Kyo, der Krankenpfleger von CO_B-chan ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Irritiert beobachtete Kaoru Kyo, der sich in eine Ecke zurückgezogen hatte und mit seiner Mutter telefonierte. Er verstand nicht viel, außer einem: Es ging um Kranke und Nahrungsaufnahme während einer Krankheit. Aber Kyo war nicht krank. Und Kaoru war auch nicht bekannt, dass Kyo eine Beziehung hatte. So beobachtete er nur irritiert den Sänger. „Ja, Mama, genau. Kannst du mir Rezepte mailen? Bitte? Ich muss jetzt arbeiten. Und ich komme wirklich bald vorbei. Ich muss los. Tschüss!“ Strahlend legte Kyo auf, prüfte noch einmal seine Frisur und das leichte Make-Up und nickte zufrieden. So konnten sie ihr Interview mit dem Auftritt durchziehen. Noch ein kurzer Blick auf die Uhr, dann stand Kyo auf und folgte Kaoru aus dem Raum. Sie hatten zu arbeiten – und er würde seine Sache gut machen. Doch dummerweise war er nervös. Sein Fuß wippte die ganze Zeit mal mehr mal weniger sichtbar und als Kaoru ihn in den Rücken zwickte, rutschte er fast vom Stuhl. „Beruhige dich, Tooru!“, raunte Kaoru ihm zu, als die Kameras nicht auf sie gerichtet waren, weil sie zur Bühne gingen. „Ich weiß nicht, was los ist, aber du bist hier nicht zum Spielen.“ Kyo nickte. „Entschuldige. Ist es so auffällig?“ „Noch geht’s.“ Das Lächeln von Kaoru ließ Kyo ebenfalls lächeln. Es tat gut, dass es noch nicht zu auffällig war. Wie sollte er auch erklären, dass er sich um einen Mann sorgte? Alle würden behaupten, er wäre doch sicher nun schwul, so wie er sich um ihn kümmere. War er nicht. Aber seine Freunde waren ihm wichtig. Und wenn sie von sonst niemandem umsorgt wurden, fühlte er sich verpflichtet. Speziell, wenn es um Miya ging, der ihm geholfen hatte. Immerhin hatte Kaoru ebenfalls krank im Bett gelegen und der Leader von MUCC hatte dann geholfen, indem er für Kyo einkaufen gegangen war und ihm auch etwas zu essen mitgebracht hatte. „Okay, auf geht’s.“ Hochkonzentriert schloss Kyo die Augen, gab sich der Musik hin, den Takten, die ihn wiegten und ließ sich treiben, während er sang. Dadurch verlor sich Kyo völlig darin und als er wieder auftauchte, musste er sich erst einmal orientieren. Seine Gefühle überwältigten ihn regelrecht und auch die Hand an seiner Schulter beruhigte ihn nicht. „Tooru?“ Der Sänger schüttelte den Kopf und atmete tief durch. Warum war er dieses Mal so mitgenommen? „Komm, wir müssen wieder auf unsere Plätze“, sagte Kaoru leise zu ihm und schob den Sänger vor sich her. „Was ist denn los?“ „Weiß nicht. Geht schon wieder.“ Doch das stimmte nicht und Kyo wusste es. Er war viel emotionaler als sonst und als er spürte, wie Kaoru ihm Tränen wegtupfte mit einem Tempotaschentuch, schüttelte er den Kopf, um aus seinen Gedanken aufzusteigen. „Du verwischst dir noch das Make-Up, Tooru.“ Kaoru lächelte und übergab Kyo das Tempo. „Danke. Schlimm?“ „Nein, sieht noch okay aus. Ist ja auch bald vorbei.“ Ein wenig schief lächelnd tupfte Kyo noch einmal über seine Augen und verbannte das Tempo dann in seine Hosentasche. Dort musste es bleiben, bis die Show vorbei war. Und das zog sich viel zu lang hin. Unsicher sah Kyo sich um. Die Zeit kroch dahin, während er das Gefühl hatte, alle Blicke waren nur auf ihn gerichtet, obwohl es gar nicht so war. Er wusste das auch. Tief in sich. Doch das Gefühl überlagerte die Tatsache. Und so wippte sein Fuß immer deutlicher, je mehr Zeit verging, bis selbst Kyo es auffiel – ohne dass er es für lange stoppen konnte. „Kyo!“ Kaoru klang nicht gerade gelassen und Kyo erstarrte direkt nach dem Aufstehen wieder, drehte sich langsam um und sah den Leader abwartend an. „Es ist doch vorbei, oder?“ In seinem Kopf nahm Kyo die Gestalt einer Manga-Figur an. Er hatte Hündchenohren, eine Rute wedelte von seinem Hintern aus und seine Hände waren Pfoten, die er bettelnd vor das Gesicht gehoben hatte. Außerdem waren seine Augen riesig und feucht. „Nicht ganz. Setz dich hin und warte die zehn Minuten noch ab. Dann kannst du gehen.“ Ruhig zog Kaoru Kyo zurück auf den Sitz. „Entschuldige, ich würde nur gern zu ihm.“ Immerhin hatte er versprochen, für Miya zu kochen. Und er musste noch einkaufen. Seine Mutter hatte ihm ja extra das eine Rezept schon auf sein Handy geschickt. Niedergeschlagen saß Kyo da und wartete, dass die Sekunden verstrichen. Er spürte die Blicke von Daisuke, Toshiya und Shinya in seinem Rücken, doch er drehte sich nicht um oder hob auch nur den Blick. Alle anderen würden ihn falsch verstehen, doch seine Band? Er glaubte daran, dass sie ihn besser kannten. „Ein wenig Geduld, Tooru. Es wird dich keiner aufhalten, wenn die Sendung vorbei ist.“ Kurz drückte Kaoru Kyos Hand, wofür der dankbar war. Ein vorsichtiges Lächeln umspielte seine Lippen. „Na bitte. Geht doch.“ Kaoru nickte zufrieden und ließ Kyo tatsächlich ziehen, als der regelrecht aufsprang, sich hastig verabschiedete und dann loslief. Irgendwie war er sehr aufgeregt. Er kochte sonst nie, daher war er erst recht nervös. Würde es überhaupt schmecken? Machte er sich nicht völlig zum Affen? Nach dem Einkaufen stand er vor Miyas Tür und klopfte fast zaghaft an. Weckte er den anderen Musiker auch nicht? Er war nur kurz zuhause gewesen und hatte zufällig gerade den Eilkurier abgepasst. Jetzt hatte er das Päckchen in der Tasche und konnte es kaum erwarten, auszupacken. Seine Mutter hatte ihm offenbar sogar noch ein Buch mit Rezepten geschickt. Zumindest war es wahrscheinlich von dem, was er schon ertastet hatte. „Kyo?“ Miya schien verwirrt. „Hast du nicht zu arbeiten?“ „Fertig für heute.“ Unnachgiebig schob Kyo Miya vor sich her, nachdem er sofort hinter der Tür die Schuhe verloren hatte. „Du gehörst ins Bett.“ „Aber ich habe doch nur eine Erkältung“, kam schwacher Protest des MUCC-Musikers, ehe der sich schon im Bett wiederfand und zugedeckt wurde. „Ich koche und dann gehe ich mit deinem Hundchen raus. Du kannst einfach schlafen, Miya.“ Mit leuchtenden Augen und sehr engagiert bei der Sache kehrte Kyo zur Eingangstür zurück, stellte die Schuhe ordentlich hin, nahm seine Tasche wieder auf und begrüßte Miyas Stubenflitzer. „Du musst ein wenig Geduld haben, Gizmo. Erst muss ich dein Herrchen versorgen.“ Aus dem Päckchen zog Kyo ein Kochbuch, eine Schürze und einen Brief, in dem seine Mutter sich freute, dass ihr Sohn sich um jemanden kümmerte, der nicht zur Band gehörte. Der anklagende Blick des Vierbeiners, als Kyo sich die Schürze mit den Rüschen anzog, war ausschlaggebend, dass Kyo dankbar war, dass niemand ihn sah. Damit seine Haare nicht störten, wickelte er sich noch ein Handtuch um eben jene und holte dann die Zutaten aus der Tasche, um alles akribisch abzumessen und dann in den blitzend sauberen Reiskocher zu füllen. „Kyo, wirklich…“ „Du gehörst ins Bett!“ Sein Outfit völlig vergessend drehte Kyo sich um und bugsierte den erstarrten Miya zurück ins Bett, wo der den Sänger festhielt. „Kyo? Wer hat dir das aufgezwungen?“, krächzte er leise. „Wieso aufgezwungen?“ Verwirrt schüttelte Kyo den Kopf und legte seinen Handrücken gegen Miyas Stirn. „Zumindest hast du kein hohes Fieber.“ „Ich…“ „Du hast Hunger. Es dauert aber noch. Schlaf ein wenig, ich gehe mit Gizmo eine Runde raus, damit er auch etwas Bewegung hat.“ Lächelnd drückte Kyo Miya in die Kissen. „Überlass alles mir.“ Erst wegen Miyas dunkelroter Färbung wurde Kyo bewusst, wie zweideutig er sich ausgedrückt hatte. „Ähm, ich geh‘ dann mal“, murmelte er und flüchtete regelrecht aus dem Raum. Kyo hatte auch nicht erwartet, dass Miya nur ein Zimmer mit Raumteiler, eine kleine Küche und ein Badezimmer haben würde. Wie sollte er Miya gut versorgen und ihn trotzdem nicht stören? Vielleicht sollte er sich ein Buch besorgen unterwegs, das er lesen konnte auf dem Sofa sitzend. Bestimmt ging das mit gedämpftem Licht. Zwanzig Minuten später war Kyo mit einem Buch und einem erleichterten Gizmo zurück – was Miya jedoch nicht so sehr zu freuen schien. Der grummelte, als Kyo zurück war und der Reiskocher kurz darauf piepend verlauten ließ, dass er fertig wäre. Vorsichtig testete Kyo. „Besser als gedacht!“ Zufrieden nickte Kyo und verteilte sein selbst gekochtes Mahl auf zwei Schüsseln. „Reisbrei?“, brachte Miya hervor und starrte in die Schüssel. „So schlecht geht’s mir doch wirklich nicht!“ „Es ist gesund und leicht verdaulich. Ich weiß wirklich nicht, was du hast.“ Eingeschnappt fing Kyo an zu essen. Da machte er sich solche Mühe und es wurde gar nicht gewürdigt. Sogar seine Mutter hatte sich mehr gefreut als Miya – obwohl er gar nicht seine Mutter bekochte. Und durch den Tipp mit der Geschmacksmischung über ein paar Körner schmeckte es ja noch besser. Verbissen schweigend und mürrisch brummend, wenn Miya doch mal etwas zu sagen versuchte, brachte er das Essen hinter sich, nahm dann die Schüsseln mit in die Küche und spülte gleich, damit alles wieder sauber war. Vielleicht hatte es Kyo nicht so überraschen sollen. Undank war der Welten Lohn. Das wusste er doch schon aus bitterer Erfahrung in der Vergangenheit. „Kyo?“ Miya klang unsicher. „Es tut mir leid. Wirklich. Du kümmerst dich so lieb um mich, das… das kenne ich nicht. Bisher war ich krank und dann allein, so dass ich nur wieder gesund werden wollte und warum sollte sich denn auch wer um mich kümmern, wenn ich krank bin?“ „Weil du dich auch um andere kümmerst, wenn sie krank sind. Wie bei mir. Und das will ich irgendwie wieder zurückgeben. Ich weiß, dass ich nicht kochen kann. Trotzdem hoffe ich, dass es dir geschmeckt hat.“ Peinlicher konnte es ohnehin nicht mehr werden, dann konnte Kyo auch die Wahrheit aussprechen. Es war ihm persönlich wichtig, etwas zurückzugeben. „Kyo?“ Miya wartete, bis Kyo ihn ansah. „Danke.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)