Das Schicksal der Orks von TakeruHideaki ================================================================================ Kapitel 3: Der Pass ------------------- Die Orktruppe verließ die Siedlung und schlug schnellen Schrittes den Weg zum Pass ein. Ein gefährlicher Weg, den sie wagen mussten, da sie nicht wussten, inwieweit die Elben und Menschen schon in Mordor eingedrungen waren. Die alte Dame würde sicherlich ihren Tribut fordern, wenn sie ihr begegneten. Daher mussten sie aufpassen, dass sie ihr nicht über den Weg liefen und auch nicht in einem ihrer Netze gefangen wurden. Lugbûrz schickte die beiden Wachorks in die Vorhut. Sie sollten den Weg auskundschaften und nach der alten Dame ausschauhalten. Er selbst blieb mit Orzâ in der Mitte der Truppe. Es dauerte nicht lange, bis sie den Pass erreichten. Nachdem die Wachorks bestätigt hatten, dass die alte Dame nicht in der Nähe war, begaben sie sich in die gefährlichen Untiefen des Passes.     Die Höhlen waren beinahe stockfinster. Ein Mensch wäre hier verloren. Die Orks, denen zu viel Licht und vor allem grelles Licht in den Augen wehtaten und ihnen Kopfschmerzen bereiteten, kamen in dieser Finsternis ausgezeichnet zurecht. Nur so gelang es den Wachorks, ihre Kameraden sicher um die klebrigen Netze der alten Dame herumzuführen. Mehrmals mussten sie umkehren, weil ein Netz einen Durchgang unzugänglich gemacht hatte. Langsam wurde Lugbûrz nervös. Je länger sie in den Höhlen verweilten, desto größer war die Gefahr, der alten Dame in die Fänge zu laufen. Auch seine Mitorks wurden sichtlich nervöser. Immer wieder sahen sie sich hektisch um. Mehr als einmal griffen die Orks nach ihren Waffen, weil sie dachten die alte Dame stünde direkt hinter ihnen. Meistens war aber auch nur einer von ihnen auf einen Knochen getreten, der daraufhin unter dem Stiefel des Orks zerbrochen war. „Wir hätten nie herkommen dürfen.“, flüsterte Orzâ. „Wir hatten keine Wahl.“, antwortete Lugbûrz ebenfalls im Flüsterton. „Die Menschen hätten uns alle abgeschlachtet, wären wir geblieben.“ Orzâ schnaubte verächtlich. Sie glaubte mittlerweile nicht mehr daran, dass ihnen in Mordor so große Gefahr drohte, wie Lugbûrz es geschildert hatte. Aber der Ork wusste, dass das nur daran lag, weil sie noch mehr Angst vor der alten Dame hatte, als vor den Menschen und den Elben. Er wusste auch, dass dies daran lag, weil alle wussten, dass man Menschen und Elben töten konnte. Bei der alten Dame war sich da niemand so sicher. Bisher war kaum ein Ork, der sich in den Pass gewagt hatte je wieder zurückgekehrt. Nach mehreren Stunden des Umherirrens befahl Lugbûrz eine kurze Rast. Ihm war unbehaglich dabei, in den Höhlen der alten Dame zu rasten, doch ihnen allen taten die Füße weh und sie hatten keinen Schimmer wo sie waren, oder wann sie endlich den Ausgang finden würden. Aus Sicherheitsgründen verzichteten sie auf ein Lagerfeuer. Jeder aß ein wenig Trockenfleisch und trank einige Schlucke Wasser aus ihren Wasserschläuchen. Unruhig sahen sich die Orks um. Keiner hatte sich wirklich hingesetzt, sie hockten nur auf dem Boden. Falls die alte Dame auftauchen sollte, würden sie Orks entweder schnell fliehen, oder angreifen können. Lugbûrz wäre ein Kampf zwar am liebsten, doch wusste er nur zu gut, wie gefährlich die alte Dame war. Er hatte bereits viele Kameraden an sie verloren. Er selbst wäre ihr vor einem Jahr beinahe zum Opfer gefallen. Damals ist er ihr nur mit knapper Not entkommen. Noch immer lief es Lugbûrz kalt den Rücken herunter, wenn er daran dachte. Mit zitternder Hand fasste er sich an den Rücken. Zwar konnte er durch die Handschuhe und die Rückenplatte seine Haut nicht fühlen, aber trotzdem spürte er die Narbe auf seinem Rücken. Jedes Mal, wenn er seinen Rücken anspannte, konnte er sie spüren. „Wir sollten weiter.“, flüsterte Orzâ ihm ins Ohr. „Hier ist es zu gefährlich.“ Lugbûrz stimmte ihr zu. „Ich weiß.“, knurrte er. Plötzlich klackerte es hinter ihnen. Alarmiert sprangen die Orks mit gezogenen Waffen auf und verharrten. Angespannt warteten sie, ob sich etwas in der Dunkelheit bewegte. Als nichts weiter geschah, sagte Lugbûrz: „Wir gehen sofort weiter.“ Sofort setzten sich die Orks in Bewegung. Diesmal machten sie sich nicht die Mühe, Späher auszusenden. In ihren Köpfen befand sich die alte Dame hinter ihnen. Demzufolge musste die Flucht nach vorne die beste Lösung sein. Leider wussten sie nicht, wo genau vorne eigentlich war. So tief in Kankras Tunneln war ein lebender Ork noch nie gewesen. Auch diesmal mussten sie mehrmals umkehren, weil ein großes Netz einen der Tunnel verstopfte. „Verflucht, was ist das für ein Ort!“, brüllte einer der Orks urplötzlich. „Halt dein Maul, du wahnsinniger!“, knurrte Lugbûrz, doch es war zu spät. Aus dem Schatten eines kleinen Tunnels schoss eine große dunkle Gestalt und sprang den Ork an, der soeben gebrüllt hatte. Dieser schrie auf und fiel, um sich schlagend und zappelnd zu Boden. Sofort eilten ihm die anderen Orks zu Hilfe. Einer von ihnen, ein großes und schweres Exemplar eines Berg-Orks, schlug mit einer Keule nach dem Wesen. Es gab ein schmatzendes Geräusch, als die Keule das Tier traf. Ein weiteres schmatzen ertönte, als es gegen eine Felswand prallte. Nun lag es mit angezogenen Beinen, acht an der Zahl auf der Erde. Die Spinne war tot. „Das ist nicht gut.“, hauchte Lugbûrz. „Das sehe ich ganz anders.“, feixte der dicke Ork mit der Keule. „Die beißt so schnell keinen mehr.“ „Zum Glück.“, sagte der angegriffene Ork und stand wieder auf. „Eben nicht.“, korrigierte Lugbûrz. „Jetzt hat die alte Kankra wirklich einen Grund uns zu jagen.“ Wie aufs Stichwort ertönte aus den Tunneln eine seltsame Mischung aus kreischen und fauchen, vermischt mit dem lauten klackern von riesigen Greifzangen. Die alte Dame war erwacht. Lugbûrz ließ nun alle Vorsicht fahren, indem er rief: „Lauft!“ Panisch rannten die Orks los. Hinter sich konnten sie die große Spinne hören, wie sie immer näher kam, um im nächsten Moment wieder weit entfernt zu sein. Dazwischen vernahmen die Orks das Getrappel, von vielen kleinen Beinen: Kankras Kinder. Mehrmals stießen die Orks auf die kleinen Spinnen, die nichtsdestotrotz halb so groß waren wie ein Ork. Zum Glück griffen die Spinnen immer nur zu dritt, oder zu viert an. Dadurch waren die Orks immer in der Überzahl und konnten diese Biester ohne große mühen umbringen. Nach einer weiteren Gangbiegung konnten sie am Ende des Ganges ein Licht erkennen. „Da, ist der Ausgang.“, rief Orzâ erleichtert. „Da haben wir die alte Kankra ordentlich ausgetrickst.“, stieß der Ork aus, der eben von dem Spinnenkind angegriffen wurde und rannte los. Vier weitere Orks folgten ihm. „Nein, wartet!“, rief Lugbûrz, doch es war zu spät. Als der vorderste Ork an einer Abzweigung vorbeilief, schoss ein großes, dünnes Bein daraus hervor und zerquetschte ihn an der Wand. Eine Orkfrau, die dicht hinter dem Ork gelaufen war, schrie überrascht auf und sprang zurück. „Los, zurück!“, brüllte Lugbûrz. „Kommt wieder zurück!“ Das ließen sich die Orks nicht zweimal sagen. Hals über Kopf flohen sie vor der riesigen Spinne, die nun in den Gang geschritten kam. Hasserfüllt sah sie die Orkmeute an. Kankra ließ ein wütendes brüllen hören und griff an. Mit ihren vorderen Beinen schlug sie nach den Orks. Schreiend fiel ein Orkkrieger zu Boden. Kankra baute sich über ihm auf und stach ihn mit ihrem Giftstachel. Danach ließ sie von ihm ab. Den Rest würden ihre Kinder erledigen. „Golb! Bruder!“, rief ein Ork und sprang auf Kankra zu. Er schwang seine Axt nach der Spinne. Aber noch bevor er ihr etwas antun konnte, wurde auch er von ihr an der Wand zerquetscht. Als Kankra ihre Aufmerksamkeit wieder der Orkmeute widmete war diese schon in den Gängen verschwunden. Die Spinne schrie verärgert und folgte ihnen. Was die alte Dame nicht mitbekam war, wie die Orkmeute aus dem Tunnel wieder durch den Gang betraten, durch den sie eben gekommen war. Die Orks liefen zu dem betäubten Ork und warfen ihn dem dicken Ork über die Schulter. Danach sahen sie noch einmal zu ihren gefallenen Kameraden, dann verließen sie Kankras Höhlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)