Grey shades von Lichtschwimmer ================================================================================ Kapitel 1: Was war schon Realität --------------------------------- ~*Grey shades*~ >"Es stehn zwei Freunde Hand in Hand" >"Meine Soldaten" - von Maxim Nur ein Laternenlicht schickte seine entkräfteten Strahlen durch den offenen Spalt der Vorhänge. Der Nachtwind ließ den Stoff Wellen schlagen, pfiff seine Melodie durch die kleine Öffnung des gekippten Fensters, verklang dann irgendwo im Zimmer, abgeprallt von den leisen, tiefen Seufzern. Die Luft war knapp, die Luft war kostbar und man war bedacht nicht allzu laut zu werden, obwohl es einem in jedem Moment den Atem raubte und es schwer war sich nicht dem Gefühl ganz hingeben zu können. Niemand darf es bemerken, niemand darf sie hören, niemand darf herein platzen, es war nicht richtig und im Zimmer war man sich ohne Worte einig, dass nach dem Morgengrauen die zuvor sinnlichen Lippen still schwiegen. Ungestüm aufgrund der Angst und der Vorstellung des Verlustes, leidenschaftlich wegen all den versteckten Gefühlen und angestachelt durch die täglichen Taten war der Geist heute zu schwach gewesen, um das Unheil abzuwenden. Hände hatten sich sanft auf Wangen gelegt, hatten Tränen zur Seite gestrichen, die man zum ersten mal wegen sich dort gesehen hatte. Lippen waren auf die Stirn gewandert, hatten sich entfernt, bevor man überraschenderweise hinab gezogen wurde. Der Zimmerschlüssel war schnell im Schloss gedreht worden und nur langsam war man sich bewusst geworden, dass es die letzte Nacht war. Die Erste. Mit dem Gedanken, dass Morgen sowieso alles sein Ende finden würde, waren Küsse sanft getauscht, war Haut erkundet und Worte geflüstert worden. Das Licht schon längst gelöscht, waren die roten Wangen verschwunden, verlor man die Kontrolle. Selbst wenn die Singstimme den eigenen Namen hauchte, rau und sinnlich, konnte man nicht daran glauben Realität zu atmen. Stoff hatte sich leicht vom Körper lösen, aus dem Bett schieben lassen, um irgendwann endlich die Erlösung zu finden, die man in den etlichen Minuten gesucht hatte. Glühend schwebend ein letztes mal die Hand auf den eigenen Mund pressen, damit niemand anderes den Moment gefangen nehmen konnte. Und schon wurde man hinweg gerissen, überrollt von schillernden Farben vor den Augen und wildem Getribbel im Bauch, der Kopf war leer. Das Knirschen von Zähnen, feine Haare streifen den Kehlkopf, ehe die eine Seite des Bettes tiefer einsinkt, sich Finger miteinander verflechten und Gedanken ihre Kreise drehen. Hand in Hand betritt man das Land der Träume, ein erstes und letztes mal – steht in wenigen Stunden Seit an Seit vor Blitzlichtern und versucht stetig nicht an das zu denken, was laut dem Versprechen niemals passiert ist. Bald an zwei verschiedenen Orten. Liebe und Freundschaft. Hand in Hand. Jetzt für Monate getrennt, gehen eigene Wege, nehmen stumm Abschied – ohne zu wissen ob es je ein Wiedersehen gibt. Es stehn zwei Freunde Hand in Hand Und nehmen Abschied still, Sie ziehen in ein fremdes Land, So weit das Schicksal will. Sie ziehn betrübt und traurig fort, Noch unbestimmt an welchen Ort. Doch denken beide, eh sie gehn: Wer weiß, ob wir uns wiedersehn. Seufzend klappt er den Laptop zu. Nein das hatte er an seinem letzten Abend definitiv nicht lesen wollen. Er war schon angespannt und zerstört genug, da war es ein Fehler gewesen sich der Fantasie der Fans zu widmen. Ihre Liebe war heilend für so manche seelische Wunde, ihre Unterstützung half jedem in manch so kraftloser Situation – aber sie waren auch anstrengend. Der Service für die Fans war ein täglich Brot, der an Nerven zerren und sie auch zerreißen konnte. Er wollte nicht wissen wie viele gerne noch die Frage an Ryeowook richten würden, wie er sich dabei fühlte, wenn er daran dachte Yesung fast die nächsten zwei Jahre nicht zu sehen. Er konnte sich nur vorstellen, dass hunderte solche Texte in den nächsten Stunden, Tagen und Wochen erscheinen würden, jedesmal mit Milliarden von salzigen Tränen gespickt und am Schluss mit dem erlösenden Kuss gesegnet oder gar... Gar den Verwandten von diesem Text, den er soeben gelesen hatte. Es war ihm noch nie in den Sinn gekommen, dass er mit Ryeowook – wer kam auf solche Ideen? Es lag ja nicht einmal in ihrer Macht darüber zu entscheiden, sie hatten sich den vorherrschenden Gesetzen einfach nur zu beugen, ob Gefühle ihm Spiel waren oder nicht, allein die Gedanke an das Anders sein wollte man aufgrund der Folgen für immer aus dem Wortschatz streichen. Und ihm stand es gerade erst recht nicht zu, Fragen zu stellen oder Normen an zu zweifeln, morgen würde er die Uniform anlegen, morgen würde er einer von vielen werden – kein Idol für lange Zeit. Es galt den Namen zu vergessen, es galt Gefühle zurück und die Stimme allein mit üben am Leben zu halten. Natürlich gab es Lichtblicke, es war kein Gefängnis. Doch die Vorschriften sagen an: Auf die Knie, Augen senken, Bitte, Ja und Amen sagen. Aber so stark war ich nie. Werde ich nie. Mag sein, dass ich alles akzeptieren kann, dass ich zurücklassen und mich krümmen kann, einen Moment in der Menge mitlaufe und den Rhythmus halte – doch eine Note, ein Takt, eine Melodie und schon würde ich straucheln. Es braucht nicht viel. Das Herz greift sicher nach jedem Strohhalm. Ich werde aus der Reihe tanzen, wortwörtlich. Tanzend, singend, meiner Bestimmung folgend, meinen Namen hab ich nicht vergessen. Auf die Knie, Augen senken, Bitte, Ja und Amen sagen, Kim Jongwoon. Mein Name. Nicht so richtig – schon irgendwie, aber auch nicht ganz. Yesung. Auf die Knie, Augen senken, Bitte, Ja und Amen sagen – der Name wird nie damit fallen, mit dem diesem Namen bin ich frei, mit diesem Namen kann ich leben. Man mag nicht ganz frei sein, man mag nicht erlöst sein von den Ketten – aber ich hab die Verlängerung, die zusätzlichen Glieder gefunden, um mich mehr bewegen zu können. Die Bühne, das Singen, die Auftritte, alles Elemente, die mir erlauben das zu leben was ich will, aber nicht kann. Verwirrende Welt. Meine Gefühle von Kim Jongwoon werden taumeln, sie werden brechen und fallen sobald die Musik wieder ein Teil von mir sein kann – mir. Wird sie einstürzen wie ein Kartenhaus. Ein guter Soldat stellt keine Fragen. Er läuft Runden im Park, bis die Beine versagen. Die Stirn in den Staub wie ein Ja und ein Amen. Ein Soldat vergisst alles, im Falle des Falles auch den eigenen Namen. Doch ich brauch nur einen Verräter, eine undichte Stelle, einen winzigen Stein für eine gewaltige Welle, ein Funken im Zunder und alles steht wieder in Flammen. Die ganze Fassade klappt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Klappt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Was war schon Realität. Graue Wolken schieben sich über den Himmel, sperren die Sonne hinter Schloss und Riegeln, werfen Schatten auf den Grund. Die Vorhänge, immernoch an der selben Stelle, ließen nicht viel Licht in das Zimmer. Keiner von beiden glaubte noch daran, dass der andere noch schlief. Der Daumen strich immer wieder über den Handrücken, die Augen tasteten die Decke ab. Leiser Atem. Schnelles Herz. Kein Blick zur Seite wird erlaubt, man ignorierte das erste und zweite fragende Klopfen an der Tür und schließlich schlossen sich die Augen wieder. Kurz. Finger zogen sich zurück. Die Anspannung kehrte in den Körper ein. Und während die Wärme sich entfernte, das Tapsen von nackten Füßen auf dem Boden die Ohren erreichte, Stoff raschelte und der Schlüssel gedreht wurde, bohrten sich Fingernägel in die Haut. Stark sein. Am Frühstückstisch war die Stimmung gedrückt, auch wenn man es sich nicht anmerken lassen wollte. Das Lachen war nicht ganz so laut, die Mienen nicht ganz so gelöst. Doch man genoss den letzten Morgen, man setze sich dazu und wenn sich die Blicke trafen spielte man seine Rolle perfekt. Die Lippen hatten beschlossen zu schweigen. Es war ein Traum gewesen. Einbildung. Was war schon Realität. Nichts erwähnenswertes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)