Der verschollene Reinblüter von X-Breakgirl ================================================================================ Kapitel 10: ------------ "Wieso denkst du, ich würde bei euch mitmachen wollen?" Ryu schaut den anderen Vampir direkt an. "Wir sind uns schließlich völlig fremd." "Stimmt, aber das spielt doch keine große Rolle. Weißt du, ich habe dich eingeladen, weil du mir gefällst. Noch nie ist mir jemand wie du vor die Augen gekommen. Aber wenn du keine Lust hast, musst du nicht mitfeiern." Der Vampir nimmt seine Sonnenbrille und schiebt sie in den Kragen seines Hemdes. "Ich bin Kyle Chance, meine Truppe und ich werden uns in einer verlassenen Kirche außerhalb der Stadt aufhalten. Du kannst gern hinkommen, wenn du deine Meinung noch änderst. Also dann..." Er tippt mit einem Finger gegen seine Schläfe und wendet sich um, geht zu seinen Freunden. "Interessant, so sieht es also aus, wenn du Vampire töten willst. Wirklich sehr beeindruckend." "Ich hatte keinen Grund, sie anzugreifen." Ryu dreht sich zu Yagari um. Der Vampirjäger hatte sich ein wenig zurückgezogen, doch jetzt war er wieder aus der Dunkelheit vorgetreten. "Diese Gruppe scheint doch keine Gefahr für die Cross-Academy darzustellen. Wahrscheinlich werden sie auch in ein paar Tagen weiterziehen, wenn sie sich in dieser Stadt beginnen zu langweilen." "Dir ist aber schon klar, dass sie Menschen töten werden?" Yagari zündet sich eine Zigarette an. "Doch das hat für dich wohl keine Bedeutung." "Warum sollte es?", entgegnet Ryu. "Ich bin schließlich kein Vampirjäger. Und solange sie sich keine DayClass-Schüler schnappen, geht es mich auch nichts an. Ich werde jetzt zur Schule zurückkehren, wenn sie nichts dagegen haben." "Tu dir keinen Zwang an." Yagari bläst eine Rauchwolke in die Luft, während Ryu an ihm vorbeigeht. Schritt für Schritt entfernt er sich von dem Vampirjäger, bis er das Ende der Straße erreicht und um die Ecke biegt. "Er geht wohl wirklich zurück. Na, dann kümmere ich mich um die Beseitigung." "So ein Mist." Ryu schließt die Tür zu seinem Zimmer und dreht den Schlüssel. "Es ist mir gar nicht aufgefallen, dass Yagari mich verfolgt hat. Wenn ich nun tatsächlich einen Boten vom Senat getroffen hätte und er hätte beobachtet, wie ich mit ihm rede... dann wäre alles aus gewesen." Wütend über sich selbst, schlägt er mit der Faust gegen eine Wand - und mit einem knirschenden Geräusch zieht sich ein gezackter Riss bis zu den Fenstern. "Was...?" Überrascht schaut Ryu auf den entstandenen Schaden und senkt den Blick auf seine Hand. "Hab ich das getan? So eine Kraft besitze ich doch eigentlich gar nicht...sehr seltsam..." Immer noch nachdenklich, streift er den Mantel von den Schultern und wirft ihn über die Stuhllehne. Nachdem er seine Kleidung gegen den Pyjama gewechselt hat, schlüpft er unter die Decken. Eine Klippe, hoch aufragend über dem Meer. Stürmische Wellen schlagen gegen die Steilwand und die Gischt sprüht bis zu der Frau hinauf, die beinahe am äußersten Rand steht. Ihr dünnes Gewand ist von dem feinen Wassernebel bereits völlig durchnässt und lässt sie vor Kälte zittern. "Nein!" Ihre Stimme dringt wie eine scharfe Klinge durch die eisige Luft. "Nein! Ihr bekommt ihn nicht!" Sie presst das in Stoff gehüllte Bündel in ihren Armen noch fester an sich. "Niemals werde ich ihn euch übergeben!" "Du hast keine Wahl." Ein dunkel gekleideter Mann geht auf sie zu. "Es gibt für dich keine Möglichkeit mehr, zu entkommen. Und dein Geliebter ist tot, er kann dir auch nicht mehr helfen." "Bleib stehen, keinen Schritt weiter!" Sie weicht zurück, noch näher an den Rand der Klippe. "Ich werde hinunterspringen, wenn du nicht verschwindest!" "Das tust du nicht." Er ignoriert ihre Drohung. "Du wirst dein einziges Kind nicht einfach umbringen, er ist schließlich alles, was dir noch bleibt. Und jetzt sei vernünftig und gib ihn mir, dann kannst auch du am Leben bleiben." "Ich..." Sie schaut auf das schlafende Kind hinunter, streicht mit den Fingern über sein Gesichtchen. Dann richtet sie ihren Blick wieder auf den Mann vor ihr. "Ich nehme ihn lieber mit mir, als dass ich zulasse, dass er euch in die Hände fällt." Sie wendet sich um - und der Mann springt mit einem kräftigen Satz auf sie zu... "Ryu! Was ist passiert? Ist alles in Ordnung?" Von Ichijos lauter Stimme und seinem hämmernden Klopfen aus dem Traum geweckt, setzt Ryu sich auf. Er braucht einen Moment, um zu begreifen, wo er sich befindet. "Ryu!" Der Türgriff wird mehrmals heruntergedrückt. "Mach auf!" "Ja...nur einen Moment..." Mit zitternden Fingern schlägt Ryu die Bettdecken zur Seite, stolpert mit unsicheren Schritten zur Tür und öffnet sie einen Spalt. "Was willst du? Es ist doch mitten am Tag." "Ich habe einen furchtbaren Krach gehört, es kam eindeutig von hier!" Ichijo versucht, seinen Kopf ins Zimmer zu schieben, doch Ryu drängt ihn zurück. "Bei mir ist alles okay. Du kannst wieder schlafen gehen, und ich auch." "Geht es dir wirklich gut?" Ichijos grüne Augen drücken Besorgnis aus. "Du siehst ziemlich mitgenommen und blass aus." "Ich sagte doch, es ist alles okay. Außer, dass ich noch richtig müde bin und gerade erst unsanft geweckt wurde. Also lass mich jetzt wieder schlafen gehen." Ryu drückt die Tür ins Schloß und dreht wieder den Schlüssel. Doch statt sich noch einmal ins Bett zu legen, tastet er sich im Halbdunkel in Richtung Bad. Auf halbem Weg tritt er auf etwas scharfkantiges und schneidet sich die Fußsohle auf. "Au. Was war das denn jetzt?" Leicht humpelnd bewegt er sich zum Lichtschalter, betätigt ihn - als die Deckenlampen aufleuchten, bietet sich ihm ein erschreckender Anblick. Zu dem einen Riss an der Wand sind viele weitere entstanden, ebenso an der Decke. Und an nicht wenigen Stellen hat sich Putz gelöst, dass nun den Boden bedeckt. "Was...verdammt, ist hier nur los?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)