Seven Seconds von Nubes (Haruka X Michiru) ================================================================================ Kapitel 1: One Second --------------------- ~One~ Ach verdammte Scheiße… wieso muss es ausgerechnet jetzt so sintflutartig regnen? Der Wind zerrt heftig an meiner schwarzen Lederkombi. Es war zwar Gewitter gemeldet aber das hier hat definitiv eine Unwetterwarnung verdient. Genau genommen  passt das Wetter eigentlich wunderbar zu meiner Stimmung…  die ist genauso rabenschwarz wie der dämmrige Abendhimmel. Ich kneife verärgert die Augen zusammen um die Straße besser sehen zu können. Es hilft wenig. Der Regen peitscht wie ein dichter Vorhang auf mich herab und lässt mich kaum die Hand vor Augen erkennen. Ein Motorrad hat nun mal keine Windschutzscheibe. Klasse Haruka, Treffer versenkt.  Wenn ich mich doch nur konzentrieren könnte! In meinem Kopf schwirrt es, ich kann einfach keinen klaren Gedanken fassen. Scheiße Scheiße Scheiße! Was tue ich eigentlich hier? Ich rase mit fast 200 Sachen die Serpentinen hoch und drifte um jede Kurve. Meine Triumph Daytona bricht mir gefährlich oft zur Seite aus, ich kann sie kaum in den Kurven halten. Kein Wunder, die Straße schwimmt. Ich schlingere. Ist mir egal, ich brauche Luft, ich muss weg. Einfach weit weg und mich irgendwie abreagieren. Der Wind und der Regen peitschen in mein Gesicht, aber ich spüre es kaum. Irgendwo in meinem Kopf weiß ich wie lebensmüde das hier gerade ist. Aber was habe ich noch zu verlieren? Meine Chiru verlässt mich. Meine geliebte Michiru. Sie wird mit diesem verdammten Mistkerl nach Europa gehen. Verdammte Drecksscheiße! Ich weiß genau dass er scharf auf sie ist! Ein Jahr! Gleich explodiert mein Kopf vor lauter kranken Bildern, auf denen ich Michiru mit diesem Kerl in den unmöglichsten Situationen sehe. Ich drehe durch! Ich werde ihn umbringen wenn ich ihn in die Finger kriege! Ein Ruck reißt mich aus meinen düsteren Gedanken. Ein unschönes, sehr beunruhigendes Geräusch folgt. Wie in Zeitlupe sehe ich mein Motorrad ausbrechen…  Ich kann es nicht mehr halten…  Verdammt wars das jetzt? ... Scheiße, ist das wirklich das Ende? Das soll alles gewesen sein? ... Dumpf glaube ich weit hinter mir meinem Namen zu hören. Ganz leise, oder ist es nur ein Rauschen des Windes? …   … Ich fühle wie ich fliege, ich gleite förmlich durch die Luft. Der Regen und der Wind, das alles spüre ich nicht mehr, obwohl meine Sinne alle bis zum Zerreißen geschärft sind.  Ich sehe plötzlich Details aus meiner Umgebung ganz klar. Ganz langsam kann ich einen Wassertropfen von einem windgepeitschten Blatt rinnen sehen. Die Zeit steht nahezu still, alles läuft wie in Zeitlupe ab. Ich spüre meinen Körper, jede Sehne und jeden Muskel, ganz deutlich. Plötzlich taucht eine Szene vor meinem Inneren Auge auf. Eine wohlbekannte, wundervolle Szene, eine Erinnerung, die lange zurück liegt…   ~ Rom, Italien, Basilica di Sant’Agostino – Eine zierliche junge Frau  mit ungewöhnlichem, zartgrünem Haar von vielleicht 20 Jahren stand versonnen vor dem Werk Madonna dei Pellegrini des alten Meisters Caravaggio und musterte es ausgiebig. Sie wirkte entspannt und wunderschön wie eine Elfe in ihrem leichten Sommerkleid. Fast fröstelte sie in der erfrischenden Kühle, die die alten Mauern der Kirche im Gegensatz zum heißen Spätsommerwetter draußen boten. Sie schloss kurz die Augen und genoss die Stille. Außer ihr war niemand in der Kirche. Der Frieden wurde jäh von dem Zuschlagen einer Tür und eilig herannahenden, festen Schritten unterbrochen. Michiru öffnete die Augen und blickte in Richtung der ärgerlichen Lärmquelle. Was sie sah brachte sie zum Schmunzeln. Ein gehetzt wirkender, blonder junger Mann in Shorts und lässig aufgeknüpftem weißen Hemd war soeben in die Kirche geeilt und steuerte geradewegs auf die kleine Seitenkapelle zu in der sie stand. Er schlüpfte hinter ihr in die schützende Bucht und seufzte tief. Michiru musterte ihn erneut interessiert und musste feststellen, dass es tatsächlich eine junge Frau war, die ihr gegenüberstand. Sie ließ einen bewundernden Blick über ihr Gegenüber wandern und stellte fasziniert fest, dass sie ausnehmend attraktiv war. Schon hatte sie ihr den Lärm verziehen, der ihren freien Nachmittag so unsanft gestört hatte.  „Guten Tag, darf ich Sie fragen was sie an diesem bis eben noch so wunderbar ruhigen Ort suchen, dass sie so gehetzt hier einfallen?“ Die angesprochene junge Frau, die eben noch um die Ecke gelugt hatte, so als würde sie hoffen man verfolge sie nicht, drehte sich zu Michiru um und schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln.  „Ich suche gerade diese Ruhe und Frieden, auch wenn Sie es sicher kaum glauben werden. Bis eben wurde ich noch von einer Schar kreischender Groupies durch halb Rom gejagt. Dieses nette Refugium kam mir folglich ganz gelegen, denn hier sucht mich sicher keiner. Verzeihen Sie, ich habe mich nicht vorgestellt. Ich bin Tenoh Haruka.“ Michiru lächelte zurück.  „Ich bin Kaioh Michiru, sehr erfreut. Sie sind Japanerin? Was für ein Zufall, außerhalb der Hauptreisezeiten treffe ich selten Landsleute so fern von Zuhause. Und ich reise wirklich viel. Auch wenn Sie sozusagen auf der Flucht sind, ist es schon sehr gewagt ein altehrwürdiges Kulturdenkmal wie dieses hier so in seiner Ruhe zu stören. Wissen Sie denn nicht, wovor sie stehen? Das ist Caravaggios ehrwürdige Madonna dei Pelligrini.“ Michiru grinste spitzbübisch und schaute Haruka herausfordernd an. Diese blickte erstaunt zurück. „Kaioh Michiru? Die berühmte Violinsolistin? Ich hörte dass sie auf Ihrer Welttournee hier Station machen, aber dass ich Sie gleich persönlich treffe hätte ich wirklich nicht erwartet. Ich liebe ihre eingespielte Version der Sonata Maria Luisa von Paganini. Ich höre sie gerne wenn ich mich auf ein Rennen vorbereite.“ Haruka grinste breit als sie Michirus fragenden Blick auffing. „Sie kennen mich also wirklich nicht? Wie erfrischend jemanden zu treffen bei dem das der Fall ist. Gerade bin ich nämlich auf der Flucht vor lauter durchgedrehten Fans, die mir Autogramme und Fotos abjagen wollen. Ich bin wegen des MotoGP in der Stadt und gehöre zu den Favoriten für den Weltmeistertitel diese Saison, deswegen ist der Hype besonders groß.“ Michiru zog ungläubig eine Augenbraue hoch, erwiderte aber Harukas Blick fest und blickte ihr herausfordernd und ein wenig herablassend in die Augen. „Tut mir leid, bei mir fällt der Groschen nicht. Ich kenne Sie wirklich nicht. Nun, das mag ja alles sein, was Sie da behaupten, aber das ist noch lange kein Grund die Kunstwerke in dieser wunderschönen Kirche in ihrer Mittagsruhe zu stören.“ Harukas Augen blitzen gefährlich auf und sie blickte die junge zierliche Frau interessiert an. *Sieh an, du bist nicht nur wunderschön, sondern auch noch schlagfertig und zeigst dich wenig beeindruckt von mir. Na warte, dieses Spiel beherrsche ich auch äußert perfekt…* Die Blicke der beiden Frauen lagen noch immer fest aufeinander während die Luft langsam begann vor Spannung zu knistern. Haruka beugte sich langsam zu Michiru vor, näherte sich Zentimeter um Zentimeter ihrem Gesicht. Sie stoppte nahe an Michirus Mund, sodass diese ihren heißen Atem ganz deutlich spüren konnte. Eine leichte Gänsehaut bereitete sich auf Michirus Rücken aus und sie blickte erwartungsvoll zurück. Haruka unterbrach die Anspannung der Situation plötzlich und stoppte kurz vor Michirus Ohr. „Wenn das so ist… schlage ich vor Sie lernen mich einfach besser kennen…“ Michirus Nackenhaare stellten sich auf. Die Luft knisterte… ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)