Fünf Jahre von Juju ((K)eine Freundschaft für immer) ================================================================================ Kapitel 66: Gute und schlechte Überraschungen --------------------------------------------- Mitte Februar wurden die Tage langsam aber sicher endlich wieder länger und ein klein wenig wärmer. Die Temperaturen blieben konstant über dem Gefrierpunkt und alle Welt bereitete sich optimistisch auf den kommenden Frühling vor. Dazu trug nicht zuletzt der Valentinstag bei. Jedes Kaufhaus war seit zwei Wochen mit Herzen in allen erdenklichen Größen und Varianten geschmückt. Sie schwebten als Luftballons unter der Decke, flogen als Konfetti durch die Gegend oder erschienen als Kuchen auf den Tellern verliebter Paare. Mädchen liefen starrend und kichernd an den Jungen vorbei, für die ihre Herzen schlugen. Und heute würden sie ihnen endlich ihre selbstgemachten Pralinen überreichen als Zeichen dafür, dass sie etwas für sie empfanden. Auch Kari hatte den Abend vor Valentinstag in der Küche verbracht und Vanillepralinen in Herzform für T.K. gemacht. Es waren Stunden voller mühevoller Kleinarbeit gewesen, die sie in die Süßigkeiten investiert hatte. Nun befand sich ein Tütchen voller herzförmigem Vanillekonfekt verziert mit einer roten Schleife in ihrer Schultasche und wartete darauf, an T.K. überreicht zu werden. Sie wusste, dass er im Moment andere Probleme hatte. Trotz des umwerfenden Geburtstagsgeschenks, das er ihr gemacht hatte, hatte sich sein Zustand kaum verändert, auch wenn er Kari mittlerweile nicht mehr ganz so sehr zurückwies. Doch noch immer tat er so, als würde es ihm gut gehen, als wäre alles in Ordnung, als würde der Tod seines Bruders ihn kaum tangieren. Doch trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb hatte sie sich dazu entschieden, den Valentinstag nicht zu ignorieren, sondern ihm eine kleine Freude zu bereiten und ihm damit zu zeigen, dass er nicht allein war, sondern jemanden hatte, der für ihn da war. Als sie in der Mittagspause zusammen auf einer Bank saßen und das Geschehen auf dem Schulhof beobachteten, kramte Kari schließlich aus ihrer Tasche das Tütchen mit den Pralinen hervor. „T.K., ich...“, fing sie zögerlich an und schloss die Hände fest um die kleine Tüte. „Hm?“ Sein Blick fiel auf ihre Hände. „Ich weiß, das ist vielleicht ein bisschen fehl am Platz. Oder taktlos. Aber heute ist ja Valentinstag und ich hab' was für dich“, erklärte sie und öffnete ihre Hände. „Heute ist Valentinstag?“, fragte er verwirrt, dann schien es ihm klar zu werden. „Oh, Scheiße, du hast Recht. Klar, der 14. Februar. Ich hab' gar nichts für dich.“ Er sah sie entschuldigend an, sodass sie amüsiert lächelte. „Du warst viel zu lange nicht mehr in Japan. Valentinstag heißt, die Mädels schenken den Jungs, in die sie verliebt sind, etwas“, erklärte sie. „Du kannst dich dann in einem Monat revanchieren, wenn du willst.“ „Echt? Oh Mann, das habe ich voll verplant.“ Er fasste sich mit der flachen Hand an die Stirn und verdrehte die Augen, bevor er sich wieder ihr zuwandte. „Also, da du in mich verliebt bist, was schenkst du mir?“ „Na was schon? Selbstgemachte Pralinen“, antwortete Kari und drückte ihm endlich das Tütchen in die Hand. „Ich hoffe sie schmecken.“ Er inspizierte die Tüte, als würde er nach einem versteckten Mikrochip suchen, dann schenkte er ihr ein warmes Lächeln, das sogar fast seine Augen erreichte. „Du bist die süßeste Freundin überhaupt, weißt du das?“ Kari seufzte und ließ die Schultern hängen. „Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass du dieses Wort nicht mehr sagst.“ „Darauf hast du dich geeinigt“, neckte er sie und legte einen Arm um ihre Taille. „Blödmann“, erwiderte Kari, doch musste lächeln. Für diesen einen Moment fühlte es sich fast an wie vor dem schrecklichen Ereignis. Als wären sie einfach nur ein normales, verliebtes Paar, das seine Zweisamkeit und die frischen, schmetterlingshaften Gefühle genoss. „Wir könnten heute Abend irgendwas Besonderes machen. Ins Kino gehen oder so. Und du kannst danach bei mir schlafen oder ich bei dir“, schlug sie mutig vor. „Ähm...“, machte T.K. langsam und kratzte sich am Hinterkopf. „Schon okay. Wenn du nicht willst, dann nicht. War nur so 'ne Idee“, lenkte Kari hastig ein und lächelte, auch wenn sie ein klein wenig enttäuscht war. Sie hatte gehofft, er wäre allmählich wieder dazu bereit, beziehungsmäßige Dinge zu tun. „Die Sache ist die, ich habe den Valentinstag komplett vergessen und naja... ich treffe mich heute mit Aya.“   Kari wusste nicht, worüber sie sich mehr ärgerte: Aya oder sich selbst. Oder vielleicht doch T.K.? Nein, nicht über T.K. Dem durfte sie zur Zeit nicht böse sein, er hatte erst vor kurzem seinen einzigen Bruder verloren. Es konnte schließlich passieren, dass man den Valentinstag mal vergaß. So wichtig war dieser Tag nun wirklich nicht. Es gab immer genügend andere Dinge, die wichtiger waren, vor allem in diesen Wochen. Aber vielleicht hätte sie selbst nicht so tun sollen, als wäre es für sie in Ordnung, dass er sich am Tag der Liebe und der Verliebten mit Aya traf. Sie hatte behauptet, das wäre kein Problem, was natürlich völliger Blödsinn war. In Wirklichkeit war ihr ganz schlecht vor Eifersucht, wofür sie sich fast noch mehr hasste als ohnehin schon. Sie wusste doch, dass sie nichts zu befürchten hatte, dass er sie liebte und sie nicht hintergehen würde. Doch warum sprach er mit Aya über seine Probleme, mit ihr aber nicht? Vielleicht hätte sie T.K. einfach sagen sollen, dass es sie störte. Vielleicht hätte sie dann nicht den Valentinstag allein zu Hause verbracht und sich pausenlos ausgemalt, was T.K. und Aya wohl gerade machten und worüber sie redeten. Doch es war zu spät. Mit einem Kopf voller Gedanken an T.K. drückte sie auf den Klingelknopf an Davis' Wohnungstür. Er hatte sie zu einem gemütlichen Abend bei sich zu Hause eingeladen und außerdem verkündet, er hätte eine Überraschung für sie. Zwar fragte sie sich, worum es sich dabei handeln könnte, doch sie war zu deprimiert, um wirklich neugierig zu sein. „Hi!“, begrüßte Davis sie fröhlich, nachdem er er die Tür aufgerissen hatte. „Komm' rein.“ Sie folgte ihm ins Wohnzimmer, konnte jedoch nichts Außergewöhnliches erkennen, das auf eine Überraschung hindeutete. Alles schien wie immer mit der Ausnahme, dass Davis' Eltern nicht da waren. Aus der Küche strömte der verführerische Duft von süßem Popcorn und Kari sah auch eine Flasche Cola bereitstehen. Vielleicht war dieser Abend ja genau das, was sie brauchte. Davis würde sicher mit ihr über ihr Problem reden. „Wo ist meine Überraschung?“, fragte Kari scherzhaft und sah sich suchend um. „Hast du sie irgendwo versteckt?“ In diesem Moment ließ die Türklingel sie zusammenzucken. Wie ein Blitz hatte sie dieses Geräusch getroffen. Sie hatte den gleichen Klang, wie T.K.s Türklingel. „Nanu, wer kann das nur sein?“, fragte Davis in einem Ton, der Kari verkündete, dass er ganz genau wusste, wer dort vor der Tür stehen würde. Und doch begannen Karis Beine zu zittern. Nackte Panik ergriff sie und es fühlte sich an, als hätte sich eine eiskalte Hand um ihr Herz gelegt und würde es nun zerquetschen wollen. Sie hatte Jean vor Augen, den gut aussehenden, hochgewachsenen Mann, der sich scheinbar freundlich nach Natsuko und Takeru erkundigte. „Davis!“, rief sie und streckte eine Hand nach ihm aus. „Mach' die Tür nicht auf!“ Davis' Hand lag schon auf der Türklinke, als er sich mit fragendem Blick zu ihr umdrehte. „Keine Panik, okay? Ich weiß, wer das ist.“ „Nein, nein! Lass' die Tür zu. Bitte mach' sie nicht auf. Bitte.“ Ihre Stimme bebte und war kaum mehr als ein heiseres Krächzen. Sie taumelte ein paar Schritte rückwärts, bis sie gegen das Sofa stieß. „Kari, keine Angst. Es ist nur...“ Als er die Tür öffnete, stieß Kari ein Wimmern aus, sank zu Boden und presste sich die Hände gegen den Kopf. Es würde sich alles wiederholen. Davis würde das nächste Opfer werden. Wie sollte sie seinen Verlust ertragen? Wie sollte sie ohne ihn leben können? Vor ihren Augen erschienen Bilder von ihm, wie er mit blutenden Schusswunden am Boden lag. Tiefrote Pfützen breiteten sich auf dem Boden unter ihm aus. Ein Sanitäter kam und erklärte Kari, dass er nichts mehr tun könnte. Sie hielt sich die Ohren zu, hatte das Gesicht gegen die angezogenen Knie gedrückt und atmete stoßweise. Ihr Herz klopfte vor Angst so schnell, dass sie das Gefühl hatte, es würde jeden Moment aus ihrer Brust springen. Das durfte nicht passieren. Diese Katastrophe durfte sich nicht wiederholen. Eine warme Hand berührte sie am Arm und ließ sie hochschrecken, nur um in die besorgten Gesichter von Davis und Ken zu blicken. Sie hockten vor ihr auf dem Boden und musterten sie mit einer Mischung aus Skepsis und Unbehagen. Panisch sah Kari sich im Raum nach einer weiteren Person um, die bewaffnet war. Ihr Blick huschte unruhig durch den Raum und ein wenig erleichtert stellte sie fest, dass außer ihnen niemand hier war. Die Wohnungstür war wieder geschlossen. Ein klein wenig ruhiger lehnte sie sich gegen die Rückenlehne des Sofas und versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen. Was um Himmels willen war das eben gewesen? Eine Art Tagtraum? Eine Vision? Oder wurde sie vielleicht allmählich verrückt? „Kari? Geht's wieder?“, fragte Davis, dessen Hand noch immer auf ihrem Arm lag. „Vielleicht sollten wir lieber einen Arzt rufen“, murmelte Ken Davis zu. „Nein, mir geht’s gut“, widersprach Kari. „Bitte kein Arzt. Ich war nur ein wenig... in Gedanken.“ „Hat man gesehen“, schnaubte Davis. Sie ignorierte seine Bemerkung und sah stattdessen zwischen Davis und Ken hin und her, bis ihr endlich einfiel, was sie an diesem Bild verwirrte. „Ihr... seid zusammen in einem Raum? Freiwillig?“, fragte sie schließlich, dann sah sie mit großen Augen Davis an. „Ist das etwa deine Überraschung?“ Schief grinsend schnitt er eine Grimasse. „Ja, das war meine Überraschung, bis du sie mir mit deinem Panikanfall ruiniert hast.“ „Davis“, zischte Ken, doch Kari musste darüber schmunzeln. Die Jungs ergriffen je eine Hand und zogen sie hoch, nur um es sich auf dem Sofa mit Popcorn und Cola bequem zu machen. Auf einen Film hatte momentan keiner von ihnen Lust. „Also, was ist passiert?“, fragte Kari und musterte beide neugierig. „Tja, was soll passiert sein? Wir haben miteinander geredet. Mehr oder weniger“, antwortete Davis schulterzuckend und nippte an einem Glas Cola. „Aber... wie kam es dazu? Ich dachte, du würdest noch Monate brauchen“, hakte Kari verwirrt nach. Auf einmal wurde Davis' Gesichtsausdruck wieder ernst. Er drehte das Colaglas zwischen seinen Händen hin und her und seufzte leise. „Matt. Er... er hat... ich meine...“ Langsam schüttelte er den Kopf. „Es gibt einfach wichtigere Dinge im Leben als so einen Mist. Und das Leben ist zu kurz, um Zeit damit zu verbringen, sich zu streiten.“ „Ihm waren Freundschaften doch immer so wichtig“, fügte Ken monoton hinzu. Karis Gedanken schweiften ab zu Tai und seinem Verhältnis zu Matt. Sie erinnerte sich noch gut, wie er ihr erzählt hatte, dass er und Matt eigentlich kaum noch Kontakt zueinander hatten. Wie auch? Schließlich war Matt nur noch in der Weltgeschichte unterwegs gewesen und hatte tausend Termine gleichzeitig wahrnehmen müssen. Da mussten schließlich Abstriche gemacht werden. Doch dann, kaum dass er wieder in Japan war, waren er und Tai auf einmal wieder ein Herz und eine Seele gewesen und Tai hatte selbst einmal zu Kari gesagt, es hatte sich angefühlt, als wären sie nie länger als ein paar Tage voneinander getrennt gewesen. Seit Matts Tod war Tai wie ausgewechselt. Kari hatte ihn drei Mal gesehen in dieser Zeit und kein einziges Mal hatte er gelächelt. Nichts war mehr übrig von seinen witzigen Sprüchen, seinen Sticheleien mit Mimi oder seiner unbeschwerten Fröhlichkeit. Stattdessen redete er kaum mit jemandem, sondern verbrachte viel Zeit mit Kaito. Kari wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis er wieder annähernd der Alte sein konnte, falls das überhaupt möglich war. „Dann haben wir es also Matt zu verdanken, dass wir jetzt alle drei hier sitzen können“, stellte Kari nach einer Weile fest. „Gewissermaßen... ja“, seufzte Davis. „Kari, wie geht es dir eigentlich damit? Willst du über irgendwas reden?“, fragte Ken nun an Kari gewandt und sah sie an. Überrascht erwiderte sie seinen Blick. „Mir? Wie soll es mir gehen. Ich habe kein Recht, mich zu beschweren, oder? Es ist T.K., der seinen Bruder verloren hat, ohne sich vorher wieder richtig mit ihm vertragen zu können. Mit mir ist doch alles in Ordnung.“ „Alles in Ordnung? Kari, wenn es stimmt, was ich gehört habe, dann hat dieser Typ mit einer Waffe auf dich gezielt. Und du warst dabei, als Matt erschossen wurde. Du hast jedes Recht, dich zu beschweren“, sagte Davis aufbrausend. Fast das gleiche Gespräch hatte sie auch letztens mit T.K. geführt. „Wie läuft es denn mit T.K.? Ist alles in Ordnung zwischen euch? Ist ja doch eine ziemlich harte Probe“, ergriff Ken das Wort, bevor er einen Schluck von seiner Cola trank. „Es läuft...“ Kari suchte nach dem richtigen Wort, das die momentane Beziehung zwischen ihr und T.K. bestmöglich beschrieb, doch ihr fiel keines ein. Deshalb zuckte sie nur mit den Schultern. „Ihr seid aber schon noch zusammen?“, hakte Davis skeptisch nach. „Ja... ja. Ich habe nur keine Ahnung, wie lange noch.“ Eigentlich hatte sie den letzten Satz nicht sagen wollen, doch er war herausgerutscht, bevor sie etwas dagegen hatte tun können. Davis legte ihr einen Arm um die Schultern. „Na komm' schon, erzähl. Was ist los bei euch?“ „Ach, es ist auf einmal alles so schwierig. Ich weiß nicht so richtig, wie ich mit ihm umgehen soll. Ich habe das Gefühl, ich sollte für ihn da sein, mit ihm reden und ihm zeigen, dass er nicht allein ist, doch er tut so, als wäre alles okay. Dabei kann für ihn gar nicht alles okay sein. Ich sehe, dass er damit nicht so sehr zurechtkommt, wie er behauptet.“ „Vielleicht versucht er, es zu verdrängen. Vielleicht ist das einfach seine Art, so etwas zu verarbeiten“, meinte Ken zuversichtlich. „Ja, vielleicht. Aber das ist noch nicht alles. Er fasst mich kaum noch an, küsst mich nur noch ganz selten und... wahrscheinlich dürfte ich das nicht einmal erwähnen, aber miteinander geschlafen haben wir seitdem auch nicht mehr“, murmelte Kari und senkte den Blick. Sie fühlte sich schlecht, überhaupt daran zu denken, wo T.K. doch momentan ganz andere Sorgen hatte. Doch sie vermisste einfach diese Nähe zu ihm. Davis sog scharf die Luft ein und tätschelte ihre Schulter. „Das ist eine lange Trockenzeit.“ „Danke“, brummte Kari. „Hast du mit ihm darüber geredet? Dass du das vermisst, meine ich“, fragte Ken und Kari war dankbar, dass er auf solche Kommentare wie den von Davis verzichtete. „Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie. „Vielleicht solltest du das“, riet Ken. „Vielleicht ist ihm gar nicht richtig bewusst, dass es dir damit schlecht geht.“ „Vielleicht braucht er es selbst, um wieder normal zu werden“, fügte Davis hinzu. „Davis“, murmelte Ken kopfschüttelnd. „Was denn? Wieso nicht? Könnte doch sein.“ „Ich kann ihn ja schlecht dazu zwingen“, warf Kari grummelnd ein und runzelte die Stirn. „Nein, das nicht. Aber wenn du einfach bei ihm zu Hause auftauchst, in deinen heißesten Fummel geschmissen, dann wird er schon nicht widerstehen können“, erwiderte er gewichtig. „Nein, ich... nein, das kann ich nicht“, stammelte Kari verlegen. „Wieso nicht?“ „Weil ich... er hat bestimmt überhaupt keine Nerven für so etwas, sondern will lieber in Ruhe trauern, auch wenn er eine seltsame Art zu trauern hat“, entgegnete sie unsicher. „Und ich denke, er braucht einfach ein bisschen Bungabunga“, meinte Davis überzeugt. „Du solltest auf mich hören und ihn verführen.“ „Boah, Davis.“ Kari seufzte und rieb sich die Stirn. „Und gestern hat er sich mit Aya getroffen?“, wechselte Ken nun das Thema. Offensichtlich war es auch ihm unangenehm, darüber zu reden, wie Kari T.K. verführen konnte. „Ja“, seufzte sie und spürte beim Gedanken an den gestrigen Tag erneut einen Anflug von Ärger und Enttäuschung. „Also das finde ich echt ziemlich hart“, meinte Davis und hob eine Augenbraue. „Immerhin war gestern Valentinstag und du hast ihm auch noch Pralinen gemacht.“ „Ich glaube, er hat momentan einfach überhaupt keinen Kopf für die Welt um sich herum“, überlegte Ken. „Es sieht für mich so aus, als wäre er einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt momentan. Und vielleicht noch mit seinen Eltern.“ Kari stützte die Ellbogen auf den Knien und den Kopf auf den Händen ab. „Das denke ich auch.“ „Und Aya hat in seinen Gedanken Platz, aber Kari nicht, oder was?“, warf Davis ein und sprach damit das aus, was Kari sich insgeheim gegen ihren Willen dachte. „So einfach kann man das bestimmt nicht sagen“, erwiderte Ken und sah Davis an. „Kari hat doch schon mal gesagt, dass Aya anscheinend Familienprobleme hat. Sie sind eben befreundet und haben ähnliche Dinge durchgemacht, über die sie reden können.“ „Ja, aber stell' dir mal vor, Nana würde, statt zu dir, immer zu einem anderen Typen rennen, wenn sie mal Probleme hat. Wie würdest du das finden? Und überhaupt war ja wohl Kari dabei, als Matt erschossen wurde. Nicht Aya“, widersprach Davis heftig. Dazu wusste auch Ken nichts mehr zu sagen. Er nippte an seiner Cola und schwieg. „Vielleicht sind wir auch einfach schon am Ende angekommen“, murmelte Kari niedergeschlagen und starrte geistesabwesend den Tisch vor sich an. „Am Ende?“, hakte Davis nach. „Vielleicht soll das mit uns einfach nicht sein. Vielleicht liebt er mich nicht mehr und das Geschenk hat er mir einfach nur aus Höflichkeit gemacht, weil schon alles fertig geplant ist.“ „Kari, denk' doch sowas nicht“, erwiderte Ken. „Ach, bestimmt nicht. Das wollte ich damit wirklich nicht sagen“, sagte Davis und warf Ken einen hilfesuchenden Blick zu. „Bestimmt braucht er nur noch ein bisschen Zeit und irgendwann wird er wieder ganz der Alte sein.“ Nur ob er zu diesem Zeitpunkt noch immer an Kari interessiert sein würde, stand auf einem anderen Blatt. „Und welches Geschenk hat er dir gemacht?“, fragte Davis weiter. Kari erzählte den beiden, wie sie den Restaurantgutschein ausgepackt und T.K. ihr dann offenbart hatte, dass sie zu zweit nach Paris fliege würden. Sowohl Davis als auch Ken starrten sie mit großen Augen an, als sie fertig war. „Alter, Kari!“, rief Davis und verpasste ihr einen derben Klaps auf die Schulter. „Er will mit dir nach Paris fliegen, die Stadt der Liebe. Und du denkst, er liebt dich nicht mehr?“ „Also ich bin jetzt auch noch mehr als vorher der Meinung, dass er einfach nur ein bisschen Zeit braucht, um wieder der Alte zu werden“, stimmte Ken ihm zu. Ratlos kaute Kari auf ihrer Unterlippe herum. Sie wusste, was die beiden meinten, doch sie wollte nicht darüber diskutieren. Sie kam sich ja selbst schon undankbar vor, doch in ihrer Vorstellung flogen T.K. und Kari als Freunde nach Paris, nicht als Paar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)