Intrigo e amore von -Amber- (And it's with you that I want to stay forevermore) ================================================================================ Kapitel 4: Ostern in Cambridge - Der Schmied -------------------------------------------- Rodrego Fernale Rodrego war auf Geheiß des Königs nach Cambridge nachgekommen, weil einige der Pferde beschlagen werden mussten, bevor man zurück nach London ritt. Er hatte den ganzen Tag damit verbracht, die Pferde zu beschlagen. Zudem hatten sich einige an den saftigen, eiweißreichen Weiden überfressen und litten an Koliken. Er war gerade dabei sich nach einem Quartier für die Nacht umzusehen, als ihm Dominico in den Sinn kam, auf dessen Grundstück er sicher bleien dürfte. Also schlug er die Richtung zum Haupttor ein. Der junge Mann trug weit bessere Kleider als die, die er gewöhnlich trug. Doch es war ihm wichtig gewesen, zum Ostertag nicht in dem verschmutzten Hemd und der zerschundenen Lederhose durch die Stadt zu gehen, so dass er sich noch einmal umgezogen hatte. Er bemerkte Nico erst gar nicht, sondern sah ihn erst recht spät etwas abseits des Tores auf der Mauer sitzend und sich mit dem Hauptmann unterhaltend. Lächelnd schlenderte er hinüber. "Nico!", sprach er ihn an und sein Lächeln wurde erwidert, als der Angesprochene zu ihm blickte. Sie kannten sich schon sehr lange, seit Kindestagen. Und es gab Zeiten, da war ihre Freundschaft auch darüber hinaus gegangen. Auch mit Allessandro war er befreundet. Allerdings war der Weg, den Alessandro eingeschlagen hatte, Grund gewesen, dass ihre Freundschaft nicht so eng geblieben war, wie sie einmal bestanden hatte. Dominico Sforza Nico dachte nicht mehr ans Gewinnen. Ihm war jede gute Laune abhanden gekommen, weil er wusste, dass er gegen Alessio kaum noch gewinnen konnte. Also sprach er dem Wein weiter zu und unterhielt sich mit den Wachen, nachdem ein Trupp losmarschiert war, um die Lizenzen der Schausteller zu prüfen. Doch kaum dass Kieran aus seinem Blickfeld verschwunden war, ging ihm das Interesse an der Sache auch schon ab. Er starrte einige Zeit lang den Leuten nach, die so durch das Tor marschierten, ehe auch er Rodrego bemerkte. Er hob den Kopf und musste grinsen. "Rodrego! Du kommst genau zum richtigen Zeitpunkt", begrüßte er seinen langjährigen Freund schon leicht angeheitert. Er kannte den jungen Mann schon so lange, schon seit er klein war. Und Rodrego war auch kein Engländer, beziehungsweise seine Familie nicht. Das machte ihn gerade für Dominico zu einem angenehmen Zeitgenossen. "Das bringt mich auf eine Idee.. du wirst sicher nach Hause gehen, oder? Komm doch noch mit zu uns, die Kutschpferde meines Bruders haben sich gestern auf der Koppel die Eisen von den Hufen geholt." Es war eben doch noch ziemlich feucht und matschig draußen. Nico stellte den Wein zu den Wachen und erhob sich, brauchte kurz um das Gleichgewicht wieder zu finden ehe er sich auf das Pferd schwang. "Also, kommst du mit? Ich bin sicher es gibt auch gutes Essen." Vielleicht konnte er diesem angefangenen Abend doch noch etwas abgewinnen, wenn Rod ihn denn zu ihrem Gehöft begleitete. Als er wieder im Sattel saß, sah er zu dem Schmied herunter. Er hatte sicher dem König einige der Kutschpferde neu beschlagen und war dann noch auf dem Markt unterwegs gewesen. Ein Wunder, dass nicht bereits wieder eine Schar Frauen an Rodregos Seite hing. Sie flogen ihm immer zu... und zwar aus jeder Schicht. Rodrego Fernale Rod merkte schon an der Stimmlage, dass Dominico angetrunken war. War etwas vorgefallen? Dass Dominico gerne auch mal einen über den Durst trank, war kein Geheimnis. Aber hier und unter solchen Umständen schien es ihm irgendwie nicht ganz passend. „Das scheint mir auch so, mein Lieber“, antwortete er daher auf die Aussage, dass er genau zur richtigen Zeit käme. „Ich hoffe du hast mir einen Schluck übrig gelassen.“ Jetzt, da die Arbeit getan und er dem Ostermarkt einen Besuch abgestattet hatte, würde er ruhig ein wenig feiern können. Und da er ohnehin zu Dominico wollte, um ihn zu fragen, ob er bei ihnen über die Nacht bleiben konnte, fügte sich alles wunderbar zusammen. Er grinste breit, als der andere ihm anbot, bei ihnen zu bleiben. „Mir scheint, du kannst Gedanken lesen“, erklärte er und nahm die Flasche Wein, die der andere ihm hinhielt. Er trank daraus einen Schluck und gab Nico die Flasche zurück. „Ich dachte zwar, dass ich für heute mit der Arbeit fertig bin, aber ich beschlage auch noch gerne eure Tiere.“ Bei der Erwähnung von Alessio verschwand das Lächeln ein wenig. Sie waren alle drei einmal unzertrennlich gewesen, doch seit jener sich der Kirche zugewandt hatte, war seine Verbindung zu Alessio unterbrochen worden. Er hatte ihm nie so ganz verziehen, nicht gegen den Willen seiner Eltern gehandelt zu haben, auch wenn er wusste, dass das nicht so einfach war. Und als er gesehen hatte, welchen Menschen die Kirche aus seinem Freund gemacht hatte, hatte er sich gedanklich von ihm verabschiedet. „klar komm ich mit. Und ein gutes Essen schlage ich sicher auch nicht aus.“ Er grinste wieder breit. Als ob Nico ihn überreden müsste. „Ich wollte ohnehin gerade zu dir, um zu fragen, ob ich die Nächste bei euch schlafen kann. Die Herbergen sind so überfüllt.“ Außerdem nervten ihn die Frauen, die ihn einfach nicht in Ruhe lassen konnten, sobald er irgendwo alleine saß. Er wollte sie nicht, wollte keine Familie. Nicht, seitdem er seine eigene verloren hatte. Daher empfand er Männer als die besseren Partner. Als der andere auf sein Pferd gestiegen war, tat er es ihm gleich, und gemeinsam ritten sie zum Anwesen. Dominico Sforza Auch Nico gab dem Pferd die Sporen, was sich mit einem erschrockenen Satz nach vorn dafür bedankte und damit fast Nico aus dem Gleichgewicht brachte. Allerdings war der Italiener ein geübter Reiter und hatte wenig Probleme damit, sich auch betrunken auf dem Tier zu halten. „Natürlich kannst du bei uns schlafen, ich frage mich sowieso warum du nicht direkt mit zu uns gezogen bist. Giulia ist immerhin nicht da und das Haus ist riesig. Wir verlangen kein Geld und du hast ein ordentliches Bett und nicht diese verwanzten Kojen.. und der König erreicht dich doch auch hier. Zumal ich mir nicht wirklich vorstellen kann, dass er seinen Schmied bei seinen aktuellen Aktivitäten im Bett immer auf Abruf braucht.“ Der Weg nach Hause im Dunkeln war gar nicht mal SO leicht zu finden, und es war sicher mehr den Pferden und seiner Begleitung zu verdanken als Nico selbst, dass sie so zügig nach Hause fanden. Doch der Ritt durch die kühle Nachtluft, lüftete auch sein alkoholisiertes Gehirn um einiges aus. Daher war er fast wieder ganz nüchtern, als Rodrego ihm ihn die Zügel griff um das Tier zu halten als er abstieg. Er klopfte dem Hengst noch einmal auf die Flanke als er davon geführt wurde und sah dann dem Schmied hinüber. „Sag mir eines Rodrego..“ Sein Blick hing an der Fassade des Stalls. „Wieso muss ich mich immer wieder auf Wetten mit meinem Bruder einlassen, die ich nicht gewinnen kann?“ Eigentlich war es schon dumm gewesen, immerhin ging über gläubige Ehrfurcht fast gar nichts. Er schnaubte leise, ehe er Rodrego sachte am Arm griff um ihm zu bedeuten mit ihm in den Stall zu kommen. "Wenigstens habe ich dich getroffen, das versüßt mir den Abend definitiv. Mehr als mein Wetteinsatz es vermutlich getan hätte.“ Er legte seine Jacke ab und ging zu einem der Kutschpferde hinüber ehe er sich noch einmal zu Rod umwandte. „Du hast doch sicher nichts dagegen das jetzt noch zu erledigen oder? Dann kann die Kutsche morgen wieder ausfahren.." Er holte das fragliche Kutschpferd selbst aus der Box. Der Huf war etwas ausgesplittert, nichts ungewöhnliches. Dabei hatte das Pferd das Eisen verloren, das verbogen an einem Haken vor der Box hing. Einen Schmiedeofen hatten sie, auch wenn Rodrego einen fahrbaren Ofen besaß, aber der war in Camebridge am Hof zurückgeblieben. Die beiden pferdevernarrten Brüder hatten sich diesen Luxus in jedem ihrer Anwesen gegönnt, denn in einem festen Ofen konnte man die Temperatur besser steuern und damit das Eisen besser schmieden. Der Stallbursche lief schon vor um den Ofen anzufeuern als Nico in die Richtung winkte, doch aufheben wollte Nico heute selbst. Wenn er schon keinen Spaß im Bett hatte konnte er sich auch mit Arbeit ablenken. "Nach getaner Arbeit gibts auch was zu Essen und eine Flasche Wein - oder zwei. Wenn du willst auch eine meiner berühmten Massagen." Rodrego Rodrego blickte zu Nico und war nicht weiter überrascht, dass er nach dem kurzweiligen Ritt an der frischen Luft und ohne Wein beinahe wieder nüchtern schien, als er vom Pferd stieg. Da sie doch recht zügig beim Anwesen der Sforza Brüder ankamen, war es noch nicht zu spät, um mit der Arbeit anzufangen. Es gab ausreichend Licht im Hof, und wenn der Ofen erst einmal glühte, spendete auch dieser Licht. Rodrego arbeitete gern in der Nacht, es war dann noch kühler als ohnehin schon in diesem verregneten und nebeligen Land, angenehm in Anbetracht seiner Handwerkskunst. "Sicher kann ich anfangen, es gibt nichts, das dagegen spricht“, meinte er lächelnd und schaute an sich herunter, als er die leichte Berührung am Arm spürte. "Ich sollte mich allerdings erst mal aus diesen unpraktischen Sachen schälen. Es arbeitet sich doch deutlich angenehmer in einfacher Kleidung!" Rodrego ging zur halboffene Schmiede, die im Hof lag, und zog sich das Hemd aus. Es war sehr hochwertig im Gegensatz zu dem, was er nun überwarf. „Ich kann mir denken, um was ihr gewettet habt. Und ja Alessio hat in dieser Beziehung leider immer die besseren Voraussetzungen!", grinste er und band die Lederschnüre zu, die seine lederne Arbeitshose schlossen. „Ich fange mit dem vorderen Huf an." Eine deutende Kopfbewegung unterstrich seine Worte. Mehr musste er nicht sagen. Sie hatten das schon so oft gemacht, dass Dominico genau wusste, was er nun zu tun hatte und sie ohne weitere Worte verlieren zu müssen anfingen, das Pferd neu zu beschlagen. Er wusste das Dominico die verlorene Wette nicht so egal war, wie es den Anschein hatte. Aber wenn er ehrlich war, nervten ihn diese dämlichen Wetten zwischen den Brüdern so sehr, dass er eigentlich wenig Lust hatte, darüber zu reden. Letztlich endete es immer damit, dass beide sich selbst am meisten verletzten. „Massage, Wein und Essen klingt im Übrigen sehr verlockend“, fügte er an, nachdem er einen kurzen Moment überlegt hatte, ob er sich wirklich darauf einlassen sollte. Er wollte nicht als Ersatzbefriedigung herhalten, weil Nico nicht zum Zuge gekommen war. Aber so war Nico nicht. Das wusste er. Dominico Sforza Nico band das brave Tier an einen Ring an der Boxenwand an, wo es stehen blieb und einfach der Dinge harrte, die da kamen. So konnte sich der junge Sforza auch gegen dessen Seite lehnen während sein Blick schamlos zu Rodrego hinüber glitt, der sich gerade umzog. Der hatte mit seinen Gedanken schon ganz recht. Es fuchste den Mann, dass er die Wette verloren hatte. Nicht unbedingt deshalb, weil er damit eine Nacht mit Kieran verpasste. Der rotzfreche Kerl hatte vermutlich von Tuten und Blasen ohnehin keine Ahnung, war bis obenhin verlaust und widerspenstig wie eine Ziege… Das wirklich Schlimme an der ganzen Sache war, dass Alessandro gewann. Alessandro, der meistens gewann. Alessandro, dem alles vor die Füße fiel weil er ein Gott verdammter Kardinal war. Er neidete seinem Bruder die Narrenfreiheit, die dieses Amt bereithielt und er neidete ihm auch die Tatsache, dass der Mann deswegen nicht heiraten musste, während Nico sehr wohl verheiratet war. Natürlich war es nicht unüblich sich eine Mätresse zu halten – der König allein machte es wohl am allerbesten vor – doch Nico wollte kein zweites nerviges Frauenzimmer, das Forderungen stellte. Er war froh diese Kinderpflicht hinter sich zu haben und seine Frau weit genug von sich weg zu wissen, als dass sie ihm Probleme bereiten könnte. Gut.. das war ungerecht. Giulia war eine wundervolle Frau, kein verwöhntes Miststück wie manch andere. Sie kamen wunderbar miteinander aus, und Nico konnte sich keine bessere Mutter für seine Kinder wünschen – doch es nervte ihn, im gesellschaftlichen Sinn gebunden zu sein, auch wenn Giulia und er selbst Affären hatten und sie sich gegenseitig tolerierten. Trotzdem verlor man in Gesellschaft das Gesicht wenn es herauskam, während man es bei seinem Bruder einfach hinnahm.. das war ungerecht! Die Frauen, die sich trotz Giulia an ihn heranmachten, versprachen sich etwas von seiner gesellschaftlichen Stellung und es kotzte ihn an, dass andere nicht aus einfachem Interesse an seiner Person auf ihn zugingen. Er fühlte sich eingeengt, obwohl er wohl freier war als manch anderer Mann. Nicht so Alessandro. Diese Robe war ein Fluch. Nico beschloss, sie bei Zeiten mal wieder zu klauen, um auf die gleiche einfache Weise zum Ziel zu kommen. "Es ist nur die Robe.." antwortete er leise auf die Feststellung des Schmieds, während er ihn noch immer im leichten Widerschein des Feuers musterte. "Ohne die Robe würde ihn niemand wollen. Ja, er sieht nicht allzu schlecht aus, ist immerhin mein Bruder. Aber er ist gewöhnlich. Und trotzdem rennen sie ihm hinterher wie die Hunde." Da der Schmied auch aus Italien kam, konnten sie sich in ihrer Landessprache unterhalten, und auf Italienisch fluchte es sich um so vieles einfacher. Während er noch über seinen Bruder geschimpft hatte, hatte er sich ebenfalls vorgebeugt und den Huf aufgehoben, so dass Rodrego davor kniend bequem die ausgefranzten Stellen ausschneiden konnte um das Eisen erneut anzupassen. „Tut mir leid, dass ich dich damit nerve… Ich weiß, du hast kein Verständnis für diesen Mist.“ Er strich sich das Haar nach hinten, das ihm in die Stirn gefallen war. „Ich glaube nur... naja, manchmal habe ich die Hoffnung, er hört auf, wenn er mal verliert. Ich denke, ich hoffe auf denjenigen, der ihm widersteht, der ihn nicht an sich heranlässt nur weil Alessio Kardinal ist. Er ist so sehr in dieser Rolle gefangen und ich sehe meinen Bruder in ihm immer seltener.“ Rodrego Fernale Rodrego war hochkonzentriert, wenn er arbeitete und doch konnte er sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, als Dominico Alessios „Schönheit“ mit seiner Verwandtschaft zu ihm erklärte. Ja, beide waren schöne Männer, das fand zumindest Rodrego. Es war genau der Typ Mann, der es ihm angetan hatte – schon immer. Doch die folgenden Worte ließen sein Lächeln wieder erlöschen. Es war immer so gewesen, dass Alessio es leichter gehabt hatte, zumindest als Kardinal und in dem Punkt "Freiheit". Dennoch konnte man seine Verantwortung der Familie gegenüber nicht außer Acht lassen. Sein Amt bedeutete Macht und Reichtum, aber auch, dass ihm nicht selten jemand ans Leder wollte. Und eines durfte man wohl auch nicht vergessen – zumindest war das das, was Rod sich oft sagte, wenn er Alessio zwar sah, ihn aber nicht als denjenigen erkannte, mit dem er als Jugendlicher so eng verbunden gewesen war: der Weg Alessios zu eben dieser verfluchten Robe war sicher kein Zuckerschlecken gewesen. "Diese Robe zu bekommen, war für ihn auch nicht leicht. Und er hat sie nie wirklich gewollt. Er hat das nur aus Pflichtbewusstsein seiner Familie gegenüber getan. Und sein Gewand macht ihn auch zur Zielscheibe, vergiß das nicht. Über kurz oder lang wird er hier in England nicht mehr bleiben können. Da hast du schon eine bessere Stellung, was das betrifft." Rodrego blickte kurz zu Nico auf, der immerhin einer der engsten Berater des Königs war. Der König hielt große Stücke auf ihn und das würde wohl Alessio auch irgendwann einmal den Kragen retten, wenn es so weiterging, wie es gerade begann. Rod richtete sich auf, um das Eisen aus der Glut zu holen und auf den ausgeschnittenen Huf zu legen, um zu sehen, wo es nicht passte. Der Geruch des verbrennenden Horns gehörte zu seiner Arbeit so unmittelbar dazu, dass er ihn kaum noch wahrnahm. Und es war auch ein Grund gewesen, weshalb er seine feinen Klamotten lieber vorhin ausgezogen hat. Denn der Geruch ging nicht mehr so einfach heraus. Rod betrachtete den Abdruck und machte sich nun am Amboss daran, das Hufeisen zu bearbeiten, damit es passen würde. Schließlich ließ er es in das Wasser gleiten, das in einem Eimer bereitstand und machte sich daran, derweil den nächsten Huf, den ihm Nico aufhielt, auszuschneiden. „Und du hast unheimliches Glück mit Giulia“, fügte er hinzu, ohne weiter darauf eingehen zu müssen. Sie ließ ihm alle Freiheiten, die Dominico eigentlich haben wollte. Sicher, er musste immer aufpassen. Aber sie unterstützte ihn, wo immer er es brauchte. Sicher, Nico hatte nicht aus Liebe geheiratet, zumindest aus keiner romantischen. Dafür aber aus einer platonischen heraus. Dann dass Giulia und er verbunden waren, auf einer sehr tiefen, freundschaftliche Ebene, war das größte Glück, das er haben konnte. „Ich werde dieses Glück wohl nie haben. Und dass man sich das Maul über mich zerreißt, weshalb mir so viel hinterherrennen, ich aber keine haben will, wird mir irgendwann auch noch einmal zum Verhängnis.“ Er grinste leicht. Er hatte ganz eigene Gründe, sich auf keine Frau einzulassen. Zum einen, weil er einfach nichts wirklich etwas mit ihnen anfangen konnte, zum anderen, weil er keine Familie gründen wollte. Was damals mit seiner Familie geschehen war, reichte ihm für den Rest seines Lebens… „Und dass du hoffst, dass ihm einmal jemand widersteht… Das ist ein interessanter Gedanke“, murmelte er und kam ins Grübeln. ER hatte ihm wiederstanden, hatte ihn zurückgewiesen, vor Längerem. Und seitdem war die Kluft zwischen ihnen tiefer denn je… Und das war etwas, das ihn innerlich zerfraß. "Wie lange bleibt ihr in Cambridge?", versuchte Rod das Thema lieber zu wechseln. Dominico Sforza Dass Rodrego Partei für Alessio ergriff, war nicht besonders überraschend. Sie drei waren eben ein Gespann und meistens erdete ihn der Schmied, wenn Nicos Zorn über Alessandros scheinbare Leichtlebigkeit überhandnahm. Niemand wusste besser als Nico, dass Alessandro es in der Robe nicht einfach hatte, einfach weil er oft nicht in die Betten kam, in die er wollte, weil er keine offizielle Familie haben konnte, um die Alessandro Nico so oft beneidete. Aber nun - die Welt war kein Wunschkonzert, das hatten sie beide längst begriffen. Und im Grunde war Nico ja nicht einmal richtig sauer auf seinen Bruder. Es war mehr diese Ungerechtigkeit, einfach ein Kleidungsstück tragen zu dürfen, das Türen öffnete, die anderen einfach verschlossen blieben. Aber Rodrego hatte Recht: Alessio hatte die Robe nicht gewollt, hatte sie als der Ältere von ihnen beiden zugesprochen bekommen und trug die Bürde, die ihm wirklich zusetzte. Und auch seine Tage in England würden bei Henrys aktueller Politik bald gezählt sein und dieser Gedanke gefiel Dominico genau so wenig. Und auch was Giulia anging... sie war ein Goldstück und Nico wusste das. Aber es war eben keine Liebe, kein stürmisches Verliebt sein, nicht dieses ständige Sehnen nacheinander. Natürlich mochte er Giulia in seinem Bett. Sie war eine bildschöne Frau, so ganz anders als die anderen Engländerinnen, die er kennen gelernt hatte. Sie war rassig und fein, klug und frech zugleich. Mit ihr zwei Kinder zu zeugen, war keinesfalls schwer gewesen und Nico empfand sie auch nicht als Bürde. Giulia erlaubte ihm jede Affäre, solange er selbst tolerierte, dass sie im fernen Italien nicht immer allein schlief - so waren sie überein gekommen. Was ihn fuchste war auch hier die Einstellung der Menschen zur Ehe… und zum Ehebruch. Es war einfach eine vertrackte Situation, die ihn nervte, ganz abgesehen von den 20 Pfund, um die er so unsinnigerweise gewettet hatte. Rod brachte ihn wieder ins Hier und Jetzt, als er davon sprach, selbst nie das Familienglück genießen zu können. Nico wusste nur zu gut warum und verzog ob des Themas etwas das Gesicht. "Ich glaube, sie können sich denken warum. Und was die Frauen an dir suchen, ist sicher kaum mehr als Spaß für eine Nacht. Ich glaube nicht, dass sich eine von ihnen für die Ewigkeit an die Seite des Leibeigenen des Königs gesellen möchte... ganz im Gegensatz zu mir selbst natürlich." Er grinste schief. Rods Familie war ein wirklich heikles Thema und er wusste, dass es dem Schmied sehr schwer fiel, davon zu sprechen. Deswegen unterstrich er gern, dass Rod für immer zu ihrer Familie gehören würde - denn so empfand Nico nun mal. Er ließ den Huf des Pferdes absinken, weil Rod fertig mit der Schneidarbeit war und beobachtete den Schmied, der das nächste Eisen in der heißen Glut erhitzte, um es aufzubrennen. Während dieses Vorganges konnten sie beide nicht viel sprechen. Der beißende Qualm brachte sie nur zum husten, wenn sie es versuchten. Also hielt Nico einfach die Luft an, bis der Qualm sich verzogen hatte und Rod das Eisen im Wasser ablöschte. "Ach ich weiß auch nicht so genau, was ich hoffe. Am ehesten einfach, dass er zur Vernunft kommt, aber das hofft er sicher auch von mir. Ich will nur nicht, dass er verletzt wird, und jedes Mal wenn er aus dem Bett irgendeiner Hure, sei sie nun männlich oder weiblich, klettert, ist er noch ein Stück weniger mein Bruder. Vielleicht kommt er abstinent ja eher wieder zu sich selbst und kann den Kopf frei bekommen, aber ich glaube, ich bin der falsche Mann, um ihm diese Ruhe zu ermöglichen... ich bin ja selbst schuld an diesem ewigen Konkurrenzkampf." Er hob den Huf wieder an, so dass Rod das fehlende Eisen aufnageln konnte. Als sie damit fertig waren, konnte das Tier wieder zurück in seine Box und ihre Kutsche morgen wieder fahren. "Wie dem auch sei… Ich werde diese Wette verlieren - so wie es aussieht - und sollte es einfach dabei belassen. Der Zuber steht sicher schon bereit. Lass uns den Abend einfach bei etwas Essen und Wein ausklingen lassen, wie in alten Zeiten." Er klopfte Rod auf die Schulter und winkte einen der Stallburschen herbei, den Ofen zu löschen. Dann trat er gemeinsam mit Rod aus dem Stall und auf das Haupthaus zu. "Da kann ich dir dann auch direkt darüber berichten, wie lange wir vorhaben hier zu bleiben…" Rodrego Fernale Rodrego stellte mit Zufriedenheit fest, dass Dominicos Zorn sich langsam verflüchtigte. Zumindest das war geglückt und es würde hoffentlich nicht zu einer weiteren Eskalation der Situation kommen. Dass Dominico ihm ziemlich klar sagte, dass er aufgrund seiner Stellung ohnehin nie eine Frau finden würde, nahm er ihm nicht übel. Er wusste darum und es war ihm eigentlich auch ziemlich egal, zumindest meistens. Dennoch hätte er gerne jemanden in seinem Leben, der ihm Nähe gab – eine andere Nähe, die ihm Dominico gerade noch einmal versicherte. Rod lächelte, als Dominico ihm klar machte, dass er immer zu seiner Familie gehören würde. Und er wusste das zu schätzen! Keine Frage. Aber auch wenn sie beste Freunde waren, so fehlte dieses kleine Bisschen, das sie womöglich gehabt hatten, als sie noch zusammen gewesen waren. Dieses kleine Bisschen, das eben ein fester Partner, ein liebender Partner ausmacht. „Danke“, sagte er und ließ es so im Raum stehen. Nico verstand ihn ohne viele Worte. Ruhig hörte er den Worten zu Alessio zu und dachte darüber nach, ohne diese weiter zu kommentieren. Jemand, der Alessio Halt gab und ihn wieder zu sich finden ließ… Rod sehnte sich nach dem, den er seit Alessandros Gang in die Kirche verloren hatte. Aber wer sollte dieser Mann sein, der ihm diesen Halt gab? Es machte nur Sinn, wenn es jemand wäre, der eben genau diesen Alessio von damals kannte und ebenso vermisste, oder? Rod seufzte leicht und blickte auf, als Nico das Thema wechselte. „Dann lass uns gehen. Essen klingt gut, Wein noch besser…“ Kurzerhand zog er sein stinkendes und verschwitztes Hemd über den Kopf und gemeinsam gingen die Freunde Arm in Arm in Richtung Haupthaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)