Legends von Mitsunari_Ishida ================================================================================ Kapitel 3: Die Nachricht ------------------------ Die Nachricht „Wie geht es dir?“, fragte Palkia und sah zu ihr herunter. Seine roten Augen musterten sie neugierig. „Als ob du das nicht wüsstest“, sagte sie und schloss kurz lächelnd die Augen. Sie spürten immer, wie es dem jeweils anderen ging. „Ich möchte es aber gerne hören.“ „Ach weisst du“, begann sie. Sie merkte wieder einmal wie unglaublich froh sie um Palkia war. Dem Pokemon konnte sie sich immer anvertrauen, es hörte ihr immer zu. Genau so war es auch umgekehrt. Sie verstanden sich einfach ohne Worte. „Ich bin froh mal wieder zu Hause zu sein und mehr Zeit mit Dad und meinen Freunden zu verbringen.“ „Aber?“, hackte Palkia nach. „Ich ich habe das Gefühl, dass Lucia nicht viel Zeit für mich haben wird“, fügte sie hinzu und schaute zum Mond auf. „Und das tut schon etwas weh, immerhin ist sie doch meine beste Freundin. Wir haben schon lange nichts mehr unternommen, oder uns überhaupt länger alleine unterhalten.“ „Hör mal zu meine Kleine, ich weiss, ich bin ein Pokemon. Aber ich lebe schon lange genug um von mir behaupten zu können, dass ich die Menschen verstehe. Wenn Menschen in einer Beziehung sind, vergessen sie manchmal ihre Freunde, weil sie so viel Zeit wie möglich mit ihrem Liebsten verbringen wollen. Nimm es Lucia nicht übel, wenn sie die meiste Zeit momentan mit Kenny verbringt.“ Camille antwortete nicht. Im Grunde wusste sie, dass Palkia recht hatte, und dass sie vielleicht auch nicht besser wäre, hätte sie einen Freund. Doch das machte es nicht gerade einfacher. Zumal sie, was Paul betraf, noch einen Verdacht hatte, der das ganze noch komplizierter machte. Auch wenn es Paul niemals zugeben würde, selbst wenn es um sein Leben ginge. Um Camille aus ihren Gedanken zu reissen, stupste Palkia sie mit seiner Hand sanft an. „Mach nicht so ein Gesicht, das legt sich schon wieder“, versuchte es sie aufzumuntern. „Du hast ja recht. Was gibt es sonst neues?“, fragte sie um das Thema zu wechseln. Sie wollte jetzt nicht noch länger darüber reden. „Ich...habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Welche möchtest du zuerst hören?“ „Die schlechte“, sagte sie ohne nachzudenken. „Dann kann ich mich noch auf die Gute freuen. „Als schön“, begann Palkia. Es dachte kurz nach, offenbar um sich zu entscheiden, wo es anfangen sollte. „Du kennst Team Rocket?“, fragte es zuerst. „Ja klar. Die Organisation, die sich in Kanto und Jotho rumtreibt. Warum, was ist mit ihnen?“ „Es leben ja auch einige legendäre Pokemon in diesen Regionen“, fuhr es unschlüssig fort. Es wusste offenbar nicht, wie es alles erklären sollte. Doch bevor es das Geschehene überhaupt aussprechen konnte, vermutete Camille mit Schrecken, was passiert sein könnte. „Palkia?“, fragte sie zaghaft. Es seufzte schwer, was bei diesem grossen Pokemon ziemlich seltsam klang. „Team Rocket hat sie gefangen genommen, und hat es nun auf die legendären Pokemon der anderen Regionen abgesehen“, sagte es schnell, als würde die Tatsache, es schneller zu hören, es weniger schmerzhaft machen. Camilles Vermutung wurde bestätigt. Eine Zeitlang wusste sie nicht, was sie sagen soll. Die legendären Pokemon sind gefangen? Das bedeutete ja, dass auch Palkia in Gefahr war... Palkia war furchtbar beunruhigt, dass seine Partnerin nichts sagte. Es sah nur ihre vor Schreck geweiteten Augen. Hätte es ihr besser nichts davon erzählt. „Camille?“ „Sind wirklich alle gefangen? Einfach so?“ „Ja...alle. Ich weiss leider nicht, was genau passiert ist. Arceus hat es uns vor einigen Tagen mitgeteilt und uns gewarnt. Wir sollen alle vorsichtig sein.“ „Warum hat Arceus nichts unternommen? Es muss doch gesehen haben, wie Mew, Arktos und all die anderen gefangenen genommen wurden“, fragte sie wütend. Sie verstand den Gott aller Pokemon einfach nicht, dass es tatenlos zugesehen hat. „Bitte frag mich nicht etwas, auf das ich dir keine Antwort geben kann. Ich weiss es selber auch nicht“, antwortete Palkia ihr ruhig. „Ich möchte einfach, dass du auf dich aufpasst. Wenn du unachtsam bist, kann das auch gefährlich für mich werden.“ „Ja ich weiss. Ich werd schon auf mich aufpassen, keine Sorgen. Und was ist jetzt die gute Nachricht?“, fragte sie trocken. „Dialga, Giratina und ich bekämpfen uns nicht mehr und haben Frieden geschlossen. Das hängt zwar mit den Geschehnissen in Kanto und Jotho zusammen, aber das spielt keine Rolle.“ „Na wenigstens muss ich mir um dich in dieser Hinsicht keine Sorgen machen.“ „Bevor ich es vergesse“, sagte Palkia und legte seinen Schweif um Camille, um sie etwas näher an sich zu ziehen. „Ich bin furchtbar stolz auf dich, dass du die Sinnohliga gewonnen hast.“ Strahlend sah Camille zu ihm auf. Wenigstens etwas, über dass sie sich heute Nacht noch freuen konnte. „Danke vielmals. Das freut mich riesig.“ Am nächsten Morgen erwachte Camille erst spät. Sie hatte furchtbar geschlafen und einige Albträume gehabt. Sie zog sich die Decke über den Kopf. Darkrai hätte auch einfach seinen Hintern zum Felsen bewegen können und persönlich mit ihr sprechen können. Aber nein, viel lieber raubte es ihr den Schlaf. Sie schlug die Bettdecke zurück. Das Albtraumpokemon konnte froh sein, wenn es ihr in näherer Zukunft nicht über den Weg lief. Wie sie erwartet hatte, hatte Paul das Zimmer längst verlassen. Sie zog sich schnell an und machte sich verschlafen und alleine auf dem Weg nach unten. Nicht einmal Selfe hatte gewartet bis sie wach war. Erst dachte sie, dass alle anderen Bewohner des Hauses schon ausgeflogen waren, doch in der Küche traf sie endlich Rocko an, der den Abwasch machte. „Guten Morgen, Camille“, begrüsste er sie gut gelaunt. „Morgen“, gab sie nur als Antwort und setzte sich auf die Ablagefläche neben der Spüle. „Bist du alleine?“ „Ja, die anderen sind bereits alle unterwegs. Tut mir leid, dass wir mit dem Essen nicht gewartete haben, aber wir wollten dich nicht wecken.“ Camille gab ihm einen wissenden Blick. „Dad wollte, dass ihr mich schlafen lasst. Barry wollte mich bestimmt wecken.“ Sie kannte ihren Bruder gut genug um zu wissen, dass er vermutlich den Wasserkrug schon halb gefüllt hatte bevor ihr Vater überhaupt gewusst hatte, dass sie noch schlief. Rocko grinste. „Da muss ich nichts mehr hinzufügen. Möchtest du noch was essen?“ „Nein, nein, schon in Ordnung. Ich hab nicht wirklich Hunger.“ Das stimmte sogar. Beim Gedanken an Palkias Worte von letzter Nacht verging ihr gehörig der Appetit. „Weisst du, wo der Rest hin ist?“ „Ash und Barry sind zur Kampfzone aufgebrochen um sich einzuschreiben. Lucia und Kenny sind in die Stadt, da sie etwas Zeit für sich haben wollen. Wo Paul ist kann ich dir leider nicht sagen, er war schon weg als ich aufgestanden bin.“ „Ach so, verstehe. Und was hast du heute vor?“ Ein bisschen enttäuscht war sie schon. Sie konnte mit niemandem so richtig den Tag verbringen. Eigentlich hatte sie ja mit Paul trainieren wollen, doch wenn sie nicht wusste wo er war konnte sie das vergessen. Lucia und Kenny zu suchen würde auch nicht viel bringen, sie hatte keine Lust das fünfte Rad am Wagen, oder das dritte am Fahrrad in dem Fall, zu sein. Was Ash und Barry betraf... Sie mochte ihren Bruder furchtbar gerne und auch mit Ash verstand sie sich gut, doch ihr war nicht nach einem Training mit ihnen zumute. Das war ihr, nach der gestrigen Nacht, definitiv zu viel Hektik. „Ich geh Ash und Barry nachher zur Kampfzone nach, möchtest du vielleicht mitkommen?“, schlug Rocko vor. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ist schon in okay. Ich könnte die Zeit mal wieder für mich alleine nutzten. Seit Wochen war ich keinen Tag mehr alleine.“ Das war ein bisschen geschwindelt. Sie hätte den Tag gerne mit jemandem verbracht. Andererseits musste sie sich aber auch eingestehen, dass es vielleicht gar nicht so schlecht war, wenn sie ihre Gedanken ordnen konnte. „Wie du willst. Wenn du dich umentscheiden solltest kannst du ja immer noch anrufen. Bis später.“ Rocko verliess die Küche und liess Camille alleine in der Küche zurück. Sie seufzte und sah sich um. Wo war eigentlich Selfe? Sie vermutete, dass es wahrscheinlich bei den anderen Pokemon im Garten war. Also machte sie sich auf den Weg nach draussen. Im Wohnzimmer nahm sie unterwegs noch das Schachbrett und die Schachtel mit Figuren mit. Draussen angekommen legte sie das Spiel auf den Tisch und sah sich um. Es war traumhaft schönes Wetter. Keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen. Eigentlich war das Wetter fast zu Schade um zu Hause zu bleiben. „Camille!“, hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf und Selfe kam auf sie zugeschwebt. „Endlich bist du auch wach“, sagte es fröhlich. „Morgen Selfe. Sag mal hast du Lust mit mir eine Runde Schach zu spielen?“ „Na klar“, antwortete es erfreut und setzte sich auf den Tisch. Camille liess sich ihm gegenüber auf einem Stuhl nieder und begann die Figuren auf dem Spielbrett aufzustellen. „Wie geht es eigentlich Palkia?“, fragte das kleine Pokemon als es seine weissen Bauern auf seiner Spielseite aufstellte. „Ganz gut soweit, Palkia, Dialga und Giratina kämpfen nicht mehr. Aber den Grund dafür kennst du vermutlich schon“, sagte sie und versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. Es gelang ihr nicht. „Ja, weiss ich. Aber mach dir bitte nicht zu viele Sorgen. Sie werden Palkia nicht kriegen. Und mich auch nicht, du bist ja da“, sagte es aufmunternd. Camille wünschte sie könnte auf Selfes Worte hören, doch sie wusste, dass es dies nur sagte, damit es ihr besser ging. „Lieb von dir, aber ich mache mir trotzdem sorgen. Vermutlich werden sie zuerst nach Hoenn gehen, da diese Region näher zu Kanto liegt als Sinnoh. Aber das macht es nicht gerade besser. Ich mache mir auch Sorgen um die anderen legendären Pokemon.“ Selfe machte den ersten Zug. Es sah unglaublich niedlich aus wie es sich nach einem Bauern reckte und ihn ein Feld weiter nach vorne schob. „Aber wir sind auf jeden Fall gewarnt. Spätestens wenn die Legendären aus Hoenn gefangen genommen sind wird es für uns hier richtig ernst.“ Es bemerkte Camilles Blick. „Damit wollte ich nicht sagen, dass es egal ist was in Hoenn passiert, keines Wegs! Aber...“ Es hielt kurz inne. „Wir können im Moment sowieso nichts ausrichten. Du weisst ja selbst, dass viele Menschen die legendären Pokemon nur für Mythen halten. Zumindest die wirklich starken wie Palkia. Die Polizei wird uns nicht glauben. Und ich bezweifle, dass sie wirklich etwas ausrichten könnten. Denk doch nur schon mal daran wie stark ein legendäres Pokemon ist. Die Polizei hätte keine Chance gegen Team Rocket. Wir brauchen einen guten Plan.“ Etwas niedergeschlagen machte nun auch Camille ihren ersten Spielzug. Selfe hatte vollkommen recht und sie bewunderte es für die Ruhe, die es offenbar trotz der ganzen Sache noch hatte. „Du bist vermutlich im Moment die Einzige, die überhaupt was gegen Team Rocket ausrichten könnte. Aber alleine ist zu gefährlich und zu riskant“, sagte Selfe leise. „Warum sollte ich Team Rocket Widerstand leisten können?“ „Na weil du Palkias Partnerin bist! Wenn nur mehr legendäre Pokemon ihre Partner finden würden, dann könntet ihr euch zusammenschliessen und Team Rocket bekämpfen“, sagte Selfe überzeugt. „Tja, das können wir aber allerdings vergessen. Palkia ist das Einzige, welches sich Arceus' Willen widersetzt hat und seine Partnerin getroffen hat. Ich werde alleine bleiben, weil die anderen solche Angsthasen sind.“ „Vielleicht...vielleicht ändert Arceus seine Meinung ja.“ Selfe hielt an seiner Überzeugung fest, dass es die Partner der legendären Pokemon schaffen könnten. „Glaubst du wirklich daran? Arceus hasst die Menschen, das weisst du ja besser als ich.“ „Nein. Tue ich nicht. Aber ich glaube an die anderen legendären Pokemon. Und das solltest du auch. Ich bin mir sicher, dass wir es schaffen werden.“ Nach vier Spielen, die Camille zu ihrem missfallen allesamt verloren hatte, begann sie über ihre Strategie gegen Cynthia nachzudenken. Eigentlich war ihr nicht wirklich danach, doch sie wollte sich irgendwie ablenken. Erst einmal musste sie sich entscheiden, welche Pokemon sie im Kampf einsetzten wollte. Schnell war sie sich sicher, dass sie Raichu, Vulnona, Rexblisar, Lucario und Selfe mitnehmen würde. Doch welches sollte das Letzte sein? Sie hatte das Gefühl, dass sie schon seit Stunden hin und her überlegte ob es besser war Magnayen oder Scherox mitzunehmen. Beide waren sehr schnelle und starke Pokemon. Sie war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie gar nicht merkte wie der Abend näher rückte und ihr Vater nach Hause kam. „Wie geht es meiner Schlafmütze?“, fragte er zur Begrüssung als er zu ihr nach draussen trat. Sie schreckte hoch. „Schlecht ich kann mich nicht zwischen Scherox und Magnayen entscheiden“, sagte sie lächelnd und streckte sich. Selfe vergnügte sich mittlerweile mit den anderen Pokemon. Magnayen lag schlafend unter einem nahen Baum, Scherox hingegen machte Kampfübungen in die Luft. „Meinst du nicht, dass dir deine Pokemon die Antwort schon abgenommen haben?“, fragte Viktor und sah seine Tochter an. „Ich weiss ja, dass Magnayen in letzter Zeit immer mehr nachlässt. Aber ich weiss nicht warum“, sagte sie und schaute ins Leere. Sie hatte bloss eine Vermutung. Ihr Mangayen hatte allem Anschein nach Liebeskummer. Schon ziemlich lange, wenn sie darüber nachdachte. Deswegen hatte sie es für die Reise durch Sinnoh auch zu Hause gelassen und erst für die Liga wieder zu sich geholt. „Nimm Scherox. Ich denke es ist die bessere Wahl für so einen wichtigen Kampf“, sagte Viktor wissend zu ihr. Eineinhalb Stunden später waren auch die restlichen Hausbewohner zurück gekehrt und Rocko hatte gekocht. Zumindest fast alle waren zurück. Paul liess sich nicht blicken. „Müssen wir wirklich noch länger warten? Ich verhungere gleich“, jammerte Ash und lag auf dem Sofa als würde er gleich sterben. „Lasst uns essen“, schlug Camille vor. „Ich gehe eh nicht davon aus, dass Paul noch kommen wird. Das „alle zusammen zu Abend essen“ ist eh nicht so sein Ding.“ Das liess sich Ash nicht zweimal sagen und stürmte ins Esszimmer. Lachend folgten ihm die anderen. Beim Essen erzählte jeder begeistert von seinem Tag. Camille musste unweigerlich zugeben, dass sie die ganze Atmosphäre glücklich machte. Sie war, als sie noch jünger war, gewohnt, dass es meistens nur ihren Vater, Barry und sie gab. Ihre Mutter war meistens unterwegs gewesen, doch gestört hatte sie das nie. Doch die jetzige Situation mit ihren Freunden und ihrem Vater war wundervoll, sie waren wie eine Grossfamilie und das gefiel ihr. Doch ein düsterer Gedanke blieb ihr trotzdem: Wie lange würde es noch so sein, bevor Team Rocket alles zerstörte? Oder konnte sie das alles aufhalten? Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als es am Esszimmerfenster klopfte. Sofort sahen alle hin. Draussen auf dem Fenstersims stand mit mühe ein Iksbat. „Ein Iksbat, wie cool“, sagte Ash begeistert. „Ich wusste gar nicht, dass es hier wilde Iksbat gibt.“ „Gibt es auch nicht“, sagte Viktor als er aufstand und das Fenster öffnete. Das Iksbat flog blitzschnell herein und liess sich auf Camilles Schulter nieder. Es gab einen kurzen, freudigen laut von sich und stupste sie an. Erst jetzt bemerkte sie, dass ein Brief an einen seiner kurzen Stummelfüsse gebunden war. „Sag mal kennst du etwa dieses Iksbat?“, fragte Barry neugierig, sein Blick hatte er aber auf den Brief gerichtet. Seine Schwester musterte das Pokemon. „Ich glaube schon. Damals war es aber noch ein Golbat.“ Sie band den Brief los. Darauf wurde ihr Name in einer ziemlich schönen Schrift geschrieben. Sie erkannte die Handschrift und ihre Augen weiteten sich etwas vor Überraschung. Jetzt war sie sich auch ziemlich sicher, wem das Iksbat gehörte. Iksbat gab nochmals einen Laut von sich, offenbar um sie dazu zu bringen, den Brief zu öffnen. „Ist ja schon gut, ich lese ihn ja“, sagte sie zu dem Pokemon und öffnete den Brief. Sie bemerkte gar nicht, dass alle Blicke auf ihr ruhten während sie den Brief las. Als sie aufsah zuckte sie überrascht zusammen. „Ist was?“ Barry legte sein Kinn in seine Handfläche und grinste. „Wer schreibt dir denn, dass er das nicht mit der Post tut?“ „Geht dich einen feuchten Dreck an“, antwortete sie und schob den Brief in den Umschlag zurück. Sie war etwas nervös, das musste sie zugeben. Sie hätte nicht gedacht, jemals wieder etwas vom Briefschreiber zu hören. Sie stand auf. Diese unerwartete Bewegung warf Iksbat von ihrer Schulter und es zischte wütend. „Ich bin fertig, ich geh mal nach oben.“ Schneller als sie eigentlich geplant hatte verliess sie das Esszimmer und liess ihre Freunde und Familie verdutzt zurück. Iksbat folgte ihr schnell. In ihrem Zimmer ging sie direkt zum Schreibtisch, öffnete eine Schublade und holte Stift und Papier heraus. Sie schrieb „Ich werde da sein“ auf das Papier und band es um Iksbats linken Fuss. Das stellte sich als etwas schwieriger heraus als erwartet, aber als sie es geschafft hatte ging sie zum Fenster und öffnete es. Iksbat blinzelte sie zweimal fragend an, verschwand dann aber ohne weiteres in der Dämmerung. Mit offensichtlicher Mühe öffnete sich Camilles Zimmertür und Selfe zwängte sich durch den schmalen Spalt. Weiter hatte es die Tür nicht aufgebracht. „Was war denn mit dir auf einmal los?“, fragte es besorgt und sah seine Trainerin an. „Ach weisst du“, sagte sie und ging wieder zu ihrem Schreibtisch. Sie kramte in der obersten Schublade nach etwas. „Ich hätte bloss nicht gedacht, jemals wieder etwas von ihm zu hören.“ „Wer denn? Kenn ich ihn?“, fragte Selfe sofort. Bevor Camille antworten konnte, ging die Tür erneut auf und Lucia trat mit einem ebenso besorgten Blick wie Selfe ein. „Alles okay mit dir Camille? Du warst so schnell weg.“ Camille lächelte ihre Freundin an. „Mach dir keine Sorgen Lucia, alles bestens.“ Lucia lächelte nun ebenfalls. „Darf ich fragen, wer dir geschrieben hat?“ Das blonde Mädchen dachte kurz nach. „Ein Freund, den ich in der Hoennregion kennen gelernt habe. Ist lange her, dass ich irgendetwas von ihm gehört habe.“ Nun hatte Lucia ein breites grinsen im Gesicht. „Ach ja? Erzähl mir mehr von ihm.“ Camille rollte mit den Augen. Sie wusste genau, worauf ihre Freundin hinaus wollte. „Da war nichts.“ „Dann sag mir wenigstens warum du nichts mehr von ihm gehört hast.“ Als Camille nicht antwortete, fügte sie hinzu: „Du bist ja schon wie Paul, alles muss man dir aus der Nase ziehen.“ Sie lachte und warf Camilles Kopfkissen nach ihr. „Na warte, das gibt Rache“, antwortete diese und warf es zurück. Nun lachte sie ebenfalls. Palkia hatte wohl wirklich recht. Sie hatte Lucia noch nicht als ihre Freundin verloren, sie mussten nun einfach etwas zurückstehen und sich damit abfinden, dass ihre Freundin nicht immer Zeit hatte. Es brachte ihr ja nichts, wenn sie beleidigt war. So eine Kleinigkeit konnten sich gute Freundinnen ja verzeihen. Ihr ging der Text im Brief wieder durch den Kopf. Ihr selbst war ja offenbar auch verziehen worden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)