams Brüllen reißt mich aus meinem Dämmerzustand. Seine Krallen schaben wie verrückt über das Metall. Die ganze Wand beginnt zu beben. „Liam, hol mich hier raus. Ich ersticke gleich“, flehe ich mit lahmer Zunge. Sein Brüllen wird immer mächtiger. Gefährlicher. Spürt er das die Zeit knapp wird? Auf einmal dringt wieder das Summen unzähliger Flügelschläge durch die dicke Wand. Sie sind zurück. Ich höre wie Caleb und Kati zeitgleich laut fluchen. Die Schläge gegen die Wand werden immer stärker, drängender. Wenn ich doch nur wüsste, wie ich hier herauskomme. Meine Augen tasten noch einmal die Wand ab. Irgendetwas muss es doch geben. Irgend ein Mechanismus oder eine Art Hebel. Meine Augen gleiten über die Wand, suchen, suchen und suchen. Plötzlich bleibt mein Blick an einer Unebenheit hängen. Was ist das? Eigentlich sollte die Wand glatt sein, doch an einigen Stellen kann ich kleine Dellen erkennen. Mein Blick irrt hektisch über die anderen Wandabschnitte. Nur an dieser Stelle gibt es diese Dellen. Jeweils fünf davon bilden einem Halbkreis. Ihre Abstände sind fast gleichmäßig. Was ist wenn …? Zweifelnd und hoffend zugleich rutsche ich an die Wand heran. Ich lege meine Beute auf meinen Schoß und hocke mich genau gegenüber der Vertiefungen. Das Donnern von draußen hat nachgelassen. Liam brüllt dafür umso wütender. Kraftlos lege ich meine Fingerspitzen genau auf die Dellen und drücke. Nichts. Ich drücke fester, aber es geschieht immer noch nichts. Seufzend lasse ich meinen Kopf gegen die undurchdringliche Mauer sinken. Ich sauge den restlichen Sauerstoff tief in meine Lungen ein und stemme mich nochmal mit aller Kraft dagegen. Mit viel Schwung gibt die Wand endlich nach und ich plumpse unsanft auf den Boden. Die Akten und die Tasche landen unter mir und stechen in meine Hüfte. Meine Lunge giert nach dem frischen Sauerstoff und trinkt sich satt. Langsam weicht die Benommenheit und ich rolle mich auf den Rücken. Geschockt blicke ich dem Chaos entgegen. Der Wespenschwarm greift uns wieder an. Es scheinen mehr geworden zu sein. Kati blutet an einem Arm und versucht den Angreifern auszuweichen. Sie tritt gegen die fetten Leiber. Ihre Waffen liegen achtlos auf dem Boden. Wahrscheinlich ohne Munition. Kati´s Bestie steht an ihrem Rücken. Auch sie sieht sehr mitgenommen aus. Ihr rinnt Blut am ganzen Körper herab. Beide kämpfen Rücken an Rücken und verschaffen so ihrem Partner Deckung. Liam springt weiter oben von Insekt zu Insekt. Seine Augen glühen rot und gefährlich. Mist. Er ist wieder im Berserkermodus. Er hat die Kontrolle verloren. Seine Klauen und Zähne zerfetzen förmlich ihre Gegner mit Leichtigkeit. Die toten Leiber rieseln in die Tiefe, wie ein heftiger Sommerregen. Kleine Bluttröpfchen verteilen sich in der Luft und legen sich auf mir nieder. Ich erschaudere. Die Luft stinkt nach Blut, Tod und Eingeweiden. Widerlich! Sophie drängt sich hinter den General und blickt mit großen Augen zu mir. Caleb hat alle Hände zu tun, um die fünf Wespen aufzuhalten die unaufhörlich auf ihn ein stürmen. Dann höre ich ein unheilvolles Summen an meinem Ohr. Langsam drehe ich mich um und fluche ungehalten. Eine der Wespen hat mich entdeckt und angepeilt. Oh, Scheiße. Schnell umklammere ich meine Beute, rapple mich auf und nehme die Beine in die Hand. Ohne groß darüber nachzudenken rase ich auf den Abgrund zu. Mein Pulsschlag hat sich auf 180 erhöht. Gequält pumpt mein Herz den gerade erst gewonnen Sauerstoff in meine Muskeln und versorgt mich mit genügend Adrenalin. Ich sprinte um mein Leben. Dicht hinter mir ist die Wespe. Ohne anzuhalten springe ich mit geschlossenen Augen in den Abgrund. „LIAM!!“ Mein Schrei wird von den Wänden wiedergegeben. Ein lautes Brüllen antwortet. Als ich die Augen öffne rast der Abgrund auf mich zu. Kein Liam. Wo ist er? Ich drehe mich in der Luft und muss feststellen, dass mein Retter von einem dicken Schwarm Wespen aufgehalten wird. Panik! Hilfe! Die Luft saust an mir vorbei oder sause ich an der Luft vorbei? So hatte ich mir das nicht gedacht. Ich kreische nach meinem Partner, doch der kann sich einfach nicht von seinen Angreifern befreien. Ein verzweifeltes Jaulen dringt an mein Ohr. Ich schließe meine Augen und bete. Immer diese Kurzschlussaktionen. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)