Another Malfoy von taluna (the story of scorpius malfoy) ================================================================================ Kapitel 2: Mut, Intelligenz, Treue & Stolz. ------------------------------------------- 1. September 2017 Genervt atmete Albus tief durch und blieb auf dem oberen Ansatz der Treppe sitzen. Er hatte einen guten Blick in das untere Stockwerk, wo er seine Eltern bereits wieder hetzen sah. James hatte Mal wieder zu spät gepackt, am Frühstückstisch eine Überraschungsbombe hochgehen gelassen und nun waren sämtliche Sachen, die eigentlich in den Koffer gehörten, im gesamten Haus verteilt. Immer wieder murmelte seine Mutter einen Spruch nach dem nächsten, während sein Vater von einem kurzen Abstecher aus dem Ministerium wieder zurück kam. Natürlich hatte der Abstecher länger gedauert und während Lily nun plärrend zwischen seinen Beinen hin und her hopste, raffte James seine Quidditchausrüstung in den Flur und bestand darauf, dass sie am Wichtigsten wäre, schließlich dürfte er sich als Zweitklässler endlich bewerben. Als wäre das nicht schon genug Chaos, flog Kleopatra, James weiße Eule fiepend um den Kopf seiner Mutter, ganz so, als hätte sie Angst zurück gelassen zu werden. An der Ader auf der Stirn seiner Mutter konnte Albus erkennen, dass sie kurz davor war, vollkommen auszuflippen und dann wollte er sich todsicher nicht in ihrer Nähe befinden. Albus rollte mit den Augen, als James damit anfing sich zu verteidigen. „Aber Mum! Quidditch ist wichtig! Die dummen Schulbücher kannst du mir auch noch nachschicken!“ Es war das Ende vom Anfang, oder zumindest so ähnlich. Die Stimme seiner Mutter donnerte nun wie ein gefährliches Unwetter sowohl über den Kopf seines Vaters als auch über den von Lily und James. Schließlich ließ sie Kleopatra mit einem gezielten Zauber erstarren und begann nun erst richtig wie eine Sirene zu keifen, zu toben und zu explodieren. Manchmal fragte Al sich, ob Onkel George daher seine Inspiration für Knaller bekam. Vorsichtig linste Albus nach links und bemerkte, dass sein Vater vor seinem Aufbruch das Arbeitszimmer unverschlossen gelassen hatte. Es war eine einmalige Chance. Hastig stand er auf und schob die Tür auf. Es war ihnen alle verboten das Arbeitszimmer ohne ihren Vater zu betreten und James hatte schon häufig Vermutungen angestellt, was sich alles dort drin befinden müsste. Einmal, als er zu viel Butterbier getrunken hatte, hatte Onkel Ron verlauten lassen, dass es einen Tarnumhang gab und sein Vater diesen besitzen würde. Als Albus danach gefragt hatte, bekam er lediglich zu hören, dass ein Tarnumhang kein Kinderspielzeug war. Innerlich wurde er ganz aufgeregt, als er daran dachte, dass er ihn vielleicht in diesen unachtsamen Moment finden würde und ihn nach Hogwarts schmuggeln konnte. Mit angehaltenen Atem betrat Albus das Arbeitszimmer und blickte auf einen großen Schreibtisch, der überladen von Briefen, Akten und anderen Schriftrollen war. Die Wand zu seiner rechten Seite war zu einem Bücherregal verzaubert worden, dass seine Tante Hermine mit Bücher vollgestopft hatte. Doch Albus vermutete, dass sein Vater in seinem Leben noch nicht eins davon hervor gezogen hatte. Zumindest ließ die dicke Staubschicht darauf schließen. Wo sollte er zuerst suchen? Der Stimme seiner Mutter nach zu urteilen hatte er maximal noch drei Minuten. Er sah nach links, wo zwei abgenutzte Sessel zueinander geneigt standen und in der Mitte den Blick auf einen kleinen Kamin zuließen. Albus fragte sich, wozu sein Vater im Arbeitszimmer einen brauchte, immerhin hatten sie einen im Wohnzimmer. Mehrere vereinzelte Kommoden standen herum, aber der junge Potter war sich sicher, dass er darin nichts finden würde, was wirklich wichtig war. So etwas, wie den Tarnumhang, würde sein Vater sicher mit doppelten Boden im Schreibtisch aufbewahren. Schnell trat er um den Schreibtisch herum, schob den Stuhl beiseite und hielt inne, bevor er die Schubladen aufriss. Was, wenn sie verzaubert waren? Nein, sein Vater hätte einen Zauber bereits über die Türschwelle gelegt, damit James und er erst gar nicht so weit kamen. Doch da die Tür aufgeblieben war, hatte sich der Zauber nicht noch einmal aktiviert. Albus öffnete direkt die unterste Schublade, doch er bekam nur noch mehr Papier zu sehen. Dann beeilte er sich in die anderen zu schauen. Doch er traf nirgendwo auf einen doppelten Boden. Ein Schnatz wollte herausfliegen, doch Al fing ihn flink wieder ein und stopfte ihn zurück. „Denken, denken, denken“, flüsterte er angestrengt. Wo würde er so etwas Wichtiges, wie einen Tarnumhang, aufbewahren? Sein Blick fiel auf den Schreibtisch und er bemerkte, dass die Platte ziemlich dick war. Die von Onkel George im Büro des Scherzartikelladens war dünner. Auch bei seiner Tante Hermine im Ministerium hatte er so etwas nicht beobachten können. Albus schob die große Unterlage, auf der die neue Mannschaft der Chudley Cannons abgebildet waren und ihm zuwinkten, beiseite und sah auf einen schmalen Umriss, etwas so groß, wie ein Schuhkarton. Und nun? Albus runzelte die Stirn und tat das, was sein Instinkt ihm riet. Er drückte die Platte nach unten, dann schob sie sich zur Seite und er sah überrascht auf den Inhalt. Kein Tarnumhang weit und breit. Wie enttäuschend. Stattdessen sah er auf ein magisches Taschenmesser, einen zerbrochenen Spiegel, ein leeres Pergament, das merkwürdig gefaltet war und eine Ausgabe der Hexenwoche, die seine Mutter bestimmt nicht in die Finger bekommen hatte. Albus grinste breit und sah, warum sein Vater genau diese Ausgabe versteckt hielt. Scheinbar war sein Vater zum Sexiest Wizard of Britain gewählt worden. Es wunderte Albus, dass niemand aus seiner Familie gequatscht hatte, aber genauer betrachtet hatte Tante Hermine keine Zeit zum Lesen solch eines Käseblatts gehabt und Granny hatte ihre Zeitung wohl ebenfalls nicht bekommen. Albus war fasziniert über die Leichen, die sein Vater im Keller, oder wörtlich gesprochen, im Schreibtisch versteckt hielt, doch das konnte seine getrübte Laune über den Tarnumhang nicht vertreiben. Dann schreckte er hoch. Seine Mutter hatte aufgehört zu schimpfen, jetzt musste es schnell gehen. Er wusste nicht warum, aber die Tatsache, dass sein Vater ein leeres Pergament versteckt hielt, machte ihn stutzig. Hastig steckte er es in den Bund seiner Jeanshose und strich sein Shirt drüber. Dann raste er aus dem Büro und wollte gerade lautlos und möglichst vorsichtig die Tür schließen, als er die Stimme seines Vaters hörte: „Al, was tust du da?“ Erschrocken zuckte er zusammen und ließ das Schloss klicken. „Du hast die Tür offen gelassen“, sprach er in einem vorwurfsvollen Ton und machte eine verstimmte Miene. Harry überwand die letzten Stufen und hob beide Augenbrauen, dann sprach sein Sohn: „Und du hältst James und mir Vorträge über Dinge, auf die wir achten sollen? Stell dir vor Sherlock Holmes wäre durch die Tür gehuscht, wäre er dann in Flammen aufgegangen?“ Der alte graue Kater der Familie war bekannt dafür, dass er sich überall herumtrieb, wo er besser niemals gewesen wäre und es kam Albus äußerst gelegen, dass genau jenes Pelztier nun die Beine seines Vaters umschnurrte. Möglichst erwachsen hob er Sherlock Holmes hoch und sprach: „Siehst du?“ Innerlich klopfte sein Herz bis zum Hals, doch dann entspannte sich die müde Miene seines Vaters. Er strich ihm durch das Haar und seufzte: „Tut mir leid. Und jetzt beeile dich bitte. Wir wollen gleich los.“ „Hast du Mum schon von den Wänden gekratzt, oder darf ich das wieder übernehmen?“ Sofort grinste sein Vater breit und Albus wusste, dass die Aufgabe, seine Mutter wieder zu beruhigen, bei ihm hängen bleiben würde. Er seufzte dramatisch und schritt die Treppen runter, dabei entging ihm nicht, wie sein Vater noch einmal die Tür zu seinem Büro überprüfte. Was in Merlins Namen versteckte er, dass er es so absichern musste? Und warum konnte er dann nicht zumindest den Tarnumhang herausrücken? Immerhin war er doch Auror genug, dass er solch ein Ding auf der Arbeit nicht brauchen würde. Während Albus Sherlock Holmes im Erdgeschoss los ließ und sich daran machte, dass Geschirr zu spülen und den Tisch abzuräumen, dachte er darüber nach, was er nun mit dem leeren Stück Papier anfangen sollte. Dafür hatte sich der Mut wohl kaum gelohnt. - - - Mit großen Augen sah Scorpius zum Hogwarts-Express. Die Lok machte einen so gewaltigen Eindruck auf ihn, dass er kaum den Mund schließen konnte. Immer wieder wurde er angerempelt, doch es war ihm egal. Erst, als er hörte, wie jemand seinen Namen rief, drehte er sich um und sah, dass Abraxas bereits verschwunden war. Wahrscheinlich konnte er es kaum erwarten aus den elterlichen Fängen zu verschwinden. Lucrezia weilte an der Hand ihrer Mutter und schien genauso wie Scorpius vollkommen gefesselt von der Lok. Letztes Jahr hatten sie nicht mitgehen dürfen und den Vormittag bei Granny Zissy verbracht. Irgendwo rechts von ihnen kreischte eine Gruppe von Jugendlichen lauf auf. „Da war ein haariges Bein!“, quiekte ein junges Mädchen und Scorpius rieselte ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er den Jungen mit der Kiste in den Händen verschwörerisch lächeln sah. „Vater“, begann er zögerlich, „Hogwarts ist doch nicht gefährlich, oder?“ Dem skeptischen und leicht verblüfften Gesichtsausdruck seines Vaters nach wohl eher nicht. Hastig wandte Scorpius sich ab und sprach zu Lucrezia: „Wehe, du räumst mein Zimmer nicht wieder auf, wenn du drin spielst.“ „Ich räume es immer auf!“, beschwerte sich seine kleine Schwester. „Du bist derjenige, der Erol immer die Arbeit machen lässt und dein Chaos nicht wegräumst.“ Sie streckte ihm die Zunge raus, doch dann reckte sie kurz, wie es sich für eine Malfoy gehörte das Kinn und sprach bestimmt: „Und schreib gefälligst. Nicht so wie Abraxas, einmal im Monat und dann auch nur drei Sätze.“ „Wenn du willst, schicke ich dir Bilder aus Hogwarts. Tante Daphne hat mir doch zu Weihnachten diese Kamera geschenkt und ich habe sie eingepackt.“ Sofort strahlte Lucrezia begeistert, dafür würde sie hoffentlich zumindest seine sorgfältig nach dem Alphabet geordneten Bücher in Ruhe lassen. Die Lok ließ Dampf ab und gab somit das Zeichen, dass sie bald losfahren würde. Herzlich schloss Astoria ihren Sohn in die Arme. „Pass gut auf dich auf, schreib hin und wieder und verlauf dich im Schloss nicht allzu oft und halt dich aus Ärger raus.“ Scorpius nickte und spürte mit einem Mal einen ziemlich heftigen Kloß im Hals. Sein Vater nickte lediglich und er verstand, dass dies seine Art zu sagen war, dass er nun gehen sollte. Mit viel Kraft wuchtete er seinen Koffer in den Zug, rutschte allerdings immer wieder ab, bis ihm eine helfende Hand zuvor kam. Es wurde heftig gedrängt und Scorpius drehte sich gerade um und sprach. „Danke“, als ihm halb das Gesicht stehen blieb. Ein rothaariger Mann mit nur einem Ohr grinste ihn breit an und schien äußerst vergnügt über seinen erschrockenen Gesichtsausdruck. Noch bevor er erneut etwas sagen konnte, wurde er unbarmherzig in den Zug geschoben und stolperte mit seinem Koffer über jede Menge anderer Gepäckstücke. Zum Glück hatte er seine Eule schon zu Hause Richtung Hogwarts fliegen lassen. Sir Lancelot würde den Weg schon finden. In diesem allgemeinen Tohuwabohu hätte er kaum noch einen Käfig halten können. Die Lok setzte sich in Bewegung und Scorpius zog mit aller Kraft das Fenster herunter, um winken zu können. Viel zu schnell verlor er seine Familie aus den Augen. Während sich die anderen Hogwartschüler schnell trollten, blieb er noch eine ganze Weile lang am Fenster stehen. Die Landschaft zog an ihm vorbei und Scorpius fühlte sich mit einem Mal schrecklich alleine. Auf die Hilfe seines Bruders brauchte er nicht zu warten, denn Abraxas hatte ihm nach dem Frühstück unmissverständlich deutlich gemacht, dass er ihm nicht am Rockzipfel hängen sollte. So war sein Bruder nun einmal. Gemein, manchmal ziemlich fies und niemand, auf den man sich verlassen sollte. „Scorpius, na alles klar bei dir?“ Verblüfft, aber auch grenzenlos erleichtert, sah der Malfoy nach links und entdeckte seinen Cousin. Tiberus Higgs kämpfte sich an mehreren Schülergrüppchen vorbei. Sein dunkelblondes Haar wirkte etwas durcheinander und blaue Augen sahen ihn strahlend an. Obwohl er noch eine ältere Cousine namens Giulia hatte, empfand er Tiberius als angenehmer und freundlicher. Obwohl er ganze sechs Jahre älter war als Scorpius, hatte er es noch nie erlebt, dass Tiberius bei Familien-Treffen genervt von ihm gewesen war. Weihnachten nahm er sich immer etwas Zeit, um zuerst mit Lucrezia ins Puppenparadies zu verschwinden und dann mit ihm neue Spiele durchzuprobieren, bis hin das er sich mit Abraxas hinaus in den Schnee wagte. Tiberius war ein ruhiger Geselle und sowohl Scorpius als auch Lucrezia vergötterten ihn. Früher hatten sie sich sogar regelrecht um ihn gestritten und schon Stunden vor seiner Ankunft nur Krawalle gemacht, sodass sie schließlich bei seiner Ankunft mit Hausarrest in ihren Zimmern schmollten. „Ich hätte mir denken können, dass Abraxas wieder einen auf Oliver Twist macht“, sprach Tiberius und tippte mit den Zauberstab gegen Scorpius' schweren Koffer. Dieser erhob sich und schwebte über die Schülermasse hinweg. „Komm, du kannst bei meinen Freunden und mir im Abteil sitzen.“ Sichtlich erleichtert darüber strahlte Scorpius und antwortete: „Danke. Abraxas meinte, ich sollte nicht hinter ihm herlaufen und mir, so wie er, meine eigenen Freunde suchen. Er habe keine Zeit sich um mich zu kümmern.“ An der Art und Weise, wie sein Cousin den Kopf schüttelte, wusste Scorpius, dass sein Bruder letztes Jahr ebenfalls bei Tiberius im Abteil gesessen hatte. Innerlich wurde er wütend darüber, dass Abraxas immer so gemein war, doch gleichzeitig kannte er es fast schon nicht anders. „Du solltest nicht alleine durch die Gegend turnen.“, sprach Tiberius und half Scorpius über einen Turm von Koffern. „Auch in Hogwarts nicht, merk dir das.“ „Okay“, nach dem Warum fragte er besser erst nicht. Überall waren Leute dabei ihre Sachen ins Abteil zu stecken, sich zu begrüßen oder noch nach einem Platz zu suchen. Hier und da musste sich Scorpius vor einem Vogelkäfig bücken und als er gerade versuchte über eine große Reisetruhe zu kommen und stolperte, hüpfte eine Katze auf seine Schulter. Erschrocken bemerkte er, dass sie nur ein Auge hatte und fürchterlich hässlich wirkte. Ihr weißes Fell war dafür jedoch umso weicher, als sie gegen seine Wange schnurrte. „Na hallo“, sprach er und streichelte sie vorsichtig. Anders, als Abraxas, wartete Tiberius auf ihn. „Hast du dich verlaufen?“ Tiberius kam näher und betrachtete sie: „Sie muss jemand Neuem gehören, denn ich schwöre, so etwas Hässliches habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen.“ Als würde die Katze ihn verstehen, fauchte sie laut und Tiberius zog belustigt seine Hand zurück. „Jemand wird sich doch sicher Sorgen um sie machen.“, überlegte Scorpius. „Ich frage, wem sie gehört und dann komme ich zu dir. Wo genau ist euer Abteil?“ „Ganz vorne, bevor die Abteilungen für die Schulsprecher kommen, aber bevor du alleine losziehst, komme ich mit dir.“ Tiberius hatte bereits bemerkt, dass Scorpius seinen Rat nicht ernst nahm. Doch bevor sein jüngerer Cousin direkt am ersten Tag einer Gruppe Leute in die Hände fiel, die es nicht so genau nahmen mit Friede, Freude, Eierkuchen, ging er lieber mit. Sobald Scorpius vom sprechenden Hut in Slytherin eingeteilt worden war, würde es immer jemanden geben, der auf ihn Acht gab. Aber bis nach Hogwarts waren es noch einige Stunden und Leute mit schlechter Erziehung würden sich bestimmt böse Scherze erlauben. Sie fragten sich durch mehrere Abteile, immer wieder wichen Leute zurück und sahen sich angewiderte das Katzenvieh an. Ein Siebtklässler sprach sogar offen aus, was er dachte: „Ey Mann, das Ding gehört in den Zoo!“ Einige Jüngeren verneinten schlicht und hin und wieder runzelte Scorpius die Stirn, wenn sie in ein Abteil traten, indem sich eine Mädchengruppe aufhielt. Sie kicherten verhalten und schienen sämtliche Geschützte aufzufahren, damit sie etwas länger blieben. Einmal drückte man ihn schlicht in das Sitzpolster und reichte ihm einem Keks nach dem anderen, während sämtliche Augen auf Tiberius lagen. Er fand das Verhalten albern, doch diese Gänse ließen einfach nicht locker. „Nein, ich will keinen Keks mehr, wir müssen weiter. Nein, ich habe genug, nein ich- Tiberius!“ Sein Cousin unterhielt sich immer glänzend und verstand die Hektik nicht. Hier und da wurde er von jemanden begrüßt und je weiter sie durch den Zug gingen, umso mehr wurde Scorpius bewusst, dass sein Cousin ziemlich beliebt zu sein schien. „Ich weiß gar nicht was du hast.“, sprach Tiberius, als sie sich mit Mühe und Not von drei hübschen Hexen losreißen konnten. Eine davon hatte Scorpius ein Stück Kuchen in den Mund geschoben, dass ihm die Zähne miteinander verklebt hatte. Er war überhaupt nicht dazu gekommen sich zu beschweren. „Wenn ich noch einen Keks essen muss, dann rolle ich nach Hogwarts!“, empörte sich Scorpius. „Sind das alle deine Freundinnen?“ - „Die eine oder andere“, meinte Tiberius und half ihm erneut über die Koffer. Er schüttelte den Kopf. „Ich möchte einmal wissen, was die Vertrauensschüler machen, normalerweise ist der Gang immer freigeräumt.“ Ein Junge mit kurz geschorenen Haaren steckte den Kopf aus dem Abteil und rief: „Hey Higgs, Glückwunsch zum Abzeichen.“ „Danke Griffith, ich sehe dich beim Probespiel.“ Tiberius wollte kurz die Katze nehmen, als sie erneut fauchte und Scorpius gab es auf, sie abzugeben. Jedoch wurde er bei der Erwähnung des Probespiels hellhörig. „Du bist Quidditchkapitän von Slytherin?“ Seine Augen wurden groß und er sah staunend zu seinem Cousin auf. Unwirsch zuckte Tiberius mit den Achseln. „Irgendjemand muss das ja machen und Sluggy dachte wohl, ich würde das ohne dem üblichen Tara hin bekommen.“ Scorpius wusste, dass der Hauslehrer von vielen liebevoll Sluggy genannt wurde, aber was Tiberius mit Tara meinte, war ihm ein Rätsel. Er wollte gerade zum nächsten Abteil, als er einen Haarschopf erblickte, den er kannte. Hastig wollte er weiter ziehen, als Tiberius ihn am Hemdkragen packte und sprach: „Nicht so schnell, wir sind lieber gründlich, als das wir dieses Vieh länger als notwendig mit uns herumschleppen.“ Es war deutlich zu hören, dass er die Katze nicht mochte. Noch bevor Scorpius etwas sagen konnte, riss sein Cousin die Abteiltür auf und innerhalb von Sekunden veränderte sich etwas an ihm. Etwas, was Scorpius bislang vollkommen unbekannt war. Seine Haltung bekam etwas seltsam Arrogantes und der Blick auf seinem Gesicht wirkte herablassend und leicht provozierend. „Sieh an, so viele Weasleys auf einem Haufen. Wird euch das nicht zu viel Gryffindor-Luft auf einmal?“ Scorpius sah in das Abteil und sein Magen zog sich leicht zusammen, als er Rose Weasley entdeckte. Die überhebliche Stimme ließ sie aufsehen und Rose blickte in das Gesicht eines älteren Schülers. Ihre Cousine Roxanne spannte sich sofort an und James ließ von Albus ab, sodass dieser sich den Schokofrosch schnappen konnte. Dabei stürzte er halb über Fred und hing in dessen Schoß. Noch nie hatte Rose erlebt, dass ihre halbe Familie sofort auf Abwehr geschaltet hatte. Alle außer Al sahen grimmig in die Runde und James zog sogar seinen Zauberstab. Es war schließlich Roxanne, die sich erhob. Als Sechsklässlerin hätte sie wohl eindeutig größere Chancen gegen den blonden Jungen. „Was willst du, Higgs? Wenn du Ärger suchst, dann bist du hier an der falschen Adresse.“ Ein feiner Rotschimmer legte sich über die Wangen der ältesten Weasley und Rose bemerkte, dass dieser Higgs nun äußerst breit grinste. „Nur zu, stell dich zum Duell!“, krähte James und Higgs brach in lautes Gelächter aus. Es war keineswegs ein freundliches Lachen, sondern vielmehr ein spöttisches. „Wenn du mehr als einen halben Meter misst, Potter.“ James lief feuerrot an und wollte gerade den ersten Spruch über die Lippen zischen, als Fred ihn davon abhielt. Higgs sah sich langsam um, dann sprach er: „Ich bin hier, weil Scorpius etwas Hässliches gefunden hat, was eventuell zu einem von euch passen würde.“ Dann schob er einen hellblonden Jungen vor und Rose riss überrascht die Augen auf. „Dornröschen!“ Erleichtert ihre Katze zu sehen, eilte sie auf den Jungen zu, den sie in der Buchhandlung getroffen hatte. Sie nahm ihm die weiße Katze ab und bemerkte, dass Dornröschen ihn nicht ein einziges Mal gekratzt hatte. Normalerweise mochte sie keine Fremden, alle voran ihren Vater nicht. „Sie ist mir im Gang auf die Schulter gesprungen“, sprach der Junge und zeigte ein scheues Lächeln. Rose bedankte sich überschwänglich: „Danke, ich habe mir schon Sorgen gemacht, aber meine blöden Cousins meinten, sie würde schon wieder auftauchen. Scorpius heißt du, habe ich das richtig verstanden?“ Unsicher nickte er und stotterte: „Ja... S-Scorpius Malfoy.“ Rose hob die Augenbrauen. Natürlich hatte sie schon von der Familie Malfoy gehört. Ihr Vater riss regelmäßig Witze über sie und zusammen mit Onkel Harry hatte er so einige Anekdoten zu erzählen. Sie wusste, dass beinahe alle Malfoys blond waren und von Natur aus nach Slytherin kamen. Fast so, als wäre es ein unbeschriebenes Gesetz. Ihrem Vater nach waren alle Malfoys arrogant, feige und hinterhältig. Elende Frettchen, um es mit seinem Wortlaut zu sagen. Ihrer Mutter nach, hätten sie auch ihre guten Seiten, nur soll es ihrer Meinung nach schwer sein sie aufzudecken. „Na ja, jedenfalls, wollte ich sie dir zurück geben, bevor sie von einem Koffer da draußen erschlagen wird.“ Rose streichelte ihre Katze zufrieden, dann bot sie an: „Bleib doch bei uns, willst du einen Keks?“ „Kleine, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich meinen Cousin den Löwen zum Fraß vorwerfe“, mischte sich Higgs ein und zog Scorpius wieder mit sich nach draußen. Roxanne ballte die Hände zu Fäuste und hob den Zauberstab. „Du solltest lieber auch das Weite suchen, Higgs. Sonst könnte es sein, dass ich mich vergesse und das willst du doch nicht!“ Das Grinsen auf seinen Lippen wurde noch breiter und schließlich sprach er: „Och, das letzte Mal, als du dich vergessen hast, hat mir ganz gut gefallen und dir auch, wenn ich mich nicht irre.“ „VERSCHWINDE! SOFORT!“ Roxannes Stimme war regelrecht schrill geworden. Scheppernd fiel die Tür zum Abteil zu und Rose schob traurig die Unterlippe vor. Sie hätte sich gerne noch weiter mit Scorpius unterhalten, er schien nett zu sein und das obwohl er ein Malfoy war. Sie ließ sich zusammen mit Dornröschen wieder auf das Sitzpolster fallen und sah in die Runde. Albus hatte sich mittlerweile wieder normal hingesetzt und schien genauso verwirrt zu sein wie sie. Allerdings wirkte er erleichtert, das James endlich einmal nicht mehr das 'Du-kommst-nach-Slytherin-Lied' sang. Nur mit viel Selbstbeherrschung ließ James sich zurück auf seinen Platz nieder und zischte: „Ich hasse diese elenden Slytherins, allesamt arrogante Snobs!“ Roxanne fuhr sich wütend durch ihre Haare, anders als ihr Bruder Fred, war sie wie gefährliches Dynamit. Und überhaupt, Rose fand, dass ihre Cousine sehr jungenhaft wirkte. Auf ihren T-Shirt sprang übergroß das B.ELFE.R- Logo und vor fünf Minuten hatten sie alle erfahren, das Roxanne der neue Kapitän der Hausmannschaft von Gryffindor war. Sie hatte James bereits wissen lassen, dass er keinerlei Verwandtschaftsbonus bekam, weil sie vor hatte Slytherin dieses Jahr den Erdboden gleich zu machen. Alles in einem war Roxanne alles, aber keineswegs mädchenhaft. Die Tür des Abteils glitt erneut auf und der wandelnde Beweis für Mädchenhaft trat ein. Sofort sahen alle auf, als sie das klangvolle Lachen hörten. Schön, wie die Morgensonne selbst, mit leuchtenden blauen Augen und silberblonden Haaren zog Victoire Weasley sämtliche Aufmerksamkeit auf sich. Sie trug schon die Schuluniform und hatte das Abzeichen für die diesjährige Schulsprecherin auf der Brust haften. „Na, na Roxanne, willst du mir nicht näher erläutern was Higgs meinte, es hätte ihm gefallen als du die Fassung verloren hast?“ Sie zwinkerte amüsiert, weshalb Roxanne noch einen Ton röter wurde. Rose fragte sich, ob es daher rühmte, dass sie wütend oder eher verlegen war. Anmutig ließ Victoire sich neben James nieder und warf ihr silberblondes Haar zurück. Sie schien äußerst gut gelaunt. „Es gibt wahrlich schlimmere Slytherins, als Higgs. Barrington und Griffith zum Beispiel.“ Bevor die Diskussion um den Schlimmsten aller Schlimmsten richtig Form annahm, quakte James dazwischen: „Vic, warum hast du Teddy auf dem Bahnsteig geküsst? Beim letzten Abendessen habt ihr nicht geknutscht!“ Sofort war das Haus Slytherin vergessen und Rose musste zugeben, dass sie das auch viel mehr interessierte. Sie grinste: „Sind Ted und du jetzt ein richtiges Paar?“ Roxanne verzog süffisant die Lippen: „Ja genau“, äffte sie mit kindlicher Stimme nach, „erzähl Vic, haltet ihr jetzt auch Händchen?“ Die frisch ernannte Schulsprecherin wurde tomatenrot und stammelte: „J-Ja... wir... mögen uns und... na ja...“ „Wie lange seit ihr denn schon zusammen?“, stichelte James neugierig. „Und ist knutschen nicht schrecklich eklig?“ Beide Potters verzogen synchron angewidert das Gesicht bei dem Gedanken ein Mädchen küssen zu müssen. Rose dagegen seufzte verträumt. „Einen Jungen, wie Ted, würde ich auch gerne küssen.“ Bei diesen Worten lachte Victoire amüsiert. „Gut zu wissen, Rosie. Aber ich bin sicher, du findest einen Ted in deinem Alter. Hat jemand Hunger? Maman hat mir Kürbiskuchen mitgegeben.“ Sofort war die Stimmung im Abteil wieder ausgelassen. Vergessen war jener Zwischenfall. Es wurde Zauberschach gespielt, indem Albus sie einer nach dem Anderen schlug. Fred erzählte von neuen Scherzartikeln, die Onkel George erfunden hatte und tauschte mit James Kotzpastete. Roxanne erzählte von dem schrecklichen Camp: „Wir mussten jeden Morgen um sieben Uhr aufstehen und so komische Spiele machen.“ - „Und selber kochen!“, empörte sich Fred noch dazu. Als sie zwei Wochen später nach Hause gekommen waren, hatten sie so gestunken, dass Tante Angelina sie eine halbe Stunde in der Wanne einweichen gelassen hatte. „Mum lässt uns jedenfalls nicht mehr so schnell mit dieser Jugendfreizeit fahren“, beendete Roxanne die Horrorgeschichte, über eine Tageswanderung, bei der sie in Strömenden Regen durch die Pampa gelaufen waren und von den ganzen Seltsamkeiten, was die Muggelspiele anging. Schnatzjagt und Leuteball, oder so ähnlich. Manchmal musste man sogar gegen einen Ball treten, damit der in einem Kasten landete und das war es dann. „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich Quidditch vermisst habe!“ „Und ein eigenes Bett.“, pflichtete Fred bei, „Wir haben die ganze Zeit in Zelte gepennt, die wirklich nur so groß waren, wie sie aussahen.“ Fakt war, beide gingen lieber mit Grandpa Arthur campen, als noch einmal so etwas Idiotisches mitzumachen. Ehe Rose sich versah, zogen sie sich auch schon für Hogwarts an. Der Zug wurde langsamer und im Gang wurde es voll. Sie konnte die Wappen der vier Häuser als Abzeichen auf den Umhängen der Schüler erkennen und folgte den Anweisungen ihrer Cousine. Victoire hatte sie bereits wissen lassen, dass sie ihr am besten erst einmal folgte. Auf dem Bahnsteig war die Hölle los, nachdem der Zug gehalten hatte. Albus stolperte direkt hinter ihr her und James konnte es sich nicht verkneifen noch einmal sein 'Du-kommst-nach-Slytherin-Lied' zu singen. „Irgendwann gebe ich ihm eins auf die Nase, versprochen!“ „Lass dich nicht immer so ärgern“, sprach Rose und reichte Roxanne ihre Katze. Innerlich hoffte sie, ihre Cousine würde auf Dornröschen aufpassen. Dann hörte sie Hagrid rufen: „Erstklässler hierhin. Erstklässler zu mir!“ Es dauerte, bis sie den Halbriesen erreichten. Viele Erstklässler sahen ihn bereits mit großen Augen staunend an und Hagrid selbst begrüßte Albus und sie herzlich. „Na ihr zwei, schon aufgeregt?“ „Aber sehr!“, hauchte Rose und Albus nickte lediglich an ihrer Seite. Nachdem sich das Chaos etwas gelegt hatte und Hagrid sicher sein konnte, dass sämtliche Erstklässler zu ihm gefunden hatte, zog er mit ihnen los. An einem Steg ließ er sie in Boote steigen und kaum, dass Rose sich zusammen mit Albus und zwei weiteren Schülern hingesetzt hatte, konnte sie das beleuchtete Hogwarts sehen. Noch nie hatte sie so etwas Schönes vor sich gehabt. Ihre Augen glänzten und sie war unfähig irgendetwas zu sagen. Wie von selbst fuhren die Boote über den See. Es war so still, dass man lediglich das Rauschen des Windes hören konnte. Zu sehr schien der Anblick des Zauberschlosses die Erstklässler zu faszinieren. Der Weg von der anderen Seite des Sees bis hoch ins Schloss war weit und als sie endlich die steinigen Treppen empor huschten, war Rose erleichtert. Aufgeregt erkannte sie am Kopfende der Treppe Professor McGonagall. Obwohl Rose ihr ein Lächeln schenkte, sah Professor McGonagall sie weiterhin streng an. Albus murmelte: „Scheint so, als hätten ihr Mum's letzte Muffins nicht sonderlich geschmeckt.“ Unter ihrem ungehaltenen Blick kehrte Ruhe ein und Professor McGonagall sprach mit einer eleganten Würde: „Ich heiße Sie alle herzlich willkommen in Hogwarts. In wenigen Augenblicken werden Sie die große Halle betreten und vom sprechenden Hut in ihr zuständiges Haus einsortiert. Gryffindor, Ravenclaw, Hufflepuff und Slytherin. Jedes einzelne Haus ist etwas Besonderes.“ „Von wegen ein Duell mit einer Todesfee!“, schimpfte leise hinter ihnen ein Junge und schien zugleich erleichtert zu sein. Mit halben Ohr hörte Rose der Professorin zu, wie sie von den Hauspunkten berichtete und dazu riet, dass sich jeder von seiner besten Seite zeigen sollte. Erst dann wandte sie sich um und die Schar an Schüler folgte ihr in die große Halle. Bei der plötzlichen Bewegung verlor sie Albus, aber auch das Gleichgewicht. Bevor sie jedoch die Treppe herunter stolpern konnte, hielt sie jemand fest und sie sah in das weiße Gesicht von Scorpius Malfoys. „Danke“, hauchte sie und er nickte: „Kein Problem. Tut mir übrigens leid, dass Tiberius so unfreundlich zu dir und deiner Familie war. Normalerweise ist er nicht so.“ Zusammen schritten sie Seite an Seite in die große Halle und Rose schenkte ihm ein Lächeln: „Roxanne ist normalerweise auch nicht so forsch, aber James ist leider tatsächlich so ein Troll.“ Scorpius erwiderte ihr Lächeln und gestand: „Mein Bruder ist ein bisschen wie er, nur noch viel gemeiner.“ Rose wusste nicht warum, aber die Anspannung wich aus ihrem Körper und sie fühlte sich nicht mehr ganz so alleine. Als sie den Blick nach vorne richtete, tat Scorpius es ihr gleich. Der junge Malfoy hatte kaum Zeit die verzauberte Decke zu betrachten. Es war, als würde er direkt in den Himmel schauen. Erst, als die Ersten stehen blieben, konnte er vorne, direkt vor dem Lehrertisch auf einem Hocker, den bekannten sprechenden Hut sehen. Professor McGonagall rollte eine lange Liste auf und sprach: „Wenn ich Sie aufrufe, kommen Sie bitte nach vorne, setzten sich den sprechenden Hut auf und warten darauf, Ihrem Haus zugeteilt zu werden.“ Erschrocken zuckte Scorpius zurück, als der Hut tatsächlich anfing zu sprechen, seine Stimme hallte an den Wänden wieder, denn er trällerte vergnügt: „Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw, Slytherin, die Auswahl ist groß. Reiche mir deinen Kopf und wir finden das perfekte Haus für dich.“ Kurz darauf folgte ein längeres Lied, doch statt sich auf den Inhalt zu konzentrieren, starrte Scorpius immer noch stumm den Hut an. Laut seiner Mutter hatte Granny Zissy ihn schon aufsetzten müssen und er fragte sich, wie alt der Hut tatsächlich war. „Ich weiß in Hogwarts am besten Bescheid und bin für jeden Schädel bereit. Setzt mich nur auf, ich sag euch genau wohin ihr gehört, denn ich bin schlau. Vielleicht seid ihr Gryffindors, sagt euer alter Hut, denn dort regieren wie man weiß, Tapferkeit und Mut. In Hufflepuff dagegen ist man gerecht und treu. Man hilft dem andern wo man kann und hat vor Arbeit keine Scheu. Bist du geschwind im Denken, gelehrsam auch und weise, dann machst du dich nach Ravenclaw, so wett ich, auf die Reise. In Slytherin weiß man noch List und Tücke zu verbinden, doch dafür wirst du hier noch echte Freunde finden. Nun los so setzt mich auf nur Mut. Habt nur Vertrauen zum sprechenden Hut!“ Während die Schüler nach dem Ende des Liedes laut klatschten, hörte Scorpius, wie jemand hinter ihm sprach: „Ich bin weder schlau, mutig, treu noch listig...“ Die Stimme des Jungen klang panisch, so als würde er befürchten wieder nach Hause geschickt zu werden. Sein mausbraunes Haar wirkte etwas zu kurz geschnitten und seine kindlichen blauen Augen sahen unruhig zum Hut. Scorpius drehte sich zu ihm um und bemerkte, dass er an den Saum seines Umhangs herum zerrte. „Das glaube ich nicht. Der sprechende Hut findet für jeden einen passenden Platz.“ Neben ihm nickte Rose zustimmend: „Und von meiner Mutter weiß ich, dass er dabei sehr gründlich vorgeht.“ Der fremde Junge schien ein wenig beruhigt und kurz darauf rief Professor McGonagall auch schon den ersten Namen auf. „Abber, Nicholas.“ Ein schlaksiger Junge trat vor, setzte sich auf den Hocker und kurz darauf verkündete der sprechende Hut mit fester Stimme: „Gryffindor!“ Der Tisch der Löwen brach in lauten Jubel aus. Nach der zweiten Einteilung wurde Scorpius bewusst, dass es durchaus im Bereich des Möglichen lag mit einem Hut zu diskutieren. Er schien zu wissen was er tat, aber wenn es etwas dauerte, konnte er am Gesicht des Schülers sehen, dass sie stumm miteinander redeten. „McLaggen, Eric.“ Scorpius wurde ungeduldig und spürte, dass seine Hände feucht wurden. Es fröstelte ihn und er hatte das dringende Bedürfnis sich zu übergeben. Dann hörte er seinen eigenen Namen und trat vor. Unsicher kletterte er auf den Stuhl. Die große Halle war ruhig, alle sahen ihn an und er fühlte sich schrecklicher denn je. Erst, als Professor McGonagall ihm den Hut aufsetzte, verschwand die Sicht vor seinen Augen. »Na hallo, ich hatte den nächsten Malfoy erst in zwanzig Jahren erwartet.« „Meine Schwester kommt in zwei Jahren noch“, flüsterte Scorpius der piepsigen Stimme zurück und rutschte ungeduldig auf den Stuhl hin und her. Er hörte ein Lachen, dann sprach der Hut: »Dann wollen wir einmal sehen, was in deinem Kopf so vor sich geht. Hoppla, jede Menge Wissensdurst und Intelligenz, bist ein helles Köpfchen. Aber da ist auch Mut, versteckt, aber er ist da, Gryffindor wäre sicherlich eine gute Wahl für dich.« Sofort versteifte sich Scorpius. „Nein, nein. Nicht Gryffindor, bitte. Slytherin wäre gut. Mein Bruder ist schon dort, außerdem kommen alle Malfoys nach Slytherin.“ Der Hut schwieg und Scorpius hörte sein Herz heftig klopfen. Wenn er nach Gryffindor kommen würde, dann könnte er nie wieder nach Hause. »Du bist kein Slytherin«, sprach der Hut schließlich bestimmt. »Nein, nein, da werde ich dich nicht hinschicken. Aber wenn du nicht willst, dann auch nicht nach Gryffindor. Hm...« Der Hut schien zu grübeln und Scorpius war unmerklich erleichtert. »Du hast recht, Gryffindor hat eindeutig schon genug große und kleine Helden hervorgebracht.« Sofort bekam Scorpius Angst und lauschte gebannt. »Versprich mir, dass du deinem Haus zu einer neuen Größe verhilfst, wenn ich dich als eine kleine Gefälligkeit nicht nach Gryffindor schicke.« „Alles“, versprach er, auch wenn er die Worte nicht verstand. Was meinte er damit, zur Größe helfen? Als hätte er seinen Gedanken laut ausgesprochen, kicherte der Hut. »Das wirst du noch früh genug verstehen, nun denn Scorpius Malfoy, ich bin gespannt auf dich.« »HUFFLEPUFF!« Es war totenstill in der großen Halle. Vorsichtig nahm Scorpius den Hut ab und starrte ihn an. Huffepuff? War das sein Ernst? Ratlos blickte er zu Professor McGonagall, doch auch sie schien nicht zu wissen, wie sie reagieren sollte. Stattdessen musterte sie ihn mit offenen Mund. Scorpius räusperte sich, schluckte und begriff erst langsam, was der sprechende Hut ihm angetan hatte. Alle Mafloys kamen nach Slytherin. Alle! Er wollte keine Ausnahme sein. Dann erinnerte er sich an die Worte des Hutes, als sie einen Deal gemacht hatten, von dem er erst jetzt die Tragweite registrierte. Ganz langsam schritt er zum Tisch der Dachse und dort begannen die ersten zu klatschen. Zögerlich, aber dann immer lauter. Der Knoten in seinem Magen drang bis zu seinem Hals hinauf und Scorpius fühlte sich, als würde er keine Luft mehr bekommen. Zittrig ließ er sich am Tisch nieder und fühlte sich schrecklich beobachtet, denn sämtliche Hufflepuffs sahen ihn regungslos an. Sein Blick glitt zum Tisch der Slytherin, dorthin, wo er eigentlich nun sitzen sollte. Im Gesicht seines Bruders konnte er nicht lesen und wandte sich schließlich ab. Was würden erst seine Eltern dazu sagen? Die Tatsache, dass Professor McGonagall eine weitere Schülerin aufrief und sich endlich die Aufmerksamkeit wieder verschob, erleichterte ihn sehr. Es folgte noch eine lange Liste an Namen. Potter, Albus wurde unter tosenden Applaus ein Gryffindor und Scorpius konnte beobachten, wie der Potter einem anderen Gryffindor überschwänglich eine Kopfnuss gab. Da beide eine gewisse Ähnlichkeit miteinander hatten, vermutete er, dass es sich um dessen Bruder handeln musste. Ein paar Schüler später trat Rose Weasley vor. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der Hut sich zu entscheiden schien. Schließlich wurde aus ihr eine Ravenclaw und der Tisch mittig johlte laut auf. Ein Junge mit einer übergroßen Brille und ein Mädchen mit leuchtenden roten Haaren – bestimmt ebenfalls eine Weasley begrüßten sie herzlich. Sofort fühlte Scorpius sich wieder einsam und er suchte nach seinem Cousin Tiberius, doch von seinem Platz aus konnte er ihn nicht entdecken. „Lass sie doch endlich eine Rede halten“, murmelte der Junge ihm gegenüber und Scorpius wurde bewusst, dass er ihn bereits im Zug gesehen hatte, zusammen mit Rose im Abteil. „Wenn sie noch länger braucht, dann sterbe ich vor Hunger.“ Als hätte Professor McGonagall seine Gedanken gelesen, entließ sie mitsamt den Hut das letzte Kind Richtung Slytherin und klatschte freudig in die Hände. Prompt erschien auf den Tisch der Häuser ein Festessen. Mit ungläubigen Augen und offenen Mund starrte Scorpius am Tisch entlang. Sämtliche Dachse griffen beherzt zu, doch er war immer noch zu fasziniert. „Wow!“, sprach jemand neben ihm und erst da begriff Scorpius, das jener Junge neben ihm saß, der so viel Angst vor der Hutauswahl gehabt hatte. „Ist ja Wahnsinn und das ist alles magisch erschienen?“ Er griff zu den Kartoffeln und häufte sich eine ordentliche Portion auf. „Du auch? Ach, bevor ich es verschwitzte, ich bin Quinn Hayes.“ Er grinste breit. Irritiert, aber auch erleichtert nahm Scorpius die Hand an und stellte sich vor, dann griff er ebenfalls zu und spürte zum ersten Mal, was für einen Hunger er eigentlich hatte. „Man, wie lecker!“ Quinn schmatzte laut neben ihm und Scorpius konnte nicht anders, er vergaß seine Tischmanieren etwas. „Hey, ihr müsst noch Platz für den Nachtisch lassen“, wies sie der Junge ihnen gegenüber darauf hin, als sie sich zum dritten Mal Nachschlag nehmen wollten. Nachdem sie sich immer wieder schmatzend gegenseitig versichert hatten, dass sie alle noch nie besseren Schokoladenpudding gegessen hatten, wusste Scorpius, dass er einem Weasley gegenüber saß. Fred war bereits im zweiten Schuljahr und schien ein aufgeschlossener Geselle zu sein. Er machte Witze und sorgte immer wieder dafür, dass Holundersaft aus Quinn's Nase schoss, wenn er trank. Noch nie hatte Scorpius so viel bei einem Abendessen gelacht. Sein Bauch tat hinterher nicht nur vom Essen weh, sondern auch vom Lachen. Und als Professor McGonagall in ihrer Abschlussrede darauf hinwies nicht den verbotenen Wald zu betreten, bekam er davon nicht mehr besonders viel mit, denn er war zu beschäftigt damit nicht an seinem Kürbissaft zu ersticken, nachdem Fred einen Witz über einen Troll, einen Hauselfen und einer Todesfee erzählte, die zusammen eine Kneipe aufsuchten. Wenn er zu Hause solche Manieren bewiesen hätte, hätte er sicherlich eine gesamte Woche Hausarrest bekommen. Am Ende stimmte ganz Hogwarts noch ein Lied an, jeder sang, wie es ihm gefiel und dabei entstand ein großes Durcheinander. „Die Vertrauensschüler begleiten euch zu den Gemeinschaftsräumen“, erklärte Fred, als sämtliche Erstklässler sich hinter einem Jungen einordnen sollten, der eine so lange Nase hatte, dass er sie als Wäscheleine hätte benutzen können. Es war, als würden sie dasselbe denken, kicherten Quinn und Scorpius hinter vorgehaltener Hand. Zusammen reihten sie sich hinter der Langnase ein und hörten, wie er sich mit einem anderen Mädchen stritt, das ebenfalls ein großes 'V' auf der Brust hatte. Als sie ihren Streit beiseite legten, wurden sie harsch aufgefordert ihnen zu folgen. „Von wegen Hufflepuffs sind freundlich und ausgeglichen. Der fette Mönch hat uns Unsinn erzählt“, flüsterte Quinn, kurz darauf sagte jedoch keiner von ihnen mehr etwas. Sie waren zu fasziniert davon Hogwarts zu erkunden. Die Treppen schienen ein Eigenleben zu führen, die Porträtbewohner musterten sie neugierig und einmal mussten sie anhalten, weil drei Erstklässler nicht schnell genug die Treppe empor kamen und sich auf der anderen Seite des Stockwerkes befanden. Scorpius wäre beinahe in einer Tricktreppe stecken geblieben, wenn Quinn ihn nicht herausgezogen hätte. Dann trappten sie die Treppen wieder runter und am Ende hatte Scorpius das Gefühl unter der Erde zu sein. Der Zugang zum Gemeinschaftsraum befand sich im selben Korridor, wie der zur Schulküche. Scorpius konnte die Hauselfen spülen und arbeiten hören. Die Gruppe schritt am Stilleben vorbei und blieb vor einer Wand hohen Lagerung von großen Fässern stehen. Dort klopfte Langnase in einem bestimmten Rhythmus gegen das zweite Fass von unten in der Mitte des Stabes. „Merkt euch den Rhythmus und das Fass gut! Wenn ihr im falschen Takt klopft, dann werdet ihr mit Essig aus einem Fass übergossen.“ Das richtige Fass gab eine Tür frei, Langnase bückte sich und alle folgten ihm brav wie Schäfchen. Als Scorpius den kleinen Gang ein Stück nach oben trat, erreichte er einen gemütlich eingerichteten Raum, mit gelben Wandbehängen und dicken, komfortablen Sesseln. Der Kaminsims wurde geschmückt mit geschnitzten Dachsen. Oben drüber hing ein Porträt von Helga Hufflepuff, dass sie mit ihrem Trinkpokal zeigte. Die Fenster waren klein und rund, doch trotzdem strahlte der Gemeinschaftsraum eine angenehme Wärme aus. „Die Schlafsäle der Mädchen liegen auf der linken Seite, die der Jungen auf der rechten Seite“, sprach die Langnase arrogant und Quinn rollte mit den Augen. Nachdem sie sich ausreichend umgesehen hatten, huschten sie drei Stufen durch eine runde Tür. Am Ende des schmalen Ganges waren mehrere ebenfalls runde Türen zu sehen. Quinn und Scorpius schoben sich ins letzte Zimmer und erkannten einen leeren Schlafsaal. Drei breite Betten empfing sie. Auch hier waren die Fenster rund und Scorpius erkannte drei dunkle Schreibtische, die direkt an den Nachtkonsolen grenzten. Sein Koffer stand bereits im Zimmer und Scorpius ließ sich erschöpft auf sein Bett fallen. Der Schock in seinen Knochen nicht nach Slytherin gekommen zu sein, hatte sich mittlerweile etwas gelegt. „Man, bin ich vollgefressen“, murmelte Quinn rechts von ihm. Scorpius musste sich zwingen aufzusehen, als die Tür zu ihren Schlafsaal noch einmal auf glitt und ein Junge mit schwarzen Haaren, die ihm immer wieder in die Augen fielen, eintrat. Anders als Quinn, dessen Gesicht Freundlichkeit ausstrahlte, sah der neue Junge Scorpius finster an. Ohne ein Wort zu sagen, steuerte der Junge sein Bett an. Eine Katze mit drei Beinen folgte ihm. Stumm betrachteten Scorpius und Quinn ihn, bis Letzter seine Beine aus dem Bett schwang und sprach: „Und du bist wer?“ Beide erwarteten sie keine Antwort, doch zu ihrer Überraschung konnte der Neue durchaus sprechen: „Nathaniel Steel.“ „Ahoi, ich bin Qinn.“ „Und ich-!“, begann Scorpius, doch Nathaniel unterbrach ihn: „Ich weiß wer du bist, Malfoy. Todessernachkommen. Das sagt doch alles.“ Der Magen von Scorpius zog sich brutal zusammen. Er presste die Lippen aufeinander und zwang sich nicht komplett einzuknicken. Verwirrt sah Quinn zwischen ihnen hin und her: „Was ist ein Todesser?“ „Muggelstämmig?“, wollte Nathaniel forsch wissen und als Quinn nickte, lachte er verächtlich. Erst als er das Zimmer wieder verließ, fühlte Scorpius sich wieder besser. Trotzdem blieb ein bitterer Nachgeschmack und er spürte, dass Quinn ihn misstrauisch anblickte. „I-Ich will noch einmal in den Gemeinschaftsraum, kommst du mit?“, wollte Quinn wissen und Scorpius verneinte. Erst, als sein neuer Mitbewohner den Raum verlassen hatte, nahm er sich die Zeit, tief durchzuatmen. Noch nie hatte er solch einen schlimmen Tag hinter sich gebracht. Beim Abendessen hatte er sich noch sehr wohl gefühlt und sich davon täuschen lassen, was er eigentlich längst wusste. Nämlich, dass er in Hogwarts kaum ein zweites zu Hause finden würde. Scorpius war nicht blauäugig in den Zug gestiegen, er wusste was die Leute redeten. Schon früh hatte er sich bei Flourish & Blotts verbergen können, wenn die Frauen seine Mutter an der Kasse sahen und über sie tuschelten. Und seit er an jenem späten Nachmittag unerlaubt in das Arbeitszimmer seines Vaters getreten war, wusste er, warum seine Familie nur selten aus ging und nur einen kleinen Kreis an Bekannte und Freunde pflegte. Etwas klopfte gegen eines der kleinen, runden Fenster und Scorpius stand auf. Erfreut sah er, dass Sir Lancelot, seine Eule, noch den Weg zu ihm gefunden hatte. Er öffnete das Fenster und der kleine Kauz ließ sich auf seinem Arm nieder. Der Kloß wurde kleiner und Scorpius setzte sich mit ihm zusammen auf seinen, noch leeren, Schreibtisch und streichelte ihn sanft. Schließlich setzte er sich richtig hin und griff zu einem Blatt Papier und tunkte die Feder in Tinte. Sir Lancelot saß derweil auf seiner Schulter, fast so, als würde er jedes Wort mitlesen, dass er schrieb. Je eher er seinen Eltern schrieb, desto eher brach die Familien-Schande über ihn herein und er hätte es hinter sich. Gleichzeitig wünschte sich Scorpius jedoch, als er den Brief an Sir Lancelots Bein band, dass er niemals ankommen würde. tbc. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)