Intrigo e amore von -Amber- (And it's with you that I want to stay forevermore) ================================================================================ Kapitel 105: London 3 - Manch Blick sagt mehr als 1000 Worte ------------------------------------------------------------ Tancrèd [[BILD=8258117.jpg]] Sie schwiegen eine Weile, aber das war nicht sehr unangenehm. Die Schankmaid kam und holte ihre leeren Schüsseln, Tancrèd bezahlte sie gleich und lud John auch ein. Er bezahlte ebenso ihre Getränke, denn die Schenke füllte sich zusehends und die Luft wurde trotz der offenen Fenster stickiger. Da John einverstanden war, noch ein wenig die Kaimauer entlang zu bummeln, verließen sie die Schenke. Immer mehr Männer drängten von vorn herein. Tancrèd kannte sich aus, nahm kurzerhand mit John den Hinterausgang in eine dunkle Seitengasse. Vorn in der Beleuchtung sah man Männer lärmend vorbeiziehen, während die Gasse so schmal war, dass man kaum normal darin gehen konnte, weil so viel Zeug darin stand. Tancred nutzte die Chance des engen Durchganges und der Dunkelheit und zog John an sich, kaum dass die Türe hinter ihm wieder zugefallen war. Seine Lippen suchten die weichen Lippen von John, nahm sie sachte aber verlangend in Besitz und ließ den Kuss so lange dauern, wie er glaubte, es sich erlauben zu können, ohne dass jemand Notiz von ihnen nahm. "Hmn.." Er schmunzelte als er die Lippen wieder von John löste. "Darauf lohnt es sich wirklich zu warten...", meinte er, ehe er John in Richtung der Straße aus der Gasse bugsierte. Sie tauchten ein in die lärmende Welt des Hafens an einem erstaunlich angenehm kühlen Abend. Der Wind hatte gedreht und wehte von Landeinwärts den Geruch frisch geschnittenen Grases heran, das jetzt auf den Wiesen zum Trocknen auflag. Es war eine willkommene Abwechslung und der spürbare Wind machte die Sommernacht erträglicher. Überall wurden an der Promenade Waren verkauft, nicht nur Essen sondern auch Hemden, Hosen, Schuhe und allerlei Krimskrams, der sicher nicht annähernd das Wert war, was man dafür verlangte. An einem Gewürzstand fiel Tancred die Waage ins Auge, die der Verkäufer benutzte und siedeheiß fiel ihm ein, dass er da ja auch noch etwas gekauft hatte... Er hatte sie John nur noch nicht gegeben, weil er irgendwie keine Gelegenheit gehabt hatte, und zudem anfangs das Gefühl gefehlt hatte, dass John ihn wirklich wollte.  Vielleicht ergab sich noch eine Gelegenheit... "Commandante!" Aus einer Gruppe Männer am Rand löste sich ein Mann, ein wenig kleiner als John und Tancrèd und kam auf sie zu. "Commandante, wir brauchen Sie!" Tancred war stehen geblieben und runzelte die Stirn. "Ich mische mich ganz sicher nicht in eure gezinkten Kartenspiele ein.." "No no!", widersprach der Spanier vehement. "Wir brauchen sie für el violin. Der letzte Violinista hat zu viel Bier getrunken und die Banausen von der Queen Mary glauben nicht, dass wir tanzen können wie echte Gentleman!" Tancred verdrehte die Augen, lachte dann aber. "Du hast hoffentlich nichts dagegen..", wandte er sich an John, ehe sie beide Miguel zu einer Traube aus Männern folgten, die eine kleine Tanzfläche freigehalten hatte. Ein, zwei Huren standen da und waren offenbar die Damen, mit denen man zu tanzen gedachte, während die "Band" auf einigen leeren Lagerhauskisten saß. Rasseln, eine Handtrommel, ein Tamburin und mehrere Lauten waren das Ensemble, das man hier zusammen brachte - und eine Violine, die Miguel jetzt Tancrèd in die Hand drückte. Der musterte das gute Stück etwas mitleidig und fing an sie zumindest grob zu stimmen. Wenigstens war der Bogen gut gespannt und die Saiten alle noch vorhanden. Tulio hatte sich derweil in Pose geschmissen und spielte einige Akkorde auf seiner Laute, ehe er das Lied anstimmte das Tancred nur allzu gut kannte. Es war seit sie in London waren wirklich der Dauerbrenner in der Mannschaft...   Drei Weiber traf im Schankhaus ich, die waren mir gewogen, die haben mich so sehnsüchtig zur Theke hingezogen.   Und dort versprachen sie frivol, in uns'erm tollen Treiben. Ewiglich woll'n wir frohsinnig Und beisammen bleiben...     https://www.youtube.com/watch?v=HInWAe2kXro   John [[BILD=8207697.jpg]] Dass Tancred für ihn zahlte, war schon in Ordnung. Er hatte einiges seiner Ersparnisse für sein Zimmer gebraucht. Da er nicht genau wusste, wann er seinen ersten Lohn erhalten würde, war er sparsam mit dem Rest. Er würde sich revanchieren, definitiv. Anschließend führte der andere ihn über den Hinterausgang hinaus. Die kleine Gasse, die vor allem gedacht war, dass das Feuer, wenn es brannte, nicht zu schnell auf andere Häuser übergriff, war wie überall vollgestopft, so dass der Brandschutz letztlich nicht gewährleistet war. John war oft schon in solchen Gassen mit anderen verschwunden. Er schmunzelte bei dem Gedanken, dass er mit Tancrèd sicher nicht hier war, um eine schnelle Nummer zu schieben, als der andere hinter ihm ihn zu sich zog und küsste. John war überrascht, erwiderte den Kuss jedoch ohne Umschweife. Es war irgendwie ein bisschen wie nochmal Teenager zu sein, aber das war ok und fühlte sich gut an. Tancrèd fühlte sich gut an, dessen Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, fühlte sich gut an und das Gefühl in seinem Bauch dazu auch. Als der andere sich löste und schier schnurrte, musste John grinsend den Kopf schütteln. Er wollte den Kapitän necken, doch der war schneller. Das was er sagte unterstrich noch einmal seine Worte von vorhin. John verstummte und ließ sich von Tancrèd an der Hand nach draußen führen, die der andere erst im aller letzten Moment löste. Dieser Mann war wirklich besonders. John beobachtete amüsiert das Treiben auf der Promenade. Er wunderte sich noch immer, warum manche Menschen so dumm waren, sich von den Straßenhändlern so übers ihr hauen zu lassen. Aber solche Menschen musste es wohl geben. Vielleicht sollte er auch die Branche wechseln und Tand zu überteuerten Preisen verkaufen... Brauchen tat er nichts, aber dem Treiben sah er gerne zu. Besonders interessant war der Wagen eines Medicus, der damit warb, alle Krankheiten heilen zu können. Bevor den Leuten klar wäre, dass er log, würde er über alle Berge sein. Dann hatten diese aber ihr ganzes Vermögen schon dem Scharlatan vermacht gehabt. John ging lieber weiter, bevor er zu viel mitbekam. Nur am Gewürzhändler blieb er länger stehen und kaufte einiges ein, das er gut herunterhandeln konnte. Als er bezahlte, hörte er, dass Tancrèd angesprochen wurde. John sah einen Südländer, dessen Akzent wohl Spanien zuzuordnen war. John trat an die beiden heran und schüttelte den Kopf. "Kein bisschen!" Tancred spielte Geige? Das würde er sich doch nicht entgehen lassen! So folgte er ihnen zu der Gruppe, die nur auf ihn gewartet zu haben schien. John hielt sich im Hintergrund und beobachtete den Seemann, der gerade wieder eine neue Seite von sich zeigte. Als sie zu spielen begannen, musste er unwillkürlich grinsen. Zu dem Lied hatte er mit Kieran auch schon getanzt. Allerdings bräuchte er dafür hier deutlich mehr Alkohol. Dachte er zumindest - denn er hatte nicht gemerkt, dass die beiden guten Damen die Köpfe zusammengesteckt hatten und tuschelten. Die Zuschauer fingen an zu Klatschen und gaben den Takt vor, als einige bereits anfingen zu tanzen, eine der Huren aber zu ihm kam. "Der schönste Mann hier ist für mich", sagte sie und zog John mit sich, der sich hier nicht lang wehren konnte. Es war eine angenehme Atmosphäre, also warum nicht ein wenig tanzen? So stieg er in das Lied ein und wirbelte die Dame herum, bevor er ihr in einem günstigen Moment ein "Aber nur zum Tanzen zu haben", zuraunte. Die Dame lachte. "Schade!", sagte sie. "Die Schönen sind immer schon vergeben." John schmunzelte bei dem Gedanken, dass er auch so nichts mit ihr anfangen könnte. Frauen waren ihm irgendwie zu weich und gepolstert. Er hatte sie nie erregend gefunden, als Teenager hatte er sie nur als nervige, kichernde Gören wahrgenommen. Zumindest war ihm bewusst, dass sie auch anders sein konnten.  Es wurden einige Lieder gespielt, bis eine kurze Pause entstand, in der diskutiert wurde, was gespielt werden sollte. Er verabschiedete sich mit einem formvollendeten Handkuss und wusste nicht so recht, was ihn ritt, aber er griff nach einer Laute und spielte ein paar Takte an und begann zu singen. "Als ich in meiner Kneipe saß, kam ein Mädchen durch die Tür... " Es war einen Moment still geworden, doch nun lachten die Musiker, und einige Tänzer johlten, und alle stiegen mit ein, während John weitersang und von den Musikern und sich selbst dazu begleitet wurde. Während des Liedes blickte er sich einen Moment um. Es war wieder eine neue Situation, die sein neues Leben wohl mit sich brachte. Er hatte noch nie vor Publikum gespielt, nur für sich selbst gesungen. Seine eigene Laute hatte er versteckt gehalten, damit sie ihm sein Vater nicht zerstören konnte. Kieran war sehr überrascht gewesen, als er sie einmal entdeckt hatte. Als er für ihn gespielt und gesungen hatte, war der andere sehr melancholisch geworden, daher hatte er sie wieder weggepackt. Hier war es eine schöne Situation. Vielleicht sollte er wieder mehr üben und singen als Ausgleich zu seiner Arbeit. Sein Blick striff den von Tancred und ihre Augen blieben ineinander hängen. John spürte, dass er beim Singen lächelte und Tancred lächelte auch. Es war ein stummes Gespräch, das sie führten, während sie sich diesen Moment ein wenig länger ansahen.  Ich möchte der Auslöser dafür sein, dass du mich so anlächelst, wie du es gerade tust. Ich will, dass ich dich und du mich ansehen kannst wie die beiden dort oben. - John spürte, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Nach dem Lied legte er die Laute wieder weg, ließ sich auch nicht beschwatzen, weiter zu spielen und auch Tancrèd legte die Geige nieder. Schweigend gingen sie zum Schiff und als sie vor der Gangway standen, nahm er sich die Hand des anderen und ließ sich hinaufführen. Tancrèd hatte kaum die Tür hinter ihnen geschlossen, als sie sich schon küssten und eine Nacht begannen, in der der Schlaf noch nicht sehr bald kam.   Tancrèd [[BILD=8258117.jpg]] Dass es auch eine Version von John gab, die sich unbeschwert und ohne größere Gedanken einfach nur in der Menge treiben lassen konnte, war zwar nicht unerwartet für Tancrèd, aber es war schön John so losgelöst zu sehen, wenn man nicht gerade mit ihm im Bett war. Als Tancrèd zur Geige gegriffen hatte, war das Gejohle um sie herum lauter geworden und er wusste, dass mehr Männer sich zu ihnen gesellten. Dass einer der Kapitäne sich zu so etwas herabließ, war auf den englischen Schiffen undenkbar, aber Tancrèd interessierte das wenig. Wieso sollte er einen Stock im Arsch haben, nur weil die Engländer es so handhabten? Nein, er hatte seinen Spaß mit seiner Mannschaft und genau deswegen war seine Mannschaft auch so viel besser als die anderen. Als John auf einmal von einer der leichten Damen in die Mitte gezogen wurde und sich tatsächlich darauf einließ mit ihr zu tanzen, lachte der Franzose auf, was aber durchaus in das Lied passte und daher nicht weiter auffiel. Da John offenbar gut beschäftigt war, ließ er es sich nicht nehmen, noch ein zweites Lied anzustimmen und ein drittes. Gerade als er sich eigentlich abseilen wollte, um mit John wieder allein zu sein, hörte er dessen nur allzu bekannte Stimme laut neben und hinter sich und fuhr herum. John saß da, mit einer Laute in der Hand. Tancrèd zog die Augenbraue nach oben und setzte den Bogen auf die Saiten, um John zu begleiten - und der Rest ließ sich nicht lange bitten. Das Tanzen ging weiter und die gute Stimmung mindestens ebenso. Es war schwer, die Augen von John zu nehmen, der wirklich der "schönste Mann" unter den Anwesenden war, was sicher nicht nur die Hure bemerkt hatte. Er wollte ihn auch nicht zu offensichtlich anstarren, doch ihre Blicke blieben ineinander hängen und Tancrèd konnte einfach nicht wegsehen. Es tat gut, unendlich gut "verstanden" zu werden, ohne etwas sagen zu müssen und zwar nicht in Hinsicht eines Befehls an Deck, sondern in ganz anderen Belangen. Als sie da saßen und John sang und er Geige spielte, fiel ihm ein, was er unbedingt mit John machen wollte. Nach dem Lied verabschiedeten sie sich beide und gingen zurück zu dem Schiff, das im Dunklen vor ihnen aufragte. John kam mit ihm wieder über die Gangway und Tancrèd griff seine Hand fest in der festen Überzeugung, sie bis morgenfrüh nicht mehr loszulassen. An Deck waren immer noch die Kartenspieler im Licht einer Öllampe beschäftigt, doch sie nahmen keine Notiz von dem Kapitän und seiner Begleitung. Tancrèd führte John zurück in seine Kajüte und nachdem er die Türe geschlossen hatte, dauerte es wirklich nicht mehr lange, bis John mehr von dem bekam was er sich gewünscht hatte: Französisch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)